Best of Zürich 01

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BEST OF ZÜRICH

LEBENSART LEIDENSCHAFT MENSCHEN NR. 01 SOMMER/herbst 2010

Architektur Garten Wohnen Immobilien Genuss Auto Invest Lifestyle Uhren/Schmuck Kunst


C LAU S

A. F R O H

bulthaup

Beständige Qualität. Überraschende bulthaup Neuheiten sind die schönsten Investitionen von morgen. Zum Beispiel das universell einsetzbare Einrichtungssystem bulthaup b3. Es bietet alles, was man sich heute von einer vollkommenen Küche wünschen kann. Überzeugen Sie sich von Perfektion, Wertbeständigkeit, solidem Material und sorgfältiger Verarbeitung. Und von den besonderen Vorteilen einer einzigartigen, variablen Innenausstattung. Besuchen Sie jetzt die Spezialisten für die neue Küchenarchitektur von bulthaup. www.bulthaup.ch Bulthaup Schweiz AG, Telefon 043 266 80 80, E-Mail: info.ch@bulthaup.com


Liebe Leserin, lieber Leser Ein Magazin über Lebensart, Leidenschaft und Menschen? Die grundsätzliche Idee ist nicht neu. Die gewählte unaufdringliche, stilvolle Umsetzung aber schon. Besteht sie doch aus einem hohen Anspruch an Redaktion, Fotografie, Layout und Papierqualität, aus der für eine bestimmte Zentrumsregion gewählten inhaltlichen Umsetzung und aus der persönlichen Postzustellung eines grossen Teils der Auflage von 40000 Exemplaren. BEST OF ZÜRICH haben wir mit Passion kreiert und realisiert. Für den Support der Unternehmen und Personen, die unsere Idee und den Anspruch mittragen, für Zürich ein relevantes Medium mit urbanem Flair zu kreieren, sind wir dankbar. Denn die Lancierung eines neuen Magazins steht im heutigen wirtschaftlichen Umfeld, seien wir ehrlich, ziemlich schief da. Für gute Ideen scheint es aber noch Platz zu geben. Das macht Mut. Und noch mehr Spass. Was will BEST OF ZÜRICH, das alle 6 Monate erscheinen wird? Vor allem zeigen, dass eine anspruchsvolle Lebensart und hochwertige Dienstleistungen nicht a priori oder gar nur eine monetäre oder elitäre Sache sind, sondern das Ergebnis von herausragenden Ideen, fantastischen Talenten, Wissen, Stil, Attitüde und einer oft berührenden Leidenschaft der Protagonisten. Und? Wir lassen sie einfach schreiben. Autoren, die etwas zu sagen haben. Wie der Philosoph Ludwig Hasler, Stilkritiker Mark van Huisseling und Psychoanalytikerin Kathy Zarnegin. Oder: Wir lassen sie einfach reden. Unbekannte Menschen, die man aber kennen lernen möchte. Unbekannte Menschen aus bekannten Institutionen. Sie erzählen über sich und Zürich. Und berühren uns. Noch mehr? Viel Raum gewähren wir dem grossen Interview, das BEST OF ZÜRICH jeweils mit faszinierenden Persönlichkeiten führen wird. In dieser Ausgabe mit der Architektin Vera Gloor. Autorin Franziska Schläpfer führte das Gespräch im sehr individuell gestalteten Domizil der Stadtentwicklerin. In einem Gebäudekonstrukt, das zugleich Heim und Büro ist, das zugleich Inspiration, Elan und Ruhe vermittelt. Und sie war beeindruckt. Die Philosophie unseres Magazins setzen wir seit 2009 mit BEST OF BASEL um. Nach BEST OF ZÜRICH folgen Ausgaben in Bern, Luzern und München. Eine schöne Plattform. Vor allem für Unternehmen und Menschen, die mit Leidenschaft agieren. Und uns deshalb anregen. Wir wünschen Ihnen informative und lustbetonte Unterhaltung – und wir freuen uns über Ihre Reaktionen.

Christoph Hablützel Herausgeber

Markus Zimmermann Konzeption

Titelfoto: L’ange protecteur von Niki de Saint Phalle im Hauptbahnhof Zürich editorial

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Inhalt 03 EDITORIAL 08 burckhardt + PARTNER architektur 16 rent a lounge die

für bauten von morgen

szenen-macher

20 laser vista sehen

ohne brille

26 bank sarasin basel

meets zürich

30 zürcher kantonalbank kunsterlebnis

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CONTENT

in der bank

34 INTERVIEW vera

gloor: die stadt als roman

42 fluidum labor

für inneneinrichtungen


48 jet link sorgenfrei 52 galerie foxx kunst

abheben

macht das leben reicher

56 first choice catering bühne

frei für perfekte gastgeber

60 electrolux schweiz ag roter

teppich, grüne philosophie

66 poggenpohl wir

kochen hier täglich

06 | 46 | 70 KOLUMNEN LUDWIG HASLER/kathy

zarnegin/MARK VAN HUISSELING

19 | 25 | 33 | 45 | 55 | 65 ansichten 72 VORSCHAU/IMPRESSUM

CONTENT

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LUDWIG HASLER

Der Klavierspieler – oder: Was die Besten besser machen

Wer gut Klavier spielt, hat Glück bei den Frauen. Sagt man. Ich spiele nicht Klavier, stelle mir aber lebhaft vor, wie das läuft: Der Klavierspieler verführt, weil er gar nicht ans Verführen denkt. Er denkt kaum an die Frau, die ihm zuhört. Versunken in seine Musik lässt er in der Frau etwas anklingen, sie weiss nicht recht, wie ihr geschieht, der Ton gefällt ihr, sehr, er ist so unalltäglich, macht sie neugierig, lässt sie träumen. Wir reden hier von Geschäften, nicht von Poesie. Aber vielleicht nehmen wir die Geschäfte zu prosaisch. Vielleicht verstehen sich die BESTEN besser auf die Poesie beim Geschäftemachen. Weil sie wissen: Menschen, also Kunden, sind alles andere als nüchtern kalkulierende Verstandestypen. Eher Sehnsuchtsschatullen, unter der coolen Schale unstillbar romantisch. Warum kauft ein Ehepaar teures Tafelgeschirr, wenn billige Teller ebenso praktisch sind? Entweder das Paar ist glücklich und will sein Glück bestätigt sehen, materialisiert, in wertvollem Porzellan. Oder es ist nicht mehr gar so glücklich, dann will es vom Glück wenigstens träumen, im Glanz des Porzellans. Die Dinge als poetischer Spiegel der Seele. 06

KOLUMNE


Können Dinge uns verwandeln? Klar. Warum wollen alle das iPhone? Kann es mehr andere Mobiles? Nein. Doch es schmeichelt uns, schon mit seiner Oberfläche, die so intelligent und schön ist, dass von «Benutzeroberfläche» zu reden ganz unangebracht ist. Hier wird der Benutzer zum Freund, er drückt nicht Tasten, er streichelt über die Haut – und bekommt fast jeden Wunsch erfüllt. Er fühlt sich als kleiner Zauberer, der die ganze Welt aus seiner Westentasche zaubert. So verführen uns Dinge, nebenher, mit ihrer Musik, nicht mit ihren Funktionen. Ihren praktischen Zweck erfüllen inzwischen alle Produkte, auch die billigen. Warum kaufen wir Markenprodukte? Fürs Ego. Um der Welt und uns selbst zu zeigen, dass wir uns etwas leisten können. Wozu kauft eine Frau die sündteure Ledertasche von Chanel? Vielleicht wurde sie in der Schule gehänselt, jetzt, 29, hat sie einen tollen Job, alle staunen, sie auch. Die Tasche zeigt: Ich habs geschafft. Nicht dass die Tasche das Selbstvertrauen ausmacht; sie holt es heraus, markiert, verstärkt es. Das edle Lederding veredelt die Besitzerin, lockt ihre Eleganz hervor, ihren Hüftschwung, ihre körperliche Sicherheit. Dinge verwandeln, indem sie locker machen, was in uns steckt. Darum agieren die BESTEN auf dem Markt ähnlich wie der Mann am Klavier. Sie mögen selber, was sie anbieten, ruhen nicht, an ihrem Produkt zu schleifen, es glänzen zu lassen. Sie wollen es auch unter die Leute bringen, sicher, aber nicht um jeden Preis. Nur Ramsch will man unbedingt loswerden. Für kostbare Dinge sucht man, die Leute auf den Geschmack zu bringen.

der Kundenlaunen sind; eher eine Art Chefdirigenten in ihrem Haus, sie bestimmen Stil, Tonart, Takt. Der Gast ist König, doch die Regeln des Königreichs diktiert der Gastgeber. Wie Vic Jacob, Hotelier im Luxuspalast Suvretta House zu St. Moritz, der alles für seine Gäste tut, aber keinen ohne dunklen Anzug ins Grand Restaurant einlässt, auch wenn der abgewiesene Gast nie wieder kommt. Vic Jacob weiss: Wichtiger als der untertänige Dienst an beliebigen Extravaganzen der Kunden ist, das Hotel so zu gestalten, dass die Kunden sich als Gäste verwöhnt fühlen, dass sie sich gerade nicht wie zu Hause fühlen, mehr wie im Märchenhaus, das ihre Sinne auffrischt, bereichert, verführt. Nicht akkurat nach ihren Wünschen, vielmehr so, wie sie noch gar nicht wussten, dass sie es sich wünschten. Hotel, Bijouterie, Wohnstudio, Modehaus: Wo ist der Unterschied? Die BESTEN spielen überall die Erotik der Gastgeber aus. Sie verführen, wie der Klavierspieler, ihre Kunden zu ihrem eigenen Geschmack. Kommt im Hotel die Frau mit dem Käsewagen, wähle ich doch nicht meine Heimfavoriten, da könnte ich ebenso gut zu Hause bleiben; ich will der Frau ansehen, will wissen, welche sie begehrt. Die probiere ich. Bei allen Vorlieben träumen wir von Freuden, die wir nicht schon kennen. Verborgene Wünsche wecken, das ist Gastfreundschaft – und Geschäft. Dornröschen wach küssen statt Bedürfnisse stillen. Das bringt nicht unbedingt wachsende Laufkundschaft. Aber interessante, treue Kunden, die nicht gross nach dem Preis fragen. Wie beim Klavierspieler, der uns auf ungeahnte Empfindungen bringt.

«Wozu kauft eine Frau die sündteure Ledertasche von Chanel?» Siehe Klavierspieler. Sofern der etwas taugt, richtet er sich eben nicht beflissen nach dem Gusto des Publikums. Wunschkonzerte richtet das Radio aus. Der Künstler am Klavier will Wünsche wecken, nicht bloss erfüllen. Wünsche, die das Publikum noch gar nicht kennt. Genau so verhalten sich die BESTEN im Handel. Sie halten es für eine allzu beschränkte Geschäftsidee, immerzu nur Bedürfnisse der Kunden abzufüllen, akute Nachfragen zu befriedigen. Sie wollen neue Nachfragen schaffen, an geheime Wünsche rühren, das Wunschrepertoire ihrer Kunden erweitern. Darum sehen sich die BESTEN an der Verkaufsfront als Gastgeber, weniger als Dienstleister. Wie erfolgreiche Hoteliers, die nie Lakaien vagabundieren-

Dr. Ludwig Hasler, Publizist und Philosoph, lebt in Zollikon. KOLUMNE

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1. Andreas Mast ist Partner und Geschäftsleiter des Zürcher Architekturbüros Burckhardt+Partner.

architektur fÜr Bauten von morgen Das Zürcher Architekturbüro Burckhardt+Partner kann auf eine über fünfzigjährige Geschichte zurückblicken. In dieser Zeit hat das Unternehmen die Architektur in der ganzen Schweiz wesentlich geprägt. Heute spielt Burckhardt+Partner mit fünf Büros in der Schweiz eine nationale Rolle.

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«Wir haben ganz bewusst keine eigene Signatur entwickelt, da wir uns als Treuhänder unseres Auftraggebers verstehen.»

Burckhardt+Partner wurde 1951 gegründet, ist heute eines der führenden Architektur- und Generalplanungsunternehmen der Schweiz mit Standorten in Basel, Bern, Lausanne, Genf und Zürich. Das Büro in Zürich unter der Leitung von Andreas Mast hat sich unter anderem gerade im Bereich von Infrastrukturbauten einen Namen gemacht. Mitten in der Altstadt von Zürich, am Neumarkt. Kein Repräsentationsbau, ein Gebäude aus den siebziger Jahren. Es herrscht emsiges Treiben auf den verschiedenen Etagen. Und es «riecht» nach Architektur. Kann es das? Ja, es kann! Kreativität liegt in der Luft. Konstruktion, Fortschritt, Entwicklung. Andreas Mast ist einer der Partner des Unternehmens und leitet in Zürich ein Team

2. Umnutzung Kesselhaus Terlinden, Küsnacht Terlinden, Wettbewerb Management AG/Bank am Bellevue: 1. Rang 3. MFO-Park Zentrum Zürich Nord Planergemeinschaft MFO- Park, Burckhardt+Partner AG Zürich / Raderschall Landschafts- architekten Meilen. Wettbewerb Grün Stadt Zürich: 1. Rang 4. Umbau Dock B, Flughafen Zürich AG

von rund dreissig Mitarbeitern. Das Büro arbeitet unabhängig von den übrigen Standorten, kann aber bei Bedarf jederzeit auf Kompetenzen und Kapazitäten des Unternehmens zurückgreifen. Im Büro stehen Modelle aus unterschiedlichen Schaffens­p erioden, am Computer sieht man 3-DAnsichten von Gebäuden, auf den grossen Tischen liegen jede Menge Handzeichnungen. «Am Anfang ist die Skizze», erklärt einer, dem man den alten Hasen an Gestik und Verbalität ansieht und anhört. Mast arbeitet seit 11 Jahren für das Unternehmen. Die Zeichnung ist der Beginn des Projektes, mit ihr können die Ideen und Visionen zu Papier gebracht werden. Zusammen mit den Wünschen und Bedürfnissen der Bauherrschaft entwickeln sich diese Bilder zu einem Gesamtkonzept. Burckhardt+Partner geniessen national und international einen ausgezeichneten Ruf, auch und gerade durch das umfassende Leistungsspektrum, das von einer überzeugenden Entwurfsarchitektur und -planung sowie einer professionellen Ausführung geprägt ist. Markante Bauten tragen zwar – dem Firmencredo folgend – nicht eine offensichtliche Burckhardt+Partner-

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Handschrift, sind aber von hoher Verantwortung gegenüber den Auftraggebern getragen, die den Nutzen für den Kunden ins Zentrum stellt und keine – der Originalität halber – vergänglichen Trends. Den sich immer schneller ändernden Innovationszyklen wird Burckhardt+Partner deshalb – und im ureigenen Interesse des Investors – mit einem ausgewogenen Mass an Erfahrung, Intelligenz und Vision gerecht.

Möglichkeit, unsere Mitarbeiter sehr flexibel einzusetzen. Wir kommen so nie in die Lage, einen Auftrag ablehnen zu müssen, weil uns Kapazitäten fehlen. Dank unserer Partner können wir das Team wenn nötig innerhalb weniger Tage aufstocken. Die Gebäude von Burckhardt+Partner erkennt man nicht unbedingt an einer signifikanten Handschrift.

Andreas Mast, wodurch unterscheidet sich Ihr Büro von den übJa, wir haben ganz bewusst keine eigene Sigrigen Standorten von Burckhardt+Partner? natur entwickelt, da wir uns als Treuhänder unseres Auftraggebers verstehen. Unsere Gebäude Andreas Mast: Dazu gilt es, als Erstes festzu- sollen den Bedürfnissen derjenigen entsprechen, halten, dass wir weitgehend autonom sind. Wir die darin leben, die sie nutzen. Ausserdem sollen beschaffen unsere Aufträge selbst, wie das auch sie massvoll und integrierend auf ihre Umgebung die übrigen Standorte tun. Das macht Sinn, denn eingehen. Jede Veränderung, sowohl in der Landwir sind natürlich bestens mit den Zürcher Ei- schaft als auch im urbanen Umfeld ist ein Eingriff genarten vertraut. Aus Basel oder Bern hier vor in den Bestand, auf den es richtig zu reagieren Ort Aufträge zu akquirieren, ist deutlich schwie- gilt … Ich werte es daher als äusserst positiv oder riger. Dennoch existiert natürlich zwischen den eben – wenn Sie so wollen – doch auch als eigene Standorten eine intensive Zusammenarbeit. Die- Handschrift, dass wir eben nicht vereinheitlicht se Tatsache, diese breite Abstützung gibt uns die und gleichgeschaltet sind. Wir könnten das breite

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architektur


5. Neubau Internationales Forschungs- und Entwicklungs- zentrum Philip Morris, Neuchâtel, Wettbewerb Philip Morris International Management SA: 1. Rang 6./7./8. Innenraumgestaltungen aus verschiedenen Projekten

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Leistungsspektrum an unseren vier Standorten auch nicht anbieten, wenn wir uns selbst einschränken würden. Gibt es trotzdem die typische Burckhardt+Partner-Spezialität? Wir haben uns einen sehr guten Ruf mit anspruchsvollen und komplexen Bauaufgaben in verschiedenen Sparten geschaffen. Unser reicher Erfahrungsschatz geht von Wohn- und Bürobauten über Labor- und Spitalbauten bis zu Parkanlagen. Unsere Spezialität ist also die Vielseitigkeit und die Fähigkeit, auf unterschiedlichste Themen einzugehen.

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Was bedeutet die mittlerweile bei vielen zum Unwort verkommende Nachhaltigkeit für Sie? In der Architektur hat der Begriff viele Facetten und wird bei Burckhardt+Partner sehr ernsthaft und professionell gelebt. Unsere Gebäude werden ressourcenschonend gebaut, die Bausubstanz soll langlebig sein, die Nutzungsmöglichkeiten sollen zukunftssicher sein und der Betrieb des Gebäudes soll ökonomisch sein. Und natürlich soll der Standort auch noch verkehrstechnisch so gut erschlossen sein, dass das Gebäude möglichst wenig zusätzliches Verkehrsaufkommen generiert. Was neuartige Baumaterialien angeht, um den Energieverbrauch niedrig zu halten, so haben wir eine Task Force gebildet, die intern regelmässig informiert, was an neuen Baustoffen auf dem Markt ist. Für jedes unserer Gebäude errechnen wir einen ökologischen Fussabdruck, der alle erfassbaren Parameter einschliesst und die Nachhaltigkeit des Baus belegt.

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Was sehen Sie, wenn Sie in die Zukunft schauen? Der Beruf des Architekten hat sehr viel mit der Zukunft zu tun – wir planen heute für Bauten von morgen. In diesem Sinne wünsche ich uns weiterhin Visionen für zeitgemässe, innovative Architektur, die den sorgsamen Umgang mit den bestehenden Ressourcen nie aus den Augen verliert und den Bedürfnissen der Zukunft entspricht.

www.burckhardtpartner.ch Burckhardt+Partner AG Neumarkt 28 8002 Zürich T 044 262 36 46 / F 044 262 32 74 architektur

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1. Marco Volpi und Claudio Coduri (v.l.) kreieren einzigartige Packages für unvergessliche Stunden.

die szenenMacher

Ob nobel oder fröhlich, schwarz, weiss oder bunt: Claudio Coduri und Marco Volpi vermieten fünfzehn verschiedene Lounges mit Ambiente – von «Asia» über «Business» bis «Outdoor». Die Firma rent-a-lounge lässt niemanden im Regen stehen.

Ein Palmenhain auf der Laderampe. Eine rot-weiss gefleckte Kuh als Empfangsdame. Möbel, so weit das Auge reicht – in schonende Bezüge und gepolsterte Kisten gepackt. Ein Mitarbeiter bezieht gerade weisse Sofas im Lager an der Täfernstrasse 37. Er markiert kleinste Flecken – keine Frage, der Überzug muss nochmals in die Waschmaschine! Anschaulicher könnte die Philosophie der beiden Unternehmer nicht sein: makellose Ware, perfekter Service. «Organisation und Flexibilität sind unsere Stärke. Lieferung, Aufbau, Abbau – alles liegt in unseren Händen. Wir richten jede Lounge so ein, dass die Gäste sich wohlfühlen.» Das Credo scheint einfach, doch diese Mischung aus origineller Kreativität und solidem Handwerk macht ihnen so schnell niemand nach. Angefangen hat alles mit 15 Sofaplätzen während der EM 2004. Claudio Coduri und Marco Volpi, beide wurzeln im Tessin, beide waren in der Gastronomie tätig (im Grand Casino Baden), konnten keine Mietsofas auftreiben – und kauften diese kurzerhand selbst. Können wir wieder vermieten, dachten sie – erkannten, «in dem Geschäft steckt Potenzial», erstanden eine, zwei Lounges dazu – 16

immobilien

ein Hobby vorerst. Ihr Beruf brachte sie mit Leuten zusammen, die solche Dienste suchten. «So ergab sich ein Fundament, auf dem wir dann den Schritt zur Selbstständigkeit wagten.» rent-a-lounge ist ohne Konkurrenz, mit Sicherheit auf diesem Niveau und mit diesem Angebot: Lounges bis zu 300 Sitzplätzen. Volpi und Coduri arbeiten mit Firmen, Messebauern, Eventagenturen zusammen. Die Referenzliste beeindruckt: ABB bis Zürcher Presseball. Banken, Autofirmen, Grandhotels, Medienhäuser. World Economic Forum Davos. VIP-Lounge im Letzigrund. Auf rent-alounge-Sofas und -Sesseln räkeln sich Stars und Staatsmänner. Schwatzen, ruhen, schlafen sogar. Einzelne Stücke erlebten historische Momente. Ohren haben sie aber keine, leider. Ob Grossanlass oder Familienfest: «Was wir machen, machen wir gern – und gut», sagen Volpi und Coduri. Die beiden wissen: Mit bequemen Möbeln allein ist es nicht getan. Es gilt mancherlei zu berücksichtigen. Wo kommen die Gäste herein? Wo befindet sich der Notausgang, wo die Laufwege fürs Catering? Ja, und wie viele Sitzplätze brauchen 600 Gäste? Da Outdoor-Lounges gerade


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2./3. Träumen? Spielen? Tanzen in der Beach-Lounge aus Mexico? Bei rent-a-lounge ist alles möglich!

heftig gefragt sind und rent-a-lounge die wetterfesten Möbel aus Rattanimitat selbst herstellen lässt, sind Sommerlounges nicht nur zu mieten, sondern auch zu kaufen. Das scheint das Riesenkänguru in der Ecke nicht zu interessieren. Auch die monumentalen Osterinsel-Figuren starren stoisch ins Weite. Totempfähle, Säulen, Strandschirme? «Wir sind keine Raumgestalter», erklären Coduri und Volpi, «je nach Bedarf ziehen wir Partner bei, Innendekorateure, Floristen, Beleuchter, aber ein paar Dinge haben wir im Sortiment.» Etwa das elektrische Cheminée und die LED-Bar zur stilvollen De-Sede-Gruppe. Wasserpfeifen zur kuscheligen Orientlounge. «Wir organisieren gern auch eine Bauchtänzerin, damit die Gäste träumen können wie in Tausendundeiner Nacht.» Zu mieten sind zudem ungewöhnliche Packages wie die Casinolounge: Black Jack, Roulette, Poker oder Baccara. Croupier-Tisch, Spielmaterial, Pflanzen, Stehlampen – auf Wunsch führt ein Croupier ein in die Welt der Spiele. Träumen? Spielen? Tanzen in der Beach-Lounge aus Mexiko? Talken in eleganten Lederstühlen der Giroflex-Lounge? In der unkomplizierten Sitzwürfel-Landschaft? Im frechen Space-Sessel? In nostalgischen Fauteuils der ehemaligen FirstClass-Lounge von Swissair einen Whiskey trinken? Fünfzehn verschiedene Lounges – und das Angebot wächst von Jahr zu Jahr. «Stammkunden wollen Abwechslung für ihre Gäste.» 18

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Die Wand neben den Arbeitstischen zieren Erinnerungen: Ansichtskarten, Gratulationen, Fotos, Zeitungsberichte. Eine Strassenkarte von Polen. («Für einen Schweizer Unternehmer brachten wir eine Lounge nach Warschau.») Eine Einladung zur Verleihung der Goldenen Kamera in Berlin. («Wir sind angeblich die Einzigen mit so speziellen Angeboten.») Keine Krise also? Die Einsatzpläne sind wohl gefüllt: Gestern wurde am Bodensee abgebaut. Heute heisst es Abbau in Zürich, Aufbau in Bern. Die meisten Aufträge kommen aus der deutschsprachigen Schweiz. Dann sind Kunden in der Westschweiz, im Tessin. Marco Volpi und Claudio Coduri schmunzeln: «Wir stellten soeben einen sechsten Mitarbeiter ein.»

www.rent-a-lounge.ch rent-a-lounge Täfernstrasse 37 5405 Dättwil/Baden T 079 612 88 70 / F 056 470 25 18


Sandra Claus, 32 stadtführerin

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Für mich ist Zürich die schönste Stadt. Das charmant Kleinstädtische in der Grossstadt, die schroffen Gegensätze auf kleinem Raum find ich toll. Man trägt der alten Bausubstanz Sorge, wagt aber auch Neues, baut in die Höhe, siehe Zürich West. Das dauert zwar, Innovatives braucht hier seine Zeit. Der Zürcher ist in der Regel bescheidener, als er sein könnte; das gefällt mir. Mein Luxus­wunsch: ein schönes Restaurant am See. Überzeugt, nur im Ausland glücklich zu werden, wollte ich auswandern. Mein Engagement als Stadtführerin öffnete mir die Augen. Ich arbeitete immer in der Stadt. Lehre in der Reisebranche. Immobilien, Event, Versicherung und Bank als weitere Felder. Starre Strukturen sind jedoch nichts für mich. Ich wollte meinen eigenen Job kreieren. Nun sind es drei: in der eigenen Firma organisiere ich Anlässe für Unternehmen, für eine Grossbank betreue ich Gäste und seit vier Jahren führe ich Gruppen durch Zürich. Ein Pensum, mal 100, mal 20 Prozent, das ich neben Baby und Haushalt bewältigen kann. Beim Klassiker ‹Altstadtbummel› kann ich aus dem Vollen schöpfen – und lebenslang Neues dazulernen. Die Puzzleteile fügen sich zum immer dichteren Bild, das längst über die Lokalgeschichte hinausreicht. Die Altstadt gefällt auch den Touristen am besten. Amerikaner stehen staunend vor einem 700-jährigen Haus. Ein OpenAir-Museum! Und gibt es einen schöneren Eingang zu einer Polizeiwache? Augusto Giacomettis Farbenfeuerwerk. Bei speziellen Events darf man allerdings nicht hinein, beim Fussballspiel Zürich gegen Basel etwa, damit die Kunstbewunderer den ausrückenden Polizisten nicht den Weg versperren. Die Touristen sind leicht zu begeistern. In Ferienstimmung wollen sie etwas sehen. Interessant finde ich die Stadtzürcher. Anfangs skeptisch – ‹Was soll ich auf eine Stadtführung? Ich kenne doch alles› –, sind am Ende die meisten beein-

druckt – so hätten sie Zürich noch nie erlebt. Um dem Trott in der Hochsaison zu entgehen, nehme ich mal eine andere Route, wähle auch die Geschichten bewusst aus, heute diese, morgen jene. Ich durfte für Zürich Tourismus auch neue Führungen erarbeiten. Letztes Jahr kreierte ich einen Shoppingbummel, ich erzähle die Geschichte verschiedener Geschäfte, von der traditionsreichen Kaffeerösterei bis zur trendigen Taschen-Factory. Demnächst kommt ein Bummel durch das EngeQuartier dazu. Darauf freue ich mich.

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LIFESTYLE


sehen ohne brille Mit Laser Vista befindet sich in Zürich am Bellevue ein weltweit angesehenes Institut für die nachhaltige Korrektur von Sehfehlern am Auge.

Dr. Eduard Haefliger ist passionierter Augenarzt. Elan und Enthusiasmus begleiten seine vielfältigen Tätigkeiten. Eine davon: er befreit Menschen vom Zwang, eine Brille tragen zu müssen: «Unser Auge, das Fenster zur Seele, ist ein Wunderwerk der Natur. Die einfallenden Lichtstrahlen werden durch die Hornhaut und die dahinter liegen-

1. Chefarzt Dr. Eduard Haefliger ist Gründer und leitender Arzt der Laser-Vista-Zentren. Dr. Evdoxia Terzi ist Oberärztin von Laser Vista in Zürich.

de Linse so fokussiert, dass auf der Netzhaut ein scharfes Bild entsteht – wie auf einer Leinwand. Die Sehnerven übertragen die Information unablässig ans Gehirn, wo das Bild auf wundersame Weise noch einmal entsteht.» So erklärt er in kurzen, klaren Worten, wie unser Sehorgan aufgebaut ist. Sein Lebenswerk, die Vista Klinik, ist seit 2009 nun auch mit Laser Vista am Bellevue in Zürich vertreten. Hier können sich Menschen, die keine Brille mehr tragen wollen, einer Augenbehandlung unterziehen, die ihre Fehlsichtigkeit nachhaltig behebt. Herr Dr. Haefliger selbst operiert an den drei Standorten von Laser Vista in Zürich, Binningen und Pfäffikon. Eine Crew ausgewiesener Spezialisten entlastet ihn an den verschiedenen Standorten. In Zürich ist dies unter anderem Frau LIFESTYLE

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Dr. Evdoxia Terzi, die in Deutschland studierte und sich auf ophthalmologische Laseroperationen spezialisiert hat. Riesige Fortschritte in der refraktiven Augenchirurgie ermöglichen heute Eingriffe am Auge, welche die Brille überflüssig machen. Mit Hilfe modernster Lasertechnologie kann die Hornhaut, welche für zwei Drittel der Brechkraft des Auges verantwortlich ist, so modelliert werden, dass sie die Lichtstrahlen wieder korrekt auf die Netzhaut fokussiert. Diese Eingriffe sind schmerzlos und dauern sehr kurz. Bei Fällen, wo die Brechkraft der Hornhaut nicht genügend verändert werden kann, lässt sie sich durch das Einsetzen zusätzlicher Linsen ins Augeninnere verändern. Frau Dr. Terzi, warum sind Sie Augenärztin geworden? Dr. Terzi: Ich bin im Laufe meines Medizinstudiums auf die Augenheilkunde, die Ophthalmologie, gestossen. Dabei hat mich die Möglichkeit der refraktiven Augenchirurgie sofort fasziniert. Deshalb habe ich mich eingehend mit den unterschiedlichen Lasergeräten auf dem Markt befasst und deren Stärken und Schwächen kennen gelernt. Bei Laser Vista arbeiten wir bewusst mit unterschiedlichen Modellen, da jedes ganz spezifische Eigenschaften besitzt. Ich selbst war stark kurzsichtig und habe meine Fehlsichtigkeit lasern lassen. Ich kann daher die Wirkung dieser Technologie auch aus sehr persönlicher Sicht beurteilen. Herr Dr. Haefliger, welches Resultat darf ich nach einer Laser­ operation bei Laser Vista erwarten? Unsere eigenen Resultate und zahlreiche Studien belegen, dass nach einer Laserkorrektur mit modernsten Femto- und Excimer-Lasern über 95% der Patienten sehr zufrieden sind. Auch bei Zusatzlinsen im Inneren des Auges oder beim Austausch der natürlichen Linse wird dieser Faktor erreicht. Wichtig ist für uns, dass in allen Fällen das medizinische Risiko minimal ist.

Wie schnell kann man den Erfolg der Operation überprüfen? Dr. Terzi: Die Augen funktionieren grundsätzlich bereits am Tag nach der Operation einwandfrei. Das endgültige Resultat und die volle Sehschärfe werden allerdings erst nach sechs bis acht Wochen erreicht. Ist es auch möglich, eine altersbedingte Fehlsichtigkeit zu korri­ gieren? Dr. Haefliger: Mit dem Alter stellt sich bei allen Menschen eine Alterssichtigkeit ein, da die Linse, die im Auge hinter der Iris sitzt, allmählich ihre ursprüngliche Elastizität verliert. Die Fehlsichtigkeit lässt sich zwar durch Einsetzen einer Zusatzlinse korrigieren; die verlorene Fähigkeit der Linse, sich an Nähe und Ferne dynamisch anzupassen, lässt sich jedoch heute noch nicht beheben. Statische bifokale Linsen ermöglichen jedoch schon heute vielen alterssichtigen Menschen brillenfreies Sehen. Bezahlt die Krankenkasse die Behandlungskosten? Dr. Haefliger: Operationen von Fehlsichtigkeit, sogenannte Komfortoperationen, werden von der Krankenkasse in der Regel nicht übernommen. Die Krankenkassen bezahlen zu Recht nur die Operation des grauen Stars. Dennoch gilt es zu beachten, dass eine Laserbehandlung über die Jahre gerechnet kostengünstiger ist als die Anschaffung von Kontaktlinsen oder Brillen. Die Kosten variieren je nach Aufwand und von Fall zu Fall stark. Im Preis-Leistungs-Vergleich liegen wir auch international absolut im Rahmen. Genaueres erfährt man auf unserer Website oder in unserer Broschüre, die bei uns bestellt werden kann.

Wie lange dauert ein Eingriff bei Ihnen, Frau Dr. Terzi? Besprechung, Messung und Vorbereitung der individuell angepassten Operation dauern ein Vielfaches der reinen Operationszeit. Der Eingriff selbst dauert in der Regel wenige Minuten. Ein weiterer Vorteil: Laseroperationen können am selben Tag an beiden Augen durchgeführt werden, während ein intraokularer Eingriff nur an einem Auge pro Tag im Abstand von wenigen Wochen erfolgt. 22

LIFESTYLE

www.laservista.ch LASER VISTA Zürich Limmatquai 4 8001 Zürich T 044 250 95 95 / F 044 250 95 96


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2. Seit 2009 ist Laser Vista am Bellevue in Z端rich domiziliert. 3. Studien belegen ausgezeichnete Resultate nach Korrekturen mit dem Femto- und dem Excimer-Laser. LIFESTYLE

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BEST OF ZÜRICH

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Jeannette Kuriger, 35

Wachtmeister mit besonderen Aufgaben bei der Stadtpolizei

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Ich bin auch auf dem Wasserwerfer tätig. Ein faszinierendes Gefährt. Die Warteliste ist lang. Frauen haben da nichts verloren, meinten früher die Kollegen. Die Kanister mit dem Tränengas sind schwer, klar, doch das ist Übungssache. Die Polizei interessierte mich schon als Jugendliche. Ich lernte Tiefbauzeichnerin und absolvierte dann – als Landei aus dem Kanton Schwyz – die Polizeischule der Stadt Zürich. Meine erste Blaulichtfahrt vergesse ich nie: Nachdem ich im Feier­a bendverkehr durch die halbe Stadt gefahren bin, konnte ich kaum aussteigen, so sehr schlotterten die Knie. Nun arbeite ich schon 14 Jahre als Polizistin. Es braucht Intuition, auch Lebenserfahrung. Auf der Quartierwache ist jeder Tag anders. Im Sommer läuft mehr, die Leute sind auf der Strasse, die Taschendiebe ebenfalls. Nach den Ferien häufen sich Einbruchsmeldungen. Auch an Montagen gibt es meist mehr zu tun. Die Nähe zu den Bürgern ist mir wichtig. Punkto Sicherheit ist Zürich top mit fünf Regionalwachen, zahlreichen Quartierwachen und insgesamt 2100 Mitarbeitern der Stadtpolizei. Ein Streifenwagen oder ein Motor-

rad ist schnell vor Ort. Manche grüssen, wenn ich durchs Revier gehe, durch den Kreis 2 und Wollishofen. Geschäftsbesitzer sind froh, wenn ich vorbeikomme. Viele fragen am Telefon um Rat – ihre Probleme haben nicht immer mit unserer Arbeit zu tun, aber auch dafür sind wir da, als Freund und Helfer. Schreckliche Unfälle, brutale Einbrüche, ungewöhnliche Todesfälle belasten mich. Ich erledige dann einfach konzentriert und fokussiert meine Arbeit. Bedrängen mich im Nachhinein die Bilder, rede ich mit den Kollegen. Schwierig finde ich, dass wir es niemandem recht machen können. Ob wir nun zurückhaltend reagieren oder vehement eingreifen, an einem 1. Mai, einem Fussballmatch, wir werden immer kritisiert. Schreibe ich eine Busse, höre ich: ‹Haben Sie nichts Besseres zu tun?› Ich vertrete nun mal das Gesetz. Es gibt Leute, die uneinsichtig sind. Wer gesteht schon gern eigene Fehler ein? Mit Gästen spaziere ich zum Lindenhof, an die Limmat, auf den Üetliberg. Eine schöne Stadt, sauber, dazu mit See. Und eine Viertelstunde von der City entfernt weiden Kühe: in Wollishofen, in Leimbach. In der Stadt möchte ich nicht wohnen. Ich brauche das Land zum Abschalten. Gehe ich privat aus in Zürich, bin ich mit einem Teil von mir immer die Polizistin.

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invest/banking


1. Eric G. Sarasin, Mitglied der Geschäftsleitung und Geschäfts bereichsleiter Private Banking, und Alexander Siegenthaler, Managing Director Private Banking in Zürich (v.l.): «Wir sind mit dem Standort Zürich sehr zufrieden.»

Basel meets Zürich

Die Basler Privatbank Sarasin ist bereits seit 37 Jahren in Zürich domiziliert. Auch in der Limmatstadt setzt die Traditionsbank ihren Wachstumskurs fort. Sarasin bleibt dabei ihren Prinzipien treu: Sie setzt auf eine konsequente Kundenorientierung und individuelle Lösungen.

Die Bank Sarasin, gegründet 1841 in Basel, setzt seit 1973 auf den Bankenplatz Zürich. Damals übernahmen die Basler das Bankgeschäft Orelli im Thalhof. Bereits fünf Jahre später kam die Bank Blankart & Co zur Gruppe hinzu. Seither behaupten sich die Basler am grössten Bankenplatz der Schweiz bestens. Trotz Finanzkrise ist die Sarasin Gruppe im Aufwind, dies auch dank Standorten wie Zürich, die gut aufgestellt sind und das vorhandene Potenzial vor Ort vorbildlich zu nutzen wissen. Um den Erfolg nachhaltig zu gestalten, will Sarasin in der Limmatstadt weiter wachsen. Weshalb Zürich wichtig ist und welche Faktoren den Erfolg der Bank bestimmen, erläutern im «BEST OF ZÜRICH»-Interview Geschäftsleitungsmitglied Eric Sarasin sowie Managing Director Alexander Siegenthaler vom Private Banking in Zürich.

Eric Sarasin: (lacht) Basel und Zürich mögen im Fussball grosse Rivalen sein, nicht aber bei uns in der Bank. Die Bank Sarasin hat zwar den Hauptsitz und ihre Wurzeln in der Rheinstadt. Heute sind wir jedoch eine internationale Bank mit weltweit 22 Standorten. Dazu gehört, dass wir in unserem Heimmarkt ebenfalls in Zürich, am grössten Bankenplatz der Schweiz, aber auch in Genf, Bern und Lugano präsent sind. Zürich war schon früh ein Ziel der Bank Sarasin.

E.S.: In der Tat sind wir schon seit 1973, als wir das Bankgeschäft Orelli übernahmen, in der Limmatstadt. Wir waren damals die erste Privatbank, die an den Börsen von Zürich und Basel vertreten war. In Zürich sind heute zum Beispiel auch unser Handel und das Research domiziliert. Wir fühlen Herr Sarasin, Sie stammen aus dem sogenannten Basler «Daig», zu uns hier in Zürich sehr wohl. dem alte Basler Familien gezählt werden. Dazu sind Sie ein eingefleischter FC-Basel-Fan. Wie kommen Sie dazu, die Bank Sarasin Herr Siegenthaler, Sie und Ihr Team haben in Zürich im Private ausgerechnet in Zürich, der grossen Rivalin von Basel, auszubauen? Banking tüchtig vorwärtsgemacht. Geht dies im gleichen Stil weiter? invest/banking

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Alexander Siegenthaler: Unsere gesamte Bank befindet sich auf Wachstumskurs. Trotz Finanzkrise sind wir weiterhin im Aufwind, weil wir uns seit Langem konsequent zur Nachhaltigkeit in unserer Anlage- und Vermögenspolitik bekennen. Das Konzept überzeugt unsere Kundschaft: Der Standort Zürich leistet einen substanziellen Beitrag am Wachstumskurs der Sarasin Gruppe, indem wir das hier vorhandene Potenzial optimal nutzen. Das freut mich sehr. Dass wir einen attraktiven Markt betreuen und wachsen, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sich die Mitarbeiterzahl allein im Bereich Private Banking seit 2006 am Standort Zürich verdoppelt hat.

Was ist das Geheimnis hinter Ihrem Erfolg? A.S.: Im Private Banking ist Vertrauen das wichtigste Gut. Ohne eine intakte Vertrauensbasis gibt es keine langfristigen Beziehungen. Unsere Arbeit muss unseren Kunden einen Mehrwert bringen. Unser Geheimnis liegt darin, dass unsere Kundenberater nicht mehr wie früher als Einzelkämpfer wirken. Wir betreuen die Kunden heute als Team und nutzen Synergien. So wirken Spezialisten in den Bereichen Vermögensverwaltung, Finanzplanung, Steuern oder Vorsorge als Kompetenzzentrum zusammen. So kann der Kunde von viel Wissen profitieren.

Sarasin wächst trotz Finanz- und Wirtschaftskrise. Das ist erA.S.: Genau. Wir erarbeiten ein genaues Bild des staunlich. Kunden und seiner Risikofähigkeit. Dies bedingt aber auch, dass wir über seine Konten bei anderen E.S.: Das Wachstum reflektiert unser risikoar- Banken ebenfalls orientiert sind. mes Geschäftsmodell und unsere konsequente E.S.: Eine derart umfassende Gesamtanalyse Strategie, die alle Standorte mittragen. Wir sind braucht Personal. Das ist mit einem Callcenter oder insbesondere mit dem Standort Zürich sehr zufrie- per Internet nicht zu machen. Das Kosten-Nutzenden. Das Team leistet gute Arbeit und setzt sich für Verhältnis einer solchen Beratung lohnt sich darum die Weiterentwicklung der Bank ein. nur für Kunden mit Vermögenswerten in einer ge28

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2. Eric G. Sarasin und Alexander Siegenthaler: «Unsere gesamte Bank befindet sich in einer Wachstumsstrategie.» 3. Alexander Siegenthaler inmitten des Private-Banking-Teams in Zürich.

wissen Grössenordung, d. h. bei rund einer halben Million Schweizer Franken, respektive für Kunden, die entsprechendes Potenzial für die Zukunft mitbringen. Wir beurteilen deshalb die Situation jedes (potenziellen) Kunden individuell und berücksichtigen insbesondere seine langfristigen Perspektiven. Diese Individualität ist ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal unserer Bank. Beraten Sie Ihre Kunden nur in Vermögensanlagen? A.S.: Dieser Bereich ist sicher grundlegend. Kredite, Hypotheken, Vorsorge- und Nachfolgeplanungen sowie Steuerberatungen bieten wir ebenfalls an. Damit bieten wir unseren Kunden umfassende Lösungen aus einer Hand, welche seine individuellen Bedürfnisse berücksichtigen und auf das aktuelle Marktumfeld, das Risikoprofil und die Renditeerwartungen des Kunden optimal eingestellt sind. Hypotheken sind derzeit sehr gefragt.

Zum Schluss die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit Schwarzgeld von Steuerhinterziehern? E.S.: Es trifft zu, dass gewisse Kunden ihr Vermögen nicht den Steuerbehörden melden. Der Anteil dieser Kunden an unserem Gesamtgeschäft ist jedoch gering. Dies erklärt sich daraus, dass sich die Bank Sarasin traditionell bis 2002 auf Schweizer Kundschaft konzentrierte. Seit 2006 verfolgen wir eine internationale Wachstumsstrategie, die auf eine geografische Diversifizierung und die Präsenz vor Ort setzt. Wir sind ausserdem der Nachhaltigkeit verpflichtet. Auch unter diesem Aspekt ist für uns die Konzentration auf deklarierte Vermögenswerte unabdingbar. Eigentümer unversteuerter Gelder sollten ihre persönliche Situation überdenken. Im Rahmen unserer Beratungsgespräche raten wir zur Selbstanzeige. Gleichzeitig lehnen wir aber auch den gläsernen Kunden ab, dessen Vermögensund Einkommensverhältnisse für den Fiskus beliebig einsehbar sind. www.sarasin.ch Bank Sarasin & Cie AG Löwenstrasse 11 Postfach 8022 Zürich T 044 213 91 91 / F 044 221 04 54

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1. Christoph Weber ist Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Private Banking der Zürcher Kantonalbank.

Kunsterlebnis in der bank Die Zürcher Kantonalbank hat in den letzten zehn Jahren eine bedeutende Sammlung für Gegenwartskunst aufgebaut. Mit der 250 Werke umfassenden Kollektion soll das traditionsreiche Image des Unternehmens mit emotionalen und fortschrittlichen Werten aufgeladen werden.

Wer durch den Hauptsitz der Zürcher Kantonal­ bank (ZKB) an der Bahnhofstrasse wandelt, fühlt sich wie auf einem Rundgang durch ein Muse­ um für Gegenwartskunst. In Empfangshallen und entlang der Flure verströmen Werke namhafter Künstler wie Thomas Huber und Pipilotti Rist eine moderne Dynamik, am Ende eines langen Gangs flimmert eine Videoinstallation von Annelies Strba. Die zahlreichen Räume, die von den Fluren abge­ hen, wurden einzeln von Künstlern wie Nic Hess, Olaf Breuning oder dem Duo Fischli/Weiss gestal­ tet. Die Botschaft ist klar: Hier erhält der Kunde nicht nur eine Finanzberatung, sondern auch noch ein Kunsterlebnis. Christoph Weber, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter ZKB Private Banking, und Nadine Haldemann, Leiterin Fachstelle Kunst, geben Auskunft über den Nutzen des Kunstenga­ gements für Kunden und Unternehmen.

Herr Weber, Frau Haldemann, warum sammelt die Zürcher Kantonalbank zeitgenössische Kunst? Christoph Weber: Wir haben die Sammlung mit der Gründung des ZKB Private Banking im Jahr 1999 ins Leben gerufen und seither unter fachkun­ diger Anleitung laufend systematisch ausgebaut. Um sich gegenüber den bestehenden Geschäfts­ feldern abheben zu können, brauchte das Private Banking eine eigene Identität. Durch die Kombina­ tion von Banking und Gegenwartskunst konnten wir diese erzeugen. Nadine Haldemann: Wir fokussieren nicht auf einige wenige Künstler, sondern wollen bewusst die ganze Palette der Zürcher Gegenwartskunst abdecken. Ein Grundsatz ist, dass der Künstler ei­ nen Bezug zum Wirtschaftsraum Zürich haben soll. Dabei berücksichtigen wir bereits renommierte invest/banking

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2. Nadine Haldemann, Christoph Weber: «Durch die Kombination von Banking und Gegenwartskunst konnten wir eine unverwechselbare Identität erzeugen.»

Künstler oder solche, bei denen sich abzeichnet, Welche Bedeutung hat das Kunsterlebnis für Mitarbeiter und Kundass sie sich etablieren werden. den? Was soll mit der Gegenwartskunst konkret ausgedrückt werden? C.W. Wir wollen mit der Sammlung auch eine Aussage über die heutige ZKB und speziell das Private Banking machen. In der Öffentlichkeit wird der Geschäftszweig noch allzu häufig von alten Bildern geprägt. Der Kunde erwartet in einem Be­ sprechungsraum der ZKB eher einen klassischen anstatt einen zeitgenössischen Künstler. Mit der modernen Kunst können wir neben den traditio­ nellen Werten auch das Image einer modernen, zu­ kunftsorientierten und weltoffenen Bank vermit­ teln. N.H. Die Auseinandersetzung mit Kunst und Kunstschaffenden führen wir auch im Rahmen von Kundenveranstaltungen in den hauseigenen Sammlungen wie auch im Umfeld der Kunstschaf­ fenden. Diese Veranstaltungen sind bei unseren Kunden sehr beliebt.

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C.W. Eine sehr grosse. Ich bin überzeugt, dass Kunst die Kreativität und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter steigert. Sie schafft eine angeneh­ me Atmosphäre und bringt Energie ins Unterneh­ men. Konkret unterstützt sie die Betreuer, mit den Kunden ins Gespräch zu kommen und so eine emo­ tionale Verbindung zu ihnen aufzubauen. N.H. Wenn der Kunde das Besprechungszim­ mer verlässt, hat er das Gefühl, etwas erlebt und gesehen zu haben, was einmalig ist. An speziellen Anlässen führen wir auch direkte Begegnungen zwischen Kunden und Künstlern herbei. Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob dem Kunden die Kunst gefällt oder nicht.

www.zkb.ch Zürcher Kantonalbank Private Banking Bahnhofstrasse 9 8001 Zürich T 044 292 24 00 / F 044 292 24 02


Kurdo Aziz, 26

Grilleur im «VordereR Sternen»

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Bratwurst, Bürli, Senf – guten Appetit! Bratwurst, Bürli, Senf – guten Appetit! Täglich verkaufen wir gegen 800 Würste. Manche Leute kommen vom Flughafen direkt zu uns. Ich bin Kurde – sechzehnjährig aus dem Nord­ irak geflüchtet. Zu Hause bin ich im ‹Vorderen Sternen›. Seit bald zehn Jahren grilliere ich hier, mit sechs Kollegen, 365 Tage im Jahr. Ich bin stolz darauf. Der Job ist hart. Es ist heiss, doch solche Temperaturen kenne ich aus meiner Heimat. Ein schönes Gefühl, wenn die Leute Schlange stehen. Dann bin ich konzentriert, schnell, mache keine Bewegung zu viel. Natürlich esse ich nicht täglich Wurst, aber ich bin befreundet mit ihr. Was wie Werbung klingt, ist die Wahrheit: Im Ausland ver­ misse ich nur die Bratwurst. Alle kommen hierher, manche täglich: Banker, Opernfreaks, Studenten, Schauspielerinnen, Fa­ milien, Randständige, Touristen. Ich habe Roger Federer bedient – und Sepp Blatter schenkte mir ein Fifa-Abzeichen. Sind viele Touristen da, habe ich mehr Stress. Sie kennen die Sitten nicht, sprechen unsere Sprache nicht, bestellen Hot­ dog, meinen aber Bratwurst und kapieren nicht, dass man diese hier ohne Teller und Besteck isst. Solche Missverständnisse zu klären, ist nicht ein­ fach, wenn ein Dutzend hungrige Kunden wartet. Was mir in Zürich am meisten imponiert? Sau­ berkeit und Sicherheit. Ich wohne in Schwamen­ dingen und bin viel allein unterwegs, ohne Angst, im Gegensatz etwa zu London. Im See war ich noch nie. Im Schwimmbad Oerlikon habe ich mein Gar­ derobekästchen. Ich bin vorsichtig, ja, das habe ich von den Schweizern gelernt. In einem fremden Land soll man sich die guten Dinge aneignen. Was ich gelernt habe, habe ich hier gelernt. Dass das Leben in Zürich immer teurer wird – Verkehrsbetriebe, Krankenkasse –, ohne dass mein Leben besser wird, stört mich. Es gibt zwar unzählige Doppelpackangebote, aber wenn ich eine Zahnbürste brauche, will ich eben nicht zwei.

Die SVP irritiert mich, weil sie alle Ausländer in denselben Topf wirft. Natürlich gibt es solche, die Drogen verkaufen. Aber sind denn alle Zürcher Musterbürger? Ich will dennoch nirgendwo an­ ders leben, allenfalls im Nordirak, wo meine El­ tern sind. Nein, auch nicht in Winterthur.

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Vera Gloor Die Stadt als Roman

Die Bühne bleibt Vera Gloors Leidenschaft. Sie spielte Theater, arbeitete jahrelang am Zürcher Theater Spektakel, studierte Theaterproduzentin in Göteborg. Das erste architektonische Projekt – eine aufklappbare Bar fürs Theater Spektakel – schlug die bacchantische Brücke zwischen Thea­ ter und Architektur. Schlüsselstelle ihrer Karriere. Sie studierte an der ETH Zürich bei Hans Kollhoff. Heute ist die Stadt ihre Bühne. Die Architektin ist süchtig nach Geschichten der Häuser und ih­ rer Bewohner. Geschichten von reichen Metzgern, von drogensüchtigen Töchtern, die geerbte Häuser verschachern. Geschichten von Gaunern, Dirnen, Kultfiguren, Szenetypen. Heute spannt sie den Bogen zwischen wirt­ schaftlichen Beengungen und innovativen Höhen­ 34

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flügen. Denkt nach über künftige Wohnkonzepte, über wandelbare Gebäudestrukturen. Arbeitet be­ geistert besessen. In einem Arbeitswohnkonglo­ merat am Zürichberg: hundertjährige Villa mit fu­ turistischem Annexbau, Skulptur aus Beton, Glas, Chromstahl, scharfkantig, dynamisch in die Höhe strebend. Seit 1993 betreibt Vera Gloor (47) ihr Büro, eine Aktiengesellschaft, heute mit fünfzehn Mitarbei­ tern. 2007 gründete sie mit drei Partnern die ZH Immobilien AG für Stadtentwicklung. Das Büro Gloor sanierte Liegenschaften an der Josefstras­ se im Kreis 5, baute an der Neufrankengasse im Kreis 4 ein spektakuläres Mehrfamilienhaus über den Gleisen – mit Bar im Erdgeschoss. Es wird weitere Häuser umbauen – zwei davon mit Bar…


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Die Vorstellung, eine berühmte Architektin zu wer­ den, interessiert Vera Gloor nicht. Als Single würde sie zentral leben, in einem Ap­ partementhaus, wie es sie früher gab, mit Conci­ erge. In einer relativ kleinen Wohnung. Auch eine WG à la St. Pauli kann sie sich vorstellen. Zu Fuss ins Café, zu Fuss an die Arbeit in einer anregenden Bürogemeinschaft. Zu Fuss in die Bar. So stellt Vera Gloor sich das vor – am liebsten im Kreis 4. Wie sieht Ihre ideale Stadt aus?

«Was mich beengt, ist die starre Haltung ‹Bitte nicht stören! Die Allgemeinheit nicht provozieren, das Stadtbild nicht verändern›.»

Vera Gloor: Ich kenne vor allem europäische Städte: Barcelona, Paris, London, Rom, Berlin, Amsterdam. Jede ist anders, deshalb liebe ich sie. Ich bin eine Städterin. Ich mag die Geborgenheit in der Anonymität, die kulturelle Mischung, Viel­ In Amsterdam zum Beispiel weht ein frischerer Wind. falt und Intensität des Lebens. Die Möglichkeit, zu wählen: zwischen Distanz und Nähe, Ruhe und Seit Jahrzehnten pflegt Amsterdam nicht nur Betrieb. ein innovatives Theater, hier wird auch frech und flippig gebaut. Ohne dass es plump wird, wie teil­ weise in Barcelona. Dort wurde für die Olympiade Sie leben im zwinglianischen Zürich. Hier entstehen auf privater 1992 der ganze Küstenteil aufgemöbelt. Am Meer Basis supernoble Towers und andere Extravaganzen, das Projekt entlangzujoggen ist zwar ein cooles städtisches des Kongresshauses aber fiel ins Wasser. Die Bevölkerung scheint Feeling, aber die krampfhaft originellen Bauten resistent gegen Neuerungen. sind ein Graus. Statische Kunstwerke mit schwe­ benden Teilen, die mich Baurealistin gleich an die Es gibt auch dynamische Tendenzen. Aber es Kosten denken lassen. Vorzeigebauten, keiner Ge­ ist lächerlich, über eine Initiative «40 Meter sind schichte, keinem Ort verpflichtet, nur spektaku­ genug» abstimmen zu müssen. Es gibt kaum lär. Solch originalistische Selbstzweckarchitektur Projekte, wo experimentell Neues und Altes sich trifft man in Zürich weniger – der einzige Gewinn begegnen, kaum Chancen für Frisches, Freches, unserer rigiden Regeln –, aber auch keine sensib­ Aus­sergewöhnliches. Gepflegt wird der Erhalt des len, lustigen, spannenden kleinen Spektakel à la Ursprünglichen. Ich liebe alte Bauten, schätze Hollandaise. städtebauliche Strukturen, die Arbeit der Denk­ malpflege, sehe den Sinn einer Bauordnung, ver­ stehe die Schwierigkeit, anhand objektiver Regeln Wohnen für alle, sozial durchmischen, verdichten. Das versprach Lösungen für individuelle Situationen zu finden. der Stadtrat vor acht Jahren. Der Wohnungsmarkt war auch jetzt Was mich beengt, ist die starre Haltung «Bitte wieder das Wahlkampfthema. nicht stören, die Allgemeinheit nicht provozieren, das Quartier-, das Stadtbild nicht verändern!». Ein Wunschbild, dass alle schön nett nebenein­ ander leben. Beispiel Kreis 4. Eine gute Durchmi­ schung ist anzustreben, finde ich auch, eine Ver­ dichtung sowieso, aber Reibungsflächen dürfen nicht verloren gehen. Ich brauche diese Auseinan­ dersetzungen, um weiterzukommen. Wo Harmonie pur herrscht, will ich nicht wohnen.

«Ich kann nicht für Leute bauen, ohne zu wissen, was sie beschäftigt.»

Sie suchen die Konfrontation, betreiben auch ein Büro im städtebaulichen und sozialpolitischen Entwicklungsquartier. Was treibt Sie in dieses Viertel? Ich kann nicht für Leute bauen, ohne zu wis­ sen, was sie beschäftigt. Zugegeben, ich wünsch­ te mir in Zürich mehr Konfliktpotenzial. Vielleicht interview

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Werden in Zukunft nur noch Gutverdienende in der Stadt wohnen können? Ich denke an die Häuser, die das Büro Gloor an der Josefstrasse saniert hat.

«Nachhaltig bauen und tiefe Mieten generieren ist sehr anspruchsvoll.»

zieht es mich deshalb in den Kreis 4, der weniger sauber, weniger ruhig ist. Aber städtischer, inter­ nationaler, schwieriger. Der Kreis 5 ist heute ein vitales, vielseitiges Quartier. Als wir dort vor zehn Jahren mit Sanierungen starteten, reagierten die Banken skeptisch. Dank verschiedener Bauherren und Umbauzeiten trägt jedes der vier Mehrfami­ lienhäuser an der Josefstrasse seine Geschichte mit, verflicht sie mit dem Neuen, verzahnt sie mit den anderen. Über ein Viertel der Immobilien in der Stadt Zürich gehören nicht gewinnorientierten Organisationen: Genossenschaften, Stiftungen, der Stadt. Suchen die Leute nach dem Bankencrash solidere Werte? Der emotionale Aspekt in der Anlagepolitik nimmt zu; es ist den Leuten nicht egal, wo ihr Geld landet. Unsere ZH Immobilien AG ist zwar keine gemeinnützige Institution, aber die Privaten, die in sie investieren, wollen keinen anonymen Fonds; sie wollen teilnehmen an der Stadtentwicklung, etwas bewegen. Sie interessieren sich für das Quartier. Eine hohe Rendite ist nicht oberste Pri­ orität. So können wir, neben Grossprojekten wie Stadtraum HB, die eine beträchtliche Anonymität haben, punktuell intervenieren, mit individuellen Häusern, die, vom Geist her vernetzt, sich gut im Quartier verankern.

Nachhaltig bauen und tiefe Mieten generieren ist sehr anspruchsvoll. Der Druck auf den Immo­ bilienmarkt ist enorm, die Preise sind so hoch, dass nicht mal der Unterhalt zu finanzieren ist. Die Konkurrenz ist mächtig, das Milieu bietet mit – und bootet uns aus, kurz, wir bezahlen einen Alt­ bau immer zu teuer. Doch wir haben gelernt aus dem Projekt Josefstrasse. Heute will die ZH Im­ mobilien AG vor allem zahlbare Wohnungen be­ reitstellen. Durchmischung heisst ja nicht, einfach Gutverdienende in den Kreis 4 zu bringen. Die Quadratur des Kreises? Ein Appell an unsere Kreativität. Wie stark sa­ nieren wir? Wie tief greifen wir in die Struktur ei­ nes Hauses ein? Sorgfältig mit den Baukosten umgehen ist die einzige Chance. Im Mehrfamili­ enhaus St. Pauli an der Langstrasse erhalten wir möglichst viel von der alten Struktur – auch Bö­ den, Decken, Wände – und kombinieren diese mit modernen Elementen, was eine Art Collage ergibt, ein Spiel mit den Spuren der Zeit. Wir machen auch wieder Wohnungen, die sich für WGs eignen. Erst wälzten wir die wildesten Ideen, kamen aber zum Schluss, dass die Leute genau diesen klas­ sischen Wohnungsgrundriss mögen: Stichgang in der Mitte, Zimmer auf beiden Seiten. Vielleicht durchbrechen wir den Zellencharakter mit einem Fenster in der Wand, einer Schiebetüre. Darüber wollten wir Kleinwohnungen setzen, vorfabrizier­ te, zweigeschossige Boxen mit Dachterrasse. Kei­ ne Luxuswohnungen. Genial, fanden wir. Die Idee wurde aus Lärmschutzgründen von den Behör­ den abgelehnt. Jetzt gibt es eine zweigeschossige Gross-WG. Jedes Zimmer (30 – 40 m2) mit minima­ ler Nasszelle (WC, Dusche) und Kühlschrank – die heiklen Punkte jeder WG. Im Gemeinschaftsraum grosse Küche, langer Tisch, Galerie, Sitzecke. Man kann sich zurückziehen, selbst mit einem Gast, kann aber auch eine Gesellschaft zum Essen la­ den.

«Seefeldisierung» heisst das aktuelle Schimpfwort. Gemeint sind Luxussanierungen, die Quartierbewohner mit kleinen und mitt- Will so der urbane Mensch leben? leren Einkommen vertreiben. Gehören Ihre geplanten Umbauten diverser Rotlichthäuser nicht in dieselbe Kategorie? Je mehr die Leute sich in ihren individuellen und virtuellen Raum zurückziehen, desto reger wird Was ist gut für ein Quartier? Bringen wir neue das Bedürfnis nach realen Kontakten, desto wich­ Mieter hierher, verdrängen wir andere, zum Bei­ tiger eine sinnliche Architektur. Ich bin überzeugt: spiel das Rotlichtmilieu. Erhalten wir diesen Es braucht das Haptische, Erdige, Materielle. Des­ Frauen den Wohnraum, begünstigen wir auch die halb glaube ich an die individuellen Einheiten in Hintermänner. Viele Liegenschaften vergammeln. der Gross-WG. Wer einen Tag lang in seiner Kiste Private Besitzer kassieren hohe Mieten, für die sie hockt, muss doch raus: einkaufen, Leute treffen. nur Ausländer finden, und kümmern sich einen Deut, wenn zehn Leute in einem Zimmer hausen. Es gibt keine eindeutige Antwort, nicht die Lösung. Das macht die Sache so schwierig.

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vom Kauf bis zur Sanierung, vom Abbruch bis zur Einweihung – mit dem Staub, dem Lärm, den Ge­ schichten vor allem. Vergessene Liegenschaften aufzuspüren, Nischen und verdeckte Qualitäten zu finden, interessiert mich mehr als Wettbewerbe.

«Wer einen Tag lang in seiner Kiste hockt, muss doch raus: einkaufen, Leute treffen.»

Nischen? Verdeckte Qualitäten?

Zum Beispiel die Neufrankengasse 22 im Kreis 4. Dort sitze ich manchmal und blicke auf die Gleis­ anlage. Nie hätte ich gedacht, an diesem Ort eine solche Ruhe zu erleben. Es war ein jahrelanges Hin und Her, bis die Bank überzeugt, diverse Insti­ tutionen zufrieden, die eigenen Zweifel verdrängt waren: Will überhaupt jemand an den Gleisen wohnen? Noch dazu in einem Haus mit Bar? Man Der Zürcher Stadtrat ist «auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesell- wollte. Und die Bewohner erleben auf der Dach­ terrasse das Gefühl, zu fliegen, über den Geleisen schaft». zu schweben. Das sind die spannenden Löcher im Ökologische Nachhaltigkeit interessiert die In­ Gewebe einer Stadt, die unverhofft zu Ruhepunk­ vestoren, gewiss. Dazu gehört auch soziale und ten werden können. ökonomische Nachhaltigkeit. Nicht zuletzt die Interview Franziska Schläpfer Qualität der Architektur. Hinter dem Bahnhof Winterthur bauten wir das zweite Minergie-EcoGebäude im Kanton Zürich. Die flexible Struktur überzeugte die Swiss Re. Idee war, über Genera­ tionen verschiedene Wohnungstypen kombinie­ ren, mehr noch, verschiedene Wohnkonzepte realisieren zu können. Was nicht einfach ist: Die Struktur darf nicht so neutral und anonym sein wie ein Bürogebäude. Sie muss ein Zuhause bie­ ten, eine Identifikation, verankert sein im Jetzt und im Ort, aber auch Formen ermöglichen, die wir noch nicht kennen. Sie engagieren sich für die Stadtentwicklung. Weshalb nimmt das Büro Gloor nur selten an Wettbewerben teil? Aus Kapazitätsgründen. Konzeptionelle Arbeit ist wichtig und spannend, doch unsere Projekte verankern vitaler in der Realität. Ich will dabei sein

Die Architektin Vera Gloor, 1963 als Tochter einer Schwedin und eines Norddeutschen geboren, aufgewachsen in Zumikon, lebt mit ihren vier Kindern, Hund und Katzen in Zürich.

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1. Friedemann Ramacher und sein neuer Tisch «Paradigma».

LABOR FÜR INNENEINRICHTUNGEN Vor 12 Jahren gründete Friedemann Ramacher die Möbelfirma Fluidum. Die Produkte seiner Kollektion erfreuen Designliebhaber auf der ganzen Welt. Jetzt hat er in in Zürich ein eigenes Geschäft eröffnet.

Fluidum, das ist die kleine Schweizer Möbelfirma, die mit ihren eleganten und schlichten Sofas, Betten und Tischen die Herzen von Designliebhabern aus der ganzen Welt höher schlagen lässt. Angefangen hatte die Erfolgsgeschichte 1996, als der Zürcher Designer Friedemann Ramacher ein revolutionär einfaches Bett entworfen hatte und dieses den Schweizer Fachhändlern vorstellte. Das Modell kam so gut an, dass Ramacher die Möbelproduktionsfirma Fluidum gründete und zwei Jahre später das erste Sofa der Kollektion präsentierte. Sehr schnell hatten sich die zeitlose Schönheit und die hohe Qualität der Fluidum Polstermöbel bei Insidern und Architekten herumgesprochen. Schon bald darauf standen die Sofas und Sessel von Fluidum in prestigeträchtigen Bauten auf der ganzen Welt. So zum Beispiel im Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York, in der Schweizer Botschaft in Tokio oder in den Lounges von Roche, Novartis und Credit Suisse. Dass sich die Produkte eines jungen Schweizer Unternehmens so schnell im Markt behaupten konnten, ist einzigartig. 42

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Fluidum hat sich inzwischen zu einem der führenden Schweizer Möbelhersteller entwickelt. Die Kollektion ist im In- und Ausland in den besten Fachgeschäften erhältlich. Regelmässig präsentiert das Unternehmen neue Modelle. Der letzte Wurf ist der besonders leicht wirkende Tisch aus Massivholz «Paradigma» – ebenfalls entworfen von Friedemann Ramacher. Als Designer und Innenarchitekt hat der 45-jährige Ramacher letztes Jahr den Tätigkeitsbereich von Fluidum erweitert und mit Fluidum Interiors ein eigenes Möbelgeschäft und Planungsbüro eröffnet. Leidenschaftlich erzählt er: «Mit Fluidum Interiors wollen wir unser umfangreiches Know-how in der Innenarchitektur und in der Produktion von Möbeln einem grösseren Publikum zur Verfügung stellen. Wer zu uns kommt, wird direkt von den Entwicklern und Herstellern der Möbel beraten. Bei Fluidum Interiors gibt es aber nicht nur alle Sofas, Betten und Tische der eigenen Kollektion zu sehen. In den grosszügigen Räumen in Zürich West wird alles angeboten, was es zum Wohnen oder Arbeiten braucht: Stühle, Schränke, Regale,


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2. Bei Fluidum Interiors findet man Möbel und Accessoires, welche nicht überall zu sehen sind.

Leuchten, Teppiche, Vorhänge, Accessoires und vieles mehr. Ich habe auf der ganzen Welt tolle Designer und Firmen kennen gelernt, welche wunderschöne Objekte herstellen. Es ist mir ein Anliegen, in unserem Geschäft neben den etablierten Marken auch Dinge zu zeigen, die man nicht überall zu sehen bekommt. Unsere Kundschaft ist sehr unterschiedlich. Das Spektrum reicht von der jungen Textildesignerin, die sich voller Freude ein günstiges Ausstellungssofa ergattern konnte, über den Architekten, der für die Einrichtung einer Lounge unseren Rat benötigt, bis zu wohlhabenden Pensionierten, welche sich nochmals komplett neu einrichten wollen. Fluidum Interiors ist kein Möbelgeschäft im klassischen Sinn. Auch wenn wir viele Besucher haben, die bei uns herumstöbern und dann vielleicht ganz spontan eine Lampe oder ein Bett kaufen, schätzen die meisten unserer Kunden unsere Planungserfahrung. Wir entwerfen hier schon seit Jahren unsere Möbel und sind immer wieder an der Planung von sehr anspruchsvollen Einrichtungen beteiligt gewesen. Viele Kunden bringen

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die Pläne ihrer Wohnungen mit oder laden uns zu sich nach Hause ein. In unserem ‹EinrichtungsLabor› beschäftigen wir uns täglich mit Grundrissen, neuen Materialien und Farben. Wir recherchieren nach neuen Möbeln und Accessoires. Wir sind hier auf der Suche nach den funktionalsten und schönsten Lösungen für unsere Kunden: Sei es das perfekte Sofa, der Schrank auf Mass, ein eleganter Vorhang oder eine komplett neue Einrichtung. Was gibt es Schöneres, als für seine Kunden ein neues Zuhause zu gestalten und dass sich diese jeden Tag darüber freuen können?»

www.fluidum.ch Fluidum GmbH Furniture and Interiors Bändlistrasse 29 8064 Zürich T 044 440 42 85 / F 044 440 42 86


Daniela Mazic, 25

Tramführerin bei den Verkehrsbetrieben

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Vor knapp drei Jahren stand ich noch auf dem Bau als Malerin und Baustellenleiterin, verantwortlich für 15 Leute. Leider griffen die Lösungsmittel meine Lunge an. Als Triathlon-Athletin musste ich deshalb den Beruf an den Nagel hängen. Tramführerin war ein Kindertraum. Meine Fahrten auf den Linien 4, 11, 13, 15 und 10 sollen ruhig sein und trotz der vielen Baustellen pünktlich. Bremsen, Strom geben, Geschwindigkeit regulieren – viel ist nicht zu tun, ausser acht Stunden konzentriert sein, acht Stunden alles im Blick haben. Bis jetzt kollidierte ich nur einmal: mit einem Auto, ohne Verletzte. Eigentlich passiert relativ wenig, wenn ich denke, dass unsere Fahrzeuge täglich zwei bis drei Mal die Welt umrunden. Ich durchquere täglich verschiedenste Lebenswelten, bringe Kunden, vom Banker bis zum Arbeiter, ans Ziel, fahre an Noblem, Kaputtem vorbei, auch an Pfarrer Siebers ‹Pfuusbus› im Albisgütli. Ich suche den Kontakt mit den Gästen, abgeschottet im Führerstand hocken mag ich nicht. Bei Problemen kann ich die Polizei verständigen, ohne auszusteigen, doch erst versuche ich, selber zu helfen, zu schlichten.

Ich wünschte, man hätte mehr Respekt vor dem schweren Gefährt. Was soll das, mir grinsend vors Tram zu laufen? Ist es Mutprobe, Provokation? Was, wenn jemand stolpert? Wem ist schon bewusst, dass Eisen auf Eisen schwer zu bremsen ist und das Tram rutschen kann auf feuchten Schienen? Beim Helmhaus rannte mal ein Bub aufs Trottoir, stürzte und fiel vors Tram. Er blieb unverletzt, aber es dauerte Monate, bis der Druck weg war von mir. Täglich mehrere Notstopps, das kommt schon vor. Um die zahlreichen Schreckmomente auszuhalten, muss ich rennen, laufen, den Kopf freibekommen. Nicht weil ich schnell, sondern weil ich offen bin, wurde ich nach eineinhalb Jahren zur Springerin befördert, wechsle nun zwischen Tramführen und Billettkontrolle, durfte die Carprüfung machen, demnächst auch die Trolleyprüfung. Mein Ziel ist feste Kundenberaterin, ja, so nennt man die Kontrolleure. Ich behandle alle Fahrgäste gleich. Schwarzfahren ist ungerecht denen gegenüber, die zahlen. Ich will meinen Job gut machen, gerecht machen, so fair wie möglich. Ich bin stolz, hier arbeiten zu dürfen, Zürcherin zu sein. In der Stadt zu wohnen, wäre aber schwierig. Ich hielte ständig Aug und Ohr offen, gerade so, als wäre ich im Dienst. Was ich anpacke, tue ich leidenschaftlich. Denn die Hälfte des Lebens verbringe ich mit dem Beruf.

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Kathy Zarnegin Heilige Verschwendung

Ausgerechnet das zwinglianische Zürich ist ein Epizentrum des Luxus. Die Geburtsstätte der ältesten protestantischen Bibelübersetzung (immerhin satte fünf Jahre früher als die luthersche!) ist eine der verschwenderischsten und liberalsten Städte Europas: Alle internationalen Labels sind in Zürich zu Hause, nicht einfach anwesend oder flüchtig herbeizitiert, sondern im exzentrischen Raum, den sie in dieser Stadt beanspruchen, manifestiert sich ein fast beiläufiges Wohlseingefühl – kurz: Es ist selbstverständlich, in Zürich zu sein. Auch gastronomische Novitäten, die immer wieder das Licht der Welt in dieser Stadt erblicken, heischen um Aufmerksamkeit; zudem kann die Metropole etliche literarische Spuren nachweisen. Fazit: Robert Walsers Diktum, wonach «jeder hervorragende Mensch irgendeinmal in Zürich ist», ist eine überaus zutreffende, alle Zeiten überdauernde Feststellung. Trotzdem. Auch vor einer katholisch geprägten historischen Kulisse würden die ostentativ auf Ausschweifung und Sinnlichkeit ausgerichteten Allüren der Stadt (zur Erinnerung: Die Street Parade findet eben nicht in Uri statt) nicht überra46

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schen. Denn die katholische Kirche beherrscht die Klaviatur der Sinnlichkeit in all ihren subtilen Nuancen (Kathedralen, Rituale, Liturgie, Marienkult, Sünden und Beichten etc.), und jeder, der sich als Eventmacher im Leben bewähren will, täte gut daran, die Zeremonien im Vatikan gut zu studieren. Doch gerade Zürich mit seiner aseptisch anmutenden und immer wieder als Adjektiv zitierten Kirche des Wortes scheint einen himmlischen Pakt mit der Verschwendung geschlossen zu haben, mit jenem Element, welches dem Nützlichkeitsprinzip diametral entgegengesetzt ist. Dabei hat die Verschwendung in unserer Alltagskultur fast immer einen negativen Beigeschmack. Von klein auf werden wir ermahnt, ja aufzupassen und nichts zu verschwenden. Aus religiös-moralischer Sicht wird die Verschwendung als ein Abkömmling des Irrationalen verurteilt, aus politischer Sicht ist sie ein Ungerechtigkeitsfaktor und aus ökonomischer Sicht stellt sie eine Fehlhandlung dar, die partout vermieden werden sollte. Das klassische Ideal unserer Gesellschaft basiert nun einmal auf dem Nützlichkeitsprinzip. Nützlich heisst vor allem produktiv, heisst zweckbezogen und hat so wenig wie möglich mit Lust zu tun.

«Nur aus der Unlust kann die Lust entstehen.» Und trotzdem scheut sich eine Stadt wie Zürich nicht davor, die pure Verschwendung zur Schau zu stellen. Ein Widerspruch? Oder vielmehr eine Anregung, der Verschwendung Positives abzugewinnen? Es wäre zu kurz gegriffen, das Bedürfnis nach Verschwendung auf ein ökonomisches Balzverhalten zu reduzieren. Mit Verschwendung verweist man auf seinen Status («Weil ich es mir wert bin»), dem würde jede Prada-Trägerin und jeder Bentley-Fahrer zustimmen, was aber – leider – nicht den ganzen Sachverhalt erklärt. Siehe da: Gerade die für die Nützlichkeit appellierende Wirtschaft schürt ständig den Wunsch nach Verschwendung durch den schnellen Wechsel der Moden. Konsumiert wird längst nicht, weil man in unserem Breitengrad etwas braucht. Wenn wir nur entsprechend unseres Bedürfnisses konsumieren würden, wäre unsere Wirtschaft längst lahmgelegt. Das Konsumieren, darauf verweist der Soziologe Thorstein Veblen, ist ein Schauspiel. Wir alle spielen Theater, wenn wir konsumieren, und je verschwenderischer wir konsumieren, desto bombastischer die Inszenierung.

In seinem Buch «Die Aufhebung der Ökonomie» greift der französische Schriftsteller und Philosoph Georges Bataille (1897–1962) das Nützlichkeitsprinzip aufs Radikalste an und stellt diesem die «unproduktive Verausgabung» als das Prinzip des menschlichen Lebens entgegen: Erotik, mystische Erfahrungen, Ekstase etc. – allesamt Figuren der Überschreitung. Für Bataille sind Produktion und Erwerb gegenüber der Verschwendung sekundär. Die Vorherrschaft des Nützlichen versperrt ihm zufolge unseren Blick auf die Notwendigkeit des Überflüssigen. Verschwendung als Kult exzentrischen Geniessens – von der Ekstase der mittelalterlichen Heiligen bis hin zu den sinnlichen Erfahrungen in Armanis Tempeln – ist eine Erfahrung der Lust und des Begehrens. Das heisst umgekehrt: Das Lustvolle des Konsums liegt nicht etwa darin, befriedigt zu werden, sondern gerade im permanenten Unbefriedigtsein. Nur in der Unbefriedigung entflammt das Begehren immer aufs Neue, nur aus der Unlust kann die Lust entstehen. Das erklärt vielleicht nun, warum ausgerechnet eine religiös bedingt gegen die Sinnlichkeit gerichtete Atmosphäre eine geradezu exzessiv lustvolle Konsumvielfalt bietet. In diesem Sinne ist Gottfried Benns Frage in jenem berühmten Gedicht, ob «Zürich eine tiefere Stadt» sei, entschieden zu bejahen.

Kathy Zarnegin ist in Teheran/Iran geboren und lebt seit ihrer Jugend in Basel. Sie ist Philosophin, promovierte Literaturwissenschaftlerin, ausgebildete Psychoanalytikerin, Lyrikerin und Autorin von zahlreichen Essays und wissenschaftlichen Publikationen. Sie ist Lehrbeauftragte für die Psychoanalytische Theorie am soziologischen Institut der Universität Basel. KOLUMNE

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1. Takeoff für aussergewöhnliche Leistungen: Das Inhaberehepaar von Jet-Link Helen und Hanspeter Candrian.

Sorgenfrei abheben Wenn der Kunde irgendwo König ist, dann bei Hanspeter und Helen Candrian. Ihre Switzerland’s Boutique Jet Company erfüllt vermögenden Leuten jeden Wunsch.

Die Nummer 1 der drei weltberühmten Tenöre (Diskretion ist Ehrensache) wollte auf schnellstem Weg ins Hotel, doch Hanspeter Candrian musste den Flug abbrechen. Ein Schneesturm. Der Gast war unmutig – bis er die wartende Limousine sah. Service à la Jet-Link. Ob Welttournee mit einem Star, Familienflüge, Businessflüge an eines der zehn regionalen WEF-Treffen – Jet-Link umsorgt ihre Kundschaft auf ebenso charismatische wie professionelle Art. «Selbstverständlich, das machen wir – gern!» Auch wenn Helen Candrian noch nicht weiss, wie. Selbst wenn sie gerade Weihnachten feiert, für ein paar Tage wegfahren oder Tochter Cindy zum Eiskunstlaufen begleiten will: kein Zögern, keine Ausrede. Das Wort «gern!» sieht man ihr an. Kurz vor neun Uhr. Der Chef versorgt gerade den

eigenhändig reparierten Staubsauger, bevor er, elegant gekleidet und gut gelaunt, sein Unternehmen vorstellt. Die Chefin serviert einen köstlichen Capuccino, erzählt von ihrer Arbeit, beobachtet ihr Natel. Viel Licht in der Bürolandschaft an der Flughofstrasse. In der Mitte die Cafeteria, Treffpunkt der 25-köpfigen Jet-Link-Familie. Hanspeter Candrian, einst Militärpilot und Flugkapitän der Swissair, eigentlich pensioniert, führt gemeinsam mit seiner Gattin sein Unternehmen zum Erfolg. Am Anfang stand eine simple Dienstleistungsidee. «Weshalb», fragte er sich, «müssen Erstklasspassagiere anstehen wie alle anderen: Passkontrolle, Gepäckausgabe, Taxi? Weshalb holen wir sie nicht zu Hause ab und bringen sie vom Flughafen zum Hotel?» aviatik

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Sein Konzept (z.B. ein Ticket Hollywoodvilla – Davos Hotel Waldhuus) fand Anklang, aber keine Compagnons, jedenfalls nicht langfristig. Er wählte den Alleingang, gründete 1990 die HeliLink AG, erwarb einen einmotorigen Helikopter und flog 1992 einen einzigen Prominenten ans World Economic Forum. Doch das WEF war die Marktlücke: Zehn Jahre später machte Heli-Link als Official Carrier mit 12 Helikoptern 400 Flüge. Bei schlechtem Wetter ein Abenteuer. Aber dann ermöglichten zweimotorige Dauphin-Helis, mitfinanziert von Kunden, den Nachtund Instrumentenflug. Schliesslich der Sprung zur Jet-Link AG, zum Air Operator Certificate (EU OPS) – Bedingung für eine Betriebsbewilligung. Allen Unkenrufen zum Trotz erfüllte man die umfangreichen Normen und Vorgaben in kürzester Zeit. Ein Kraftakt, nicht nur finanziell. Indes: «Failure is not an option.» Hanspeter Candrian ist ein Kämpfer, Jet-Link ein Vorzeigebetrieb mit einem Topteam. Sein Ziel ist nun, vier bis sechs private Flugzeuge im Management zu betreuen. «Mehr nicht, der Service muss erstklassig bleiben.» 50

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Helen Candrian, gelernte Maître de Cabine mit melodischem Urnerdialekt, ist eine erfinderische Gastgeberin. Der Kunde ist König? (Zu) oft eine Floskel – bei Jet-Link aber ganz einfach Fakt. Sie kennt Vorlieben, errät Wünsche, lässt die Sachertorte aus Wien kommen, den besten Rauchlachs aus dem Toggenburg. Evaluiert Hotels, Schulen, besorgt Geschenke, Tickets, Babysitter, holt auch mal Vergessenes. Bestellt jemand ein Flugzeug, braucht sie nur zu wissen, wo und wann. «Your privacy – our daily business» lautet das Motto. Manchmal werden raffinierte Sicherheitsvorkehrungen arrangiert. Versteht sich, keine Werbung mit berühmten Gästen, auch nicht im Nachhinein. Nicht immer geht es um einen Flug. Ein Kunde steht ohne Aktenkoffer im Flughafen. Hanspeter Candrian schaltet sein Netzwerk ein – erfolgreich. Ein US-Unternehmer ruft an, zwei Geschäftsfreunde aus Russland hätten den Anschlussflug verpasst und dürften den Zürcher Flughafen ohne Visum nicht verlassen. Candrian bezahlt eine Kaution, die beiden übernachten im Hotel. JetLink ist übrigens auch Official Handling Agent des Zürcher Airports.


2. Die Falcon 7X kann mit ihren drei Triebwerken nonstop von Zürich bis nach Tokio fliegen. 3. Gediegenes Interieur an Bord der Falcon 7X.

«Switzerland’s Boutique Jet Company» – an 365 Tagen rund um die Uhr erreichbar. Exklusivität, das ist die Nische, persönliches Engagement die Geschäftsidee. Helen und Hanspeter Candrian betreiben ihre Flugboutique als Familienbetrieb, besessen vom Willen zum Aussergewöhnlichen, Perfekten. «Die Billigsten sind wir nicht, aber kostengünstig.» Ein nervöser Markt, mit extremen Hochs und Tiefs und enormen Risiken. «Die Flugzeugeigner gewährten uns stets Rückendeckung – und in entscheidenden Momenten hatten wir immer Glück.» Mit der Falcon 7X etwa, dem 45-Millionen-Bijou

von Dassault. Machte im ersten Jahr 600 Flugstunden. «Eine Maschine, die einfach alles kann!» Fliegt mit ihren drei Triebwerken bis nach Tokio. Ist leicht, leistungsstark, sparsam, beweglich, sicher dank elektromechanischer Steuerung. Das komfortable Interieur preisgekrönt. Steht zur Zeit des Gesprächs in Südafrika. Mehr ist von Jet-Link nicht zu erfahren.

www.jet-link.ch Jet-Link AG Flughofstrasse 54 8152 Glattbrugg T (0)848 22 10 00 / F (0) 848 22 10 01

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1. Claudine Francine Bandi ist die Pionierin der Pop-Art-Galeristen in Zürich.

KUNST MACHT DAS LEBEN REICHER Mitten im Herzen der Stadt zeigt die Galerie Foxx Pop-Art. Seit 17 Jahren. Die Inhaberin Claudine Francine Bandi, selbst in den Sechzigern und deshalb parallel zur Entstehungszeit der Pop-Art aufgewachsen, hat die Populär­kunst in Zürich eingeführt und bekannt gemacht.

Die herzliche Begrüssung von Claudine Francine Bandi, ihr fester Händedruck, ihr klarer Blick, der Klang ihrer Stimme und das Ambiente der Galerie Foxx, das einen sofort in Beschlag nimmt, machen sofort klar: Hier führt eine Frau nicht einfach ein Geschäft, hier wirkt eine Frau mit Herzblut, eine Frau mit Leidenschaft für ihre Sache, die Pop-Art. Pop-Art? Da fällt uns Roy Lichtenstein ein. Claudine Bandi lacht: «Nun, mein Ansatz war damals, 1993, als ich die Galerie gründete, ein anderer. Ich wollte der Animation Art, der Kunst der amerikanischen Zeichentrickfilme, in der Schweiz den gebührenden Stellenwert verschaffen und hatte dabei natürlich mit den Walt Disney und Warner Bros. Studios die idealen Vertragspartner. Es gelang mir dann bald, mit damals schon erfolgreichen, amerikanischen Künstlern wie Charles Fazzino, Romero Britto und James Rizzi eine Zusammenarbeit zu initiieren, die mit James Rizzi beispielsweise ohne Unterbruch bis heute anhält.» Wenn Claudine Bandi über ihre Künstler spricht, spürt man die Verbundenheit, die sie bewegt. «Ja, ich schätze den regelmässigen, persönlichen Kontakt mit ihnen sehr. Der Kunstmarkt ist ja nicht unbedingt ein verlässlicher

Markt, da wird mit harten Bandagen gekämpft, umso schöner sind natürlich langjährige persönliche Kontakte, das sich daraus ergebende Vertrauen und die damit verbundene Konstanz in den geschäftlichen Verbindungen. Sind es in erster Linie amerikanische Künstler, die Claudine Bandi in der Galerie Foxx vertritt? «Nein, schon früh begann ich das Programm über die Jahre sukzessive auszubauen, eigentlich parallel dazu, wie sich die Pop- und die Neo-Pop-Art in Europa verbreiteten. Nun gehören u.a. mit dem Schweizer Vinc, den Franzosen Daniel Viéné und Taling und insbesondere dem Deutschen Jörg Döring Topkünstler zum Stamm meiner Foxx-Protagonisten.» Stichwort Jörg Döring. Wenn Ihnen das, liebe Leserin, lieber Leser, nicht geläufig ist, geben Sies einfach nicht zu. Denn seine Bilder kennen sie. J.D., so nennt er sich und die Kunstwelt ihn auch, feiert internationale Erfolge, indem er stark gerastete Fotos von Filmikonen wie Marilyn Monroe, Ursula Andress, Steve McQueen oder Sean Connery mit Schriftfragmenten, Zitaten und grafischen Elementen verbindet und so mit neuen Optiken immer wieder überrascht. kunst

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In diesem Moment stehe ich vor einer SteveMcQueen-Arbeit und versuche unmerklich (nur, wieso schmunzelt Claudine Bandi?), die coole Mimik und Haltung des Cult Actor zu kopieren. Die Galeriebesitzerin holt mich aus meinen Endlich-ein-Mann-sein-Träumen ins reale Leben zurück: «Vielleicht erinnern Sie sich auch an die bekannte New-York-Hommage, die J.D. in einer Serie gestaltete? Davon inspiriert und den damaligen Zeitgeist der Swissness spürend, kreierte er nämlich für die Galerie Foxx eine Exklusivserie über die Schweiz und Zürich Downtown.» Claudine Bandi hat viel Gespür beim Engagement für ihre Künstler bewiesen. Mittlerweile ist Jörg Döring in über 40 Galerien in ganz Europa, Asien, USA und Kanada vertreten. Aber, und das ist der Galeristin sehr wichtig, «Bei Foxx hat es immer auch Platz für Newcomers. Und ich freue mich jedes Mal ungemein darüber, wenn ich einen jungen, talentierten, noch unbekannten Künstler ins Programm aufnehmen kann.» Der kommerzielle Aspekt ist für Claudine Bandi als Geschäftsinhaberin dabei natürlich zwar essenziell, aber nicht Motiv. Für sie wäre es undenkbar, Kunst auf das Materielle zu reduzieren, auf eine Anlage mit dem Ziel, Mehrwert zu generieren. «Kunst an sich macht das Leben reicher; diese anhaltende Begeisterung für ein besonderes Werk und diese Faszination für einen Künstler! Kunst suchen, entdecken, lieben – das ist die tägliche Rendite, die man geniessen soll.» Claudine Bandis Leidenschaft erfüllt in diesem Moment den Raum, ihr Hund Scott,

2. Pop-Art in seiner ganzen Vielfalt, unter anderem mit einem Brigitte-Bardot-Werk von Jörg Döring.

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vorher sanft dösend, hat sich blitzartig aufgerichtet, fixiert ihre Augen und lauscht ihren Worten mit einem leisen Kopfnicken. Dem Besucher fällt es schwer, diese Aura der künstlerischen Harmonie mit einer profanen Frage zu stören: «Ist Pop-Art teuer?», und freut sich deshalb umso mehr darüber, dass er damit der ehemaligen Marketingspezialistin in die Hände spielt. «Wir sind immer dafür besorgt, dass Pop-Art auch mit einem kleinen Budget in der Foxx Galerie erschwinglich ist und wir jungen Sammlern und Liebhabern den Einstieg in die Kunst ermöglichen. Berührend ist es, wenn Jugendliche, oft in Begleitung von Götti oder Eltern, bei uns ihr erstes Kunstwerk erstehen. Aber selbstverständlich sind etablierte Künstler teurer, das kann dann auch eine Summe von über 10 000 Franken sein.» Claudine Bandi ist bekannt für ihre Kooperationen und Ausstellungen, die sie auch ausserhalb ihrer Galerie macht, bei Unternehmen und Institutionen. Und sie freut sich, wenn ihr Know-how gefragt ist, wenn sie Firmen und Privaten beim Aufbau einer Sammlung beraten darf. «Sich ‹meine› Pop-Art in anderer Umgebung, anderen Räumen und Orten vorzustellen, die Persönlichkeit der Bewohner zu erspüren, Mensch und Kunst in Einklang zu bringen und dann zu verfolgen, wie die Menschen mit der Kunst leben, daraus entstandene, persönliche Beziehungen weiter zu pflegen – das sind wunderbare Momente, die mein Beruf mit sich bringt.»

www.foxxgalerie.com Foxx Galerie Rindermarkt 13 8001 Zürich T 044 261 88 61 / F 044 261 91 10


Jonas Thiel, 62

Kleinunternehmer in der «Barfussbar» am See

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Die Frauenbadi ist unser Herzblut, die Barfussbar als älteste Badibar nicht mehr wegzudenken. Sie entstand 1997, quasi aus der Not, weil der Badekiosk mit Bioqualität, den wir auf Bitten der Badmeisterinnen führten, defizitär war. Die Frauen nehmen halt eher ein Salätchen von zu Hause mit. Die Stadt betreibt das Frauenbad, Kerstin Kurer und ich mit der Saftbad AG den Badekiosk, die Barfussbar, die Kultur am Mittwoch, den Tanz am Sonntag. Die Bar und Privatvermietungen subventionieren Kultur und Kiosk. Das Filmfestival wird zum zweiten Mal Gast sein, Ingrid Noll zum ersten Mal. Es braucht Respekt, damit das komplizierte Gebilde funktioniert: Respekt vor der historischen Anlage, dem Badebetrieb, den Altstadtbewohnern. Bisher gab es eine einzige Lärmklage. Das Konzert mag noch so schön sein, um 23 Uhr wird der Verstärker abgestellt. In Spitzenzeiten baden hier gegen tausend Frauen, vom Teenager bis zur älteren Dame. Ein bunt gemischtes Publikum, wie an den abendlichen Veranstaltungen. Das ist uns gelungen. Szenestrukturen mag ich nicht. Wer ich bin? Arbeiterkind, gelernter Maschinenschlosser, Quereinsteiger da und dort, Netzwerker, spontan, gesellig, neugierig. Bereiste die Welt, auch als Reiseleiter. Die Lust, selber einen Beruf zu gestalten, prägte mein Leben. Meinen Arbeitsplatz wählte ich immer selber, war manchmal überfordert, manchmal unterfordert. Meine Unternehmen betrieb ich früher, bis sie liefen, um sie dann weiterzureichen, den Crêpe-Stand etwa. Zu meinen ‹Kindern› gehören das Café ‹Zähringer›, ein Trinkwasserprojekt in Nicaragua, ein Baugeschäft, der ‹Saftladen› an der Marktgasse. Der Schmelztiegel Zürich gefällt mir. Toll, dass eine lesbische Stadtpräsidentin möglich ist, peinlich, dass sie so angefeindet wird. Als Zürcher schäme ich mich manchmal über das enge Denken, die Intoleranz allem gegenüber, was nicht der Norm entspricht.

Ich arbeite nicht nur am schönsten Platz von Zürich, ich wohne auch an einem der schönsten Orte: im Gärtnerhaus der Villa Landolt. Ein Dorf in der Grossstadt, Niederdorf und Oberdorf, in dem die Nachbarschaftshilfe bestens funktioniert. Zürich birgt ungezählte Biotope. Der Ökologe Stefan Ineichen eröffnete mir mit seinem Buch ‹Zürich 1933 –1945› unbekannte Aspekte, zeigte mir auch faszinierende Nischen. Kaum zu glauben, dass bei der Kirche Hottingen Tausende Leuchtkäferchen leben.

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gourmet


1. Die Macher von First Choice Catering: Laila Boufama, Yasmina Boufama und Ruedi Zumstein (v.l.).

Bühne frei für perfekte Gastgeber Vorhang auf ! Wer sich First Choice Catering überlässt, wird etwas erleben – eine bis ins Detail ausgeklügelte Inszenierung, ein stilvolles Fest für alle Sinne.

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2. Das Credo von First Choice heisst: Jeder Anlass ist ein Unikat! 3. Kulinarische Leckerbissen: Folioteig-Lasagne mit Poulet.

Als Ruedi Zumstein vor Jahren die 50 Hochzeitsgäste eines Kollegen bekochte, zusammen mit seiner Lebenspartnerin Yasmina Boufama und deren Schwester Laila Boufama, ahnten sie nicht, dass der Freundschaftsdienst ihr Leben verändern wird. Schon lag die zweite Anfrage auf dem Tisch. Was nun? «Wir machen es professionell – oder gar nicht.» Typisch für das Trio. Ruedi Zumstein, gelernter Koch, handelte damals mit italienischen Spezialitäten; die beiden Frauen stammen aus einer Gastronomiefamilie, waren aber anderweitig tätig. Gehobene Gastgeberkultur hatten alle drei im Blut. Das war 1994. Catering, damals als Partyservice bekannt, von Traiteuren initiiert, ist heute ein hart umkämpfter Markt. Umso wichtiger ist eine eigene Handschrift: inspirierte Konzepte, sorgfäl-

konzipiert und zieht die Fäden auf der Bühne, Laila Boufama kreiert Menüs und Rezepturen, kocht mit Leidenschaft Süsses. Dazu kommt ein motiviertes, junges Team. Es ist mit Freude bei der Sache, umsorgt die Gäste charmant aufmerksam, doch unaufdringlich. Auch das ist eine Kunst. Es wird schnell klar: Hier sind Passionierte am Werk. Streben unermüdlich nach dem Besten. Das ist harte Arbeit. Die Perfektion in allen Belangen hat auch ihren Preis. Aber so individuell der Anlass, so detailliert und transparent ist die Offerte. «Der Kunde sieht auf einen Blick, warum er bei uns voll und ganz auf seine Kosten kommt.» Nach erfolgreichen Jahren als Full-Service Caterer für Firmen und Private hat sich First Choice auch als Generalunternehmer spezialisiert – für Kunden, die am liebsten mit einem einzigen Part-

«Eine einmalige Ambiance zu erzeugen, ist unsere Stärke, Erlebnisse zu schaffen, die berühren und begeistern.»

tige Planung, perfekte Durchführung. «Eine einmalige Ambiance zu erzeugen, ist unsere Stärke, Erlebnisse zu schaffen, die berühren und begeistern. Dazu gehört der sehr persönliche Umgang mit den Kunden, die ausgefeilte, authentische Küche. Kulinarische Köstlichkeiten, auf die man sich bei jedem Gang erneut freut.» So wird jeder Anlass zum Unikat, zu einer Erstaufführung sozusagen. «Wir sind ein familiärer Betrieb mit einer topprofessionellen Arbeitsweise.» Mit dem Ehrgeiz, die hohen Erwartungen zu übertreffen.» Voilà. Wie schafft man das? «Durch Nachdenken über den Kunden in seiner Rolle als Gastgeber, über seinen Stil, seine Ansprüche und Wünsche. » Die drei ergänzen sich perfekt. Ruedi Zumstein berät und wirkt in der Küche, Yasmina Boufama

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ner zusammenarbeiten. Die Broschüre weist die drei als «Event-Designer und kulinarischer Profi» aus. First Choice übernimmt auf Wunsch die gesamte Organisation, sucht den passenden Ort, bucht Künstler, wählt den DJ, sorgt für Dekoration, Beleuchtung, Dramaturgie. Verwandelt «Räume in Träume» – und das Wichtigste: serviert eine Gaumenfreude nach der anderen.

www.firstchoice.ch First Choice Catering Birchstrasse 230 8050 Zürich T 044 301 01 09 / F 044 301 11 61


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1. Der Bündner Peter Barandun ist CEO und Verwaltungsratspräsident von Electrolux Schweiz.

Roter Teppich, grüne Philosophie Kundennähe, Mitarbeiterförderung, Innovation, Umweltschutz: Die Electrolux Schweiz AG hat in wesentlichen Belangen die Nase vorn. Ein Besuch am Hauptsitz in Zürich.

Ökoleader der Branche, Pionier, Tüftler. Sucht seit Jahrzehnten nach ökologischeren Wegen in Fabrikation, Logistik, Entsorgung – im Gebrauch natürlich. Mit «Swissline» brachte Electrolux Schweiz bereits 1984 Kochgeräte mit einem um 30 Prozent reduzierten Stromverbrauch auf den Markt. Sparen, sparen, sparen: Energie, Wasser, Waschmittel. Seit 1996 ist Electrolux ISO-14001-zertifiziert, 2007 kam der Sustainable Energy Award der EU dazu. In Zürich, Schweizer Hauptsitz mit gegen 90 Mitarbeitern, weht mit dem «Green Spirit» auch ein freundlicher Hausgeist durch die Räume. Offene Türen und Gesichter. Das Du gehört dazu. Der Bündner Peter Barandun, seit 1996 dabei, seit 2002 CEO und Verwaltungsratspräsident, freut

sich täglich auf seine «grosse Familie». «Motivierte und zufriedene Mitarbeiter sind der Motor der Firma. Die Leute gut zu führen, sie fürs Unternehmen, für ihre Arbeit zu begeistern, ist das Wichtigste. Vorbild sein.» Die individuellen Fähigkeiten will er fördern – und damit Eigenverantwortung, Kreativität, Engagement stärken. Man glaubt ihm aufs Wort, dass das gelingt – auch ohne den Hinweis, Electrolux Zürich habe 2006 den Cash Arbeitgeber Award gewonnen. Das Standardkompliment an den zahlreichen Kundenanlässen, dem jüngsten Golfturnier etwa: «Es ist einfach schön bei euch; ich fühle mich wie in einer Familie.» Diese Nähe zum Kunden bringt das Unternehmen auch dann voran, wenn es einmal nicht mit sensationellen Innovationen aufwarten kann. küchenarchitektur

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Beim ersten Besuch entdeckt man Innovatives auf Schritt und Tritt. Den Wäschetrockner mit Wärmepumpe etwa, der dank Wärmerückgewinnung sogar die Energieeffizienzklasse A um 40 Prozent unterbietet. Die Weltneuheit «Iron Aid»: Der Kondenswäschetrockner reduziert die durchschnittliche Bügelzeit um gut die Hälfte. Den Teppan Yaki mit Induktion und Touch-Bedienung. Den «Profi Vino» mit zwei Temperaturzonen. Das «Maxima»Induktionsfeld mit Slidersteuerung: Die Sensoren erkennen sofort die Grösse der Pfanne. Der Backofen «Inspiro», der einem mitteilt, auf welcher Höhe Soufflé, Poulet, Zopf einzuschieben sind, automatisch die richtige Beheizungsart, Temperatur und Garzeit einstellt und auch erkennt, wann ein Gericht fertig ist. «Das iPhone der Küchengeräte», schwärmt Peter Barandun, «der Traum jeder Frau – und jedes kochenden Mannes.»

Electrolux Schweiz hat acht Kundencenter und beschäftigt über 800 Mitarbeiter. Wie die edle Outdoor-Küche mit Wokfeld und Teppan Yaki? Gedacht für Villengärten und Nobelterrassen, zu haben für 20 000 bis 30 000 Franken, brachte diese Neuheit zwar ungeahnte Publizität, ein Verkaufserfolg ist sie nicht. Noch nicht. Erfolgreich ist jedoch die Fokussierung auf die Benutzerin, den Benutzer. «Sie stehen bei Electrolux im Mittelpunkt des Denkens und Handelns.» Seit 2003 zeichnet der Konzern jedes Jahr Visionen von Industriedesignstudenten aus. An die 900 findige Köpfe beteiligen sich jeweils am «Design Lab». Der erste Preis? 5000 Euro und ein sechsmonatiges Praktikum in einem Electrolux Design Center. Nicht selten bleiben die Gewinner gleich hier hängen. «Wie lebt es sich im Jahr 2050 in den urbanen Zentren der Welt? Welche Haushaltgeräte könnten das Leben auf kleinstem Raum erleichtern?» So lautet die Aufgabe 2010. Electrolux mit Hauptsitz in Stockholm und 52 Fabrikationsstätten in 20 Ländern beschäftigt weltweit über 50 000 Leute – und verkauft jährlich in 150 Ländern auf fünf Kontinenten 40 Millionen Geräte. Die Märkte in Südamerika und Asi-

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2./3. Peter Barandun: «Modularität ist die Zukunft; der Kunde soll entscheiden, welche Geräte er zum Kochen oder Kühlen kombinieren will.»

en wachsen rapid. «Kommt irgendwo ein Schnupfen auf, ist es halb so schlimm.» Die Vorteile der globalen Tätigkeit sind evident. Wo immer möglich und sinnvoll, werden Synergien geschöpft; in den Forschungs- und Entwicklungszentren fliessen Erkenntnisse aus allen Ländern zusammen. Electrolux Schweiz mit acht Kundencentern, der Produktionsstätte in Schwanden und dem Kunden- und Logistikcenter in Mägenwil beschäftigt über 800 Personen. Die helvetische Tochterfirma, 1922 gegründet, ist vergleichsweise klein, aber potent – «ein schöner Kristall». Über 60 Prozent der in der Schweiz verkauften Einbaugeräte werden auch hier hergestellt, das Gros davon in der ehemaligen, 1907 gegründeten Therma (seit 2005 vollständig in die Marke Electrolux integriert), dem einzigen Schweizer Hersteller von Induktions- und Glaskeramikkochfeldern für den Privathaushalt. Peter Barandun führt durch die grosszügige Etage für die Kochseminare, dann über den roten Teppich – ausgelegt für Kunden wie für Mitarbeiter – zu den Highlights. Keine fixfertigen Küchen, sondern Modelle, Möglichkeiten. «Modularität hat Zukunft; der Kunde soll entscheiden, welche Geräte er zum Kochen oder Kühlen kombinieren will.» Zum Beispiel den Backofen «Inspiro» mit dem «Profi Steam Compact» und einer Wärmeschublade. Modularität verlangt eine kompetente Beratung, das heisst den Vertrieb über den Fachhandel – eine weitere Stärke von Electrolux. Inklusive Lieferservice, Installation und Instruktion zu Hause. Kommt dazu, dass Electrolux Schweiz drei starke Marken im Portfolio führt: die eigene als traditionelle Fachhandelsmarke mit vielfältigem Sortiment. Dann die deutsche AEG, schliesslich die italienische Zanussi als preisgünstige Alternative bei frei stehenden Geräten. Der Trend nach Wohneigentum ist ungebrochen; in Küche und Bad werde am liebsten inves-


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4. Peter Barandun: «Motivierte und zufriedene Mitarbeiter sind der Motor der Firma.»

tiert. «Die Leute wollen gut und schön leben, mit qualitativ und ästhetisch erstklassigen Geräten. Sie kochen gern, für sich, für Gäste.» Peter Barandun gehört zu ihnen. Anschaulich schildert er das sonntägliche Familientreffen um den Teppan Yaki, auf dem alle lustvoll ihre Lieblingshäppchen braten. Ab und zu, gesteht er, freue er sich allerdings auch auf einen Teller Ravioli aus der HeroBüchse … Was wird der CEO als Nächstes präsentieren? «Einen Backofen, der Kalorien killt!» Bleibt ein Scherz. Aber eine allerschönste Waschmaschine, einmalig punkto Technik und Design. «Die Konkurrenz wird sich warm anziehen müssen – so warme Kleider gibt es gar nicht.» Wir sind am Ende unseres Rundgangs. Der rote Teppich wird später mit dem umweltfreundlichsten und leisesten Staubsauger gereinigt, hergestellt aus 55 Prozent recyceltem Kunststoff und zu 93 Prozent recycelbar.

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Auf der Rückfahrt in die City fällt der Blick auf das neue siebenstöckige Wohn- und Geschäftshaus am Albisriederplatz. Ein Pionierbau. Erfüllt die Vorgaben der «2000-Watt-Gesellschaft». Wen wunderts – In den 54 Küchen und Waschräumen stehen Geräte von Electrolux.

www.electrolux.ch Electrolux Schweiz AG Badenerstrasse 587 8048 Zürich T 044 405 81 11 / F044 405 81 81


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Voiturier in der «Kronenhalle»

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Künstler wollte ich werden, vor allem nicht weg von den Künstlerfreunden im Bergell. Erst ein Beruf, dann die Kunst, meinte die Mutter, verwandt mit den Giacomettis. Nach einer abgebrochenen Lehre als Elektromechaniker stellte ich mich im März 1968 in der ‹Kronenhalle› als Kochlehrling vor. Wer sitzt gegenüber am Tisch? Bruno Giacometti! Zürich ist die Hauptstadt Graubündens. Hier leben mehr Bündner als in Chur. Wir verstehen uns gut mit den Zürchern. Unser Wappentier Steinbock ist König der Berge, der Löwe König des Zürcher Zoos. Ich finde viel Heimat hier: Augusto Giacometti in der Eingangshalle der Stadtpolizei, der Friedhofskapelle Manegg, in Grossmünster, Fraumünster, Wasserkirche. Die Alberto-GiacomettiSammlung im Kunsthaus. Die Tische von Diego und Alberto in der ‹Kronenhalle Bar›. An all diese Orte führe ich meine Gäste. Und da war noch Zaccaria Giacometti, Professor für öffentliches Recht an der Uni Zürich. Seit 42 Jahren arbeite ich in der legendären ‹Kronenhalle›, umgeben von Kunstwerken, seit 1995 als Voiturier, erst unsicher, ob nach Jahrzehn-

ten in der Küche ein Wägelchen rumstossen das Richtige ist. Doch Kunst steckt in jedem Beruf. Ein Voiturier braucht eine gewisse Ausstrahlung, Freude am Kontakt mit den Gästen. Als Koch kenne ich, was ich anbiete: Kalbscarré, Kalbsbrust, Lammgigot, Roastbeef. Unser Restaurant ist eine Bühne, eine Weltbühne – und ich bin manchmal ein Clown. Ein bisschen weniger Baustellen in der Stadt täten es auch. Andererseits müssen wir froh sein, uns das leisten zu können, Geld muss man verlochen. Nein, nein, die Zürcher sind weder Puritaner noch Bluffer. Um urteilen zu können, muss man beide Glocken hören. Früher schrieb ich Gedichte, malte, hatte drei Ausstellungen in Zürich. Nur wenige Bilder finde ich gelungen. Alberto Giacometti war auch nie zufrieden. Meine Schwester sass ihm Modell. ‹Um Gottes Willen›, meinte sie jeweils, ‹das ist doch kein Bild.› Nach der Pensionierung werde ich weitermalen. Mit zwei Freunden den Schrebergarten beim Triemli pflegen, wo ich wohne. Zweimal im Monat fahre ich nach Stampa. Das Bergell stirbt aus, aber alte Bäume kann man nicht verpflanzen. Ich gehöre nach Zürich. Wie Zarli Carigiet sang, mit dem ich früher oft unterwegs war: ‹Miis Dach isch dr Himmel vo Züri und s Bellevue mis Bett, woni pfus›…

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1. Rolf Bachmann leitet das Poggenpohl-Küchenstudio in Zürich.

«Wir kochen hier täglich» Das elegante Studio in Zürich ist eine inspirierende Bühne für individuelle Küchenträume. Poggenpohl denkt nämlich nicht in Schränken, sondern in Räumen.

Riesige Vasen aus Ton und Glas in den weiten Schaufenstern an der Buckhauserstrasse 17. Ingo Maurers witzige Pendelleuchte Zettel’z über der Arbeitstheke. Dann fällt der Blick auf P’ 7340 – die Porsche-Design-Küche, Star im Ensemble. Kein Zweifel, hier empfängt Poggenpohl. Mittagszeit. Es riecht nach Essen. Real oder raffinierte Täuschung? «Wir kochen hier täglich», erklärt Rolf Bachmann, der Leiter des Studios. Alle vier im Zürcher Team kochen. Rüsten und richten, braten und steamen, waschen ab, räumen auf. «Wie wollen wir eine Küche verkaufen, wenn wir keinen Fisch braten, kein Gemüse dünsten, keinen Gratin zubereiten können? Gibt es Schöneres, als vor Kunden am Herd zu stehen? Wer kochen kann, argumentiert anders – überzeugender.»

Leuchtet ein. Doch Kochkünste allein reichen nicht. Wer eine Poggenpohl verkaufen will, braucht profunde Materialkenntnisse, muss etwas von Design und Innenarchitektur verstehen, Lichtgestaltung inklusive. Zuhören und sich einfühlen können. Die richtigen Fragen stellen, Verständnis aufbringen. Kurz, die geheimen Wünsche der Kundinnen und Kunden erraten. Auch mal vermitteln zwischen Paaren, die sich nicht einig sind. Vertrauen schaffen in jeder Hinsicht. Ein Ambiente bieten, in dem man sich aufgehoben fühlt. Rolf Bachmann: «Ein Küchenkauf ist eine emotionale Sache. Die Kunden geben viel Persönliches preis. Es geht um weit mehr als um Holz oder Aluminium, weiss oder schwarz.» Standardlösungen gibt es hier nicht. «Natürlich agieren wir im obersten küchenarchitektur

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Luxusbereich, wir finden aber auch Lösungen für schmalere Budgets. Schönes muss nicht unbedingt teuer sein.» Wer lebt denn mit einer Küche aus dem Hause Poggenpohl? Junge und Ältere, Leute mit Sinn für Ästhetik, mit Freude an edlen Materialien und perfektem Handwerk. Selbstbewusste Zeitgenossen, welche die Küche ins Zentrum der Wohnung rücken und die Nerven auch dann nicht verlieren, wenn ein Dutzend Gäste schwatzend in die Töpfe guckt. Naheliegend, bei Besitzern einer P’7340 steht nicht selten auch ein Porsche in der Garage. Muss, wer eine solche Edelküche besitzt, eine Zauberin am Herd sein? Keineswegs. Schliesslich glänzt auch nicht jeder Steinway-Eigner als Tastenvirtuose. Manche leisten sich eine Poggenpohl als Schmuckstück, Lifestyleobjekt. Dass kürzlich eine 70-jährige Dame eine komplette Aluminiumküche mit schwarzer Abdeckung wählte, freute das Team im Zürcher Studio. Und dass eine andere Kundin wehmütig ihre 50-jährige Küche ersetzen musste, beweist die berühmte Langlebigkeit dieser Produkte.

«Schon folgt der nächste Coup: noch schlichter, noch raffinierter.» Poggenpohl, Deutschlands ältester Küchenbauer, auf Platz 6 der deutschen Luxusmarken, ausgezeichnet mit renommierten Designpreisen, Innovationstreiber der Branche seit 1892, prägt den Markt oft auf Jahre hinaus, überraschte bereits 1967 mit der ersten Kochinsel und liess den mehr oder weniger funktionalen Ort «Küche» kühn in den Wohnraum wachsen. Die Porsche-Design-Küche, seit wenigen Jahren auf dem Markt, fasziniert noch immer mit technologischer und funktionaler Perfektion. Und schon der nächste Coup: noch schlichter, noch raffinierter. An der Eurocucina 2010 in Mailand präsentierte Geschäftsführer Elmar Duffner den jüngsten Poggenpohl: +Artesio®, avantgardistische Symbiose von Architektur und Küchendesign des Hamburger Architekten Hadi Teherani.

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küchenarchitektur

2. Porsche-Design-Küche P’7340 3. Material, Technik und Design in Perfektion

Sein Konzept bezieht vom Boden über die Wände bis hin zur Decke alle Dimensionen mit ein. «Poggenpohl denkt nicht in Schränken, sondern in Räumen.» Lebensräumen. Denkt zudem langfristig und umweltfreundlich. Verwendet Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft, lösungsmittelfreie Lacke, insgesamt möglichst wenig Chemie. Was in über 70 Länder geht, in Luxusappartements, Villen, Hotels steht, wird samt und sonders im westfälischen Herford entwickelt und hergestellt. Etwa 80 Prozent der Zulieferer stammen aus der Region. Die Distanzen sind kurz, die ökologischen Standards kontrollierbar. Ein letzter Rundgang durch das elegante Studio. Plusmodo, +Segmento®, +Integration®. Titangrau, blütenweiss, brillantschwarz. Schimmerndes Aluminium. Klare Proportionen, sinnliche Materialien. Puristische Gesamtkunstwerke zum Anfassen mit sakral feierlichem Touch. Grifflose Fronten. Antippen – und Türen, Klappen, Auszüge, Schubkästen öffnen oder schliessen sich wie von Geisterhand. Sensortasten, klar. Höchste Qualität in jedem Detail. Auch klar. Die neueste Frontengeneration erträgt sogar den grünen MigrosSchwamm. «Wir wollen die Küche besser machen», proklamierte einst Tischlermeister Friedemir Poggenpohl. Heute sässe der Firmengründer mit Kaffee und Zeitung oder Zeichenblock und Bleistift am Dining Desk – am schicken Möbel, das Küchen-, Ess- und Arbeitstisch in einem ist – und hätte seine helle Freude an dem lukullischen Schauspiel.

www.zuerich.poggenpohl.com Poggenpohl Group (Schweiz) AG Küchenstudio Zürich Buckhauserstrasse 17 / Ecke Badenerstrasse 8048 Zürich T 044 215 44 88 / F 044 215 44 89


2.

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k端chenarchitektur

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MARK VAN HUISSELING Mein Zürich

Kürzlich war ich in Rajasthan. Dann weiss man, was man nicht hat. Dabei hat es mir gefallen in Indien, nur zum Sagen. Aber Zürich ist schwer zu schlagen. Ich darf das behaupten, nebenbei, ich komme aus Bern. Mittlerweile lebe ich zwar bereits 15 Jahre oder so in Zürich, seit 1991, um genau zu sein (doch, stimmt schon, ich war von 1998 bis 2002 in London; das war auch gut, aber sogar diese Stadt ist irgendwie weniger angenehm zum Leben). Zürich war immer gut zu mir. Als ich 1990 an einem Dienstagmorgen im Oktober, meinem ersten Arbeitstag als Volontär beim «Sonntagsblick», in die Redaktion im Ringier-Pressehaus fuhr, war ich ein wenig enttäuscht. Ich meinte, Zeitungen würden an der Bahnhofstrasse gemacht, nicht im Seefeld, das, in meinen Augen, ein Wohnviertel war, wie es sie auch in Bern gibt. Später fand ich heraus, dass das nicht stimmt. Das Seefeld liegt, wenig überraschend, am See, und das hat etwas. Zudem ist alles ein wenig schicker als in Bern. (Und was ich damals auch noch nicht wusste: Zeitungen und Zeitschriften werden normalerweise auch nicht im Seefeld gemacht, sondern an Orten, 70

KOLUMNE


deren Namen nicht vorkommen in einem Magazin mit Namen «BEST OF ZÜRICH».) Nach drei Wochen hatte ich die Titelgeschichte im «Sonntagsblick» («Schweiz in Angst vor Rezession» oder so.) Und aus den geplanten vier Wochen auf der Redaktion wurden vier Jahre. Verglichen damit war mein Einstieg zuvor beim «Berner Landboten» in Münsingen (Interview mit Raymond Fein von «Che & Ray») bzw. der «Berner Zeitung» (Bericht über Kunstausstellung im Pflegeheim Altenberg) schon ein bisschen, sagen wir, weniger hauptstädtisch gewesen. Falls man findet, dieser Erfolg am Anfang meiner Berufslaufbahn habe nichts mit Zürich zu tun, hat man vielleicht einen Punkt. Ich sehe es aber nicht so. Zürich und ich umarmten uns sofort, das schreibe ich, weil man nach ein paar Tagen Indien auch einmal ein bisschen spirituell sein darf (für ein paar Tage).

«Zu mir als Berner war Zürich immer gut.» In Zürich gab es damals einen Club, in den ich nicht hineinkam. Er hiess «Roxy» und befand sich dort, wo der «Sonntagsblick» nicht gemacht wurde, nahe der Bahnhofstrasse. Ich war kein Mitglied, auch der Presseausweis half nicht. Im Gegenteil, wie jeder Türsteher, der eine Ahnung hat, lässt man gerade Journalisten nicht hinein, sie könnten etwas schreiben wollen, was Besitzer oder Gäste nicht lesen wollen. Später, als ich eine Freundin hatte, die Model war, war ich ein paar Mal dort. Zu berichten hätte es nichts mehr gegeben, die Zeit des «Roxy» war over. Dafür war ich ein ziemlich früher Gast des «Kaufleuten». Die ersten paar Monate war nur am Wochenende etwas los, dann gab es plötzlich mittwochs auch Partys. Der Veranstalter lud mich ein, ich ging hin, obwohl ich sicher war, dass keiner dort sein würde (ich meine, an einem Mittwoch, es war 1992). Und ich hatte recht – der Saal war leer, ich war der Erste. Das änderte sich. Heute gibt es, soviel ich weiss, jeden Abend Musik für eine andere, sagen wir, Subkultur. Ich gehe immer noch oft ins «Kaufleuten», übrigens, doch ins Restaurant. Und bevor ich meine anderen Lieblingsrestaurants aufzähle, rasch den anderen Club, den man besuchen sollte: das «Icon» (im sogenannten Augustinerhof, wieder in der Nähe der Bahnhofstrasse). Wie die meisten Leute, die oft auswärts essen, besucht Ihr Kolumnist auch immer die sieben gleichen Lokale. Neben dem «Kaufleuten» sind das: «Napoli», «Piazzetta», «Casa Aurelio», «La Roca»,

«Terrasse» und «Kronenhalle». Restaurantführer und Ähnliches brauche ich nicht. In neu eröffnete Lokale gehe ich fast nie (ausser ans Opening). Man kann das als wenig offen gegenüber Neuem bezeichnen, das ist in Ordnung, doch man kann auch sagen, in Zürich zeigen Gäste Stärke im Charakter – ein Restaurant/einen Wirt, das/den man mag, verlässt man nicht einfach so. Wer sich überlegt, ob es nichts gibt in Zürich, was MvH nicht super findet, ist aufmerksam und weiss, dass man immer über etwas streng urteilen muss, wenn der Rest glaubwürdig sein soll. Also gut, es gibt etwas: die Frauen. Ich finde, viele Frauen in Zürich haben Schwierigkeiten, so sieht es aus, sich recht zurechtzumachen (oder auf jeden Fall so, dass sie mir gefallen). Vermutlich kann die Stadt nichts dafür, doch ein ziemlich hoher Anteil Frauen meint, Zürcherin zu sein, reicht, um sexy zu sein. Das ist nicht so. Man muss etwas dafür tun; Schönsein ist Arbeit. Das fängt an mit Haare waschen und hört auf mit Schuhe anziehen (z. B. mit hohen Absätzen ab und zu). In anderen Städten geht das auch. In Paris, Mailand oder London haben Frauen gleich viel Zeit wie in Zürich, aber sie haben gemerkt, dass Zeit, die sie verwenden, sich hübsch zu machen, keine verlorene Zeit ist. Kein Verlust für sie, für ihren Mann (falls sie einen haben) und für das Stadtbild. Meine Freundin, nebenbei, kommt aus dem Emmental. Sie lebt, natürlich, in Zürich.

Mark van Huisseling, 45, ist Kolumnist der «Weltwoche», Autor und hat auf ProSieben eine eigene Sendung: «MvH – The place to be». KOLUMNE

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Nächste Ausgabe NR. 02 winter/frühling 2010/11

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LEBENSART LEIDENSCHAFT MENSCHEN NR. 02 winter/frühling 2010/11

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Impressum Verlag: BEST OF… Media GmbH, Leimgrubenweg 66, 4125 Riehen Gesellschafter: Christoph Hablützel, Riehen (Vorsitzender der Geschäftsführung), Frank Kampp, München (Geschäftsführer), Markus Zimmermann, Basel Herausgeber: Christoph Hablützel Konzeption und Realisation: Markus Zimmermann Layout und Produktion: ipw Marketing AG ASW, Basel Redaktionsleitung: Christoph Hablützel, Markus Zimmermann Autoren: Katrin Amacher, Iso Ambühl, Timm Delfs, Franziska Schläpfer Kolumnisten in dieser Ausgabe: Dr. Ludwig Hasler, Mark van Huisseling, Peter Wyss, Dr. Kathy Zarnegin Fotos: Peter Hauck, Noemi Spielmann, Marcel Studer, Clara Tuma Prepress: ipw Marketing AG ASW, Basel Druck: Schwabe AG, Muttenz Auflage: 20000 Exemplare. BEST OF BASEL erscheint 2-mal jährlich. Distribution: 29500 Exemplare persönlich adressiert an Premiumadressen in Zürich und Region (WG 43); 800 Exemplare an ausgewählte Institutionen, Arztpraxen, Zürcher Innerstadt-Geschäfte und Medien; 10000 Exemplare zur Verfügung der präsentierten Unternehmen Nachdruck: nur gestattet mit schriftlicher Genehmigung des Verlags und mit genauer Quellenangabe Bestellungen: Einzelverkaufspreis CHF 15.–, Jahresabo CHF 25.–, inkl. Porto Kontakt: info@best-of-media.ch, T 079 674 33 02v 72

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