2021 09 Asphalt

Page 1

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

09 21

WAS ZUR WAHL STEHT GEPRÜFT

GEFRAGT

GEDACHT

Unser Parteien-Check zur Kommunalwahl.

Wen Asphalt-VerkäuferInnen diesmal wählen würden.

Margot Käßmann über Kirche, Vertrauen und Wahlmüdigkeit.


6

Wir haben die Wahl

Die Asphalt-Wahlprüfsteine zur Kommunalwahl 2021. Wir wollten Klartext von der Politik und haben ihn bekommen. Kurz und bündig stellen wir die Positionen der Parteien zur Wohnungspolitik vor.

4

Notizblock

11

Briefe an uns

19

Aus der Szene

20

Politik trifft Straße Asphalt hatte eingeladen. Und alle kamen. Zu Gesprächen. Und zum Ideenaustausch. Beim Sozialen Stadtrundgang+.

22

Aus der Szene

23 Das muss mal gesagt werden 24 Aus dem Leben von Asphalt-Verkäuferin Maria

26

Rund um Asphalt/Impressum

29

Ein Brett für den Horizont Am Rande der marokkanischen Wüste geben Surfer Kindern einen Vorgeschmack auf Wellen und Freiheit, und auf Hoffnung jenseits vom Traum von Europa.

12 Das Asphalt-Barometer Unsere Umfrage zur Wahl: Was Asphalt-­ VerkäuferInnen denken. Wen sie kennen, wen sie schätzen und welche Partei sie wählen würden. Repräsentativ und anonym.

32

Markt für Wissen Der Markt für Wissen und Nichtwissen gastiert im Staatstheater Hannover. Zum Thema »Hab und Gut« bieten ausgewählte ExpertInnen ihr Wissen feil. Nachgehakt.

34 Buchtipps 35 Kulturtipps 38 Silbenrätsel 39 Brodowys Ausblick

Titelbild: Werner Muenzker/shutterstock.com | HStocks/iStock.com

28 Marktplatz

Das Asphalt-Prinzip

16 »Argument für Argument«

Politik und Kirche kämpfen mit demselben Phänomen: Immer mehr Menschen gehen auf Abstand. Asphalt im Gespräch mit Margot Käßmann über Wahlen, Vertrauen und fehlende Leitfiguren.

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung. Spenden Sie bitte an: Asphalt gGmbH bei der Evangelische Bank eG, IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30, BIC: GENODEF1EK1.


ein möglichst großes Stück vom Kuchen wollen sie alle. Die zur Wahl antretenden Parteien. Und ein Stück vom Glück wollen alle zur Wahl gehenden Menschen. Hoffen darauf, dass ihre Interessen besser vertreten werden. Schicksalswahl sei die anstehende Bundestagswahl Ende September, sagen heute bereits einige, egal ob eher links oder rechts stehend. Es geht um viel. Doch das Vertrauen in die Machbarkeit und Einflussmöglichkeiten von Politik schwindet. Auch darüber haben wir mit der einstigen Landesbischöfin und EKD-Vorsitzenden Margot Käßmann gesprochen. Eine Wahltorte zur sogenannten Sonntagsfrage zum 20. Deutschen Bundestag präsentieren wir Ihnen in unserem Asphalt-Politbarometer. Repräsentativ haben wir unsere Verkäuferinnen und Verkäufer befragt. Wen sie kennen und wen sie mögen, sehen Sie da. Was sie wichtig finden, und wie OB Onay sich so macht und natürlich: Welche Partei sie wählen würden. Sichtbar werden lassen, ernst nehmen, miteinander reden, das ist der Stoff aus dem Vertrauen wächst. Sprechen Sie sie ruhig darauf an, wenn Sie Asphalter auf der Straße treffen. Auf Augenhöhe. Als Asphalt fühlen wir uns besonders den Themen Wohnen und Wohnungslosigkeit verpflichtet und haben deshalb Wahlprüfsteine für die ebenfalls in diesem Monat anstehende Kommunalwahl gefertigt. Eine Zusammenfassung der teils umfangreichen Antworten der befragten Parteien liefern wir Ihnen in dieser Ausgabe, die kompletten Antworten im Internet. Vielleicht dient das ja auch zur letzten Schärfung Ihrer eigenen Wahlentscheidung.

Eine interessante Lektüre mit unserer Wahl-Asphalt wünscht

Volker Macke · Redaktionsleiter

ASPHALT 09/21

Liebe Leserinnen und Leser,

2 3


NOTIZBLOCK

Foto: privat

»Migranten-Beratung in Gefahr«

Protest gegen Lieferdienste Hannover. Für bessere Arbeitsbedingungen und Betriebsräte bei Lieferdiensten wie Gorillas und Lieferando haben Akti­ vistInnen rund um die Freie ArbeiterInnen Union am Schillerdenkmal in der hannoverschen Innenstadt demonstriert. »Bei Lieferando handelt es sich um den größten Player der Liefer-Branche. Gorillas ist derzeit der wohl aggressivste und am schnellsten wachsende Player«, so eine Sprecherin. Die DemonstrantInnen forderten besseren Arbeitsschutz, das Ende sachgrundloser Befristungen und Kettenbefristungen, die Übernahme von Ausrüstungs- und Reparaturkosten, transparente Abrechnungen, bezahlte Wartezeiten sowie ein Ende der bisherigen Überwachung per App. MAC

Oldenburg/Hannover. Die Diakonie warnt vor massiven Kürzungen bei den Beratungsstellen für die Migranten in Niedersachsen. Von derzeit mehr als zehn Millionen Euro solle im kommenden Jahr rund ein Drittel gestrichen werden, sagte der Referent für Migrationssozialarbeit beim Diakonischen Werk in Oldenburg, Franz-Josef Franke. »Das ist für die Arbeit den Beratungsstellen katastrophal.« Bis zum Jahr 2024 sollten die Gelder laut einem Kabinettsbeschluss sogar auf etwa ein Drittel des derzeitigen Standes zurückgefahren werden. Zwar nehme derzeit die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge ab, sagte Franke. Dafür steige jedoch die Zahl der EU-Bürger, die auf den deutschen Arbeitsmarkt strömten und den Fachkräftemangel entschärften. »Diese Menschen brauchen viel Beratung, weil sie sich um alles selbst kümmern müssen.« Dazu zählten unter anderem die Wohnungssuche, Behördengänge und Arztbesuche. Insgesamt steige der Anteil der ausländischen Bevölkerung kontinuierlich und habe sich seit 2010 nahezu verdoppelt auf heute rund 860.000 Menschen. Das niedersächsische Sozialministerium bedauerte auf Anfrage die anstehenden Kürzungen. Der Haushaltsentwurf sehe für 2022 Fördermittel in Höhe von 6.427.000 Euro sowie für 2023 in Höhe von 5.268.000 Euro vor. Eine Sprecherin verwies zur Begründung auf den Bund, der seine Mittel für die Migrations- und Integrationsarbeit erheblich zurückgefahren habe: »Diese Lücke konnten wir leider nicht mit Landesmitteln schließen. Wir hoffen, dass sich im Rahmen der Beratungen des Haushaltsplanentwurfs im Landtag noch Verbesserungen für die Migrations- und Integrationsarbeit erreichen lassen.« EPD

Neue Bio-Zone an der Küste Sande/Hannover. Das UNESCO-Biosphärenreservat Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer bekommt eine neue sogenannte Entwicklungszone. Dazu haben die Nationalparkverwaltung und beteiligte Kommunen auf Schloss Gödens bei Sande (Landkreis Friesland) einen Kooperationsvertrag unterschrieben. Der Niedersächsische Landtag hatte diese neue Zone bereits im Juni beschlossen. Die Ausweisung einer weiteren Entwicklungszone sei notwendig, damit das Wattenmeer langfristig eine Biosphärenregion bleibe, so das Umweltministerium. Die Zone umfasst Siedlungsräume an der Küste und auf Ostfriesischen Inseln. Nachhaltiges Wirtschaften etwa im Tourismus und bei der Landnutzung sollen hier künftig modellhaft gefördert werden. Landwirte zeigten sich vorab skeptisch. Sie rechnen mit Restriktionen in dem neuen Gebiet. Die Grünen hingegen vermissen ein umfassendes Verbot von Öl- und Gasbohrungen, einen entsprechenden Antrag lehnte die rot-schwarze Landtagsmehrheit aber ab. MAC


LAK warnt vor sozialer Spaltung

Hannover. Frauen sollen sich offenbar künftig nicht länger als drei Monate im Frauenhaus aufhalten dürfen. Darauf weisen Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern sowie die Grünen-Frak­ tion im Landtag hin. Demnach überarbeitet das Sozialministerium die bisherigen Förderrichtlinien. Laut Istanbul Konvention ist das Land verpflichtet, etwa 800 Plätze in Frauenhäusern vorzuhalten. Aktuell gibt es mit 394 Plätzen in Niedersachsen gerade einmal die Hälfte. »Die jüngsten Pläne sind ein untauglicher Versuch, der Verpflichtung zur Schaffung weiterer Schutzplätze nachzukommen ohne dabei den eigenen Haushalt zu belasten. Das Nachsehen haben die Frauen, die Gewalt erlebt haben«, sagt die frauenpolitische Sprecherin der Grünen Imke Byl. Drei Monate seien zu kurz, um ein neues Sorgerecht, Sozialleistungen, Kinderbetreuung zu organisieren. »Angesichts der angespannten Wohnungsmärkte« sei der Aufbau eines neuen Lebens »kaum realistisch«. Laut Sozialministerium solle die Drei-Monate-Regel nur ein Richtwert und keinesfalls für den Einzelfall bindend sein. Eine offizielle Antwort auf eine parlamentarische Anfrage in der Sache steht noch aus. MAC

Hannover. Die Landesarmutskonferenz (LAK), ein Netzwerk von DGB und Wohlfahrtsverbänden, sieht in der aktuellen Wohnsituation in Deutschland gerade in der Corona-Krise ein wachsendes Armutsrisiko und eine zusätzliche Spaltung der Gesellschaft. Einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge bleibe 1,1 Millionen Haushalten in Deutschland mit 2,1 Millionen Menschen nach Abzug der Miete weniger als das Existenzminimum, sagte LAK-Geschäftsführer Klaus-Dieter Gleitze. Immer mehr Menschen seien in den vergangenen Jahren wohnungslos geworden: »Und wenn immer mehr Haushalte über 40 Prozent ihres Einkommens für Miete zahlen müssen, wird diese Zahl weiter steigen. Gerade in der Coronakrise, wo viele Menschen von Einkommensverlusten betroffen sind, wächst da zusätzlicher sozialer Sprengstoff heran.« Allein in Niedersachsen fehlten mehr als 100.000 bezahlbare Wohnungen. Die LAK bekräftigte in dem Zusammenhang ihre alte Forderung nach Gründung einer gemeinnützigen Landeswohnungsbaugesellschaft. Der Bestand an Sozialwohnungen müsse mindestens um 100.000 angehoben werden. EPD

Im Jahr 2010 gab es in Niedersachsen noch ›nur‹ 13,2 Mio. Legehennen-Haltungsplät-

ZAHLENSPIEGEL »HUHN & EI«

ze. 2020 schon 22,1

Mio. Ein satter Anstieg um rund 67,4 %. Das Ganze in 4.810 Legehennen-Betrieben. Bodenhaltung

Anzeige

(12,9 Mio. Haltungsplätze) war mit einem Anteil von 58,4 % in Niedersachsen die vorrangige Haltungsform. Nur noch 8,8 % der Plätze (1,9 Mio. Haltungsplätze) waren in der ausgestalteten Käfighaltung vorhanden. Deutlich gestiegen ist der Anteil der Haltungsplätze im Freiland, er vervierfachte sich nahezu seit dem Jahr 2010 (1,9 Mio. Haltungsplätze). Ins­ gesamt 7,3 Mio. Legehennen (32,8 %) konnten im Jahr 2020 im Freiland gehalten werden.

Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Soltau, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

ASPHALT 09/21

Weniger Schutz für Frauen?

4 5


Foto: Picture-Alliance/dpa | Holger Hollemann

WIR HABEN DIE WAHL Die Asphalt-Wahlprüfsteine zur Kommunalwahl 2021. Wir wollten Klartext von der Politik und haben ihn bekommen. Kurz und bündig stellen wir die Positionen der Parteien zur Wohnungspolitik vor. Es werden immer noch zu wenige preiswerte Wohnungen gebaut. Sollte die Quote für geförderten Wohnraum bei Neubauprojekten – derzeit 30 Prozent ab 20 Wohnungen – erhöht werden? Wie kann der Preistreiber Bodenspekulation gebremst werden? Wir wollten wissen:

Welche Quote für sozialen Wohnungsbau halten Sie bei Neubauprojekten für angemessen? Die gute Nachricht zuerst: Keine Partei tritt für eine Senkung der Quote ein. Die SPD hält sie »weiterhin für angemes-

sen«. Ebenso wie die FDP, die jedoch als einzige explizit eine Erhöhung ablehnt, da durch die nötige Querfinanzierung« im mittleren Preissegment sonst weniger Wohnraum geschaffen werde. Die Grünen wollen die bestehende Sozialquote aufrechterhalten, zudem aber auch die Sozialbindung auf »mindestens 25 Jahre verlängern«. Die CDU trägt die Quote von 30 Prozent mit, fordert aber mehr sozialen Wohnungsbau. Dieser müsse in neue Baugebiete und bestehende Stadtteile besser integriert werden.


Sollten städtische Grundstücke künftig nur noch in Erbpacht vergeben werden, statt in den Verkauf zu gelangen? Diese Forderung traf überwiegend auf Zustimmung. Die Grünen verlangen die Einrichtung eines städtischen Bodenfonds, aus dem Flächen »grundsätzlich in Erbpacht und bevorzugt an öffentliche Wohnungsunternehmen, -genossenschaften und Stiftungen vergeben werden«. Die Linke will kommunales Eigentum grundsätzlich nur in die Hände kommunaler Wohnungsbaugesellschaften geben. Sonst solle gelten: Erbpacht vor Verkauf. Letzteres verlangen auch die Piraten, denn nur so sei Einfluss auf die Bebauung möglich. Auch die Partei Partei möchte generell städtische Grundstücke nicht mehr in den Verkauf geben. Die CDU verlangt ein stärkeres kommunales Flächenmangement, schließt Verkäufe aber nicht aus. Die SPD ist grundsätzlich für Erbpacht, allerdings nicht in jedem Fall. Ein klares »Nein« kommt hier nur von der FDP. Für ein aktives und erfolgreiches Flächenmanagement sei der An- und Verkauf von Grundstücken unerlässlich. Volt befürwortet zwar Erbpacht, macht sie aber vom Einzelfall und niedrigen Zinsen abhängig.

Bezahlbaren Wohnraum erhalten Immer noch fallen mehr Sozialwohnungen aus der Bindung, als neugebaute hinzukommen. Anderswo werden preiswerte Wohnungen umgewandelt oder luxussaniert. In der Folge werden jedes Jahr in Hannover hunderte Mieter zwangsgeräumt (314 in 2019), mehr als 4.000 in Niedersachsen. Deshalb fragten wir:

Welche Maßnahmen streben Sie zur Vermeidung von Zwangsräumungen an? Darauf fanden die Parteien unterschiedliche Antworten. Die

FDP sieht in Hannover ein »in der Regel gut funktionierendes Netzwerk zur Beratung von Menschen, die akut von Wohnungsnot bedroht sind«. Auch die starke finanzielle Förderung verschiedener Schuldnerberatungsstellen leiste da einen wichtigen Beitrag. »Aus unserer Sicht funktioniert dieses System recht gut und weitere konkrete Maßnahmen sind nicht nötig«, so die FDP. Die SPD sieht das prinzipiell ähnlich, möchte aber die Stelle für »wohnraumerhaltende Hilfen« stärker mit der Wohnungswirtschaft und WohnungseigentümerInnen vernetzen. Die Grünen setzen auf eine verbesserte Beratung und Unterstützung Betroffener und streben die Einrichtung von »Anker­ kiosken« als Anlauf- und Beratungsstellen in den Stadtbezirken an. Die CDU möchte die bestehenden Maßnahmen ebenfalls weiterführen, aber die Berichterstattung über Räumungsklagen ausbauen. Die Linke möchte Zwangsräumungen bei privaten Vermietern durch ein verbessertes Wohnraumsicherungsmanagement entgegenarbeiten, bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften müsse eine Sozialbindungspflicht gelten. Zudem müssten auch Dienste wie die Drogenhilfe und die Schuldnerberatung in die Präventionsarbeit einbezogen werden. Die Abkehr von Stromsperren und die Schließung der »Wohnkostenlücke« trügen zur Vermeidung von Zwangsräumungen bei. So seien im Jahr 2018 rund 15,7 Prozent (8.862 in absoluten Zahlen) der Bedarfsgemeinschaften in der Region Hannover gezwungen gewesen, aus ihren Regelsätzen Mietkosten aufzuwenden. Die Piraten halten eine verpflichtende Meldung an die Sozialbehörden für sinnvoll, wenn es zu größeren Mietrückständen komme. Zudem regt die Partei einen Runden Tisch Zwangsräumung an. Volt will mehr Wohnraum in städtischer Hand sehen, damit es im Falle von Zahlungsschwierigkeiten nicht nur um Profit, sondern um eine faire Lösung für die betroffenen BürgerInnen gehe. Die Partei Partei möchte die bestehenden Angebote ausbauen.

Treten Sie dafür ein, MieterInnen vor Luxussanierungen und Gentrifizierung zu schützen? Hier sehen die meisten Parteien Handlungsbedarf. Ein klares »Ja« kommt von der SPD: »Wir streben deshalb den Erlass einer Zweckentfremdungssatzung und für einzelne Quartiere Milieuschutzsatzungen an«. Auch die Grünen halten »den Erlass von Erhaltungssatzungen zum Zwecke des Milieuschutzes für möglich und gegebenenfalls geboten«. Menschen hätten ein Recht darauf dort zu leben, wo sie ihre Wurzeln haben und ihr soziales Gefüge besitzen, betont die Linke. Um die Gentrifizierung städtischen Wohnraums aufzuhalten, favorisiert die Partei eine gesetzliche Begrenzung der Miethöhe; auch eine Vergesellschaftung von Wohnungsbaukonzernen sollte nach Ansicht der Linken erwogen werden.

ASPHALT 09/21

Die Linke will bei Bauprojekten privater InvestorInnen den »Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen auf 50 Prozent« festsetzen und weitere 30 Prozent mit einer geöffneten Sozialbindung vorschreiben. Die Sozialbindung soll auf mindestens 20 Jahre festgeschrieben werden. Die Piraten halten 30 Prozent geförderten Wohnraum für »zielführend«, aber nicht für ausreichend. Die Quote dürfe nicht erst ab 20 Wohneinheiten greifen. Zudem solle Baugrund nur noch an gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften vergeben werden, denen dann auch ein höherer Satz abverlangt werden soll. Volt hält »abhängig von Lage, Stadtteil und dem bestehenden Angebot« eine Quote von 30 bis 50 Prozent für angemessen. Die Partei Partei meint, wenn es so wie jetzt laufe, sei eher eine Quote von 50 Prozent erforderlich, um wenigstens auf 30 Prozent zu kommen.

6 7


Foto: Picture-Alliance/dpa | Julian Stratenschulte

möchte Volt Mietsteigerungen entgegenwirken. Die Partei Partei fordert eine »Luxusquote für wirklich Gutverdienende. Dort müssen diese Menschen wohnen und bezahlen damit alle anderen Schichten«.

Wohnungslosigkeit bekämpfen Zu Beginn der Coronapandemie wurden in Hannover Obdachlose in Beherbergungseinrichtungen untergebracht. Dabei zeigte sich eindrucksvoll, dass eine Einzelunterbringung zur Stabilisierung dieser Menschen entscheidend beitragen und Wege aus der Wohnungslosigkeit eröffnen kann. Dennoch werden von der Stadt nur sehr zögerlich die Konsequenzen gezogen, dies gilt vor allem auch im Hinblick auf Housing First (die sofortige Zuweisung von Wohnungen). Wir wollten wissen:

Sollte Housing First von der Modellphase zum Standard werden? Erster Bauabschnitt der Wasserstadt: weniger geförderte, mehr hochpreisige Wohnungen.

Enteignung sei auch ein geeignetes Mittel, um mutwilligem Leerstand und unzureichender Instandhaltung entgegenzuwirken. Die Piraten wollen das Baurecht ändern, um Gentrifizierung unmöglich zu machen. Die CDU setzt hier beim Wohnraumschutzgesetz an, um Mindeststandards für Wohnraum zu sichern und Überbelegung zu verhindern, aber auch wertsteigernde Sanierungen zulassen. Dabei dürfe jedoch die am Ort lebende Bevölkerung nicht vergrault werden. Ähnlich argumentiert die FDP, indem sie sich für das Recht der Immobilienbesitzer einsetzt, »ihre Immobilie zu sanieren und nach besten Möglichkeiten zu nutzen«. Allerdings habe ein Vermieter auch immer eine soziale Verantwortung gegenüber den Menschen, die ihr Zuhause in seiner Immobilie haben. Luxussanierungen seien da oftmals nicht im Sinne der Mieter, »normale« Sanierungen und Modernisierungen dagegen für ein ausreichendes Angebot an attraktivem Wohnraum erforderlich. Auch müsse es den Eigentümern gestattet sein, in ihre Immobilien zu investieren und den Wert zu erhalten. Durch mehr Wohnraum in städtischer Hand

Diese Forderung von uns stieß auf breite Zustimmung. So auch bei der SPD. Die guten Erfahrungen mit den bestehenden Projekten, wie der Stiftung »Ein Zuhause« oder »Plan B – OK« zeigten, dass dies der richtige Weg für Wohnungslose auf den Wohnungsmarkt sei. Zusammen mit den Quoten zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums werde Housing First zur Bereitstellung von Wohnraum für wohnungslose Menschen beitragen, meint die Partei. Auch die Grünen setzen sich für den verstärkten Einsatz von »Housing First« ein. Grundsätzlich sei eine »Erweiterung des Standards im Sinne des Berliner Modells wünschenswert«. Dadurch könne noch individueller auf die Bedürfnisse der Menschen eingegangen werden, weil sie in ihrem Stadtteil bleiben, Sozialkontakte und Institutionen des Helfersystems aufrechterhalten werden können. Es werden aber nach Ansicht der Grünen auch in Zukunft verschiedene Ansätze erforderlich bleiben. Die CDU fordert, »Housing First« mit sozialpsychiatrischer Begleitung. Im Zusammenhang mit der Auswertung der Projekts »Plan B – OK« könnte dies bis spätestens zum Ende der nächsten Ratsperiode zum Standardangebot werden. Die Partei fordert eine Zentralstelle für diesen Personenkreis einzurichten. Zudem bedürfe es »unterschiedlicher und vernetzter Hilfsangebote«, wie eine Verknüpfung der Sozial-, Gesundheits- und Pflegesysteme.


ASPHALT 09/21

Die Linke möchte Wohnungs- und Obdachlose über das Housing-First-Modell von der Straße holen, so lange noch »kein ausreichender einkommensund bedarfsgerechter Wohnraum geschaffen« sei. Die Ergebnisse der Projekte in Hannover zeigten, dass die Modellphase verlassen werden könne. Ein »Ja« auch von den Piraten. Die Partei sieht es als »europa- und weltweit erwiesen« an, dass Housing First der erste Schritt zur Rückkehr in ein ›normales‹ Leben sei. Mit der Bereitstellung von Tiny Houses könne hier ein Anfang gemacht werden. Die FDP bejaht zumindest die Umsetzung und Stärkung von Housing-First-Ansätzen, die ein »geeignetes sozialpolitisches Instrument seien, Menschen, die auf der Straße leben zu erreichen«. Ein »Ja« auch von Volt. Die Partei verweist auf das finnische Beispiel und fordert den standardmäßigen Einsatz in Hannover. Die Partei Partei fordert »eine Quote für Housing First Wohnungen, »denn obdachund wohnungslose Menschen sollen ganz normal mit anderen Menschen zusammenwohnen, weil sie Menschen sind«.

Nach Ansicht der Linken gehören solche Einrichtungen der »Wohlfahrtslogik einer überholten Zeit« an. In Hannover gebe es genug städtebauliche Möglichkeiten Auffangunterkünfte menschenwürdig anzubieten und durch Housing-First zu ergänzen. Unterkünfte wie am Alten Flughafen trieben die Menschen zurück auf die Straße. Ein »Ja« auch von den Piraten, die prinzipiell die Auflösung jeglicher Art von Massenunterkünften fordern, die keinerlei Privatheit ermöglichen. Auch die Partei Partei vertritt die Forderung nach Abschaffung.

8 9

Wie stehen Sie zur Forderung, Einzelpersonen künftig ausschließlich Einzelzimmer in den Notunterkünften anzubieten? Die SPD unterstützt diese Forderung, möchte aber nicht in jedem Fall von »Zimmer« sprechen: ein eingegrenzter, geschützter Bereich müsse für Einzelpersonen, Paare und Familien jedoch zur Verfügung stehen. Der Aufenthalt in einer Notunterkunft müsse eine kurzfristige Zwischenlösung auf dem Weg in eine eigene Wohnung bleiben. Unterstützung kommt auch »grundsätzlich« von den Grünen. Es sei aber leider auch Anzeige

Hier gehen die Positionen auseinander. Ein »Nein« kommt von der SPD. Ohne diese Unterkünfte sei ein plötzlicher Anstieg der Zuwanderungszahlen in Hannover nicht zu bewältigen gewesen. »Wir brauchen solche Unterkünfte deshalb als Reserve, doch müssen diese natürlich menschenwürdig eingerichtet werden«, heißt es von der Partei. Die FDP ist zwar der Auffassung, dass Gemeinschaftsunterkünfte immer nur das letzte Mittel sein dürfen. Aufgrund des sehr angespannten Wohnungsmarkts in Hannover und der großen Probleme, die die Stadtverwaltung habe, geeignete Immobilien für Housing-First oder dezentrale Unterbringungen zu finden, würden sie als Notlösung jedoch mittelfristig weiter Bestand haben müssen. Die Grünen streben »eine Orientierung an den UNICEF-­Mindeststandards zum Schutz geflüchteter Menschen in Flüchtlingsunterkünften an«. Auch die CDU fordert, die Standards für Notschlafstellen und Notunterkünfte weiter zu verbessern, um deren Akzeptanz zu erhöhen. Volt erwartet in den Unterkünften Mindeststandards, kurzfristig könne die Nutzung von leer stehenden Gebäuden oder Hotelzimmern den Bedarf verringern.

SOZIALEN WOHNRAUM SCHAFFEN IM WOHNUNGSBESTAND FÖRDERPAKET MIT FINANZIELLER ABSICHERUNG FÜR VERMIETERINNEN UND VERMIETER Bei Vermietung von Wohnraum an Haushalte mit besonderen Zugangsschwierigkeiten wie wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen: zusätzlich bis zu 2,50 Euro/m² Wohnfläche und Monat bis zu 10.000 Euro für Sanierungsmaßnahmen  bis zu 10.000 Euro Instandsetzungskosten bei Mieterwechsel  

Koordinierungsstelle Wohnraumversorgung stefanie.noack@region-hannover.de Tel. 0511 – 616 2 49 05 www.hannover.de/wohnraumfoerderung

© Robert Herhold-AdobeStock.com

Treten Sie für die Abschaffung der menschenunwürdigen Massenunterkünfte wie z. B. am Alten Flughafen ein?


Obdachlose schützen Die Räumung der »Platten« unter den Karstadt-Arkaden und die Ermordung des Obdachlosen Dirk in der Eilenriede haben nicht nur viele Asphalt-LeserInnen entsetzt. Einmal mehr zeigte sich, wie gefährdet Obdachlose auf der Straße sind.

Wie stehen Sie zur Forderung, die Stadt möge keine Räumung von »Platten« mehr veranlassen? Eine klare Zustimmung gibt es hier von der Linken. Für die Partei gelte der Grundsatz: »So lange das Problem von Wohnungs- und vor allen Dingen Obdachlosigkeit nicht gelöst ist, dürfen Menschen nicht von den Orten verdrängt werden, in denen sie sich zum Überleben eingerichtet haben«. Auch die Piraten stimmen hier zu. Als »Gesellschaft« müssten »wir« es »ertragen«, »dass es diese Nutzung öffentlichen Raumes gibt«.

Foto: U. Matthias

eine Frage der zur Verfügung stehenden Ressourcen, vor allem geeigneter Räume. Priorität hätten deshalb für die Partei von Obdachlosigkeit betroffene Familien und Frauen, bei denen die Einzelunterbringung eine große Bedeutung habe. Eine Überprüfung der Einrichtungen nach dem neuen niedersächsischen Wohnraumschutzgesetz dürfte nach Ansicht der CDU zu einer Verbesserung der Einrichtungen führen. Wenn Zimmer pro Person mindestens 10 qm böten, bei separatem Bad, würde die Partei Mehrbettzimmer nicht gänzlich ausschließen wollen. Einen höheren Finanzierungsbedarf möchte die Partei mit Hilfe einer »Task Force Obdach- und Wohnungslosenhilfe« zur Akquise von Fördermitteln der EU und des Bundes decken. Die Piraten sehen in der Einzelunterbringung nur eine Übergangslösung, die nicht zu einer Dauerlösung werden dürfe, die über den massiven Mangel an bezahlbarem Wohnraum hinwegtäusche. Die FDP hält die Forderung für angemessen. Aufgrund der fehlenden Plätze sei dies oft jedoch nicht möglich, da es insbesondere in den Wintermonaten bedeuten würde, nicht alle Menschen unterbringen zu können. Nach Ansicht von Volt sollten »bis auf Weiteres kleinere Räume bevorzugt werden, um die Ansteckungsgefahr« zu verringern. Daneben sollten Personen in Einzelzimmern untergebracht sein, die unter Umständen eine Gefahr für sich oder andere darstellen können. Die Linke steht ohne Einschränkungen zu der Forderung und sieht im Einzelzimmer ein Menschenrecht. Das gehöre zur bedarfsgerechten Unterbringung von Menschen in Not dazu. Jede Bleibe, auch die in einer Notunterkunft, sei Rückzugsraum für Menschen, wozu auch das Alleinsein gehöre, und Schutzraum vor Gewalt und Gewaltandrohung. Die Partei Partei meint, eine Einzelperson müsse ein eigenes Zimmer haben, egal wo sie herkomme.

Protest gegen Gentrifizierung in Hannovers Nordstadt.

Die Partei Partei ist »gegen die Räumung von ›Platten‹, weil wir der Meinung sind, das Probleme wie Wohnungs- und Obdachlosigkeit nicht einfach weggeräumt werden können«. Wer Notlagen nicht sehe, versuche auch nicht sie zu lindern. Auch die Grünen halten die Räumung von Plätzen – bis auf ganz wenige Ausnahmefälle – für absolut ungeeignet und mit den sozialen Grundsätzen nicht vereinbar. Weil das Angebot an Unterkünften durch die Stadt ausreichen müsse, um allen wohnungslosen Menschen Obdach zu bieten, sollten »Platten« nach Ansicht der SPD zumindest dort geräumt werden können, wo die Sicherheit der Wohnungslosen wie auch der Mitmenschen nicht gewährleistet werden kann. Die CDU möchte »ein Angebot an Hilfen, die ein Leben auf der »Platte« überflüssig machen«. Allen Menschen stünde der öffentliche Raum zur Verfügung. Wo »aber gegensätzliche Interessen aufeinandertreffen«, könne auch eine Räumung von »Platten« nicht gänzlich ausgeschlossen werden. »Die Stadt gehört allen Menschen«, sagt auch die FDP. Das bedeute aber, dass dort, »wo es zu einer massiven Beeinträchtigung der Aufenthaltsqualität Anderer kommt, auch geräumt werden muss«. Zudem müsse die Stadt einschreiten, wenn es zu einer Gefährdung der dort lebenden Menschen selbst komme. Volt lehnt Räumungen von Schlafstätten ebenfalls nicht grundsätzlich ab. Ulrich Matthias

Wir haben allen demokratischen Parteien, die zur Kommunalwahl in allen hannoverschen Wahlkreisen antreten, unsere Fragen zum Thema Wohnen geschickt: Die Antworten zeigen wir hier in kurzer Übersicht, die ausführlichen Stellungnahmen lesen Sie unter: www.asphalt-magazin.de.


Zu Asphalt 06/21 Interview mit Käßmann 2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

06 21

Im Gegensatz zu Frau Käßmanns Aussagen zeigt sich schon jetzt, dass die meisten HERZENSSACHE Menschen schnell vergessen und ihr Leben von vor der Pandemie zurückerobern wollen. Leider gibt es zu viel Egoismus und Ignoranz. Es hat mich sehr gestört, dass sie Politiker in Schutz nimmt, die angeblich nur Fehler gemacht haben. Dabei handelte es sich aber nicht um Fehler, sondern um handfeste Skandale und gerade in einer Partei, die das Wort »christlich« im Namen führt. Um wirkliche Veränderungen in der Gesellschaft zu erreichen, ist menschliches Handeln gefragt. Bringen wir uns aktiv ein, um dies zu erreichen! Dabei sollten wir nicht auf Gottes Hilfe warten. Birgit Jansen, Delmenhorst NEUSTART INS LEBEN

ARMIN LASCHET

NACH DER PANDEMIE

Insa und Milena nach der Organspende.

Straßenzeitungen befragen den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU.

Margot Käßmann über Rechte und Menschenrechte.

Zu Asphalt 08/21 Leserbrief »Empörend« 2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

Stimmungsmache

Ich war ehrlich erstaunt, dass solche Stimmungsmache gegen Frauen, gegen die INTIMBEREICH Selbstbestimmung der Frauen über ihren Körper, überhaupt den Weg ins Magazin geschafft hat. Geschrieben von einer Person, die von Schwangerschaft, ob gewollt oder nicht, nur dahingehend betroffen ist, den hierfür notwendigen Spritzer Samen beizusteuern. Der es scheinbar vollkommen unbewusst ist, dass da noch 9 Monate Schwangerschaft mit sämtlichen körperlichen Beeinträchtigungen unterschiedlichster Ausprägungen, Beschwerden, Komplikationen, etc. pp. »dranhängen«. Vom eigentlichen Geburtsvorgang einmal abgesehen. Aber vielleicht wurde Herr W. ja vom Klapperstorch gebracht, wir wissen es nicht. Freilich darf jeder Mensch eine Meinung zum Thema haben und diese auch äußern. Aber sich zu erdreisten, die Autoren beeinflussen zu wollen, wie bestimmte Themen zu behandeln sind, ist ja wohl das Allerletzte! Das ist Stimmungsmache. Menschen wie Herr W. wollen hier ihre eigene Weltanschauung vertreten haben und keine andere. Traurig, dass ihr dem eine Plattform geboten habt. Sonja Martinez, Wilhelmshaven

08 21

SICHERE PLÄTZE

GUTE TAGE

BESTE FREUNDE

Auf der Straße leben Frauen gefährlich.

In der Obdachlosenszene sind Hygieneartikel selten gratis.

Bei den Straßenpunks findet jeder ein »Zuhause«.

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

Egoismus und Ignoranz

07 21

Zu Asphalt 07/21 Obdachlosenplatten geräumt

Gefühlte Wahrheiten

Vor zwei Tagen erlebte ich am Oldenburger Bahnhof, wie ein Mensch von vier PolizeibeamtInnen umgeben und mit Handschellen am Rücken kollabierte (!). Niemand (!) stellte sich hin und beobachtete erkennbar, niemand filmte. Ein Anwesender sagte mir eher gelangweilt, ›das‹ sei »ein Alki«. Und mir war klar, ich schreibe Ihnen doch noch einen Leserbrief zu dem Interview. Weil ich nicht schweigen mag zu dem, was (vielleicht zunehmend?) passiert. Das Narrativ, welchem dieser Amtsleiter folgt, wäre wert, mal in Stichworten in seine Essenz de- und rekonstruiert zu werden. Das übersteigt aber einen Leserbrief. Vielleicht steht beispielhaft für eine neue, hierarchisierte vermeintliche ›Haltung‹ die (Wort-) Schöpfung des »subjektiven Sicherheitsempfindens (der Menschen)«. Gefühlte Wahrheiten, amtlich »geschützt« ... vielmehr aber durchgesetzt. Es scheint mir, dass »nicht Erreichbare« zunehmend als Schreckgespenster »ge-braucht« und Menschen dafür narrativ und performativ miss-braucht werden. Auch Rollen werden »versetzt«, so werden Sozialarbeiter z. B. per Zwang zu Vollzugsbeamten und ihre fachlichen Einwände werden so zu »Empfindlichkeiten«. Ich nenne das »TransFiguration«. Mich gruselt das alles und ich denke, wir sollten es nicht unreflektiert lassen. Mario Primavesi, Oldenburg WASSER BALD LUXUS?

WALD UND FELDER

RECHT UND ORDNUNG

JANINE WISSLER

Bund sieht Wasser für Alle in Gefahr.

Hannover lässt »Platten« von Obdachlosen räumen.

Straßenzeitungen befragen die Spitzenkandidatin von Die Linke.

Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Absenderadresse anzugeben. Leserbriefe an: redaktion@asphalt-magazin.de oder postalisch: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover. Zuletzt: Briefe, die Diffamierungen, Drohungen o. ä. enthalten, drucken wir nicht ab. Diese Qualitätskontrolle können wir uns im Print noch leisten.

ASPHALT 09/21

BRIEFE AN UNS

10 11


Foto: V. Macke


ASPHALT 09/21

DAS ASPHALT BAROMETER

12 13

Unsere Umfrage zur Wahl: Was Asphalt-VerkäuferInnen denken. Wen sie kennen, wen sie schätzen und welche Partei sie wählen würden. Repräsentativ und anonym. Als Stimme der Straße haben wir deshalb Menschen befragt, die ohne festen Wohnsitz sind oder waren, unsere VerkäuferInnen. 200 Menschen erarbeiten sich mit dem Magazinverkauf gerade Wissen, Würde und (Zu-)Verdienst. Etwa 100 von Ihnen haben bei unserem Asphalt-Politbarometer mitgemacht. MAC Foto: Pictur-Alliance/Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten

709 Abgeordnete sitzen derzeit im Deutschen Bundestag. Gerade mal vier von ihnen waren zuvor arbeitslos. Im Vergleich zu rund 100 Juristen, 70 LehrerInnen und Profs oder rund 60 VerwaltungsmitarbeiterInnen. Nicht eben viel Erfahrungswissen im Hohen Haus also, wenn es um die Belange der Straße geht.

TENDENZIELL NORMAL Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre: Welche Partei würdest du wählen? Eine andere Partei 7,2 % FDP 8,9 %

CDU 19,1 %

Die Linke 7,7 %

SCHOLZ FÜHRT Drei Menschen sind KanzlerkandidatInnen: Wer von diesen ist dein persönlicher Favorit?

26,67 Prozent

Grüne 18 %

28

Prozent

Prozent

SPD 23,1 % Armin Laschet AfD 16 %

45,33 Olaf Scholz

Annalena Baerbock


SOZIALE KRISE – KLIMAKRISE Was Asphalter umtreibt: Welche politischen Themen sind aus deiner Sicht aktuell die drei Wichtigsten? Armut

46,67 %

Steuergerechtigkeit

4 % 9,33 %

Wirtschaftsförderung Wohnungsbau Steuerehrlichkeit

Illustration: Rawpixel.com/shutterstock.com

33,33 % 8 %

Klimawandel

36 % 21 %

Öffentlicher Nahverkehr Naturschutz

20 %

Corona-Pandemie

22,67 % 34,67 %

Obdachlosigkeit 21,33 %

Recht & Ordnung 4 %

Kulturförderung

0

10

20 30 40 50 NOCH NICHT AUSGEMACHT

Foto: Picture-Alliance/Geisler-Fotopress | Ulrich Stamm/Geisler-Fotopress

Hauke Jagau geht: Wer soll künftig PräsidentIn der Region Hannover sein?

ONAY SO MITTEL

Bruno Adam Wolf 7,69 % Siegfried Reichert 3,85 %

Christine Karasch 19,23 %

Von 1 bis 10:

Oberbürgermeister Belit Onay führt die Landeshauptstadt Ha nnover bisher insges amt eher gut (10) oder eh er schlecht (1)?

4,93*

*Punktzahl gemittelt aus allen abgegebenen Vot en.

Katharina Piens (aka: Pilocka Krach) 7,69 %

Frauke Patzke 23,08 %

Steffen Krach 38,46 %


Göttingen wählt die Stadtspitze neu: Welche KandidatIn für das Oberbürgermeisteramt ist dir bekannt? Von 38 VerkäuferInnen in Göttingen, die mitgemacht haben, kennen …

18 15 7 11 7

Ehsan Kagarani (parteilos – wird von CDU und FDP unterstützt)

14 15

Petra Broistedt (SPD) Doreen Fragel (parteilos – wird von den Grünen unterstützt) Mathias Rheinländer (Die Partei) Edgar Schu (Göttinger Linke)

Anzeige

»BUNTER HUND« ENGELKE Zur Kommunalwahl Hannover. Welche Rats-PolitikerIn ist dir bekannt? Von 53 VerkäuferInnen, die geantwortet haben, kennen …

4

Jens Böning (Die Hannoveraner)

1

Elisabeth Clausen-Muradian (Bündnis90/Die Grünen)

18 1 4 7 4 12

Wilfried Engelke (FDP) Sören Hauptstein (AfD) Lars Kelich (SPD) Juli Klippert (Die Fraktion) Dirk Machentanz (Linke & Piraten) Jens Seidel (CDU)

Wohnglück + 14.6OO Wohnungen + Durchschnittskaltmiete von 5,84€ pro m2 + über 7O% geförderter Wohnraum + nachhaltige Entwicklung der Stadt + ein Herz für unsere Mieterinnen & Mieter

hanova.de

ASPHALT 09/21

Illustration: Fiedels/stock.adobe.com

WEN KENNEN DIE WÄHLER?


Foto: Picture-Alliance/dpa | Sebastian Gollnow

KAFFEE MIT KÄSSMANN

»ARGUMENT FÜR ARGUMENT« Politik und Kirche kämpfen mit demselben Phänomen: Immer mehr Menschen gehen auf Abstand. Asphalt im Gespräch mit Ex-Bischöfin Margot Käßmann über Wahlen, große Fragen, über Vertrauen und fehlende Leitfiguren. Liebe Margot Käßmann, jetzt im September sind gleich mehrere Wahlen. Daran kommen wir bei unserem Café-­ Talk heute also nicht vorbei. Jenseits von Parteipolitik: Was braucht Deutschland? Was uns zurzeit fehlt, sind Bilder von einer positiven Zukunft. Mir fehlen die großen Bilder wie die Bibel sie kennt: Gerechtigkeit und Frieden werden sich küssen, Schwerter werden zu Flugscharen, im Land werden Milch und Honig fließen. Ein

bisschen pathetisch vielleicht, aber Visionen vom zukünftigen guten Leben. Helmut Schmidt soll ja mal gesagt haben: »Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.« Doch im Moment scheint die Politik absolut vom Tagesgeschäft wie beispielsweise den Corona-Inzidenzzahlen oder den Flutopferhilfen bestimmt zu sein. Das ist alles gut und richtig. Aber ich sehe keine Visionen zu einem klimagerechten Deutschland, gemeinsame Vorstellungen, wie Diversität echt gelebt werden kann.


Es mehren sich Stimmen in der Wissenschaft, die sagen, dass eigentlich viel Fläche zum Wohnen da sei, dass es anders verteilt werden müsse, dass man sich bescheiden müsse. Würdest du das teilen? Es geht mir nicht in erster Linie darum, mehr zu bauen, wenngleich das sicher nicht ganz ohne gehen wird. Sondern es geht mir darum, wie wir den vorhandenen Raum nutzen. Wir brauchen Antworten darauf, was mit den Innenstädten passieren soll. Viele Geschäfte, auch in Hannover, geben auf. Was soll hier passieren? Können die Flächen als Wohnraum genutzt werden, damit Innenstädte wieder lebendig sind? Die Menschen wollen Antworten, Leitlinien.

Wenn Frau Baerbocks Buch auf Zitierfehler seziert wird, und dann Herr Laschets Buch auf Zitierfehler seziert wird und das Ganze medienmächtig an den Pranger kommt, dann ist das ja organisierter Vertrauensverlust. Braucht Deutschland das? Vertrauensverlust ist hochproblematisch, weil verlorengegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen extrem schwierig ist. Die Debatte lähmt. Und sie ist so überflüssig. Es gibt doch mittlerweile Programme, mit denen du vor Veröffentlichung jeden Text auf Plagiate hin selbst überprüfen lassen kannst. Zudem gibt es in jedem Verlag Lektoren, die eigentlich auf solche Fehler frühzeitig hätten reagieren müssen. Ich muss aber auch gestehen, dass ich keins der genannten Bücher gelesen habe.

Wie kommt das? Sind Baerbock und Laschet nicht interessant genug? Wenn ich einen Menschen kennenlernen möchte, also die Person, dann versuche ich ihn oder sie in einer Talkshow oder noch besser live zu erleben. Dass es im Moment aber viel zu wenig um Inhalte geht, sondern um die Personen und ihre persönlichen mehr oder weniger großen Verfehlungen, das stört mich grundsätzlich. Für eine Wahlentscheidung ist das Konkrete wichtig. Alle wollen beispielsweise die Klimakrise bekämpfen. Aber entscheidend ist dafür das Wie. Zum Beispiel das Tempolimit: Ja oder Nein? Das lässt sich glasklar beantworten. Solche Klarheit brauchen wir, damit wir entscheiden können. Aber diese Klarheit fehlt oft.

Die AfD wirft den anderen Parteien im Bundestag nun gerade das vor. Dass diese kaum unterscheidbar seien, dass alle irgendwie gleich seien und sie die einzige echte Alternative. Eine Alternative ist diese Partei für mich definitiv nicht. Sie spielt mit den Ängsten von Menschen. Inakzeptabel ist für mich, dass sie Menschen in einem Ausmaß abwerten und eine menschenunwürdige, eine anstandslose Sprache weit unterhalb der Gürtellinie in die Politik gebracht haben. Und etabliert ist sie inzwischen ganz genauso wie alle anderen Parteien. Die haben dort auch Finanzskandale und die gleichen inneren Kämpfe.

Wir haben – natürlich in geheimer Abstimmung – unsere VerkäuferInnen befragt, wen sie bei der nächsten Bundestagswahl wählen würden. Vielleicht kann das Ergebnis auch für die Menschen in Wohnungslosigkeit und prekären Lebensverhältnissen insgesamt stehen. Demnach würden rund 16 Prozent AfD wählen. Was sagst du dazu?

Dass wir mit unseren Verkäuferinnen und Verkäufern sprechen müssen. Mich hat überzeugt, dass Soziologen sagen: Es hilft nur, ganz in Ruhe Argument für Argument durchzugehen, Fakten darzustellen, die Zweifel an den Behauptungen aufkeimen lassen, ob die AfD wirklich eine Alternative ist, oder nicht genau das, was Deutschland schon einmal an den Abgrund geführt hat: Eine nationalistische Partei, die nicht fähig ist, sich in einer globalisierten Welt zurechtzufinden.

Viele wählen gar nicht mehr. Laut einer umfänglichen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sind weniger als die Hälfte der Menschen in Deutschland mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden. In den Bundestag haben gerade noch 46 Prozent Vertrauen. Das ist nun wirklich dramatisch. Und ich kann es nicht verstehen. Gerade Frauen haben mit ihrem Leben dafür gekämpft, wählen zu dürfen. In vielen Ländern dieser Welt hoffen Bürgerinnen und Bürger darauf, endlich ihre Stimme frei abgeben zu dürfen.

ASPHALT 09/21

Ja, das stört mich. Denn eigentlich erwarte ich von Politikerinnen und Politikern, dass sie sich größere Ziele setzen, auf die wir hinwollen. Neben den genannten Themen auch die Frage: Wie sieht die Schule von Morgen aus, allein die Gebäude? Wie kommt die Digitalisierung in die Schulen? Wie wird betreut und was wird morgen in Schulen gelehrt? Ein anderes drängendes Thema wäre eine Vision von der Stadt der Zukunft, gerecht, lebenswert mit bezahlbarem Wohnraum für alle.

Foto: Selim Korycki

Politik ist zu sehr reaktiv, zu selten aktiv?

16 17


Foto: Picture-Alliance/Geisler-Fotopress | Ulrich Stamm

KAFFEE MIT KÄSSMANN

ten, wollen für die Mitgliedschaft in einer Kirche nicht zahlen, wären aber wohl bereit, ein einzelnes Event wie eine Trauung zu entlohnen.

Du meinst wirklich, Hauptgrund sei die Steuer? Das ist der Grund, der am häufigsten angegeben wird. Ein ganz wichtiger anderer Grund ist der Traditionsabbruch. Diese Entwicklung scheint kaum aufhaltbar, denn mittlerweile werden immer weniger Kinder in ihren Familien christlich sozialisiert. Viele kennen keine biblischen Geschichten mehr, keine Gebete, keine Rituale. Ein Schiff und viele Tiere? Die Arche Noah. Du siehst zwei Nackte, einen Apfel und eine Schlange und erkennst, um was es geht. Aber immer mehr wissen das eben nicht. Und das lässt sich nicht schönreden.

Vielleicht kommt Kirche manchen Menschen auch zu arrogant vor? In früheren Zeiten gab es sicherlich eine Kirche der Überheblichkeit, die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes abgekanzelt hat. Die Kirche gab vor zu wissen, was das moralisch Richtige ist. Eine Frau in der Eifel hat mir erzählt, sie musste in Schwarz heiraten, weil der Pfarrer herausgefunden hatte, dass sie schwanger war. Mit derartigen öffentlichen Demütigungen haben Kirchen Schuld auf sich geladen. Insbesondere gegenüber Frauen und Homosexuellen. Doch die Kirche, insbesondere die evangelische, hat sich seit den siebziger Jahren doch sehr gewandelt.

»Kirche hat viel Schuld auf sich geladen. Insbesondere gegenüber Frauen und Homosexuellen.« Politische Bildung muss in den Schulen eine Rolle spielen, in Betrieben, in Debatten in den sozialen Netzwerken. Für mich ist Wählengehen tatsächlich Bürgerpflicht.

Wie ist das mit Kirche? Allein im lutherischen Stadtkirchenverband Hannover gab es rund 4.000 Austritte im Corona-Jahr 2020. Das ist viel und das überrascht ganz besonders, denn eigentlich brauche ich doch gerade in der Krise, was Corona für sehr viele Menschen war, Zuspruch und Halt. Über die Gründe für Kirchenaustritte gibt es ja Analysen. Und die besagen, dass der Hauptgrund die Kirchensteuer ist. Viele der Menschen, die austre-

Sind die Missbrauchsskandale und die nicht immer optimale Aufarbeitung auch Austrittsgründe? Ganz bestimmt. Denn diese Taten sind ganz unerträglich. Ein junger Mann hat mir erzählt, dass er den Missbrauch an ihm als Kind durch einen Priester nicht einmal seinen Eltern erzählt habe, um deren Vertrauen in die Kirche nicht zu erschüttern.

Ist Vertrauen heute das zentral abgängige Gefühl gegenüber Institutionen? Politik, Kirche … … Verbände, Gewerkschaften, selbst Sportvereine haben diese Krise. Früher war es eine Selbstverständlichkeit, zur Wahl zu gehen, zu einem Verein zu gehören, Mitglied der Kirche zu sein. Heute gibt es den Zerfall in sehr viele partikulare Wirs, die nicht mehr untereinander kommunizieren. Viele bleiben in ihren Blasen mit ihren je eigenen Erzählungen. So geht das gemeinsame Narrativ einer Gesellschaft verloren.

Was tun? Wir müssen unbedingt lernen einander wieder zuzuhören. Dafür bräuchten wir Leitfiguren, die mit klaren Zukunftszielen Menschen zusammenführen. Aber in Sicht sind die leider nicht. Interview: Volker Macke


ASPHALT 09/21

AUS DER SZENE

Stadt plant Winternothilfe

Foto: V. Macke

Essensversorgung, Medizin für Obdachlose sowie mehr aufsuchende professionelle Sozialarbeit. Eine wesentliche Forderung von Hilfsorganisationen, der sich die Stadt kaum noch verschließen können wird, ist die ganztägige Öffnung der Notschlafstellen in den Wintermonaten (siehe auch S. 22). Die Workshops beginnen Anfang September. MAC

18 Foto: Gundlach

Hannover. Die Landeshauptstadt will ihre Winternothilfe für Menschen auf der Straße neu justieren. Gemeinsam mit (ehrenamtlich arbeitenden) Vereinen und Sozialverbänden sollen aktuell in Workshops vorhandene Ressourcen gesichtet, bewertet, neue Ideen entwickelt werden. Am Ende soll eine so genannte Angebotsbörse für die Notversorgung wohnungsloser Menschen stehen. In den vergangenen Wintern wirkten Stadt und Sozialverbände stets überraschend überrascht von der Not in der Kälte. Die Pandemie tat ihr Übriges, viele Menschen blieben hilflos im Schnee. Immer wieder sind gerade winters auf der Straße Sterbende zu beklagen. Ein PR-GAU war denn auch, dass ausgerechnet zum vergangenen Winter hin, Obdachlose aus einer Zwischenunterbringung auf die Straße gesetzt wurden. Daher soll jetzt frühzeitig koordiniert werden. Es geht in den angesetzten Arbeitskreisen um Angebote für die Nacht, für den Tag, Hygienefragen,

Wohnungen für Obdachlose am Lindener Berg Hannover. Lange wurde gebaut, jetzt hat das Bau- und Wohnungsunternehmen Gundlach den »Schlüssel« an die Soziale Wohnraumhilfe (SWH) übergeben. Neues Leben zieht in das ehemalige Bürogebäude der Evangelischen Jugend Am Steinbruch 10-12 ein. Dort sind nach einem umfangreichen Umbau insgesamt 21 preiswerte Sozialwohnungen für ehemals Wohnungslose und vier große Mietwohnungen für Wohngemeinschaften entstanden. Kooperationspartner für dieses soziale Wohnprojekt ist die Soziale Wohnraumhilfe (SWH). Im Projekt »Miteinander« wird die SWH für 35 Jahre als Generalmieterin die 21 Wohnungen verwalten. Die Soziale Wohnraumhilfe vergibt die geförderten Wohnungen ab September an die künftigen BewohnerInnen für 5,60 Euro pro Quadratmeter. »Die Soziale Wohnraumhilfe ist ein hervorragend geeigneter Partner. Damit haben wir nun auch in Linden wenigstens einige Wohnungen für diese Personengruppe und können uns nur viele Nachahmer für dieses beispielhafte Projekt wünschen.«, sagt Bezirksbürgermeister Rainer-Jörg Grube. »Auch wir freuen uns riesig, dass mit dem ›Haus Miteinander‹ 21 Obdachlose ein neues Zuhause finden werden. Dafür hat sich die Mühe gelohnt«, ergänzt der Leiter des Gundlach Wohnungsunternehmen Jan Brüggemann. Bisher verfügt die Soziale Wohnraumhilfe über rund 220 Wohnungen für ehemals Obdachlose. Nun sind es fast 250. Doch der aktuelle Bedarf ist deutlich größer. Die städtische Wohnraumvermittlung schafft derzeit gerade mal 50 Prozent der jährlich eingehenden 2.600 Anfragen zu befriedigen. »In Hannover wird es auf dem umkämpften Wohnungsmarkt für viele immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu bekommen. Umso mehr freue ich mich, dass die 21 Wohnungen dazu beitragen, dass aus Menschen in Wohnungsnotfällen wieder MieterInnen ›wie du und ich‹ werden«, sagt SWH-Chef Erik Haß. Zusätzlich stehen in dem Objekt vier Wohnungen mit insgesamt 15 Zimmern für Wohngemeinschaften, beispielsweise für StudentInnen, zur Verfügung: Jeweils drei oder vier Zimmer jeweils mit 15 bis 20 Quadratmetern samt eigenem Bad. Dazu Küche und Gemeinschaftsraum für WG-Leben. MietinteressentInnen für die WG-Wohnungen können sich bei Gundlach melden via vermietservice@gundlach-wohnen.de oder unter Telefon 0511 – 31 09-300. MAC

19


POLITIK TRIFFT STRASSE Asphalt hatte eingeladen. Und alle kamen. Zu Gesprächen. Und zum Ideenaustausch. Beim Sozialen Stadtrundgang+. Spätestens als Stadtführer Thomas am Spielplatz in der westlichen Oststadt seine eigene Geschichte erzählt, ist das Eis gebrochen und der Wahlkampf ist im Hintergrund. An diesem Tag im August, als Asphalt Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundestag und die BewerberInnen für das Regionspräsidium zum Sozialen Stadtrundgang eingeladen hat. An dem Spielplatz spielte vor Jahren eine Suchtgeschichte. Sie handelt von Solidarität, Freundschaft und Absturz, von Arbeitsunfähig-

keit, gescheitertem Berufswechsel, von Therapie und Würde. Thomas‘ Geschichte ist eine von vielen Verkäufergeschichten. Asphalt-Geschichten. Die TeilnehmerInnen aus der Politik hören zu, stellen Fragen, haken nach. Und sind berührt. Thomas ist dank Asphalt und den Einrichtungen vom Neuen Land seit Jahren raus aus der Sucht und berichtet heute versiert und eloquent von sich und von dem ganzen Hilfesystem, das sich massiv hinterm Bahnhof von Hannover verdichtet. Der Rundgang


ASPHALT 09/21

20 21

Am Fernroder Tunnel, wo einst die Keimzelle von Asphalt lag, endet

Am Spielplatz bricht das Eis.

der Rundgang – mit Applaus. TeilnehmerInnen waren unter anderem: Michaela Michalowitz (CDU), Yasmin Fahimi, Steffen Krach, Adis Ahmetovic (SPD), Katharina Wieking und Knut Gerschau (FDP), Frauke Patzke (Grüne), Hans-Herbert Ulrich (Die Linke), Juli Klippert, Jens Bolm ( Die Partei) sowie Reiner Budnick, Thomas Ganskow, Adam Wolf (Piraten).

führt die Politprominenz überall hin. Für viele ist es das erste Mal so nah. Für andere wie Juli Klippert (Die Partei) und Vize-Regionspräsidentin Michaela Michalowitz ist es ein inneres Bedürfnis immer wieder Flagge zu zeigen. Sie kennen sich mit der Hilfelandschaft schon gut aus. Ist diese Verdichtung gut oder schlecht? Sollte man das entzerren, wie manche Medien und Menschen derzeit meinen? In Gesprächen am Rande des Rundgangs haken wir nach. Ja, die Wohnungslosen-, Trinker-, Junkie- und Crackszenen mischen sich derzeit, das bekommen die TeilnehmerInnen erzählt und live und in Tristesse vor Augen geführt, als die Crackpfeifen zum Beispiel am Raschplatz ungeniert kreisen und andere auf den Stufen frühmorgens schon dämmern. Aber ist das aktuell so viel beschworene Entzerren die Lösung? Die Menschen zwischen demnächst weiter entfernten Hilfeeinrichtungen »auf Wanderschaft zu schicken, quasi in Wallung zu halten« dürfe nicht die Strategie sein. »Das löst kein einziges Problem«, legt sich SPD-Mann Adis Ahmetovic fest. Verlassen wirkt Szenia, die Anlaufstelle für obdachlose Frauen, an diesem Vormittag. Kein Kundinnenverkehr. Gleichwohl ist sich die Politik hier weitgehend einig: »Es gibt noch zu wenig Angebote für Frauen,« sagt Grünen-Frau Frauke Patzke. Die Region finanziert heute schon einen Großteil der Tages­ treffs. Wird man in Zukunft mit mindestens einem weiteren rechnen dürfen? »Muss man prüfen.« »Es braucht in jedem Fall mehr taugliche Unterkünfte«, sagt Thomas. »Viele Obdachlose wollen nicht in den teils unwürdigen Massenunterkünften sein, da bleiben sie lieber draußen.«

Eloquent und kenntnisreich berichtet Thomas, während hinter ihm die Crack-Pfeifen kreisen.

Das war bei ihm seinerzeit kaum anders. Pirat Adam Wolf und Hans-Herbert Ulrich von den Linken fordern denn auch unisono die sofortige Schließung der Unterkunft Alter Flughafen. Der Rundgang endet am Fernroder Tunnel. Irritiert zeigen sich einige PolitikerInnen von dem enorm teuren aber höchst untauglichen Wetterhäuschen inmitten des Vorplatzes zum Stellwerk. »Irgendwie Schilda«, sagt jemand. Für Thomas gibt es Dank, Applaus und Asphalt-Kauf. Wie viele Zeitungen pro Verkäufer monatlich verkauft werden, fragt Knut Gerschau. Nicht mehr als 100, weil die starren Regeln der Zuverdienste bei Hartz IV ein Motivationskiller sind, antworten wir. Ab 100 Euro bleiben von jedem weiteren verdienten Euro gerade mal 20 Cent, der Rest geht ans Jobcenter. »Das nehme ich mit, das muss man ändern«, sagt FDP-Mann Gerschau. Wäre gut. Volker Macke | Fotos: Selim Korycki


AUS DER SZENE

Plakate gegen Gleichgültigkeit

Herberge zeigt Hilfe

Hannover. Eine Bank mit einem liegenden Menschen, ein Spruch, eine Erläuterung: 1.000 Plakate haben AktivistInnen in Hannover an Verteilerkästen, Wände und Kübel geklebt. 2.000 weitere sollen in den nächsten Tagen folgen. Die Plakate sollen aufmerksam machen auf ein Thema, das in den Sommermonaten vielfach aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwindet.

Hildesheim. Mit einer Wanderausstellung »Zuhause« will die Herberge zur Heimat auf Menschen von der Straße aufmerksam machen und gleichzeitig ihre schon 141 Jahre währende Arbeit präsentieren. Denn: »Zuhause ist für uns als Wohnungslosenhilfe natürlich immer ein großes Thema, aber besonders jetzt zur Pandemiezeit, hat das Thema für alle Menschen eine neue Bedeutung bekommen«, so Geschäftsführerin Daniela Knoop. Die Ausstellung mit großformatigen Porträts und digitalen Hintergrund-Clips ist erstmalig am 3. und 4. September auf der Wiese vor dem TfN/Ecke Gartenstraße zu sehen. Die Eröffnung mit Grußworten von Oberbürgermeister Ingo Meyer ist für den 3.9. um 14 Uhr geplant. Weitere Ausstellungstermine waren bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt. MAC

Fotos: V. Macke

Anzeige

Obdach- und Wohnungslosigkeit. Die Initiatoren rund um die Betroffeneninitiative »armutstinkt« und den Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit wollen mit der Plakatkampagne den Druck auf Stadt, Region und Wohlfahrtsverbände erhöhen. Die aktuellen Zustände seien unerträglich. Besserung müsse nicht immer teuer sein. Beispielsweise koste ein Platz in einer Unterkunft nicht weniger als ohnehin der Hartz-IV-Satz für eine Beleg­ rechtswohnung. Am 11.9. ist bundesweit der offizielle »Tag der Wohnungslosen«. Auch viele Tagestreffs und Hilfeeinrichtungen, die an diesem Samstag eigentlich geschlossen sind, wollen öffnen und sichtbar Zeichen setzen. Und für 13 Uhr ist eine Demonstration am hannoverschen Raschplatz angemeldet. »Wir werden so lange laut, fordernd und unbequem sein, bis sich an den unwürdigen Zuständen in unserer Stadt substanziell etwas ändert«, heißt es seitens der Demo-AnmelderInnen, »Aussitzen ist keine Option«. MAC


Es ist Anfang August und ich muss meinen Bericht für die September-Ausgabe abgeben. Die Ereignisse überschlagen sich, eines so schrecklich wie das andere: Corona-Epidemie, Überschwemmungen und brennende Wälder weltweit. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Nur eines weiß ich ganz genau: Wenn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler so eindringlich wie nie vor einem bedrohlichen Klimawandel warnen, unsere Politikerinnen und Politiker in dieser Hinsicht hauptsächlich von sozial- oder wirtschaftsverträglichen Maßnahmen reden, dreht sich mir der Magen um! Machen die sich denn nicht eine Sekunde bewusst, dass es sich hier um ihre eigenen Kinder, Enkel- und Urenkelkinder handelt, für die sie eine lebenswerte Zukunft gestalten sollen? Ist ihnen nicht klar, dass diese Nachkommen diese Verträglichkeit verfluchen werden, wenn ihnen eine kaputte Erde hinterlassen wird? So etwas wie Verträglichkeit darf keine Ausrede für unverzügliches Handeln sein. Viel zu schnell sind die eigenen und die weltweiten Katastrophen vergessen, und wir kehren wieder in den Alltag zurück. Das darf nicht sein; es muss JETZT gehandelt werden. Hoffen wir, dass die neue Regierung das Thema »Klimaschutz« nicht auf die lange Bank schiebt, denn ein »nach uns die Sintflut« wollen sie ihren Nachkommen doch wohl nicht antun! Karin Powser Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

ASPHALT 09/21

Das muss mal gesagt werden …

22 23


»ES GEHT BERGAUF« Aus dem Leben: im Gespräch mit Asphalt-Verkäuferin Maria (54). Hallo Maria, du verkaufst seit 2018 in Göttingen die Straßenzeitung, wie war das letzte Jahr für dich?

tes Auskommen. Jetzt ist die Gastronomiefirma pleite und ich musste soziale Hilfen beantragen.

Es ging. Einige meiner Stammkunden sind letztes Jahr verstorben und da war ich sehr traurig. Das ist wie eine kleine Familie für mich. Ich fühle da immer sehr mit.

Bist du damals zur Straßenzeitung gekommen?

Dein Verkaufsplatz ist deine Familie, deine Heimat? (lacht.) Nicht ganz, aber ein wenig schon. Ich fühle mich an meinem Platz willkommen und zu Hause. Ich bin ja gebürtig aus Rumänien, das ist meine Heimat. Geboren bin ich auf einem Bauernhof in Dâmbovița, nahe der Provinzhauptstadt Tîrgoviște in Rumänien, der Hauptstadt der Walachei. Zur Schule kam ich nach Sibiu, das ehemalige Hermannstadt und habe danach 17 Jahre als Bäckerin in drei Schichten in einer Fabrik gearbeitet. Da habe ich Brot und Bretzel gebacken. Das war eine gute Stelle.

In der Zeit hast du auch deine eigene Familie gegründet? Ja, ich habe früh geheiratet, wie es Tradition ist bei uns, und habe einen Sohn geboren. Da war ich sehr glücklich und es ging bergauf.

Ja, gesundheitlich ging es mir danach nicht so gut, mein Herz hat mich ein wenig im Stich gelassen und ich habe meine Arbeit vermisst. Dann kam auch noch eine Thrombose dazu und im März 2020 kam Corona. Da gingen die Probleme richtig los.

Welche Probleme? Ich war ja nicht krank, aber alle Menschen, auch meine Kunden, sollten zu Hause bleiben. Aber im Hagenweg 20 ist das keine gute Option. Ich hatte dort Angst zu leben und Drogensüchtige als Nachbarn. Es hatten alle sozialen Einrichtungen zu, auch das Jobcenter.

Du hast es jetzt aber geschafft aus dem prekären Hagenweg 20 auszuziehen?

Leider nicht. Als mein Sohn fünf Jahre alt war, ist mein Mann plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Das hat mein Herz gebrochen und ich habe nie wieder geheiratet oder einen anderen Mann gehabt. Nach seinem Tod habe ich das Kind alleine durchbringen müssen. Das war hart. Ich war eine Alleinerziehende und es war die Zeit nach Ceaucescu.

Ja, mit ganz viel Hilfe und Glück. Das hat mir gesundheitlich sehr gutgetan. Jetzt kann ich nachts wieder einschlafen und in Ruhe durchschlafen. Das ist mein ganz persönlicher Luxus. Es ist eine ganz normale Wohnung und ich bin sehr glücklich darüber. Da ist auch ein alter Kloster Park in der Nähe, da gehe ich gerne Spazieren und verbringe meine freien Tage. Mir fehlt die Gesellschaft. Ich bin ja auf einem Bauernhof groß geworden und wir hatten immer viele Tiere. Es ist hier ganz schön einsam, aber ich werde mir vielleicht ein Haustier anschaffen. Aber das muss ich mir erst noch gut überlegen. Vielleicht nächstes Jahr eine Katze. Dann bin ich nicht mehr alleine.

Es sollte noch schlimmer kommen …

Du hast erzählt, dass du jetzt auch wieder kochen kannst?

Bei der Arbeit erlitt ich 2005 einen Prä-Infarkt am Herzen. Danach konnte ich nicht mehr dort arbeiten, aber ich musste jeden Monat Geld für Miete und Essen verdienen. Es gab in Rumänien keine sozialen Hilfen.

In der neuen Wohnung habe ich wieder einen Herd. Da koche ich gerne. Für meinen Übersetzter Stefan habe ich schon gekocht, er sagt mir immer, ich soll mehr essen, weil er findet, ich bin zu dünn. Genau wie mein Hausarzt. Ich koche sehr, sehr gerne und habe auch schon einige Male schöne rumänische Menüs für meine Freunde gekocht. Mein absolutes Lieblingsgericht sind Sarmale, das kennen die Deutschen als Kohlrouladen. Die mache ich immer, wenn Feiertage sind und wir mit der Familie zusammenkommen.

Aber dein Glück währte nicht sehr lange?

Wie ging es dann wieder bergauf? Ein Bekannter hat mir geraten, nach Deutschland zu gehen. Da hatte ich zwar erst nur eine Putzstelle bei Studenten, aber das war mir egal, ich konnte meinem Sohn Geld senden nach Rumänien. Kurz darauf habe ich eine richtige Stelle gefunden bei einem Gebäudereiniger in Geismar. Das war immer nur ein befristeter Vertrag, dann ein paar Monate Pause und ein neuer Vertrag für ein Jahr. Immer wieder. Später habe ich mit der Hilfe dieses Chefs einen festen Vertrag in der Gastronomie bekommen. Da habe ich mich sehr wohl gefühlt und wurde sogar gelobt. Das war eine sehr schöne Zeit. Da hatte ich auch ein gu-

Wie geht es deinem Sohn, deiner Familie heute? Mein Sohn ist jetzt 35 Jahre alt und arbeitet als Taxifahrer in Sibiu. Er hat erst vor zehn Monaten geheiratet, aber wann und ob ich noch Oma werde, da lasse ich mich überraschen. Interview: Ute Kahle


Foto: U. Kahle

Foto: U. Kahle

Foto: lebensmittelfotos_pixabay

24

25

Maria verkauft Asphalt-TagesSatz vor »tegut« in Göttingen-Weende.

ASPHALT 09/21


RUND UM ASPHALT

Karten für 96!

96-Verlos

ung

Alte Liebe rostet nicht. Darum: »Steht auf, wenn ihr Rote seid« – und unterstützt eure 96er bei ausgewählten Heimspielen. Denn, ab sofort könnt ihr wieder 2 x 2 Tickets mit Asphalt und Hannover 96 für ausgewählte Top-Spiele im eigenen Stadion gewinnen. Los geht’s mit dem 10. Spieltag (15. Bis 17. Oktober) und der Begegnung:

Foto: Picture-Alliance/dpa | Daniel Reinhardt

Hannover 96 – FC Schalke 04 Schickt uns einfach eine Postkarte oder eine E-Mail mit dem Stichwort »96« an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover oder gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 30. September 2021. Wichtig! Wir benötigen von jedem Mitspieler und seiner Begleitperson Vorname, Nachname und die E-Mail-Adresse. Die Namen der Gewinner und der angegebenen Begleitperson werden wir im Zuge der Verlosung an Hannover 96 weiterleiten. Die Tickets werden ausschließlich per E-Mail an jeden einzeln verschickt und können dann entsprechend ausgedruckt oder als Mobile Tickets auf dem Smartphone vorgezeigt werden. Mit der Teilnahme am Gewinnspiel stimmt ihr automatisch der Weitergabe eurer Kontaktdaten an Hannover 96 zu. Viel Glück!

Impressum Herausgeber: Matthias Brodowy, Dr. Margot Käßmann, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführung: Georg Rinke, Katharina Sterzer (Stellv.) Redaktion: Volker Macke (Leitung), Grit Biele, Ute Kahle, Ulrich Matthias Gestaltung: Maren Tewes Kolumnistin: Karin Powser Freie Autoren in dieser Ausgabe: B. Pütter, T. Rosenbohm, W. Stelljes Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Heike Meyer

Anzeige

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Sophia Erfkämper, Ute Kahle, Kai Niemann Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Vertrieb Göttingen: Telefon 0551 – 531 14 62 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de goettingen@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Online: www.asphalt-magazin.de www.facebook.com/AsphaltMagazin/ www.instagram.com/asphaltmagazin/ Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 26.500 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 23. August 2021 Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung

nur, wenn Porto beigelegt wurde. Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Unsere vollständige Datenschutzerklärung finden Sie auf www.asphalt-magazin.de/impressum. Alternativ liegt diese zur Ansicht oder Mitnahme in unserer Geschäftsstelle aus. Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger


ASPHALT 09/21 Foto: privat

26

»Asphalt ist Miteinander füreinander« Spax, Rapper

Fahrspaß extrem Auf den Punkt bremsen, Ausweichübungen, Slalom fahren, Kreisbahn fahren, Fahren in Schräglage – zwei von unseren 200 VerkäuferInnen durften bei strahlendem Sonnenschein ihr Können auf ihren eigenen Motorrollern unter Beweis stellen und noch ein wenig aufpolieren. Dabei sind sie auch schon mal bis an ihre Grenzen gegangen. Beim kostenlosen Fahrsicherheitstraining, spendiert vom ADAC auf seiner hauseigenen Anlage in Hannover-Laatzen. Drei Stunden Fahrspaß pur. »Das hat echt Bock gemacht, zu erleben, wie sich das Gefährt in ex­tremen Situationen so verhält. Was es bei Gefahrenbremsungen oder in Schräglage so kann. Wann macht man sowas schon mal im normalen Verkehr? Nie. Oder so gut wie nie. Ich bin zwar ein guter Fahrer, aber das Fahrsicherheitstraining hat mir noch so einiges gebracht«, schwärmt Asphalt-Verkäufer Guido (Mitte). Total begeistert zeigte sich auch Asphalt-Verkäufer Uwe (re): »Ich habe richtig was dazugelernt. Zum Beispiel, meine Maschine noch besser zu bedienen. Das Ganze können wir sehr gerne wiederholen. Da bin ich dann auf jeden Fall wieder dabei. Schön wäre, wenn wir dann auch noch bei Nassem fahren würden.« Und Trainer Thomas Behnken (li)? Der war ebenfalls hoch zufrieden und verteilte sogar das eine oder andere Lob an seine Fahrschüler. GB

Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Verkäufer­Innen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover und Göttingen/Kassel): Rosa

»Menschen in einer Gesellschaft haben Verantwortung. Für sich und für andere. Jeder Mensch kann einmal in eine Situation geraten, die ihn aus der Bahn wirft, ihm den Boden unter den Füßen entreißt. Manchmal brauchen diese Menschen Hilfe, um sich selber helfen zu können. »Die Würde des Menschen ist unantastbar« heißt es im Grundgesetz und genau das ist die Maxime vom Asphalt-Magazin. Miteinander Füreinander. Bitte spendet.«

on … Wussten Sie sch

regelmäßige seine Arbeit ohne … dass Asphalt e finanziert? chliche Zuschüss öffentliche und kir enerlösen sind aufs- und Anzeig Neben den Verk Förderer die rer Freunde und die Spenden unse ierung. nz zur Gesamtfina wichtigste Stütze ende: indung für Ihre Sp Unsere Bankverb Asphalt-Magazin 30 0410 0000 6022 IBAN: DE35 5206 EK1 BIC: GENODEF1 nk Evangelische Ba ck: Perspektiven Verwendungszwe

… mehr als eine gute Zeitung!

27


Anzeige

Marktplatz Diese Asphalt-Produkte können Sie bequem von zu Hause aus in unserem Online-Shop bestellen: asphalt-magazin.merchrocket.shop

Magnet-Set »Fuchs & Co.« Die nützlichen Organisationshelfer für den Kühlschrank oder die Magnet-Pinnwand

Gutes an jeder Ecke im Social Kiosk von Hannover 96

aus Hartferrit gibt es im praktischen 6er-Set. Durchmesser 40 Millimeter. Preis: 12,90 Euro

Handyhüllen »Luftballon« und »Asphalt« Zwei Designs für fünf Handy-Modelle. Die Handyhüllen bestehen aus starrem Kunststoff und sind geeignet für iPhone 11, iPhone 8, iPhone SE (2020), Samsung Galaxy S10 und S20. Der brillant glänzende Aufdruck ist absolut kratzfest. Preis: 15,90 Euro

Thermobecher »Asphalt« Der doppelwandige Edelstahl-Becher mit Silikonmanschette und eingraviertem Asphalt-Schriftzug passt Dank seiner geringen Höhe von 14,2 cm unter den Auslass vieler gängiger Kaffeepad- und Kapselmaschinen. Fassungsvermögen 230 ml. Becher und Deckel sind spülmaschi­nen­tauglich. Preis: 13,50 Euro

Passend zum Asphalt-Thermobecher gibt es von der Hannoverschen Kaffeemanufaktur unseren würzig-intensiven Asphalt-Kaffee. Erhältlich in Hannover in der Wunstorfer Str. 33 (Rösterei, Café & Fachgeschäft) und am Ernst-August-Platz 5 (Kaffeebar & Fachgeschäft, Galeria Karstadt Kaufhof). Alle Preise inkl. MwSt. und zzgl. Versandkosten.

Das Social Kiosk-Projekt von 96plus soll allen Menschen der Region Hannover einen unkomplizierten Zugang zu sozialem Engagement ermöglichen – typisch hannöversch im Kiosk um die Ecke. „Hier können sich Menschen in Notlage an den Kiosken mit kostenlosen Hygieneartikeln und Wasser versorgen.“ Die dafür benötigten Gutscheine wurden an soziale Träger in der Region verteilt und weitergegeben. Teilnehmende Kioske sind an den schwarz-weiß-grünen Social-Kiosk-Fahnen erkennbar, welche mit dem Schriftzug „Gutes an jeder Ecke“ sowie dem 96plus-Logo versehen sind. Mit dabei sind unter anderem Onkel Olli’s Kiosk (Nordstadt), Onel’s Kiosk (Ricklingen), Gül’s Kiosk, Bülbül Kiosk, Frisch gezapft Kiosk (Linden/Limmerstraße), so,so&so Kiosk (Südstadt), Kiosk am Thielenplatz (Mitte) sowie Gottfried’s Feinkiosk im Leibnizhaus (Altstadt). Weitere Kioske sollen zukünftig folgen, um eine noch größere Plattform für soziale Projekte zu schaffen.


ASPHALT 09/21

28 29

EIN BRETT FÜR DEN HORIZONT Am Rande der marokkanischen Wüste geben Surfer Kindern einen Vorgeschmack auf Wellen und Freiheit, und auf Hoffnung jenseits vom Traum von Europa. Und dann war da noch der kleine Prinz. In einem kleinen Fischerdorf im Süden Marokkos, eingekeilt zwischen dem Atlantischen Ozean und der Sahara, bringt eine Gruppe idealistischer junger SurferInnen den einheimischen Kindern bei, wie man den krachenden Wellen trotzt. Surfen ist ihr Vehikel. Denn die Mentoren, LehrerInnen, wie auch immer man die Crew nennen mag, sie bringen den Kindern auch Englisch und Spanisch bei, in der ganz gewissen Hoffnung, ihnen

einen Horizont jenseits der spärlichen lokalen Jobangebote oder der Verlockung zu eröffnen, sich den MigrantInnen anzuschließen, die auf illegalen und gefährlichen Bootsfahrten zu den 100 Kilometer entfernten Kanarischen Inseln nach Europa gelangen wollen. Eine Tagesfahrt von den Städten Nordmarokkos entfernt, und am Rande der größten Wüste der Welt, hat die Gruppe in


Die SchülerInnen wärmen sich am Strand von Tarfaya vor dem Ritt auf den Wellen auf.

»Mädchen sind die Zukunft dieses Clubs.«

Hassan Boulahcen (27) , Surftrainer im Surfclub Nuevas Olas, Salim Maa­toug (26), Präsident des Surfclubs Nuevas Olas, Hossin Ofan (34), allgemeiner Koordinator des Clubs, und Oussama Segari (26), Manager des Cafés, blicken vor dem Schiffswrack Armas in Tarfaya, Marokko, aufs Meer.

der verschlafenen Hafenstadt Tarfaya ihr Strandcafé eingerichtet, in dem sich junge Leute treffen, lernen Salim Maatoug und Spaß haben können. »Wir haben hier eine Abmachung. Jeder, der Tarfaya verlässt, muss zurückkommen und etwas für die Stadt tun«, sagt Salim Maatoug, ein drahtiger 26-Jähriger, der als Reiseleiter in Marrakesch gearbeitet hat. Mehr als hundert einheimische Kinder – Jungen und Mädchen – haben bisher an den kostenlosen Surfkursen teilgenommen, die sie in ihrer Holzhütte geben. Tausende von MigrantInnen sind auf dem Meer ertrunken, davon weiß man hier. Und so mussten die Surfdozenten die Eltern überzeugen, die um ihre Kinder nun Angst vor den Wellen des Ozeans hatten. Die Familien ließen anfangs auch keine Mädchen in den Club, bis sie die junge Schwester eines


pery wurde möglicherweise von seiner »Wir haben hier Zeit dort inspiriert, als er die berühmte eine Abmachung. Kindergeschichte »Der kleine Prinz« Jeder, der Tarfaya schrieb. verlässt, muss Fast ein Jahrhundert später steht Maatoug an das Geländer der Meereszurückkommen mauer gelehnt und beobachtet eine und etwas für die Gruppe von Einheimischen, die am Stadt tun.« Strand Fußball spielt. Er zeigt ein Foto Salim Maatoug von sich selbst als Junge, wie er stolz vor der Armas Essalama stand, einer Fähre, die gekauft wurde, um Tarfaya mit den Kanarischen Inseln zu verbinden, als Teil eines Plans, Touristen zu bringen. Doch vier Monate nach ihrer Ankunft schlug sie auf Felsen vor der Stadt auf und wurde nie ersetzt. Das rostige Wrack liegt immer noch vor der Küste und ist Teil von Tarfayas Meereslandschaft bei Sonnenuntergang. Angus McDowall | Fotos: REUTERS/Imane Djamil Mit freundlicher Genehmigung von Reuters/INSP.ngo

Anzeige

Schütze die Menschenrechte mit deiner Unterschrift, deiner Spende, deinem Einsatz.

So erreichen Sie uns: https://amnesty-hannover.de Gruppe Oststadt-List Amnesty International Bezirk Hannover Fraunhoferstr. 15 · 30163 Hannover E: info@amnesty-hannover.de T: 0511-66 72 63 · F: 0511-39 29 09 Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft DE23 3702 0500 0008 0901 00 Stichwort 1475

ASPHALT 09/21

der Surfer sahen, die neben den Jungs mitmachte und erkannten, dass es sicher war. »Jetzt haben wir eine große Anzahl von Mädchen, die surfen, Mädchen, die die Zukunft dieses Clubs sind«, sagt Maatoug und fügt hinzu, dass er hofft, dass eines der Mädchen den Club schließlich leiten werde. Tarfaya mit seinem kleinen Hafen bietet nur wenige Arbeitsmöglichkeiten für seine 9.000 Einwohner. Einer aus der Gruppe der Surfer, Hossin Ofan, ist Fischer, während sein Zwillingsbruder Lahcen an der örtlichen Tankstelle arbeitet. In der Wüste jenseits der Stadt befindet sich ein 500 Millionen Dollar teurer Windpark, einer der größten Afrikas, während in einer Senke in der Nähe ein US-Unternehmen Salz abbaut. In ihrem Café »Nuevas Olas« (Neue Wellen) treffen sich die SurferInnen und machen Musik. Sie haben sich Geld von der Bank geliehen, um die Surfbretter und Neoprenanzüge für ihren Club und die Ausstattung des Cafés zu kaufen. Und hoffen das Beste. Zwischen Wüste und Ozean gelegen, ist Tarfaya kaum mehr als eine Zwischenstation auf dem schmalen Asphaltband, das Hunderte von Meilen entlang der nordwestafrikanischen Küste verläuft. Sein markantestes Gebäude, ein ins Meer ragendes Fort, wurde im 19. Jahrhundert als britischer Handelsposten errichtet und dann unter spanischer Kolonialherrschaft garnisoniert. Marokko vertrieb die Spanier im kleinen Ifni-­ Krieg 1958 aus Tarfaya und marschierte etwa zwei Jahrzehnte später, als Spanien die nahe gelegene Westsahara aufgab, in das Gebiet ein, in dem eine von Algerien unterstützte Unabhängigkeitsbewegung einen souveränen Staat anstrebte. Letztes Jahr erkannten die Vereinigten Staaten die marokkanischen Ansprüche auf die Westsahara an – obwohl die meisten Länder immer noch eine von der UNO unterstützte Lösung anstreben – was das Gerede über neue Investitionen in einer Region, in der das meiste Geld aus dem Phosphatabbau oder der Fischerei stammt, verstärkt. Die beinahe unverschämte Leichtigkeit des Surfens bietet einen anderen Blick auf ein zukünftiges Leben. Die Surfer nutzten einst ein anderes verfallenes spanisches Fort als ihr Clubhaus und trafen sich dort zum Reden, Essen und Singen, bevor der Stadtrat ihnen das Café am Strand überließ. Tarfaya hatte einst eine sandige Landebahn für französische Doppeldecker, die Post nach Westafrika brachten, und der Flieger Antoine de Saint-Exu-

30 31


Foto: Christoph Keller

MARKT FÜR WISSEN Der Markt für Wissen und Nichtwissen gastiert am 12. September 2021 im Staatstheater Hannover. Zum Thema »Hab und Gut« bieten ausgewählte ExpertInnen ihr Wissen feil, vom ehemaligen Investmentbanker bis zur Asphaltverkäuferin. Wie wäre die Welt anders zu teilen, als durch Besitz? Diese und ähnliche Fragen rund um Armut und Reichtum, Verzicht, Neid, Gier und Verlust können an diesem Tag im Schauspielhaus verhandelt werden. Kurator Volker Bürger erklärt im Interview, wie das funktioniert und welche Idee dahinter steckt.

nütigen Einzelgesprächs am Tisch nutzen oder doch lieber per Marktradio in andere Begegnungen hinein hören. Im Foyer erhält bereits jeder einen Kopfhörer; wer also nicht selbst ein Gespräch führt, kann damit an den anderen Gesprächen partizipieren, alle sitzen um die Tische herum.

Herr Bürger, wie können wir uns den Markt für Wissen und Nichtwissen vorstellen?

Das klingt eher unübersichtlich.

Wir werden im Schauspielhaus 24 Tische für die Einzelgespräche aufbauen. Dort warten die ExpertInnen auf ihr Publikum, das sich entscheiden muss: Das Privileg eines jeweils 30-mi-

Beim Eintritt werden Programmposter mit Kurztexten zu den einzelnen ExpertInnen verteilt. Damit werden die Besucher­ Innen sicher erst einmal überfordert sein, aber im Verlauf der Veranstaltung haben sie Zeit und Gelegenheit, sich das durch-


Ich hätte aber keine Chance alle Gespräche zu hören? Am Ende werden ausgewählte Gespräche archiviert. Aber der Reiz ist dabei eben auch, dass man nicht alles mitbekommen kann; deshalb wird auch nach dem Markt noch viel passieren, wenn die Menschen zusammenkommen und sich austauschen über ihre Gespräche, die sie geführt haben.

Nun zu der Frage, die jeder Kunstschaffende gern hört: Was soll das Ganze überhaupt? Es gibt Bücher oder Wikipedia. Wozu brauche ich einen Markt über Wissen? Die Veranstaltung setzt sehr stark auf die Begegnung. Es findet ja kein reiner Wissenstransfer von der einen auf die andere Seite statt, es gibt ja keinen Vortrag, sondern das Gespräch hängt ebenso von den KlientInnen ab, die Fragen stellen, sich selbst einbringen. Und gleichzeitig finden 24 andere Gespräche statt, insgesamt 144 an dem Abend, das ist auch eine Form des Teilens. Und die Verteilungsgerechtigkeit steht ja auch ganz zentral bei dieser Veranstaltung, eben die Frage: Weshalb haben die einen so viel und die anderen so wenig oder nichts? Hier können die KlientInnen mit eigenen Erfahrungen andocken und sich einbringen. Was dabei entsteht, liegt im Spannungsfeld von performativer Information und Wissenschaft, von Politik und Kunst.

Warum dann eigentlich dieses Format? Ein Markt für KlientInnen, das Wissen wird in konsumierbare Häppchen zerhackt – das fügt sich sehr geschmeidig in den kapitalistischen Verwertungsprozess. Der ist aber so ziemlich das Gegenteil von Verteilungsgerechtigkeit.

Performativität scheint da ja ein zentraler Begriff zu sein. Geht es eigentlich nur um eine andere Form der Wissensvermittlung oder auch um ein anderes Wissen? Wir leben ja im Informationszeitalter und da spielt das Wissen eine entscheidende Rolle, ökonomisch, politisch und kulturell. Aber Wissen sollte immer auch als hybrider Begriff gefasst werden. Es lässt sich speichern und archivieren, aber es entsteht auch in interaktiven Prozessen aus Techniken, Praktiken und Erfahrungen der Lernenden. Es geht ja um die Gespräche an den Tischen; manche Expert­ Innen bringen auch Requisiten mit, einen Laptop oder so. Es kommt dabei darauf an, wie Menschen einander begegnen, das ist ja ein besonderer Augenblick, eine Situation, die im Austausch entsteht, ganz anders als beim Buch. Volker Bürger ist freier Regisseur und Dramaturg.

Vielen Dank.

Am Staatstheater Hannover

Das Gespräch führte Ulrich Matthias

kuratiert er den Markt für Wissen und Nichtwissen.

Der Markt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen ist das erfolgreichste künstlerische Projekt der Mobilen Akademie Berlin, die im Zwischenbereich von Kunst und Wissenschaft, Expertise und Alltag agiert. Für diese spezielle Form der Wissensvermittlung wurde ein Lizensierungsverfahren entwickelt. Die Stiftung Niedersachsen hat das Kunstnutzungsrecht erworben und vergibt Lizenzen zur Durchführung eines Marktes für nützliches Wissen und Nicht-Wissen an interessierte Institutionen und Initiativen aus ganz Niedersachsen. Der Markt gastierte in den letzten zehn Jahren in zwölf Ländern und machte unter anderem Station in Paris, Riga, Wien, Liverpool, Dresden, Berlin und Hamburg.

ASPHALT 09/21

Das ist eine wichtige Frage. Aber diese Frage wird auch schon durch den Markt selbst gestellt, nämlich nach dem wie verteilen? Wir haben sehr viele ExpertInnen dabei, die sehr kluge und kritische Fragen an den Kapitalismus formulieren. Etwa im Hinblick auf grenzenloses Wachstum, klimaschutzgerechtes Produzieren und manches mehr. Ich stelle mir den Markt auch mehr als mittelalterlichen Markt vor. Schon in der Antike war die Agora auch ein politischer Ort, so wie der mittelalterliche Markt auch ein sozialer Ort war. Aber die Ökonomie gehörte eben immer auch dazu. Unser Ziel ist es aber auch im Sinne des Staatstheaters, die ganze Stadtgesellschaft anzusprechen, nicht nur Privilegierte. Wir wollen allen Menschen den Zugang zum Theater ermöglichen und da bietet diese Veranstaltung ein gutes Beispiel: Wir haben vom Multimillionär bis zur Asphaltverkäuferin alles dabei, die ganze Palette. So hoffen wir auch Menschen anzusprechen, die bislang noch nicht so im Blickfeld des Theaters standen.

Foto: Arzu Sandal

zulesen und ein, zwei oder drei interessante ExpertInnen auszusuchen. Im Obergeschoss des Foyers wird es einen CheckIn-Counter geben, dort bucht man die ExpertInnen oder erhält Alternativen, falls der oder die WunschexpertIn schon vergeben ist. Da zeigt sich auch der Marktgedanke, es gibt die verschiedenen Angebote, da kann ich zum Beispiel mit Athanasios Karathanassis über Schrumpfungsökonomien sprechen, einem sehr interessanten Soziologen oder mit der Äbtissin Bärbel Görcke über Askese. Es finden sechs Runden statt, man geht dann von einem Tisch zu einem anderen, das klingt ein bisschen wie beim Speed-Dating, ist aber eher ein Slow-Dating, da man ja immerhin jeweils eine halbe Stunde Zeit hat.

32 33


BUCHTIPPS Über Fluten »Wütendes Wetter« ist ein aktuelles, kein neues Buch. Die in Oxford arbeitende Klimaforscherin, Physikerin und promovierte Philosophin Friederike Otto hat es vor gut zwei Jahren veröffentlicht, was Teile der Debatte über die Unwetterkatastrophe im Juli noch absurder erscheinen lässt. Denn eigentlich ist erstaunlich viel klar. Eben auch durch Friederike Otto und das von ihr mitentwickelte Feld der »Weather Attribution Science«, der Zuordnungswissenschaft, die vereinfacht gesagt ermittelt, wie viel Klimawandel im Wetter steckt. Seit Jahren erstellen Otto und ihr Team immer präzisere Modelle, die vorwegnehmen, welche Auswirkungen die kommenden Zehntel-Grad-Anstiege der Durchschnittstemperatur haben werden. Friederike Otto benennt offene Forschungsfragen und formuliert ohne Alarmismus klare Ziele. Denn zumindest das »Drei-Grad-Wetter« können wir noch verhindern, »das weiten Teilen der Welt ein neues Gesicht geben würde – und zwar kein sehr schönes«. BP Friederike Otto, Benjamin von Brackel | Wütendes Wetter. Auf der Suche nach den Schuldigen für Hitzewellen, Hochwasser und Stürme | Ullstein | 240 S. | 18 Euro

Anzeige

ver.di Hannover - Heide - Weser Wir organisieren Kolleg*innen aus einer Vielzahl von Dienstleistungsbranchen – dabei ist es egal, ob du in einer Bank, einem Rathaus, einer KiTa, in der Entsorgung, Pflege, Kultur oder im Handel arbeitest oder gar erwerbslos bist – ver.di ist deine Gewerkschaft! Wir wissen um prekäre Arbeitsverhältnisse und gehen diese gemeinsam mit den Betroffenen an – im Betrieb und in der Politik. Nur gemeinsam sind wir stark – also: Organisiere dich bei uns und unterstütze den Kampf für gute Arbeits- und Lebensbedingungen!

Rendite und Miete Gut, man kann natürlich darüber streiten, ob ein Titel, der eher an das Fronttransparent einer linksradikalen Demo erinnert, eine breite Einladung zur Debatte über den Wohnungsmarkt ist. Aber das ist vielleicht auch die Perspektive der westdeutschen Diaspora, in der MieterInnenkämpfe bisher auf sehr viel schmalerer Basis geführt werden. Der Autor Philipp Metzger schreibt zurecht, dass die gegenwärtige Kampagne »Deutsche Wohnen & Co enteignen« die wohl eigentlich wichtigste Kampagne der vergangenen Jahrzehnte sei. Der feine Mandelbaum-Verlag hat soeben diesen interessanten Hybriden veröffentlich. Die erste Hälfte ist Philipp Metzgers kenntnisreiche – und durchaus anspruchsvolle – Geschichte des deutschen Immobilienmarktes, der Privatisierung des sozialen Wohnungsbau, des Verkaufs der öffentlichen Wohnungsgesellschaften an Finanzmarktakteure. In der zweiten Hälfte wird das Buch zum Sammelband und öffnet sich aktivistischen Positionen auf eine demokratische und soziale Wohnungspolitik. BP Philipp P. Metzger | Wohnkonzerne enteignen! Wie Deutsche Wohnen & Co ein Grundbedürfnis zu Profit machen | Mandelbaum | 294 S. | 17 Euro


ASPHALT 09/21

KULTURTIPPS Vortrag

34 4.000 Jahre Judentum

Foto: Rainer Gottschalck

Erzählungen im Alten Testament prägen den Geist des Judentums – und werden durch das Christentum weitertransportiert. Das gilt für die Gottesebenbildlichkeit des Menschen, das Freiheitsnarrativ des Auszugs aus Ägypten, die Zehn Gebote und die Nächstenliebe. Mit dieser Ethik gehen die Juden unter die Völker. Juden im Bürgertum sind Kulturträger. Moses Mendelssohn als Aufklärer, Heinrich Heine als Literat, Mäzene und Nobelpreisträger wie Bob Dylan. Ihre Botschaft: universelle Menschlichkeit. Unter dem Vortrags-Titel »Was die Menschheit den Juden verdankt« unternimmt der Theologe und Politikwissenschaftler Jens Gundlach einen Ritt durch 4.000 Jahre Geschichte des Judentums. Sonntag, 12. September, 15 Uhr, Gedenkstätte Ahlem, Heisterbergallee 10, Hannover, Eintritt frei.

35

Pumperhos sucht einen Freund

Für Kinder Vom Fischer und seiner Frau Der arme Fischer hat es nicht leicht mit seiner Frau. Da angelt er schon einen Fisch, der Wünsche erfüllen kann, doch nie ist es für Ilsebill genug. Erst wünscht sie sich eine anständige Hütte sein, dann eine Villa und schließlich ein Schloss. Alle Wünsche erfüllt der Fisch, ohne mit der Schuppe zu zucken. Als Ilsebill dann aber Gott sein möchte, ist das Maß voll … Mit dem Märchen über den armen Fischer und seiner unersättlichen Frau begeistert Puppenspieler Matthias Kuchta Kinder und Erwachsene – humorvoll und hintergründig. Das Figurentheater nach dem Märchen der Gebrüder Grimm ist für Kinder ab vier Jahren geeignet. Sonntag, 19. September, 14.15 und 16.15 Uhr, Theater Hameln, Sedanstraße 4, Hameln, Eintritt frei.

Eines Tages saust der kleine Ritter Pumperhos auf seinen Rollschuhen den Burgberg herunter. Hinaus in die weite Welt will er. Seine Pumperhosen hat er vollgestopft mit hundert Goldtalern und hundert Honigbonbons. Dafür will er sich einen Freund kaufen. Aber, wird ihm das auch gelingen? Er trifft Müllers Sohn Karlemann, den Roten Franz, Hase und Igel und den Drachen Feuerschnief. Aber, wer wird nun sein bester Freund werden? Das Figurenspiel nach dem gleichnamigen Buch für kleine Drachenkämpfer und Ritterfreunde von Manfred Limmroth ist für Kinder ab vier Jahre geeignet. Sonntag, 26. September, 11 und 15 Uhr, Theatrio Figuren Theaterhaus Hannover, Großer Kolonnenweg 5, Hannover, Eintritt 9 Euro, mit HannoverAktivPass frei.


Bühne

Was wie ein romantisches Tanzstück klingt, erweist sich schnell als eine Fülle an vielgestaltigen Bewegungsformen. Vier Tänzerinnen und vier Tänzer vertreten und stellen unterschiedliche Kulturen, Referenzen und Archetypen aus der Tanzwelt dar, die vom klassischen Ballett bis zum Voguing, Popping, Krumping, modernem Tanz und Waacking reichen. Im Rahmen der Choreografie präsentieren die TänzerInnen einander und dem Publikum ihre jeweilige Kultur. Sie wollen attraktiv sein, flirten, glänzen. Dabei lassen sie ihre Identität zur Geltung kommen und wollen die Perspektive des Publikums mithilfe von Aussehen, Kleidung, Stil und Bewegung vergrößern. In ihrer neuesten Produktion »À mon bel amour« analysiert die französische Choreografin Anne Nguyen den Begriff der Schönheit und unterschiedliche Vorstellungen von Identität, Persönlichkeit und Rolle. Freitag, 10. September, 20 Uhr, Orangerie Herrenhausen, Herrenhäuser Straße 3a, Hannover, Tickets gibt’s im Künstlerhaus und an allen Eventim-Vorverkaufsstellen, Eintritt ab 17,50 Euro, erm. ab 13,10 Euro.

Wandelkonzert Musik, Tanz, Gesang und Lichtkunst – die KünstlerInnen der Kantorei St. Martin, unter der Leitung von Kantorin Isabelle Grupe, und die MusikerInnen des Ensemble Megaphon, unter der Leitung von Lenka Župková, verwandeln den Kirchenraum zu einem sinnlichen Gesamtkunstwerk. Gemeinsam spannen sie einen musikalischen Bogen von Hildegard von Bingens mystischen Gesängen aus dem 12. Jahrhundert über Henry Purcells »Music for a while« aus dem 17. Jahrhundert bis hin zu den persischen Improvisationen von Ehsan Ebrahimi auf der Santur und Neuer Musik. Alles begegnet sich in einem musikalischen Dialog. Dabei transformiert Licht und Tanz die Kirchenarchitektur, Lyrik fliegt durch den Raum und formt sich zu schwebenden Bildern. Sonntag, 19. September, Einlass 19 Uhr, Beginn 19.30 Uhr, St. Martin Hannover Linden, Niemeyerstraße 16, Hannover, Tickets gibt’s an der Abendkasse, Eintritt 10 Euro, erm. 8 Euro.

Foto: Angela Wulf/Zeichnungen: Sabina Bredemeier

»À mon bel amour«

Absinth & Charleston Die 20er Jahre – zwischen traumatisierten Kriegsheimkehrern, politischem Aufruhr und sozialer Perspektivlosigkeit bildet sich in den Städten eine einzigartige Kunst- und Kulturszene heraus. Für wenige Jahre entsteht eine Republik der Außenseiter, die den wirren Zeiten mit künstlerischen und privaten Ausschweifungen begegnet – lasterhaft, frivol und unangepasst. Im Mittelpunkt der Revue stehen die von der Sängerin Christine Zienc pointierten und ausdrucksstark vorgetragenen Vertonungen von Fritz Grünbaum, Kurt Tucholsky und anderen. Pianistin Alvyda Zdaneviciute begleitet die Chanteuse kongenial, während Rezitator Kersten Flenter mal hintergründlerisch, mal theatralisch und poetisch die Zeit reflektiert. Eine berührende Zeitreise in ein kurzes deutsches Kapitel von Laster, Lust und Leidenschaft. Freitag, 17. September, 20 Uhr, die hinterbuehne, Hildesheimer Straße 39a, Hannover, Eintritt 17 Euro, erm. 12 Euro.


Radio Triebwerk

Ein Wasserkessel packt aus

Drei Musiker, deren instrumentales Erfahrungsspektrum ebenso selbstverständlich in klassischer und moderner Kammermusik beheimatet ist, wie im aktuellen Jazz, und von dort bis tief hinunter in den Underground reicht – das sind Radio Triebwerk. Alle drei blicken auf eine jahrzehntelange Erfahrung als professionelle (Theater-)Musiker/Performer und als Solisten zurück. Das Trio treibt die gemeinsame Lust, frei und einvernehmlich mit diesem Kosmos am musikalischen Material zu balancieren. Das Bezugnehmen musikalischer Impulse auf etwas Drittes – sei es als Solist oder als plötzlich verbindender Ensemble-Einfall – ist ein Phänomen. Samstag, 18. September, 20 Uhr, Stadtteilzentrum Nordstadt Bürgerschule, Klaus-Müller-Kilian-Weg 2, Hannover, bitte unter 0511 – 70 89 85 voranmelden, Eintritt frei, Spende erwünscht.

Er ist das Überbleibsel eines Julklapps. Eines dieser Geschenke, die gerne aus Versehen liegen bleiben, bis er schließlich in Hamburg bei Alexandra landet. Seither hält er die gesamte WG auf Trab und erzählt Geschichte um Geschichte. Selbst erlebt? Aufgeschnappt? Erpfiffen und erlogen? Auf jeden Fall aber kaum zu glauben, tief berührend, erschreckend lebendig und immer mit einer Prise Humor. Dieses heitere Erleben mit Erzählerin Alexandra Kampmeier wird gewürzt von argentinischem Tango, der alles durcheinanderwirbelt und doch widersprüchlich vereint. Samstag, 25. September, Einlass 18.30 Uhr, Beginn 19 Uhr, Markuskirche Hannover List, Oskar-Winter-Straße 7, Hannover, Eintritt 16 Euro, erm. 12 Euro.

Harte Klänge Sie haben sich dem Hard Rock der alten Schule verschrieben. Ein tollwütiger Höllenhund mit fünf Köpfen und fünf Paar stampfenden Beinen – Hound. Seit 2014 touren die Musiker aus Hannover und Hildesheim unermüdlich durch die Republik und haben sich seitdem einen Ruf als außergewöhnliche Live-Band erspielt. Nach der Veröffentlichung von zwei EPs, die jeweils in Eigenregie entstanden sind, haben sich Hound mit Metalville Records zusammengetan und 2018 ihren ersten Langspieler »Settle Your Scores« herausgebracht. Ihr Debüt suchte wochenlang die US-Radiocharts heim und wurde von der internationalen Presse als Meisterwerk gefeiert. Mittwoch, 22. September, Einlass 21 Uhr, Beginn 21.30 Uhr, Kulturfabrik Löseke, Halle, Langer Garten 1, Hildesheim, Infos zu Corona-Regeln unter www.kufa.info/kufa-corona-regeln, Eintritt frei, Hut geht rum.

ASPHALT 09/21

Sonstiges

Foto: Norbert Weidemann

Musik

36 37


SILBENRÄTSEL Aus den nachfolgenden Silben sind 20 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – ein Zitat von Rosalind Russell ergeben: bor – brand – cae – co – de – dem – di – di – dia – ell – en – ent – erd – es – exo – fest – fi – fir – fuchs – ge – hei – hüt – in – keit – kun – laub – lei – ma – man – ment – ne – nen – ni – ni – ra – recht – ria – ro – sar – schung – sen – senk – sig – son – star – su – täu – te – ten – ten – ter – ter – ti – tiv – un – unes – vie – ze

1. negative Folge von gutem Wetter 2. Begriff aus der Grammatik 3. römischer Staatsmann v. Chr. 4. Gemütszustand 5. Stirnband, Schmuck 6. Salatpflanze 7. Name türkischer Sultane 8. mehrtägiges jüdisches Fest

Unter den EinsenderInnen der richtigen Lösung verlosen wir dreimal den Roman »Die Hochzeit« von Dorothy West. Die junge Shelby, Augapfel der Schwarzen Gemeinschaft auf der Insel Martha’s Vineyard, will den New Yorker Jazzpianisten Meade heiraten. Doch in dem elitären Zirkel auf Martha's Vineyard sind nicht alle mit der Verbindung einverstanden. Denn Shelby stammt aus einer Schwarzen Familie – und Meade ist weiß. Ebenfalls dreimal können Sie das Krimi-Rollenspiel »Der Burger des Grauens« von Christine Pannhausen gewinnen. Sechs internationale Auftragskiller treffen sich zu ihrer jährlichen Versammlung. Doch kaum angekommen, ist einer der Gäste tot. Wer war der Täter? In zwölf spannenden Spielrunden können sechs Spieler ihre detektivischen und schauspielerischen Qualitäten unter Beweis stellen. Insgesamt viermal gibt es unseren »Thermobecher ›Asphalt‹« zu gewinnen. Der doppelwandige Edelstahl-Becher mit Silikonmanschette und eingraviertem Asphalt-Schriftzug passt Dank seiner geringen Höhe von 14,2 cm unter den Auslass vieler gängiger Kaffeepad- und Kapselmaschinen. Fassungsvermögen 230 ml. Becher und Deckel sind spülmaschi­nen­tauglich.

9. wesentlich 10. deutscher Industrieller im 19. Jahrhundert 11. Pflanzen und Tiere aus fernen Ländern 12. Republik in Afrika 13. Flugzeugtyp 14. Null 15. Organisation der Vereinten Nationen 16. Himmelsgewölbe

Die Lösung des August-Rätsels lautet: Ändern kann sich niemand bessern jeder. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 30. September 2021. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

17. Rätselfan 18. unerfüllte Erwartung 19. sagenhafte Wasserjungfrau 20. Geographie


Ausblick

Foto: Tomas Rodriguez

Duschduft Ich habe mir eine neue Fußcreme gekauft. Die riecht nach Papaya. Gleichsam Vitamin-C-befleckt laufe ich jetzt viel energetischer als zuvor. Schade ist nur, dass die Füße derart weit von der Nase weg sind. Früher konnte ich mich so verbiegen, dass es mir problemlos gelang, mir selbst in den großen Zeh zu beißen. Also, das war nicht nur früher, das war sehr viel früher. Damals rochen meine Füße nach Kinderschuh. Ist doch eigentlich blöd! Jetzt, wo sie so wunderbar nach Papaya duften, kann ich mich nicht mehr verbiegen. Andererseits ist es auch egal, denn der Rest meines Körpers riecht nach Guave-Maracuja. Oder nach Limette-Brennnessel. Je nachdem, welches Dusch­gel ich benutze. Wenn ich mein wallendes Haar noch mit Orangenblüten-Shampoo wasche, gehe ich als wandelnder Obstsalat durch die Gegend. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Wonne die Duschgelfabrikanten auf exotische Früchte setzen. Diese schlagen in ihrer Beliebtheit selbst Veilchen und Lavendel. Moschus ist offenbar gar nicht mehr gefragt. Dafür gibt es, und das ist kein Scherz, ein Duschgel und Deo mit dem Duft von Leder und Keksen. Ich weiß nicht, wie ein Duftdesigner veranlagt ist, um ein Duschgel mit dem Duft von Leder und Keksen zu kreieren. Der Duft von Leder und Keksen ist mir immer noch in der Nase. Als meine Kinder klein waren, roch es in meinem Auto immer danach. Nach Leder und Keksen. Was an diesem Duft so besonders maskulin sein soll, erschließt sich mir nicht wirklich. Vor ein paar Tagen hab ich zwischen den Autositzen übrigens noch so einen alten Keks wiedergefunden. Er schmeckte sogar noch. Was die Auswahl der Duftnoten angeht, scheint die Geruchsindustrie irgendwann von der Floristik komplett auf die Kulinarik umgestellt zu haben. Besonders absurd erscheint mir in diesem Zusammenhang das allwinterliche Klopapier mit Lebkuchenduft. Mich wundert, dass in diesem Kontext noch keine Werbeagentur auf den Slogan gekommen ist: »Weihnachtsgebäck? Das geht mir am Arsch vorbei!« Wer weiß, was wir alles noch erwarten dürfen. Das besonders männliche »Gegrilltesnacken­ steakdeo mit leicht süßlicher Barbecuenuance« oder das vegetarische »fermentiertes-Tofu-Dusch­ gel«. Und für Kinder das »Nussnougatschaumbad«, das man selbstverständlich probieren darf. So wie ich das als Kind mit meiner Zahnpasta gemacht habe, die ich zu gerne aufgegessen habe, was zunächst einmal nicht die Grundidee einer Zahnpasta ist. Ich selbst bin ja eher der Balsamico-Typ. Ich könnte mir also ein Duschbad mit Tomate-Mozzarella-Aceto-Balsamico-Duftrichtung vorstellen, dann mit Basilikum-Shampoo abrunden und danach eine Tiramisu-Körperlotion. Oder aber komplett in Rosenduft tauchen, und wenn man dann Freunde besucht: Klingeln, nach dem Öffnen der Tür duftend auf sich selbst zeigen und sagen: »Hier! Statt Blumen!!« Matthias Brodowy/Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber

ASPHALT 09/21

m rstock.co utte na TS/sh Foto: Ale

Brodowys

38 39



Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.