2 minute read

Mein lieber Schwan���������������������������������������������������������������������������� Seite

Nun sei bedankt, mein lieber Spahn

Gesundheitsminister Jens Spahn räumt niemals eigene Fehler ein und lässt jedwede Kritik an sich abperlen. Im Falle des Betrugs durch Testzentren ist das nicht wirklich überzeugend. Von Michael Zäh

Advertisement

Neulich beim Zuschauen von „Anne Will“ passiert es plötzlich: Du hörst Jens Spahn zu und denkst: „Mein lieber Schwan!“ Zwar wurde in der Talkshow nicht die Wagner-Oper Lohengrin vorgeführt, aber man musste einfach bewundern, wie Jens Spahn jegliche Kritik an ihm lächelnd abperlen ließ. Der Mann wird es noch weit bringen.

Da war beispielsweise der Betrug diverser Testzentrum-Betreiber das Thema. Und was sagt Spahn als Gesundheitsmnister dazu? Er sieht bei der Kontrolle von Teststellen vor allem lokale Gesundheitsämter in der Pflicht. »Der Bund setzt den Rahmen, der Bund gibt die Regeln vor, der Bund übernimmt die Kosten, aber der Bund kann nicht die Teststellen vor Ort kontrollieren.« Wenn die Kommune keine freien Kapazitäten habe, dann solle sie keine Einrichtungen beauftragen, ohne sie vorher genau angeschaut zu haben, so Spahn.

So lässig kann man es sich machen, wenn man Jens Spahn ist. Mal eben abschieben und fertig. Er sagt sogar: „Es geht nicht um Fehler.“ Ganz gleich, was ein Mann seiner Machtfülle anordne, es werde immer „von einigen als Fehler genommen“. Tatsache ist aber, dass der Betrug in den Testzentren einzig und allein aufgrund der Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums möglich wurde. Denn dort wurde festgelegt, dass die Testzentren die Namen der Getesteten nicht nur nicht übermitteln sollen, sondern es explizit gar nicht dürfen. Sie müssen auch sonst nix nachweisen, etwa einen Beleg darüber, dass sie Antigentests eingekauft haben und wenn, wieviele. Sprich: Die Verordnung sieht vor, dass die Testzentren der Kassenärztlichen Vereinigung einfach nur die Zahl der (angeblich) Getesteten melden, ohne jeden Beleg, und schon wird das Geld vom Bund (ergo: Seuerzahler) aufs Konto überwiesen. 18 Euro pro Test durften bis dato die Testzentren abrechnen. Wie das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) mitteilte, über das die Schnelltests abgerechnet werden, wurden im ersten Halbjahr 2021 insgesamt fast 733 Millionen Euro vom Bund für das Bereitstellen und Durchführen von Schnelltests in Deutschland ausgezahlt. Mein lieber Schieber!

Jetzt kann natürlich der Spahn nichts dafür, wenn sich einige Anbieter mit Betrug bereichert haben. Wie er aber jede Verantwortung rigoros von sich schiebt, ist spektakulär. Es war die lückenhafte Verordnung seines Ministeriums, die zum Betrug fast schon einlud. Aber es sollen die Gesundheitsämter vor Ort den Testanbietern quasi tief in die Augen schauen, bevor sie diese zertifizieren. Mein lieber Herr Gesangsverein!

Was Jens Spahn völlig zu Recht anführt, ist der so gewollte unbürokratische Ablauf, um überhaupt die vielen Bürgertests zu ermöglichen, die ein zentraler Baustein der Austiegsstrategie aus dem Lockdown sind. Denn getestet wird nicht mehr nur in Apotheken oder durch Hilfsorganisationen wie die Johanniter oder das Deutsche Rote-Kreuz, sondern auch in Bars, in umgebauten Bussen, in Clubs, in vielen Fitnessstudios, Spielhallen, Kirchen, Drogerien.

Dies führt Spahn als sein Verdienst an. Ist ja auch gut. „Nun sei bedankt, mein lieber Schwan!“ lautet der Dank Lohengrins an den Schwan, der ihn und sein Boot über das Wasser gezogen hat. Und Jens Spahn sieht sich halt so, dass ihm der Dank gebührt, Deutschland in der Pandemie über Wasser gehalten zu haben. Die Corona-Pandemie hat sozusagen sein Amt als Gesundheitsminister hervor gehoben. Pannen bei Maskenbeschaffung oder so sieht er nicht. Spahn ist ja nicht der einzige Politiker, der über die Corona-Bande für seine Karriere punkten will. Man denke nur an Bazooka-Mann Olaf Scholz. Mein lieber Scholli.