e-Paper Blick Büez Oktober 2013

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Büez

Donnerstag, 31. Oktober 2013

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«Qualität hat einen Namen»: Das Motto der Halter + Colledani AG ist nicht nur verpflichtend, es ist auch eine Herausforderung. Die 45-köpfige Firma aus Sarnen OW bietet Dienstleistungen im Baubereich an. Und sie hat anderes im Sinn als blinden Preiskampf und kurzsichtige Personalpolitik. Text Meret Boxler

Fotos Gerry Nitsch

Zukunftsinvestition Lehrling

«Aus Liebe zum Geschäft» W

ir wollen dieser Handwerkstradition Sorge tragen – nur so kann die Schweiz als Qualitätsstandort weiterhin Bestand haben», sagt Arturo Colledani, Mitinhaber des Gipsergeschäfts Halter + Colledani AG. Das heisse für seine Firma nicht nur, dass sie ihren Kunden jederzeit das Beste zu einem fairen Preis anbieten wolle, sondern dass sie sich aktiv um den Nachwuchs kümmere. «Wenn wir unser Motto wirklich leben, müssen wir etwas weiter denken als bis zum Jahresabschluss», so Colledani. Das Gewerbe erfahre gerade mit den ausländischen, tempo-

und Verantwortungsgefühl gefördert. Unsere Lehrlinge sollen mit Stolz auf ihr erfolgreiches Schaffen blicken können», sagt der Lehrlingsbetreuer Curt Annen, der die Mischung zwischen Kumpel und Respektsperson ideal verkörpert. «Es ist unser Ziel, die besten Lehrlinge der Zentralschweiz bei uns zu haben», sagt Annen, «darum bieten wir ihnen auch das Maximum.» Das umfasst nicht nur zielbewusste, praktische Anleitung und Betreuung, sondern auch interne Kurse für Spezialarbeiten oder gemeinsames Lernen: «Jeden Freitagnachmittag gehen wir Prüfungs-

Tipps von den Profis! Nehmen Sie Kontakt zu Ihrem Verband auf. Dort gibt es hilfreiche Berufsunterlagen und Rat, damit die Rekrutierung zum Erfolg wird.

Lassen Sie sich nicht von den Kosten abschrecken. Ein Lehrling kostet Geld. Er könnte aber Ihr bester Mitarbeiter werden! Scheuen Sie den Aufwand nicht. Geben Sie Ihr Wissen konsequent weiter. Lehrlinge sind keine Hilfskräfte, sondern die Zukunft unserer Handwerkstradition. Billige, ungelernte Mitarbeiter werden die Schweizer Bauwirtschaft empfindlich schwächen. Nehmen Sie sich Zeit bei der Rekrutierung. Schnuppertage helfen dabei herauszufinden, welcher Jugendliche sich wirklich für den Beruf interessiert.

Seien Sie mutig und starten Sie den Versuch. Die nächste Generation verdient die gleichen Chancen, die Sie einst selber bekommen haben. rären Arbeitskräften einen enormen Preis- und Leistungsdruck, den alle zu spüren bekämen: «Bei vielen Firmen zählt heute nur noch der Umsatz. Da ist kaum einer mehr willens, in die Ausbildung eines Lehrlings zu investieren. Aber genau so wird unsere Zukunft vergessen.» Schon auf der Homepage macht die Firma ein klares Statement: «Junge Berufsleute mit dem Willen, einen handwerklichen Beruf in unserer Branche zu wählen, sind Voraussetzung für qualitativ einwandfreie Arbeiten, auch in Zukunft.» Dass dies nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, zeigt sich daran, wie sich die Firma um Nachwuchs bemüht. Colledani erzählt: «Vor rund zwei Jahren stellten wir einen Lehrlingsbetreuer ein, der ausschliesslich für unsere vier Lernenden zuständig ist. Die Kosten nahmen wir ganz bewusst in Kauf.» Nur so sei konsistente und sinnvoll aufgebaute Betreuung möglich. Diese habe überdies den Effekt, dass die Lernenden motivierter und engagierter mitanpackten. Bei Halter + Colledani AG lässt man die Lehrlinge einzelne Kundenaufträge sogar in Eigenregie abwickeln. «So wird ganz gezielt Qualitätsbewusstsein

serien durch, diskutieren Fälle und beantworten fachspezifische Fragen.» Lehrling Sebastian ist stolz, bei Halter + Colledani AG zu arbeiten – er weiss, wie es auch hätte laufen können: «Es gibt Betriebe, die ihre ‹Stifte› nur für Putz- und Hilfsarbeiten einsetzen. So kann doch niemand professioneller Gipser werden!» Er merke aber auch, dass diese Lehre häufig belächelt werde: «Als ob das nur etwas für Dümmere wäre, ein Abstellgleis.» Dabei stehe einem Tür und Tor offen, wenn man sich reinknie – nach der Lehre die Vorarbeiterschule, dann der Abschluss zum Polier und womöglich das Diplom zum Gipsermeister. Ein erstrebenswertes Ziel für Sebastian. «Aber nur realistisch mit einer umfassenden, soliden Grundausbildung», fügt Firmenmitinhaber Colledani an. Er weiss, wovon er spricht. Als Prüfungsexperte beim Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmerverband SMGV erlebt er haarsträubende Situa-

«

Stark engagiert in der Rekrutierung neuer Auszubildender: Die Lehrlinge Michael, Alex und Sebastian (v. l.) mit Lehrlingsbetreuer Curt Annen (2. v. r.).

tionen: «Da wird einem klar, dass es Lehrbetriebe gibt, die sich keinen Deut darum scheren, ob ihr Lehrling eine Chance hat, die Prüfung zu bestehen. Gerade bei den praktischen Arbeiten

Wir haben einen Lehrlingsbetreuer, der sich nur um die vier Lernenden kümmert.» Arturo Colledani

merken wir ja sofort, wenn einer keine Ahnung von den Arbeitsabläufen hat.» Der SMGV bestätigt: Handwerksbetriebe haben zunehmend Mühe, Lehrlinge und Lehrtöchter zu finden. Kaum mehr jemand will «auf den Bau», und um die Besten muss gekämpft werden. «Geeignete Nachwuchskräfte müssen gezielt angesprochen werden», heisst es beim SMGV.

Deshalb bietet der Verband praktische Hilfestellungen: Berufs-Videoclips, Persönlichkeits-Fragebogen, 10-Schritte-zum-ErfolgPlakate und Unterlagen, die individuell angepasst werden können. Es liege letztlich aber bei jedem Unternehmen selber, aktiv zu werden und sich attraktiv zu verkaufen. Inspiration gefällig? Bei Halter + Colledani AG läuft die

Suche nach dem besten Nachwuchs auf mehreren Schienen: Auf der Lehrstellenplattform Yousty.ch, die ähnlich wie Facebook funktioniert, präsentiert sich die Firma sympathisch aus Lehrlingssicht – Lernende geben via Chat Auskunft über ihre Erfahrungen und Eindrücke. Wie Lehrlingsbetreuer Annen Fortsetzung auf Seite 8 


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