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Donnerstag, 10. Dezember 2015
Ausgabe fĂŒr Luxemburg Diese Beilage erscheint exklusiv im Die monatlichen Beilagen erscheinen in verschiedenen Sprachen in fĂŒhrenden internationalen Tageszeitungen: The Daily Telegraph, Le Figaro, The New York Times, La Repubblica and El Pais.
F Ă R D E N I N H A LT I S T AU S S C H L I E S S L I C H D I E R E DA K T I O N VO N R U S S I A B E YO N D T H E H E A D L I N E S ( R U S S L A N D) V E R A N T WO R T L I C H .
WEIHNACHTSGESCHĂFT IN KRISENZEITEN
AP
In Russland wird zwar nicht Weihnachten, sondern etwas spĂ€ter Neujahr gefeiert, aber auch dieses Fest ist ĂŒberschattet von der schwierigen Wirtschaftslage des Landes. Sie zwingt viele Russen zu einem Umdenken beim Einkauf ihrer Geschenke. Welche SparplĂ€ne haben sie? SEITEN 4 UND 5
WAS PASSIERT MIT RUSSLANDS WIRTSCHAFT IM NĂCHSTEN JAHR? 2015 erlebte Russlands Wirtschaft einen beispiellosen Absturz. Dennoch ist das Land entgegen aller Erwartungen weit entfernt von einem Kollaps. Wird es so bleiben oder warten 2016 neue Ăberraschungen auf die russische SEITE 6 Wirtschaft?
MAJA PLISSEZKAJA: EIN LEBEN FĂR DIE KUNST Ende November wĂ€re die Primaballerina 90 Jahre alt geworden. Eiserner Vorhang und Kalter Krieg konnten sie nicht davon abhalten, die BĂŒhnen der ganzen Welt SEITE 7 zu erobern.
REUTERS
AuĂenpolitik 2016: Ein Jahr der Entscheidungen Russland scheint in diesem Jahr seinen Status als wichtiger Globalplayer wiedererlangt zu haben, doch musste es dafĂŒr einen hohen Preis zahlen. Das wird sich auch im kommenden Jahr nicht Ă€ndern. PAWEL KOSCHKIN RBTH
Mit dem Ausbruch der Ukraine-Krise rĂŒckte die russische AuĂenpolitik in den Fokus internationaler Aufmerksamkeit. Russlands undurchsichtige Strategie sorgt fĂŒr zahlreiche Spekulationen. Einig sind sich die Beobachter darĂŒber, dass der Kreml bei seinen Entscheidungen groĂzĂŒgig improvisiert. Doch bei aller SpontaneitĂ€t weist Moskaus AuĂenpolitik eine Konstante auf: Konsequent bereitet sie dem Westen Ăberraschungen. Erst das aktive Engagement im OstUkraine-Konflikt und die Krim-Eingliederung in Jahr 2014. Dann im Jahr darauf die Intervention im Nahen Osten gegen die syrische Opposition
und den Islamischen Staat. Musste Russland 2014 noch RĂŒckschlĂ€ge hinnehmen â Wirtschafts- und Finanzsanktionen, Ausgrenzung durch Europa und die USA â kam das Land 2015 auf die globale Arena zurĂŒck. Russland ist wieder eine feste GröĂe, an seiner Position fĂŒhrt kein Weg vorbei. Das Streben des Kremls nach dem Wiedererlangen des Status eines entscheidenden geopolitischen Players blieb nicht ohne RĂŒckwirkung. Und kam dem Land teuer zu stehen. Die VerlĂ€ngerung der Sanktionen, nicht nachlassende Kritik aus dem Westen und nun die Terrorgefahr: Kurz nach Moskaus Startschuss fĂŒr die MilitĂ€roperation in Syrien stĂŒrzte ein russischer Airbus infolge einer Bombenexplosion ĂŒber Ăgypten ab. Jetzt der Bruch mit der TĂŒrkei, auf die Russland sich einst â bei seinem angespannten VerhĂ€ltnis mit dem Westen â verlassen konnte. Dass die russisch-tĂŒrkischen Spannungen fĂŒr Russland auch im kommenden Jahr
zu einer BewĂ€hrungsprobe werden, gilt angesichts der von Moskau unverzĂŒglich verhĂ€ngten Sanktionen gegen Ankara als wahrscheinlich. âRussland begibt sich weiter auf sehr dĂŒnnes Eis, wenn es die FĂ€den zur TĂŒrkei abreiĂt. Seine macht- und statuspolitischen Ăberlegungen unterminieren die wirtschaftliche Beziehungsbasis mit der AuĂenweltâ, gibt Michail Troizkij, Experte fĂŒr internationale Beziehungen, zu Bedenken. âWegen des Importverbots auf tĂŒrkische Waren droht dem russischen Einzelhandel erneut ein spĂŒrbarer Preisanstieg. Geht diese MaĂnahme zu weit, könnten Russlands Wirtschaft und der Wohlstand seiner BĂŒrger irreversible SchĂ€den erleidenâ, sagt er.
Negative Prognosen Moskaus VerhĂ€ltnis mit dem Westen ist weit abseits des Ideals. Wird es neue Partner finden können, wenn es mit der TĂŒrkei endgĂŒltig aus ist? Welche Allianzen könnte Russland auf
den BeziehungstrĂŒmmern im kommenden Jahr schmieden? Aurel Braun, Politikwissenschaftler und Professor fĂŒr Internationale Beziehungen an der UniversitĂ€t Toronto, schĂ€tzt, dass Russland seine Kooperation mit dem Regime des syrischen PrĂ€sidenten Baschar Assad und dem Iran weiter ausbauen wird. Doch diese Strategie sei auf lange Sicht problematisch: âDas Assad-Regime ist nicht tragfĂ€hig und die langfristigen Interessen des Irans am Islamismus und dem Status einer Nuklearmacht sind mit den ureigenen Interessen Russlands inkompatibel.â Ironischerweise treibe die Konfrontation die Nato und die EU enger an den tĂŒrkischen PrĂ€sidenten â trotz der heftigen europĂ€ischen Kritik an seinem Regime wegen grober Menschenrechtsverletzungen, so Braun weiter. Zugleich wĂŒrde sich als Konsequenz Russlands Beziehung zum Westen weiter verschlechtern. LESEN SIE WEITER AUF SEITE 2
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Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau
POLITIK
«2016 könnte fĂŒr die Welt zum Entscheidungsjahr werden»
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AUSSENPOLITISCHE EREIGNISSE
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MINSK-2 Wegen der Syrienkrise rĂŒckte die Situation im Donbass in diesem Jahr in den Hintergrund, wird aber auch 2016 von groĂer Bedeutung bleiben. Der Schlichtungsprozess in der Ukraine verlief unter dem Motto âDas Minsker Abkommen vom 12. Februar 2015 muss unbedingt eingehalten werden!â. Damals einigten sich die Staatschefs Russlands, Deutschlands, Frankreichs und der Ukraine ĂŒber eine schrittweise Feuereinstellung und die Aufnahme des Friedensprozesses in der SĂŒdostukraine. Trotz Minsk-2 hielten die Kampfhandlungen, wenn auch mit geringerer IntensitĂ€t, bis zum Ende des Sommers an.
REUTERS
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BRICS-GIPFEL Im russischen Ufa fand im Juli der BRICSGipfel statt. Als Hauptergebnis sehen Experten die faktische EinfĂŒhrung solcher Finanzmechanismen wie der BRICS-Entwicklungsbank und eines Valutareservenpools. Erste Projekte wird die BRICS-Entwicklungsbank, die ĂŒber 100 Mrd. USD verfĂŒgt, bereits Anfang 2016 finanzieren.
AP
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Kreml ĂŒber Assad zu einigen, sondern auch, um die TĂŒrkei und Saudi-Arabien zu disziplinieren. AnsĂ€tze einer solchen Intervention sind aber nirgends zu sehen.â Ob und wie die internationalen Regeln 2016 neu gestaltet werden wĂŒrden, hĂ€nge sehr stark von der Entwicklung der Lage in Syrien ab, so Zygankows Ansicht. â2016 könnte fĂŒr die Welt zum Entscheidungsjahr werden: entweder die Zukunft durch neue weltweit akzeptierte Regeln gestalten oder zu einer noch gröĂeren InstabilitĂ€t voranschreitenâ, warnt er. FĂŒr Russland wĂŒrden auch 2016 der Mittlere Osten, die Ukraine, Zentralasien, Afghanistan, der Ălpreis und die Wirtschaftslage die Agenda bestimmen.
FORTSETZUNG DER ERSTEN SEITE
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MILITĂREINSATZ IN SYRIEN Den Einsatz der russischen LuftstreitkrĂ€fte gegen radikale Islamisten in Syrien Ende September haben die meisten Beobachter mit Erstaunen aufgenommen. Sie sind sich bis heute nicht darĂŒber einig, was zu dieser Entscheidung gefĂŒhrt haben möge. Experten fĂŒhren mehrere Faktoren auf, die Moskau motiviert haben könnten: den ausbleibenden Erfolg der von den USA angefĂŒhrten Koalition; den Versuch, den politischen Dialog zu Syrien anzuregen; die BefĂŒrchtung, dass bei anhaltender PassivitĂ€t Russlands der Westen ĂŒber Syrien eine Flugverbotszone nach libyschem Vorbild einrichten werde.
Positive Aussichten?
FĂŒr Russlands AuĂenpolitik werden im Jahr 2016 die Entspannung der Konflikte im ostukrainischen Donbass (oben) und in Syrien die Agenda bestimmen.
Entscheidungsjahr 2016 Der Westen werde weiterhin auf das mangelnde Vertrauen zu Russland als das gröĂte Kooperationshindernis verweisen. Russland seinerseits werde den Westen fĂŒr das existierende Misstrauen verantwortlich machen. Zugleich werde die NATO im kommenden Jahr ihre MilitĂ€rinfrastruktur in Osteuro-
IM FOKUS
pa als Reaktion auf Russlands Vorgehen wie angekĂŒndigt verstĂ€rken. Andrej Zygankow, Politikwissenschaftler und Professor fĂŒr Internationale Beziehungen an der UniversitĂ€t San Francisco, prognostiziert Russland fĂŒr 2016 eine voranschreitende innere Stagnation, gepaart mit zunehmenden Schwierigkeiten in der Ukraine und steigender Radikalisierung Zentralasiens nach der Destabilisierung des Mittleren Ostens. âDie Chancen, dass die Ukraine sich dem Druck aus Europa beugt, sind eher gering. Kiew ist offensichtlich nicht in der Lage, seine Wirtschaft zu reformieren, und ist weiterhin auf den starken Anti-Russland-Nationalismus angewiesen, um das Ăberleben des eigenen Regimes zu sichernâ, erklĂ€rt er. âUm den Stellvertreterkrieg der USA und Russlands in Syrien zu verhindern und einen Prozess hin zur massiven Koalition gegen den IS in Gang zu setzen, braucht es eine entschiedene Intervention vonseiten des WeiĂen Hauses. Nicht nur um sich mit dem
Eine gĂŒnstige Entwicklung erfordert eine gehörige Portion politischen Willen.
Hinsichtlich der russischen AuĂenpolitik 2016 sind die meisten Beobachter pessimistisch. Ein gĂŒnstiger Entwicklungskurs erfordert eine gehörige Portion politischen Willen bei den Globalplayern. Ihre divergierenden Interessen lassen diesen Ausgang aber nahezu unrealistisch erscheinen. Doch es gibt auch Licht am Ende des Tunnels. âDie Beziehungen zwischen Russland und dem Westen könnten sich angesichts der Bedrohung durch den Terrorismus und einer eventuellen Entspannung des Ukraine-Konflikts verbessernâ, meint Zygankow. âSollte es bei gemeinsamen Anti-Terror-MaĂnahmen Russlands und des Westens in Syrien Fortschritte geben, kĂ€men dann keine spĂŒrbaren Eskalationen in der Ukraine hinzu, wĂŒrde ein moderates Wirtschaftswachstum einsetzen und blieben andere Faktoren, insbesondere in Ost-Asien, konstant, könnte Russlands Vision einer neuen Weltordnung ihre AnhĂ€nger findenâ, versucht sich der Experte an einem positiven Szenario fĂŒr 2016. âEine Vision, die auf gegenseitiger Achtung von SouverĂ€nitĂ€t und Interessen grĂŒndet und auf Multilateralismus aufbaut.â
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ABSCHUSS DER SU-24 Die TĂŒrkei hat bei der Regelung des Syrien-Problems den Vorfall mit dem russischen Bomber Su-24, der am 24. November von der tĂŒrkischen Luftwaffe an der syrisch-tĂŒrkischen Grenze abgeschossen wurde, in den Vordergrund gerĂŒckt. Das hat das VerhĂ€ltnis zwischen den beiden LĂ€ndern aufs ĂuĂerste erschĂŒttert.
© ALEKSANDR WILF / RIA NOVOSTI
REUTERS
âNatĂŒrlich hat Russlands Wut auf die TĂŒrkei â möge sie auch gerechtfertigt sein â einen vernichtenden Effekt auf die wirtschaftlichen Beziehungen mit Ankara. Langfristig wichtiger aber ist, dass in der gegenwĂ€rtigen Situation die EuropĂ€er und die Amerikaner geradezu in die Arme der TĂŒrkei getrieben werdenâ, sagt Braun. Ein positives Zeichen sei dies nicht, liege doch Russlands Interesse stĂ€rker in Europa und im Westen als bei den skrupellosen Machthabern Syriens, des Iran oder bei Recep Erdogan, erklĂ€rt der Experte. Russlands Top-PrioritĂ€t 2016 mĂŒsse es sein, die Beziehung zum Westen zu normalisieren. âDoch dafĂŒr ist eine Umorientierung der russischen Politik nötig. Zudem mĂŒsste Russland seine Kompromissbereitschaft in einer Reihe von Fragen, von der Ukraine bis zum Mittleren Osten, demonstrierenâ, so Braun. Hinsichtlich eines Konsens Russlands und des Westens ist Troizkij skeptisch. âRusslands Kooperation mit anderen MĂ€chten wird sich auch 2016 als schwierig erweisen. Nahezu jede dieser Nationen hat Vorbedingungen fĂŒr eine Kooperation gestelltâ, erklĂ€rt er. âDie schmerzhaften Sanktionen gegen Russland bleiben bestehen, bis Kiew die volle Kontrolle ĂŒber den Donbass wiedererlangt hat. Und eine ernstzunehmende Koalition im Kampf gegen den Islamischen Staat nimmt erst Gestalt an, wenn es eine Vereinbarung ĂŒber die politische Nachkriegsordnung in Syrien gibt.â
IRAN-ABKOMMEN Das Abkommen Mitte Juli zum iranischen Atomprogramm hat niemanden ĂŒberrascht. Viele prinzipielle Abmachungen zwischen der Sechsergruppe und dem Iran waren bereits im April ausgehandelt worden. Im Juli gelang es dann, einen endgĂŒltigen Kompromiss zu erzielen. Das Abkommen sieht den stufenweisen Abbau der Anti-Iran-Sanktionen im Gegenzug zu einer drastischen EinschrĂ€nkung des iranischen Atomprogramms vor.
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WIRTSCHAFT
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RUSSLAND UND DIE TĂRKEI Die Eiszeit zwischen beiden LĂ€ndern gefĂ€hrdet GeschĂ€fte in Milliardenhöhe
Verboten, verschĂ€rft, vertagt von 358 Millionen Euro wurden NĂŒsse und FrĂŒchte eingefĂŒhrt. Das russische Landwirtschaftsministerium plant, die AusfĂ€lle durch Importe aus Nordafrika und dem Nahen Osten zu ersetzen. Bei Bedarf â so heiĂt es von der Regierung â könne die Sanktionsliste ausgeweitet werden, entsprechende EinschrĂ€nkungen fĂŒr tĂŒrkische Lieferungen seien bereits in Vorbereitung. Insgesamt betrĂ€gt das Handelsvolumen 5,45 Milliarden Euro. Fahrzeuge, AusrĂŒstung, Baustoffe, Textilien â fĂŒr die TĂŒrkei ist Russland der sechstgröĂte Exportmarkt.
Der Bau der Turkish-Stream-Pipeline durch Gazprom mit zehn Milliarden Euro ist eines der gröĂten Projekte unter russischer Beteiligung.
TĂŒrkische Unternehmen
REUTERS
Auch die AktivitĂ€ten tĂŒrkischer Unternehmen werden mit Sanktionen belegt, vorrangig im Bausektor. TĂŒrkische Firmen erwirtschaften in Russland einen Umsatz von rund 4,5 Milliarden Euro â ĂŒberwiegend mit dem Bau von Gewerbeimmobilien. Die marktgröĂten sind Enka, Renaissance Construction und Ant Yapi mit einigen Towern der Moscow City im Portfolio. In tĂŒrkischer Hand sind zudem Bekleidungsketten, Baustoff- und Verpackungsfabriken. Anadolu Efes, gröĂter Bierbrauer der TĂŒrkei, betreibt in Russland sechs Brauereien und nimmt 13 Prozent des Marktes ein. Die russischen Tochterfirmen dieser Unternehmen werden ihre TĂ€tigkeit in Russland zwar fortsetzen, mĂŒssen aber mit Restriktionen rechnen: Baufirmen werden neue Projekte abstimmen mĂŒssen, die Quoten ihrer tĂŒrkischen Mitarbeiter werden reduziert. 56 000 erhielten eine Arbeitsgenehmigung im vergangenen Jahr.
Der Bruch zwischen Russland und der TĂŒrkei zieht horrende wirtschaftliche Kosten nach sich. Experten schĂ€tzen den gemeinsamen Schaden auf etwa 18 Milliarden Euro. KSENIA ILJINSKAJA FĂR RBTH
Tourismus Gleich nach dem Abschuss des Kampfjets sprach das russische AuĂenministerium eine Reisewarnung fĂŒr die TĂŒrkei aus, wenig spĂ€ter verhĂ€ngte das Kabinett ein Verbot auf CharterflĂŒge und auf den Verkauf von Urlaubsreisen in das Land. Zudem setzte Russland das Visafreiheitsabkommen aus. LinienflĂŒge werden zwar nicht gestoppt, hinsichtlich der Sicherheit aber verstĂ€rkt ĂŒberwacht. Bleiben die Sanktionen zudem in der Hauptsaison 2016 in Kraft, werden die Einschnitte sowohl fĂŒr die tĂŒrkische Riviera als auch fĂŒr die russischen Reiseveranstalter schmerzhaft sein. Neben Ăgypten ist die TĂŒrkei das wichtigste Ziel russischer Urlauber: 3,3 Millionen Russen erholten sich dort 2014, um ein Viertel weniger waren es in diesem Jahr. Das entspricht rund einem Viertel des gesamten Absatzes russischer Reiseveranstalter. Zudem sind tĂŒrkische Unternehmensgruppen direkt an groĂen russischen Reiseanbietern beteiligt â die OTI Holding etwa an Coral Travel, die Anex-Gruppe an der
Gemeinsames Investment
Moskauer Anex Tour. Auf rund 5,5 Milliarden Euro werden die Verluste auf tĂŒrkischer Seite veranschlagt â die Anzahl der russischen Urlauber wurde nur noch von deutschen TĂŒrkeireisenden getoppt.
Quelle: Föderale Zolldienst, Zeitung Wedomosti und Zeitung Kommersant
TĂŒrkische Importe
GAIA RUSSO
Ebenso gehörte ein Importverbot fĂŒr Lebensmittel zu den ersten Reaktionen Russlands. Betroffen sind ĂŒberwiegend ZitrusfrĂŒchte und Tomaten. Bislang war die TĂŒrkei bei diesen Waren Russlands wichtigster Lieferant. Am gesamten russischen Lebensmittelimport hatte das Land einen Anteil von vier Prozent, rund 910 Millionen Euro. Zwei Drittel davon stellten mit rund 320 Millionen Euro Tomaten, das entspricht 43 Prozent des russischen Tomatenimports. Im Wert
Auf Eis liegen vorerst groĂe gemeinsame Investitionsprojekte: Russland setzte das Investitionsschutzabkommen aus, Verhandlungen ĂŒber Handelserleichterungen sind abgebrochen. Nach Angaben der russischen Zentralbank betrugen russische Direktinvestitionen in die TĂŒrkei 2014 rund 4,8 Milliarden Euro. Die TĂŒrkei investierte in Russland 690 Millionen Euro. Die gröĂten Projekte mit russischer Beteiligung: der Bau des AKWs Akkuyu mit 20 Milliarden Euro, dessen Schicksal unklar bleibt, und die bereits gestoppte Turkish-Stream-Pipeline durch Gazprom mit zehn Milliarden Euro, die Ăbernahme der Denizbank durch die Sberbank fĂŒr rund 3,2 Milliarden, die Ăbernahme des Mobilfunknetzbetreibers Turkcell durch die Alpha Group und die Ăukurova Holding fĂŒr 3,2 Milliarden Euro. FĂŒr Russland war die TĂŒrkei mit 27,4 Kubikmetern Gas im Jahr 2014 der zweitgröĂte Absatzmarkt nach Deutschland.
Atomwirtschaft sucht Lieferanten Auf dem Forum Atomex Europe Anfang Dezember in Budapest prĂ€sentierte sich der russische Atomenergiekonzern Rosatom als Partner internationaler Projekte. ANDREJ RETINGER FĂR RBTH
Mehr als dreihundert Chefs europĂ€ischer Unternehmen und Experten aus insgesamt 14 LĂ€ndern diskutierten auf dem Atomex-Europe-Forum gemeinsam mit Vertretern des russischen Atomenergieunternehmens Rosatom ĂŒber mögliche Kooperationen. âDie Entwicklung der internationalen Lieferantenkette ist eine der PrioritĂ€ten der globalen Rosatom-Strategieâ, erklĂ€rte Kyrill Komorow, der fĂŒr die Entwicklung und das internationale GeschĂ€ft zustĂ€ndige Stellvertreter des RosatomGeneraldirektors auf der Eröffnungsveranstaltung. âUnsere Projekte sind fĂŒr europĂ€ische Lieferanten eine hervorragende Möglichkeit, ihre Technologien einzusetzenâ, fĂŒgte er hinzu. Durch die Zusammenarbeit trĂŒgen die
europĂ€ischen Unternehmen zur Entwicklung einer ökologischen Stromerzeugung und zur Verbesserung des Klimaschutzes auf der Erde bei, sagte Komorow weiter. Am Rande des Forums wurden sowohl europĂ€ische Projekte wie das AKW Ostrowezkij in Belarus und das AKW Hanhikivi in Finnland als auch Kernkraftwerke im Iran, in Indien, China und Ăgypten diskutiert. Die Rede war zudem vom Ausbau des ungarischen AKWs Paks. Die GerĂ€tetechnik des Reaktors soll in Russland mit russischer Technologie gefertigt werden. Die sonstige AusrĂŒstung und die Bauarbeiten werden international ausgeschrieben. Das Unternehmen Siemens hat bereits erklĂ€rt, Turbinen im Wert von einer Milliarde Euro zu liefern. An der Ausschreibung fĂŒr den Turbinenblock will sich auch der französische Konzern Alstom beteiligen. Rosatom rechnet damit, mit auslĂ€ndischen Firmen in den kommenden fĂŒnf Jahren AusrĂŒstungsvertrĂ€ge ĂŒber 30 bis 40 neue Energieblöcke zu unterzeichnen. Anfang 2015 hatte der russi-
Seit diesem Jahr können auslÀndische Lieferanten sich frei am elektronischen Handel von Rosatom beteiligen.
sche Konzern auslĂ€ndische VertrĂ€ge fĂŒr die nĂ€chsten zehn Jahre im Wert von 101,4 Milliarden US-Dollar im Portfolio. Dieses Volumen umfasst auch VertrĂ€ge im Zusammenhang mit dem nuklearen Brennstoffkreislauf, dem Service und der Modernisierung der AKWs sowie die Lieferung von GerĂ€tetechnik fĂŒr andere Bereiche. Semjon Dragulskij, Direktor des russischen Verbands fĂŒr Energieeffizienz, betonte, dass auslĂ€ndische Unternehmen sich weltweit an russischen AKWProjekten beteiligen können. Zurzeit sind 43 Energieblöcke unterschiedlicher Realisierungsstufen projektiert, neun Blöcke in Russland und 34 in Europa, im Nahen Osten und in Ostasien. Seit diesem Jahr können auslĂ€ndische Lieferanten sich frei am elektronischen Handel von Rosatom beteiligen. âInzwischen erfolgen die meisten Einkaufsprozeduren bei uns im freien Wettbewerb ĂŒber unser elektronisches Handelssystem. Zu unseren Lieferanten gehören mehr als 24 000 russische und auslĂ€ndische Unternehmenâ, erklĂ€rte Kyrill Komorow.
VielfĂ€ltige Kooperationen Die russische Seite hat bereits ĂŒber das gesamte Spektrum Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit europĂ€ischen Partnern gesammelt â angefangen bei der Lieferung von Uran und Kernbrennstoffen bis hin zur Stilllegung von Kernkraftwerken. In Kooperation mit dem
BRUGER BARNA
ATOMBRANCHE AuslandsgeschĂ€fte von Rosatom bringen ĂŒber 100 Milliarden US-Dollar
Auf dem Forum in Budapest wurde ĂŒber mögliche Kooperationsprojekte in Russland und weltweit diskutiert.
französischen Unternehmen Areva fertigt der Konzern BrennstoffbĂŒndel fĂŒr Atomreaktoren westlicher Bauart, mit denen Atomkraftwerke in Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden und GroĂbritannien beliefert werden. Der Betreiber aller russischen Kernkraftwerke, der Konzern Rosenergoatom, fĂŒhrt im Konsortium mit dem französischen Betreiber EDF die Arbeiten zur BetriebszeitverlĂ€ngerung der Blöcke 5 und 6 des bulgarischen AKWs Kosloduj aus. Zusammen mit der französischen Schneider Electric baut der Konzern eine Produktionskooperation im Bereich der elektronischen GerĂ€tetechnik auf.
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DAS THEMA
FERIENSAISON IN KRISENZEITEN DIE RUSSEN FEIERN UND SCHENKEN GERN ĂBERSCHWĂNGLICH. DOCH DIESES JAHR WERDEN VIELE IHRE AUSGABEN TROTZ DER FESTSTIMMUNG BESSER IM AUGE BEHALTEN MĂSSEN.
UND EIN SPARSAMES NEUES JAHR Das NeujahrsgeschĂ€ft steht dieses Jahr in Russland ganz im Zeichen der Wirtschaftskrise. An vielen Stellen wird gespart. Ein Vergleich mit dem Vorjahr ist allerdings schwierig. SIMON SCHĂTT FĂR RBTH
Weihnachten ist das Fest der StrĂŒmpfe. In den USA werden sie an den Kamin gehĂ€ngt, und der Weihnachtsmann legt etwas hinein. In einigen europĂ€ischen LĂ€ndern liegen Socken ebenfalls oft unter dem Baum â wenn auch selten gewollt. In Russland wird zwar nicht Weihnachten, sondern etwas spĂ€ter Neujahr gefeiert, aber auch dieses Fest steht â zumindest in diesem Jahr â im Zeichen besonderer Strickwaren: der SparstrĂŒmpfe. Die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen zwingen viele Russen zu einem Umdenken bei den diesjĂ€hrigen Ausgaben. Die Reallöhne sind 2015 um rund 13 Prozent gesunken, und die kriselnde Wirtschaft des Landes macht den Menschen zu schaffen. Rund zwei Drittel der russischen BĂŒrger planen daher, dieses Jahr weniger fĂŒr das Neujahrsfest auszugeben. Dieses Ergebnis förderte jedenfalls eine Studie der Marktforschungsagentur IRG zutage. Das durchschnittliche Budget einer russischen Familie fĂŒr Neujahr liegt demnach bei 16 900 Rubel (rund 240 Euro). Das Ergebnis stimmt weitgehend mit einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte ĂŒberein. Die kam zu dem Ergebnis, dass die Russen durchschnittlich 217 Euro fĂŒr die Neujahrsfeierlichkeiten auszugeben bereit sind. Das sind sieben Prozent weniger als im Vorjahr und liegt deutlich unter dem europĂ€ischen Schnitt von 513 Euro, den das Unternehmen errechnet hat. Im europĂ€ischen Vergleich wollen nur die krisengeschĂŒttelten Griechen ihre Weihnachtsausgaben noch stĂ€rker reduzieren als die Russen (um 8,6 Prozent). In Deutschland wird hingegen
REUTERS
men ihr Geld vorzugsweise fĂŒr billigere Elektronik aus. So rechnen die Logistiker in Russland auch nicht mit verĂ€nderten Warenmengen zur Neujahrszeit. Das vierte Quartal ist die wichtigste Zeit fĂŒr die Transportunternehmen. âWir erwarten keine Differenz zum Vorjahrâ, sagt beispielsweise der Russlandchef eines groĂen europĂ€ischen Logistikunternehmens hinsichtlich des diesjĂ€hrigen NeujahrsgeschĂ€fts. Auch in einem anderen Punkt dĂŒrfte sich das Neujahrsfest nicht von denen vergangener Jahre unterscheiden: der gemeinsamen Zeit mit Freunden und Familie.
Der Vergleich mit einem leichten Anstieg um 0,9 Pro- zurĂŒck. Insbesondere die FlĂŒge nach Deutschland (minus 68 Prozent) und zum Vorjahr zent auf 423 Euro gerechnet. Ăsterreich (minus 60 Prozent) seien ist schwierig, Wo gespart wird sehr viel weniger gefragt. Dass nun die Menschen Aber die Russen sind auch Meister mit Ăgypten und der TĂŒrkei zwei weiim Stopfen von StrĂŒmpfen. So gaben tere beliebte Destinationen fĂŒr die rushaben sich 20 Prozent der 1200 Befragten gegen- sische Touristen wegen der SanktioĂŒber IRG an, dass sie vorhĂ€tten, am nen und der Terrorgefahr ausfallen, inzwischen Feiertag des Jahres ganz mache den Urlaub in der Heimat umso der Situation beliebtesten ohne Delikatessen auszukommen. populĂ€rer. und den Ein Drittel plant, fĂŒr das Festessen und die Geschenke zumindest weni- Mit PreisnachlĂ€ssen werben Preisen ger Geld auszugeben. 21 Prozent wol- Viele russische und europĂ€ische Einangepasst. len laut der Deloitte-Studie in gĂŒns- zelhandelsketten wollen sich nicht zum tigeren GeschĂ€ften einkaufen â 2014 hatten das nur acht Prozent vor â und einige sogar komplett auf Geschenke verzichten. Ihr Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr von vier auf sieben Prozent gestiegen. Solche PlĂ€ne hat Sergej nicht. Der 25-jĂ€hrige Lehrer aus Moskau sagt: âIch spare ungern bei den Geschenken. Ich schenke gern! Und mich wird auch dieses Jahr nichts davon abhalten, mein Geld fĂŒr Freunde und Familie auszugeben â wie immer.â Mit einem LĂ€cheln wischt er die Wirtschaftskrise beiseite: âNicht einmal die schwierige ökonomische Lage wird mich aufhalten.â DafĂŒr achtet er an anderer Stelle stĂ€rker aufs Geld, etwa beim Reisen. War er vor zwei Jahren ĂŒber die Neujahrsfeiertage noch in Prag, verbrachte er 2014 die beliebte Urlaubszeit in Russland. Mit Freunden war er im nordrussischen Murmansk und fotografierte dort die Polarlichter. UrsprĂŒnglich wollte er nach Island, erzĂ€hlt er, aber Russland sei eine gute und gĂŒnstigere Alternative gewesen. Und man spreche dort Russisch, fĂŒgt er hinzu. âIn diesem Jahr werde ich wohl entweder in Moskau bleiben oder â etwas weniger sparsam â nach Karelien an die finnische Grenze fahren.â Mit seinen SparplĂ€nen ist Sergej nicht allein. Angaben des Reiseveranstalters One-Two-Trip zufolge gingen die Buchungen fĂŒr FlĂŒge ins Ausland im Vergleich zum Vorjahr zwischen dem 1. und 10. Januar um rund 30 Prozent
laufenden NeujahrsgeschĂ€ft Ă€uĂern oder Prognosen abgeben. Ihre Umsatzzahlen werden aber wohl deutlich unter denen des Vorjahres liegen. Denn vor einem Jahr, Mitte Dezember 2014, stĂŒrzte der Rubel drastisch ab. Das fĂŒhrte zu vorgezogenen PanikkĂ€ufen, weil die Kunden das Geld vor der Entwertung schĂŒtzen und Preiserhöhungen zuvorkommen wollten. Der groĂe russische ElektronikhĂ€ndler M.video verzeichnete deswegen im Dezember 2014 ein sattes Plus von 73 Prozent. Der Vergleich zum NeujahrsgeschĂ€ft im Vorjahr ist also schwierig. Ăhnliches wird sich dieses Jahr wohl kaum wiederholen. Die Menschen haben sich inzwischen der Situation und den Preisen angepasst. Der Rubel hat sich auf einem hohen Niveau von derzeit rund 70 Rubel pro Euro eingependelt. DafĂŒr sprechen zudem die Aussagen russischer Unternehmen zum sogenannten Black Friday Ende November, an dem auch in Russland mit deutlichen PreisnachlĂ€ssen geworben wurde. Der Tag war nach Angaben vieler HĂ€ndler ein voller Erfolg. Allerdings sanken die durchschnittlichen RechnungsbetrĂ€ge bei vielen Anbietern. So auch beim bekannten ElektrohĂ€ndler Swjasnoj. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass die Kunden im vergangenen Jahr unter dem Einfluss der Rubelabwertung teure GerĂ€te kauften, heiĂt es seitens des Unternehmens. Heute hingegen gĂ€ben die Menschen wegen der gesunkenen Realeinkom-
Simon SchĂŒtt ist Chefredakteur von Ostexperte.de, einem Blog fĂŒr das RusslandgeschĂ€ft.
715 Euro in Luxemburg
647 Euro
518
in der Schweiz
Euro in Frankreich
266 Euro in Holland
308 Euro in Russland
Wie groĂ ist das Weihnachtsbudget von EuropĂ€ern und Russen? Nach Angabe der Unternehmensberatung Deloitte wird in diesem Jahr das Weihnachtsbudget in Russland und in der Schweiz steigen (um jeweils 6 und 2,1 Prozent). Obwohl die Ausgaben in Luxemburg den Prognosen zufolge um 5,9 Prozent sinken, ist das durchschnittliche Weihnachtsbudget das zweitgröĂte in Europa nach GroĂbritannien mit 764 Euro.
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DAS THEMA
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WEIHNACHTSMĂRKTE Tradition in Europa, Trend in Russland
Italienischkurse und Charity statt GlĂŒhwein und Wurst Seit einigen Jahren erobern WeihnachtsmĂ€rkte nach europĂ€ischem Vorbild Russlands InnenstĂ€dte. Viele MĂ€rkte erinnern dabei nur entfernt an das Original. PEGGY LOHSE ALYONA REPKINA
Da Russen nicht zu Weihnachten, sondern zu Neujahr schenken, planen 72 Prozent den festlichen Einkauf fĂŒr die zweite DezemberhĂ€lfte. Die EuropĂ€er sind da frĂŒher dran: 65 Prozent haben schon alle Geschenke vor dem 15. Dezember besorgt. Immer mehr Russen shoppen online: Im letzten Jahr ist die Zahl der InternetkĂ€ufe auf 32 Prozent gestiegen. Damit hat Russland Europa mit seinen 36 Prozent fast eingeholt.
In der russischen Hauptstadt weihnachtet es sehr. Obwohl die Jahresendfeiertage in Russland eine Woche spÀter beginnen als in Europa, ist die Weihnachtsmarktsaison in Moskau schon in vollem Gange. Beliebt sind thematische, oft von mitteleuropÀischen Traditionen inspirierte MÀrkte, die jeweils ein Wochenende lang stattfinden. Das Fest wird nach dem christlichorthodoxen Kirchenkalender zwar eigentlich erst eine Woche nach Neujahr gefeiert, dennoch halten europÀische Traditionen in der vorweihnachtlichen Zeit zunehmend Einzug. Wer in die noch junge Moskauer Weihnachtsmarktkultur eintaucht, der kann vier Typen erleben.
Der Klassische
REUTERS
Wer kennt dieses Bild nicht? Das GUMKaufhaus am Roten Platz mit Lichterketten geschmĂŒckt, innen und auĂen WeihnachtsbĂ€ume, Eislaufbahn und StĂ€nde mit sĂŒĂen und wĂŒrzigen Leckereien, heiĂen GetrĂ€nken und Geschenken. Hier werden vor allem russisch-traditionelles Handwerk, Speisen und ein abwechslungsreiches Kulturprogramm prĂ€sentiert. Besonders fĂŒr Touristen und Expats in der russischen Hauptstadt ist der im Lichtermeer bunt und liebevoll inszenierte russische Kitsch vor historisch bedeutender Kulisse ein Erlebnis. Einige Moskauer wie Viktor Timofeev, sehen das aber eher nĂŒchtern: âWas wir in Russland machen, ist sicher hĂŒbsch, aber nicht authentisch. Es sieht aus wie eine nicht so richtig gelungene Kopie des Westens.â Viktor arbeitet im internationalen Jugendaustausch und wĂŒrde eher den deutschen Weihnachtsmarkt empfehlen.
Der EuropÀische REUTERS
So einfach geht es: Kochrezept âOlivierâ
âRussischer Salatâ mit Kultstatus
Besondere Momente bietet ferner auch ein italienischer Weihnachts- und Neujahrsmarkt im Rahmen der Italienischen Woche vom 11. bis 13. Dezember in der Moskauer Design-Fabrik Flacon. AuĂer kulinarischen und dekorativen Kleinigkeiten fĂŒr die Feiertage stehen die âNacht mit dem Chefâ,
PAWEL SMERTIN / TASS
FĂR RBTH
ein groĂes italienisches Abendessen mit einem Star-Chefkoch, weihnachtliche Italienischkurse und eine professionelle Weinverkostung auf dem Programm. Auch die Mitarbeiter der Deutschen Botschaft haben sich fĂŒr die Vorweihnachtszeit etwas Besonderes ausgedacht. Am 21. November begrĂŒĂten ThĂŒringer BlechblĂ€ser die zahlreichen â wohl um die 2500 â GĂ€ste auf dem BotschaftsgelĂ€nde an der Mosfilmowskaja uliza mit Weihnachtsliedern und typischen Basteleien und SĂŒĂigkeiten: Stollen, Adventskalendern, Holzschnitzereien. Ein schönes Geschenk sind die von Botschaftsangehörigen gebackenen LebkuchenhĂ€user.
Der StraĂburger Markt auf dem Manegeplatz war einer der beliebtesten der letzten Jahre. Zu StraĂenmusik und Schattentheater werden an den StĂ€nden Holzspielzeug, Lebkuchen, Honig und Weihnachtsengel verkauft.
Der WohltĂ€tige Da Weihnachten auch in Russland ein Fest der NĂ€chstenliebe ist, dienen einige MĂ€rkte wohltĂ€tigen Zwecken. Das Projekt âSeasonsâ veranstaltete kĂŒrzlich im Eremitage-Garten zum siebten Mal einen Benefiz-Weihnachtsmarkt, der in diesem Jahr unter dem Motto âRussische Motiveâ stand. Besucher konnten traditionelle SchaltĂŒcher, Walenki â die berĂŒhmten Filzstiefel â, Leder- oder PelzmĂ€ntel sowie WollfĂ€ustlinge erstehen. Der Erlös ging an den WohltĂ€tigkeitsfonds Nuschna pomosch (âEs wird Hilfe gebrauchtâ), um die Publikation eines Magazins fĂŒr seh- und hörbe-
hinderte Menschen auch kĂŒnftig zu ermöglichen. Neben dem Verkauf von Designer-Souvenirs im Mamin Sad wurden Weihnachtslieder vom Chor der âSeasonsâ-Schule vorgetragen. Und eine Theatergruppe lieĂ einen âantiken Zirkusâ auf dem MarktgelĂ€nde aufleben.
Der Kleinteilige Apropos antik: Bei der Suche nach Geschenken mit Geschichte ist der weihnachtliche Flohmarkt Na Tischinke auf dem AusstellungsgelĂ€nde T-Modul eine feste Adresse. Dort laden Sammler aus aller Welt zum Stöbern zwischen Schmuck, Postkarten, Fotografien, Schallplatten, BĂŒchern, Porzellan und anderen Accessoires ein. âKurz: entzĂŒckende EinzelstĂŒcke mit eigener Historieâ, beschreibt Soja Glasatschowa den von ihr bevorzugten Weihnachtsmarkt. Zu Sowjetzeiten habe es wenige solcher schönen Dinge gegeben, âdarum haben wir zum Beispiel nicht von deutschem Porzellan gegessen, sondern es in die Schrankwand gestellt und uns vor ihm verneigtâ, sagt die Journalistin und PR-Frau mit einem Augenzwinkern. Der Flohmarkt findet mittlerweile auch auĂerhalb der Weihnachtszeit statt, insgesamt viermal im Jahr immer am selben Ort. Und hĂ€lt stets neue StĂŒcke aus allen Ecken der Welt fĂŒr seine Besucher bereit.
WEIHNACHTEN UND NEUJAHR Dann ist das ganze Land permanent in Feststimmung
Warum Russland doppelt feiert PRESS PHOTO
Der Salat mit dem französisch klingenden Namen wurde von dem Koch Lucien Olivier in den 1860ern im zaristischen Russland kreiert, als dieser in Moskau ein französisches SpezialitĂ€tenrestaurant betrieb. SpĂ€ter wurde der Salat in Russland unter dem Namen seines ErïŹnders und in europĂ€ischen LĂ€ndern schlichtweg als âRussischer Salatâ bekannt. Auf dem Neujahrstisch ist er ein Muss und darf auch bei anderen Familienereignissen nicht fehlen. Zubereitung: Kartoffeln und Karotten mit Schale kochen, abkĂŒhlen lassen und schĂ€len. Eier hart kochen und Fleisch garen. Kartoffeln, Karotten, Eier, Fleisch und Gurken in kleine WĂŒrfel schneiden. Vertrauen Sie Ihrem Geschmack â die Menge der einzelnen Zutaten sollte gut aufeinander abgestimmt sein. RĂŒhren Sie Mayonnaise nur unter die Portion des Salats, die gleich verzehrt wird, und stellen Sie das Ganze eine Weile kĂŒhl. Guten Appetit! Prijatnogo appetita!
Festlichkeiten zum neuen Jahr sind in aller Herren LÀnder Tradition. In Russland wird mindestens acht Tage lang gefeiert, doch es können auch schon mal 20 werden. DMITRIJ ROMENDIK
lender wechselte. Mit diesem Schritt verschob sich das Datum des Neujahrsfestes abermals. Das fĂŒhrte dazu, dass Neujahr heutzutage in Russland zweimal gefeiert wird: zuerst nach dem âneuenâ Kalender und dann 13 Tage spĂ€ter nach dem alten.
RBTH
Das Neujahr in Russland wanderte in der Vergangenheit oft quer durch den Kalender. Nach der Christianisierung der Rus 988 begann man, das neue Jahr nach dem julianischen Kalender auszurichten. Es fiel auf den 1. MĂ€rz. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts â ĂŒber den genauen Zeitpunkt streiten sich die Geister â verlegte die RussischOrthodoxe Kirche die Neujahrsfeierlichkeiten vom MĂ€rz auf den September. Und erst im Jahr 1699 verfĂŒgte Zar Peter I., terminlich mit Europa gleichzuziehen. Doch wĂ€hrend Peter sein Neujahr nach europĂ€ischem Zeitplan einrichtete, ging der Kontinent vom julianischen zum gregorianischen Kalender ĂŒber, womit Russland wieder gut zwei Wochen hinterherhinkte. Seinem Schicksal ergab sich das Land erst 1919, als es ebenfalls zum gregorianischen Ka-
Auch in Russland leuchtet der Weihnachtsbaum Ungewiss bleibt jedoch, wie die Tradition des geschmĂŒckten Tannenbaums nach Russland kam. Eine ErklĂ€rung ist, dass Charlotte von PreuĂen, Frau des Kaisers Nikolai I., den Brauch zu Beginn des 19. Jahrhunderts ins Zarenreich mitbrachte. Einer anderen Version zufolge stammt er von deutschen Siedlern. WĂ€hrend des Ersten Weltkriegs verbot die Orthodoxe Kirche das Aufstellen der TannenbĂ€ume ânach deutschem Brauchâ. Als die Bolschewiken an die Macht kamen, predigten sie den Atheismus und legten sich in allen wesentlichen Fragen mit der Kirche an â auĂer beim Tannenbaumverbot. WĂ€hrend die Kirche die Tanne als Brauch des Kriegsgegners verbot, ging es den Bolschewiken um das Weihnachtsfest als solches.
Man feiert Neujahr einmal nach dem gregorianischen und 13 Tage spÀter nach dem julianischen Kalender.
1928 wurde die Tanne wieder erlaubt. Bereits ein Jahr spĂ€ter hatte sich auch die Planwirtschaft auf den Weihnachtsbaum eingelassen: GlĂŒhlampenwerke produzierten massenweise Schmuckkugeln, die Moskauer Kabelfabrik drehte Sterne fĂŒr die Baumspitzen. Denn auch auf sowjetischen Tannen leuchtete ein Stern â allerdings nicht der von Bethlehem, sondern der fĂŒnfzackige Sowjetstern. Ihre hĂ€ufige Umdatierung in der Vergangenheit ermöglicht es, die Feierlichkeiten auf zwei Wochen oder darĂŒber hinaus auszudehnen: Man kann am 24. Dezember mit dem europĂ€ischen Weihnachten beginnen, danach kommt am 1. Januar das Neujahrsfest, am 7. Januar das orthodoxe Weihnachten und schlieĂlich am 14. Januar das alte Neujahr. Um diesen Marathon zu ĂŒberleben, braucht man massenhaft Verpflegung. Besonders eignen sich dafĂŒr der Kultsalat âOlivierâ und âSowjetskoje Schampanskojeâ. Die Tradition, Neujahr gleich zweimal zu feiern, kommt mittlerweile allerdings immer mehr aus der Mode, es sind ja schlieĂlich fast 100 Jahre seit der Abschaffung des julianischen Jahreswechsels vergangen.
Donnerstag, 10. Dezember 2015
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Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau
MEINUNG
RUSSLANDS WIRTSCHAFT 2016: DER KOLLAPS BLEIBT AUS
ANDREJ MOVTSCHAN ĂKONOM Der Autor ist Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik am Carnegie-Center in Moskau.
DMITRIJ DIWIN
A
us einer tiefen, zweijĂ€hrigen Krise heraus blickt Russland ins Jahr 2016. 2015 erlebte seine Wirtschaft einen beispiellosen Absturz aller Indikatoren. Und zwar in einem AusmaĂ, das keine andere Industrienation ĂŒberstanden hĂ€tte: Die Nachfrage nach InvestitionsgĂŒtern fiel um das Doppelte, der Import ging um 35 Prozent zurĂŒck, Auslandsinvestitionen fielen 2014 schon auf Null und erholten sich nicht. Der fĂŒr das gesamte Jahr 2015 erwartete reale BIP-RĂŒckgang von fĂŒnf Prozent geht mit einer Inflation von mindestens 16 Prozent einher. Dennoch ist Russland â entgegen allen Erwartungen westlicher Ăkonomen â von einem wirtschaftlichen Kollaps weit entfernt. Das Land verfĂŒgt ĂŒber Reserven, die seine StabilitĂ€t selbst bei einer jahrelangen Rezession gewĂ€hrleisten können. Um die Entwicklung fĂŒr das nĂ€chste Jahr vorauszusagen, lohnt sich ein Blick zurĂŒck. Schon vor dem Jahr 2000 wies Russlands Wirtschaft Merkmale einer Rentenökonomie auf. Vor 2008 floss dabei ein recht hoher Anteil der Petrodollars in Investitionen. Dieser fiel jedoch zu Beginn 2009 abrupt. 2012 erreichten die Kapitalflucht â angesichts enttĂ€uschter Demokratisierungshoffnungen â ein gröĂeres Volumen als der Ăberschuss der Handelsbilanz. Eine zunehmende Monopolisierung der Wirtschaft verursachte eine stabil hohe Inflation. Die Regierung löste das Problem auf einfache Weise: durch Lohnsteigerungen im aufgeblĂ€hten Staatssektor (ĂŒber 38 Prozent der arbeitsfĂ€higen Bevölkerung) und ineffektive Ausgaben. 2013 verzeichneten die Löhne bei nahezu stagnierendem BIP zweistellige ZuwĂ€chse. Dieses Ungleichgewicht fĂŒhrte zu verstĂ€rktem Import und zunehmendem Handelsanteil am BIP â der mit 30 Prozent fast doppelt so hoch war wie in den USA. Der Ălpreissturz 2014 war ein Schock, der mit der laufenden Stagnation zusammenfiel. Auf den Schock reagierte der aufgeblasene Konsum. Der Einbruch des BIP geht gröĂtenteils auf die Korrektur des Imports sowie der Haushalts-
und Unternehmensausgaben zurĂŒck. Eben dies ermöglichte Russland einen sanften Ăbergang zur Stagnation. Die vernĂŒnftige Zentralbankpolitik erhielt dabei die WĂ€hrungsreserven des Landes, lieĂ eine 50-prozentige RubelAbwertung zu und kurierte damit in weniger als einem Jahr Russlands andauernde HollĂ€ndische Krankheit. Anfang 2016 hat das Land die Folgen des Ălschocks ĂŒberwunden. Die WĂ€hrungsreserven entsprechen dem Import von zwei Jahren, mit stabiler LandeswĂ€hrung und langsam weichender Inflation. Doch die Auswirkungen der Wirtschaftspolitik der letzten fĂŒnf Jahre sind geblieben: Russland ist weiterhin eine Rentenökonomie, in der zwei Prozent der ErwerbstĂ€tigen 45 Prozent des BIP generieren. Das Land steckte den âĂl-Schlagâ weg und setzte seinen Kurs langjĂ€hriger Stagnation fort â auf einem niedrigeren Niveau. Hinzukommt, dass Russlands AuĂenpolitik die wenigen potenziellen Investoren verschreckt.
In dieser Lage wĂ€hlt Moskau das einfachste Programm: keine VerĂ€nderungen. Der Haushalt fĂŒr 2016 ist bereits vielfach diskutiert worden. Als âStagnationshaushaltâ, als âletztes Budgetâ bezeichnen böse Zungen die russischen Staatsfinanzen. Die Einnahmen bewegen sich auf dem Niveau von 2006/2007, die Ausgaben auf dem Niveau von 2008. Der Haushaltsentwurf lĂ€sst keine Wachstumsimpulse erkennen. Der Rebound samt einer sprunghaften Inflation steht Russland noch bevor â und eine Finanzkrise aufgrund zunehmender SchwĂ€che der Schuldner. Im Bausektor erwartet das Land einen Einbruch nach der Fertigstellung alter Projekte genauso wie Pleiten in der Reisebranche, in der Logistik und im Einzelhandel. Doch lĂ€sst man das auĂen vor, ist es denkbar, dass Russlands BIP ohne Reformen den Stagnationskurs von 2012 bis 2014 fortsetzen und um 2,5 Prozent oder mehr zurĂŒckgehen wird. Die Besteuerungsbasis
« Russland steckte den Ăl-Schlag weg und setzt den Kurs langjĂ€hriger Stagnation auf einem niedrigeren Niveau fort.»
RUSSLANDâTĂRKEI: BEZIEHUNGEN AUF DEM PRĂFSTAND
D SERGEJ MARKEDONOW POLITOLOGE Der Autor ist Dozent am Lehrstuhl fĂŒr auslĂ€ndische Regionalwissenschaft und AuĂenpolitik der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen UniversitĂ€t.
er Abschuss eines russischen Kampfjets am 24. November durch die tĂŒrkische Luftwaffe wird zu einer schwierige PrĂŒfung fĂŒr die Beziehungen zwischen Moskau und Ankara. Politiker und Fachleute hielten dasVerhĂ€ltnis bis vor Kurzem noch fĂŒr ein erfolgreiches Modell, wie aus historischen Feinden Freunde werden könnten. Es wĂ€re zu kurz gegriffen, die aktuellen Probleme als spontanes und grundloses, plötzlich aufgetretenes Ereignis zu betrachten. BĂŒlent Araz, fĂŒhrender TĂŒrkeiexperte, charakterisierte die russisch-tĂŒrkischen Beziehungen einmal als Wettkampfpartnerschaft. Und in der Tat, in wesentlichen politischen Fragen unterscheiden sich die Meinungen von Moskau und Ankara. Ein Beispiel hierfĂŒr sind die Konflikte in Bergkarabach und Georgien. Die TĂŒrkei hat sich stets zur territorialen IntegritĂ€t Georgiens bekannt. Zum Statuswechsel der Krim hat sich Ankara nicht öffentlich geĂ€uĂert, doch kann von einer gewissen vorsichtigen Skepsis in dieser Frage ausgegangen werden.
All die WidersprĂŒche wurden lange Zeit aber durch die positive und fĂŒr beide Seiten vorteilhafte Entwicklung der gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen beiseitegeschoben. Nun könnte man annehmen, dass der Pragmatismus auch weiterhin politische Differenzen in den Hintergrund treten lĂ€sst. Die Beziehungen Recep Tayyip Erdogans, des fĂŒhrenden tĂŒrkischen Politikers des letzten Jahrzehnts, zu den USA und der EuropĂ€ischen Union waren nie die besten. Ankara zeigte sich wenig begeistert von der Verbindung Washingtons zu den kurdischen Bewegungen im Nahen Osten. Und die tĂŒrkischen Bestrebungen zur EU-Integration lösten in BrĂŒssel nicht gerade HochgefĂŒhle aus. Die âkurdische Karteâ innerhalb der TĂŒrkei provozierte Diskussionen in der EU ĂŒber die ZweckmĂ€Ăigkeit einer Aufnahme der TĂŒrkei. Auch eine Einigung in der Zypernfrage konnte nicht erreicht werden. Die TĂŒrkei ist das einzige Nato-Mitglied, das zugleich den Status eines Dialogpartners der Shanghaier Organisation fĂŒr Zusammenarbeit (SOZ) hat. Russland und die TĂŒrkei akzep-
tierten ihre vielen Unstimmigkeiten, ohne jemals die rote Linie zu ĂŒberschreiten. Dass die wirtschaftliche Kooperation weiter ausgebaut werden sollte, war Konsens. Einen Beweis dafĂŒr liefert das Pipeline-Projekt âTurkish Streamâ, durch das Russland seine AbhĂ€ngigkeit von Europa als Hauptabnehmer verringern wollte. Doch die âAkzeptanz der Uneinigkeitenâ bröckelt nicht erst seit diesem Jahr. Den Anfang muss man in den Ereignissen 2011 suchen mit Beginn des Arabischen FrĂŒhlings im Nahen Osten. WĂ€hrend diese Bewegungen von Moskau als eine gefĂ€hrliche Herausforderung wahrgenommen wurden, stellten sie fĂŒr die TĂŒrkei eine Chance dar, in der Region nach vielen Jahren wieder FuĂ zu fassen. Vor diesem Hintergrund ist die tĂŒrkische UnterstĂŒtzung von Mohammed Mursi, AnfĂŒhrer der Ă€gyptischen MuslimbrĂŒder, zu verstehen sowie die zunehmend israelkritische Haltung, die politische PalĂ€stinophilie und der Kampf gegen das Regime von Baschar al-Assad. Ankara âbewarb sichâ auf diese Weise beim Nahen Osten ebenso wie im nahen Ausland.
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BĂŒlent Araz, fĂŒhrender TĂŒrkeiexperte, charakterisierte die russischtĂŒrkischen Beziehungen als Wettkampfpartnerschaft.»
der Unternehmen fĂ€llt dabei um die seit 2012 standardmĂ€Ăigen zehn bis 15 Prozent. Allerdings berĂŒcksichtigt dieses Szenario die AnpassungsfĂ€higkeit der Wirtschaft nicht und ist daher eher ein Worst Case. Ein weiterer Aspekt ist die illusorische Verringerung der ĂlabhĂ€ngigkeit fĂŒr den Haushalt 2016. In Brent-Barrel gemessen betrugen die Staatseinnahmen 2011 4,07 Milliarden Barrel, 2014 waren es 4,05 Milliarden, fĂŒr 2015 werden 4,16 Milliarden erwartet, fĂŒr 2016 sind â vom aktuellen Ălpreis und Dollarkurs ausgehend â 4,3 Milliarden Barrel veranschlagt. Selbst diese optimistischen Prognosen ergeben eine Differenz von lediglich sieben Prozent zwischen dem geplanten Haushalt und den Budgets der letzten Jahre. Die Korrelation zwischen den föderalen Finanzen und dem Ălpreis ist leicht zu erklĂ€ren: Am Ăl hĂ€ngen nicht nur die direkten Steuereinnahmen, sondern auch das Importvolumen, die Einkommenssteuern der Mitarbeiter und die Gewinne der Ălproduzenten. Zweifellos wird Russlands Wirtschaft 2016 weiter schrumpfen. Und zusĂ€tzlich einige unangenehme Ăberraschungen wie Bankenpleiten erleben. So steht die FĂŒhrung zusehends vor einem Dilemma: entweder die Steuern fĂŒr die restlichen Unternehmen und Privatpersonen erhöhen oder rigoros im Sozialbereich kĂŒrzen. Letzteres kann in eine Welle von Unzufriedenheit umschlagen. Unter diesen UmstĂ€nden wird es fĂŒr die Regierung zusehends schwerer, an den eigenen Prinzipien des freien Kapitalverkehrs und Wechselkurses sowie der rigiden Geldpolitik festzuhalten. FĂŒr 2016 reichen die Reserven jedenfalls noch. Unweigerlich wird es im Dunstkreis des Kremls zu MachtkĂ€mpfen kommen. Es gibt Einflussgruppen, die an geschlossenen MĂ€rkten und unkontrollierter LiquiditĂ€t verdienen können. Andere brauchen die Globalisierung und Auslandsinvestitionen. Zweifelsohne werden wir erfahren, wer daraus als Sieger hervorgehen wird. Nur nicht im kommenden Jahr.
Russland und die TĂŒrkei betrachten die gegenwĂ€rtigen Entwicklungen etwa in Syrien komplett unterschiedlich. Moskau sieht als gröĂte Bedrohung fĂŒr Syrien den IS und ein Ende des SĂ€kularstaates. Ankara befĂŒrchtet dagegen eine StĂ€rkung von Kurden und Alawiten und die Niederlage von Gruppierungen, die an einem gröĂeren tĂŒrkischen Einfluss in der Region ein Interesse haben. Der aktuelle Vorfall â der Abschuss des Kampfjets â bedeutet eine Gefahr fĂŒr die Beziehung der euroasiatischen Giganten. Auf beiden Seiten geht es um das Ansehen des eigenen Landes und um die zukĂŒnftige VerstĂ€ndigung. Noch kochen die Emotionen hoch. Das wird sich wieder Ă€ndern. Denn erstens haben sowohl Russland als auch die TĂŒrkei eine gewisse Erfahrung bei der Lösung schwieriger Probleme und der Suche nach einem Weg aus scheinbar aussichtslosen Situationen. Zweitens hĂ€tte es keinen Sinn, sich gegenseitig zu schwĂ€chen. Drittens versteht Ankara trotz seiner Vorbehalte gegen Assad, dass eine Destabilisierung in einem Nachbarland auch auf die tĂŒrkische Gesellschaft ĂŒbergreifen könnte. Und auch in der TĂŒrkei gibt es radikale islamistische Strömungen, die sich ohne Weiteres gegen Erdogan richten wĂŒrden. Sie interessiert dessen VerhĂ€ltnis zu Russland nicht. Es gibt Grund zu leiser Hoffnung, dass beide Seiten unter den neuen komplizierten Bedingungen einen Weg des weiteren Umgangs miteinander finden werden.
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Donnerstag, 10. Dezember 2015
PORTRĂT
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BALLETT Am 20. November wÀre die im Mai verstorbene legendÀre TÀnzerin 90 Jahre alt geworden
Maja Plissezkaja: Ein Leben fĂŒr die Kunst ANNA GALAJDA FĂR RBTH
Am 20. November wĂ€re Primaballerina Maja Plissezkaja 90 Jahre alt geworden. Die KĂŒnstlerin konnten auch der Eiserne Vorhang und der Kalte Krieg nicht davon abhalten, die BĂŒhnen der ganzen Welt zu erobern. Sie setzte MaĂstĂ€be, die noch heute im klassischen russischen Ballett gelten. TĂ€nzerinnen eifern ihr nach und streben danach, in AuffĂŒhrungen wie âSchwanenseeâ oder âDon Quijoteâ die Klasse der Plissezkaja zu erreichen, die ihrer Zeit oft weit voraus schien. Sie war eine beeindruckende Persönlichkeit; viele Menschen, auch BerĂŒhmtheiten, suchten ihre Gesellschaft. Die Plissezkaja war fast zu groĂ fĂŒr die BĂŒhne, selbst fĂŒr eine so bedeutende wie die des Bolschoi-Theaters. Am 2. Mai dieses Jahres starb die TĂ€nzerin in MĂŒnchen.
© ALEKSANDR MAKAROV / RIA NOVOSTI
Die Primaballerina hat das russische Ballett wie kaum eine andere TĂ€nzerin geprĂ€gt. Und sie war Muse zahlreicher KĂŒnstler â inspirierte Literaten, Musiker und Modedesigner.
Oben: Maja Plissezkaja und ihr Mann, der berĂŒhmte sowjetische Komponist Rodion Schtschedrin. Rechts: Maja Plissezkaja und Yves Saint Laurent.
Plissezkaja und die bildende Kunst Plissezkaja war wie keine andere KĂŒnstlerin ein gefragtes Modell von Malern und Bildhauern. Ihren Ausdruck, den zarten Hals und ihre langen Arme findet man in den Werken groĂer Meister wieder. Auch Marc Chagall fertigte Skizzen der Ballerina an. Sie tanzte barfuĂ vor ihm und improvisierte zur Musik von Mendelssohn. Eines der beliebtesten Motive war Maja Plissezkajas sterbender Schwan. Er findet sich zum Beispiel in einem Werk des brasi-
CORBIS/EAST NEWS
Plissezkajas schauspielerisches Talent zeigte sich schon in ihrer Kindheit. Sie erzĂ€hlte einmal, wie sie noch im Vorschulalter vom Hof gelaufen war, weil sie drauĂen den Walzer aus LĂ©o Delibes Ballett âCoppĂ©liaâ gehört hatte. Selbstvergessen tanzte sie dazu auf der StraĂe und begeisterte schon damals die Menschen. Ihre Mutter, eine Stummfilmschauspielerin aus einer der gröĂten Theaterdynastien Moskaus, fand das MĂ€dchen umringt von einer Menschenmenge, die die Darbietung der kleinen Maja begeistert verfolgte. Kurzerhand gab ihre Tante Sulamith Messerer, ein Star am Bolschoi-Theater, der Nichte Ballettstunden und inszenierte fĂŒr sie den ersten âsterbenden Schwanâ. FrĂŒh zeigte sich ihr auĂerordentliches Talent. Maja war sehr gelenkig und ihr durchdringender Blick aus den groĂen dunklen Augen verliehen ihr eine enorme Ausstrahlung. SpĂ€ter kam einmal nach einer AuffĂŒhrung von âSchwanenseeâ der italienische Schauspieler Marcello Mastroianni hinter die BĂŒhne und zeigte sich ĂŒberwĂ€ltigt von Plissezkajas Auftritt. âSchauspieler sind so arm: Wir haben nur Mimik und Gestik. Und Sie, Maja, Sie reden mit dem ganzen Körperâ, soll er gesagt haben.
CORBIS/EAST NEWS
Plissezkaja und das Kino
lianischen GraffitikĂŒnstlers Eduardo Kobra, dessen Arbeit ein Haus in der NĂ€he des Bolschoi-Theaters in einer StraĂe schmĂŒckt, die vor Kurzem nach Plissezkaja benannt wurde.
Plissezkaja und die Literatur Der sterbende Schwan so wie spĂ€ter auch die Carmen wurden die Markenzeichen der Plissezkaja. Das von der Ballerina erschaffene Bild eines starken und mutigen Vogels, unglaublich stolz, einsam und unbeugsam, inspirierte auch die Literaten. Plissezkaja selbst war eine wortgewandte Person. Sie ist Autorin von den zwei BĂŒchern, âIch, Majaâ und â13 Jahre spĂ€terâ, die beide zu Bestsellern wurden â was nicht am groĂen Namen der KĂŒnstlerin lag, sondern am geschliffenen Schreibstil. âIch galoppiere durch mein Leben. Durch das ganze poltrige Leben. Mir wird immer klarer, dass man nicht ĂŒber das Erlebte erzĂ€hlen kann. Lediglich Kleinabschnitte. Verschwommene Konturen. Schatten ... Ist das wirklich passiert? Ja, ist es ... Premieren, Blumen, Kampf, Hetze, Erfolglosigkeit, Triebe, Treffen, Koffer packen, Kampf mit dem Alltag ...â, schrieb sie in ihrer Autobiografie und fragte dann auf unerhörte Weise: âWas willst du ĂŒber mich erfahren, Leser?â
Plissezkaja und die Musik Plissezkaja verkehrte schon in frĂŒhen
Jahren in den Kreisen der Intelligenzija. âHeute war ich bei Lili Brik. Sie bekam Besuch von GĂ©rard Philipe, seiner Frau und Georges Sadoul. Alle waren sehr nett und wohlwollend. Das Paar bedauerte es, mich nicht auf der BĂŒhne gesehen zu haben, aber ich âtrösteteâ sie, indem ich ihnen meine Fotos, die leider nicht von bester QualitĂ€t waren, schenkte. Dann waren keine GĂ€ste mehr da auĂer dem Komponisten Schtschedrinâ, erzĂ€hlte Plissezkaja im Jahr 1955. Schtschedrin erinnerte sich: âIch hörte, wie Plissezkaja die Musik von Prokofjew aus dem Ballett âAschenputtelâ sang ... Die Ballerina hatte das absolute Gehör. Alle Melodien und Echos gab sie originalgetreu wieder. Die Musik von Prokofjew war damals relativ schwer aufzufassen.â Drei Jahre nach diesem ersten Treffen wurden Plissezkaja und Schtschedrin ein Paar. FĂŒr seine Kompositionen entwickelte Plissezkaja die Choreografien. Gemeinsame Werke waren âAnna Kareninaâ, âDie Möweâ oder âDame mit dem HĂŒndchenâ.
Plissezkaja und die Mode Zu einer Zeit, als sich sowjetische Frauen uniform und einfach kleideten, fiel Plissezkaja mit ihrer Extravaganz auf. Sie war die erste sowjetische BalletttĂ€nzerin, die aus dem Ausland elastische BadeanzĂŒge fĂŒr ihr Training besorgte. In Paris gehörte sie zum Freundeskreis
Latest report CO N V E R T I N G M O N O LO G U E S I N TO D I A LO G U E
An analytical publication that focuses exclusively on the complex challenges and opportunities shaping the U.S.-Russia relationship
âGlobal Warming: Russia Comes in from the Coldâ This report examines the changes happening in Russia ever since the issue of global warming was introduced on the global agenda. For Russia, which is preoccupied with its foreign policy and economic problems, climate change issues are coming to the forefront, as warming in the country occurs at a considerably higher rate than globally on average.
Zitat
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Ich hörte, wie Plissezkaja die Musik von Prokofjew aus âAschenputtelâ sang. Die Ballerina hatte ein absolutes Gehör.»
RODION SCHTSCHEDRIN KOMPONIST UND PIANIST
der Schriftstellerin Elsa Triolet, Ehefrau von Louis Aragon und Schwester von Lili Brik. Coco Chanel lud sie in ihr Atelier ein, wo sich Plissezkaja etwas aus der Kollektion aussuchen durfte. Ihre KostĂŒme wurden von Yves Saint Laurent und Jean-Paul Gaultier entworfen. Auf dem Festival dâAvignon im Jahr 1971 stellte Nadja LĂ©ger Plissezkaja Pierre Cardin vor. Die Ballerina wurde fĂŒr Jahrzehnte zu seiner Muse. Er entwarf fĂŒr sie mehr als 30 Kleider, ohne mehr dafĂŒr einzufordern als Freundschaft. Und sie blieb ihm als Designer fĂŒr immer treu, was ihr nicht schwerfiel: âEr ist genial, nicht ich treu. Cardin entwarf meine KostĂŒme fĂŒr Filme und Theater. Das sind königliche Geschenke!â Die schönsten KostĂŒme befinden sich im Bachruschin-Theatermuseum in Moskau. Im Jahr 1998 eröffneten Plissezkaja und Cardin im Kreml die gemeinsame Ausstellung âMode und Tanzâ. Unter den sowjetischen Modeschöpfern arbeitete Plissezkaja mit Wjatscheslaw Saizew zusammen, der die KostĂŒme fĂŒr ihr Ballett âAnna Kareninaâ entwarf. SpĂ€ter sagte er: âEs wurden mehr als 200 Skizzen gemacht. Viele von ihnen gefielen Maja, nicht jedoch Schtschedrin. Diese Frage ging bis an die Kulturministerin Furzewa, die einen Kompromiss von mir forderte. Ich ging darauf nicht ein, und so setzte Pierre Cardin die Arbeit fort.â
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Donnerstag, 10. Dezember 2015
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Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau
REISEN
SIBIRIEN Das alles haben nordsibirische Orte zu bieten: Polarlichter, Walrösser â und den lĂ€ngsten Eiskuss der Welt
Eiskalt und unvergesslich Temperaturen von minus 30 Grad Celsius? In einigen russischen Orten ist das im Winter geradezu mildes Wetter. Ziehen Sie sich ganz warm an und begleiten Sie uns in drei der kÀltesten StÀdte des Landes.
Zahlen
â 77,8 Grad Celsius ist der Rekord des Dorfes Oimjakon, das daraufhin zum kĂ€ltesten Ort Russlands ernannt wurde.
ANNA GRUSDEWA FĂR RBTH
Das Leben im Norden Sibiriens gleicht einem ewigen Winter. Unter den FĂŒĂen knirscht der Schnee, die PolarnĂ€chte sind lang und dunkel. Am Tag schweift der Blick ĂŒber die zugefrorenen Buchten Walenki und Unty. Warme Stiefel aus Filz und Pelz sind unverzichtbare Begleiter in dieser Gegend.
462 Menschen leben in Oimjakon. Ihr jakutischer Name bedeutet so viel wie âheiĂe Quelleâ.
DENIS KOZHEVNIKOV / TASS
© ANATOLIJ FALAMOW / RIA NOVOSTI
Dikson ist die nördlichste Ortschaft Russlands. Sie liegt in der Region Krasnojarsk â etwa 2729 Kilometer von Moskau entfernt. Schon in der Sowjetunion wurde der Ort die âHauptstadt der Arktisâ genannt. Damals befand sich hier der gröĂte Hafen Russlands. Wer sich Dikson anschauen möchte, sollte das am besten im Sommer tun. Denn dann lĂ€sst sich die Stadt bequem mit dem Boot ĂŒber den Fluss Jenissei erreichen. Die PolarnĂ€chte in Dikson sind pechschwarz und die permanenten Minusgrade beginnen schon im September. Wer darauf wartet, dass der Schnee schmilzt, muss sich meist bis Juni gedulden, SkisportaktivitĂ€ten finden hier noch bis in den Mai hinein statt. Ein weltweit einzigartiges KlimaphĂ€nomen sind die âschwarzen SchneestĂŒrmeâ mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 40 Metern pro Sekunde. Oft arten die StĂŒrme auch in Orkane aus. Dann, so sagen die Bewohner Diksons, fliegen hier sogar Haushunde und FĂ€sser, von denen es an der KĂŒste mehr als genug gibt, durch die LĂŒfte. Trotz des rauen Klimas kann man in dieser Stadt die Arktis in ihrer vollendeten Pracht erleben: An manchen Tagen erscheinen Polarlichter am Himmel und Walrösser tummeln sich am Ufer.
LORI/LEGION MEDIA
Dikson: die Hauptstadt der Arktis
Oben: In Dickson
Werchojansk: der kĂ€lteste Ort der kann man die ArkMenschheit tis in ihrer vollen In der kleinen Ortschaft Werchojansk, die 4675 Kilometer von Moskau entfernt liegt, leben etwas mehr als 1000 Menschen. Werchojansk ist zudem dafĂŒr bekannt, dass sich Meteorologen immer noch darĂŒber streiten, welcher Ort der wahre KĂ€ltepol aller bewohnten Gebiete der Erde ist: Werchojansk oder Oimjakon. Den Bewohnern der beiden abgelegenen StĂ€dte ist dieser Streit ziemlich egal, denn zwei Grad hin oder her Ă€ndern nichts an der
Pracht erleben. Unten: Der Rekord von Werchojansk liegt bei minus 69,8 Grad Celsius.
Tatsache, dass die Winter einfach hart sind â der Rekord von Werchojansk liegt bei minus 69,8 Grad Celsius. Deswegen ist es auch nicht erstaunlich, dass man in diese Region im 19. Jahrhundert RevolutionĂ€re und AufstĂ€ndische verbannte. In den beiden Ortschaften lebte beispielsweise WacĆaw Sieroszewski zwölf Jahre lang im Zwangsexil, ein polnisch-russischer Ethnograf, Sibirienforscher und Schriftsteller. Doch unterkriegen lieĂ sich Sieroszewski nicht. Er lernte eine Jakutin kennen, heiratete sie, nahm ethnografische Forschungen auf und
schrieb sein Werk âDie Jakuten. Der Versuch einer ethnografischen Untersuchungâ. Was sollte er auch sonst anderes in den langen kalten PolarnĂ€chten anfangen?
Jakutsk: Mammuts, Pfahlbauten und Diamanten
Die tiefste in Jakutsk je gemessene Temperatur betrug minus 64 Grad Celsius. Da heiĂt es, sich warm anzuziehen.
âBei meiner Ankunft am Flughafen in Jakutsk fĂŒhlte ich mich so, also ob mich Hunderte Blicke durchbohren wĂŒrden. Und das nicht etwa wegen meines Aussehens, sondern, ich glaube, weil die Menschen dort sehen wollten, wie der einzige âTouristâ angezo-
gen war, um jener KĂ€lte zu trotzen, mit der die Menschen aus dieser Gegend tĂ€glich zu kĂ€mpfen habenâ, schreibt der Schweizer Fotograf Steeve Iuncker ĂŒber seine Reise nach Jakutien. TatsĂ€chlich sollte man nicht ohne eine gute wintertaugliche AusrĂŒstung dorthin fahren. Denn 4880 Kilometer von Russlands Hauptstadt entfernt ist es richtig kalt. Die Durchschnittstemperatur in der Hauptstadt der Republik Sacha liegt zwischen minus 40 und 50 Grad Celsius. Trotz der extremen Lebensbedingungen wohnen in der Stadt der Diamanten, der fĂŒr sie so typischen Pfahlbauten, die in den Permafrostboden gerammt wurden, und der Mammuts rund 300 000 Menschen. Und die haben kreative Ideen, damit ihnen warm wird, zumindest ums Herz: Ein PĂ€rchen aus Jakutsk hĂ€lt den Rekord des lĂ€ngsten Kusses bei minus 30 Grad â immerhin 22 Minuten. Wer Jakutsk unbedingt im Winter besichtigen will, dem empfiehlt sich eine Museumstour. Als erste Station bietet sich das Mammutmuseum mit seinen gigantischen Skeletten an und gleich nebenan das archĂ€ologische Museum. Zum Abschluss sollte man einen Abstecher in einen Juwelierladen machen und vielleicht einen Diamanten erstehen, bevor man den Tag in einem Restaurant bei einem köstlichen StĂŒck frischer MarĂ€ne, Hirsch- oder Pferdefleisch ausklingen lĂ€sst.
Diese GraïŹk wurde mit UnterstĂŒtzung des Departments fĂŒr multikulturelle Politik, interregionale Zusammenarbeit und Tourismus der Stadt Moskau erstellt.
Moskauer Veranstaltungskalender 2016 12.12.2015 11.01.2016
FESTIVAL EINE REISE INS WEIHNACHTEN Auf dem Stadtplan entstehen 36 FestplĂ€tze mit Ladenreihen, FreilichtbĂŒhnen, StraĂentheater und Pavillions fĂŒr Kreativ-Workshops.
MAI FESTIVAL DIE NACHT IM MUSEUM Bis zum spĂ€ten Abend sind die TĂŒren von ĂŒber 250 Museen, Galerien und Kunst-Clustern geöïŹnet. Der Eintritt ist frei!
MAI
MAI MOSKAUER SOMMER. MARMELADENFESTIVAL Die Stadt wird mit Installationen und Kunstobjekten geschmĂŒckt, in Marktzelten gibt es ein reiches Angebot an Marmelade und kandierten FrĂŒchten. GrĂŒnanlagen, Prospekte und FuĂgĂ€ngerstraĂen werden zu FestivalplĂ€tzen.
SEPT
JANUAR
EMBER
9. MAI
MAI
6. 22. MAI
3. 4. SEPTEMBER
DER TAG DES SIEGES Laut Statistik ist der Tag des Sieges ĂŒber Nazi-Deutschland das meistbeachtete Fest in Russland. Höhepunkt ist die MilitĂ€rparade auf dem Roten Platz.
FESTIVAL MOSKAUER FRĂHLING Theaterperformances, Ausstellungen und Konzerte erinnern an die Helden des GroĂen VaterlĂ€ndlichen Krieges und an das Leben danach in der Sowjetunion.
EISHOCKEY WELTMEISTERSCHAFT Die 80. Weltmeisterscha , an der 16 Nationalmannscha en teilnehmen, ïŹndet in Moskau und Sankt Petersburg statt. Die Spiele werden im Moskauer VZB-Eispalast und im Petersburger Eispalast Jubileyny ausgetragen.
DAS STADTFEST Zum 869. Geburtstag Moskaus ïŹnden Konzerte, Unterhaltungsprogramme und BĂŒhnenshows auf den PlĂ€tzen, Boulevards, an den Uferpromenaden und in Parks statt.
SEPTEMBER KRUG SWETA KREIS DES LICHTS GroĂartige Lightshow: LichtkĂŒnstler aus dem Bereich der 2D- und 3D-Installationen nĂŒtzen den stĂ€dtebaulichen Raum als Objekt fĂŒr ihr Multimediaspektakel.
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2017
SEPTEMBER INTERNATIONALES MILITĂRMUSIK FESTIVAL SPASSKAJA BASCHNJA SPASSKAJA TURM Auf dem Roten Platz spielen russische und auslĂ€ndische Orchester auf, Volksmusikgruppen und Truppen der Ehrenwache.