MAG 17: Pique Dame

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Filzstiftporträt 32

Die Partie des Narraboth in Richard Strauss’ Salome singe ich sehr gerne – sie ist nur leider etwas kurz geraten, weil Narra­both nach einer halben Stunde bereits tot ist... In der Textvorlage von Oscar Wilde hat Narraboth gar keinen Namen. Er heisst dort nur «Der junge Syrier», und das sagt schon einiges über ihn und darüber, wie er im Stück wahr­ genommen wird. Herodes hat Narraboth zum Hauptmann der Wache ernannt und ihn dafür verantwortlich ge­macht, die Zisterne zu bewachen, in der der Prophet Jochanaan gefangen gehalten wird. Narraboth eröffnet die Handlung mit den Worten «Wie schön ist die Prinzessin Salome heute nacht!» Er spricht nie konkret aus, dass er in Salome verliebt ist, aber er ist voller Bewunderung für sie. Ich empfinde ihn als einen sehr – viel­ leicht allzu – idealistischen Charakter. Narraboth steht ein bisschen wie ein Statist auf der Bühne. Er redet an den an­ de­ren vorbei und die anderen an ihm. Der Page der Herodias versucht ihn zu warnen, doch der junge Hauptmann ist in seinen Schwärmereien versunken und hört ihm nicht zu. Salome ihrerseits ignoriert Narraboth konsequent und ant­ wortet auf keine seiner Fragen. Nur einmal redet sie mit ihm – nämlich dann, wenn sie ihn dazu verleiten will, die Zisterne zu öffnen, damit sie Jochanaan sehen kann. Salome weiss ganz genau, wie sie Narraboth, der für sie nur ein «tool» ist, manipulieren kann. Nachdem er ihren Wunsch erfüllt hat, betrachtet sie ihn wieder als überflüssig und inexistent. Dies kann er nicht ertragen. Und als Salomes irrsinnige Lei­den­ schaft zu Jochanaan entfacht, bringt er sich um. Die Unmittelbarkeit und Fatalität mit der sich Narra­ both tötet, ist typisch für diese Oper. Narraboths Schicksal ist mit demjenigen Salomes verwandt. Beide sind völlig be­ sessen von einer Idee. Während Narraboth aber ein schwacher Charakter ist und das Leben irgendwann nicht mehr aushält, zieht Salome ihre Obsession bis zum Exzess durch, so dass Herodes sich schliesslich dazu gezwungen sieht, sie töten zu lassen. Besonders gefällt mir, wie Strauss die Partie musikalisch gestaltet hat. Narraboth ist eine lyrische Tenor-Partie, die je­doch stark zum Heldentenor tendiert. Aber: jede Phrase ist sehr kurz! Strauss nimmt der Partie durch die musikalische

Gestaltung also bereits jede Chance, ausführlich zu Wort zu kommen. Leider hat Strauss nur wenige Rollen für mein Stimmfach geschrieben. Den Flamand in Capriccio und natürlich die grosse Partie des Kaisers in Die Frau ohne Schatten würde ich in Zukunft sehr gerne singen! Es gibt übrigens eine interessante Parallele zu einer anderen Partie, die ich in dieser Spielzeit am Opernhaus Zürich gesungen habe: Cassio in Verdis Otello ist ebenfalls ein Hauptmann. Die auffälligste Gemeinsamkeit besteht für mich darin, dass Cassio in Verdis Oper ebenfalls nur ein «tool» ist. Er hat ähnlich wenig Eigenständigkeit wie Narraboth. Ausserdem sind beide Rollen sehr wichtig für mich; Cassio als Einstieg ins italienische, Narraboth als Einstieg ins deut­ sche Repertoire. In dieser Spielzeit freue ich mich ganz besonders darauf, den Narraboth an der Seite von Nina Stemme als Salome zu singen – auch wenn sie mich auf der Bühne ignoriert... Benjamin Bernheim

Salome Oper von Richard Strauss Musikalische Leitung Inszenierung Bühnenbild Kostüme Lichtgestaltung Salome Herodias Jochanaan Herodes Narraboth Page der Herodias

Alain Altinoglu Sven Eric Bechtolf Rolf Glittenberg Marianne Glittenberg Jürgen Hoffmann Nina Stemme Hanna Schwarz Evgeny Nikitin Rudolf Schasching Benjamin Bernheim Anna Goryachova

Wiederaufnahme 19 April 2014 Weitere Vorstellungen 21, 26, 29 April, 4 Mai 2014


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