MAG 17: Pique Dame

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MAG 17

Tatiana Monogarova singt Lisa


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Editorial 1

Die Besessenen Verehrtes Publikum, jetzt, wo das Stein-Parkett des Sechseläuten-Platzes fertig verlegt ist und die Frühlingssonne die Menschen ins Freie lockt, strahlt das Opernhaus eine grosse Entspanntheit aus. Auf den Treppenstufen verdösen die Büroangestellten ihre Mittagspause, und die Theaterfassade scheint die Atmosphä­re des Müssiggangs in ihrer unumstösslichen Beschaulichkeit aus jeder Steinfuge zu bestätigen. Dabei ahnen all die Eisschlecker und Sonnenblinzler gar nicht, welcher Wahnsinn im Inneren des Theaterkastens tobt: Dass das Haus, wie gerade geschehen, in zwölf Stunden von einer Opernball- und Galadinnerkulisse in eine Bühne zurückverwandelt werden muss, was nahezu einer Entkernung gleichkommt. Wie bei krankheitsbedingten kurzfristi­ gen Sängerausfällen, von denen wir in diesen Wochen einige zu verkraften hatten, die Telefondrähte im Künstlerischen Betriebsbüro glühen, die Kostümabteilungen wegen der anfallendenden Garderobenänderungen rotieren und die Abendspielleitung für adhoc-Proben alles liegen und stehen lassen muss. Dass die Werkstattleiter sich die Haare raufen, weil der frisch aufgetragene Lack im neuen Bühnenbild leider unbrauchbar ist. Dass der hohe Kleenextücher-Verbrauch in den Solistengarderoben nicht nur vom Abschminken kommt, sondern auch vom Wegtupfen des kalten Lampenfieberschweisses und der privaten Sorgentränen. Die Oper ist ein Tollhaus, sie war es schon immer. In ihr sind Besessene und Verrückte unterwegs. Warum ist das so? Weil es der Kunstform innewohnt. Man denke etwa an Pjotr Tschaikowskis Oper Pique Dame, die am 6. April an unserem Opernhaus Premiere hat: Sie handelt von einem Besessenen. Sie erzählt vom Unter-

MAG 17/ März 2O14 Unser Titel zeigt Tatiana Monogarova, ein Porträt der Sängerin lesen Sie auf Seite 15 (Foto Florian Kalotay)

gang eines Offiziers, der der fixen Idee verfällt, er könne mit drei Karten sein Lebens- und Liebesglück erzwingen. Nach der alles entscheidenden Niederlage am Spieltisch jagt er sich eine Kugel in den Kopf. Tschaikowski zeichnet das Porträt eines Opernhelden, der gar nicht anders kann, als wider alle gesellschaftlichen Normen einer Obsession zu folgen, und genau diese rückhaltlose Leidenschaftsgetriebenheit war es, die den Komponisten an dem Stoff so faszinierte. Und was sagt unser Regisseur Robert Carsen dazu, der selbst seit vie­ ­len Jahren ein Leidenschaftsgetriebener des internationa­len Opernbetriebs ist? Es sei das Obsessive, das ihn an der Haupt­ figur Hermann interessiere. Besessenene, wohin man auch blickt. Der italienische Dirigent und Experte für historische Aufführungspraxis Riccardo Minasi wird unsere Gastspielproduktion für das Theater Winterthur einstudieren, es ist Domenico Cimarosas Oper Il matrimonio segreto. Wir haben ihn deshalb für ein MAG-Gespräch in seiner Heimatstadt Rom besucht. Und worüber spricht er, bevor noch der Be­ grüssungs-Espresso ausgetrunken ist? Über seinen persönli­ chen Fanatismus im Umgang mit der Musik! Noch ein Opern­verrückter, der in diesen Tagen seine Probenarbeit am Opernhaus Zürich aufnimmt. Nehmen Sie also, liebe Opernfreunde, unser aktuelles MAG zur Hand, nachdem Sie sich ein Eis gekauft und auf den Steinstufen vor dem Opernhaus Platz genommen haben. Und denken Sie bei der Lektüre daran, dass hinter Ihnen gerade ein Haufen Verrückter etwas für Sie vorbereitet. Claus Spahn


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Inhalt 3

Dieter Meier war Pokerspieler. Ein Interview mit dem Allround-Künstler über seine Spielsucht

10 Robert Carsen inszeniert Tschaikowskis SpielerOper Pique Dame mit Misha Didyk als Hermann. Ein Gespräch mit dem Regisseur

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Riccardo Minasi dirigiert Il matrimonio segreto am Theater Winterthur. Der Senkrechtstarter der Alten-Musik-Szene im Porträt

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Ab dem 12. April erneut im Repertoire: Die Revolutionsoper Andrea Chénier von Umberto Giordano

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6  Oper aktuell 7  Drei Fragen an Andreas Homoki 8  Wie machen Sie das, Herr Bogatu? 24  Die geniale Stelle

Filzstiftporträt  32 Vorhang zu!  34 Kalendarium und Serviceteil  35 Sibylle Berg geht in die Oper  40



Foto Monika Rittershaus

Wenn Amneris im vierten Akt die Priester verflucht, geht in unserer «Aida» ein Gewitter aus Schutt auf die Bühne nieder. Was da herabstürzt, darf nicht wehtun, nicht stauben, soll im Fallen spektakulär aussehen und leicht wegzuräumen sein. Welches Material macht solchen Effekt? Ganz einfach: Schaumstoffschnipsel in unterschiedlicher Grösse.

Oszillierende Trümmer


Oper aktuell 6

Liederabend Marlis Petersen

Endlich ist er fertig und langsam beginnt er lebendig zu werden: der neue Sechseläutenplatz vor dem Opern­ haus. Zu seiner Einweihung wird der Platz im April eine Woche lang ge­ feiert. Das Opernhaus lädt in diesem Rahmen zu einem Open-Air-­Konzert der Extraklasse ein: Auf einer eigens eingerichteten Konzertbühne werden die Starsolisten Jonas Kaufmann und Bryn Terfel zusammen mit der Philharmonia Zürich unter der Leitung von Alain Altinoglu auftreten. Der Eintritt ist frei, und genügend Platz ist garantiert vorhanden! 26. April, 16.3O Uhr, Sechseläutenplatz

Bevor sie nächste Spielzeit in der Uraufführung von Christian Josts Oper Rote Laterne zu erleben sein wird, stellt sich die deutsche Sopranistin Marlis Petersen im April mit einem Liederabend vor. Von der Kritiker­umfrage der Opernwelt bereits zweimal zur Sängerin des Jahres gekürt, trat die Künstlerin an den bedeutensten Bühnen der Welt wie der New Yorker Met, dem Lon­ doner Covent Garden oder der Bayerischen Staatsoper auf. Neben den gros­sen Rollen ihres Fachs war sie immer wieder als Alban Bergs Lulu zu erleben und hob wichtige Uraufführungen der letzten Jahre aus der Taufe. Zeit­ge­nössisches findet man denn auch in ihrem Zürcher Liederabend, den sie gemeinsam mit dem Pianisten Jendrik Springer bestreitet: Neben Liedern von Richard Strauss (Zueignung, Cäcilie, Mädchenblumen, Lieder der Ophelia) und Robert Schumanns Frauenliebe und -leben erklingt Wolfgang Rihms 1990 entstandener Zyklus Das Rot nach sechs Gedichten von Karoline von Günderrode. Freitag, 25. April, 19.OO Uhr, Hauptbühne Opernhaus

Gespenstisch Im April ist noch einmal die Kinder­ oper Das Gespenst von Canterville zu sehen, die im vergangenen November uraufgeführt wurde und schon viele junge Gäste begeistert hat. Familie Bürkli aus Zürich glaubt nicht an Gespenster, bis sie auf einem alten Schloss in Schottland eines Besseren belehrt wird... Ein kurz­weiliges Stück für die ganze Familie! 21. April, 14 Uhr, Hauptbühne Opernhaus

Die Philharmonia im iTunes-Store «Zugabe» heisst die App über die Philharmonia Zürich, die in einer Ko­ operation zwischen der Zürcher Hoch­ schule der Künste und dem Opern­­haus entstanden ist. Was wären die Orchestermitglieder geworden, wenn nicht Musiker? Welche «Dos und Don’ts» gelten beim Opernbesuch? Und welches Instrument gehört an welche Stelle im Orchestergraben? All diese Fragen beantwortet die App, die ab sofort kostenlos im iTunes-Store erhältlich ist. Viel Ver­gnügen bei der Lektüre!

Seltene Juwelen Mozarts Klavierquintett in Es-Dur KV 452 sitzt von seiner Stil- wie auch Gattungszugehörigkeit «zwischen allen Stühlen». Und genau das reizte Mozart wohl, als er, auf der Höhe seines Ruhms, dieses kammermusikalische Juwel für die seltene Besetzung Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott schrieb. Die Gattung setzte sich nie richtig durch. Erst Beethoven liess sich zu einer zweiten Komposition im selben Stil und in derselben Tonart in­spirieren: zu seinem Klavierquintett op. 16. Musiker des Orchestra La Scintil­la und der Pianist Sebastian Wienand interpretieren die beiden Werke auf historischen Instrumenten. Brunchkonzert: 6. April, 11.15 Uhr, Spiegelsaal Lunchkonzert: 7. April, 12 Uhr, Spiegelsaal

Foto Dietmar Scholz

Open-Air mit Jonas Kaufmann und Bryn Terfel


Drei Fragen an Andreas Homoki 7

Foto  Stefan Deuber

Seit zwei Wochen sind Sie Gast an der Wiener Staats­ oper und inszenieren Richard Wagners Lohengrin. Warum ist es für Sie wichtig, an einem anderen Haus zu arbeiten? Als Intendant, der gleichzeitig Regisseur ist, sollte man sich ab und zu auch ausserhalb des eigenen Hauses präsen­tieren, um sich neuen Herausforderungen zu stellen. Wenn ich zum ersten Mal an einem Opernhaus inszeniere, muss ich die Menschen zunächst für mich einnehmen und von meiner Arbeit überzeugen. Am eigenen Haus bin ich da schon aufgrund meiner Position als Intendant in einem gewissen Vorteil. Als Künstler sollte man sich aber immer wieder neu beweisen müssen, was mir dank meiner mittlerweile langjährigen Erfahrungen als Regisseur glücklicherweise heute leichter fällt als zu Zeiten, wo ich als junger Regisseur noch unter einem viel grösseren Druck stand. Eine Monumental-Oper wie Lohengrin, die darüber hinaus ein grosses Chorstück ist, nötigt aber auch mir meine gesamten Energien und Ressourcen ab – man kann sich auf nichts ausruhen! Ich bin wirklich froh, dass ich den Lohengrin nicht am Anfang meiner Karriere machen musste. Die Wiener Staatsoper und das Opernhaus Zürich sind beides renommierte Häuser. Inwiefern unterscheiden sich die beiden Opernhäuser voneinander? Die Wiener Staatsoper hat den Anspruch, das gesamte Opernrepertoire möglichst breit abzubilden. In der Tat gibt es kaum ein anderes Opernhaus, das innerhalb einer Spielzeit mit knapp 40 Wiederaufnahmen mehr Stück­titel anbieten würde. Dieses System bringt zwangsläufig mit sich, dass viele der Inszenierungen ziemlich in die Jahre gekommen und die ursprünglichen szenischen Vorgänge stark abgeschliffen sind, da für die Wiederaufnahme-Proben dieser Stücke oft nur wenige Tage zur Verfügung stehen. Wien kompensiert dies mit der Präsentation von vielen unterschiedlichen Star-Besetzungen,

für die solche kurzen Probenzeiten recht attraktiv sein können. In Zürich hingegen liegt der Fokus eher auf den zahlreichen Premieren, da die Erfahrung zeigt, dass das Zürcher Publikum sehr viel mehr an Neuproduktionen interessiert ist. Wir produzieren neun Opernpremieren pro Spielzeit, während die Wiener Staatsoper sechs heraus­­ bringt. In der nächsten Spielzeit ist Lohengrin als Eröffnungs­ premiere auch am Opernhaus Zürich zu sehen. Wird es möglich sein, Ihre für Wien entstandene In­ sze­nierung eins zu eins zu übernehmen? Mehr oder weniger schon. Eine Inszenierung besteht ja aus vielen spielerischen Verabredungen zwischen den Darstellern sowie aus bestimmten Vorgängen, die passend zum dramatischen Geschehen und der Musik entwickelt wurden. Diese Vorgänge gelten zunächst einmal un­ abhängig von den Darstellern und sollten auch bei einer Neu­einstudierung ihre Gültigkeit haben. Aber selbst­ verständlich erarbeite ich meine Inszenierungen immer auch im Austausch mit den jeweiligen Sängern. Bei einer Übernahme wird man daher nicht alles automatisch auf einen neuen Darsteller übertragen können. In Zürich sind ausser Klaus Florian Vogt als Lohengrin komplett andere Sänger zu erleben, die ihren Rollen be­stimmt eine individuelle Note verleihen werden – selbst­verständlich immer im Dienste der jeweiligen Figur! Der Vorteil einer Koproduktion liegt jedoch vor allem im Ökonomischen, da mehrere Häuser von der einmal her­gestellten Dekoration und den Kostümen profitieren. Wir haben daher das Bühnenbild, das in Wien hergestellt wird, so konzipiert, dass es sowohl für die Wiener Staats­oper als auch für die etwas kleinere Bühne in Zürich passt. Ausserdem sind bereits jetzt sämtliche Folgevor­stellungen von Lohengrin mit dem Spielplan der Wiener Staatsoper und unserem Spielplan koordiniert. Das Bühnen­bild wird dann zwischen den beiden Städten hin- und her reisen!


Wie machen Sie das, Herr Bogatu? 8

Mein Beitrag zum MAG fällt mir etwas schwerer als sonst, denn auch der Technik drohen manchmal die Trümpfe aus­zugehen. Das Bühnenbild von Pique Dame besteht aus ei­ nem Boden, zwei Seitenwänden und einer Rückwand. Den Ideen des Regisseurs stehen 14 Spieltische, Stühle, ein Sarg, ein Dutzend Hängelampen und ein Bett zur Verfügung. Klingt überschaubar, hat es aber dennoch in sich: Die Wände sind hoch und breit, verschiebbar und sollen aussehen, als wenn sie aus gepolstertem grünem Filz bestehen würden. Natürlich ohne sichtbare Teilungen. Der Filz sollte in einem Rautenmuster in Falten gelegt und dann mit Knöpfen auf der Unterkonstruktion befestigt werden. Man nennt diese Technik Kapitonierung. Leider konnten wir für die Wände keinen Filz nehmen, da dieser den Schall schluckt und der Stoff beim Auf- und Abbauen beschädigt worden wäre. Wir spielten unseren ersten Trumpf aus: Die Theaterplastiker haben die Kapitonierung nachgeformt und aus schwer entflammbaren Kunststoffplatten tiefgezogen, die den Schall reflektieren, statt ihn zu schlucken. Die Platten wurden so matt wie möglich eingefärbt. Beim Aufbau auf der Bühne gefiel die Farbe allen, doch bei den Beleuchtungsproben erschien sie dem Regisseur zu hell und glänzend. Alle Versuche, die Wände auf der Bühne schnell matter oder dunkler zu malen, erwiesen sich als Fehlfarben, weil auf der Lackierung des Spritzwerks unsere Farben nicht haften. Als letzte Massnahme blieb uns nichts anderes übrig, als die

Wände wieder abzubauen und sie nochmal ins Spritzwerk zu schicken. Das mischte den Proben- und Transportbetrieb sowie die Kosten heftig durcheinander. Der Boden des Bühnenbildes sollte ein Abbild der Wän­­­de sein – aber flach. Der Versuch, die Originalwände zu fotografieren und auf Bodenplatten zu drucken, misslang. Unseren Theatermalern gelang es schliesslich mithilfe von 3,5 km Seil, das über den Boden gespannt wurde, die Rauten gleichmässig aufzumalen und die Räumlichkeit der Kapitonierung durch Farbverläufe in mehr als 5000 (!!!) Rauten zu simulieren. Als der Boden fertig gemalt im Malsaal lag, waren alle begeistert. Da die Tische auf dem Boden hin und her geschoben werden, beschlossen wir, den Boden mit einer har­ten Lackschicht zu überziehen. Aber wir erlebten im Originallicht noch eine böse Überraschung: Bei der Verarbeitung ist die Lackschicht nicht gleichmässig aufgetragen worden, man sieht helle Streifen auf dem Boden. Wir versuchten mit Hilfe von Spiritus, den Bodenbelag vollflächig anzuätzen – der Effekt war zu gering. Wir mussten unseren letzten Trumpf ausspielen: Wir lassen den kompletten Boden in den nächsten Tagen erneut im Spritzwerk klar lackieren. Wenn das nicht hilft, werden wir sicher nicht passen, sondern einen weiteren Trumpf aus dem Ärmel ziehen. Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

Illustration Laura Jurt

Die letzte Karte ist noch nicht gespielt


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Foto: Daniel Rosenthal/laif

Zocken ist Weltflucht In Tschaikowskis «Pique Dame» treibt die Spielsucht die Hauptfigur Hermann erst in den Wahnsinn und später in den Tod. Der Musiker und Künstler Dieter Meier weiss aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, spielsüchtig zu sein. Ein Gespräch


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Dieter Meier, Ende der sechziger Jahren haben Sie einige Zeit lang Ihr Geld mit Pokerspielen verdient. Wie kam es dazu? Nach dem Abitur begann ich Jura zu studieren; aber ei­ gent­lich wusste ich nicht wirklich, was ich mit mir an­ fangen sollte: Nichts ergab Sinn. In einem Billard-Lokal, wo auch Karten gespielt wurde, bin ich zum Rommé gekommen. Poker war damals verboten und wurde nur in privaten Zocker-Logen gespielt. Es galt, so wie alle Kartenspiele mit weniger als fünf Karten, als Hasard-Spiel. Poker ist aber gar kein Glücksspiel, im Poker gleichen sich die Karten aus über die Partien, und der schlechtere Spieler wird immer verlieren. Er wird aber trotzdem immer wieder an den Spieltisch zurückkommen, weil er mit der Illusion lebt, er hätte schlechte Karten gehabt. Zocken ist die radikale Weltflucht: Am Spieltisch sitzt man unter einer unsichtbaren Glocke, und dahinter gibt es keine Welt. Mit den sogenannt harten Drogen wie bei­ spiels­­weise Heroin, mit denen ich zum Glück nie etwas zu

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tun hatte, ist das ähnlich: Du musst alles unternehmen, um an das Gift ranzukommen, das dich kurzfristig erlöst; vor allem aber ist die Jagd danach eine pervertierte Form der Sinnstiftung. Für den Junkie ist der rein physische Entzug einfacher als dieser Sinnverlust. Beim Poker sitzt du am Tisch mit fünf oder sechs Leuten, jeder will dich finanziell zerstören, möglichst schnell möglichst viel Geld gewinnen. Alle drei, vier Minuten nimmst du ein neues Blatt auf, bekommst eine neue Chance, wie ein neues Leben. Ich merkte sehr bald, dass ich mich selbst betrog – ich redete mir ein, wenn ich dann einmal viel Geld ge­ wonnen habe, dann fahre ich nach Indien oder Afrika, um dort ein Buch zu schreiben. Das ist absoluter Blödsinn, der Spieler spielt nur, um am anderen Tag wieder spielen zu können. Es geht also immer um das Spielen selbst? Es geht um die Flucht vor der Welt. Ein süchtiger Spieler sieht keine Welt mehr hinter dem Roulette-Tisch. Ich glaube, wie viele andere Menschen ist auch Dostojewski, der die Sucht in einem Roman beschrieben hat, vor seinen psychischen Problemen an den Spieltisch geflüch­ tet, weil diese im hermetisch abgeschlossenen Irrsinn ausge­blen­det sind. Der Unterschied beim Poker ist, dass du dich mit dem, was das Schicksal dir an Karten als Ersatz­leben in die Hand gibt, auseinandersetzen und so oder so spielen kannst. Die Glücksspiele im Casino dagegen sind völlig idiotisch, weil du garantiert verlierst, sonst gäbe es ja keine Casinos. Worin bestand für Sie das Suchtpotenzial beim Spielen? Spielen ist eine extreme Form der pervertierten Ge­bor­gen­­­ heit. Du sitzt am Spieltisch, es geht jede Minute um sehr viel Geld, du bist jede Sekunde existenziell gefordert, wie ein Boxer im Boxring, «busy surviving», austeilen und nichts einfangen, das ist das Prinzip. Im Ring gibt es kein Leben, ein Boxer blendet in dieser Extremsituation alles aus. Verliert ein Spieler also durch seine Spielsucht den Bezug zur Realität? Ein Spieler verbringt seine Tage in seiner Sucht und ist nicht mehr interessiert daran, sich mit Menschen aus­zu­tau­schen. Der Dialog findet statt mit den Karten und dem, was man am Spieltisch mit diesen Karten macht. Wenn ich mal keine Partie hatte, habe ich den Schachspie­ lern Geld gegeben, damit sie gegen mich Poker spielten. Ein Pokerspieler ohne Pokerpartie ist wie ein verlorener, streunender Hund, der sich irgendwie in der Stadt


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rumtreibt und sich vielleicht in eine Bar setzt in der Hoff­ nung, der nächste Anruf würde dazu führen, dass doch noch irgendwo eine Partie auftaucht. Wie haben Sie aus dieser Sucht herausgefunden? Ich wollte eigentlich immer aufhören, man hat ja das Ge­ fühl, ein absolut verlorener Taugenichts zu sein. Man spielt und gewinnt, um wieder spielen zu können, und verliert dabei alle sozialen Bezüge. Wenn ich mit einer Dame essen ging, geschah das, um mir zu beweisen, dass ich überhaupt noch auf dieser Welt bin, aber meistens gingen die Partien gegen 22, 23 Uhr los, und man hat sich dann verabschiedet. Jeder, der wirklich einer harten Sucht ausgeliefert ist, weiss: Das ist wie ein Rausch, der als Dauerzustand bei immer höheren Dosen katastrophale Folgen hat. Damals gab es auf dem Weg ins Odeon eine wunderbare Buchhandlung, da ging ich jeden Tag rein und kaufte wie verrückt Bücher, die ich nie gelesen habe. Als ich aufhörte zu spielen, standen in meiner Wohnung hunderte von Plastiktüten mit eingepackten Büchern. Eine Sucht loszuwerden geht nur, wenn irgend­ etwas anderes in dein Leben kommt, ein ganz kleiner feiner Faden – an dem kannst du dich rausziehen. Ich traf damals zufällig einen jungen Mann im Odeon, der hatte irgendein Geschäft, das nicht gut ging, deshalb arbei­tete er nebenbei in der Tonhalle als Türschliesser. Er sagte, er könne mir jederzeit, auch wenn Arthur Rubin­stein oder Isaac Stern spielten und alles ausverkauft war, einen Stuhl hineinstellen. Da dachte ich, ich versuche mal, ob er das tatsächlich macht, und bin hingegangen. Ich sass dann in der ersten Reihe, ein bisschen auf der Seite, und hörte zu. Ab da ging ich eine ganze Saison lang abends ins Konzert. Es war ein unglaublicher Sinnstifter, in diese Musikwelt einzutauchen, und nach dem Abitur meine erste vernünftige Arbeit. Ausserdem hat der erste Stock im Odeon zugemacht, damit war der Nukleus meiner Zockerei zerschlagen. Etwas später, als ich schon seit zwei oder drei Monaten nicht mehr spielte, traf ich einen Spieler der Mittelklasse, keinen Spitzenspieler, es gibt da klare Hierarchien... Waren Sie ein Spitzenspieler? Ich war o.k., aber manchmal auch k.o. Natürlich erleidet man auch mal ein K.O., aber eigentlich habe ich viel Geld gewonnen. Ich treffe also diesen Menschen, der sagt, in der und der Suite, in dem und dem Hotel, findet eine interessante Pokerpartie statt, willst du nicht da hingehen? Aber ich hatte gar kein Geld dabei und wollte ja auch nicht mehr spielen. Also hat dieser Mann mich ausgerüstet,

das heisst, mir Geld gegeben, damit ich spielen kann. Das war eine hohe Partie, viel Halbwelt, viele Kriminelle; und als hätten mich die Spielgötter an den Tisch zu­rück haben wollen, gelang mir an dem Abend einfach alles, und ich kam mit den Taschen voller Geld, 20.000 oder 30.000, damals sehr viel Geld, aus der Zockerloge raus. Die Sonne ging auf, ich stand auf einer der Brücken über die Limmat und kaufte mir geräucherten Lachs, den ich von Hand ass. Dann ging ich ins Musikgeschäft Jecklin, um mir eine schöne klassische Gitarre zu kaufen. Der distinguierte graumelierte Verkäufer fragte mich, auf welchem Niveau ich denn Gitarre spielte, und ich sag­te, ich spiele eigentlich überhaupt nicht Gitar­re. Da holte er ein Instrument und meinte, ich sollte es doch wenigstens ausprobieren. Ich sagte, ich kann das nicht ausprobieren, meine Hände stinken nach Fisch, er soll mir doch vorspielen. Das tat er dann, kopfschüttelnd und mit einem gewissen Unwillen. Die Gitarre hatte später eine grosse Bedeutung für mich: Ich nahm alle Saiten bis auf eine herunter und spielte darauf wie in der indischen Musik mit nur einem Grundton. Dazu habe ich gesungen. Zur gleichen Zeit fing ich an, Experimentalfilme zu machen, die ich dann auch selbst vertonte, live vor der Lein­wand, mit dieser Gitarre und irgendwelchen Gegen­ ständen, mit denen ich Geräusche machte. Das führte dazu, dass der Inhaber eines kleinen Plattenlabels mich mit anderen Musikern zusammenbrachte und ich meine ersten Songs aufnahm. Die einsaitige Gitarre, mit dem Geld meiner letzten Pokerpartie gekauft, hat also zu etwas geführt. Alles in meinem Leben ist eigent­ lich eine solche Verkettung von Zufällen. Diese eine Nacht vor dem Gitarrenkauf, in der Sie so viel Geld gewannen, die führte nicht dazu, dass Sie wieder mit dem Spielen anfingen, wieder süchtig wurden? Nein, ich war schon eingebettet in etwas anderes, das mich mehr interessiert hat. – Als ich noch zockte, lud ich oft Künstler und Schriftsteller in die Kronenhalle zum Essen ein, um mir eine Umgebung zu kaufen, bevor die Nachtpartien losgingen. Ich war mir sehr bewusst, dass ich mir Freunde kaufte. Einer von diesen machte Filme und fragte mich, ob ich ihm eine 16mm-Kamera besorgen könnte. Mein Onkel hatte eine solche Kamera, die sollte eingesetzt werden bei einem Dreh, der dann aber nicht stattfand. Ich sass da mit der Kamera, wartete bis es los ging und spannte aus Langeweile einen Film ein. Das Warten in diesem Zimmer habe ich gefilmt und nann­­te mein erstes kleines Experiment dann später «Herr


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Soundso» – also der andere Filmkünstler – «machte in Max’ Zimmer am Samstag Nachmittag keinen Film». Ich habe völlig naiv alles ausprobiert, Überblendungen, Einzel­bilder, Rückwärtsbelichtungen. Ich wollte eigentlich nur rausfinden, wie die Kamera funktioniert. Der Film hat dann tatsächlich an einem Festival einen Preis ge­­won­ nen, gerade weil ich völlig absichtslos und ohne zu wissen, was raus kommt, wie ein Kind mit der Kamera ge­ spielt habe. Die Filmkamera hatte für mich eine durchaus therapeutische Bedeutung, weil ich im Gegensatz zu ande­ren Formen der Kunstversuche beim Filmen nicht un­­ mittelbar mit dem Gefühl des Ungenügens und einem Re­sultat konfrontiert war, das den grössenwahnsinnigen Ansprüchen an mich selbst nicht gerecht wurde.

Wussten Ihre Eltern von Ihrer Spielsucht? Ja, sicher, aber ich war ja als Student getarnt. Ich wusste immer, dass ich nicht definitiv pleitegehen konnte und wegen meiner Zockerei nie im Gefängnis landen würde. Ich habe andere Spieler erlebt, die sich im Endrausch mit Betrügereien ins Gefängnis gebracht haben und sich damit unterbewusst vom Irrsinn erlösten. Russische Grossfürsten und Prinzessinnen stürzten sich in Monte Carlo über einen Fels ins Meer. Soweit kam ich nicht einmal annähernd. Ich hatte immer ein Netz. Das Gespräch führte Beate Breidenbach

Haben Sie beim Poker jemals Ihre Existenz aufs Spiel gesetzt? Nicht wirklich, vielleicht die kurzfristige finanzielle Exis­ tenz, denn das ist ja auch der Kick beim Spielen. Ich be­ wahrte alles Geld, das ich gewonnen hatte, in einer Schuhschachtel auf. Wenn da viel Geld drin war, dann er­ höhte ich den Einsatz; wir spielten einen unlimitierten Po­ ker, also die ganz harte, brutale Nummer. Wenn im Pott 10.000 liegen, kannst du sagen, plus 20.000. Da liegt dann in diesem Pott vielleicht die ganze Kohle, die du hast – und du verlierst. Dann leihst du dir zu Wucherzinsen Geld, weil du sofort wieder zocken willst. Das ist mir auch ein paar Mal passiert, dass ein Abend lang nichts gelang: Du wirst nervös, spielst gegen dein Gefühl, willst dein Glück erzwingen, und dann ist es vorbei. Der gute Poker­ spieler ist nicht der verrückte Hasardeur, sondern der, der sich selbst und seine Möglichkeiten erkannt hat. Die Verlierer sind oft die Angeber, Leute, die nicht bei sich selbst sind und etwas anderes sein wollen, als sie sind. Waren Sie durch Ihre Spielsucht jemals in einer Situation, in der Sie vollkommen verzweifelt waren und an Selbstmord dachten, wie Hermann in Pique Dame? Nein, niemals. Es gibt Menschen, übrigens auch viele Künstler, die sich selbst mit einem Casino-Verbot belegen. Der Schauspieler und Regisseur John Houston zum Beispiel: Er wurde mal gefragt, was er in seinem Leben gern anders gemacht hätte, und seine Antwort war, er hätte die Regiegagen nicht immer schon verzockt, be­ vor er sie überhaupt bekommen hatte. Nein, solche Momente gab es bei mir nicht. Meine Eltern waren wohl­ habend und wir liebten uns, gerade auch in schwierigen Zeiten. So wusste ich jederzeit, dass ich nicht untergehen konnte.

Dieter Meier Am Schnurrbart und seinem Halstuch kann man ihn erkennen: Dieter Meier hat Ende der siebziger Jahre die Elektropop-Formation Yello gegründet, wurde Konzeptkünstler, Musikproduzent, Filmemacher, Autor und ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Schweiz. Der Sohn einer wohlhabenden Bankiersfamilie ist auch als Unternehmer und Investor erfolgreich. Er baut Rotwein an, entwirft Uhren und betreibt ei­ ne Bio-Rinderfarm in Argentinien. Dem Pokerspiel verfallen war Dieter Meier in seinen frühen Jahren. In den Ruin getrieben hat ihn seine Spiel­ sucht nicht.


Brennen für die Bühne Die russische Sopranistin Tatiana Monogarova ist Spezialistin für die Lisa in Tschaikowskis «Pique Dame» – sie hat die Partie am Moskauer Bolschoi-Theater und vielen anderen Opernhäusern gesungen. Nun ist sie zum ersten Mal in Zürich zu hören. Ein Porträt Text Beate Breidenbach, Foto Danielle Liniger


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o ein Probenbeginn ist nicht immer einfach. Aus allen möglichen Ländern kommen die Beteiligten der neuen Pique Dame-Produktion zusammen: Tschechien (Dirigent Jiři Bělohlávek), Kanada (Regisseur Robert Carsen), Ukraine (der Tenor Misha Didyk), Russland (die Sopranistin Tatiana Monogarova), Deutschland (die Mezzosopranistin Doris Soffel), USA (der Bariton Brian Mulligan), Schweiz (die Regie­assistentin Nina Russi). Die Liste liesse sich noch über einige Zeilen weiterführen. Zum grössten Teil treffen die Künstlerinnen und Künstler hier in Zürich zum ersten Mal aufeinander – und sollen nach einer kurzen Einführung durch den Regisseur sofort mitten in Tschaikowskis hochemotio­ na­le, von Liebe und Wahnsinn erzählende Oper hineinsprin­ gen. Geplant war, die Probenarbeit chronologisch zu begin­ nen – doch Misha Didyk, der den Hermann singt, ist noch nicht da, und es kommt zunächst auch keine Verbindung mit ihm zustande. Ob er noch nicht von seiner Lungen­ent­ zündung genesen ist oder ob die politische Situation in sei­ ­­ner Heimatstadt Kiew daran Schuld hat, dass er noch nicht in Zürich gelandet ist, wissen wir zu diesem Zeitpunkt nicht.

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Keine ganz einfache Situation also. Und für Tatiana Mono­ garova, die die Lisa singt, kommt es ziemlich überraschend, dass ihre grosse Szene gleich in der allerersten Probe dran ist: In dieser Szene legt Lisa sich Rechenschaft darüber ab, dass sie den Fürsten Jeletzki, ihren Verlobten, gar nicht liebt, sondern einer dunklen Leidenschaft zum mittellosen Her­ mann verfallen ist; in ihrer Arie singt sie von ihren heftigen Emotionen, muss also gleich in der ersten Probe ihr Inners­ tes nach aussen kehren. Doch das ist für Tatiana Monogarova kein Problem – ganz im Gegenteil. Zwar hatte sie eben noch mit Orientie­ rungsschwierigkeiten in der für sie fremden Stadt zu kämp­ fen und musste erst mal rauskriegen, wie man den richtigen Fahrschein löst, welche Strassen- oder S-Bahn man nimmt und wie man es trotz aller Unwägbarkeiten schafft, recht­ zeitig auf der Probebühne am Escher-Wyss-Platz anzukom­ men. Aber kaum hat die szenische Probenarbeit begonnen, ist sie hochkonzentriert. Sie identifiziert sich so sehr mit der Lisa, dass sie auf den Proben fast abwesend wirkt; mehrmals fragt sie der Regisseur Robert Carsen, ob sie denn sein Englisch überhaupt verstehe, weil sie kaum auf seine Aus­ führungen reagiert. Tatiana Monogarova nickt; und spätes­ tens dann, wenn sie die Szene spielt, ist allen klar, dass sie ganz genau verstanden hat, worauf es ankommt. Dass sie die Lisa schon in vielen anderen Produktionen – darunter eine Inszenierung von Richard Jones, die in meh­ reren italienischen Städten zu sehen war, eine Produktion an der Bayerischen Staatsoper München und eine weitere am Moskauer Bolschoi-Theater – gesungen hat, hilft ihr natür­ lich; nicht nur ihre eigene Rolle beherrscht sie perfekt, sie spricht auch alle anderen Partien auswendig mit. Und wenn ihr amerikanischer Kollege, der zum ersten Mal ihren Ver­ lobten Jeletzki singt, in seiner grossen Arie eine vorüberge­ hende Gedächtnislücke hat, dann sorgt sie diskret dafür, dass es keinem auffällt, indem sie ihm von ihrer Position auf der Bühne aus leise souffliert. Tatiana Monogarova wollte nicht immer Sängerin wer­ den – zunächst zog es sie zum Ballett. Sie trainierte eifrig, studierte Bücher über den Tanz, besuchte wann immer mög­lich Ballettvorstellungen am Moskauer Bolschoi-Thea­ ter, der Vater kaufte ihr Spitzenschuhe – doch dann machten die strengen Auswahlkriterien der Moskauer Ballettschulen dem Traum abrupt ein Ende: Sie war schlichtweg zu gross für eine Karriere als Ballerina. Als dieser Schock halbwegs verwunden war, musste sie sich für eine andere Ausbildung entscheiden – was ihr allerdings nicht ganz leicht fiel; klar war nur, dass es auf jeden Fall die Bühne sein musste. Sie machte sowohl die Aufnahmeprüfung für die Schauspiel­ schu­le als auch die für das Gesangsstudium – und bestand


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beide. Zu einer Entscheidung gezwungen hat sie dann eine Professorin, die in beiden Aufnahmeprüfungen in der Jury gesessen hatte und Tatiana zur Rede stellte: Was sie denn nun eigentlich werden wolle, eine Schauspielerin, die auch singt, wie sie an der Schauspielschule überzeugend versichert hatte, oder eine Sängerin, die besonderes Interesse am schauspielerischen Teil ihres Berufs hat, wie sie den Gesangs­ lehrern erklärt hatte?! Tatiana entschied sich für letzteres und studierte am renommierten Moskauer GITIS, der heutigen Russischen Akademie für Theaterkunst – und wenn man sie auf der Bühne erlebt, dann wird einem schnell klar, dass es genau diese vollkommene Durchdringung von Gesang und Schauspiel ist, die ihr ganz besonders gut gelingt – obwohl sie selbst gerade das als ausserordentlich schwierig beschreibt. Ihre Karriere ging sie langsam an, zunächst trat sie an den kleineren und im Westen weniger bekannten Moskauer Musiktheatern wie der Helikon-Oper und dem Stanislawski und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater auf. Heute, meint Tatiana Monogarova, gibt es viele junge Sängerinnen und Sänger, auch und besonders in Russland, die sich kaputt machen, weil sie zu schnell zu viel wollen und nur an die grosse Karriere (und das grosse Geld) im Ausland denken. Man müsse vorsichtig sein, sehr genau wissen, was einem gut tut, was für die Stimme in welcher Phase der Entwicklung richtig ist. Eines ihrer ersten Auslandsgastspiele führte Tatiana Monogarova übrigens in eine Stadt gar nicht weit von Zü­ rich – in der Regie von Eike Gramss sang sie die Donna Anna am Stadttheater Bern, in der Spielzeit darauf folgte eben dort die Cleopatra in Händels Giulio Cesare. Neben der Lisa in Pique Dame ist die Tatiana in Eugen Onegin eine ihrer Paraderollen; sie sang sie in der äusserst erfolgreichen Inszenierung von Dmitri Tcherniakov, die zuerst am Mos­ kauer Bolschoi-Theater und später mit ihr auch am Teatro Real Madrid, der Pariser Opéra und der Mailänder Scala zu sehen war. Am liebsten arbeitet Tatiana Monogarova mit Regisseuren, die für ihre Idee, für ihre künstlerische Arbeit allgemein brennen – so wie sie selbst. Sie ist extrem begeis­ terungsfähig, gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn sie von Sängerinnen wie Katia Ricciarelli oder Renata Scotto spricht, die sie sehr bewundert, oder von der Arbeit mit Richard Jones oder Robert Carsen. Als ich sie frage, wo­von sie träumt, welche Rollen sie gern noch singen möch­te, meint sie, es sei schwierig, das so konkret zu sagen; sie träume eigentlich ständig, das Träumen sei ihre Hauptbeschäftigung. Am meisten wünsche sie sich aber, dass ihr der innere Antrieb, das künstlerische Wollen erhalten bleibe. Denn wenn sie das einmal nicht mehr hätte, dann wäre es Zeit, sich einen an­ deren Beruf zu suchen. Tatsächlich fällt es schwer, sich

vorzustellen, dass Tatiana Monogarova während einer Probe oder gar einer Vorstellung einmal nicht hundert Prozent gibt – das Wort Routine kommt in ihrem Wort­schatz ver­ mutlich gar nicht vor. Dass sie sich so vollkommen ihrer Kunst hingeben kann, hat Tatiana Monogarova auch der Unterstützung ihres Mannes zu verdanken, eines in Russland sehr bekann­ten Tenors, der oft als Hermann in Pique Dame zu hören war, inzwischen aber nur noch selten auftritt und stattdessen seine Frau auf ihren Auslandsgastspielen begleitet. Die bei­ den Töchter, 19 und 16 Jahre alt, sind zur Selb­stän­digkeit erzogen und können inzwischen gut auf sich selbst aufpas­ sen. Und zu zweit lassen sich fremde Städte und Fahrkar­ tenautomaten auch viel besser bezwingen.

Pique Dame Oper von Pjotr Tschaikowski

Musikalische Leitung Inszenierung Bühnenbild Kostüme Lichtgestaltung Choreografie Choreinstudierung Dramaturgie

Jiři Bělohlávek Robert Carsen Michael Levine Brigitte Reiffenstuel Robert Carsen, Franck Evin Philippe Giraudeau Jürg Hämmerli Beate Breidenbach

Hermann Graf Tomski Lisa Gräfin Fürst Jeletzki Tschekalinski Surin Tschaplitzki Narumov Festordner Polina Gouvernante Mascha

Misha Didyk Alexey Markov Tatiana Monogarova Doris Soffel Brian Mulligan Martin Zysset Tomasz Slawinski Kristofer Lundin Alexei Botnarciuc Alessandro Fantoni Anna Goryachova Julia Riley Alexandra Tarniceru

Mit freundlicher Unterstützung der Premiere Weitere Vorstellungen

Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich Statistenverein am Opernhaus Zürich René und Susanne BraginskyStiftung und der Ringier AG 6 April 2014 11, 13, 16, 27 April, 3, 6, 11, 18 Mai 2014


Misha Didyk, Tatiana Monogarova


Herz-As und Pik-Dame Robert Carsen ist in Zürich durch Inszenierungen wie «Tosca» und «Semele» bekannt geworden. Nun inszeniert er eines seiner Lieblingsstücke: Tschaikowskis «Pique Dame». Ein Gespräch mit dem Regisseur über Liebe, Todessehnsucht und obsessives Glücksspiel Probenfotos Danielle Liniger


Pique Dame 20

Robert Carsen, in Tschaikowskis Pique Dame geht es um Hermann, einen mittellosen Deutschen, der sich in Lisa, Enkelin einer reichen Gräfin, verliebt; als Hermann zufällig vom Geheimnis dreier Karten erfährt, die ihm ein neues Leben ermöglichen könnten, wird das Kartenspiel für Hermann zur Obsession, die ihn erst in den Wahnsinn und schliesslich in den Tod treibt. Sie haben gesagt, Pique Dame sei schon immer ein Wunschstück von Ihnen gewesen. Warum? Es ist eine sehr starke Geschichte, die Tschaikowski fabelhaft komponiert hat. Die unglaubliche Intensität von Hermanns emotionaler Erfahrung und die Tatsache, dass Tschaikowski sich sehr mit seiner Hauptfigur identifiziert hat, macht das Stück einzigartig. Auch die Subjektivität dieser Oper, die uns so tief in Hermanns Kopf hinein­ schauen lässt, ist sehr besonders. Davon abgesehen war Pique Dame die allererste Oper, an der ich gearbeitet habe – vor vielen Jahren war ich als unbezahlter Hospitant beim Spoleto Festival, kurz nachdem ich beschlossen hatte, nicht Schauspieler zu werden, sondern Schauspiel­ regisseur. Regie führte damals Filippo Sanjust, Magda Olivero war die Gräfin – eine lebende Legende! Diese Er­ fahrung wurde der Beginn meiner Opernarbeit. Seitdem habe ich mir immer gewünscht, diese Oper zu inszenieren, und deswegen habe ich sofort Pique Dame vorge­schlagen, als Andreas Homoki mich fragte, welche Oper ich in Zü­ rich gern inszenieren würde. Ich denke auch, es ist eine Oper, die in einem kleineren Opernhaus sehr gut funktioniert. Hat diese Tatsache auch mit dazu beigetragen, dass Sie in Ihrer Fassung das erste grosse Kinderchor-Bild und das Schäferspiel im zweiten Akt gestrichen haben? Wir haben uns für diese intimere Fassung entschieden, die näher an der Vorlage Puschkins ist und auch näher an der Intention, die Tschaikowski ursprünglich hatte, bevor er Elemente hinzufügte, die eher dem Zeitgeschmack geschuldet sind. So können wir uns ganz auf die Ereignisse rund um die Hauptfigur Hermann konzentrieren. Sie gehen noch einen Schritt weiter, indem Sie die Geschichte nicht nur auf Hermann konzentrieren, sondern ganz aus seiner Perspektive erzählen. Dieser Zugang hilft uns dabei, einige musikdramaturgisch seltsame Momente zu erklären, wenn die Handlung ganz plötzlich stillsteht; diese Momente sind immer auf Hermann bezogen. Zum Beispiel das Quintett im ersten Akt, wenn Hermann auf Lisa und die Gräfin trifft, oder das Ensemble im letzten Bild, wenn Hermann

das erste Mal gewinnt. Ich kenne keine solchen Momente in anderen Opern. Man hat das Gefühl, als würde die Musik schmelzen. Oder Hermanns Arie kurz vor Schluss, wenn er das Leben als Spiel beschreibt – alles um ihn herum steht für einen Moment lang vollkommen still. Das Stück ist sehr subjektiv und ganz aus Hermanns Per­ spektive erzählt, dadurch auch sehr filmisch. Man begreift nicht wirklich, wer Hermann ist, aber man erfährt einiges über ihn, auch wenn man ihn nicht verstehen kann. Hermann ist eine seltsame, sehr ungewöhnliche und sehr komplexe Opernfigur. Hermann scheint vom ersten Moment des Stückes vom Tod angezogen zu sein – man hat fast das Gefühl, als könnte die Oper gar nicht anders enden als mit seinem Tod. Das Unheil scheint vom Schicksal vorherbestimmt zu sein. Liebe und Tod sind wie zwei Seiten einer Medaille, per­­­soni­­fiziert in Lisa und der Gräfin, die für den Tod steht. Das Herz-As und die Pik-Dame... Das ist richtig. Dennoch hat Hermann eine Wahl. Es gibt einen Moment, in dem er sagt: Ich sollte die Idee vergessen, mit den drei Karten reich zu werden, und einfach mit Lisa verschwinden. Er weiss, was er tun sollte, aber er tut etwas anderes, denn er muss rausfinden, ob die drei Karten, die ihm die Gräfin genannt hat, als sie ihm erschienen ist, wirklich funktionieren. Wir wissen ja nicht, ob die Gräfin ihm wirklich erscheint – genau so, wie wir nicht wissen, wie das Herz-As sich am Ende in die Pik-Dame verwandelt –, oder ob das alles nur in seinem Kopf passiert. Hermann ist der Aussenseiter der Gesellschaft. Was macht ihn dazu? Er ist weder reich noch von aristokratischer Herkunft. Das macht es für ihn unmöglich, in Lisas Nähe zu kommen. Doch er ignoriert die Macht der Liebe: Lisa liebt Her­ mann – sie lässt ihn ins Haus der Gräfin, ihrer Grossmutter, sie ist sehr mutig, sie gibt alles auf für Hermann, um sich ihm total hinzugeben. In gewisser Weise ist Hermann der Aussenseiter, der zu sehr nach den Regeln der Ge­ sellschaft spielt; er könnte diese Regeln ja auch brechen. Übrigens erfahren wir über Lisa im Stück nicht viel. Was macht Hermann so attraktiv für sie? Schliesslich erfüllen sich doch durch ihre standesgemässe Ver­ lobung mit Prinz Jeletzki alle ihre Mädchenträume, sie könnte glücklich sein...


Robert Carsen

Blindtext 21


Tatiana Monogarova, Robert Carsen

Lisa sucht die grosse Leidenschaft; sie ist sehr romantisch veranlagt, und die Gefahr, das Unbekannte, Unerklärliche ziehen sie sehr viel mehr an als das Vernünftige, Einfache. Lisa projiziert etwas auf Hermann, das gar nicht der Rea­ lität entspricht, sie weiss nichts über ihn, sie ist einfach stark von ihm angezogen und fühlt eine sexuelle Leiden­ schaft, die sie für Jeletzki nicht empfindet. Und zugleich ist diese Beziehung zu Hermann eine Möglichkeit für sie, aus der Verlobung mit Jeletzki und aus dem für sie ernied­ rigenden Leben mit der Gräfin auszubrechen. Lisa ist sehr von der Dunkelheit, vom Tod angezogen – ganz ähnlich wie Hermann selbst. In ihrer ersten Arie thematisiert sie diese Leidenschaft, die so dunkel und düster ist wie die Nacht. Sowohl Hermann als auch Lisa sind von Todessehnsucht getrieben – die Gräfin, die ja dem Tod sehr viel näher steht, will dagegen nicht sterben, sondern ewig leben! Auch die Gräfin bleibt sehr rätselhaft. Im Grunde könnte es auch sein, dass sie nur in Hermanns Kopf existiert. Er hört die verrückte Ge­ schichte von den drei Karten und glaubt daran – und des­ wegen geschieht es so. Aber ist die Gräfin wirklich so? Wir wissen es nicht. Ich denke, es ist eine grosse Stärke dieses Stücks, dass so vieles offen bleibt. Hermann nimmt ausser der Gräfin und Lisa kaum etwas anderes wahr. Er proji­

ziert alle seine Hoffnungen, im Grunde sein ganzes Leben auf diese beiden Menschen. Und Lisa nimmt ausser Her­ mann und der Gräfin, ihrer Grossmutter, die sie fürchtet, auch kaum etwas anderes wahr. Die Handlung entwickelt sich zwischen diesen drei Figuren. Ein entscheidender Impuls für die Handlung kommt von Tomski: Er erzählt die Geschichte von der Gräfin und den drei Karten, die Hermann zu viel Geld verhelfen und ihn damit in Lisas Nähe bringen könnten. Tomski ist ein interessanter Charakter; er ist Hermanns einziger Freund, aber wir erfahren nichts über diese Freundschaft oder worauf sie sich gründet. Vielleicht gin­ gen sie zusammen in die Schule, bevor Tomski geerbt hat und reich wurde? Tomski hat jedenfalls Zutritt zu einer Welt, die Hermann verschlossen ist, deshalb erleben wir Hermann oft als einen Voyeur, der eine Gesellschaft beob­ achtet, zu der er nie gehören wird. Puschkin hat seine Erzählung in seiner Gegenwart, also um 1830, angesiedelt, Tschaikowskis Oper spielt um 1790; Sie haben für Ihre Inszenierung die Mitte des 20. Jahrhunderts gewählt. Warum? Für mich war es wichtig, die Geschichte auch optisch nä­ her an die Gegenwart heranzuholen. Ich dachte dabei an


Doris Soffel

den Film L’année dernière à Marienbad von Alain Resnais als die passende, seltsame Atmosphäre mit sehr reichen, privilegierten Menschen, über die man im Film nichts er­ fährt. Ich hoffe, dass der Zuschauer sofort begreifen wird, dass Hermann niemals Teil dieses exklusiven Milieus sein wird. In Ihrer Inszenierung hat man – auch durch das Bühnenbild – das Gefühl, dass es für Hermann auf der einen Seite keinen Weg in diese Gesellschaft hinein gibt, zum anderen aber auch keinen Weg aus seiner Situation heraus – es wirkt alles sehr klaustrophobisch... Ich finde solche Lösungen oft intuitiv. Mir war schnell klar, dass ich die verschiedenen Schauplätze, die Tschai­ kowski eigentlich vorsieht, nicht nachbilden wollte. Mir war sehr wichtig, den subjektiven Blickwinkel und das Obsessive der Geschichte zu behalten; ich mag es auch, dass man nichts kommentieren muss, wenn man eine Er­ zählweise wie diese wählt, ich möchte nicht erklären, ob Hermann das Richtige tut oder nicht, was schlecht ist oder gut. Die Geschichte hat eine starke Parallele zu unse­ rer Zeit, in der die Menschen reich sein wollen; natürlich wollen wir alle sorgenfrei und bequem leben, aber wir ver­ gessen manchmal, wie viel genug ist. Hermann verliert sein Ziel völlig aus den Augen: Er wollte beim Spiel ge­

nug Geld gewinnen, um mit Lisa zusammen sein zu kön­ nen. Wenn die Gräfin ihm als Geist erscheint, was viel­ leicht nur eine Projektion seiner Psyche ist, sagt sie ihm genau, was er zu tun hat: Er soll Lisa heiraten und sie glücklich machen, und nur dafür nennt sie ihm die drei Karten. Aber er tut das nicht – er vergisst Lisa, er wirft sie weg, macht sie kaputt; die Obsession hat total von ihm Besitz ergriffen. Ja, es ist ein Todeswunsch, etwas Zerstö­ rerisches in ihm. Hat er Lisa überhaupt wirklich geliebt, oder war er nur fasziniert von der Idee, zu lieben? Für je­ den von uns ist es schwierig, zu wissen, was uns wirklich antreibt. War vielleicht der Wunsch nach Reichtum das, was ihn von Anfang an angetrieben hat? Viele Menschen wünschen sich, sehr viel Geld zu haben, weil sie glauben, sie könnten damit den Tod fern halten, obwohl sie ja wis­ sen müssten, dass das nicht funktioniert. Ich kenne keine andere Oper, die auf diese Weise Eros und Thanatos, den Wunsch nach Reichtum und obsessive Spielsucht mitein­ ander verbindet. Das Gespräch führte Beate Breidenbach



Die geniale Stelle 25

Geld aus Geld Ein Ostinato in Tschaikowskis «Pique Dame» Als die Brüder Tschaikowski Puschkins Novelle Pique Dame für die Opernbühne adaptierten, veränderten sie das Profil der Hauptfigur fast bis zur Unkenntlichkeit: Bei Puschkin ist der Hermann ausschliesslich daran interessiert, durch ei­nen grossen Spielgewinn reich zu werden. Darum will er in die Nähe der alten Gräfin kommen, die drei Karten kennen soll, mit denen man todsicher gewinnt. Und zu diesem Zweck spielt er ihrer Nichte Lisa vor, dass er sie liebt. In der Oper ist aus dem geldgierigen Zyniker ein hoffnungslos Liebender geworden, der glaubt, die geliebte Frau nur dann erreichen zu können, wenn er auf irgendeine Weise zu Geld kommt. Nur darum versucht er, in die Nähe der alten Gräfin zu kom­ men und das Geheimnis zu erfahren. Diese Veränderung ist oft kritisiert worden. Die einen sahen die Abweichung von der geheiligten Vorlage des Na­tio­nal­dichters als Sakrileg, andere erkannten darin ein schwäch­­liches Einknicken vor der Opernkonvention. Im Westen hantierte man gern mit dem Klischee von der «russi­ schen Seele», die so voller melancholischer Gefühle ist, dass ihr alles ins Sentimentale verrutscht. Dabei übersieht man geflissentlich, dass auch Puschkins Novelle von einem Russen stammt, dass die «russische Seele» also nicht so durch und durch sentimental und zu anderem unfähig sein kann. Allerdings hielt es der, der vor der Aufgabe stand, aus der Novelle mit ihrem kühl distanzierten Erzählton ein bühnen­wirksames Drama zu schaffen, offensichtlich für un­ abdingbar, dem Publikum die Möglichkeit zu geben, sich mit der Hauptfigur zu identifizieren oder wenigstens ihr Schicksal mitfühlend nachzuvollziehen. So schuf er die neue Geschichte von einem unglücklich Liebenden, der der Ver­ füh­r ung des Reichtums erliegt und sein Glück zerstört. Pjotr I. Tschaikowski seinerseits hat bis ins Detail aus­ komponiert, wie die Idee von den drei Karten, die den Reich­ tum bringen, in Hermanns Unterbewusstsein immer mehr Raum greift, bis sie schliesslich zur Psychose wird. Die letzte Begegnung der beiden Protagonisten fasst diesen Vorgang in eine besonders beeindruckende Chiffre: Lisa ist entschlos­ sen, alles hinter sich zu lassen und mit Hermann fortzugehen. Aber das seltsam kurze und wie geistesabwesend gesungene

Duett, in dem von der glücklichen Zukunft die Rede ist, lässt schon ahnen, dass sie nicht dasselbe meinen. Das wird offen­ sichtlich, wenn Hermann erklärt, dass er nicht mit Lisa fort­ gehen, sondern ins Spielkasino gehen will, um mit den drei Karten reich zu werden. An dieser Stelle wandeln sich die unruhig pochenden Tonwiederholungen, die das Duett be­ gleitet hatten, plötzlich in ein niederstürzendes Ostinato, das die ganze folgende Passage durchzieht. Es ist das variierte Kartenmotiv, dem man unschwer die Worte «Drei Karten, drei Karten, drei Karten» in ständiger Wiederholung unter­ legen kann. Mehr noch: rückwirkend gewinnt man den Ein­­druck, dass sie auch schon der pochenden Begleitung des kleinen Duetts zugrunde lagen, was den zwielichtigen Ton des Duetts zu erklären scheint. Hermann ist seiner fixen Idee rettungslos verfallen; kein anderer Gedanke als der an den lockenden Reichtum hat in seinem Kopf mehr Raum. Er hat vergessen, dass sein Ziel nicht das Geld, sondern Lisas Liebe gewesen ist, er bemerkt nicht, dass er dieses Ziel längst erreicht hat, Mittel und Zweck haben für ihn die Plätze ge­ tauscht. Es ist die Logik der Kapitalvermehrung, der Schaffung von Geld aus Geld, die von ihm Besitz ergriffen hat. Einen anderen Gedanken kann er nicht mehr fassen, und dieser macht ihn nicht nur liebesunfähig, sondern auch blind für das, was sein Glück wäre. Die Gier zerstört seine Fähigkeit, menschliche Beziehungen einzugehen und zwingt ihn, buchstäblich über die Leiche der geliebten Frau dorthin zu stürmen, wo er glaubt, die Erfüllung seiner Wün­sche zu fin­den, wo ihn aber nur Wahnsinn und Tod erwarten und die späte Erkenntnis, dass er sein Leben vertan hat. Die Betrachtung dieses kompositorischen Details zeigt, dass Tschaikowski die Veränderung der Hauptfigur sehr be­ wusst als eine Möglichkeit wahrgenommen hat, die politische Tendenz der Puschkinschen Novelle nicht etwa abzuschwä­ chen, sondern mit den Erfahrungen des florierenden Kapita­ lismus an der Wende zum 20. Jahrhundert neu zu fassen und zu verschärfen. Werner Hintze


Foto: Julien Mignot


Il matrimonio segreto 27

Wie ein Besessener Riccardo Minasi dirigiert unsere Produktion «Il matrimonio segreto» am Theater Winterthur. Bei einem Treffen in seiner Geburtsstadt spricht er über den «Geist des Fanatismus» und erklärt, warum der Begriff «Barock» aus unserem Vokabular verschwinden sollte.

W

er Riccardo Minasi in Rom zum Interview treffen will, muss nur den Touristenströmen folgen. Die kleine Bar, die er als Treffpunkt vorgeschlagen hat, liegt in der Nähe der Piazza Navona. Minasi ist gebürtiger Römer und die Altstadt östlich des Tibers seine Heimat. Hier lebt der Dirigent und Geiger mit seiner Familie, wenn er nicht auf Konzertreise ist. Hier liegt gleich um die Ecke das Gei­ genbauatelier seines Freundes Claude Lebet, der Violinen nach Modellen von Stradivari und Guarneri baut. Hier trinkt er seinen Caffè im Stehen. Weil aber der Märzabend draussen schon angenehm warm ist, schlägt er vor, das Gespräch un­ ter freiem Himmel auf der Piazza Farnese zu führen, als sei sie sein Wohnzimmer und die Brunnenmauer seine Sitzecke. Vor uns ragt der imposante, von Michelangelo umgebaute Palazzo Farnese auf, in dem die fatale Begegnung zwischen der Sängerin Tosca und dem Polizeichef Scarpia in Puccinis Tosca angesiedelt ist, und Riccardo Minasi sagt: «Als Musiker bin ich ein Fanatiker». Dass da etwas dran sein muss, kann man schon an dem Namen des Orchesters ablesen, das er vor zwei Jahren mit­ begründete und mit dem er als Chefdirigent bereits Erfolgs­ geschichte geschrieben hat – Il pomo d’oro (Der goldene Apfel). So heisst auch eine Oper von Antonio Cesti, die 1666 anlässlich der Hochzeit Leopolds I. mit der spanischen In­ fantin Margaretha Theresia in einem Wiener Freilichttheater vor etwa 5000 Zuschauern uraufgeführt wurde. Das Werk war ein Riesenspektakel mit zahlreichen Spezialeffekten wie einstürzenden Türmen, fliegenden Göttern und sinkenden Schiffen und dauerte eine ganze Nacht. In 48 Partien trat fast das vollständige Götterinventar der griechisch-römischen

Mythologie auf, ein gewaltiges Feuerwerk mit 73’000 Rake­ ten wurde abgeschossen und 300 Pferde tanzten ein Ballett. Wer sich ein solches Werk zum Vorbild nimmt, muss beses­ sen sein von dem, was er macht. Der 1978 geborene Musiker bekam als Dreijähriger zum ersten Mal eine Geige in die Hand und wandte sich bald der Barockvioline und der historischen Aufführungspraxis zu. Als Solist und Konzertmeister arbeitete er mit so renom­ mierten Ensembles wie Le Concert des Nations von Jordi Savall, Il Giardino Armonico und dem Concerto Vocale von René Jacobs. Als Dirigent leitete er zahlreiche bedeutende Orchester in ganz Europa. In der Bewegung der historischen Aufführungspraxis gehört Minasi sozusagen zur Enkelgene­ ration, die die stilistischen und instrumentalen Standards nicht mehr gegen Widerstände durchsetzen muss, sondern selbstverständlich mit ihnen aufgewachsen ist – und sie trotz­ dem ehrgeizig weiterentwickelt. Meisterkurse und Lectures führten Minasi bis an die Juilliard School in New York, und in letzter Zeit hat er sich neben seinen musikalischen Tätig­ keiten auch mit der kritischen Edition von Bellinis Norma beschäftigt, auf deren Grundlage die Aufnahme mit Cecilia Bartoli und dem Orchestra La Scintilla unter der Leitung von Giovanni Antonini entstanden ist. Minasi ist unermüdlich in seiner Arbeit. Soeben ist er aus Venedig zurückgekehrt, wo er – in nur einer Woche – eine ganze Oper aufgenommen hat. Seit seine ersten Aufnahmen mit dem Orchester Il pomo d’oro und Sängern wie Franco Fagioli, Xavier de Sabata und Max Emanuel Cencic vielbe­ achtet und mehrfach ausgezeichnet wurden, läuft seine CD-Karriere auf Hochtouren. Noch in diesem Frühjahr wird


Il matrimonio segreto 28

beispielsweise mit Händels Tamerlano die erste Opernge­ samt­aufnahme unter Minasis Leitung auf den Markt kom­ men. Die wenigen Tage, die er nun mit seiner Frau – die als Sän­gerin ebenfalls an allen grossen Häusern auftritt – und seiner Tochter in Rom verbringen kann, nutzt er, um sich auf sein Instrument zu konzentrieren. Manchmal sei es schwierig, dies alles unter einen Hut zu bringen, sagt Minasi, aber weniger zu machen, kommt für ihn nicht in Frage: «Gerade gestern habe ich mich auch mit Lorenza Borrani, der Konzertmeisterin des Chamber Orchestra of Europe über musikalischen Fanatismus unterhalten. Fanatismus ist unser Geheimnis, glücklich zu sein. Ich kann mich jedenfalls nicht zufrieden geben, wenn ich nicht immer mit hundert Prozent bei der Sache bin.» Minasi ist ein Dirigent, der am liebsten, wie in Cestis Oper, 73’000 Raketen auf einmal ab­feuern würde. Beabsichtigt er eigentlich, Cestis Opern-Spektakel, das nur im Torso überliefert ist, wieder auferstehen zu lassen? «Ja, vielleicht ist das irgendwann das Ziel...», sagt er und lacht, «Utopia! – Ich glaube, dass diese Aufführung eine wunderbare Nacht voller schönster Musik gewesen sein muss, und heute kennen wir das Stück gar nicht mehr. Den Haupt­ fokus legen wir mit Il pomo d’oro deshalb auf die Aufführun­ gen von Opern. Und zwar vor allem auf Werke, die uns heute noch nicht so gut bekannt sind.» Unterstützt wird das Orchester übrigens von einer Frau, deren Herz genau so in­tensiv für die Oper schlägt: von der Bestsellerautorin Donna Leon. «Ihre Leidenschaft für die Oper ist unglaublich!», sagt

Minasi. «Als wir letztes Jahr Händels Tamerlano aufgenom­ men haben, sass sie täglich stundenlang in den Aufnahme-­ Sessions, nur um die Musik zu hören.» Unterdessen sind auch zwei Gemeinschaftswerke von Donna Leon und Mi­nasi entstanden: Die Musikbücher Kurioses aus Venedig mit Musik von Antonio Vivaldi und ein Gondola-Projekt, zu dem Il pomo d’oro venezianische Gondellieder eingespielt hat. «Aber warum ausgerechnet Oper?» Die Bedingungen, unter denen Opern in ihrem Ursprungsland und Minasis Hei­mat zurzeit aufgeführt werden, sind bekanntlich misera­ bel. Wenn denn überhaupt noch Opern gespielt werden. Vie­le italienische Opernbetriebe liegen brach. Ist das ein gutes Klima, um voller Energie an der Entdeckung und Einstu­ dierung neuer Opern zu arbeiten? «Die Oper war seit je mit finanziellen Problemen konfrontiert!», sagt Minasi. Das sei für ihn kein Hinderungsgrund. «Die Oper ist die Krönung der klassischen Musik schlechthin! Dafür werden sich immer wieder Wege und Möglichkeiten finden.» Minasi konzentriert sich übrigens nicht ausschliesslich auf das barocke Opern­ repertoire. In der kommenden Spielzeit wird er an der Opéra de Lyon zum ersten Mal Bizets Carmen dirigieren. Und Apropos Barock: «Ich hasse diesen Begriff. Man sollte ihn aus unserem Vokabular eliminieren! Er bedeutet überhaupt nichts! Der Begriff wurde im 19. Jahrhundert erfunden, um irgendetwas zu beschreiben, das man nicht begriffen hat.» Solche Indifferenz kann Minasi nicht ausstehen. Es stimmt ihn traurig, dass die Arbeit der Pioniere der historischen Auf­ führungspraxis nicht konsequent fortgesetzt wird. «Es gibt

Inhalt Im Hause des Herrn Geronimo braut sich etwas zusammen. Carolina,

Schwester des Herrn Geronimo (eine wichtige Person, denn ihr gehört

die jüngste Tochter, hat sich in Paolino verliebt und sich heimlich mit

die Hälfte des Betriebskapitals) ein Auge auf den hübschen Paolino

ihm trauen lassen. Aber der Vater hat seine eigenen Pläne für seine

ge­worfen hat und ihn ganz gern ehelichen würde… Natürlich wird am

Töch­ter. Ihm genügt nicht, dass er ein erfolgreicher und wohlhabender

Ende alles gut, die beiden jungen Leute kommen ans Ziel ihrer Wün­

Kaufmann ist, er möchte seiner Familie gern durch adlige Verbindun­

sche, und die anderen geben sich mit mehr oder weniger faulen Kom­

gen grösseren Glanz verleihen. Da könnte es vielleicht helfen, dass

promissen zufrieden. Aber der Weg dahin ist gepflastert mit überra­

Paolino mit dem Grafen Robinson befreundet ist, der finanziell etwas

schenden Wendungen und verwirrenden Ereignissen, die fast zur

angeschlagen ist, und sich durchaus vorstellen kann, in die Familie des

Katastrophe führen. Zum Glück ist es aber dem Grafen letztendlich

reichen Kaufmanns einzuheiraten, zumal da eine stattliche Mitgift

nicht so wichtig, wen er heiratet...

winkt. Der Vater ist entzückt, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen:

Domenico Cimarosas turbulente Buffo-Oper hatte bei ihrer Urauf­

Er bringt seine schon etwas überreife und einigermassen hysterische

führung in Wien einen so durchschlagenden Erfolg, dass der höchst

ältere Tochter unter die Haube und fügt der Familie eine gräfliche Linie

ver­gnüg­te Kai­ser ihre sofortige Wiederholung (nach einem ausgiebi­

hinzu. Und aus Dankbarkeit für Paolinos Vermittlung wird der Vater,

gen Abendessen für die Künstler) anordnete. Dieser Fall eines «da

denken die beiden heimlich Verehelichten, ihre List sicherlich gross­

capo» einer voll­­stän­digen Oper wird sich kaum je wiederholen, aber

zügig verzeihen. Aber die Rechnung geht nicht so glatt auf: Der Graf

wer das Stück erlebt hat und mit heftig strapazierten Lachmuskeln

findet Carolina viel hübscher und will lieber sie heiraten. Dem Vater ist

und Cimarosas charmanten Melodien vor sich hinsummend nach Hau­

es egal, zumal der Graf mit einer Halbierung der Mitgift einverstanden

se geht, wird wissen, was Majestät zu dieser ungewöhnlichen Ent­

ist. Die Verwirrung ist perfekt, als sich auch noch herausstellt, dass die

scheidung bewogen hat.


Il matrimonio segreto 29

so viele Musiker, die heute wohlbehütet unter dem Begriff ‹Barock› musizieren, ohne genau zu wissen, was sie machen. Es reicht nicht, zwei gefälschte Darmsaiten auf eine Geige zu spannen und gleichzeitig nicht zu wissen, warum man dieses Tempo, diese Artikulationen oder jene Verzierungen wählt.» Minasi, der Fanatiker: Annäherungen und Kompro­ misse sind ihm nie genug, er will eben dreihundert Pferde Ballett tanzen sehen. Ein Fundamentalist der historischen Aufführungspraxis ist Minasi trotzdem nicht. Neulich hat er mit dem Hambur­ ger Ensemble Resonanz – einem Ensemble, das auf modernen Instrumenten spielt und sich vorwiegend der Musik des 20./21. Jahrhunderts widmet – Streichersinfonien von Carl Philipp Emanuel Bach eingespielt und war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es komme letztlich nicht auf die Instrumente an, sondern darauf, Sachen zu machen, die überzeugen. Deshalb freut sich Minasi auch auf das Musikkollegium Winterthur, mit dem er in den kommenden Wochen Do­ me­ni­co Cimarosas Oper Il matrimonio segreto einstudieren wird – und auf die jungen Gesangstalente des Internationalen Opernstudios Zürich, die in dieser Produktion die Haupt­ rollen singen werden. «Ich bin immer sehr gespannt auf die junge Generation! Ich bin zwar noch nicht so alt, aber trotz­ dem habe ich schon vieles erlebt in meiner Karriere, und das möchte ich unbedingt weitergeben.» Die Oper Il matrimonio segreto war Cimarosas grösster Erfolg und zählt zu den Höhepunkten im Genre der Buffo-­ Oper. Ein weiteres Glanzstück dieser Gattung ist Mozarts nur ein paar Jahre zuvor komponierte Oper Le nozze di Figaro. Die zeitliche und inhaltliche Nähe dieser beiden Werke füh­ ren immer wieder zu Vergleichen. Sind diese wirklich sinn­ voll? Minasi lacht, zeigt mit seinem Finger irgendwo weit unter die Piazza Farnese und sagt: «Vor Mozart sind wir alle unter dem Grund! – Wenn man die beiden Partituren auf ein Pult legt, dann ist man vielleicht enttäuscht von dem was Cimarosa gemacht hat. Aber so darf man das nicht sehen! Beide Stücke sind sehr theatralisch gedacht, der Figaro ist stark von seinem gewichtigen politischen Hintergrund ge­ prägt. Cimarosa hingegen hat in seiner Oper versucht, sich auf eine ganz einfache Art auszudrücken. Die Musik von Il matrimonio segreto dient immer den theatralischen Situatio­ nen.» In dieser Hinsicht ist Minasi auch sehr auf die Arbeit mit der Regisseurin Cordula Däuper gespannt, sie habe sehr starke und wundervolle Ideen. Dass Minasi an der Inszenierung von Musik interessiert ist, zeigt sich auch an einem anderen Beispiel: Gibt man seinen Namen bei YouTube ein, stösst man auf ausgefallene und humorvoll gemachte Musikclips, mit denen er seine jeweils neuesten CD-Aufnahmen bewirbt. Das Video zu

sei­ner CD mit Vivaldi-Konzerten L’Imperatore zum Beispiel, zeigt ihn als Strassenmusiker mit einer Box voller CDs. Eine kleine Marionette klettert aus der Box und jongliert zu den virtuosen Vivaldi-Klängen, bis sie aus den Fugen gerät... – «Wir leben im YouTube-Zeitalter», sagt Minasi, «und ich habe realisiert, dass es kaum klassische Musikclips gibt, wäh­rend diese in der Pop-Musik eine grosse Rolle spielen. Deshalb wollte ich etwas Neues probieren.» Inspiriert dazu wurde er unter anderem auch von Regisseur Philipp Stölzl, dessen Rienzi-Inszenierung er in Berlin sehr bewundert hat, der jedoch hauptsächlich durch seine Videoclips bekannt ist, die er für Musiker wie Rammstein, Madonna und Die toten Hosen produziert hat. «Anfangs haben wir unsere Clips mit lächerlichen finanziellen Mitteln produziert», erzählt Minasi weiter, «unterdessen sind wir auf einem guten Weg. Es ist ein Experiment. Und wir haben unglaublich viel Spass dabei!» Am Ende unseres Gesprächs will mich Minasi noch einem Schweizer Kollegen vorstellen und führt mich ein paar Strassen weiter, zu dem Geigenbauatelier von Claude Lebet. Lehrgesellen in blauen Schürzen begrüssen ihn als «Maestro Minasi», bevor sie sich wieder eifrig mit Hobel und Feile daran machen, Holzstücke zu bearbeiten, aus denen nach und nach wertvolle Streichinstrumente nach historischen Vorbildern entstehen. Auch hier scheint der Geist des Fana­ tismus zu herrschen. Minasi fühlt sich sichtlich zuhause. Fabio Dietsche

Il matrimonio segreto Oper von Domenico Cimarosa Musikalische Leitung Inszenierung Bühnenbild Kostüme Lichtgestaltung Dramaturgie

Riccardo Minasi Cordula Däuper Ralph Zeger Sophie du Vinage Hans-Rudolf Kunz Werner Hintze

Geronimo Roberto Lorenzi Fidalma Olivia Vote Elisetta Hannah Bradbury Carolina Deanna Breiwick Conte Robinsone Oleg Loza Paolino Sunnyboy Dladla Musikkollegium Winterthur Premiere 9 Mai 2014 Weitere Vorstellungen 11, 13, 15, 17 Mai 2014 Ort Theater Winterthur


Wiederaufnahme 30

Andrea Chénier Ab 12. April ist Umberto Giordanos Künstlerdrama wieder auf unserem Spielplan mit Yonghoon Lee als junger Dichter Chénier, Martina Serafin als Adelige Maddalena und Lucio Gallo als Carlo Gérard. Am Pult steht Maestro Nello Santi.


Andrea ChénieR

Fotos Suzanne Schwiertz

Oper von Umberto Giordano

Musikalische Leitung Inszenierung Bühnenbild und Kostüme Lichtgestaltung Choreografie Choreinstudierung

Nello Santi Grischa Asagaroff Reinhard von der Thannen Martin Gebhardt Stefano Giannetti Jürg Hämmerli

Andrea Chénier Carlo Gérard Maddalena di Coigny Bersi La Contessa di Coigny / Madelon Roucher Pietro Fléville Fouquier-Tinville Mathieu, genannt «Populus» Un incredibile L‘Abate Schmidt Haushofmeister Dumas Wiederaufnahme Weitere Vorstellungen

Yonghoon Lee Lucio Gallo Martina Serafin Judith Schmid Stefania Kaluza Yuriy Tsiple Krešimir Stražanac Reinhard Mayr Valeriy Murga Alessandro Fantoni Andreas Winkler Dimitri Pkhaladze Christoph Seidl Christoph Filler Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich 12 April 2014 15, 27 April, 4, 10 Mai 2014


Filzstiftporträt 32

Die Partie des Narraboth in Richard Strauss’ Salome singe ich sehr gerne – sie ist nur leider etwas kurz geraten, weil Narra­both nach einer halben Stunde bereits tot ist... In der Textvorlage von Oscar Wilde hat Narraboth gar keinen Namen. Er heisst dort nur «Der junge Syrier», und das sagt schon einiges über ihn und darüber, wie er im Stück wahr­ genommen wird. Herodes hat Narraboth zum Hauptmann der Wache ernannt und ihn dafür verantwortlich ge­macht, die Zisterne zu bewachen, in der der Prophet Jochanaan gefangen gehalten wird. Narraboth eröffnet die Handlung mit den Worten «Wie schön ist die Prinzessin Salome heute nacht!» Er spricht nie konkret aus, dass er in Salome verliebt ist, aber er ist voller Bewunderung für sie. Ich empfinde ihn als einen sehr – viel­ leicht allzu – idealistischen Charakter. Narraboth steht ein bisschen wie ein Statist auf der Bühne. Er redet an den an­ de­ren vorbei und die anderen an ihm. Der Page der Herodias versucht ihn zu warnen, doch der junge Hauptmann ist in seinen Schwärmereien versunken und hört ihm nicht zu. Salome ihrerseits ignoriert Narraboth konsequent und ant­ wortet auf keine seiner Fragen. Nur einmal redet sie mit ihm – nämlich dann, wenn sie ihn dazu verleiten will, die Zisterne zu öffnen, damit sie Jochanaan sehen kann. Salome weiss ganz genau, wie sie Narraboth, der für sie nur ein «tool» ist, manipulieren kann. Nachdem er ihren Wunsch erfüllt hat, betrachtet sie ihn wieder als überflüssig und inexistent. Dies kann er nicht ertragen. Und als Salomes irrsinnige Lei­den­ schaft zu Jochanaan entfacht, bringt er sich um. Die Unmittelbarkeit und Fatalität mit der sich Narra­ both tötet, ist typisch für diese Oper. Narraboths Schicksal ist mit demjenigen Salomes verwandt. Beide sind völlig be­ sessen von einer Idee. Während Narraboth aber ein schwacher Charakter ist und das Leben irgendwann nicht mehr aushält, zieht Salome ihre Obsession bis zum Exzess durch, so dass Herodes sich schliesslich dazu gezwungen sieht, sie töten zu lassen. Besonders gefällt mir, wie Strauss die Partie musikalisch gestaltet hat. Narraboth ist eine lyrische Tenor-Partie, die je­doch stark zum Heldentenor tendiert. Aber: jede Phrase ist sehr kurz! Strauss nimmt der Partie durch die musikalische

Gestaltung also bereits jede Chance, ausführlich zu Wort zu kommen. Leider hat Strauss nur wenige Rollen für mein Stimmfach geschrieben. Den Flamand in Capriccio und natürlich die grosse Partie des Kaisers in Die Frau ohne Schatten würde ich in Zukunft sehr gerne singen! Es gibt übrigens eine interessante Parallele zu einer anderen Partie, die ich in dieser Spielzeit am Opernhaus Zürich gesungen habe: Cassio in Verdis Otello ist ebenfalls ein Hauptmann. Die auffälligste Gemeinsamkeit besteht für mich darin, dass Cassio in Verdis Oper ebenfalls nur ein «tool» ist. Er hat ähnlich wenig Eigenständigkeit wie Narraboth. Ausserdem sind beide Rollen sehr wichtig für mich; Cassio als Einstieg ins italienische, Narraboth als Einstieg ins deut­ sche Repertoire. In dieser Spielzeit freue ich mich ganz besonders darauf, den Narraboth an der Seite von Nina Stemme als Salome zu singen – auch wenn sie mich auf der Bühne ignoriert... Benjamin Bernheim

Salome Oper von Richard Strauss Musikalische Leitung Inszenierung Bühnenbild Kostüme Lichtgestaltung Salome Herodias Jochanaan Herodes Narraboth Page der Herodias

Alain Altinoglu Sven Eric Bechtolf Rolf Glittenberg Marianne Glittenberg Jürgen Hoffmann Nina Stemme Hanna Schwarz Evgeny Nikitin Rudolf Schasching Benjamin Bernheim Anna Goryachova

Wiederaufnahme 19 April 2014 Weitere Vorstellungen 21, 26, 29 April, 4 Mai 2014


Benjamin bernheim gehĂśrt zu unserem Ensemble und gab sein DebĂźt als Narraboth in der letzten Spielzeit


Vorhang Zu

Foto Florian Streit

Toll aussehende Frauen in atemberaubenden Abendkleidern gab es viele beim diesjährigen Opernball. Uns hat diese junge Zürcherin auf dem Nachhauseweg besonders gut gefallen, denn: Auch ein schöner Rücken kann entzücken.


Serviceteil 35

MÄRZ 2O14 FR 28 LES CONTES D'HOFFMANN

19.OO Oper von Jacques Offenbach

SA 29 BALLETT-WORKSHOP 14.3O SLEEPING BEAUTY Für 16- bis 26-Jährige, Ballettsaal A

MI 2 LES CONTES D'HOFFMANN

Preise E CHF 2O

16.3O FÜHRUNG DURCH DAS OPERNHAUS CHF 1O

19.OO AIDA Oper von Giuseppe Verdi

Preise F

SO 3O BRUNCHKONZERT CHF 6O 11.15 9 CELLISTEN, Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto, Spiegelsaal 14.OO FORELLENQUINTETT Choreografien von Douglas Lee, Jiří Kylián und Martin Schläpfer

14.3O STÜCKE ENTDECKEN SLEEPING BEAUTY, Ballett-Workshop Für 12- bis 16-Jährige, Ballettsaal A

12.OO 9 CELLISTEN, Spiegelsaal

CHF 2O

CHF 2O

19.OO AIDA Oper von Giuseppe Verdi

Preise B

SA 5 UNTERWEGS MIT OHRWURM SQUILLO

14.OO Für 6- bis 9-Jährige

14.3O FÜHRUNG DURCH DAS OPERNHAUS CHF 1O

19.OO SLEEPING BEAUTY (Dornröschen) Ballett von Mats Ek Musik von Pjotr Tschaikowski

CHF 5/7

Preise C

SO 6 BRUNCHKONZERT CHF 6O 11.15 Klavierquintette, Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im R ­ estaurant Belcanto, Spiegelsaal

19.OO PIQUE DAME PREMIERE Oper von Pjotr Tschaikowski

MO 7 LUNCHKONZERT

12.OO Klavierquintette, Spiegelsaal

Preise G CHF 2O

19.OO (TEIL 5/6), Ballettsaal A

MI 9 OPERN-WERKSTATT

CHF 1O

FR 11 PIQUE DAME

Preise F

19.OO ANDREA CHÉNIER, für 16- bis 26-Jährige Kreuzstrasse 5 (Besammlung Billettkasse)

19.OO Oper von Pjotr Tschaikowski

SA 12 BALLETT-FÜHRUNG MIT

DI 1 CHOREOGRAFIE-WERKSTATT 19.OO (TEIL 4 / 6), Ballettsaal A

Preise E

DI 8 CHOREOGRAFIE-WERKSTATT

APRIL 2O14

FR 4 FORELLENQUINTETT 19.3O Choreografien von Douglas Lee Jiří Kylián und Martin Schläpfer

19.3O LES CONTES D'HOFFMANN Preise VV Oper von Jacques Offenbach  AMAG-Volksvorstellung

MO 31 LUNCHKONZERT

Preise B

19.OO Oper von Jacques Offenbach

Preise F

14.OO MINI-WORKSHOP

14.3O FÜHRUNG DURCH DAS OPERNHAUS CHF 1O

19.3O ANDREA CHÉNIER WIEDERAUFNAHME Oper von Umberto Giordano

CHF 5/7

Preise E


“Brillant, faszinierend und originell.” Rolling Stone

11.15 Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «­Notations», Bernhard Theater

14.OO SLEEPING BEAUTY (Dornröschen) Ballett von Mats Ek Musik von Pjotr Tschaikowski

19.3O PIQUE DAME Oper von Pjotr Tschaikowski

CHF 1O

Preise C

Preise F

DI 15 ANDREA CHÉNIER

Preise E

MI 16 PIQUE DAME

Preise F

SA 19 SALOME

Preise E

MO 21 DAS GESPENST VON CANTERVILLE

Preise K

19.3O Oper von Umberto Giordano

19.OO Oper von Pjotr Tschaikowski

19.OO WIEDERAUFNAHME Oper von Richard Strauss Opernhaustag

14.OO Oper von Marius Felix Lange nach einem Libretto von Michael Frowin

2O.OO SALOME Oper von Richard Strauss AMAG-Volksvorstellung

19.OO Choreografien von Wayne McGregor, Marco Goecke und Christian Spuck

FR 25 LIEDERABEND MARLIS PETERSEN 19.OO Jendrik Springer, Klavier Opernhaustag

Preise D

CHF 6O

19.OO Choreografien von, Wayne McGregor, Marco Goecke, Christian Spuck AMAG-Volksvorstellung

Preise E

19.OO PIQUE DAME Oper von Pjotr Tschaikowski

CHF 1O 11.15 Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «Il ritorno d’Ulisse in patria», Bernhard Theater

2O.OO PIQUE DAME Oper von Pjotr Tschaikowski AMAG-Volksvorstellung

Preise E Preise VV

Preise E

MI 3O NOTATIONS

Preise C

19.OO Oper von Richard Strauss

19.OO Choreografien von Wayne McGregor, Marco Goecke und Christian Spuck

Preise E

15.3O GESCHICHTEN ERZÄHLEN MIT MUSIK ODYSSEUS CHF 12 / 2O Für 4–9 Jährige und ihre Eltern, Studiobühne

DI 29 SALOME

Preise F

SO 4 EINFÜHRUNGSMATINEE

Preise VV

15.3O ODYSSEUS CHF 12 / 2O Für 4–9 Jährige und ihre Eltern, Studiobühne

SO 4 SALOME 14.OO Oper von Richard Strauss

14.OO ANDREA CHÉNIER Oper von Umberto Giordano

&

Mai 2O14

SO 27 BRUNCHKONZERT CHF 6O 11.15 MUSIKALISCHE BRIEFE, Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im R ­ estaurant Belcanto, Spiegelsaal

SCARLETT

SA 3 GESCHICHTEN ERZÄHLEN MIT MUSIK

16.3O ERÖFFNUNG DES SECHSELÄUTENPLATZES Jonas Kaufmann, Bryn Terfel Sechseläutenplatz Eintritt frei 19.OO SALOME Oper von Richard Strauss

OLIVIA

WILDE JOHANSSON

DO 1 NOTATIONS

MARA

ab 27. MÄRZ IM KINO

SA 26 OPEN-AIR KONZERT ZUR

ROONEY

Preise VV

18.OO (TEIL 6/6), Ballettsaal A

DO 24 NOTATIONS PREMIERE

AMY

PHOENIX ADAMS

DI 22 CHOREOGRAFIE-WERKSTATT

A SPIKE JONZE LOVE STORY JOAQUIN

ascot-elite.ch

SO 13 EINFÜHRUNGSMATINEE

2O.OO ANDREA CHÉNIER Oper von Umberto Giordano

Preise E

MO 5 MONTAGSGESPRÄCH

CHF 1O

DI 6 PIQUE DAME

Preise F

19.OO Ein Gespräch mit Nina Stemme Restaurant Belcanto 19.3O Oper von Pjotr Tschaikowski


Serviceteil 37

MI 7 GESCHICHTEN ERZÄHLEN MIT MUSIK

SO 11 MOZART Preise P1 11.15 4. Philharmonisches Konzert, Opernhaus Orchestra La Scintilla Zürich, William Christie

DO 8 OPERN-WERKSTATT

15.3O ODYSSEUS CHF 12 / 2O Für 4–9 Jährige und ihre Eltern, Studiobühne

19.OO IL RITORNO D’ULISSE IN PATRIA Für 16–26 Jährige, Studiobühne

CHF 1O

11.15 BALLETTGESPRÄCH Ein Gespräch mit Christian Spuck, Choreografen und Tänzern, Studiobühne

CHF 1O

FR 9 BALLET DU GRAND THÉÂTRE DE GENÈVE

19.OO Gastspiel im Rahmen des Migros-Kulturprozent Tanzfestivals Steps

14.3O IL MATRIMONIO SEGRETO Theater Winterthur Oper von Domenico Cimarosa

19.3O IL MATRIMONIO SEGRETO PREMIERE Oper von Domenico Cimarosa Theater Winterthur

16.OO HEXE HILLARY GEHT IN DIE OPER Für Kinder ab 5 Jahren, Studiobühne

CHF 2O

Preise A

SA 1O HEXE HILLARY GEHT IN DIE OPER

CHF 2O

18.OO HEXE HILLARY GEHT IN DIE OPER Für Kinder ab 5 Jahren, Studiobühne

CHF 2O

CHF 2O

19.OO PIQUE DAME Oper von Pjotr Tschaikowski

Preise F

11.OO Für Kinder ab 5 Jahren, Studiobühne

14.OO HEXE HILLARY GEHT IN DIE OPER Für Kinder ab 5 Jahren, Studiobühne

DI 13 IL MATRIMONIO SEGRETO

Theater Winterthur

DO 15 IL MATRIMONIO SEGRETO

Theater Winterthur

14.OO BALLETT-FÜHRUNG MIT

14.3O FÜHRUNG DURCH DAS OPERNHAUS CHF 1O

19.OO ANDREA CHÉNIER Oper von Umberto Giordano

Werkeinführung jeweils 45 Min. vor jeder Vorstellung (ausgenommen: «Das Gespenst von Canterville»)

MINI-WORKSHOPS

CHF 7

Preise E

19.3O Oper von Domenico Cimarosa 19.3O Oper von Domenico Cimarosa

19001914 EXPEDITION INS GLÜCK

www.1914.landesmuseum.ch GEORG UND BERTHA SCHWYZER-WINIKER

STIFTUNG

28.03.–13.07.2014


Serviceteil 38

Ein begrenztes Kartenkontingent für alle Vorstellungen eines Monats geht jeweils am dritten Samstag des Vormonats in den freien Verkauf. Die AMAG-Volksvorstellungen gelangen jeweils einen Monat vorher in den Verkauf. Fällt der Tag des Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feiertag, beginnt der Vorverkauf am Öffnungstag davor. Bei AMAG-Volksvorstellun­ gen liegt der Maximalbezug bei 4 Karten pro Person. Für schriftliche Kartenbestellungen sowie Bestellungen per Fax und E-Mail wird eine Bearbeitungsgebühr von CHF 8 erhoben. Die Benachrichtigung über die Platzzuteilung erfolgt in Form einer Rechnung, nach deren Begleichung die Karten per Post zugestellt werden. Für AMAG-Volksvorstellungen sind keine schriftlichen Bestellungen möglich. AMAG-VOLKSVORSTELLUNGEN Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern, das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu besuchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volks­ vor­ stel­­lungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Magazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per Newsletter angekündigt. Opernhaus-Tag Das Opernhaus Zürich für Kurzent­­schlos­sene: Am Opernhaustag erhalten Sie 5O% Ermässigung für die abend­liche Vorstellung. Fällt der Opern­haus­tag auf einen Sonntag, können die ermässigten Tickets bereits ab Samstag er­worben werden. Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und werden Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt. Newsletter abonnieren unter: www.opernhaus.ch/newsletter CLUB JUNG Gemeinsame und individuelle Vorstellungsbesuche zu Spezialkondi­tio­­nen, Last-Minute-Karten für CHF 15, Proben­ besuche und kostenlose Workshops, Gleichgesinnte treffen, Kontakt zu Künstlern, Einblicke in das Geschehen hinter der Bühne und vieles mehr. Weitere Infos: www.opernhaus.ch/clubjung ERMÄSSIGUNGEN Für den Bezug von ermässigten Karten ist ein gültiger FotoAusweis des entsprechenden Lehrinstitutes, ein AHV- bzw. IVAusweis oder der Schüler- oder Lehrlingsausweis sowohl beim Kauf als auch beim Besuch der Vorstellung vorzuweisen. Das Personal der Billettkasse ist befugt, Ausweise ohne Gültigkeitsdatum zurückzuweisen. Ermässigte Eintrittskarten können nur telefonisch und persönlich an der Billettkas­se des Opernhauses erworben werden. Mitglieder des Club Jung können ermässigte Karten auch online erwerben. Sämtliche nachfolgend genannten Ermässigungen gelten nicht bei Fremdveranstaltungen, Premieren, Gala- und Sondervorstellungen und Vorstellungen zu G- und K-Preisen sowie bei Volksvorstellungen. – Kinder (6–16 Jahre) in Begleitung einer erwachsenen Person erhalten in sämtlichen Vorstellungen Karten zu Legi-Preisen. – AHV- und IV-Bezüger erhalten für SonntagnachmittagsVor­stellungen eine Ermässigung von 50%.

– Abonnenten erhalten 10% Ermässigung auf max. 4 Karten pro Vorstellung. – Schüler, Studenten und Lernende erhalten aus einem begrenzten Kontingent ab einer Woche vor der Vorstellung Karten zu Legi-Preisen. – Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-In­ha­­ber erhalten ab 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn alle noch vorhandenen Karten zum Last-Minute-Preis von CHF 20. Mitglieder des Clubs Jung erhalten diese Karten zum Preis von CHF 15. Platzierungswünsche können bei diesem Angebot nicht berücksichtigt werden. – Club-Jung-Mitgliedern steht online ein Kartenkontingent für ausgewählte Vorstellungen zum Preis von CHF 20 Verfügung. Die Vorstellungen werden den Mitgliedern per Newsletter mitgeteilt. – AHV- und IV-Bezüger können online für ausgewählte Vorstel­ lungen Karten mit einer Ermässigung von 50% erwerben. Das Kontingent ist begrenzt. Die Vorstellungen werden den Mitgliedern per E-Newsletter mitgeteilt. Den Newsletter kön­nen Sie abonnieren unter www.opernhaus.ch/newsletter ALLGEMEINE BEDINGUNGEN Für den Verkauf von Karten gelten die AGB der Opernhaus Zürich AG, die Sie an der Billettkasse beziehen oder im Internet einsehen können. SPIELPLANINFORMATIONEN – Ausführliche Informationen über das Haus und den Spielplan mit detaillierten Besetzungen und Biografien, Aufführungsfotos, Opernhaus TV, Beiträgen zu allen Neuproduktionen sowie alle tagesaktuellen News bieten wir auf unserer Website www.opernhaus.ch. – Abonnieren Sie unseren Newsletter für aktuelle Informa­ tio­nen und spezielle Angebote unter www.opernhaus.ch/ newsletter. – Gerne senden wir Ihnen unser Saisonbuch sowie die Mo­nats­­ spielpläne kostenlos an Ihre inländische Adresse. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch. – MAG, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.


Serviceteil 39

Billettpreise

SPONSOREN

Platzkategorien

1 2 3 4 5

Preisstufe A 92 76 Preisstufe B 141 126 Preisstufe C 169 152 Preisstufe D 198 173 Preisstufe E 23O 192 Preisstufe F 27O 216 Preisstufe G 32O 25O Preisstufe VV 75 59 Kinderoper K 6O 5O Preisstufe P1 95 8O Preisstufe P2 125 1O5 Legi (Preisstufen A-C) 35 25 Legi (Preisstufen D-G) 45 33

65 113 13O 152 168 184 22O 44 4O 65 85 2O 25

43 56 56 92 95 98 98 25 3O 5O 65 18 2O

16 2O 2O 32 35 38 38 15 2O 35 4O 13 15

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

PARTNER

ab PRODUKTIONSSPONSOREN Evelyn und Herbert Axelrod Freunde der Oper Zürich Walter Haefner Stiftung Swiss Re Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG PROJEKTSPONSOREN AMAG Automobil- und Motoren AG Baugarten Stiftung René und Susanne Braginsky-Stiftung Ernst Göhner Stiftung

Alle Preise in CHF

Gribi Hydraulics AG Freunde des Balletts Zürich Ringier AG Zürcher Festspielstiftung Zürcher Kantonalbank GÖNNER Abegg Holding AG Accenture AG Allreal Ars Rhenia Stiftung

Impressum Magazin des Opernhauses Zürich Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch, T + 41 44 268 64 00, info@opernhaus.ch

Intendant Generalmusikdirektor Ballettdirektor Verantwortlich Redaktion Gestaltung Fotografie Bildredaktion Anzeigen Schriftkonzept und Logo Druck Illustrationen

Andreas Homoki Fabio Luisi Christian Spuck Claus Spahn (Chefdramaturg) Sabine Turner (Direktorin für Marketing, PR und Sales) Beate Breidenbach, Kathrin Brunner, Fabio Dietsche, Michael Küster, Claus Spahn Carole Bolli, Martin Schoberer, Florian Streit, Giorgia Tschanz Florian Kalotay, Danielle Liniger Christian Güntlisberger Marina Andreatta, Tania Cambeiro Studio Geissbühler Multicolor Print AG Laura Jurt (8, 40), Giorgia Tschanz (33)

Bank Julius Bär Berenberg Schweiz Elektro Compagnoni AG Fitnessparks Migros Zürich Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Jaisli-Xamax AG Walter B. Kielholz Stiftung KPMG AG Kühne-Stiftung Landis & Gyr Stiftung Lindt und Sprüngli (Schweiz) AG Stiftung Mercator Schweiz Fondation Les Mûrons Neue Zürcher Zeitung AG FÖRDERER Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG garmin Switzerland Horego AG Sir Peter Jonas Marsano Blumen AG Luzius R. Sprüngli Elisabeth Stüdli Stiftung

MAG kooperiert mit dem Studiengang Redaktionelle Fotografie der

Confiserie Teuscher

Schweizer Journalistenschule MAZ

Zürcher Theaterverein


Sibylle Berg geht in die Oper 40

Illustration Laura Jurt

Tor zum Glück Lebensentwürfe gibt es, die lassen einen fassungslos zurück – für eine kurze Zeit öffnet sich die Tür zu einer Person, die funkelt, strahlt wie reines Gold, die Tür schliesst sich, und man bleibt zurück, mit sich. Mit dem ständigen Ringen um Aufrichtigkeit und Erfüllung, der Negierung des Todes und dem gleichzeitigen Begreifen der Unabwendbarkeit. Bla. So einen Satz würde man von Marija Duric nie hören. Sie ist. Hier und jetzt nur eins: glücklich. Sie steht morgens um sechs auf, geht zu ihrem ersten Job im Café Wühre in Zürich, direkt am Wasser gelegen und im Besitz einer Frau, die Cartier heisst, was für ein Name. Frau Duric bedient, spült, bäckt, bereitet Essen, ist gutgelaunt, vermutlich die Seele des Cafés, das im Winter angenehm touristenfrei ist. Seit 19 Jahren arbeitet Frau Duric hier bis zum frühen Nachmittag, am Abend beginnt ihr zweites Leben: Als eine der wichtigsten Mitarbeiterinnen des Opernhauses Zürich. Vor vielen Jahren kam Frau Duric durch einen Nachbarn, der Kritiker war, in die Oper. Und sie war erschüttert über die neue Dimension der klassischen Musik, die sich ihr eröffnete. Frau Marija Duric wurde süchtig. Sie war Stammgast in der Tonhalle, begann Biografien von Künstlern zu studieren, Platten zu sammeln, leider war der Besuch der Oper sehr kostspielig für die alleinstehende Frau aus dem Gastgewerbe. Als es eine Stellenausschreibung als Platzanweiserin gab, sah sie ihre grosse Chance auf dauerhafte Opernbesuche. Das war vor 17 Jahren, und seitdem ist Frau Duric glücklich. Sie sieht jede Aufführung, viele mehrmals, sie abonniert mit ihren opernbesessenen Kolleginnen zusammen Fachpublikationen, ist über jeden Künstler informiert, sie weiss über jede Inszenierung der letzten Jahre Bescheid. Besucher fragt sie nach den Aufführungen, wie es gefallen hat, sie gibt

Erklärungen und riet vielen zum vorurteilsfreien Besuch des letztjährigen Don Giovanni, den sie sehr gelungen fand. Vergessen Sie alle Don Giovannis, die Sie gesehen haben, riet sie den Besuchern, hier erleben Sie etwas ganz Neues! Gute Frau. Guter Geschmack, ich erinnere mich an den Don Giovanni und den wunderbaren Peter Mattei, als wäre es gestern gewesen. Jetzt wird Frau Duric pensioniert. Sie strahlt schon wieder, denn noch zehn Jahre kann sie nun ausschliesslich in der Oper arbeiten. Manche Inszenierungen, wie die Soldaten, haben sie nicht schlafen lassen vor Aufregung, andere machen sie weinen, oder einfach nur selig. Für einige Künstler, wie Dmitri Hvorostovsky, schwärmt Frau Duric fast, sie kennt sich mit Aufnahmen, Qualitäten und Orchestern aus. Eine wunderschöne Frau, deren Bekanntenkreis sich ausschliesslich aus Opernfreunden zusammenzusetzen scheint. Vermutlich hätte sie mit wohlhabenden Eltern oder irgendeinem anderen Dreh in der Biografie Künstlerin werden können, Musikerin oder Dramaturgin, so ist sie einfach nur glücklich. Frau Duric ist die beste PR-Mitarbeiterin, die das Opernhaus finden kann, ich hoffe, ihr Gehalt ist überbordend, denn wenn sie von Musik zu reden beginnt, schwebt sie, leuchtet sie, strahlt sie. Sie möchte den Menschen ihre Religion – die Musik – vermitteln. Versuchen Sie es. Fragen Sie die Platzanweiserin das nächste Mal nach ihrer Meinung oder nach der Sänger-Besetzung. Viel Vergnügen! Bis zum nächsten Mal Ihre Frau Berg Die Schriftstellerin Sibylle Berg ist Schweizerin und lebt in Zürich


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