AussenSpiegel März 2014

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AussenSpiegel

März 2014

AussenSpiegel Schutzgebühr 5,00 EUR

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Aktiv im Aussendienst

MITDENKEN. MITBESTIMMEN. MITMACHEN.

BR-Wahlen

Betriebsratsarbeit lebt vom Kompromiss

Man bekommt nie alles, kann aber viel erreichen!

» Seite 4-6

5. Ordentlicher Gewerkschaftskongress der IG BCE

Zeit, weiter zu denken, Zeit für Europa » Seite 7


Ticker

Neues Urteil: Leiharbeitnehmer/-innen zählen jetzt mit

Ergebnisse der BR-Wahl im DentalUnternehmen DeguDent in Hanau

Mit einem neuen Urteil stärkt das Bundesarbeitsgericht (BAG) erneut die Zuständigkeit des Betriebsrats für die Leiharbeitnehmer/-innen. Bisher stand fest, dass die meisten (abhängig von der geplanten Betriebszugehörigkeit) zwar mitwählen durften, jedoch bei der Berechnung der Betriebsratsgröße nicht mitzählen. Dies hat sich nun geändert. Wie das Bundesarbeitsgericht unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat, zählen in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer/-innen bei den Schwellenwerten des § 9 Betriebsverfassungsgesetz im Entleihbetrieb mit.

Die vorgezogene BR-Wahl hat erfreuliche Ergebnisse für die ca. 100 Außendienst-Mitarbeiter/-innen gebracht. Dem elfköpfigen BR-Gremium der Firma DeguDent gehören nun für die nächsten 4,5 Jahre drei Beschäftigte im Außendienst an. Zwei Kolleginnen und ein Kollege aus unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen und Regionen verstärken das BR-Gremium. Bei einer Wahlbeteiligung von 78 % zogen eine Kollegin über die IG BCE-Liste sowie eine Kollegin und ein Kollege über eine separate Außendienstliste ein. Alle drei sind in der IG BCE organisiert.

Dies entschied das BAG im Fall einer Anfechtung der Betriebsratswahl durch 14 Arbeitnehmer/-innen. In ihrem Betrieb waren zum Zeitpunkt der angefochtenen Betriebsratswahl neben 879 Stammarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern regelmäßig 292 Leiharbeitnehmer/-innen beschäftigt. Der Wahlvorstand hatte die Leiharbeitnehmer/-innen entsprechend der bisherigen Rechtsprechung nicht berücksichtigt und einen 13-köpfigen Betriebsrat wählen lassen. Durch das Urteil ist die Größe des zu wählenden Betriebsrats nun mit 15 zu bemessen (BAG Beschluss vom 13.03.2013, 7 ABR 69/11).

Die nun starke Beteiligung des Außendienstes im BR-Gremium hat entscheidend mit unserem hohen Organisationsgrad bei den Außendienstlern zu tun. Mittlerweile sind bereits 40 Außendienstler gewerkschaftlich organisiert. Das neue BR-Gremium hat sich entschieden, einen speziellen Außendienst-Ausschuss zu gründen. Zusätzlich zu den beiden freigestellten Betriebsräten wollen sich die drei Beschäftigten im Außendienst in diesem Ausschuss um die sehr speziellen Themen ihrer Kolleginnen und Kollegen kümmern. Der höchste Klärungsbedarf besteht bei der Gleichbehandlung, der Eingruppierung sowie bei der Überarbeitung des derzeitigen Prämiensystems. Die drei Außendienstbetriebsräte hoffen, dass diese Aufgaben in der kommenden Amtszeit gelöst werden können.

Tarifabschluss in der chemischen Industrie Das Tarifpaket 2014 für die 550.000 Beschäftigten in der chemischen Industrie ist geschnürt. Die Entgelte steigen um 3,7 Prozent. Das hohe Ausbildungsplatzniveau wird noch einmal gesteigert. Für die übernommenen Ausgebildeten wird die un-

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befristete Einstellung zum Normalfall. Darauf haben sich IG BCE und Chemie-Arbeitgeber am 5. Februar 2014 nach einem zweitägigen Verhandlungsmarathon in Hannover geeinigt.


Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser, nach einem ereignisreichen Jahr 2013 steht ein spannendes Jahr 2014 vor der Tür. Jetzt gilt es für die Große Koalition, den Koalitionsvertrag umzusetzen und die Wahlversprechen einzulösen. Für die Arbeitnehmer/-innen steht eine Menge auf dem Spiel. Nicht zuletzt der Mindestlohn und die Rentenregelungen betreffen viele Arbeitnehmer/-innen direkt. Daneben ist zum 01.01.2014 fast unbemerkt ein neues Reisekostenrecht in Kraft getreten, das auch für den Außendienst einige Folgen hat. Auch wir haben einen neuen geschäftsführenden Hauptvorstand gewählt. Mit Edeltraud Glänzer ist erstmals eine Frau in die Funktion der stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden. Außerdem haben die Delegierten Michael Vassiliadis mit einem herausragenden Ergebnis von 99,2 % im Amt bestätigt. Gemeinsam mit den vielen Erfolgen in den Betrieben – insbesondere auch im Außendienst – gibt uns das viel Kraft für das Jahr 2014.

Ihr könnt Euch also auf eine noch stärkere IG BCE an Eurer Seite freuen. 2014 liegen einige Tarifverhandlungen vor uns, in denen wir diese Stärke gebrauchen können. Im größten Tarifbereich, der chemischen Industrie, konnten wir bereits eine Erhöhung der Entgelte um 3,7 % erstreiten und die unbefriste- die kommenden Betriebsratswahlen, bei te Übernahme nach der Ausbildung zum denen wir die Chance haben, viele neue Normalfall machen. Gleichzeitig ist es Außendienstbeschäftigte in die Betriebsuns gelungen, eine weitere Steigerung ratsgremien zu wählen und die Interesder Ausbildungsplatzzahlen durchsetzen. sen der Außendienstbeschäftigten noch Dazu haben wir im Rahmen der Kampa- besser zu vertreten. Dabei wollen wir gne „Schwer für mehr“ mit eurer Hilfe Euch – wie schon in den vergangenen eine Menge Verhandlungsgewicht in die Jahren – tatkräftig unterstützen. Waagschale gelegt. Jetzt gilt es, unsere gewerkschaftliche Stärke auch in den Jetzt wünschen wir Euch viel Spaß beim anderen Tarifbereichen zu zeigen und Lesen unserer ersten Ausgabe im Jahr uns auf die nächsten Verhandlungen 2014 und freuen uns wie immer über vorzubereiten. Dazu ist es unerlässlich, Rückmeldungen. noch mehr Kolleginnen und Kollegen für unsere Sache zu gewinnen und flächendeckend klarzustellen, dass wir im Außendienst stark sind. Das gilt auch für

Inhalt Titelthema

Betriebsratsarbeit

Politik

4-6

Man bekommt nie alles, kann aber viel erreichen!

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Einschätzungen zur laufenden Legislaturperiode Betrieb

Kongress

Zeit, weiter zu denken

Aufbruch in eine bessere Zukunft

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Aussertariflich Beschäftigte

10 - 11

Notwendigkeit der Interessenvertretung

5. Ordentlicher Gewerkschaftskongress der IG BCE

Recht

Alles was Recht ist

12-13

1%-Regelung, GPS-Ortung, Leiharbeit Veranstaltungen

Berufsportrait

Stellvertretende BR-Vorsitzende Ute Schwanitz – Mit Augenmaß und Herz bei der Sache

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Neue Perspektiven für Pharmaberaterinnen und -berater

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Service

Termine & Infos

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Seminare, Impressum, Service-Coupon

März 2014

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Titelthema

Betriebsratsarbeit lebt vom Kompromiss

Man bekommt nie alles, kann aber viel erreichen!

Im März 2014 können die Beschäftigten in den meisten Betrieben wieder ihre Betriebsratsgremien wählen oder selber kandidieren. Warum sie das eine oder das andere tun sollten und was betriebliche Mitbestimmung für sie tun kann, zeigt der folgende Bericht. „Erst kürzlich hat der Betriebsrat die Schließung einer Abteilung durch einen Sozialplan abgefedert“, sagt Uwe Dörzenbach, der stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei der SCA Hygiene Product GmbH ist. Das Mannheimer Unternehmen mit rund 2.000 Beschäftigten gehört zum schwedischen Konzern Svenska Cellulosa Aktiebolaget, kurz SCA, einem international erfolgreichen Hersteller von Hygiene- und Papierprodukten. Mindestens zwei davon kennt jedes Kind: Tempo und Zewa. Obwohl die Voraussetzungen nicht günstig waren, gab es bei der Schließung der Abteilung keine betriebsbedingten Kündigungen. „Da haben die Kolleg(inn)en gesagt: Ihr habt gute Arbeit geleistet“, berichtet Dörzenbach und fährt fort: „Das gibt einem die Kraft zum Weitermachen.“ Das und die Grundüberzeugung, dass Betriebsratsarbeit wichtig ist.

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Doch ist es nicht immer so, dass die Aufgabe. Denn nach der Übernahme der Kolleginnen und Kollegen sich bedan- Georgia Pacific mit Standorten in Europa ken. Oftmals machen sie ihrem Ärger geht es nun um die Integration des USbeim Betriebsrat Luft. Meistens, weil amerikanischen Unternehmens. Der Benicht alle Entscheidungen des Unter- triebsrat rechnet mit organisatorischen nehmens, des einzelnen Vorgesetzten Veränderungen in allen Bereichen, aber oder auch des Betriebsrates bzw. der auch mit der Verlagerung von ArbeitsIG BCE selbsterklärend sind. Das ge- plätzen. Für den Standort Mannheim seihört zum Alltag des Betriebsrats. Eben- en die Maßnahmen beinahe abgeschlosso wie die Wertschätzung und das sen, sagt Dörzenbach, und im Moment Lob, erklärt der erfahrene Dörzenbach, sehe es gut aus. der bereits seit 1994 im Amt ist. Optimistisch in die Zukunft blickt auch Der gelernte Maschinenschlosser hat Monika Walther. Die 62-Jährige ist Bebetriebliche Mitbestimmung von der triebsratsvorsitzende bei der MEDICE Pike auf gelernt: erst Jugend- und Aus- Arzneimittel Pütter GmbH & Co.KG. Das zubildendenvertreter, dann Gesamtju- mittelständische Pharmaunternehmen gendvertreter, dann Vertrauensmann, mit Sitz in Iserlohn produziert und verschließlich Betriebsrat und seit 1999 treibt Arzneimittel. Von den 445 Beschäfstellvertretender Vorsitzender. Und na- tigten arbeiten 120 im Außendienst – ein türlich ist er in der Gewerkschaft. So wie Verhältnis, das sich auch in der Zusamalle Mitglieder des 19-köpfigen Betriebs- mensetzung des Betriebsrats widerspierats und rund 75 Prozent der Belegschaft. gelt. In dem neunköpfigen Gremium sit„Bei uns ist die Welt noch in Ordnung“, zen vier Außendienstbeschäftigte, und witzelt Dörzenbach, um dann hinzu- bis auf eine Betriebsrätin sind alle gezufügen: „Früher waren es über 80 Pro- werkschaftlich organisiert. „Die kriegen zent.“ Einziges Manko: Im Betriebsrat ist wir auch noch“, scherzt Walther. kein Außendienstmitarbeiter vertreten. Doch das soll sich ändern. Zwei Kandi- Die gebürtige Iserlohnerin ist schon landaten stehen schon bereit. Jetzt liegt es ge dabei. Sie gehörte zu den Gründungsbei den Außendienstbeschäftigten, ihre mitgliedern, als bei MEDICE 1991 der ersLeute in den Betriebsrat zu wählen. Der te Betriebsrat ins Leben gerufen wurde. steht gegenwärtig vor einer schwierigen Und sie hatte sehr persönliche Gründe


Offensive Mitbestimmung Mehr Mitbestimmung durchsetzen:

Edeltraud Glänzer Stellvertretende Vorsitzende der IG BCE

Mitbestimmung ist ein hohes Gut. Es ist wissenschaftlich belegt, dass in Betrieben mit Betriebsrat die Arbeitszufriedenheit und damit die Leistungsfähigkeit der Belegschaft deutlich höher ist als in Betrieben ohne eine entsprechende Vertretung. Außerdem ist der Betriebsfrieden deutlich ausgeprägter und die Krankenquote niedriger. Unternehmen mit Betriebsrat sind krisenfester und stärker am Markt als Betriebe ohne. Trotzdem genießt die Mitbestimmung nicht den Stellenwert, der ihr eigentlich zustehen müsste. Und leider erkennen erst wenige Manager den Wert der Mitbestimmung und zählen die Sozialpartnerschaft zu einem Bestandteil einer innovativen und zukunftsorientierten Unternehmenspolitik. Es gibt also Nachholbedarf. Deshalb haben wir die „Offensive Mitbestimmung“ gestartet, die im Wesentlichen drei Säulen hat.

Hier geht es uns in erster Linie darum, bisher mitbestimmungsfreie Betriebe zu erschließen. Wir konzentrieren uns dabei zunächst auf rund 330 Betriebe der Kunststoffindustrie mit 53.000 Beschäftigten. Mit eigens eingestellten und geschulten Projektmitarbeiter/ -innen in vier regionalen Clustern gehen wir diese Aufgabe gezielt an. Wir wollen „Gute Arbeit“ in allen Unternehmen und für alle Beschäftigten und das geht nur mit starken Betriebsräten. Bestehende Mitbestimmung besser nutzen: Viele bereits vorhandene Mitbestimmungsrechte werden nicht oder ungenügend in der Praxis eingesetzt, weil ihre Wirkungsweise nicht genügend bekannt ist. Wir müssen unsere Kolleginnen und Kollegen befähigen, diese Rechte auch wahrzunehmen und damit auszuschöpfen. Natürlich bilden die anstehenden Betriebsratswahlen einen wichtigen Meilenstein unserer Offensive. Es wird für uns entscheidend sein • unsere Kandidatinnen und Kandidaten durchzubringen, • unorganisierte Betriebsrätinnen und Betriebsräte direkt nach der Wahl auf eine Mitgliedschaft anzusprechen und • die Neugewählten auf unsere Seminare zu bekommen.

Mitbestimmungsrechte weiter ausbauen: Aber auch die Politik bleibt weiter gefordert. Unsere Forderungen liegen auf dem Tisch und werden weiter in die politischen Debatten eingebracht – auch wenn sie sich im aktuellen Koalitionsvertrag nicht wiederfinden. Betriebsräte müssen durch eine Stärkung gesetzlich normierter Mitbestimmungsrechte in die Lage versetzt werden, sich effektiver als bisher gegen neue Formen ungeschützter Beschäftigung einzusetzen. Scheinwerkverträge müssen genauso wie Scheinselbstständigkeiten und unbegrenzte Leiharbeit durch Handlungsmöglichkeiten unserer Betriebsräte verhindert und begrenzt werden. Mitbestimmung ist der richtige Weg, vor Ort in den Betrieben die Fälle von Missbrauch aufzulösen, die wir heute öffentlich anprangern. Das können wir regeln, aber dafür brauchen wir die richtigen Instrumente. Jede/-r Arbeitnehmer/-in hat einen Anspruch auf eine legitimierte Interessenvertretung und die Sicherheit und Vorteile, die sich aus der Vertretung durch Gewerkschaft und Betriebsräten ergibt. Es bleibt unsere Aufgabe, in allen Bereichen, die unserer Zuständigkeit unterliegen, dafür zu sorgen, dass eine effektive Vertretung aller Interessen der Mitarbeiter/-innen gewährleistet ist.

für ihre Kandidatur. Als sie 1988 aus Auch die Beschäftigten sind nicht im- nehmen gut da. Aber es gab auch andere dem Mutterschutz zurückkehrte, wurde mer zufrieden. Denn sie haben oft hohe Zeiten. Der Betriebsrat sei immer so weitsie aus der Buchhaltung in den Versand Erwartungen und beklagen sich, wenn sichtig gewesen, sagt Walther, „dass wir versetzt. „Ich habe das als total ungerecht diese enttäuscht werden. Der Betriebsrat Ziele verschoben, aber im Auge behalten empfunden“, erzählt die Betriebsrätin, geht dann in die Offensive und erklärt haben“. „und wollte verhindern, dass anderen den Kolleg(inn)en, warum die Forderung Mitarbeiterinnen in Zukunft das Gleiche nicht durchzusetzen war. Und dass es Die wichtigsten Erfolge? 1999 hat die passiert.“ Die ersten Jahre waren schwie- manchmal etwas Zeit braucht. Betriebs- Geschäftsleitung eine Zulage gewährt rig. Es gab permanent Ärger mit einem ratsarbeit sei mitunter „ein schwieriger – freiwillig. Als sie 2010 die BetriebsverGeschäftsführer. Doch mit der Zeit lern- Spagat“, so Walther, denn die Arbeitneh- einbarung zur Arbeitszeit kündigte, sollten beide Seiten, dass ein faires Mitein- mervertretung müsse ja immer beides te die Zulage gestrichen werden. Der ander zu den besten Ergebnissen für das im Blick haben: die Interessen der Be- Betriebsrat verhinderte das; die Leistung Unternehmen und die Belegschaft führt. schäftigten und den Erfolg des Unter- wird jetzt bis 2017 weitergezahlt. Außernehmens. Im Moment steht das Unter- dem hat die Arbeitnehmervertretung

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Titelthema

in mehreren Fällen dafür gesorgt, dass Mitarbeiter(innen) ihrer Qualifikation entsprechend in eine höhere Lohngruppe eingestuft wurden. Und dass es weniger befristete Arbeitsverträge gibt.

schwärmt Pfeifer. Was ihn nervt? Vor allem Ignoranz – auf beiden Seiten. Wenn die Arbeitgeberseite stur auf die Gewinne schaut und keinerlei Bereitschaft zeigt, einzulenken und „menschliche Lösungen“ zu finden. Oder wenn die Beschäftigten trotz guter Kompromisse unzufrieden sind und auf hohem Niveau jammern. „Betriebsratsarbeit lebt vom Kompromiss“, sagt Pfeifer, „man kriegt nie alles, kann aber viel erreichen.“ Der Betriebsrat versuche immer, für die Mitarbeiter(innen) das Beste rauszuholen.

Nur ein kleiner Teil der Beschäftigten ist gewerkschaftlich organisiert. Allerdings konnte die IG BCE in letzter Zeit im Außendienst zulegen – 20 neue Gewerkschaftsmitglieder allein im letzten Jahr. Monika Walther Vielleicht überlegt sich ja der eine oder die andere, bei den kommenden BetriebsBetriebsratsvorsitzende der MEDICE ratswahlen zu kandidieren. Denn auch Arzneimittel Pütter GmbH & Co.KG Außendienstmitarbeiter(innen) könnten Betriebsratsarbeit und einen guten Job Die Bilanz der Betriebsratsarbeit kann machen, davon ist Walther überzeugt. sich sehen lassen: Seit der Gründung Und dann zieht sie ein einfaches Fazit aus von Bayer Vital 1997 sind betriebsbemehr als 20 Jahren Betriebsratstätigkeit: dingte Kündigungen verhindert worden. „Man kann etwas bewegen, wenn man Und es ist das einzige Pharmauntersich engagiert.“ Um die Wahlbeteiligung nehmen, das eine Betriebsvereinbarung bei den kommenden Betriebsratswahlen zur Teilzeitarbeit im Außendienst vormacht sie sich keine Sorgen. Beim letzten weisen kann. Nicht nur auf dem Papier, Mal lag sie bei fast 90 Prozent. „Ich bin damals als Betriebsrat angetre- betont Pfeifer, die Vereinbarung werde ten, um die Welt zu verbessern“, erzählt auch „aktiv gelebt“. Aktuell entwickelt Szenenwechsel. Eine Betriebsversamm- Pfeifer, der „als alter Ossi“ natürlich Karl der Betriebsrat gemeinsam mit der lung bei Bayer Vital in Leverkusen. Marx gelesen hat. Er weiß ganz gut Be- Unternehmensleitung eine QualifizieMichael Pfeifer geht zum Rednerpult, scheid über ökonomische Zusammen- rungsstrategie für die Beschäftigten. Für wirft die erste Power-Point-Folie an die hänge im Kapitalismus. Doch wie Mit- Außendienstmitarbeiter(innen) gab es Wand und beginnt mit seinem Bericht. bestimmung in der Praxis funktioniert, früher vor allem Produktschulungen. Das Dass er aus Sachsen kommt, kann man musste er erst lernen. Und Pfeifer lernt soll sich durch eine umfassende Weiterhören. Schon nach einigen Minuten hat schnell, dass der Betriebsrat mit diplo- bildung ändern, die auch die persönliche er seine Folien vergessen. Dann verlässt matischem Geschick und guten Argu- Entwicklung fördert und auf Führungser sich ganz auf sein Gefühl und findet menten überzeugen und viel bewegen aufgaben vorbereitet. Pfeifer ist hier direkt involviert. Denn der zu 50 Prozent freigestellte Betriebsrat ist seit 2011 als Coach für Außendienstbeschäftigte tätig.

„Jede Stimme zählt und stärkt unsere Verhandlungsposition.“

die richtigen Worte. Und trifft den richtigen Ton. Dann kann er auch mal vom Leder ziehen. Und wenn er fertig ist, gibt es meistens Beifall. Bei uns hieß das: „Spontane Beifallsbekundungen, stehende Ovationen“, witzelt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Pfeifer. Seit 1991 arbeitet der Diplom-Chemiker im Außendienst für Bayer. Zunächst bei Bayropharm in Leipzig, von 1997 an bei Bayer Vital in Leverkusen. Dazwischen lag eine turbulente und schwierige Zeit mit Firmenzusammenschlüssen und Verlagerungen, die er als Betriebsrat begleitet hat. In den ersten Jahren bei Bayer Vital war er Vertrauensmann, bevor er 2004 wieder in die Arbeitnehmervertretung gewählt wurde.

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kann. Als das von Bayer übernommene Pharmaunternehmen Schering 2007 in den Konzern integriert wurde, war der Betriebsrat von Anfang an bei der Planung der Außendienststruktur beteiligt. Auch Pfeifer saß mit am Verhandlungstisch. Und war erstaunt, wie schnell sich die Geschäftsführung auf Vorschläge des Betriebsrats einließ. Inzwischen schätzt ihn das Management als Verhandlungspartner. Denn er redet nie lange um den heißen Brei, kommt immer schnell zum Punkt. Und wenn er derjenige ist, der auf einer Betriebsversammlung das gute Ergebnis verkünden darf, und die ganze Mannschaft steht auf und klatscht Beifall – „das ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl“,

Aber es gibt auch Rückschläge. Erst kürzlich konnte der Betriebsrat nicht verhindern, dass 2014 das Geschäftsfeld „Frauengesundheit“ zur ostdeutschen Bayer-Tochter Jenapharm verlagert wird. Der damit verbundene Stellenabbau wird zwar sozialverträglich abgefedert, aber die unternehmerischen Planungen überzeugen weder den Betriebsrat noch die Beschäftigten. „Das ist manchmal etwas frustrierend“, sagt Pfeifer. Doch der Betriebsrat schaffe es immer, das Schlimmste zu verhindern – und das sei viel wert. Für die kommende Betriebsratswahl im März 2014 hat Pfeifer bereits neue Kandidaten aus dem Außendienst gewonnen. Der Betriebsrat brauche ihre Unterstützung und Expertise, sagt Pfeifer, der auf eine möglichst hohe Wahlbeteiligung hofft. Denn: „Jede Stimme zählt und stärkt unsere Verhandlungsposition.“


Kongress

„Zeit, weiter zu denken, Zeit für Europa“ 5. Ordentlicher Gewerkschaftskongress der IG BCE

Mit einem herausragenden Ergebnis von 99,2 Prozent bestätigte der 5. Ordentliche Gewerkschaftskongress der IG BCE Michael Vassiliadis als Vorsitzenden im Amt. Mit Edeltraud Glänzer wurde zum ersten Mal in der Geschichte der IG BCE eine Frau zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Tarifexperte Peter Hausmann und Egbert Biermann wurden in ihren Ämtern bestätigt und Ralf Sikorski wurde neu in den geschäftsführenden Hauptvorstand gewählt. Die 400 Delegierten stimmten über 398 Anträge aus den verschiedenen Gremien der IG BCE ab. Die Anzahl und Qualität der Anträge unterstreicht die Handlungsfähigkeit und den ungebrochenen Beteiligungswillen der vielen ehrenamtlichen Gewerkschafter/-innen der IG BCE. Auch Angela Merkel und Sigmar Gabriel ließen es sich nicht nehmen, zu den Delegierten zu sprechen und nahmen wichtige Impulse für die Koalitionsverhandlungen mit. Insbesondere die Begrenzung von Leiharbeit und Werkverträgen, den Mindestlohn, flexible Übergänge in die Rente sowie eine arbeitnehmerfreund­ liche Energie- und Industriepolitik forderten die Delegierten von den Spitzenpolitikern. Vieles davon findet sich nun im Koalitionsvertrag wieder.

Der neue geschäftsführende Hauptvorstand der IG BCE (v.l.n.r.): Ralf Sikorski, Peter Hausmann, Michael Vassiliadis, Edeltraud Glänzer, Egbert Biermann

die Europäische Union, denn sie haben nicht dass Gefühl, dass die EU gerecht ist.“ Die Stärkung der Wirtschaft müsse einhergehen mit der Stärkung der Arbeitnehmer. „Doch viele Menschen sehen nur den Vorrang des Wettbewerbs“, so Schulz. Dies sei nicht das Europa, was den Bürgern versprochen wurde. „Wenn Europa scheitert, dann scheitert nicht nur eine Idee“, machte Schulz deutlich, „sondern die Antwort auf die verheerenden Auswirkungen von Krieg und Zerstörung.“

Eindrucksvoll trat Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, bei Eine einseitige Sparpolitik ist auch nach der Eröffnungsveranstaltung des Kon- Auffassung des IG BCE-Vorsitzenden gresses für die europäische Idee ein. Michael Vassiliadis nicht geeignet, um „Wenden sich Menschen von einer Idee Europa aus der Krise zu führen. „Wir ab, ist sie früher oder später verloren“, brauchen eine neue Balance in der Eurosagte er mahnend. „Immer mehr Men- papolitik, die Wachstumsimpulse setzt schen verlieren derzeit das Vertrauen in und Arbeitsplätze schafft“, forderte er.

Die Krise sei das Ergebnis verantwortungsloser Spekulation und einer enthemmten Marktwirtschaft. In Haftung genommen wurden dafür jedoch nicht die Krisenverursacher, sondern die Beschäftigten. „In weiten Teilen Europas herrschen heute Verhältnisse, die mit unserer Vorstellung von fairen und anständigen Arbeits- und Lebensbedingungen absolut unvereinbar sind.“ Das ist sozialer Sprengsatz, der nicht nur die jeweiligen Länder selbst, sondern die ganze Europäische Union zerreißen könne. Die Reformbemühungen und der Konsolidierungsprozess müssten fortgesetzt werden. Notwendig seien aber auch Investitionen und Wachstum nach Art eines europäischen Marshallplans. „Wir brauchen ein Europa der Hoffnung und der Zukunft. Dafür streiten wir.“

Am 25. Mai 2014 finden Europawahlen statt.

Wählen gehen! März 2014

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Berufsportrait

Mit Augenmass und Herz bei der Sache Ute Schwanitz ist stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei der Roche Pharma AG in Grenzach. Das Unternehmen mit rund 1.200 Mitarbeiter/-innen gehört zum Schweizer Pharmakonzern Roche.

sagt die Betriebsrätin, um sie bei passender Gelegenheit durchzusetzen. Doch die Beschäftigten sind meist ungeduldig und empören sich schnell. Der Betriebsrat nutzt dann die regelmäßigen Treffen mit den Gebietssprecher(inne)n, um zu erklären, warum der Kompromiss aus seiner Sicht der beste war. In der Regel gelingt das.

Die Belegschaft von Roche Pharma beUte Schwanitz steht zu 60 Prozent aus Frauen. In den höchsten Führungsebenen spiegele sich das nicht wider, betont Ute Schwa- Betriebsrat und gewerkschaftliche OrStellvertretende Betriebsnitz mit einem Augenzwinkern, im Be- ganisation – das ist für Schwanitz kein ratsvorsitzende bei der triebsrat schon. Mitte 2013 hat eine Frau Automatismus. Als sie 2006 in die ArRoche Pharma AG den Betriebsratsvorsitz übernommen, beitnehmervertretung gewählt wurde, Schwanitz rückte zur Stellvertreterin auf. gab es für sie zunächst keinen Grund, der IG BCE beizutreten. Denn zu diesem Die frühere Außendienstmitarbeiterin Zeitpunkt, so Schwanitz, habe sich die ist immer noch viel auf Achse. Rund 600 Gewerkschaft zu wenig um die AußenKilometer liegen zwischen ihrer Haus- dienstbeschäftigten und ihre Belange oder Hunderte von Kilometern fahren zu tür in Bottrop und dem Unternehmen gekümmert. Dann übernahm ein neu- müssen. Ein großer Erfolg, der ohne den in Grenzach, nur fünf Autominuten von er IG BCE-Sekretär die Betreuung des Betriebsrat nicht möglich gewesen wäre. Basel entfernt. Sie ist stets mehrere Tage Pharmaunternehmens. „Der hat einen vor Ort, wenn der Betriebsrat und die super Job gemacht und stand uns vor- Nach den personellen Veränderungen aus seinen Reihen gebildeten Ausschüs- bildlich mit Rat und Tat zur Seite“, lobt erlebt Schwanitz die Betriebsratsarbeit se ihre Sitzungen abhalten. Schwanitz die Betriebsrätin. Seitdem ist sie nicht „konstruktiver und positiver als je zuvor“. ist Mitglied im Betriebsausschuss, im nur zahlendes Mitglied, sondern eine So heterogen die Zusammensetzung des Wirtschaftsausschuss und außerdem überzeugte Gewerkschafterin, die auch 15-köpfigen Gremiums, so gut arbeite die Sprecherin des fünfköpfigen Personal- andere zu überzeugen versucht. Fünf­ Mannschaft zusammen. Auch deshalb ausschusses – das mitbestimmungs­ tagewoche, Wochenarbeitszeit, Tarifge- möchte sie Außendienstbeschäftige gepolitische Nadelöhr für Personalentschei- halt und regelmäßige Erhöhungen – was rade jetzt ermutigen, sich im Betriebsrat dungen. Jede personelle Maßnahme, die die Kollegen für selbstverständlich hiel- zu engagieren. So wie sie vom damalinicht die leitenden Angestellten betrifft, ten, so Schwanitz, seien Verdienste der gen Betriebsratsvorsitzenden zu einer läuft über ihren Schreibtisch. Und dabei Gewerkschaft. Aber offensichtlich keine Kandidatur ermuntert wurde. Ein Schritt, wird akribisch geprüft, ob sie den Be- ausreichenden Argumente, um neue der ihr berufliches Leben grundlegend stimmungen des Betriebsverfassungsge- Mitglieder zu gewinnen. Den Organisa- veränderte. Auch wenn die diplomierte setzes und den Betriebsvereinbarungen tionsgrad der Beschäftigten bezeichnet Lebensmitteltechnikerin gerne im Auentspricht. Eine beispielsweise gibt vor, Schwanitz als „unterirdisch“. Und auch ßendienst tätig war, ihren alten Job verdass interne Bewerber bei gleicher Quali- im Betriebsrat sind nicht alle Kollegin- misst sie nicht. Weil der neue ihr Wissen fikation externen Bewerbern vorgezogen nen und Kollegen in der IG BCE. immens bereichert hat, weil er Freude werden müssen. macht und zufrieden. Das Schöne an der Doch das spielt für sie keine Rolle. Was Betriebsratsarbeit seien die vielen kleiEine Betriebsvereinbarung zur Leiharbeit zählt, sind gute Verhandlungsergebnisse nen Erfolgserlebnisse, sagt Schwanitz. hingegen kam nicht zustande. Immerhin für die Belegschaft. Und die gibt es. Die „Wenn man einen Kollegen begleitet, der konnte der Betriebsrat aushandeln, dass Umstukturierungen im Außendienst sei- Probleme mit dem Vorgesetzten, der VerLeiharbeitnehmer/-innen nach zwei en bei Roche Pharma „sehr sanft verlau- setzung oder der Wiedereingliederung Jahren eine Festanstellung bekommen. fen“, berichtet Schwanitz. Danach hatten hat, und wenn man diese Probleme zur Manchmal müsse man eben Geduld ha- alle Außendienstbeschäftigten einen Ar- Zufriedenheit des Kollegen lösen kann, ben und die Forderung im Auge behalten, beitsplatz, ohne den Wohnort wechseln das ist schon ein tolles Gefühl.“

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Politik

Aufbruch in eine bessere Zukunft

Auch in der Wirtschaftspolitik haben sich SPD, CDU und CSU viel vorgenommen. Mit der Einigung zur Energiewende ist ein gutes Stück Realismus eingekehrt. Die Ziele und das Management der Energiewende sichern ein vertretbares Preisniveau und die Versorgungssicherheit von Unternehmen und Haushalten. Der Vertrag benennt zu Recht die Potenziale entstehender Industriezweige. Neue Werkstoffe, neue Energie- und Umwelttechnologien werden in einem stabilen politischen Umfeld für neue Arbeitsplätze sorgen.

Nach langen und zähen Verhandlungen über den Koalitionsvertrag hat Deutschland wieder eine stabile Regierung. Nach vier Jahren Stillstand haben die Menschen mit diesem Koalitionsvertrag die Chance, in eine bessere Zukunft aufzubrechen. Besser, • weil die Umsetzung des Vertrages durch ein System von Mindestlöhnen mehr sozialen Ausgleich stiften wird. • weil diese Koalition mit den Gewerkschaften Tarifverträge wieder zur prägenden Kraft auf dem Arbeitsmarkt machen will.

Der Vertrag nimmt auch die Sorgen der Menschen um ihre Privatsphäre in der digitalen Welt ernst. Mit Blick auf die Zukunft unseres Europas öffnet der Vertrag sich für Forderungen der Gewerkschaften, ermuntert uns, das soziale Europa zu gestalten und fordert uns konstruktiv heraus.

• weil Leiharbeitnehmer/-innen mit Chancen auf bessere Bezahlung und auf Zugang zu festen Jobs rechnen können. • weil Rentner vor Armut geschützt werden. • weil Frauen leichter Zugang zu Arbeit und Karrieren bekommen sollen.

Auch in anderen Feldern sind wir jetzt gefordert. In den weiteren Schritten zur

Rente mit 63 - Was ist zu beachten? Mit dem Gesetzentwurf zu einem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 27.01.2014 hat die Große Koalition im Rentenrecht eines ihrer Projekte aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht. Zukünftig soll unter bestimmten Voraussetzungen ein abschlagsfreier Rentenzugang mit 63 Jahren möglich sein.

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Für die Versicherten der rentennahen Jahrgänge ist von besonderem Interesse, ob und unter welchen Voraussetzungen sie die Möglichkeit haben, eine abschlagsfreie Rente in Anspruch nehmen zu können. Leider lassen sich die damit verbundenen Fragen trotz der mit dem Kabinettsentwurf skizzierten gesetzlichen Regelungen nicht abschließend beantworten. Noch gibt

es keine Rechtsgrundlage, auf die sich Versicherte berufen können. Erst wenn der Deutsche Bundestag als Gesetzgeber die gesetzliche Grundlage verabschiedet hat, ist eine konkrete einzelfallbezogene Auskunft möglich. Die geplante gesetzliche Regelung soll zum 01.07.2014 in Kraft treten und ist im Kern ein zeitweise gesetzlich erweiterter Zugang zur Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Nach dieser Rentenart können Versicherte mit 45 Jahren Wartezeit schon jetzt mit vollendetem 65. Lebensjahr abschlagsfrei in Rente gehen. Versicherte der Geburtsjahrgänge vor 1953 könnten nach dem aktuellen Entwurf bei vollendetem 63. Lebensjahr diese Rente abschlagsfrei in Anspruch nehmen. Der Anspruch entsteht erstmals für den Geburtsjahrgang 1951, der 2014 das 63. Lebensjahr vollendet und noch keine Rente bezieht. Für die Geburtsjahrgänge ab 1953 gilt eine Staffelung mit der das Zugangsalter schrittweise angehoben wird. Die Staffelung soll erstmals 2016 mit einer Anhebung

Energiewende werden wir darauf achten, dass am Ende Lösungen, an denen wir mitgewirkt haben, so auch umgesetzt werden. Bei der Stärkung der Tarifautonomie dürfen die gefundenen Kompromisse nicht durch noch mehr Ausnahmen aufgebohrt werden. In der Europapolitik müssen wir darauf achten, dass der künftige Weg zu mehr Investitionen in ganz Europa führt und die sozialen Rechte der Menschen auch wirklich mehr Bedeutung bekommen. Stärkung der Tarifautonomie, Europa sozial gestalten, die Energiewende meistern, neue und mehr Chancen für Frauen oder Migrant(inn)en, gleitende Übergänge in den Ruhestand – das sind ohne Ausnahme unsere Themen. Politik ist mehr als das Handeln von Regierung und Parlament. Wir sind bereit, als kritische aber konstruktive Begleiter den Geist des Koalitionsvertrages mit Leben zu erfüllen.

Für weitere Informationen einfach Code scannen.

›› http://bit.ly/1dSFH0o

um zwei Monate beginnen und in der weiteren Folge 2029 für den Jahrgang 1964 zur bisherigen Regelung des Zugangs mit dem vollendeten 65. Lebensjahr führen. Auch bei der sogenannten Wartezeit gibt es Änderungen. Zukünftig werden Zeiten mit Pflichtbeitragszeiten aus versicherter Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit, der Kindererziehung, des Wehrdienstes und des Leistungsbezugs (Krankheit, Arbeitslosigkeit mit Anspruch auf Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, Unterhaltsgeld, Insolvenzgeld und Übergangsgeld) berücksichtigt. Auf Antrag werden auch Zeiten nicht erwerbsmäßiger Pflege vom 1.1.1994 bis 31.3.1995 bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen berücksichtigt. Aufgrund der derzeit unklaren Gesetzeslage ist es bei Fragen am sinnvollsten die Beratungsstellen der gesetzlichen Rentenversicherungsträger aufzusuchen. Diese Beratung ist kostenlos und flächendeckend vor Ort verfügbar.

März 2014 Frühzeitige Altersrente beruhigt genießen können.

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Betrieb

Aussertariflich Beschäftigte

und die Notwendigkeit der Interessenvertretung Außerhalb des Tarifs beschäftigt zu sein, les, was sonst im Tarifvertrag geregelt das eigentlich dem Ansinnen des Dienstbedeutet nicht gleichzeitig, dass man kei- ist, im eigenen Arbeitsvertrag regeln. verhältnisses gemäß § 611 BGB, das nur ne Rechte mehr hat. Oftmals kennen ge- Diese vor dem Hintergrund einer star- Arbeitszeit und Entgelt in ein Verhältnis rade diejenigen, die als außertariflich Be- ken Verhandlungskraft einiger weniger setzt. Lediglich eine Leistung mittlerer schäftigte keinen Tarifvertrag zu ihrem AT-Beschäftigter mit starkem Alleinstel- Art und Güte wird vorausgesetzt. Dies Schutz haben, ihre Rechte am wenigsten . lungsmerkmal durchaus zu rechtferti- darf man aber nicht mit der Durchgende Verhandlungsposition wird durch schnittsleistung aus unseren LeistungsDabei wird der Status des „Außertarif- die zunehmende Akademisierung des messungsinstrumenten verwechseln. lichen (AT-)Beschäftigten“ erst durch Arbeitsmarktes zunehmend schwieriger. den Tarifvertrag begründet. Es gilt also: In den letzten Jahren hat eine deutliche Aus Sicht der IG BCE sind EntgeltbandKein AT ohne Tarif. Erst im Tarifvertrag Verschlechterung der Verhandlungskraft systeme durchaus zu begrüßen, doch wird definiert, wer den Status des Tarif- der einzelnen AT-Beschäftigten stattge- müssen einige wichtige Punkte beachtet beschäftigten und wer den Status des funden. Dies wird neben der Zahl der AT- werden. Hierzu zählen insbesondere die AT-Beschäftigten erhält. So legt der Man- Beschäftigten noch durch die Zunahme folgenden: teltarifvertrag der chemischen Industrie an Standardarbeitsprozessen verstärkt. beispielsweise folgende Kriterien fest: So verlieren die einzelnen Beschäftigten • Es darf keine AT-Entgelte geben, die neben stärkerer Konkurrenz vom Arunterhalb des Tarifabstands liegen. beitsmarkt auch noch das Hoheitswissen. 1. Tätigkeit • Es muss nachvollziehbare EntgeltstrukWas für die Unternehmen und Struktuturen geben. AT-Bänder müssen sich an … „deren Aufgabengebiet höhere Anfor- ren erst einmal positiv ist, wirkt also in der Tätigkeit orientieren und die Band­ derungen stellt als die höchste tarifliche hohem Maße gegen die Beschäftigten. lage an der Leistung. Beschäftigungsgruppe verlangt und“ …  Auch verstärken die Unternehmen ihre Be- • Die Entwicklung der Mitarbeiter/-innen mühungen, den Bereich „Compensation muss im Mittelpunkt stehen. 2. Entgelt und Arbeitsbedingungen & Benefits“ auszubauen und die AT-Ge• Die Vergütung muss gerecht an die Kri… „deren Entgelt und allgemeine Ar- haltssysteme in globale Strukturen zu gieterien Tätigkeit, Arbeitsbelastung und beitsbedingungen im Ganzen gesehen ßen. Funktionen werden mithilfe von gloLeistung gekoppelt sein. die tariflichen Mindestbestimmungen balen „Gradingsystemen“ bewertet und an Marktgehälter angepasst. Leistung überschreiten“ und … • Die Entwicklung der AT-Bänder sollte wird mithilfe von „Performance-Manage­ sich an den Tariferhöhungen orientieren, ment-Systemen“ integraler Bestandteil um eine Kollision der beiden Systeme zu 3. AT-Arbeitsvertrag der Vergütung. Rechtlich widerspricht vermeiden. … „wenn sie durch Einzelvertrag aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages“ …

4. Mitbestimmung Betriebsrat … „unter Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß §§ 99 ff. BetrVG herausgenommen worden sind.“ Somit lohnt sich für AT-Beschäftigte der Blick in den jeweiligen Tarifvertrag. Die Abgrenzung des Tarifbereichs zum ATBereich findet sich zumeist im persönlichen Geltungsbereich des Terifvertrags. Es zeigt sich also, dass der AT-Status an sehr enge Grenzen gebunden ist. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der ATStatus rechtlich gesehen keine Beförderung ist, sondern den/die Beschäftigte/-n im Gegenteil aus dem Schutzbereich der Tarifverträge herausnimmt. In der Folge muss der/die AT-Beschäftigte al-

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AussenSpiegel

Erfolgreiche Interessenvertretung für aussertariflich Beschäftigte und Akademiker/-innen AT-Seminar für Aktive

Ihr interessiert Euch stärker für das Thema? Egal, ob für Euch selbst oder für Eure Kolleginnen und Kollegen im AT-Bereich. Meldet Euch zu unserem Seminar für Aktive an. Neben den Rechtsgrundlagen sprechen wir hier über Interessenvertretungsstrategien für AT-Beschäftigte und wie Ihr diese in Euren Betrieben implementieren könnt. Seminar: Veranstaltungstermin: 15.06.2014-18.06.2014; Seminar-Nr.: HV.52.01.02.14 Veranstaltungszeitraum: 3 Tage, Beginn abends, Ende mittags Veranstaltungsort: Bildungszentrum Kagel-Möllenhorst Am besten gleich anmelden: http://www.igbce.de/mitglieder/bildungsangebote/zentrale-seminare-2014


Betriebsräte-Bildungsprogramm für außertariflich Beschäftigte Im vergangenen Jahr haben wir erstmals ein Bildungsprogramm für Betriebsratsgremien mit einem hohen AT-Anteil herausgegeben. Wir haben dazu die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für das AT-Arbeitsverhältnis und die Mitbestimmung des Betriebsrats aufgearbeitet. Insgesamt konnten wir so über 300 Betriebsrätinnen und Betriebsräte in AT-Fragen und Strategien schulen. An diese Erfolgsgeschichte knüpfen wir nun mit dem Bildungsprogramm AT 2014 an. Die regelmäßigen Netzwerktreffen unter Einbeziehung wissenschaftlicher Impulse bieten einen steti-

In den letzten Jahren ist es in vielen Unternehmen gelungen, eine Vielzahl der genannten Punkte umzusetzen. Nicht zuletzt durch die gute Zusammenarbeit zwischen IG BCE und Betriebsrät(inn)en.

gen Austausch mit den handelnden Akteur(inn)en im AT-Bereich und dienen dazu, die Betriebsratsarbeit kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Deinem Ziel ein Stück näher: Das Programm 2014 für AT-Beschäftigte Seminarprogramm 2014

Neben diesem Seminarangebot bieten wir unterstützende Materialien an und haben dazu beispielsweise gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Blanke und Frau Dr. Weike (Uni Oldenburg) ein Handbuch zu AT-Fragen herausgegeben. Nur durch inhaltliche Kompetenz und qualitativ hochwertige Ansprache im Betrieb lassen sich Menschen von unserer Arbeit überzeugen.

Hier geht es zum Bildungsprogramm (PDF-Datei):

sind, dass die AT-Beschäftigten Mitglied der IG BCE sind. Denn tatsächlich können alle Beschäftigten, die nicht Mitglied der tarifvertragschließenden Partei (hier der IG BCE) sind, schlechter behandelt werden, da die Tarifverträge für sie nicht gelten. In der Regel mangelt es auch an einer sogenannten Verweisklausel im Arbeitsvertrag auf die jeweils gültigen Tarifverträge, da man ja gerade einen AT-Vertrag schließen wollte.

›› http://bit.ly/19dkr4d

Doch insbesondere im Punkt des Tarifabstands, also der Frage, ob und wie weit das unterste AT-Entgelt(band) über der E13 liegt, ist zunächst einmal Individualrecht. Zwar sind in vielen Betriebsvereinbarungen Regelungen, die diesen im Tarif geregelten Sachverhalt betrieblich Für Mitglieder der IG BCE ist das anders. auslegen; doch können nur die einzel- Nach dem Tarifvertragsgesetz haben sie nen Beschäftigten diesen auch einklagen, einen Anspruch auf Tarifleistungen. Als wenn er/sie denn einen Rechtsanspruch AT-Beschäftigter ist man zwar grundhat. Das heißt im Umkehrschluss, dass sätzlich außerhalb des persönlichen IG BCE und Betriebsrat zur Durchsetzung Geltungsbereichs beschäftigt, doch fällt eines Tarifabstands darauf angewiesen man bei einer Unterschreitung des Ta-

Inhouse-Seminar AT für Betriebsratsgremien Für Betriebsrätinnen und Betriebsräte bieten wir derzeit eine Strategieberatung im Rahmen einer Grundlagenschulung AT an. Diese führen wir im jeweiligen Betrieb durch, um mit dem Gremium vor dem betrieblichen Hintergrund Strategien zu entwickeln und alle BR-Mitglieder auf den gleichen Wissensstand zu bringen. Ihr habt Interesse am eintägigen Seminar? Kein Problem, meldet Euch einfach bei uns und vereinbart gleich einen Termin für Euren Betrieb. Gemeinsam können wir die Arbeitsbedingungen der AT-Beschäftigten nachhaltig verbessern. Terminvereinbarung: Oliver Hecker, Tel.: 0511 7631-224, oliver.hecker@igbce.de

rifabstands wieder in den persönlichen Geltungsbereich. In diesem Moment erlangt man auch seine Rechte aus dem Tarifvertrag zurück und kann den Tarifabstand einklagen oder für diese Zeit auch andere Dinge aus dem Tarifvertrag. Dies gilt auch, wenn der Arbeitsvertrag etwas anderes sagt. Man kann als Mitglied nur im Positiven von den Mindestbestimmungen aus dem Tarifvertrag abweichen. Mitglieder können nicht auf ihr Tarifrecht verzichten. Alles in allem ist für Verhandlungen wichtig, dass möglichst viele AT-Beschäftigte auch einen Rechtsanspruch auf die Tarifverträge der IG BCE haben. Auch eine Mitgliedschaft im VAA (Verband Angestellter Akademiker) reicht nicht, da der VAA einen Tarifvertrag über Mindestjahresgehälter für Akademiker/-innen unterschrieben hat, der deutlich unter den Jahresgehältern der IG BCE liegt. Dieser wird in den Verhandlungen über AT-Entgeltsysteme eher von der Arbeitgeberseite zitiert, um die unteren AT-Gehälter zu drücken und Entwicklungsbänder für Jungakademiker/-innen einzuführen, die nach dem VAA-Tarif im ersten Jahr sogar völlig frei verhandelbar sind.

März 2014

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Recht

GPS-Ortungssystem im Dienstwagen

Alles was Recht ist

Darf der Arbeitgeber die Daten einsehen und ggf. verwerten? von Rechtsanwalt Peter Voigt

IG BCE, Abt. Arbeits- und Sozialrecht, Hannover

Neues Urteil: Anwendung der 1 %-Regelung bei der Dienstwagenbesteuerung auch bei fehlender privater Nutzung

Viele Arbeitgeber/-innen möchten wissen, wo sich ihre Arbeitnehmer/-innen, insbesondere im Außendienst, befinden. Durch das Global Positioning System (GPS) ist dies problemlos möglich. Oftmals werden GPS-Aufenthaltsorte (z. B. im Navigationssystem im Firmenwagen oder Firmenhandys) auch außerhalb der Arbeitszeit eingesehen. Eine Dauerüberwachung der Beschäftigten ist jedoch unzulässig. Und auch ansonsten sind Arbeitnehmer/-innen nicht schutzlos.

Foto: © Edyta Pawlowska - Fotolia.com

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer der Vorteil in Gestalt der konkreten unentgeltlich oder verbilligt ein Fahr- Möglichkeit, das Fahrzeug auch zu Prizeug zur privaten Nutzung zur Verfü- vatfahrten nutzen zu dürfen, ist dem/der gung, führt dies beim Arbeitnehmer auch Arbeitnehmer/-in bereits mit der Überdann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, lassung des Fahrzeugs zugeflossen. Deswenn er/sie das Fahrzeug tatsächlich halb hatte das Finanzgericht den geldnicht privat nutzt. Der Vorteil ist, wenn werten Vorteil aus der Überlassung des ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch Dienstwagens zur privaten Nutzung aus Die satellitengestützte Positionsbestimnicht geführt worden ist, nach der 1 %-Re- Sicht des Bundesfinanzhofes zu Recht mung durch GPS ermöglicht, den Aufgelung zu bewerten. Dies entschied der (auch ohne weitere Feststellungen zum enthaltsort von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen bzw. ihrer Fahrzeuge Bundesfinanzhof und korrigierte damit Sachverhalt) als Arbeitslohn angesehen. (Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.03.2013, und auch das Fahrverhalten permanent seine bisherige Rechtsprechung. VI R 31/10, VI R 46/11, VI R 42/12 und VI R zu überwachen. Da die Fahrzeuge den jeweiligen Arbeitnehmern/der jeweiligen Bisher wurde in derartigen Fällen die tat- 23/12 [Urteil vom 18.04.2013]) Arbeitnehmerin unkompliziert zugeordsächliche private Nutzung des Fahrzeugs vermutet. Der/Die Steuerpflichtige konn- Praktisch heißt dies, dass die Anwen- net werden können, handelt es sich bei te die Vermutung unter engen Vorausset- dung der 1 %-Regelung im Falle der nicht Standortdaten von GPS-Geräten und den zungen widerlegen. Diese Möglichkeit ist privaten Nutzung am besten durch den Daten über das Fahrverhalten um per­ Entzug der Möglichkeit der privaten sonenbezogene Daten im Sinne von § 3 nun entfallen. Nutzung im Arbeitsvertrag verhindert Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Im zugrunde liegenden Streitfall (VI R werden kann. Daher sollte aus unserer Ob diese Datenerhebung datenschutz31/10) stellte die Klägerin, eine Steuerbe- Sicht eine entsprechende Vereinbarung rechtlich zulässig ist, ist nach allgemeiratungsgesellschaft, ihrem Geschäftsfüh- über den Entzug der privaten Nutzung nen Grundsätzen zu beurteilen. Gibt es rer einen Dienstwagen zur Verfügung. für einen entsprechenden Zeitraum einen Betriebsrat in der Firma, ist der EinNach dem Anstellungsvertrag durfte er ausreichend sein, um die Versteuerung bau von GPS-Geräten in die Firmenfahrden Dienstwagen auch für Privatfahr- zu vermeiden. In diesem Fall entfällt der zeuge, die von den Beschäftigten dienstten nutzen. Bei der Lohnsteuer setzte die tatsächliche Vorteil der Möglichkeit der lich (und ggf. auch privat) verwendet werden, zudem nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG Klägerin für die private Nutzung ledig- privaten Nutzung. zwingend mitbestimmungspflichtig.1 lich eine Kostenpauschale an, denn eine private Nutzung des Dienstwagens habe Besteht kein Betriebsrat ist der/die einnicht stattgefunden. Im Anschluss an zelne Arbeitnehmer/-in nicht völlig eine Lohnsteueraußenprüfung erließ das schutzlos. Auch wenn es kein explizites Finanzamt einen LohnsteuerhaftungsBeschäftigtendatenschutzgesetz gibt, so bescheid. Einspruch und Klage blieben schützt das BDSG und die dazu erfolgohne Erfolg. te Rechtsprechung die Arbeitnehmer/ -innen vor ungerechtfertigter ÜberwaDer Bundesfinanzhof hat die Entscheichung. Eine Dauerüberwachung von Mitdung des Finanzgerichts bestätigt. Die arbeitern ist aufgrund des permanenten vom Arbeitgeber gewährte Möglichkeit, den Dienstwagen auch privat Kontrolldrucks ohnehin unzulässig. Ornutzen zu dürfen, führt bei dem/der tungssysteme, die personenbeziehbare Bewegungsdaten z. B. über GPS-gestützte Arbeitnehmer/-in zu einem Vorteil, der als Lohn zu versteuern ist. Ob der/die Navigationssysteme oder Mobiltelefone erfassen, sind im Hinblick auf das PerArbeitnehmer/-in von der Möglichkeit der privaten Nutzung Gebrauch ge- Augen auf bei steuerlicher Berücksichtigung von nicht 1 ArbG Kaiserslautern v. 27. 08. 2008 – 1 BVGa macht hat, ist dafür unerheblich, denn privat genutzten Dienstwagen. 5/08.

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AussenSpiegel


sönlichkeitsrecht nur ausnahmsweise zulässig (z. B. für Personen, die Gefahrenbereiche betreten und verlassen, nie aber z. B. im privaten Bereich).2

zwecke erfolgen, z. B. für die Einstellung, Durchführung oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie zur Wahrung berechtigter Arbeitgeber(innen)interessen erforderlich sein. Zudem darf kein Grund zu der Annahme bestehen, dass das schutzwürdige Interesse der Arbeitnehmer/-innen am Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Auch in diesen Ausnahmefällen muss die Überwachung für die betroffenen Beschäftigten klar erkennbar sein.3

Der Einsatz solcher Systeme setzt nach § 4 Abs. 1 BDSG voraus, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch eine Rechtsvorschrift erlaubt wird oder dass die Betroffenen eingewilligt haben (§§ 4, 4 a, Peter Voigt 4 d, 6 c und 28 Abs. 1 Satz 2 BDSG; Grund- IG BCE, Abteilung Arbeits- und Sozialrecht satz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt; zuletzt BGH v. 04.06.2013, 1 StR 32/13 zur -innen strukturell in einem Abhängig- Fazit: Heimlich darf der/die Arbeitgeber/ Strafbarkeit der Erstellung sog. Bewe- keitsverhältnis stehen, fehlt es (meist) an -in keine GPS-Überwachung vornehmen. gungsprofile durch Anbringung von GPS- der Freiwilligkeit einer Einwilligung. Der Ohne Mitwirkung eines (vorhandenen) Empfängern an Firmenfahrzeugen durch GPS-Einsatz durch den/die Arbeitgeber/- Betriebsrats auch nicht. Und auch aneine Detektei). Da Arbeitnehmer/-innen in kann dann nur noch nach § 32 BDSG sonsten nur in engen Grenzen und unter gegenüber ihrem/ihrer Arbeitgeber/ zulässig sein. Die personenbezogene Berücksichtigung aller arbeits- und daDatenverarbeitung muss in diesen Fäl- tenschutzrechtlicher Bestimmungen. 2 DKKW-Klebe § 87 RN 197; ebenso Däubler, len für die Erfüllung eigener GeschäftsGläserne Belegschaften, RN 837.

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Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs kann seine Zustimmung zum Einsatz von Leiharbeitnehmer(inne)n verweigern, wenn diese dort nicht nur vorübergehend eingesetzt werden sollen. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ist der Betriebsrat eines Entleiherbetriebs vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers/ einer Leiharbeitnehmerin nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu beteiligen. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann er seine Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers u. a. dann verweigern, wenn diese gegen ein Gesetz verstößt. Verweigert ein Betriebsrat seine Zustimmung, kann der Arbeitgeber nach § 99 Abs. 4 BetrVG beim Arbeitsgericht die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung beantragen. In diesem Verfahren wird geprüft, ob die Zustimmungsverweigerung berechtigt ist. Maßgeblich hierfür ist die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Rechtslage. Ein Gesetz im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist auch § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung. Danach erfolgt die Überlassung von Arbeitnehmer(inne)n

an Entleiher „vorübergehend“. Die Bestimmung enthält nicht lediglich einen unverbindlichen Programmsatz, sondern untersagt die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmer(innen)überlassung. Sie dient zum einen dem Schutz der Leiharbeitnehmer(innen). Zum andern soll sie auch die dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft des Entleiherbetriebs in eine Stammbelegschaft und eine entliehene Belegschaft verhindern. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs kann daher seine Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmer(inne)n verweigern, wenn diese im Entleiherbetrieb nicht nur vorübergehend beschäftigt werden sollen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und ggf. welche Rechtsfolgen sich aus einem Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG für das Rechtsverhältnis des einzelnen Leiharbeitnehmers/der einzelnen Leiharbeitnehmerin zum Entleiher ergeben. Anders als in den Vorinstanzen hatte daher vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts der Antrag eines Arbeitgebers keinen Erfolg, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur dauerhaften Einstellung einer Leiharbeitnehmerin

gerichtlich zu ersetzen. Der Streitfall verlangte keine genaue Abgrenzung des Begriffs „vorübergehend“. Der Arbeitgeber beabsichtigte, die Leiharbeitnehmerin ohne jegliche zeitliche Begrenzung statt einer Stammkraft einzusetzen. Dies ist aus Sicht des BAG jedenfalls nicht mehr „vorübergehend“ (BAG-Beschluss vom 10. Juli 2013 – 7 ABR 91/11). Zwar stellt sich nach wie vor die Frage, wie der Begriff des vorübergehenden Einsatzes letztendlich durch das BAG bewertet wird, doch das vorliegende Urteil stärkt in jedem Fall die Kontrollund Einflussmöglichkeiten des Betriebsrates. Darüber hinaus ist es jedoch aus unserer Sicht weiterhin notwendig, die gesetzlichen Möglichkeiten der Betriebsräte zum Ob und Wie des Einsatzes von Leiharbeitnehmer(inne)n zu stärken. Foto: © vj - Fotolia.com

Neues Urteil: Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates beim Einsatz von Leiharbeitnehmer(inne)n

Wedde in KK zum BDSG, § 32 RN 109.

Der Einsatz von Leiharbeitnehmern darf nicht am Betriebsrat vorbei entschieden werden.

März 2014

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Foto: © .shock - Fotolia.com

Veranstaltungen

Neue Perspektiven für Pharmaberaterinnen und -berater Derzeit werden so viele Stellen im Pharmaaußendienst wie selten zuvor abgebaut. Die Gründe dafür sind vielfältig, das Ergebnis ist immer das Gleiche: Pharmaberater(innen) verlieren ihren Job, den sie jahrelang mit Erfolg ausgeübt haben. Welche beruflichen Alternativen gibt es innerhalb des Pharmaumfeldes? Welche Perspektiven gibt es außerhalb? Welche realistischen Wege bieten sich an? Diese Fragen kann wohl nur jeder Außendienstmitarbeiter für sich ganz persönlich beantworten. Mit einem speziell für Pharmaberater(innen) gestalteten Wochenende wollen wir unsere IG BCEMitglieder in besonderer Weise unterstützen. Wir kennen die Fragen, denn die Entwicklung des Pharmaaußendienstes ist uns sehr gut vertraut. Gemeinsam wollen wir Antworten auf wesentliche Fragen finden.

Um die eigenen beruflichen Perspektiven zu erkennen, bedarf es einer persönlichen Standortbestimmung. Häufig ist eine Neuorientierung hilfreich. Je früher, desto besser. Dann ist man vorbereitet, wenn ein Stellenabbau in greifbare Nähe rückt. Dann liegt ein Plan B bereit, auf den man zurückgreifen kann. In diesem Kompaktseminar bekommen die Teilnehmer(innen) einen umfassenden Überblick über berufliche Alternativen. Sie setzen sich mit ihren eigenen Ressourcen auseinander. Sie erschließen neue berufliche Wege, die ihren eigenen Stärken und Wünschen entsprechen. Sie finden Lösungen, um wieder kraftvoll durchzustarten. Das Seminar soll einen ersten Überblick über die vielfältigen, oft sehr persönlichen Alternativen zum bisherigen Beruf vermitteln.

Termin Seminarort: Bildungszentrum Kagel-Möllenhorst Datum und Seminar-Nr.: 04.04.-06.04.2014 HV.53.01.01.14 (Beginn abends, Ende mittags) Referent: Hartmut Eßmann Inhaber Eßmann Personal­ beratung www.essmann-beratung.de Dauer: 2 Tage

Die Teilnahme ist für unsere Mitglieder selbstverständlich kostenlos. Die Reisekosten werden erstattet. Falls Nicht-Mitglieder Interesse haben, können sie gerne eintreten und dann am Seminar teilnehmen.

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AussenSpiegel

Die Anmeldung erfolgt über den jeweiligen Bezirk der IG BCE. Im Zweifel helfen wir aber auch gerne weiter: Redaktion Aussenspiegel Tel.: 0511 7631-385 aussenspiegel@igbce.de

Besonders geeignet für: Beschäftigte im Pharmaaußendienst


Termine & Infos SEMINARE für Betriebsräte im Außendienst Termin

Thema

Inhalte

30.06.-02.07.2014 Seminarnummer: BWS-032-680801-14

Interessenausgleich und Sozialplan im Pharma-Vertrieb (Innen- und Außendienst)

>>Wann ist die Veränderung eines Gebiets eine Versetzung? >>Sind Gebietsneuordnungen mitbestimmungspflichtig? >>Welchen Zusammenhang gibt es zwischen neuen Tätigkeiten und der Vergütung? >>Wann sind Veränderungen der bisherigen Tätigkeiten oder die Neustrukturierung von BUs mitbestimmungspflichtig? >>Was kann bei einem Verkauf getan werden? >>Was muss ein aufnehmender Betriebsrat beachten? >>Sind Transfergesellschaften bei Umstrukturierungen sinnvoll?

17.-18.11.2014 Seminarnummer: BWS-032-680901-14

Vergütungsrechtliche Fragen im Pharma-Außendienst

24.-25.11.2014 Seminarnummer: BWS-032-681101-14

Betriebsrätenetzwerk Pharmavertrieb

10.-12.12.2014 Seminarnummer: BWS-028-620801-14

Arbeits- und Gesundheitsschutz für Vielfahrende und Beschäftigte im Außendienst – Erfolgreiche Mitbestimmungs- und Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte

Referent: Heiko Engeler

Referentin: Christine Hippmann

Referent: Oliver Hecker

Referenten: M. Gronemeyer / G. Schnelle

>>Hauptleistungs- und Nebenpflichten >>Leistungsabhängiger Lohn >>Leistungsbeurteilung >>Ziel- und Leistungsvereinbarungen zur Arbeitszeit >>Vertrauensarbeitszeit >>Homeoffice und Lager >>Zuständigkeit des Betriebsrats >>Austausch über aktuelle Trends im Pharmavertrieb >>Rechtliche und politische Schwerpunktthemen mit fachlicher Begleitung durch Wissenschaft, Politik und Gesellschaft >>Strategische Planung von politischen Schwerpunktthemen im Pharmavertrieb >>Spezifische Beanspruchung und gesundheitliche Auswirkungen im Außendienst >>Optimierung der Arbeitsabläufe und der -organisation, der sozialen Beziehungen sowie der Arbeitsumgebung >>Betriebliche Handlungsstrategien zum Abbau psychischer Belastungen >>Mitbestimmung des Betriebsrats im Arbeits- und Gesundheitsschutz >>Psychische Belastungen im Außendienst >>Umsetzung einer Gefährdungsbeurteilung

Tipps, Anregungen, Beiträge für den AussenSpiegel an: IG BCE-Hauptverwaltung Abt. Politische Schwerpunktgruppen Kristin Marr Telefon 0511 7631-224/-385 E-Mail aussenspiegel@igbce.de

Impressum

Herausgeberin: Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Vorstandsbereich 2 – Edeltraud Glänzer, Stellvertretende Vorsitzende Redaktion: Abteilung Politische Schwerpunktgruppen Oliver Hecker (V.i.S.d.P.) hannover.contex GbR, Eva-Marie Fischer, Michael Görms, Karlheinz Hofmann

Sie können auch online Mitglied werden. Scannen Sie einfach folgenden QR-Code:

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Oder besuchen Sie unsere Website: https://mitgliedwerden.igbce.de

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❍ Ich brauche spezielle Außendienst-Informationen zu folgendem Thema: ❍ Ich bitte um Rückruf eines/einer Kollegen/Kollegin aus meiner Region. Absender

Druck und Versand: BWH GmbH

Name

Anschrift der Redaktion: IG BCE, Abteilung Politische Schwerpunktgruppen Redaktion AussenSpiegel, Königsworther Platz 6, 30167 Hannover, E-Mail: aussenspiegel@igbce.de Erscheinungsweise: Der AussenSpiegel erscheint zweimal pro Jahr. Schutzgebühr 5,00 EUR. Für Mitglieder ist die Gebühr im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Hier ausschneiden und an die angegebene Adresse schicken.

❍ Ich möchte Mitglied der IG BCE werden und bitte um Zusendung der erforderlichen Unterlagen.

Layout: Falk Frede Fotos: Fotolia.com (S. 9, 12, 13, 14, 16)

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Kosten, Seminarinhalte und Anmeldung über www.igbce-bws.de und die entsprechende Seminarnummer.

Anschrift Unternehmen E-Mail Empfängerin: Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Redaktion AussenSpiegel, Königsworther Platz 6, 30167 Hannover.


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