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Konrad Willeit: Valentin Weber –herzensgut und freundlich

Von Sarawak nach Britisch Nordborneo

Im Februar 1906 beschließt das Regionalkapitel der Josefs-Missionare in Borneo, Henry v. d. Heijden aus Jesselton nach Kuching zurückzuholen und ihn durch Valentin Weber und den Holländer William van Mens zu ersetzen. Am 10. April 1906 kommen beide in Jesselton an. Eigentlich wäre van Mens als Rektor der Schule bestimmt gewesen. Weber sollte ihm dabei behilflich sein. Es kommt aber anders. Van Mens interessiert sich hauptsächlich für die Missionen entlang dem Papar Fluss. In der kleinen ländlichen Siedlung Papar errichtet er mit eigenen Mitteln zunächst ein Haus, übersiedelt 1907 nach Sandakan und kehrt bereits 1910 nach Europa zurück. Valentin ist in Jesselton praktisch auf sich allein gestellt. Henry v. d. Heijden hatte ihm zwar die Schule mit der kleinen Herz-Jesu-Kapelle hinterlassen, aber die wirtschaftliche Situation ist weiterhin kritisch wie eh und je. Valentin legt trotz finanzieller und sprachlicher Hindernisse seine ganze Kraft und Herzenswärme in die Arbeit hinein. Ein borneo-chinesischer Priester schreibt später in einem Rückblick an seine Schulzeit bei Missionar Weber: „Als er nach Jesselton kam, gab es dort kaum 50 Katholiken. In der Schule musste er seine Buben nicht nur unterrichten, sondern auch ernähren und kleiden. Jedes Jahr hatte er unter seinen Schülern aber 20 bis 30 Taufen, und die Zahlen mehrten sich von Jahr zu Jahr“.

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Ein ehemaliger Pfarrangehöriger aus Jesselton erzählt folgende Anekdote über Weber, die seine Herzensgüte und Menschenfreundlichkeit deutlich beschreibt. „Damals waren alle arm. Viele mittellose Familien wollten ihre Buben trotzdem zur Schule schicken, sahen sich aber auch gezwungen, um Aufnahme ins „Internat“ zu bitten. Allerdings konnten die meisten nur einen kleinen Teil des dafür geforderten Geldbetrages aufbringen, wenn überhaupt, und zudem war das Internat ständig hoffnungslos überfüllt. Wenn es einem aber gelang, seine triste, miserable Lage unter Tränen und Klagen drastisch genug darzustellen, dann konnte man sicher sein, dass Father Weber nicht nur den Buben in seine Schule und ins überfüllte Internat aufnehmen würde, sondern dass er selbst in Tränen ausbrechen und noch herzzerreißender weinen würde, als man selber weinte. Nie hat er nur einen der Spitzbuben geschlagen, wenn sie etwas angestellt haben. Eine wahre Seltenheit in jener Zeit, wo körperliche Züchtigung als ganz normale und akzeptierte Maßnahme zum Disziplinieren gesehen wurde. Klar, dass seine übergroße Geduld und Güte manchmal auch schändlich ausgenutzt wurden. Er hat

Früher hat der Urwald die Menschen ernährt, heute gibt es auf Straßenmärkten fast alles zu kaufen: vitaminreichen Porree, Ingwer als Heilpflanze und Küchengewürz, Kochbananen, Papaya, Mango, Durian, eine Jackfrucht-Art, Süßkartoffel…

Unten:

Jesselton nach dem II. Weltkrieg, wieder aus den Bombenruinen erstanden. Nach der Unabhängigkeit von Großbritannien am 31. August 1963 ändert die ehemalige Kolonie Britisch Nordborneo ihren Namen in Sabah und wird ein Bundesstaat von Malaysia. Jesselton, die Hauptstadt, wird am 30. September 1968 in Kota Kinabalu umbenannt. aber alles ertragen. Sogar in sehr ärgerlichen Momenten seufzt er nur, atmet tief durch und lässt sich höchsten ein „Aiyah“ als Ausdruck des Bedauerns entlocken.

Valentin Weber wohnt einige Jahre im selben Haus mit den „Boys“, den Kindern armer chinesischer Wanderarbeiterfamilien. Der Visitationsbericht des Generaloberen, Fr. Henry von Mill Hill, hält fest: „Ich bin zutiefst beeindruckt und stelle mit großer Bewunderung fest, mit welcher Selbstverleugnung unsere Missionare hier leben. Die meisten von ihnen leben in größter Armut und ohne jeglichen Comfort eines zivilisierten Lebens in ihren Häusern und Kapellen. Und doch habe ich von keinem nur ein Wort der Unzufriedenheit gehört. Im Gegenteil. Sie tragen all diese Unannehmlichkeiten in einer erstaunlichen Fröhlichkeit des Herzens, aus Liebe zu Gott und für die Rettung der Seelen.“ Auch Weber kann nicht anders, als trotz dauernd unzureichender Mittel „seinen Buben“ Unterkunft und Verpflegung zu geben und für viele sogar noch Kleidung zu besorgen. Er unterrichtet und erzieht sie, als ob sie seine eigenen Kinder wären. Obwohl er selbst nur bruchstückhaft Hakka-chinesisch spricht und viele ihrer eigeneartigen Bräuche nicht versteht, gilt sein besonderes Augenmerk den Familien und der Schule. Bei den vielen chinesischen Zuwanderern trifft er auf fleißige, bildungsinteressierte Jugendliche, über die er schnell Kontakt zu den Familien findet. Die weitgehend ländliche einheimische Bevölkerung der Dusun und Kadazan allerdings verhält sich der neuen Religion und der Schulbildung gegenüber ziemlich distanziert.

Wie schon sein Vorgänger Heijden drängt nun auch Weber darauf, gut ausgebildete Lehrer zu finden und vor allem einen Katechisten, der in der Sprache und Kultur der Chinesen zuhause ist. Es dauert aber noch, bis geeignetes einheimisches Hilfspersonal gefunden wird. Weber liebt die Chinesen und hat größte Hoch-

achtung vor ihren Bräuchen. Auch lässt er sie in größeren und kleineren Dingen „gewähren“, solange ihre Sitten nicht offensichtlich gegen das Kirchenrecht verstoßen. „Ich bin ein Chinese und ich liebe die Armen“, scheint sein Lebensmotto gewesen zu sein, meint einer seiner ehemaligen Schüler. Trotz mangelhafter Sprachkenntnisse besucht er wöchentlich die Familien in der Umgebung, ruft die Menschen beim Namen und versucht sie in ein freundliches Gespräch zu verwickeln. Dies wird allmählich bei Nicht-Christen genauso geschätzt wie bei Katholiken. Es ist allgemein bekannt, dass dem gütigen Missionar ganz besonders die Witwen und Waisen am Herzen liegen. Natürlich greift er wieder auf sein bewährtes Erfolgsrezept zurück und gründet alsbald auch in Jesselton eine Musikkapelle, die ohne Zweifel sowohl bei den Einheimischen als auch den kolonialen Behörden große Aufmerksamkeit hervorruft.

Endlich tritt eine gewisse Stabilisierung ein. Der Jahresbericht der Josefs-Missionare in Borneo von 1907 berichtet von einer stetig steigenden Zahl an Katholiken und zunehmendem religiösem Eifer unter den Gläubigen. Allerdings steht da auch immer wieder Webers Forderung nach einheimischen Lehrern und Katechisten, denn „selbst wenn die ausländischen Missionare der chinesischen Sprache mächtig seien, könnten sie nicht die kulturellen Schranken überschreiten und die Bräuche ihrer Pfarrkinder wirklich verstehen“. Im September 1910 wird in Kuching das vierte Regionalkapitel der Josefs-Missionare abgehalten. Dabei wird Valentin Weber offiziell als Rektor der Schule und der Mission in Jesselton ernannt. Inoffiziell hat er schon seit seiner Ankunft in 1906 die volle Verantwortung dafür getragen. Nun kann er drangehen, schon länger gehegte Projekte zur Weiterentwicklung der Mission in Angriff zu nehmen.

Etwas unscharf, aber ein wertvoller Beleg: das 1904 aufgenommene Foto der Musikkapelle von Mukah, die Missionar Valentin Weber mit Instrumenten und Uniformen ausgestattet hat.

Nächstenliebe statt Verzweiflung in Brasilien: Caritas gegen Corona

„Jeden Tag ein neuer Ansturm, so viele Menschen im Elend!“ So klagt mein Freund Wellington in Governador Valadares in Brasilien. Er lebt hautnah, Tag für Tag, eine Situation, die wir uns nur schwer vorstellen können.

Toni Amort, Herberthaus, Brixen

Die Caritas ist das große Hoffnungslicht für die Menschen unter der Diktatur eines Virus in der Finsternis einer Gesellschaft, die sich abkapselt. Schon vor der Corona Pandemie überlebten eine große Anzahl von Männern und Frauen wegen der übergroßen Arbeitslosigkeit als Straßenhändler oder Taglöhner. Nun aber war beinahe alles unmöglich geworden. Auch sahen sich Gast- und Handelsbetriebe gezwungen, nach vielen Tagen ohne Betrieb, Angestellte zu entlassen. Erst recht gerieten kleine Geschäfte der Reihe nach in den Bankrott. Die Regierung gewährte zwar pro Familie eine monatliche Hilfe im Wert von 100 Euros, aber damit war am 31. Dezember 2020 endgültig Schluss. Immer mehr Familien stehen seitdem ohne jegliches Einkommen da. Sehr schwer leiden Schulkinder. Sie müssen den Kummer ihrer Eltern mittragen und so manche gehen abends hungrig schlafen. Auch vermissen sie schmerzhaft die Gesellschaft ihrer Schulkollegen. Die Not wird mit jedem Tag schlimmer. Man möchte meinen, dass bei sinkender Nachfrage ebenso die Preise sinken. Aber nicht in Brasilien: selbst für lebensnotwendige Waren wie für Wasser, Strom, Gas und Treibstoffe sind die Preise erschreckend gestiegen.

Die Caritas ringt verzweifelt, um nur in den allerschlimmsten Fällen zu helfen. Zum Zeitpunkt, da ich dies schreibe, wurden jede Woche rund 300 Familien mit Lebensmittel-Packungen versorgt. Von der Diözese gab es letztes Jahr kein Geld, weil die Fastensammlung wegen der Pandemie ausgefallen war. Angesichts der steigenden Not haben Kleinbauern der umliegenden Dörfer begonnen, ansehnliche Mengen ihrer Produkte der Caritas zu schenken; denn es gab keinen Markt mehr, um sie zu verkaufen. Da kam es vor, dass wohl einige Lebensmittel-Packungen auch Käse enthielten. Bemerkenswert, was eine Familienmutter bei dieser Entdeckung mit besonderer Freude sagte: „Käse! Schon seit fünf Jahren habe ich keinen Käse mehr gegessen!“ Nicht weil sie ihn nicht mochte, sondern weil sie sich einen solchen Luxus niemals leisten konnte!

Alle 30 Personen, die für Zubereitung und Verteilung der Pakete sorgen, tun ihren Dienst völlig freiwillig und kostenlos, einschließlich dem Direktor. Geld benötigt die Caritas vor allem, um die Packungen zu vervoll-