N'Jus FS 2012

Page 1

N‘jus Die Zeitschrift des Fachverein Jus der Universität Zürich FS I 12

PERSÖNLICHKEITEN Interview mit Prof. Nobel Jurastudium in Amerika Sonntagsöffnung im RWI


Steering towards graduation? Then step into a world of exciting graduate opportunities in Audit, Tax, Consulting and Corporate Finance. Are you interested in joining a dynamic and fast growing world-leading professional services firm that will challenge, develop and reward you in equal measure? So visit www.careers.deloitte.com to see what’s possible. Experience a steep learning curve on exciting projects and learn in an international and multi-cultural work environment. It’s your future. How far will you take it? facebook.com/DeloitteSwitzerlandCareers

Audit. Tax. Consulting. Corporate Finance. © 2012 Deloitte AG. All rights reserved.

Thema


Editorial Simone Ursprung

Geschätzte Leserschaft In diesem Heft geht es um juristische Persönlichkeiten. Vor einiger Zeit hat eine solche Charaktergestalt an der Universität Zürich einen Vortrag gehalten: Valentin Landmann sprach über sein Leben und über die Freiheit in der Schweiz. Wenn man letztere in den Schrank hänge, um sie nur gelegentlich zu geniessen, müsse man nicht überrascht sein, wenn die Freiheit eines Tages Mottenlöcher hätte, sagte er bei dieser Gelegenheit. Ich wunderte mich sehr über seine Ansicht, glaubte ich doch bis anhin, dass wir in einem der freiesten Länder überhaupt leben. Nirgendwo sonst werden demokratische Prinzipien wie Meinungs- oder Versammlungsfreiheit so hoch gehalten wie hier. Gerade an der Universität wird man immer wieder ermutigt, seine eigenen Standpunkte zu vertreten, ohne dass man deswegen Repressalien von Staat und Gesellschaft fürchten muss. Vielleicht hat Landmann eine zu extreme Vorstellung von Freiheit, dachte ich mir schliesslich – doch ich wurde eines Besseren belehrt. Einige Tage später wurde mir auf dem Weg in die Mittagspause ein Flyer in die Hand gedrückt. Der freundliche Titel: „Christine Lagarde – not welcome“. Die Geschichte dürfte aus den Medien bekannt sein. Die Präsidentin des IWF – auch eine juristische Persönlichkeit – war für einen Vortrag eingeladen. Verschiedene linke Gruppierungen – allen voran die Hörsaalbesetzer „uni von unten“ – wollten sie vertreiben. Grund: Die UZH sollte nicht „zur PR-Plattform neoliberaler Strateginnen und Strategen verkommen.“ Es wurde zu Protesten am Abend des Vortrages aufgerufen. Hundert teilweise vermummte Studenten folgten dem Aufruf. Das weitere Vorgehen erinnert an den ersten Mai: Was als friedliche Demo begann, eskalierte im Moment, als die Parolen skandierende Masse ins Hauptgebäude einzog und den Besuchern des Vortrags den Weg zum Hörsaal verstellte. Als eine ältere Dame sich einen Weg durch die Demonstrierenden bahnen wollte, wurde sie mit Wasser beworfen.

Editorial

Die zahlreich anwesenden Polizisten griffen nicht ein. Es sind nicht die ersten Proteste dieser Art. Kaum eine einflussreiche Persönlichkeit kann an der Universität einen Vortrag halten, ohne dass man solche Unruhen befürchten muss. Von den Verantwortlichen hört man, dass inzwischen bewusst auf die Einladung „heikler“ Personen verzichtet wird, da man keine Eskalation riskieren will. So weit dürfte es nicht kommen. Die Uni sollte sich ihr Programm weder von rechts noch von links diktieren lassen, sonst werden die landmannschen Mottenlöcher tatsächlich Realität. Die Meinungsäusserungsfreiheit, ein Grundpfeiler unserer Demokratie, sollte von allen respektiert werden, auch wenn man die Ansicht des anderen nicht teilt. Dazu gehört auch der Besuch solcher Vorträge. Darum, liebe IWF-Kritiker: Wenn euch Lagarde nicht passt, wehrt euch auf friedliche Art: Organisiert eure eigenen Vorträge und informiert dort über die Fehler des Systems. Demonstriert gewaltlos vor der Uni und verteilt eure Broschüren. Aber lasst die alte Frau zu Christine Lagarde gehen – der Freiheit zuliebe. In diesem Sinne wünsche ich viel Spass bei der Lektüre des vorliegenden N’Jus®, wo die Meinungsäusserungsfreiheit seit jeher gepflegt wird. Es warten spannende Beiträge, wie ein Interview mit Professor und Anwalt Peter Nobel oder ein Beitrag über Angelina Sgier, eine der Gewinnerinnen des diesjährigen Vis Moot Courts. Über Feedback jeder Art an njus@fvjus.ch würde ich mich sehr freuen! Die Redaktionsleiterin Simone Ursprung

3


litera B Bologna-kompatibel Jus studieren Die Lehrbücher der Reihe «litera B» beruhen auf dem Bologna-System der schweizerischen Universitäten. Sie gliedern sich in einzelne Module, die im Selbststudium eine fundierte Vor- und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen sowie eine optimale Prüfungsvorbereitung ermöglichen. Der didaktische Aufbau der Lehrmittel und die weiterführenden Hinweise erleichtern den Einstieg in neue Rechtsgebiete. Herausgeber: Andreas Furrer / Daniel Girsberger / Eva Maria Belser / Peter Breitschmid / Thomas Gächter / Vito Roberto / Markus Schefer / Bernhard Waldmann

www.schulthess.com


Inhaltsverzeichnis

THEMA 7-11 Zwischen Gericht, Hörsaal und Kunsthalle 13-15 Aufs Podest plädiert KARRIERE 17-19 Mit der Pistole zur Arbeit 21 Besuch bei der Kanzlei Niederer, Kraft & Frey STUDIUM 23 FV Jus erreicht Sonntagsöffnungen der RWI-Bibliothek 25-26 Seminar im Europäischen Wirtschaftsrecht 27-29 Jurastudium in Amerika 31-32 Neuigkeiten aus dem Fachverein 33-34 Studiare diritto a Zurigo: e poi? AMJUSMENT 35 Sauce Bolognaise, keimfrei 36-37 Pro & Contra 38 Rätsel


Zum Bekanntenkreis von Prof. Nobel gehörte Friedrich Dürrenmatt. Dieser hat mit dem Portrait seines Freundes auch seine malerischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Heute kann man das Bild im Centre Dürrenmatt in Neuchâtel besichtigen.

Thema


Zwischen Gericht, Hörsaal und Kunsthalle Interview mit Prof. Peter Nobel

Von Fabio Andreotti, Dominic Staiger und Simone Ursprung Wir hatten Glück. Frau Meyer, seine Assistentin, hat uns eine volle Stunde für das Interview gewährt. Um 11 Uhr treffen wir in der Anwaltskanzlei im Zürcher Seefeld ein, gleich beim Opernhaus. Was für ein Zufall! Die geografische Nähe zur Kunst passt zum Leben von Prof. Dr. Peter Nobel wie die Tinte aufs Papier. Die Kanzlei lebt von zeitgenössischen PressArt-Kunstwerken. Wir staunten nicht schlecht, als wir am sprichwörtlich „grünen Tisch“ Platz nehmen durften. Das sich in der Folge entwickelnde Gespräch war mit tollen Geschichten und Anekdoten aus einem aufregenden Leben gespickt. Ein Interview könnte kaum spannender sein. Prof. Nobel, was waren Ihre Beweggründe, Staatswissenschaften in St. Gallen zu studieren? Ich habe diesen Studiengang gewählt, weil man damals in St. Gallen versprach, einen wirtschaftsrechtlichen Studiengang einzuführen, in den wir wechseln könnten und Staatswissenschaften die Richtung mit dem grössten Anteil an Recht war. Diese Versprechungen wurden nicht eingehalten und so musste man sich den Weg suchen. Es waren also eher äussere Gründe, obwohl mich die internationalen und völkerrechtlichen Teile sehr fasziniert haben und es noch heute tun. Meine spätere Rache war, dass ich gegen allen Widerstand in St. Gallen zusammen mit Robert Waldburger einen speziellen Studiengang Law&Economics begründete und durchbrachte. Was würden Sie als Highlight Ihrer Studienzeit bezeichnen? Da gibt es eigentlich zwei Linien. Die eine war die Begegnung mit zwei Professoren, die verschiedener nicht hätten sein können: Nägeli und Schluep. Nägeli war ein kunstsinniger Mensch und die grossartige Ausstattung der HSG mit Welt-Kunst ist sein Verdienst; er war auch im beruflichen Feld breit angelegt, vom Strafvollzug bis zum Gesellschaftsrecht, wo er Fragen bearbeitete, die heute noch Schwierigkeiten bereiten (z:Bsp. die Doppelgesellschaft). Schluep dagegen, der dann nach Zürich ging, war der rhetorisch begabte, brilliante Macher und lehrte uns alle: Was ist Wirtschaftsrecht? Ihm verdanke ich den lebenslangen Hang zum Europäischen Gesellschaftsrecht (Dissertation). Zählt man auch die Zürcher Assistentenzeit zur Studienzeit, so war es Arthur Meier-Hayoz, der mir in seiner unbeirrbaren Verankerung lange „Vertrauensprinzip“ und Vorbild war, vor allem aber auch in seiner verdankenswerten Grosszügigkeit, einen Dissidenten wie mich an seinem Lehrstuhl zu dulden. Seine Schrift „Der Richter als Gesetzgeber“ (Art. 1 ZGB) hat bei mir zu einer lebenslangen Reflexion über die richterliche Funktion geführt, mit der an den Universitäten nicht selten zu unbedacht kritisch umgegangen wird. Richter sind oft zuverlässiger als das Parlament. Thema

Sie haben verschiedene Auslandaufenthalte gemacht. Unter anderem besuchten Sie die Universität Göttingen, die Lomonossov Universität in Moskau und die School of Law der Columbia University in New York. Wie haben Sie diese Besuche erlebt? Gab es für Ihre spätere Karriere als Rechtsanwalt und Professor prägende Erlebnisse während dieser Zeit? Meine Auslandsaufenthalte haben mein Netzwerk begründet und mich auch gelehrt, dass man es im Recht auf verschiedene Arten recht machen kann. Russland war damals (1976) noch ein Wagnis (ich hatte aber schon in der Mittelschule begonnen, russisch zu lernen), hat mir aber die früh begründete Freundschaft mit dem heutigen Präsidenten des russischen Verfassungsgerichtes (Valeri Sorkin) gebracht. In Amerika war es der ungeheure Gegensatz zwischen extremer Freiheit und extremer Bürokratie, der mich faszinierte und zu Law&Economics (rationaler, freier Umgang mit knappen Ressourcen) führte. Einen Umstand vergesse ich dabei nie: Eric Homburger, der Begründer von Homburger Rechtsanwälte, sagte zu mir auf der Strasse: „Sie sollten einmal nach Amerika gehen“, und organisierte dies gleich auch. In Göttingen war es die serene Forschungsatmosphäre, gepaart mit Lichtenberg’scher Bösartigkeit, die mich einnahm, vor allem aber die grossartigen Begegnungen mit meinem Mentor, Franz Wieacker, dem Leuchtturm der Rechtsgeschichte (heute noch faszinierend: „Privatrechtsgeschichte der Neuzeit“). Ich schrieb ihm einen Brief, dass ich „in seiner Nähe arbeiten“ möchte. In Zürich (der Mit-Assistent und heutige Arbeitgeber-Präsident Thomas Daum) hielt man mich für verrückt. Nach 6 Wochen kam der Brief: Kommen Sie. Meier-Hayoz wollte eine Kopie zu den Akten. Später sagte mir Wieacker, was niemand wusste, er sei zu einem Achtel St. Galler. Wanderjahre sind nach meiner Auffassung ein „must“ (ich war auch je ein halbes Jahr in Istanbul und in Manila).

7


Welcher Rechtsraum ist Ihrer Ansicht nach für einen angehenden Juristen als mögliches Ziel eines Auslandssemesters interessant? Würden Sie Ihren Studenten raten, dieses noch während des Masterstudiums in Zürich oder erst später mit einem ausländischen LL.M. zu verwirklichen? Ich würde raten, während des Studiums nach Deutschland, Frankreich oder Italien zu gehen und später im angloamerikanischen Raum die Ausbildung zu vervollständigen. Sie wehren sich gegen eine zunehmende Verrechtlichung in der Schweiz. Würden Sie sagen, dass das Common Law System flexiblere Lösungen gerade im Licht der zunehmenden Verrechtlichung des Wirtschaftslebens bietet? Recht muss Grenzen setzen, darf aber nicht geschwätziges Rezeptbuch sein. Totale Verrechtlichung ist sklerotisch. Wir müssen uns wieder überlegen, was Ziele und Standards sein sollten und diese in Schule und Ausbildung integrieren. Dies gilt auch für den Common Law-Raum, der nicht besser ist. Woher kommt Ihr überragendes Interesse für das öffentliche und private Wirtschaftsrecht? Wirtschaftsrecht integriert Recht und Ökonomie und ist eigentlich der Rechtsbereich, der sich um unsere Subsistenzgrundlagen und den rationalen Umgang mit beschränkten Mitteln kümmert. Und dabei ist es dumm, ethisch gegen rational ausspielen zu wollen: Die Ratio kennt durchaus ethische Werte, ist aber nicht auf das Gesundbeten hin orientiert. Und übrigens: Moral ist ein schönes Wort, aber in einer pluralistischen, freien Gesellschaft sind die Mores durchaus verschieden und dürfen es auch sein. Können wir Juristen etwas von den Ökonomen lernen? Falls ja, was? Recht ist abstrakt und darum nur in einem bestimmten ökonomischen Kontext erfassbar. Wir haben dringende Fragen unserer Zeit auf die lange Bank geschoben (zum Beispiel Fragen, wie wir unsere knappen ökologischen Mittel einsetzen sollen). Das Recht muss Rahmenbedingungen für diese Fragen bereitstellen. Dafür müssten Juristen vermehrt über das Fundament, worauf unsere Normen beruhen, nachdenken. Hier zeigt sich ein grosses Problem unserer Universitäten: Sie tun sich schwer, sich gegenüber anderen Disziplinen zu öffnen und von deren Erkenntnissen zu profitieren. Gleichzeitig sollten aber auch die Ökonomen von uns lernen. Die Wissenschaft der Ökonomie hat sich stark in den Elfenbeinturm zurückgezogen und ist damit auch zum Selbstzweck avanciert (Mathematisierung und Publikationsdruck als Stichworte). Eigentlich müssten sie aber wieder vermehrt der Gesellschaft und ihren Problemen dienen. Wie kam es zur Gründung Ihrer eigenen Kanzlei? Die Kanzlei gründete ich, nachdem ich vom Handelsgericht (mit dem ich zeitlebens bis heute verbunden blieb, zuerst Schreiber, dann Instruktionsrichter im Nebenamt, dann Handelsrich-

8

ter) zur Firma Ringier gegangen war und dann als „Rückzugskammer der Unabhängigkeit“ die Kanzlei begründet hatte, mit anfänglich grosser Unterstützung von Heinrich Oswald, dem CEO von Ringier, der früher Staatsanwalt gewesen war. Anwaltsexamen 1980, Habilitation 1981, eigene Kanzlei 1982. Das ist wahnsinnig schnell. Wie kam es dazu? Ich hatte mich auch lange vorbereitet, mit Geburtsjahr l945. 1978 haben meine Frau Annette, eine Ökonomin, und ich auch geheiratet und der Ernst des Lebens hatte begonnen. Ich wollte immer beides: akademische und anwaltliche Karriere, und zwar beides zu 100%. Wie und warum kam der „Wechsel“ an die Universität Zürich als „akademische Heimat“? Es war mir eine grosse Freude an die Universität Zürich, wo ich meine Assistenzzeit verbracht hatte, als Spätberufener kommen zu dürfen und bin hier in der grossen Fakultät auch grossartig aufgenommen worden. Zürich (nicht nur die Universität) war mein Lebensziel unter allen Aspekten, auch wenn man in St. Gallen „uf Züri abe“ sagt und nicht nur die 300 Meter Höhendifferenz, sondern auch einen gewissen moralischen Abstieg andeuten will. Wir haben auch immer in Zürich gewohnt. Ich habe in St. Gallen aber alles ordentlich abgegeben, eine Abschiedsvorlesung über den Begriff der Gerechtigkeit gehalten, so auch zur Widmung, die mir Friedrich Dürrenmatt in den „Besuch der alten Dame“ geschrieben hatte: “Der Mensch henkt und der Gott lenkt.“. Die Zürcher Antrittsvorlesung war dann dem Begriff des Risikos gewidmet, vor allem dem Satz, wieder von Dürrenmatt: „Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen.“ Fühlten Sie sich als St. Galler in Zürich jemals zugehörig? Glücklicherweise konnte ich als Student in St. Gallen einige wertvolle Kontakte mit Zürchern knüpfen, welche mir dann die Tür zur „Society“ offen hielten. Amüsant ist die Geschichte, als ich vor ein paar Jahren die Stecknadel für die 25-jährige Mitgliedschaft im Zürcher Yacht Club erhielt. Auf die Frage nach meinen nautischen Leistungen verwies ich auf mein VR-Mandat bei Bruno Marazzi, dem ich den Rücken frei gehalten habe, um Segelweltmeister zu werden. Dessen Sohn Flavio ist überdies Olympia-Segler. Das musste für die Ehrennadel reichen! Wie sehen Sie die Umsetzung der Bologna-Reform an der RWF? Wo sehen Sie Vor- bzw. Nachteile? Die Bologna-Reform ist positiv zu werten, weil es auch eine Lehrreform ist. Im mittelalterlichen Bologna herrschten ja wirklich die Studenten. Ein Nachteil unserer Bologna-Reform, den ich nie verstand, liegt darin, dass der Bachelor erste Berufsaubildung ist, sondern ein künstlich aufgepfropftes Durchgangsprodukt. Die Reform hätte radikaler sein müssen, Liz gleich Bachelor und dann den Master als Spezial- und Sonderausbildung. Wir wurden aber alle vom Kreuz der KRUS geschlagen.

Thema


Leidenschaft numero uno: Motoren. Prof. Nobel ist mehrmals beim historischen italienischen Autorennen „Mille Miglia“ mitgefahren.

Prof. Nobel hat das Schweizer Wirtschaftsrecht massgebend mitgeprägt, auch mit seinen beiden Professuren an der HSG und UZH.

Damit sprechen Sie das amerikanische System an. Sind Sie für einen research-based Master auch in unseren Breitengraden? Was spricht dafür? Meiner Meinung nach wurden zentrale Fragen bei der Konzeption von Bologna vernachlässigt. Man ging davon aus, dass jedes Angebot sich seine Nachfrage selbst schaffen würde (Saysches Theorem). Dieser Ansatz ist aber falsch: Wir müssen uns fragen, was wir brauchen und welche Ausbildung wir für welchen Job wollen. Es ist meines Erachtens durchaus möglich, das Fundament des Schweizer Rechts in drei Jahren zu erlernen, nicht aber mit unserem jetzigen Bachelor. Der Master würde eine Fachspezialisierung darstellen respektive Forschungskarrieren initiieren. In Ihrer Jugend waren Sie bei den Jungsozialisten aktiv. Jetzt verteidigen Sie Personen wie Viktor Vekselberg. Haben Sie politisch die Seite gewechselt? Ich gehöre zur 68er-Generation und bereue dies nicht. Wir wollten den Geist des Zweiten Weltkrieges loswerden und aus dem Reduit ausbrechen. Mein politisches Engagement schöpfte die Energie vor allem aus der Lage der Welt, die damals die 3. genannt wurde. Wir waren progressiv für unsere Zeit, gegen das konservative Establishment und den Vietnam-Krieg. Wir standen ein für Globalisierung und die Öffnung der Nationen. Es musste sich etwas ändern nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir wollten Teil der Veränderung sein, jedoch nicht als „Niederschreier“ oder sogar auf gewalttätige Art und Weise. Die 68erGeneration wird oft falsch eingeschätzt; es ist nötig, dass wir unsere ideologische und gesellschaftskritische Ausrichtung im Lichte der Zeit betrachten. Viele meiner damaligen Mitstreiter (namentlich Thomas Held, Beat Kappeler) sind heute keine Linken, im Gegenteil. Ich würde mich irgendwo zwischen FDP und CVP einstufen. In meiner Assistentenzeit in Zürich war ich zudem Vertreter des Mittelbaus. Zusammen mit Prof. Noll habe ich damals gegen eine neue Disziplinarordnung gekämpft, was schliesslich in einer tumultartigen Auflösung des Senats endete. Nachher habe ich mich, das ist wahr, vom Politischen losgesagt und bin so etwas wie ein engagierter Technokrat geworden. Es interessierte mich, wie man mit dem Recht umgeht und Stabilität mit Innovationen verknüpft. Dann kam ich aber zur Erkenntnis, dass es Menschen sind und nicht die „Systeme“, die die Welt treiben (schauen Sie sich „Das Glas Wasser“ an, im Schauspielhaus, von Altmeister Düggelin inszeniert).

Haben Sie jemals mit dem Gedanken gespielt, ein höhe-

Thema

9


res politisches Amt zu bekleiden? Ich habe mich immer sehr für Politik interessiert, kam aber zum Schlusse, dass wissenschaftliches Arbeiten und gleichzeitig Anwalt zu sein für mich die bestmögliche Kombination war. So habe ich keine Ämter angestrebt. Ich war zwar 13 Jahre in der Eidg. Bankenkommission (19982000), doch habe ich diese Aufgabe politisch verstanden. Sie sagten einst, alles, was Sie tun, sei mit Gefühlen verbunden. War diese Emotionalität hilfreich oder erschwerend auf Ihrem beruflichen Weg? Die Emotionalität war manchmal ein Hindernis, manchmal ein Vorteil. Sie hat mir aber stets geholfen, mit einer gewissen Intui-​ tion Entwicklungen zu antizipieren. Der Nachteil war ein gewisser Hang zum Jähzorn, der Vorteil, manchmal Prozesse in Gang zu bringen, die nicht rein intellektuell ablaufen. In Ihrer Festschrift wurden Sie auf dem Seitenwagensitz eines „Töffs“ abgelichtet? Wieso fasziniert Sie dieses Hobby? In der Festschrift sitze ich nicht auf dem „Töff“ (heute eine BMW GS), sondern im Auto, einem Aston Martin, l938 an der Mille Miglia. Meine Schwester hat in maliziöser Weise dieses Festschrift-Foto geliefert. Autos haben mich aber immer interessiert, überhaupt alles mit Motoren. Gabriele d’Annunzio schrieb für Tazio Nuvolari: „Donne e motori, goie e dolori.“ Auf welchen der von Ihnen bearbeiteten Rechtsfälle sind Sie am meisten stolz? Über einzelne Fälle zu sprechen, ist schwierig. Stolz hat mich gemacht, dass ich als einziger meinen Klienten im Zürcher Wirte-Prozess frei bekam. Stolzer bin ich eigentlich auf die Prozesse, die ich vermieden habe, nämlich durch Verhandeln und Vergleichen, auch im Strafrecht und zwar im In- und Ausland. So habe ich als Gegenanwalt auch den besagten Friedrich Dürrenmatt kennen gelernt, als wir uns stritten über den Vorabdruck in der Zeitschrift Stern von „Justiz“ – dem Zürcher Drama mit der Erschiessung des Altrektors Winter in der Kronenhalle –, wo man zu Dürrenmatts und Keels Ingrimm Helvetismen rausgekürzt und das Ganze „für Serien einrichtet“ hatte, und wir dann einen Kompromiss fanden. Im Buch finden Sie auch den heute noch sarkastischen Satz: „Das Volk, hiess es in der Urteilsbegründung, müsse von den finanziell und gesellschaftlich besser gestellten Kreisen einen sittlich einwandfreien Lebenswandel nicht nur fordern dürfen, sondern auch vorgelebt sehen können“. Welche Veränderungen im juristischen Markt nehmen Sie wahr? Die grossen Kanzleien haben Vorteile beim Markt-Auftritt und bei der heutigen Tendenz, dass die Leute sich präventiv decken wollen, indem sie sagen: Ich habe die renommierteste Kanzlei engagiert. Wenn einem der Marktdurchbruch gelingt, ist „Sole Practitioner“ aber die beste Position. Man muss in einem Querschnittsgebiet versuchen top zu sein. Was möchten Sie in Ihrer juristischen Karriere noch

10

erreichen? Ich möchte nichts mehr erreichen, aber noch eine Weile präsent bleiben. Jetzt möchte ich noch fünf Jahre arbeiten. Ich habe keine Angst, aufzuhören. Danach werde ich wieder an die Universität gehen, vielleicht Altphilologie studieren. Sicherlich nicht Golfspielen, das ist Polo für Fussgänger. Sie sind ein extrem aktiver Mensch mit unglaublich viel Energie. Was treibt Sie an? Mich treiben die Neugier und der Wille an, hinter die Kulissen zu sehen. Es ist mir wichtig, gesellschaftliche Prozesse mitzuprägen und den Fällen meinen eigenen Stempel aufzudrücken. Zusammen mit meinem Kollegen Leo Schürmann (späterer SRGDirektor) bewegten wir beispielsweise die Rahmenbedingungen für Radio und Fernsehen nachhaltig. So entstand in dieser Zeit das Teletext-System und wir bearbeiteten in der Folge auch das Medienrecht der Schweiz. Was empfinden Sie als negativ am Anwaltsberuf? Verlieren ist hart. Damit muss man aber leben lernen. Dafür habe ich aus verlorenen Prozessen am meisten profitiert. Zudem empfinden die Klienten ihre Beziehung zum Anwalt, auch wenn man den Prozess gewonnen hat, als dunkle Phase im Leben. Was machen Sie, um sich zu entspannen? Ich gehe zum ASVZ, wo ich früher im Vorstand war und eine geschenkte Mitgliedskarte mit Verfalldatum 17.7.2045 besitze, meinem 100sten Geburtstag. Ich habe gedankt und gesagt, dass ich die neue Karte rechtzeitig beantragen werde. Dann rudere ich, fahre Velo und lese viel, vor allem Literatur. Früher bin ich sogar einmal am New York-Marathon mitgelaufen. Man probierte eben alles aus. Das sind aber „tempi passati“. Sie sind auch bekannt für Ihr grosses Interesse an Kultur, etwa als ehemaliger Präsident der Dürrenmatt-Stiftung und des Schauspielhauses Zürich oder als Kunstsammler. Was fasziniert Sie an diesem Bereich? Kunst ahnt voraus und verschönert unsere Lebensschicksale. Künstler sind auch Menschen, die oft über sich hinauswachsen. Es ist Honig für die Seele, ob wir nun Fatalisten sind oder nicht. Das Sammeln von PressArt konzentriert sich um das Verhältnis von Sein und Schein, Realität und ihren Beschrieb, auch ein urjuristisches Problemfeld. Auch in der Medienszene sind Sie sehr gut vernetzt. Ein Muss für einen erfolgreichen Anwalt? Anwaltliche Arbeit ist heute auch Medienarbeit. Vieles, was zur Zeit „Reputation“ genannt wird (nach Shakespeare, Othello II: „an ideal and most false imposition: often got without merit and lost without deserving“), ist vor allem auch ein Medienprodukt. Man muss Kampagnen antizipieren und auch konfrontieren, manchmal konterkarieren. Ich wollte aber nie um der Bekanntheit willen in den Medien erscheinen.

Thema


Wofür soll man sich in Zukunft an Sie erinnern? An einen, der viel gearbeitet hat und der auch die Studenten in ihrer Vorbereitung auf die raue Zukunft ernst nahm. Im Sommer erfolgte Ihre Emeritierung an der Fakultät. Haben Sie ein weinendes Auge? Was werden Sie vermissen? Ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Ich werde einige Bürokratie los, denke aber, ich hätte ruhig noch eine Weile weiter machen können. Die Politik der Nichtverlängerungen ist m.E. nicht das Gelbe vom Ei. Man soll zwar die leitenden Posten verlassen müssen, das Netzwerk sollte der Universität aber erhalten bleiben, besonders in einer Zeit, wo sie Aufmerksamkeit und vor allem auch Geld sucht. SponsoringBerater sind da nicht die beste Berufung. Ich gewinne aber auch Zeit, allenfalls für ein Projekt, dass mir Heinz Zimmermann (Basel) vorschlägt: Law&Finance. Zudem werde ich dem MASIO-Programm (heute LL.M.) noch ein wenig erhalten bleiben und es zeigen sich auch Möglichkeiten für die „Excellence Foundation“ von Ernst Fehr zu wirken.

P

eter Nobel (1945) hat Staatswissenschaften an der Universität St. Gallen studiert und zum Thema „Europäisierung des Aktienrechts“ promoviert. Anschliessend war er während drei Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Arthur Meier-Hayoz an der UZH. Nach mehreren Stationen im Ausland (Göttingen, Moskau und New York) wurde er 1981 an der Universität St. Gallen zum Privatdozenten habilitiert, 1997 zum Extraordinarius für Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht, wo er auch Direktor am Institut für Europarecht war. Bereits 1982 gründete er seine Kanzlei in Zürich, Nobel & Hug. Während mehreren Jahren war er Richter und in der Eidgenössischen Bankenkommission (heute FINMA) tätig. Von 2007 bis Sommer 2012 war er ordentlicher Professor ad personam an der Universität Zürich.

Gibt es irgendwelche Tipps, die Sie gerne den heutigen Jus-Studierenden mitgeben möchten? Den Jus-Studenten und Jus-Studentinnen möchte ich sagen: Machen Sie eine ernsthafte und arbeitsintensive Ausbildung mit möglichst viel Lust. Lesen Sie auch nicht antiquarische Rechtsgeschichte und Theorie (mein Rat: Foucault, am Anfang: “Die Wahrheit und die juristischen Formen“, stw 1645, oder etwas vom Gescheitesten, das an dieser Universität jemals geschrieben wurde: „Das Lied vom Gesetz“ von Marie Theres Fögen), aber vor allem auch amerikanische Bücher: Sie sind uns gedanklich oftmals einen Schritt voraus (Judge Posner). Recht wird dann interessant, intellektuell und emotional, wenn man auf den Formen, wie auf einem Klavier spielen kann. Und es gibt niemals zwei gleiche Fälle. Versuchen Sie auch, sich Furchtlosigkeit anzueignen. Für das aufschlussreiche Interview mit Ihnen, Prof. Nobel, möchten wir uns herzlich bedanken. Wir wünschen Ihnen alles Gute bei der Fortsetzung Ihres erfolgreichen „cursus honorum“.

Leidenschaft Nummer zwei: Kunst. Neben früheren Mandaten beim Schauspielhaus Zürich und der Fondazione Hermann Hesse in Montagnola ist Prof. Nobel ein weitherum anerkannter Sammler von PressArt-Kunst.

Thema

11


Lernen, repetieren, üben, bestehen!

Josef Studer/Michael Sigerist

Übungsbuch Sachenrecht 2., überarbeitete Auflage, Februar 2012 188 Seiten, broschiert Fr. 29.–, ISBN 978-3-280-07243-1 Josef Studer

Repetitorium Sachenrecht 2., überarbeitete Auflage, Januar 2012 222 Seiten, broschiert Fr. 59.–, ISBN 978-3-280-07241-7 Marc Hunziker/Michel Pellascio

Repetitorium Schuldbetreibungsund Konkursrecht 2., überarbeitete Auflage, Mai 2012 ca. 400 Seiten, broschiert Fr. 64.–, ISBN 978-3-280-07279-0 Martin Kayser

Repetitorium Staatsrecht 2., überarbeitete Auflage, März 2012 312 Seiten, broschiert Fr. 64.–, ISBN 978-3-280-07222-6 Tina Kempin Reuter/Michael Frei

Repetitorium Völkerrecht 2., überarbeitete Auflage, Februar 2012 158 Seiten, broschiert Fr. 59.–, ISBN 978-3-280-07261-5 Bestellen Sie unter: www.ofv.ch Orell Füssli Verlag, Dietzingerstrasse 3, Postfach, 8036 Zürich Auch in jeder Buchhandlung oder im Internet erhältlich

At Your Side, Looking Ahead

ZÜRICH/GENF

Schellenberg Wittmer ist eine der führenden Wirtschaftsanwaltskanzleien der Schweiz. Über 130 spezialisierte Juristinnen und Juristen in Zürich und Genf beraten in- und ausländische Klienten umfassend im gesamten Wirtschaftsrecht. www.swlegal.ch

Banking and Finance · Capital Markets · Competition and Antitrust · Corporate and Commercial · Dispute Resolution and International Arbitration · Employment · Insurance · Intellectual Property / Information Technology · Mergers & Acquisitions, Private Equity and Venture Capital · Private Clients, Trusts & Estates, Foundations · Real Estate and Construction · Restructuring and Insolvency · Sports, Art and Entertainment · Taxation · Trade and Transport · White-Collar Crime and Compliance

R E C H T S A N W Ä LT E


Aufs Podest plädiert Simone Ursprung Angelina Sgier surft auf der Erfolgswelle. Zusammen mit ihren drei Teamkollegen von der Universität Zürich setzte sie sich am renommierten internationalen Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot Court in Wien gegen 281 andere Universitäten durch. Besonders stolz ist sie auch auf ihren dritten Platz im Ranking der Einzelplädoyers. Im N’Jus® erzählt sie über ihre Erfahrungen.

Am Anfang stand, wie so oft, der Zufall. Als sich Angelina Sgier Gedanken über ihre Seminarwahl machte, besuchte ein ehemaliger Moot Court-Absolvent ihre OR-BT Vorlesung und versuchte, die Studenten für den Zürcher Moot zu begeistern. „Er hat uns alle fast ein wenig abgeschreckt“, meint Angelina lachend. Trotzdem besuchte sie die Vorbesprechung und entschloss sich mitzumachen. Ihr Team gewinnt in der Folge den von Claire Huguenin präsidierten Wettbewerb im OR und wird zusammen mit Matthias Leemann, Benjamin Aebi und Désirée Klingler an den Vis Moot Court in Wien eingeladen.

alle sehr motiviert, dass sich ein Professor der Fakultät sogar in der Nacht Zeit nahm, um uns interessiert zuzuhören und uns Tipps zu geben“, erinnert sich Angelina.

Schwierige Gruppendynamik Der Weg zum Sieg in Zürich war manchmal steinig: Es lief am Zürcher Moot nicht immer alles rund im Team. Trotzdem konnten sich Angelina und ihre Kolleginnen irgendwie zusammenraufen. „Mit der Zeit beginnt man, bei gewissen Punkten nichts oder nur wenig zu sagen, um das Klima nicht noch weiter zu verschlimmern“, antwortet Sie auf die Frage, wie sie mit so einer Situation umgehe. „Manchmal haben wir einfach abgestimmt und die Version der Mehrheit wurde übernommen.“ Rückblickend habe man teilweise vielleicht zu viel diskutiert. „Das war später am Wiener Moot besser, da wir auch die Betreuer als unabhängige Instanz um Rat fragen konnten“, meint Sie. Nächtliche Begegnungen mit Prof. Thier Ihre Coaches sind ehemalige Teilnehmer des Vis Moot, welche dem Zürcher Team bei der Vorbereitung halfen und sie während des gesamten Wettbewerbs begleiteten. Sie ermöglichten es der Gruppe, auch in der Nacht noch im RWI-Institutsgebäude an ihrer Klageschrift zu feilen. Dabei kam es auch zu ungewöhnlichen Begegnungen. „Um drei Uhr morgens kam plötzlich Professor Thier ins Besprechungszimmer und war ganz überrascht, uns dort anzutreffen. Er hat dem Team daraufhin sogar Kaffee angeboten und sich mit uns eine Weile unterhalten. Es hat uns Thema

13


rsten e einem Zürich m «An Court in nd u t t o u Bl Mo h c i t.» z t e i b w a h h gesc r e s s Wa

Kaum Zeit fürs Privatleben Nachtschichten waren im Vis-Moot-Team nichts Ungewöhnliches. Stundenlang hat Angelina zusammen mit ihren Teamkollegen juristisches Material recherchiert, Argumente aufgestellt und wieder verworfen. Privatleben und Studium mussten hinten anstehen. Wenn man nicht genügend arbeite, lasse man die anderen Gruppenmitglieder im Stich und gerät so unter Druck, was den eigenen Ansporn nur noch erhöht. Die „Gspänli“ kann man sich aber nicht frei aussuchen: Wer am Wiener Moot mitmachen will, muss sich beim Lehrstuhl Huguenin bewerben. Eine gute Leistung am Zürcher Moot, der so etwas wie eine Vorausscheidung darstellt, erhöht die Chancen erheblich, einen Platz zu bekommen. Trotz Vorqualifikation und Siegeswille war jedoch auch beim Wiener Moot die Teamarbeit manchmal eine Herausforderung. Bei der Beurteilung von Klageschrift und Klageantwort steht nicht die Einzelleistung im Vordergrund, sondern der Erfolg als Team. Trotz verschiedener Charaktere und Herangehensweisen muss ein einheitliches, schlüssiges Dokument erstellt werden. Eine Herausforderung, die das Zürcher Team mit Bravour gemeistert hat.

Dank des Feedbacks der Partner und Betreuer konnte Angelina ihre mündliche Leistung stetig verbessern. Jetzt ist sie schon beinahe Expertin im internationalen Plädieren. „Ein Richter aus der USA bevorzugt eher eine kleine Show mit charmantem Lächeln und mehr Dramatik. Ein Deutscher, so wurde es uns gesagt, legt mehr Wert darauf, dass du alle deine Argumente auf eine gesetzliche Grundlage abstellst. Bei einem Asiaten solltest du nie mit dem Finger zeigen oder gar mit einem Stift in der Hand auf jemanden zielen“, erzählt sie. Verpasste Möglichkeiten Angelina findet es schade, dass die Fakultät keine Module anbietet, wo die Studenten das Plädieren auch ausserhalb des Moot Courts lernen können. Die mündlichen Trainings seien eine einmalige Erfahrung gewesen, von der sie sehr viel habe profitieren können. „Ich habe viel gelernt, etwa wie ich meine Haltung und Mimik einsetzen kann oder wie man ein inhaltlich schwaches Argument sprachlich überzeugend vermittelt. An meinem ersten Moot in Zürich habe ich Blut und Wasser geschwitzt. In Wien war ich ganz cool“, beschreibt sie ihre Fortschritte. Die Universität Zürich sollte sich nicht scheuen, neben den vielen theoretischen Fächern auch etwas Praxisrelevantes anzubieten. Deswegen würde das akademische Niveau nicht sinken, im Gegenteil: „An den renommierten angloamerikanischen Unis absolvieren die Studenten schon in den unteren Semestern Kurse in Rhetorik. Darum sind sie im Plädieren sehr stark.“ Zudem brauche ein Jurist gute rhetorische Fähigkeiten. „Es liegt vielleicht nicht immer an der Tagesordnung vor Gericht plädieren zu müssen, aber auch bei Vergleichsgesprächen, Kundenpräsentationen und Vertragsverhandlungen muss ein Jurist kompetent auftreten und seine Argumente überzeugend präsentieren können.“ Dass Angelina das intensive Training genutzt hat, konnte sie in Wien beweisen. Sie belegte in der Kategorie „Best Individual Oralist“ den dritten Platz. So gut hat eine „Zürcherin“ noch nie abgeschnitten.

«Ich lern te die er fahrenen A nwälte vo anderen S n einer ganz eite her ke nnen»

Training in Grosskanzleien Ihr Erfolg ist das Resultat eines harten Trainings. Um das mündliche Plädieren zu üben, besuchte das Vis-Team verschiedene Grosskanzleien und trat dort gegen andere Schweizer Teams an. Die Schiedsrichter wurden von erfahrenen Anwälten und Partner der Kanzleien gespielt. Anschliessend spendierten die Kanzleien den Teilnehmern regelmässig Apéros, bei denen man sich ganz ungezwungen miteinander austauschte: „Da lernte ich die erfahrenen Anwälte von einer ganz anderen Seite her kennen. Ein Privileg, wie es nur wenige Studenten erhalten.“

14

Thema


Gewinner im Rampenlicht Dementsprechend hoch war auch das Interesse der Medien. „Sogar die NZZ hat einen Artikel veröffentlicht, das hätte ich nie gedacht“, freut sich Angelina. Auch in der Praxis ist man stolz auf die Zürcher Studenten. Mehrere Grosskanzleien gratulierten auf ihren Homepages dem Team zum Erfolg; eine davon lud die Gewinner sogar zum Essen ein. Die Erfolgsaussichten einer Bewerbung würden durch die Teilnahme am Vis Moot steil ansteigen, wobei Angelina ihre Substitutenstelle schon lange in der Tasche hat. „Der Moot Court hat mir gezeigt, dass ich lieber im Wirtschaftsrecht als auf einem Gebiet wie Arbeitsrecht arbeiten möchte. Zwar streitet man sich im Wirtschaftsrecht um mehr Geld, aber auf persönlicher Ebene steht unter Umständen viel weniger auf dem Spiel“, begründet sie ihren Entscheid. Scheue Reaktion an der RWF Und die Uni? Ein Bericht ihres Betreuers wurde auf der UZHNews-Homepage publiziert. Bildungsdirektorin Regine Aeppli hat zum Apéro geladen. Abgesehen von Prof. Huguenin und Prof. Thier sei sie aber von keinen Jus-Professoren auf ihren Erfolg angesprochen worden. „Eigentlich erstaunlich, denn in der Praxis scheinen alle davon zu wissen“, wundert sie sich. „Letzthin hat mich sogar der Stadtpräsident von Chur zu meiner Leistung beglückwünscht.“

Thema

«Letzthin hat mich sogar der Stadtpräsident von Chur zu meiner Leistung beglü ckwünscht»

15


der e t f l ä H r die h ä f e ma n g n t U ff i r t ngen u d i e h c s raus e Ent h h c u Ba aus dem

«

»

Martina Weber an ihrem Arbeitsplatz.

16

Karriere


Mit der Pistole zur Arbeit

Interview mit Staatsanwältin Martina Weber Michelle Kalt Martina Weber ist seit 2004 in der Strafverfolgung tätig und hat täglich mit den unterschiedlichsten Menschen und Geschichten zu tun. Im Interview erzählt sie über ihren abwechslungsreichen Alltag, was eine gute Staatsanwältin ausmacht und wie der Job ihr Privatleben beeinflusst.

Wie kamen Sie dazu, Jura zu studieren? Ich wollte ursprünglich Soziologie studieren. Einer meiner Lehrer an der Kantonsschule meinte jedoch, das sei langweilig, und empfahl mir stattdessen Jura. Diesem Rat bin ich gefolgt. Ich habe mich für die Uni Neuchâtel entschieden, um gleichzeitig mein Französisch zu verbessern. Wussten Sie bereits im Studium, dass Sie einmal im Bereich des Strafrechts tätig sein wollten? Ich merkte sehr schnell, dass mir Strafrecht gefiel. Da Neuchâtel eine sehr kleine Uni ist, belegte ich zusätzliche Fächer wie Kriminologie in Bern. Prozessrecht war in Neuchâtel freiwillig, Strafprozessrecht besuchte ich daher im Freifach. Später machte ich ein Austauschjahr in Schottland und befasste mich fast nur mit Strafrecht. Dort war ich auch Versuchsperson für angehende Polizisten: Zunächst schaute man sich einen Raubüberfall auf Video an und wurde dann dazu befragt. Da ich das interessant fand, war mir bald klar, dass ich in die Strafverfolgung wollte. Auch meine Liz-Arbeit habe ich im Strafrecht geschrieben. Wie kamen Sie zur Ihrer jetzigen Position? Ich absolvierte mein Anwaltspraktikum beim damaligen Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug. Dort waren sie zufrieden mit meiner Arbeit, und als später eine Untersuchungsrichterin schwangerschaftsbedingt ausfiel, fragte man mich, ob ich wieder kommen wollte. Zunächst hatte ich nur ein Teilzeitpensum, welches jedoch stetig aufgestockt wurde. Staatsanwältin im heutigen Sinne wurde ich aber erst mit der Einführung des Staatsanwaltschaftsmodells im Kanton Zug.

Karriere

Sie arbeiten in der Abteilung „Allgemeine Delikte“. Was ist darunter zu verstehen? Grundsätzlich fallen darunter alle Delikte gegen Leib und Leben und das Nebenstrafrecht, z.B. die Straftatbestände des Betäubungsmittel- und des Ausländergesetzes. Wir befassen uns mit sämtlichen Delikten des StGB, so lange die Fälle nicht hochkomplex sind; so erledigen wir zum Beispiel auch die Betrugsfälle bis zu einer Deliktssumme von ungefähr 2 Mio. Franken. Was macht eine gute Staatsanwältin aus – abgesehen vom Fachwissen? Man muss kommunikativ sein und eine gute Menschenkenntnis haben. Ungefähr die Hälfte der Entscheidungen trifft man aus dem Bauch heraus, weil man in sehr viele Situationen gerät, auf welche man mit seinem Wissen nicht vorbereitet ist. Auch bei Einvernahmen sind nur wenige Fragen juristisch motiviert; im Übrigen muss man spüren, welche Fragen der Wahrheitsfindung am besten dienen. Da man als Staatsanwalt auch die Polizei führen muss, ist überdies organisatorisches Geschick gefragt. Man muss oft ein wenig kreativ sein. Ist es wichtig, dass man sein Auditoriat bei der Staatsanwaltschaft macht, wenn man später dort arbeiten will? Ja, dort oder beim Strafgericht. Die persönlichen Kontakte, die man knüpft, sind wichtig. Wenn man an einem Ort gute Arbeit geleistet hat, sind die Chancen gut, dass man angerufen wird, wenn Not am Mann ist. Wir haben sehr viele Leute, welche als Auditoren hier waren und später zurückkamen, als zum Beispiel jemand krank wurde.

17


lich g ö m e i nsiv w e t n i o s leben n rbei e t o n v e s d e u t t s ach i Das S n a d n n n, de e s s e i n e g

»

«

Wie sieht Ihr typischer Tagesablauf aus? Zuerst checke ich meine Mails und den Anrufbeantworter und erledige die Post. Ich gehe auch täglich zur KriPo und bespreche die laufenden Fälle; dort passiert eigentlich immer etwas. Am Morgen plane ich auch die Einvernahmen und bereite mich darauf vor. Am Nachmittag erledige ich die Schreibarbeit und verfasse Strafbefehle, Einstellungsverfügungen und Anklagen. Was gefällt Ihnen speziell an Ihrer Arbeit? Sie ist enorm abwechslungsreich. Einmal geht es um eine heruntergefallene Holzdecke, ein andermal um gefälschte CDs. Man muss sich immer wieder in neue Dinge einlesen. Auch arbeite ich mit sehr vielen verschiedenen Leuten zusammen, innerhalb der Staatsanwaltschaft und mit der Polizei. Auch meine Klienten sind sehr verschieden: Man muss sich auf jeden Einzelnen neu einstellen, damit die Kooperation funktioniert. Das ist eine grosse persönliche Herausforderung und macht Spass. Was gefällt Ihnen weniger? Einerseits ist es mühsam, wenn man tagelang vor dem gleichen Problem sitzt. Andererseits kommt es vor, dass meine persönliche Einstellung zu einem Fall nicht mit der juristischen übereinstimmt, so etwa, wenn ich das Gefühl nicht loswerde, dass „es“ jemand war, ich ihm aber nichts nachweisen kann. Dann ist es anspruchsvoll, sich in die Rolle der Juristin zurückzukämpfen. Haben Sie als Frau das Gefühl, von Ihrer „Kundschaft“ weniger ernst genommen zu werden als ein Mann? Ich hatte schon Klienten aus anderen Kulturkreisen, welche mich als Autoritätsperson nicht akzeptierten. Abgesehen davon denke ich, dass mein Geschlecht ein Vorteil ist. Als Frau ist es

18

einfacher, an jemanden heranzukommen, weil man mehr als Mensch wahrgenommen wird. Die Zusammenarbeit mit der Polizei war zu Beginn jedoch sehr schwierig. Dort musste ich mich zuerst beweisen, ehe es funktionierte. Sie haben oft mit Anwälten, vor allem Strafverteidigern, zu tun. Sind diese eher Gegner oder Partner? Auf dem Papier sind sie natürlich Gegner, persönlich habe ich jedoch zu fast allen ein gutes Verhältnis. Natürlich gibt es gewisse Kollegen, welche sich auch mal im Ton vergreifen, doch das passiert mir wohl auch. Im Untersuchungsverfahren, in welchem wir grundsätzlich noch neutral sind, bringen die Strafverteidiger oft auch sachdienliche Aspekte ein. Beeinflusst der Beruf das Privatleben? Sehen Sie sich gezwungen, spezielle Schutzvorkehrungen zu treffen? Ja, ich bin bewaffnet und trage eine Pistole auf mir, da ich einmal mit dem Tod bedroht wurde. Auch abgesehen davon kann man sich nicht mehr verhalten, wie man will, weil man seiner Klientel dauernd begegnet; man beginnt, gewisse Gebiete zu meiden, auch weil man dort vielleicht unschöne Erfahrungen gemacht hat. Im eigenen Kanton beeinflusst einen die Arbeit sehr, auch wegen der Polizeipräsenz: Die eigenen Arbeitskollegen und Klienten sind eigentlich überall. Kommen explizite Bedrohungen denn oft vor? Nein. Natürlich würde ich einigen meiner „Kunden“ privat nicht begegnen wollen, doch konkret ausgesprochen werden Drohungen sehr selten. In Zug sind wir auch nur zwei Personen, welche bewaffnet sind, die Übrigen scheinen sich sicher zu fühlen.

Karriere


« Als Frau ist es einfacher, an

jemanden heranzukomm en, weil man mehr als Mensch wahrge nommen wird.

»

Passiert es Ihnen manchmal, dass ein Fall Sie auch in Ihrer Freizeit nicht loslässt? Grundsätzlich nicht. Ab und zu tauscht man sich mit Kollegen über alltägliche Dinge aus. Wenn ich einen Fall absolut nicht verstehe, etwa weil es um etwas Technisches geht, frage ich auch einmal eine Fachperson im Freundeskreis um Rat. Welches ist Ihr Ausgleich zum Beruf? Ich gehe sehr viel in die Natur. Und ich vermeide es in der Freizeit mehrheitlich, Entscheidungen zu treffen… Denken Sie, dass Sie diesen Job Ihr ganzes Leben machen werden? Ja, ich denke, ich mache das noch lang. Es fehlt aber auch an Alternativen: Man könnte theoretisch noch ans Gericht, was mir persönlich nicht sehr attraktiv erscheint. Oder man könnte in die Advokatur – das fände ich noch viel unattraktiver [lacht]. Aber ich finde meinen Job sehr spannend - meines Erachtens ist Staatsanwalt der beste Beruf in der Justiz. Hat der Beruf Ihr Menschenbild verändert? Ich habe ein anderes Menschenbild, aber im positiven Sinne. Ich weiss etwa, dass ich nachts in den Wald gehen kann und mich niemand von hinten anfallen wird, weil es das schlicht nicht gibt. Unsere Welt ist sicherer, als sie dargestellt wird. Otto Normalbürger ist eigentlich nicht von meinen Fällen betroffen.

Karriere

Manche Fälle sind sehr medienwirksam. Wie geht man bei der Staatsanwaltschaft damit um? Wir haben eine Medienstelle, welche uns diese Arbeit abnimmt. Das macht es sehr viel einfacher. Die Presse erfährt so erst vor Gericht, wer eine Untersuchung führt. Danach muss man mit dem medialen Druck umgehen, doch es ist nicht mehr so schlimm wie früher, wo gewisse Reporter einen mochten oder eben nicht, unabhängig davon, was man tat. Steht man als Staatsanwalt oft in der Kritik der Öffentlichkeit? Kaum, meistens geht es um die Justiz im Allgemeinen, welche kritisiert wird, weil diese nun einmal unter politischem Druck steht. Gewisse Untersuchungen führen wir nur wegen der Politik durch, ohne dass dies das Ergebnis beeinflussen würde. Ich persönlich wurde ein einziges Mal öffentlich angegriffen, als eine politische Partei meinen Rücktritt forderte, weil ich zwei mutmassliche Straftäter angeblich zu früh aus der Untersuchungshaft entlassen hatte. Mein Kopf war auf der Frontseite der Lokalpresse. Das war sehr, sehr unangenehm. Zum Schluss: Was raten Sie angehenden Juristen? Auf alle Fälle sollte man einmal von Zuhause weg, und auch ein anderes Rechtssystem kennen lernen. Im Übrigen: Das Studentenleben so intensiv wie möglich geniessen, denn danach ist es vorbei!

19


The distinctive difference “… on quality, the firm is second to none.” (IFLR 2011)

Niederer Kraft & Frey is a preeminent Swiss law firm with a proven track record of legal excellence and innovation. Since 1936, we have continuously worked on the most important and demanding cases entrusted to Swiss law firms. This is the foundation of our distinct market knowledge, expertise and experience. We attach great importance to combining a highly professional approach and persistence in pursuing our clients’ goals with being easy to work with, even in the most demanding situations. We offer interesting trainee programs (Anwaltspraktikum & Kurzpraktikum). If you are interested contact our hiring partner Daniel Eisele: Niederer Kraft & Frey Ltd Daniel Eisele Bahnhofstrasse 13 · CH-8001 Zurich Telephone +41 58 800 8000 · Telefax +41 58 800 8080 daniel.eisele@nkf.ch · www.nkf.ch


Besuch bei der Kanzlei Niederer, Kraft & Frey Kathrin Biehler Eine Vorstellung vom Beruf Anwalt in einer grossen Wirtschaftskanzlei konnte sich eine Gruppe Studenten der Universität Zürich beim Kanzleibesuch bei Niederer Kraft & Frey (NKF) verschaffen, welcher vom Fachverein Jus organisiert wurde.

Die Kanzlei, die sich direkt an der Bahnhofsstrasse befindet, ist seit über 75 Jahren bei bedeutenden Fällen von in- und ausländischen Mandanten im Bereich des Wirtschaftsrechts involviert. NKF beschäftigt etwa 100 Juristen, die immer wieder für ihre Arbeit ausgezeichnet werden und auf internationalen und nationalen Ranglisten vorne mitspielen. Um die schon auf den ersten Blick beeindruckende Kanzlei und ihre Anwälte besser kennenzulernen und um uns konkretere Vorstellungen von einem möglichen Ziel nach dem Studium zu machen, versammelten wir uns um den grossen Konferenztisch von NKF. Nach einer Einleitung zur Bedeutung des Anwaltsberufes informierten uns zwei Partner, ein Associate und eine Substitutin zunächst über NKF und die Werte der Kanzlei. Danach erhielten wir Einblicke in die Tätigkeitsbereiche von vier der acht Teams bei NKF: Banking & Finance, Private Clients, Commercial und Dispute Resolutions. Bereits bekanntes aus dem Studium fand sich in interessanten Beispielfällen wieder und veranschaulichte so gut die Arbeit der Anwälte. Wir erfuhren mehr zu grossen Transaktionen von Unternehmen, zur Finanzierung von Krediten, zur Meldepflicht nach Börsengesetz und zu beliebten, weil neutralen, Schiedsrichtern in der Schweiz. Ausserdem sorgte ein verstrickter Erbrechtsfall für Erheiterung. Was natürlich nicht fehlen durfte, waren Informationen zu den Möglichkeiten bei NKF zu arbeiten. Erste Erfahrungen in einer grossen Wirtschaftskanzlei können während eines Kurzpraktikums von acht Wochen gesammelt werden. Voraussetzung seien gute Noten, Fremdsprachenkenntnisse würden auch begrüsst werden. Nach dem Studium ist es natürlich möglich, ein Anwaltspraktikum bei NKF zu absolvieren. Wer sich nach den Vorträgen der Anwälte und der Substitutin fragte, wie ein solches Level, auf dem die Anwälte in einer Kanzlei wie NKF arbeiten, überhaupt erreichbar sei, erhielt auch hierauf eine Antwort. Wichtig seien natürlich gute Leistungen, aber

Karriere

vor allem auch Freude und Leidenschaft an der Arbeit. Um es im Fachjargon auszudrücken: Passion. Beim reichhaltigen Apéro, zu dem alle Mitarbeiter von NKF eingeladen waren und von denen sich auch zahlreiche Zeit nahmen, konnten viele weitere Fragen gestellt werden. Dabei waren beispielsweise die unterschiedlichen Werdegänge spannend und die Tipps sehr hilfreich, die wir auf den Weg bekamen. NKF präsentierte sich auf jeden Fall als wichtiger und interessanter Arbeitgeber auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts.

Beim Apéro riche wurden diverse Fragen beantwortet.

21


Thema


FV Jus erreicht Sonntagsöffnungen der RWI-Bibliothek Moritz Schmid Im Rahmen der Budgetdebatte an der Fakultät kam im Fachverein die Idee auf, sich verstärkt für längere Öffnungszeiten der RWI-Bibliothek einzusetzen. Infolgedessen startete der Fachverein unter den Studierenden eine Umfrage, um die Bedürfnisse der Studierenden im Detail abzuklären. Dabei wurde besonderen Wert darauf gelegt, mehr über die Gründe zu erfahren, weshalb sich die Studenten längere Öffnungszeiten wünschen.

Wer die Studierenden fragt, ob sie längere Öffnungszeiten wollen stösst - wie nicht anders zu erwarten - auf breite Zustimmung. Die Studenten mussten in der Umfrage auch angeben, an welchen Wochentagen längere Öffnungszeiten gewünscht werden. Dabei ergab sich ein deutliches Bild. Besonders am Samstagabend und am Sonntag hofft man auf längere Öffnungszeiten. Im Gegensatz dazu sprachen sich weniger für längere Öffnungszeiten unter der Woche aus. Des Weiteren wollten wir wissen, zu welcher Zeit im Semester die Bibliothek als Lernplatz am meisten genutzt wird. Dabei bestätigte sich, dass die Studierenden am Ende des Semesters die Bibliothek überdurchschnittlich häufig besuchen und gerade für diesen Zeitraum längere Öffnungszeiten wünschen. Mit diesen Ergebnissen als Ausgangspunkt suchten wir im vergangenen Winter das Gespräch mit der Bibliotheksleitung des rechtswissenschaftlichen Instituts. Die Verantwortlichen nahmen unser Anliegen sehr ernst, zeigten uns aber auch die Probleme auf, welche es im Zusammenhang mit längeren Öffnungszeiten der Bibliothek zu bedenken gibt. Nahe liegt beispielsweise, dass das Personal nicht bis spät in die Nacht und am Wochenende arbeiten möchte. Dazu kommen aber weitere Aspekte, die einem im ersten Moment nicht ins Auge fallen. So hatte das RWI vor einigen Jahren einen Rechtsstreit mit einem Anwohner, der sich über die Lichtemissionen des RWI beschwert hatte. In einem Vergleich einigten sich die Parteien darauf, dass um 22:00 Uhr die Lichter im RWI ausgehen müssen. Da die Bibliotheksleitung darum bemüht ist, eine Verbesserung der Lernsituation für die Studierenden zu erreichen, wurde nun in einer Testphase die RWI-Bibliothek an vier Sonntagen kurz vor den Prüfungen geöffnet. Dabei kommt die Bibliothek für den entstehenden Zusatzaufwand vollends auf. Dies ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung, um ein breiteres Angebot an Lernplätzen am Standort Uni Zürich Zentrum zu schaffen. Es hat sich gezeigt, dass dieses Angebot von den Studierenden ausgiebig genutzt wurde, die Bibliothek war an den vier Sonntagen sehr gut besetzt. Lernen im RWI.

Studium

23


In diesen Hochh채usern wird in 23 Amtsprachen der EU 체bersetzt.

24

Thema


Seminar im Europäischen Wirtschaftsrecht Désirée Stebler Im vergangenen Sommersemester besuchte ich zusammen mit X anderen Studenten ein Seminar im Europäischen Wirtschaftsrecht bei Prof. Dr. Heinemann sowie Prof. Dr. Zäch. Für fünf Tage haben wir uns im Hotel Christophe Colomb mitten im Finanz- und Einkaufszentrum Luxembourgs einrichtet und beschäftigten uns intensiv mit aktuellen Rechtsfragen.

Besonderheiten des Seminars Nach der Besammlung am Gruppentreffpunkt im Hauptbahnhof Zürich und einer ersten kurzen Kennenlernrunde sitzen wir bereits im Zug Richtung Luxembourg. Mit dabei im Gepäck hat jeder von uns einen Vortrag von zehn bis fünfzehn Minuten Länge. Mehrmals wurde dabei betont, dass diese Zeit nicht überschritten werden sollte. Und dies nicht ohne Grund. Doch dazu später mehr. Die Themenbereiche reichen von den vier Grundfreiheiten des Europäischen Wirtschaftsrechts, zum Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen bis hin zum Europäischen Gesellschaftsrecht. Die Themenliste richtete sich dabei ausschliesslich an Masterstudierende, während Bachelorstudierende selbst ein Thema vorschlagen mussten. Daraus lässt sich wohl auch erklären, weshalb sich unter uns Teilnehmenden nur gerade eine Bachelorstudentin befand. Besonders an diesem Seminar ist die flexible Ausgestaltung der Abgabetermine für Masterarbeiten. Diese konnten nämlich völlig frei vereinbart werden. So geben die meisten ihre Arbeit erst längere Zeit nach dem Seminar selber ab. Ausflug nach Trier und Saarbrücken Am Sonntag geht es bereits um 9 Uhr morgens mit einem Car los nach Trier und damit in die angeblich älteste Stadt Deutschlands, woran Prof. Dr. Heinemann jedoch Zweifel äussert. Sicher ist hingegen, dass Trier mit der Porta Nigra eines der am besten erhaltenen römischen Stadttore besitzt. Und genau dieses schauen wir uns nebst dem Trierer Dom sowie der Konstantinbasilika an. Letztere diente Kaiser Konstantin als Thronsaal. Damit war Trier eine der wichtigsten Städte der Spätantike.

Studium

Nach dem Mittagessen befinden wir uns wieder im Car, doch dieses Mal Richtung Saarbrücken, wo eine Besichtigung des Museums des Saarlandes geplant ist. Beeindruckt hat mich insbesondere der Hinweis von Prof. Heinemann, wonach ein um 1900 geborener Saarländer in seinem Leben bis zu fünf Mal einen neuen Pass erhielt. Solch spannende Ereignisse in einem deutsch-französischen Grenzgebiet zeigt das Museum auf eindrückliche Weise. Schliesslich kommen wir mit einem Vortrag von Prof. Dr. Zäch und einem Halt in Schengen nach der Rundreise durch die Geschichte Europas in dessen Gegenwart und Zukunft an. Hiermit endet dieser Ausflug, der uns als perfekter Einstieg für die kommenden Tage gedient hat. Vorträge und spannende Diskussionen Heute, Montag, geht es richtig los. Ein Grossteil der Vorträge steht an. Hinzugestossen sind zudem noch die Anwälte Dr. Jürg Borer sowie Dr. Marino Baldi, welcher unser Kartellgesetz massgeblich mitgeprägt hat. Nun wird auch schnell klar, weshalb die Vorträge nicht zu lange sein dürfen. Denn die Zeit ist knapp und die Diskussionspunkte sind lang. Gerade letztere liefern aber wertvolle Tipps für die Arbeit selbst. Ergänzt werden unsere Vorträge immer wieder durch Referate der Experten. Ausserdem werden nach dem Mittagessen zwei Gruppen gebildet. Dies empfinde ich als sehr angenehm, da ich in anderen Seminaren die Erfahrung gemacht habe, dass ab einer gewissen Anzahl von Vorträgen, unabhängig davon, wie spannend diese auch sein mögen, die Aufmerksamkeit unweigerlich zu sinken beginnt.

25


Besuch am EU-und EFTA-Gerichthof Am Dienstag steht für mich der Höhepunkt unseres Besuchs in Luxemburg an. Wir besichtigen den Gerichtshof der Europäischen Union auf dem Kirchberg. Dieser befindet sich aber nicht etwa in den zwei auffälligsten und von weitem sichtbaren Gebäuden, nämlich den zwei Hochhäusern. Nein, diese sind einzig den Übersetzern der 23 Amtssprachen der Europäischen Union vorbehalten und auch darin ist nicht mehr genug Platz vorhanden. Nach einer Einführung in den zu verhandelnden Fall ist es schliesslich soweit. Wir dürfen einer mündlichen Verhandlung eines Vorabentscheidungsverfahrens beiwohnen. Hier noch ein Tipp für künftige Seminarteilnehmer: Einschlafende Personen werden ziemlich unsanft aufgeweckt. Überhaupt ist es viel zu spannend in alle live übersetzten Sprachen einmal hinein zu hören. Später an diesem Tag bekommen wir noch die Möglichkeit, mit einer Richterin des Gerichtshofs ein Gespräch zu führen. So erfahren wir, dass sie sich unter anderem auch mit der Kategorisierung von Knoblauch befassen muss. Schon ist der letzte Tag unseres Seminars angebrochen. Bevor wir uns auf den Rückweg machen, steht uns jedoch mit dem Besuch des EFTA-Gerichthofes und den letzten Vorträgen noch ein volles Programm bevor. Der EFTA-Gerichtshof ist ebenfalls auf dem Kirchberg angesiedelt. Wenn dieser mit der Dimension des Gerichtshofes der Europäischen Union nicht mithalten kann, so macht er dies mit den für uns bereit gestellten Gebäcken locker wett. Äusserst interessant ist auch der Vortrag des Präsidenten Prof. Dr. Carl Baudenbacher, welcher uns auf die nicht zu unterschätzende Bedeutung dieses Gerichtshofes und auch eine mögliche Zukunft für die Schweiz aufmerksam macht. Rückreise mit Verspätung Mit dem Zug nach Zürich und einer eineinhalbstündigen Verspätung endet das Seminar Europäisches Wirtschaftsrecht 2012. Schnell geht der Abschied vonstatten. Es sind wohl alle ziemlich geschafft. Zurück bleibt die Erinnerung an fünf aussergewöhnliche Tage, die durchwegs durch ein abwechslungs- und vor allem auch lehrreiches Programm geprägt waren. Ausserdem bleibt da dieses Gefühl der Kraft eines geeinten Europas wie es einem erst durch den Besuch Luxembourgs bewusst wird. Deshalb kann ich abschliessend mit einem Satz sagen: Europäisches Wirtschaftsrecht 2012 – ein eindrückliches Seminar.

Das Europadenkmal erinnert an die Unterzeichnung des Schengener Abkommens auf einem Moselschiff.

26

Studium


Jurastudium in Amerika Judith Köppel Als Jurastudierender ist es immer wieder spannend, etwas / Informationen über das Jurastudium in anderen Ländern zu erfahren. Dieses Mal führt der Vergleich in die Vereinigten Staaten von Amerika, genauer nach Boston, Massachusetts.

Dort befindet sich die Suffolk University, eine Privatuniversität, welche 1906 gegründet wurde. Die Universität hat sich seit ihrer Entstehung zu einer der 100 führenden „Law Schools“ in den USA gesteigert. Ein Vergleich der Semestergebühren zwischen der Universität Zürich und der Suffolk University bringt etwas Perspektive in die laufende Debatte über die Verdopplung der hiesigen Semestergebühren von CHF 700.-: Für die halbjährlichen 21‘270.– muss dort viel tiefer in die Taschen gegriffen werden; oft sind auch die Kreditaufnahme und damit laufende Schulden beim Staat unumgänglich. Ein ganzes Studium (inkl. Bücher und Lebenskosten) kostet um die USD 120‘000.–! Juristische Ausbildung in Amerika... Die juristische Ausbildung verläuft in den Vereinigten Staaten von Amerika anders als in der Schweiz. In der vierjährigen Bachelorstufe (sog. „Undergraduate degree“) kann sich der Studierende grundsätzlich in jeder Ausrichtung ausbilden lassen, sei es in Biologie, Prämedizin oder Politikwissenschaft. Erst mit dem Erwerben des Bachelordiploms kann ein Gang an eine „Law School“(im Rahmen des „Graduate degree“) in Erwägung gezogen werden. Dabei muss nicht nur das notwendige Interesse und der Wille zu arbeiten vorhanden sein, sondern wie bereits erwähnt auch das nötige „Kleingeld“. Es ist von Vorteil, auf der Bachelorstufe ein Fach wie Politikwissenschaft zu vertiefen, weil man dabei bereits mit mehr Aspekten des Rechts konfrontiert wird, als beispielsweise mit Biologie. Nichtsdestotrotz kann es dennoch sinnvoll sein, in der „Undergraduate“-Stufe zum Beispiel ein Fach wie Elektrotechnik zu belegen, um auf der „Graduate“-Stufe dann Jura zu studieren. Auf diese Weise ist man dann quasi „Mann oder Frau des Faches“, in welchem später einmal Klienten vertreten werden. Dies ist insbesondere im Immaterialgütergeschäft, welches unter anderem in Boston (mit der Harvard University und dem MIT

Studium

oder Silicon Valley, Kalifornien, aufblüht und eine steile Karriere verspricht, von Bedeutung. Viele Jurastudierende legen alternativ aus diesem Grund zwischen der Bachelor- und Masterstufe ein oder mehrere Arbeitsjahr(e) ein, um in einem nicht-juristischen Umfeld erste Berufserfahrungen zu sammeln. Der Vorteil an einem solchen Ausbildungsweg ist, dass aufgrund des möglichen Studiengangwechsels auf der Masterstufe vorher abgeklärt werden kann, ob man das bisher Gelernte vertiefen, oder sich doch noch dem Jurastudium widmen will. Dabei wird die Zahl der Unentschlossenen, die wie hier in Zürich Jura aufs Geratewohl wählen, nicht zuletzt auch wegen den hohen Kosten, reduziert. Nachteilig - jedoch nachvollziehbar - ist, dass viele Studierende mit dem Wechsel ins Jura und dem folgenden harten Studium überfordert sind, weil sie auf Bachelorstufe nicht entsprechend auf die „Law School“ vorbereitet wurden. ...und an der Suffolk University Die Suffolk University bietet im Rahmen einer dreijährigen Ausbildung eine breite Palette von Lehrveranstaltungen an. Im ersten Jahr, welches mit unserem „Assessmentjahr“ verglichen werden kann und sich „Juris Doctor“ nennt, werden die Studierenden im Zivilprozessrecht, Vertragsrecht, Sachenrecht, Haftpflichtrecht, juristischen Arbeiten, Verfassungsrecht und Strafrecht ausgebildet. In den verbleibenden zwei Jahren können die Studierenden aus über 200 Lehrveranstaltungen auswählen. Dazu können sie sich ebenfalls in Kanzleien oder am Gericht absolvierte Praktika anrechnen lassen. An der Suffolk Law School sind zur Zeit ungefähr 1640 Studierende eingeschrieben. Unter ihnen auch der Student Jonathan DeBlois. Er studiert im sechsten und letzten Semester und steht kurz vor seinen Abschlussprüfungen.

27


DeBlois ist ein sehr engagierter Student; nicht nur hat er sich Platz zwei im erbitterten Leistungskampf der Studierenden seines Jahrganges gesichert, sondern ist ebenfalls Mitglied des „Law Reviews“ (dazu später). Die „Law Schools“ in den USA, insbesondere auch die Suffolk University, sind sehr kompetitiv. Jobchancen und Anforderungen Nach DeBlois hängt die spätere Anstellung vom Notenschnitt des ersten Jahres ab. Es sei daher sehr wichtig, zu den Besten des Jahrganges zu gehören. Als offizielle „Nummer zwei“ seines Jahrganges verbringt Jonathan grundsätzlich jede Minute mit Vorlesungsvorbereitung, wenn er die Vorlesung nicht gerade besucht. Durchschnittlich bereitet DeBlois sich während sieben Tagen ungefähr 40-50 Stunden auf seine Vorlesungen vor. Zugegeben, diese Zahl lässt die Autorin einmal leer schlucken und der Leistungskampf unter den Studierenden relativiert auch das „Ellbögeln“ in der RWI-Bibliothek um den Baslerkommentar. Dieses wird in Zukunft gerne hingenommen, solange uns eine Verdopplung der hiesig erwarteten 20 Vorbereitungsstunden pro Woche erspart bleibt. Positiv auf Jobchancen wirken sich auch während dem Studium in Anwaltskanzleien oder Gerichten absolvierte Praktika oder eine sonstige Nebenarbeit aus. Die Suffolk University bietet deshalb auch ein Nachtprogramm an: Dabei arbeitet man am tagsüber normal in einem Unternehmen und besucht abends die Law School. Danach habe man einen Job beinahe auf sicher, so DeBlois. Nicht selten komme ein Unternehmen für Teile oder gar für das ganze Studium auf. Gemäss DeBlois waren die Jobchancen in der Gegend Boston für Absolventen der Suffolk University bis anhin sehr gut. Seit der Finanzkrise im Jahr 2008 jedoch ist es schwieriger geworden, weil der Marktplatz signifikant geschrumpft ist. Aus diesem Grund hat der bereits angesprochene Konkurrenzkampf unter den Studierenden dementsprechend zugenommen.

D

ie Suffolk University besitzt die viertgrösste „Law School“ in New England, was insbesondere deshalb bemerkenswert ist, weil sich dort auch die Harvard Law School und die Yale Law School befinden. Die Universität hat einen sehr guten Ruf und ist dafür bekannt, dass sie ausgezeichnete Anwälte für die Bostoner Anwaltskanzleien hervorbringt. Zur Zeit sind ungefähr 1644 Studenten an der Suffolk University eingeschrieben. Anwaltskanzleien, die in Boston sehr zahlreich sind, berücksichtigen einerseits diejenigen Absolventen zuerst, die sich in einem bestimmten Rechtsbereich bereits während dem Studium spezialisieren konnten oder bereits anderweitig gearbeitet haben. Jonathan beispielsweise hat dies zwischen der „Undergraduate“ – und der „Graduate“-Stufe gemacht. Er arbeitete zwei Jahre im Internetvertrieb und ein Jahr als Netzwerkverwalter. Andererseits schauen gewisse Anwaltskanzleien auch auf die Persönlichkeit des Bewerbenden und ob diese in das Firmenklima passt. Schlussendlich ist es für DeBlois – welcher bis anhin noch in keiner Anwaltskanzlei gearbeitet hat – schwierig zu sagen, welche generellen Anstellungskriterien gelten. Seiner Meinung nach kommt es darauf an, welche Rechtsgebiete die anvisierten Anwaltskanzleien abdecken und wie gross die jeweilige Kanzlei ist. Diese Aussage kann wohl auch bezogen auf die schweizerischen Anwaltskanzleien gemacht werden. Es ist nicht zu vergessen, dass man mit einem „Law degree“ auch Anderes machen kann, als sich anwaltlich zu betätigen (gemäss DeBlois wählen schätzungsweise zwischen 5-20 % aller Absolventen nicht die klassische Anwaltskarriere). Viele Absolventen betätigen sich als Rechtsberater in Unternehmen und nehmen dort eine wichtige Schlüsselfunktion ein. Andere zieht es in die Politik, wo man ebenfalls Karriere machen kann, insbesondere in den USA, schaut man sich die Anzahl der vollzeitlich beschäftigten Politiker an. Schliesslich betrachten einige das „Law degree“ als simples Masterdiplom, welches einen in der BusinessWelt (noch) als qualifizierten Mitarbeiter ausweist. Leistungsnachweis Der Leistungsnachweis erfolgt an der Suffolk University entweder in Form von Prüfungen, Arbeiten oder in Form kleinerer Leistungen während dem Semester. Ähnlich wie im zürcherischen Master hängt die Form des Leistungsnachweises von der Professorenschaft ab. Für die Prüfungsvorbereitung wendet DeBlois jeweils 30-40 Stunden Vorbereitungszeit pro Prüfung auf. Es bleibt dahingestellt, ob die Prüfungen damit kleiner sind als an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Zürich oder ob DeBlois aufgrund seiner intensiven Semester nicht mehr so viel lernen muss. Prüfungen können nur beschränkt wiederholt werden und wie in Zürich wird man bei einer zu hohen Anzahl an Fehlversuchen von der „Law School“ ausgeschlossen. Von den Studierenden werden jedoch keine Leistungsnachweise in Form von Bachelor- oder Masterarbeiten verlangt.

Die Suffolk University im Herzen von Boston

28

Studium


Anwaltsprüfung Nach dem erfolgreichen Abschluss an einer „Law School“ ist man wie in der Schweiz noch nicht Anwalt. Anders als hierzulande ist ein Praktikumsjahr jedoch nicht Voraussetzung. Wer das „Bar exam“ bestehen will, muss sich nach Abschluss des Studiums (im Mai) beim „Board of Bar Examiners for admission to the Bar” des jeweiligen Bundesstaates anmelden. Danach bereitet man sich während knapp zwei Monaten (in Massachusetts vom 1. Juni bis zum 24. Juli) auf das „Bar exam“ vor, welches dieses Jahr während zweier Tagen am 25. und 26. Juli stattfindet. Die Prüfung besteht aus 200 Multiple Choice Fragen und zehn Aufsatzfragen. Die Fragen behandeln Fächer wie Verfassungsrecht, Strafrecht, Zivilprozessrecht, Haftpflichtrecht, Vertragsrecht und mehr. Wer die Prüfung nicht besteht, darf im Februar nochmals antreten. In Massachusetts kann die Prüfung so oft wie nötig wiederholt werden! Nach bestanderer Prüfung ist man berechtigt, im Bundesstaat, wo man die Prüfung abgelegt hat, als Anwalt zu arbeiten. Gewisse Bundesstaaten haben mit anderen vereinbart, gegenseitig die Anwaltsprüfung anzuerkennen, was es ermöglicht, sich auch ausserhalb des Prüfungsstaates als Anwalt zu betätigen. Eine nationale Anwaltsprüfung, die einen Absolvent danach in allen Bundesstaaten in den USA zulässt, gibt es zur Zeit nicht. Ausserschulische Aktivitäten-“Law Review” Der Nachweis von ausserschulischen Aktivitäten ist den USA (insbesondere für den Curriculum Vitae) äusserst wichtig. Daher bietet jede Universität eine Vielzahl von Vereinen an, denen Studierenden beitreten und sich engagieren können. Besonders beliebt sind die „Journals“ (studentische Zeitschriften). Für Jura besteht unter anderem der „Law Review“, das angesehenste Blatt unter allen studentischen Juristenzeitschriften. Wer dem „Law Review“ beitreten will, muss sich zuerst einmal bewerben. Von diesen Kandidaten werden bloss 25 % eine Runde weiter gelassen. Diese 25 % müssen sich sodann mit einem selbstverfassten juristischen Aufsatz, welcher von den aktuellen Mitgliedern des „Law Reviews“ evaluiert wird, qualifizieren. Von diesen 25 % werden sodann bloss die besten 10% aufgenommen. DeBlois ist einer davon. Er berichtet, das Verfassen seines Aufsatzes habe ihn über ein Jahr gekostet. Signifikante Unterschiede Gilt im internationalen Vergleich normalerweise der Grundsatz „andere Länder - andere Sitten“, so kann bei diesem Studiumsvergleich das Fazit gezogen werden, dass das Jurastudium an der Suffolk University sich nicht so sehr vom Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Zürich unterscheidet. Für beide gilt: „Ohne Fleiss kein Preis“. Ein Unterschied besteht jedoch darin, dass der Konkurrenzkampf in den USA viel ausgeprägter ist als in Zürich. Während es hier einen offiziellen direkten „Wettkampf“ der Studierenden nicht gibt und Noten nur hinter vorgehaltener Hand verglichen werden, so werden in Boston so-

Studium

gar Leistungsrangplätze vergeben und sich Kopf an Kopf-Rennen geliefert. Weiter ist die Zugehörigkeit zum „Law Review“ eine viel ernstere Angelegenheit und wird bedeutend mehr geachtet als eine Zugehörigkeit beispielsweise beim Fachverein Jus oder der ELSA. Schwer zu beurteilen ist, ob der Marktplatz in Boston kleiner ist als derjenige hier in Zürich. Denn in den grossen Kanzleien werden in Zürich als auch in Boston vorwiegend die notenbesten Absolventen beschäftigt, während die Übrigen anderswo „untergebracht“ werden. Dies kann an beiden Orten die gleiche Herausforderung sein. DeBlois ist ein Topstudent, der beinahe jede Minute in sein Studium investiert. Es muss aber auch gesehen werden, dass lange nicht alle Studierenden sich gleich engagieren und gleich ambitioniert sind. Mit anderen Worten, er vertritt nicht den Durchschnittsstudenten. Das ist einerseits beruhigend, andererseits wird man in seiner Präsenz stets vom schlechten Gewissen geplagt. Die Autorin hat DeBlois übrigens gefragt, weshalb er Jura gewählt und zu einem wichtigen Teil seines Lebens gemacht hat. Der Studierende bemerkte darauf, das US-Amerikanische Recht gefalle ihm deshalb so gut, weil es zu einem grossen Teil auf Fallrecht basiere. Dies gebe ihm und sämtlichen Amerikanischen Juristen die Möglichkeit, an der Entwicklung des zukünftigen Amerikanischen Rechts aktiv beizutragen und damit auch auf wichtige politische und soziale Ereignisse in den Vereinigten Staaten von Amerika Einfluss nehmen zu können. Also doch: Andere Länder – andere Sitten.

Jonathan DeBlois

29



Neuigkeiten aus dem Fachverein Moritz Schmid An dieser Stelle möchten wir euch wieder alles wichtige Rund um den Fachverein mitteilen. Die grösste Neuerung hältst du gerade in den Händen. In den Semesterferien haben wir das Layout des N’Jus überarbeitet. Aber auch sonst können wir auf einige Erfolge und ein spannendes Vereinsleben zurück blicken.

Das N’Jus mit neuem Design Das Layout des N’Jus hat sich seit dem Redesign aus dem Jahr 2009 kaum verändert, bis wir uns diesen Winter daran gemacht haben die Zeitschrift weiterzuentwickeln und zu verbessern. Dabei haben seit längerer Zeit wieder Mitglieder des Fachvereins die grafische Umsetzung übernommen. Ziel war es, das eher klassische Element juristischer Publikationen mit einem jungen, studentischen Aufritt zu verbinden. Für unser Layout Team suchen wir immer Verstärkung. Dafür musst Du kein Profi sein, gerne geben wir dir eine Einführung in die wichtigsten Grafikprogramme. Die Prüfungssammlungen im neuen Format Damit euch die Prüfungssammlungen beim Lernen einen noch grösseren Mehrwert bringen, haben wir das Taschenbuchformat durch eine Ringbindung ersetzt. So spart Ihr euch die Nerven für die Prüfung, da die Seiten nicht mehr zuklappen. Der Fachverein bloggt Seit Anfang April betreibt der Fachverein einen juristischen Blog. Wir setzen uns damit zum Ziel, stets über aktuelle Rechtsprechung, Rechtsetzung und Rechtsentwicklung zu informieren. Wir schreiben über aktuelle Themen und richten uns vorwiegend an andere Juristen in der Ausbildung, sowie sonstige Rechtsinteressierte. Wir sind keine Experten - aber auf gutem Weg dahin! Deshalb wollen wir unser Bestes geben, die Welt rund um das Recht einfacher, zugänglicher und überschaubarer zu machen. Ihr findet unseren Blog unter: http://blog.fvjus.ch. Um die Qualität unseres Blogs zu sichern und auch eine fachlich weite Abdeckung zu ermöglichen, suchen wir noch Verstärkung fürs Team. Wenn Du interessiert bist, dann kontaktiere uns doch (ganz unverbindlich) unter blog@fvjus.ch.

Studium

Bibliotheksöffnungen am Sonntag Im letzten Dezember haben wir euch gefragt, wie ihr zu längeren Öffnungszeiten der Bibliothek steht. Diese Resultate haben wir mit der Bibliotheksleitung besprochen und konnten testweise eine Öffnung der Bibliothek an vier Sonntagen vor den Prüfungen erreichen. Am 3., 10., 17. und 24. Juni 2012 konnte im RWI gelernt werden. Wir hoffen sehr, diese zusätzlichen Öffnung haben euch die Prüfungsvorbereitung erleichtert. Genaueres könnt ihr im Artikel zu den längeren Öffnungszeiten nachlesen. Workshop mit Deloitte Das Unternehmen Deloitte hat uns einen Nachmittag lang zu sich eingeladen und uns in einem zweiteiligen Workshop ihr Unternehmen näher gebracht. In einem ersten Teil konnten wir mit den Experten aus dem Bereich Tax einen Fall bearbeiten. Dabei beschäftigte uns die Frage, nach welchen Kriterien ein Unternehmen das Land auswählt, wenn es seinen Sitz nach Europa verlegt. Danach wurde uns die Forensikabteilung von Deloitte vorgestellt, welche sich mit Korruption, Steuerbetrug und Verstössen gegen das Geldwäschegesetzauseinandersetzt. Zum Abschluss des Tages konnten wir bei einem reichhaltigen Apéro im persönlichen Gespräch die noch offenen Fragen klären. Kanzeleibesuch bei Nieder Kraft und Frey Dieses Semester hatten wir die Möglichkeit, bei der Anwaltskanzlei Nieder Kraft & Frey die Kanzlei und die Arbeit in einer Grosskanzlei kennen zu lernen. Alles dazu findet ihr im Bericht von Katrin Biehler.

31


FACHVEREIN JUS

Vereinsleben Auch das gesellige Beisammensein ist im Fachverein nicht zu kurz gekommen. So waren wir im Februar gemeinsam für ein Wochenende in Valbella Ski-, Snowboard- und Schlittenfahren. Daneben konnten wir auch wieder bei den traditionellen Fachvereinsessen schöne Stunden verbringen. Wer essen kann, der muss sich auch sportlich betätigen! Das dachten auch wir uns, und so haben wir dieses Jahr erstmals als Fachverein ein Team für die SOLA-Stafette des ASVZ aufgestellt und uns in gemeinsamen Trainings darauf vorbereitet. Auch wenn wir (noch) nicht die schnellsten waren, hatten wir doch einen super Tag. Mitmachen beim Fachverein Auch für das nächste Jahr sucht der Fachverein wieder fleissige Helfer bei seinen Projekten. Kannst Du dir vorstellen, am Erstsemestrigentag ein Modul zu halten, beim jusCoaching dein Wissen an Studienbeginner weiterzugeben oder möchtest du einen Beitrag im N’Jus verfassen, dann melde Dich bei uns! Wir freuen uns über jede Hilfe. Fragen dazu könnt ihr an contact@ fvjus.ch senden und wir werden euch mitteilen, wann wir uns für die einzelnen Projekte treffen. Nie wieder etwas verpassen? Du möchtest in Zukunft über alle Neuigkeiten der Fakultät und des Fachvereins auf dem Laufenden bleiben? Dann melde dich auf der Homepage des Fachvereins an! In unserem jusMail senden wir dir alle Neuigkeiten der Fakultät, Events des Fachvereins und erinnern dich an alle Fristen des Semesters. Auch auf unserer Homepage und unserer Facebookseite werden laufend neue Informationen aufgeschaltet. Jobsuchende finden auf unserer Online- Jobplattform immer wieder neue Angebote. Ein wöchentlicher Blick lohnt sich!

32

Chris Enderli an der Sola-Stafette.

Studium


Studiare diritto a Zurigo: e poi? Matteo Delcò, Amanda Rückert, Stefano Lappe e Davide Nollo Quando un giovane ticinese decide di intraprendere lo studio di legge presso l’Università di Zurigo lo fa con la convinzione e la consapevolezza della buona reputazione di cui gode la facoltà. Non è infatti raro che prima di dover scegliere in quale università andare, vengano valutati altri aspetti oltre al “mero” livello dello studio, come l’offerta e la qualità della città, la lingua e la vicinanza al proprio cantone.

La bellezza della città e la buona reputazione vengono però in seguito “compensati” dalla mole di lavoro e dalla dura impostazione che questa università si è posta. Quel “chi me l’ha fatto fare, me ne vado da un’altra parte!” – che risuona quasi quotidianamente fra gli scaffali della nostra biblioteca – vuole ricordare a se stessi l’esistenza di alternative (almeno apparentemente) più soft. Infatti, nonstante la materia sia la stessa, fra una facoltà di diritto e l’altra esistono grandi differenze: dall’impostazione dello studio, allo svolgimento degli esami e alle varie (numerosissime nel nostro caso!) norme che regolano il nostro iter accademico. Ciononostante la maggioranza di noi (a quanto pare…) ha optato per la permanenza nella città sulla Limmat, consci dell’idea che usciti da Zurigo e confrontati con altri colleghi provenienti da altri atenei noi restiamo pur sempre i più preparati. Questa analisi viene però intrapresa durante il periodo di studio, ma cosa succede dopo? Perché un potenziale datore di lavoro dovrebbe scegliere me – ad esempio – studente zurighese, invece di un altro che possiede il mio medesimo titolo di studio nonché conoscenza linguistica? Oggigiorno per avere una buona considerazione in Ticino, professionalmente parlando, sembrerebbe necessario quel “ves nai in denta” che ci ripetevano già i nostri nonni. Poco importa se a Zurigo, Berna, Basilea o Friborgo. Per capire meglio che cosa ci aspetta dopo lo studio e come quest’ultimo è cambiato nel corso degli anni, in che modo pure è cambiata la mentalità riguardo alla facoltà zurighese, i Giovani Giuristi hanno deciso di porre delle domande a ex studenti che in politica, magistratura e in altri campi dello Stato e del settore privato hanno saputo brillare e tenere alto il nome della Svizzera italiana Oltregottardo. 1) Quali opportunità ha avuto dopo lo studio di diritto all’Università di Zurigo? 2) È vero che una laurea all’UZH è vista di buon occhio dai datori di lavoro? 3) Come mai la scelta, dopo l’università, di tornare in Ticino?

Patrizia Pesenti, Consigliera di Stato TI (1999-2011), ora Head of Business Development Ringier Schweiz und Deutschland 1) Poco prima della fine degli esami, ho avuto un‘offerta da parte di uno studio legale per i due anni di pratica legale-notarile. Volevo fare l‘avvocato, dovevo quindi scegliere un cantone. 2) Certamente nella metà degli anni ottanta una laurea a Zurigo era tra le migliori che si potessero avere. Anche se l‘Università era molto indirizzata verso il diritto commerciale, meno verso le materie umanistiche: per poter dare l‘esame in filosofia del diritto avevo dovuto andare da un Professore a Basilea, perché a Zurigo non avevano sostituito il titolare della cattedra. 3) Sono tornata in Ticino dopo aver frequentato a Zurigo non solo l‘Università ma anche il liceo. Avevo voglia di vivere in Ticino, di parlare italiano. Ero certa che sarei tornata a Zurigo dopo la pratica. Ci sono tornata, ma solo l‘anno scorso, dopo essere stata in magistratura e in politica. Studium

33


Marco Borradori, Consigliere di Stato TI 1) La mia intenzione è sempre stata quella di diventare avvocato e notaio. Terminati gli studi a Zurigo, sono rientrato in Ticino e ho fatto la pratica legale presso lo Studio Tettamanti – Spiess e Associati. Poi ho esercitato la professione a Lugano dal 1986 al 1992. Da quel momento mi sono dedicato a tempo pieno all’attività politica (Consiglio Nazionale a Berna e Municipio a Lugano). 2) Ai miei tempi, quando mi sono laureato (fine 1983), era assolutamente così. Una laurea a Zurigo era senz’ altro un importante valore aggiunto. Da quanto so, la situazione non è cambiata di molto in questi ultimi anni. 3) Mio papà aveva uno studio legale molto ben avviato a Lugano ed era mia intenzione e desiderio riprenderne l’attività. Poi, è vero, le cose sono andate diversamente, anche perché la mia vita si è indirizzata in modo inaspettato verso la politica. E poi le mie radici erano in Ticino, vi ero nato e cresciuto. Da ultimo, diciamocelo, nel nostro cantone si vive proprio bene. Non mi sono mai pentito della mia scelta. Carlo Marazza, Direttore dell’Istituto delle assicurazioni sociali del Cantone Ticino Premetto che dopo lo studio in giurisprudenza a Zurigo e Ginevra sono tornato in Ticino – seguendo la via più classica – per conseguire il brevetto di avvocato. Ho avuto l’opportunità come locarnese di svolgere la pratica in uno studio legale di Chiasso e Lugano e, come molti ticinesi, sono ritornato volentieri “alle radici”. Quando conseguii la laurea vi era ancora un po‘ meno di mobilità rispetto al giorno d’oggi e non era in vigore il sistema di Bologna, quindi succedeva relativamente spesso che dopo lo studio oltre Gottardo si ritornasse in Ticino; al giorno d’oggi forse la scelta potrebbe anche essere un‘altra, anche se non rimpiango assolutamente quanto fatto è la strada intrapresa, che mi ha insegnato molto. Ai miei tempi inoltre non era ancora in vigore la legge sulla libera circolazione degli avvocati. Claudio Lardi, Consigliere di Stato GR (1999-2010) 1) Finito lo studio a Zurigo ho avuto un po‘ di difficoltà a trovare un’occupazione come giurista, dunque per alcuni mesi ho fatto il maestro di scuola media alla Evangelische Mittelschule Samedanuna che ricordo come una bella esperienza. Poi però, grazie al fatto che avevo fatto uno stage presso la Procura Pubblica dei Grigioni, ho potuto subentrare a un candidato che si era ritirato e fare sei mesi di pratica come giurista dal Cantone. A circa un anno dalla fine dello studio, ero di nuovo per strada, ma un avvocato amico di mio zio mi ha dato poi la possibilità di continuare la formazione in questa professione. Sono stati tempi duri agli inizi degli anni novanta e tutte le volte che mi sono annunciato per un posto fisso mi hanno risposto picche; ogni tanto le risposte furono inutilmente secche, quasi cattive, sicuramente demotivanti del tipo „...wir kamen zum Schluss, dass Sie unseren Anforderungen nicht genügen können...“ Questi rifiuti non erano dovuti dal fatto di aver studiato a Zurigo ma forse per motivi linguistici, di politica o semplicemente per sfortuna. 2) Sì, l’Università di Zurigo ha un buon nome e personalmente, quando potevo impiegare gente, il fatto che il candidato o la candidata avesse studiato a Zurigo mi dava la sicurezza che si sapeva muovere anche in „strutture grandi“, dunque supponevo che era sveglio o sveglia. Naturalmente il luogo dello studio è solo uno dei tanti criteri per un‘assunzione. 3) Non ho mai dubitato di voler tornare nei Grigioni, anzi la scelta dell’Università di Zurigo è in parte dovuta al fatto che era l‘ateneo più vicino ai Grigioni e a Poschiavo, dove - quando non lavoravo alla Sihlpost – tornavo ogni fine settimana. Ho studiato legge per tornare a Poschiavo a lavorare come avvocato. Non so se dire purtroppo, ma non ci sono riuscito. Devo dire, fra l‘altro, che ai tempi dello studio, non avevo sviluppato un grande amore per la città di Zurigo, mentre ora la apprezzo tantissimo come città di studio, lavoro e svago. Con il senno del poi, fu un errore tornare durante lo studio sempre e spesso a Poschiavo perché così non ho coltivato amicizie con i commilitoni. A tornare indietro mi comporterei differentemente.

34

Studium


Sauce Bolognaise, keimfrei Zima Sind wir ehrlich: Wir alle wussten bereits vor Beginn des Studiums, welche Hölle uns an der Uni erwarten würde – tempi bolognesi! Dass das neue System nichts taugt und bestenfalls Leute mit Röhrenblick produziert, welche von vernetztem Denken noch nie etwas gehört haben, wissen die Anwälte im elterlichen Bekanntenkreis, studierende Freunde, ja sogar Ballettlehrerinnen im Pensionsalter. Hart war er denn auch der Einstieg. Wer erst drei Monate nach Semesterbeginn begriff, dass die Kantizeiten vorbei waren und Minimalismus nicht mehr bloss blaue Briefe, sondern ein knallhartes fail zur Folge haben konnte, hatte zu Weihnachten ein schlechtes Gewissen – und auf die anderen wartete nicht die wohlverdiente und über Jahre hinweg als selbstverständlich angesehene Pause, sondern Stammesrechte, Corporate Finance und Hans Kelsen. Vergessen wir nicht die Versagensängste, den Erfolgsdruck oder nur schon das Unwissen darüber, ob man denn auch leistungsfähig genug sei – und das nach nur ein paar Wochen! Schönes Studentenleben ist anders. Gewiss, dem kollektiven Jammer zu verfallen, ist verlockend. Indes gilt es, auf die richtigen Leute zu hören: Auf der einen Seite gibt es Dozenten, welche vor Weihnachten darauf hinweisen, man müsse irgendwann auch noch Mensch sein und solle es nicht übertreiben. Auf der anderen Seite sind da Kommilitonen, welche beim letzten Versuch durchgefallen sind und aus der Rechts- eine Horrorgeschichte machen. Wenn man sich nun grösstmögliche geistige Gesundheit zum Ziel gesetzt hat: Who would YOU rather listen to? Nun, so viel zur verhunzten Weihnachtszeit. Freilich sind die Anforderungen an die eigene psychische Widerstandsfähigkeit hoch und die Leidensfähigkeit der Familie wird auf mannigfaltige Art („Wann kommen endlich die Resultate?!???“ – „Wieder nur zwei Punkte im Internetkolloquium, was mache ich bloss falsch??!“ – „Wenn ich Privatrecht III versaue, kann ich gleich Hausfrau werden!“ – „Schon wieder um ein Haar eine bessere Note verpasst – warum passiert das immer mir?!“) auf die Probe gestellt, alle Semester wieder. Doch das ist gewiss keine Eigenheit des Bologna-Systems. Zu Lizentiatszeiten war jede schriftliche Prüfung mindestens so systemrelevant wie Privatrecht III. Die Phasen intensiven Lernens dauerten nicht wenige Wochen, sondern Monate. Die Ungewissheit, ob dem Projekt „Studium“ denn am Ende Erfolg beschieden sein würde, trug man nicht drei bis vier (Ausnahmen gibt es natürlich immer), sondern unter Umständen fünf bis sechs Jahre mit sich herum. Spätestens jetzt müsste eigentlich das Röhrenblick-Argument

(oder eine diesem verwandte Gehässigkeit, z.B. diejenige der mangelnden Stofftiefe, der Unfähigkeit zum vernetzten Denken oder des Bulimie-Lernens) kommen. Natürlich, wenn zwei bolognesisch ausgebildete Substituten sich darüber unterhalten, ob man einen Anspruch aus Vertrag jetzt direkt einklagen könne oder ob man erst betreiben müsse („Das geht doch schon grenzüberschreitend?“), mag man die Ursache im Studiensystem sehen; vielleicht war es aber auch die Universität Nicht-Zürich, welche dem Prozessrecht bereits präbolognesisch nicht genügend Wertschätzung entgegen gebracht hatte, um es angemessen in seinen Studienplänen zu berücksichtigen. Was die Stofftiefe betrifft, gab es schon immer Studienabgänger, die viel, und solche, die weniger wussten – zur Leistungsdokumentation wurden bekanntlich diese lästigen Zahlen („Noten“) erfunden. Ja, Güterrecht aus dem Pflichtstoff zu kippen, war meines Erachtens kein Geniestreich. Wer sich jedoch nicht in die entsprechende Wahlpflichtvorlesung bequemt, hat diesen Umstand einzig sich selbst anzukreiden. Wer sich, kaum dem Bachelor entwachsen, hütet, mit Anstrengung assoziierte Module zu belegen („Immobiliarsachenrecht“, „Zivilverfahrensrecht III“), darf sich nicht wundern, wenn sich die Vorbereitungen auf die Anwaltsprüfung schwierig gestalten (und mehr Zeit in Anspruch nehmen). Im Übrigen: Vor dem Vergessen bewahrt einen meines Wissens kein lic. iur. der Welt (ich lasse mich aber gern eines Besseren belehren). Mir sind auch keine Fälle bekannt, in welchen Personenrechts-Lehrbücher et al. BLaw-Abwehrmechanismen entwickelt hätten, so im Stile von: Fass mich ja nicht an, du sollst jetzt gefälligst systembedingt alles vergessen! Seine nicht-so-alte Studienliteratur hervorzukramen, bevor einen BGFA 7 I b dazu zwingt, ist eine Frage der Motivation und nicht des akademischen Grads. Zum Schluss seien noch ein paar nicht von der Hand zu weisende Vorteile erwähnt: Wer sich mit Elan ins Abenteuer Bachelor stürzt, hat im besten Fall nach sechs Semestern einen Grundstock an Wissen, auf welchem sich aufbauen lässt. Jene Herausforderungen, welche sich mit hoher Kadenz zu Beginn des Studiums stellen, sind letztlich zum Lernen da – wait a minute, what are we here for? Das Angebot spannender Master-Module ist dafür unglaublich gross (es hat auch niemand gesagt, dass man von allem, wonach man in der Praxis nicht gefragt wird, gänzlich die Finger lassen soll). Eigentlich finde ich das Ganze mega lässig. Ausser natürlich HaWi, das wird nun WIRKLICH meinen Tod bedeuten!

Amjusment

35


Pro und Contra

Anwalts- v.s Gerichtspraktikum

Wer sich erfolgreich durchs Studium gekämpft und das Masterdiplom in der Tasche hat, stellt sich die Frage „wie weiter“? Als Vorbereitung zur Anwaltsprüfung muss auf einem Gericht oder bei einer Anwaltskanzlei ein einjähriges Praktikum absolviert werden Für Unentschlossene präsentieren hier die FV Jus-Ehrenpräsidenten die Vor- und Nachteile beider Laufbahnen. David Studerus arbeitet seit sechs Monaten an einem Bezirksgericht im Kanton Zürich. Christian Hagen hat sich für eine Wirtschaftskanzlei in Zürich entschieden, wo er vor drei Monaten seine Stelle angetreten hat.

Pro Gerichtspraktikum David Studerus Entgegen vielfacher Vorurteile bestehen meine Arbeitstage bestehen nicht nur darin, Verhandlungsprotokolle anzufertigen. Sehr viel mehr Zeit wende ich dafür auf, Akten zu studieren, prozessleitende Zwischenverfügungen zu verfassen und Urteile zu begründen. Da ich auf einem kleineren Gericht arbeiten, liegen auf meinem Schreibtisch glücklicherweise nicht nur Scheidungsverfahren, sondern auch andere Fälle aus verschiedenen Rechtsgebieten. Ich schätze es jeweils sehr, dass ich nicht nur im Büro am Computer sitze, sondern auch viele Verhandlungen direkt miterleben darf. Neben der Arbeit erfreut mich immer wieder, dass die etwa gleichaltrigen Auditoren und Gerichtschreiber eine schöne Atmosphäre schaffen und nicht nur Arbeits- und Mittagspausen miteinander verbracht werden. Wir treiben wöchentlich gemeinsam Sport, gründeten dieses Jahr ein gerichtsinternes Jassturnier und veranstalten regelmässige Grillabende. Eine Auditorenstelle ist Voraussetzung, um Karriere in der Justiz (Gerichte und Staatsanwaltschaft) zu machen. Dafür braucht es jedoch neben hervorragender Arbeit auch sehr viel Glück. Im Hinblick auf die Anwaltsprüfung bin ich froh, dass ich mir am Gericht gute Kenntnisse im Prozessrecht und SchKG aneignen konnte. Ob die Substituten im Vergleich zu den Auditoren einen vergleichbaren Wissensvorsprung im materiellen Recht besitzen, erscheint mir jedoch fraglich.

David Studerus

Meine Wahl, ein Auditoriat bei einem Bezirksgericht zu absolvieren, bereue ich keine Sekunde. Mir gefällt es sehr gut am Gericht, sodass ich hoffe, eine der begehrten Gerichtsschreiberstellen zu ergattern.

36

Amjusment


Pro Anwaltspraktikum Christian Hagen Von der ersten Stunde an konnte ich direkt und fast gleichberechtigt mit den Anwälten an Projekten mitarbeiten. Ich war bereits an drei Unternehmensverkäufen beteiligt, habe Memoranden für Klienten verfasst, Verträge entworfen, Entwürfe der Gegenpartei bearbeitet, an Verhandlungen teilgenommen und selbständig Klienten beraten. Der Preis dafür sind Arbeitszeiten jenseits der 70h pro Woche und ständige Erreichbarkeit, quasi der Verlust meines Privatlebens.

Christian Hagen

Um eines klarzustellen: Meine Erfahrungen lassen sich nicht einfach auf andere Kanzleien übertragen, ja nicht einmal auf alle Teams in meiner Kanzlei. Insgesamt arbeitet man in einer Kanzlei deutlich stärker praxisorientiert. Dogmatische Diskussionen führen wir primär untereinander, der Klient will nur wissen: geht es oder nicht. Schadloshaltung zum Beispiel hört sich in einem Vertrag gut an, in der Praxis lässt sich mit so einer Klausel jedoch meist kein Blumentopf gewinnen. Wer Freude an praktischer Umsetzung und Handhabung des Rechts hat wird wohl in einer Kanzlei glücklich werden: Dogmatiker dürften ihre Erfüllung eher am Gericht finden. Meiner Meinung nach bringt beides für die Prüfungsvorbereitung herzlich wenig. Und da man sowieso an beiden Orten ausgenommen wird ist auch der Lohn kein Kriterium: Pro Arbeitsstunde verdient man am Gericht vermutlich sogar mehr. Unentschlossenen empfehle ich, sich beides anzusehen und dann zu entscheiden. Und genau das habe ich auch vor.

Amjusment

37


N’Jus-Rätselecke 1. Juristendeutsch Schreibe unter jede Frage die passende Antwort. Die rot unterlegten Buchstaben ergeben richtig zusammengesetzt das Lösungswort. Sende dieses mit deinem Namen und Vornamen an: contact@fvjus.ch. Zu gewinnen gibt es einen Schulthess-Gutschein im Wert von 100.- CHF. Viel Glück!

Was ist das, ... eine Geschichte aus dem Konkursverfahren: Adam stand am Anfang etwas verkehrt da und der Schluss ist rückblickend egal? (Art. 242 Abs. 3 SchKG; Art. 198 lit. e Ziff. 5 ZPO)

... wenn sich mehrere Mutwillige als Gruppe zusammentun, um Bungee-Jumpen zu gehen ohne Seil? (Art. 92 Abs. 1 Ziff. 8 SchKG)

... wenn du vor den Prüfungen ständig zum Kühlschrank wandelst, um deinen Magen zu füllen? (Art. 16a Abs. 2 und 3 RPG)

... wenn dich unverheiratete junge Studentinnen auf der Party umschwärmen? (Art. 496 ZGB)

... wenn der Obstdieb an der Arbeit ist? (Art. 103 SchKG)

... wenn bei der Völkerwanderung alles nach Plan läuft? (Art. 9a Abs. 2 EBG)

... die Ostschweizerische lustige Land- und Milchwirtschaftliche Ausstellung, die so wichtig ist, dass sie sogar Eingang ins OR gefunden hat? (vgl. Art. 32 ff. und 458 ff. OR)

... wenn das Kind mit seinem Vornamen nicht einverstanden ist: Mit welchem Rechtsbehelf kriegt es einen neuen Vornamen? (Art. 55 NSG; vgl. Art. 98 Abs. 1 und Art. 366 Abs. 2 OR)

... wenn du alles lösen hast können und du jetzt nudelfertig bist? (vgl. Art. 556 ZGB)

38

Amjusment


Fit für die Prüfung? Fachliteratur*, Prüfungssammlungen, Prüfungsblöcke und KKarten – nur in deinem Studentenladen ! * Bei uns immer mit 10% Rabatt

ZSUZ – Dein Partner fürs Studium Studentenladen | Kiosk | Druck | Kopie | Arbeitsvermittlung

www.zsuz.ch | www.facebook.com/zentralstelle

Impressum N’Jus® Zeitschrift des Fachverein Jus Ausgabe Frühjahrssemester 12

Layout: Ralph Huster Philipp Siegrist

Herausgeber: Fachverein Jus Redaktion N‘Jus® Rämistrasse 74/66 8001 Zürich

Titelbild: Lucia Moretti

www.fvjus.ch njus@fvjus.ch

Lektorat: Silvan Andermatt Yves Buschor Angela Giger Marie-Cristine Kaptan Gabriel Kaspar Judith Köppel Délia Maire Sebastian Ochalek Livius Schill Florence Schmid Dominic Staiger Alexander Stutz Eliane Welte

Gesamtleitung: Simone Ursprung Redaktion: Fabio Andreotti Juan Armas Matteo Delcò Michelle Kalt Gabriel Kaspar Judith Köppel Moritz Schmid Dominic Staiger Désirée Stebler

Lektoratsverantwortliche: Délia Maire

Werbung Fabio Andreotti Silvan Andermatt relations@fvjus.ch Druck und Auflage: new copy store AG 2‘000 Exemplare


Damit am Ende eines Tages nicht nur der Kunde punktet. Meine Leistung schafft Klarheit.

Bei KPMG zu arbeiten verlangt vollen Einsatz. Und wer leistet, verdient sich Freiraum – zum Beispiel für sich und seine Leidenschaft. Denn KPMG zählt heute und in Zukunft auf ausgeglichene Mitarbeitende. www.kpmg.ch/careers

Thema © 2012 KPMG Holding AG/SA, a Swiss corporation, is a subsidiary of KPMG Europe LLP and a member of the KPMG network of independent firms affiliated with KPMG International Cooperative («KPMG International»), a Swiss legal entity. All rights reserved. Printed in Switzerland. The KPMG name, logo and «cutting through complexity» are registered trademarks or trademarks of KPMG International.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.