Fine 1|2012 – Duftstars 2012

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Verleger und Herausgeber Ralf Frenzel ralf.frenzel@fine-magazines.de Chefredakteur Thomas Schröder thomas.schroeder@fine-magazines.de Redaktion: Carola Hauck Art Direction: Guido Bittner Mitarbeiter dieser Ausgabe: Guido Bittner (Fotos), Michael Freitag, Susanne Kaloff, Krisztina Koenen, Uschka Pittroff, Angelika Ricard, Alena Schröder Editorial-Fotos: Johannes Grau und Pekka Nuikki Verlag Tre Torri Verlag GmbH Sonnenberger Straße 43 65191 Wiesbaden www.tretorri.de Geschäftsführer: Ralf Frenzel Anzeigen Ann-Kathrin Grauel Tre Torri Verlag GmbH +49 (o) 611-57 990 info@fine-magazines.de Druck Firmengruppe APPL PRINT.Forum Druck GmbH, Sinsheim Fine – Ein Magazin für Wein und Genuss ist eine Sonder­beilage des Tre Torri Verlags und erscheint im Verbund mit Fine Das Wein­magazin.

endlich Mai! Es weht ein linder Wind; und in der lauen Luft ergeht sich schon, genießerisch den Frühling atmend, der Flaneur auf den eleganten Boulevards unserer Metropolen. Hier nimmt er einen ­Kaffee, dort nippt er an einem Glas Champagner; und wie von ungefähr folgt er dabei dann und wann der Spur eines attraktiven Dufts, der ihn im Vorüber­schlendern unvermittelt anweht, ein untrügliches Signalement, dass ihm gerade eine begehrenswerte Frau begegnet ist – oder auch (nur) deren schöne Illusion. Ja, Jeanne Moreau hat schon recht: Die Nase eines ­Mannes ist leichter zu verführen als sein Auge. Und ein ­exotischer Duft kann die schweifende Phantasie weitaus lyrischer und lustvoller ­beflügeln als ein Blick auf die Realität (wiewohl bei Frauen und M ­ ännern die Wahl eines die Persönlichkeit profilierenden Parfüms auch ins Auge gehen kann). All die poetischen Stellagen auf den Grands Boulevards der Illusionen! Voller träumerischer Situationen und Begegnungen, erfüllt von erotisch-luxuriösen Düften! Die Dame, die sich mit ihrem Parfüm wie in ein Geheimnis kleidet, der Mann, der sich den markanten Touch

ansprayt – sie müssen und sollen über solchen Stoff von nichts a­ nderem als der Suggestion ihrer Wirkung wissen, allenfalls, dass sich große Künstler, so coole wie passionierte Magier in der Welt der Odeurs, ihrer angenommen und ihnen einen Duft kreiert haben, der sie einzigartig erscheinen lassen soll. Aber es ist dann doch eine veritable, umsatzstarke Industrie, die uns allen das Leben so verschönt. Exklusive Düfte begleiten jeden von uns durch den Alltag, schenken festlichen Ereignissen ihre Aura, lassen intime Nähe begehrenswert und gesellschaftliche Auftritte form­vollendet erscheinen. Die Düfte kostbarer Parfüms sind als privater Ausdruck eines Stilwillens längst Teil unserer Kultur geworden. Mit Stolz und Überschwang darf sich die Branche also feiern, einmal im Jahr, wenn in Berlin die »Parfüm-Oscars«, die Kristall-Trophäen der ­Duftstars, ver­ geben werden. Die glamouröse Gala wird von der Fragrance ­Foundation ausgerichtet, der es so gelingt, dem leichten Hauch Beständigkeit zu geben, dem Flüchtigen Denkmäler zu setzen: ein bedenkenswertes, anrührendes Paradoxon.

Ralf Frenzel Herausgeber

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Verehrte Leserin, lieber Leser,

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Schneller, weiter – und immer bereit zum Risiko Bernd Beetz

Aus Liebe zum schönen Geschlecht Elie Saab

Was kostet die Welt? Über Luxus

Von Duftstars und Stardüften Über Parfümwerbung

Immer der Nase nach! Andere Länder, andere Düfte

Duft und Design – die sinnlichste Symbiose Die Parfüms der Modemacher

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Thomas Schröder Chefredakteur Fine

Vom Seifensieder zum Lifestyle-Konzern Douglas-Parfümerien

Kunsthandwerk für Fortgeschrittene Bottega Veneta

Magische Momente Benjamin Millepied

Pourquoi pas? Jean Paul Gaultier will einfach nur spielen

Duftstars 2012 Die Gewinner

Die Gala der Fragrance Foundation

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Schneller, weiter – und im Bernd Beetz hat Coty zum größten Parfümhersteller der Welt gemacht. Von ihm wird noch einiges zu erwarten sein. Text: KRISZTINA KOENEN Fotos: GUIDO BITTNER

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s kommt nicht häufig vor, dass Peter Harf jemandem auf der Straße auflauert. Genau genommen ist es bisher auch nur einmal passiert, im Frühjahr 2001 in Paris. Seit Wochen schon hatte er am ­Telefon versucht, Bernd Beetz davon zu überzeugen, die ­Führung des angeschlagenen Parfüm- und Kosmetik­herstellers Coty zu übernehmen. Doch der wollte nicht. Also brachte sich Harf vor dem Haus in Paris in Stellung, in dem sich das Apparte­ment von Beetz befand. Dass er mit ihm auf den richtigen Mann gesetzt hatte, sollte sich bald erweisen.


mmer bereit zum Risiko Die Denkwürdigkeit des einmaligen Vorfalls verlangt nach e ­ inigen Erklärungen: Peter Harf war zu der Zeit der mächtige Chef der Benckiser-Gruppe und der Reimann Holding, zu der auch die Firma Coty gehört, Bernd Beetz wiederum Präsident und CEO von Dior. Den Namen Coty kennen die wenigsten. Umso mehr die Parfüm- und Kosmetikmarken, die dem Unternehmen gehören: Lancaster, Astor, Rimmel, Jennifer Lopez, Beyoncé Knowles, Marc Jacobs, Bottega Veneta, Davidoff und Playboy, um nur einige zu nennen. Bernd Beetz aber wollte aus Paris nicht weg, nicht nur, weil er das Leben in der europäischen Hauptstadt des Luxus und der Moden sehr genoss, sondern auch, weil man ihn bei Dior und der Konzern­mutter LVMH sehr schätzte. Hatte er doch mit dem neuen Duft J’adore einen durchschlagenden Erfolg gehabt und damit in kürzester Zeit Diors zwischenzeitlich etwas verblichenen Glanz wieder aufpoliert.

an im Kopf gehabt. Eine Unternehmensberatung brauchte er nicht. Schließlich war er auf dem Markt der Konsumgüter schon früh zu Hause und für Kosmetik hatte er nicht nur ein Gespür, sondern auch die nötige Leidenschaft. Für diesen Markt muss man wohl tatsächlich geboren sein und nicht nur ein fähiger Manager. Es werden so luftige Begabungen wie ­Intuition, Gespür und Phantasie verlangt – doch abzuheben ist unter Strafe des Niedergangs verboten. Man muss schnelle, ein­ deutige Entscheidungen treffen; ebenso unerlässlich ist es aber auch, ­Perfektionist zu sein. Düfte und Kosmetika sind komplexe, emotional aufgeladene Produkte (»Träume in einer Flasche«), und will man Erfolg haben, muss alles daran stimmen: das Produkt, die Verpackung, das Image, die Werbung. Wenn auch nur eine dieser Komponenten nicht passt und vom Markt abgelehnt wird, scheitert das ganze Projekt. Hier kommt das Risiko ins Spiel. Denn der Intuition zu folgen, bedeutet immer auch, etwas zu wagen.

Dass Beetz am Ende doch noch Ja zu Coty sagte, lag vermutlich weniger an der Hartnäckigkeit des Holdingchefs als an dem unwider­ stehlichen Angebot, das der ihm zu machen hatte. Und vor allem ­daran, dass die Herausforderung so sehr dessen Charakter entsprach: »Wir haben hier ein Unternehmen, das nicht funktioniert«, gab Beetz Jahre später die Worte Harfs wieder. »Wir übergeben Ihnen die Schlüssel. Sehen Sie zu, ob sie es auf Vordermann bringen können. Wenn Sie es in zwei Jahren nicht schaffen, k ­ önnen Sie mit einem schönen Bonus gehen. Aber wenn Sie es s­ chaffen, gehört das Unternehmen Ihnen: Führen Sie es, wie Sie wollen.«

Das ist die Welt des Bernd Beetz, da ist er in seinem Element. Er ist ein Mensch, der große Aufgaben braucht. Aufgaben, die ihn herausfordern, an denen er wachsen kann. Als seine wichtigste Eigenschaft bezeichnet er den »unstillbaren Durst nach Wissen«. Noch spannender wird es, wenn man ihn danach fragt, ob er je etwas bereut hat. »Durchaus: dass ich je etwas bereut habe«, heißt die Antwort. Nun ja, was die Übernahme der Verantwortung bei Coty betrifft, so hat er es sicherlich keine Sekunde lang getan.

Coty sei 2001 ein verstaubtes altes Unternehmen gewesen, mit ­vielen erschöpften Marken, so beschreibt einer der heutigen Führungs­ kräfte die damalige Lage. Man verdiente kaum Geld, die vielen zusammengekauften Labels waren unattraktiv geworden und führten ein kaum kontrolliertes, aber umso kostspieligeres Eigenleben. Das Konzept der Wende – erzählt Beetz heute – habe er von Anfang

Es war in allererster Linie die Möglichkeit, ein Unternehmen nach ­seinem inneren Bild, nach seinen Werten zu formen, was ihn schließlich bewog, die Führung von Coty zu übernehmen. Am schönsten sei für ihn gewesen, eine eigene, neue Kultur zu schaffen. »Das hatte mich in meiner ganzen Karriere am meisten befriedigt«, sagt er rückblickend. Die Essenz der neuen Kultur fasst das Unternehmen heute

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Bernd Beetz: »Mit J.Lo haben wir alles auf eine Karte gesetzt, aber das ist nichts Ungewöhnliches – Personen und Organisationen bauen sich an Erfolgen auf.«

in drei Worten zusammen: Faster. Further. Freer. – schneller, weiter, freier. Was das bedeutet? Zum Beispiel Wege zu gehen, die bis dahin noch nicht gegangen wurden. Eine große Bereitschaft, Risiken einzugehen, aber dafür auch die Verantwortung zu übernehmen, ohne Wenn und Aber dafür geradezustehen. Mitarbeiter hätten große Freiheiten, aber die Bedingung dafür sei ein hohes Maß an Verantwortlichkeit. Das nennt Beetz »eine starke unternehmerische Einstellung«. Seine Karriere kann geradezu als Dokumentation dieser Ein­stellung gelesen werden – auch wenn er heute sagt, am liebsten wäre er ­Professor für Geschichte geworden. Frisch von der Universität ­Mannheim nach dem ­Studium der Betriebswirtschaft geht er zum amerikanischen Konsum­güter-Riesen Procter & Gamble, wo er über zwanzig ­Jahre etliche Bereiche durchläuft und mehrere Sprachen lernt, ­darunter Italienisch und Französisch, beide fast auf Mutter­ sprachen­niveau. Er wird immer wieder dorthin geschickt, wo es brennt, er erarbeitet sich den Ruf, ein begabter Troubleshooter zu sein. Er lernt alles über Papier und zu guter Letzt, als Präsident der europäischen Gesundheits- und Beautysparte, alles über Düfte, Schönheit und ­Pflege. Von hier führt 1998 sein Weg zur Luxusmarke Dior, einem Unternehmen der LVMH-Gruppe. Da zeigt sich seine Handschrift zum ersten Mal in einem spektakulären Turnaround: Mit dem Duft J’adore wagt er es, sehr viel auf eine Karte zu setzen. Das ist es, was er als kalkuliertes Risiko bezeichnet. Das Ergebnis ist ein großer Erfolg, der dann das ganze Unternehmen mit sich nach oben reißt. Es gelingt ihm, den Gewinn des Hauses zu verdoppeln und ein Wachstum in Diors Duftsparte von sagenhaften vierzig Prozent zu generieren. Coty freilich war ein härterer, größerer Brocken. Zwar hatte vor mehr als hundert Jahren François Coty die internationale moderne Parfüm­ industrie begründet, doch war 2001 von diesem innovativen Geist nur noch wenig übrig geblieben. Die neue Unternehmenskultur war das eine. Mit ihr war der Boden dafür bereitet, Neues zu wagen. Jetzt aber musste die zündende Idee her – und die fand Beetz bei den Celebrity-Parfüms. Düfte unter den Namen von Berühmtheiten zu verkaufen war nicht ganz neu. Schon 1934 wurde eine Parfüm­ flasche nach der Figur der Filmdiva Mae West geformt, in den Fünfzigern und Sechzigern gab es Parfüms von Audrey Hepburn oder Joan ­Collins. Auch Modedesigner wie Calvin Klein oder Armani h ­ atten ihre eigenen Düfte. Mit Jennifer Lopez beschritt Coty dennoch einen neuen Weg, einen, den nur unverbesserliche Optimisten wie Beetz gehen konnten. Es war eine Art konzertierter Aktion, die die Einführung des n ­ euen Duftes eng mit der Sängerin und Schauspielerin verband, die ihre Besonderheiten, ihr Auftreten und ihre Popularität direkt für die zu schaffende Marke nutzte. Man arbeitete intensiv mit Lopez zusammen. Sie äußerte Wünsche und Vorstellungen, wollte einen »­frischen, seifig-sauberen Duft, wie den, der übrig bleibt, wenn man aus dem Bad kommt«. Das Fotoshooting, die Marketing-Kampagne, alles war sorgfältig geplant. Im September 2002, genau nach Plan, s­ tartete

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eine Dreißig-Millionen-Werbekampagne für das neue Parfüm in den Ver­einigten Staaten und fünfzehn anderen Ländern. Glow by J. Lo, so hieß der neue Duft, wurde auf Anhieb zum Bestseller. Doch damit schuf Coty nicht nur eine neue Marke, sondern eine ganz neue ­Gattung, einen Markt, den es vorher so nicht gegeben hat. Einen ­größeren Erfolg kann ein Unternehmen kaum haben. Ob Bernd Beetz sich sicher war, dass Glow by J. Lo ein Erfolg w ­ erden würde? Oder war es pures Glück, zur rechten Zeit mit dem richtigen Produkt auf dem Markt zu sein? »Wenn J. Lo schief gegangen wäre, würden wir zwei heute hier nicht sitzen«, sagt er lachend zur Inter­ viewerin. »Ja, wir haben alles auf eine Karte gesetzt. Aber das ist nichts Ungewöhnliches. Ich glaube daran, dass sich Personen und Organisationen an Erfolgen aufbauen. Ich hatte damals Dior mit J’adore aufrichten gekonnt. Und genau diesen Effekt wollte ich bei Coty haben.« Heute ist Coty der größte Parfümkonzern der Welt, mit einem jährlichen Wachstum von sechs Prozent, während der Markt insgesamt mit vier Prozent wächst. Die Celebrity-Sparte hat Beetz inzwischen weiter ausgebaut. Dazu gehören Namen wie Beyoncé, Céline Dion, David und Victoria Beckham, Halle Berry und viele andere. Coty Prestige versammelt die Luxusmarken des Unternehmens, darunter ­Balenciaga, Calvin Klein, Cerruti, Chloé, Jennifer Lopez oder auch Wolfgang Joop und Karl Lagerfeld – mit einem Umsatz von zur Zeit 4,5 Milliarden Dollar, mehr als das Dreifache des Jahres 2001. Die ­Pläne für die Zukunft sind klar umrissen: den Anteil der Kosmetikund Pflegesparte zu erhöhen und weiter zu wachsen – sowohl durch Übernahmen (dazu gehört zuletzt das Angebot für den angeschlagenen Kosmetik-­Konzern Avon) als auch die Stärkung der P ­ ositionen in den aufstrebenden Ländern. Auch nach bald zwölf Jahren an der Spitze des Konzerns genießt Bernd Beetz sichtbar seinen Job – nicht nur die unternehmerischen Freiheiten, die er ihm bietet, sondern auch die Lebensweise, die damit verbunden ist; nicht unbedingt den Aspekt, sich in der Nähe der Schönen, Reichen und Berühmten zeigen zu können. N ­ atürlich ist es schön, Jennifer Lopez mit Küsschen zu begrüßen. Aber w ­ ichtiger ist ihm, dass er, wie er sagt, gern »ein Vagabund« ist. Er mag die Gegensätze, die vertraute Distanz des Nicht-Dazugehörenden. Als Europäer in New York fühlt er sich so wohl wie als Amerikaner in Paris. In Amerika vertritt er stärker die europäischen Positionen, in Europa eher die amerikanischen. Er liebt es, sich in fremde ­Kulturen einzuleben, auch durch die Sprache. Dass er französische und italienische Literatur im Original lesen kann, eröffnet ihm F ­ enster zu ganz neuen Welten. Er könne sich das Leben irgendwo »festgezurrt« nicht vorstellen. Was ihn freilich nicht daran hindert, am Ende doch noch Heimatgefühle zu entwickeln. Sein Herz gehöre nach Deutschland, sagt er, ein Anhänger der Fußballmannschaft von TSG Hoffenheim. Für das ­Stadion hat der ­gebürtige Heidel­berger – Vagabund hin oder her – eine Jahreskarte. >


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Aus Liebe zum sch

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Elie Saab, der Mode-Mogul aus dem Morgenland, schenkt den Frauen die Aura für den grossen Auftritt

önen Geschlecht Text: Michael Freitag

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as Schneiderhandwerk hat Elie Saab nie erlernt, aber seit s­ einem achten Lebensjahr schneidert er, instinktgetrieben. Und das, obwohl der gebürtige Libanese aus einem Kulturkreis stammt, in dem Jungen so etwas nicht tun. Er tat es trotzdem, und der unwahrscheinlichste aller Fälle trat ein: Alle waren begeistert. Das war der Anfang einer, hier passt kein anderes Wort, märchenhaften Karriere – wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht.

Elie Saab ist heute einer der gefragtesten Couturiers der Welt. Seine Kundinnen sind höchst anspruchsvoll, nicht selten berühmt – und immer aufregend schön. Jedenfalls in den Augen des Meisters. Weil er ihnen dieses Gefühl gibt, liegen die Frauen ihm zu Füßen. Wie es sich für einen großen Couturier schickt, schenkt er ihnen, um das Maß ihrer Schönheit voll zu machen, jetzt auch einen aufregenden Duft, der ­seinem Namen Ehre macht. Er hat ihn nicht selbst komponiert, das ist nicht sein Metier. So etwas kann nur eine »Nase«, ein Virtuose der ­Aromen, der mit Molekülen jongliert, um genau die Empfindung hervorzurufen, die der Créateur imaginiert. Doch zurück zu den Anfängen: 1964 wurde Elie Saab geboren. Die ­ amilie lebte im stark französisch geprägten Beirut, doch hatten seine F Eltern in den unruhigen Zeiten der Nahost-Kriege andere Sorgen als Savoir Vivre und Haute Couture: Die Kinder wollten großgezogen, die Familie zusammengehalten werden. Im fernen Europa mag man es für unvorstellbar halten, dass das bürgerliche Leben in Beirut trotz des Granaten­hagels und der Raketeneinschläge irgendwie weiterging. Kaum zu glauben, aber wahr: 1973, im Jahr des Jom-Kippur-Krieges, an dem auch der Libanon beteiligt war, schneiderte der knapp neunjährige Elie sein erstes Kleid, es war für seine Schwester bestimmt. Sie sollte ihren

großen Auftritt als Debütantin haben – allen Kriegswirren zum Trotz. Dieses Kleid machte den kleinen Elie mit einem Schlag bekannt. Zuerst waren es nur die Frauen der Nachbarschaft, die etwas ähnlich Schönes, Großes, Prächtiges für ihre Familienfeiern haben wollten. Dann verbreitete sich der Ruf dieses offensichtlichen Wunderkindes in Windeseile über die Grenzen des eigenen Quartiers hinaus. Die Schule kam ein wenig zu kurz, aber: er hatte zu tun. Elie Saab wurde die Sensation der modebewussten Society in Beirut. Die Damen der begüterten Familien, und davon gab es in Beirut nach wie vor nicht wenige, hatten die Wahl: Sie konnten nach Paris oder Mailand fliegen und sich in den Haute-Couture-Salons von Dior, Chanel, Saint Laurent oder Versace bedienen lassen – oder nicht fliegen und zu Elie Saab gehen. Er machte Haute Couture mit einem neuen, schwelgerischen I­ mpetus. Jeder sollte sehen, wie schön seine Kundinnen waren. Was sollte da Zurückhaltung oder Minimalismus? Die große Geste, die große Schleppe, der große Ausschnitt, der große Pomp, die hemmungs­losen Verzierungen, Perlen, Strass, Pailletten, die sinnliche Schulter­linie – damit arbeitete er. Die Damen von Beirut spürten sofort, dass hier einer mit ­großem Feuer am Werk war, der sie nur noch schöner machen wollte, als sie ohnehin schon waren. Der junge Elie liebte die Frauen, und das spürten sie. Die Folge: Sehr bald konnte er die Arbeit nicht mehr allein schultern. An seinem achtzehnten Geburstag beschäftigte er schon mehr als ein ­Dutzend Näherinnen. Es war nicht ungewöhnlich, dass er für eine ­größere Feier zwanzig, dreißig oder auch sechzig individuelle F I N E   |   D UFTSTAR S 2012

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Elie Saab ist ein Liebling der Stars: Glamourös zeigen sich in seinen Roben Angelina Jolie, Kate Winslet, Keira Knightley und Milla Jovovic.

Elie Saabs Ruf verbreitete sich zuerst im Nahen Osten, doch von Kuwait, Dubai, Kairo und Abu Dhabi aus sind Hollywood und Bollywood gewisser­maßen nur einen Diamantwurf weit entfernt. Stars wie

Im Jahr 2000 präsentierte er seine erste HauteCouture-Kollektion in Paris, und von dort ist er seitdem nicht mehr wegzudenken. Halle Berry (Monster’s Ball), Annette Bening (Hallo, Mr. President), Freida Pinto (Slumdog Millionaire) und Archana Panjabi (Bend it like Beckham), immer auf der Suche nach sensationellen neuen Roben, die noch niemand kennt, betraten in Elie-Saab-Kleidern die roten Teppiche. So konnte es nicht ausbleiben, dass Paris, die Welthauptstadt des Geschmacks und der Mode, auf ihn aufmerksam wurde und ihn einlud. Im Jahr 2000 präsentierte er seine erste Haute-Couture-Kollektion an der Seine, und dort ist er seitdem nicht mehr wegzudenken. 2006 machte ihn die Chambre Syndicale de la Haute Couture, nächst dem britischen Oberhaus der exklusivste Club der Welt, zum Ehrenmitglied, im Jahr darauf eröffnete Elie Saab eine Boutique in der ­Avenue Franklin D. Roosevelt, der feinsten Querstraße der Champs-Elysées. Für alle Frauen, die etwas weniger Wert auf Exklusivität legen, macht er auch Prêt-à-Porter.

Parfüm war der nächste logische Schritt. Von Anfang an war seine Bedingung, dass alles stimmen und außergewöhnlich sein muss: der Duft, der Flacon, die Anmutung. Es half, dass der Parfümeur Francis Kurkdjian derselben Generation angehört wie Elie Saab, sodass beide einen instinktiven Rapport hatten – und dass die Flacon-­Designerin Sylvie de France sofort spürte, dass das Thema dieses Dufts nur l­ auten konnte: Wie können wir Femininität im hellsten Licht erstrahlen lassen? Die Antwort: So schlicht, also so luxuriös wie möglich. Sie zeichnete einen kubischen Flacon aus hellstem Kristallglas, gebrochen, viel­fältig gefast wie ein Prisma und deshalb jeder Frauenhand schmeichelnd, direkt in der Formensprache und dabei sinnlich – ein Meisterwerk des Designs. Dabei erwies sich die Umsetzung in die industrielle Ferti­ gung als schwierig: Die Reinheit dieser Form bewahren – das können nur wenige Glashütten. Und das alles »nur« für die Verpackung eines Duftes, der Femininität auf eine mutige Weise neu interpretiert, passend zum Typus selbstbewusster, ihrer weiblichen Attraktivität sicherer Frauen. Zu ihnen ­passen florale Noten und sanfte, fordernde Aromen von Zeder und Sandel­ holz. Elie Saab bezeichnet die Spannung zwischen »Blumigkeit und Holz­tönen« als Kern seines Konzepts von Parfüm. Was daraus entstand, ist das Geheimnis von Francis Kurkdjian. Seine Komposition lädt ein zu einer Entdeckungsreise durch die Länder des Mittelmeers mit ihrem Licht und ihren Düften. Orangenblüten nehmen wir wahr. Jasmin – ein Ölbaum und ursprünglich die arabische Bezeichnung für »wohlriechendes Öl« – taucht in den Varianten »officinale«, »grandiflorum« und »sambac« auf. Wir meinen auch einen winzigen Anflug von Patchouli zu inhalieren, und Kurkdjian nickt, freudig zustimmend. Und dann die Zedernnote – abgemildert oder eigens betont? – durch Rosenhonig, eine besonders wertvolle Zutat, die bisher noch nicht synthetisiert worden ist. Das Geheimnis eines Parfüms ist, dass es eben nicht nur aus der Summe seiner Moleküle besteht. Elie Saab Parfum verkörpert genau jene moderne Weiblichkeit, von der viele Frauen träumen.  >

Elie Saab bezaubert auch mit Prêt-à-Porter: Models wecken mit der Sommer-Kollektion 2012 die Begehrlichkeit des Publikums nach den femininen Kreationen.

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Fotos: Elie Saab

Kreationen anfertigen musste. Keine Kleinigkeit: Die Damen kannten einander gut, und wenn ein Kleid nur entfernt einem anderen ge­glichen hätte, wären die Trägerinnen vor Scham – nein, nicht im Boden versunken, sondern so wütend geworden, dass die K ­ arriere des ­jungen Schneiders von B ­ eirut abrupt beendet g­ ewesen wäre. Das spürte er, und es passierte nicht. Stattdessen zeichnete, nähte und drapierte er so schnell er konnte für eine Gesellschaft, die trotzig auf Schönheit beharrte, ungeachtet der politischen Instabilität der Zeit, als Gegenentwurf zur abscheulichen Realität gewissermaßen.



Was kostet die Welt? Text: Susanne Kaloff Foto: Guido Bittner

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s gibt Worte, die gefährlicher sind als andere. Wer sich ihnen nähert, muss aufpassen, dass er nicht darüber stolpert. Oder sich an ihnen verschluckt. Luxus ist so ein Wort. Einfach auszusprechen, aber die Fallhöhe: unberechenbar. Die Menschen mögen es nicht, es ist, als hafte ihm etwas Ordinäres an, wie zu pralle Brüste in einem zu engen Kleid oder ein zu schweres süßliches Parfüm. Es ist zu viel, viel zu viel, um entspannt damit umzu­ gehen. Man schämt sich ein wenig, wenn man ihn hat, den Luxus, und wenn man ihn nicht hat, auch. Mit seiner Anwesenheit wie auch mit seiner völligen Abwesenheit lässt sich gleicher­maßen kokettieren. Ein extravagantes Phänomen.

Das Wort, mit dem ich groß wurde, war nicht Luxus, sondern Vergeudung. Meine ­Mutter sagte häufig: »Das ist Vergeudung, wenn ihr den Rand vom Käse so dick abschneidet.« Oder »Was für eine Vergeudung!«, wenn meine Schwester und ich unser Jäger­schnitzel im Ausflugslokal nicht aufaßen. Andererseits hatte ich nie das Gefühl, dass es uns an ­Schönem mangelte. Sicher, wir fuhren in den Sommerferien nicht nach Forte dei Marmi, sondern nach Weimar, weil wir da irgendwelche Cousins dritten Grades besuchten, aber wir ­trugen immer entzückende Kleider, die meine Mutter für uns nähte. Es gibt Fotos aus dieser Zeit, wir Kinder in grauen Röckchen vor dem Goethehaus, meine Mutter in einem selbstgenähten Hosenrock aus Jeans. Was man auf diesen Aufnahmen nicht sieht, ist der Duft, der uns umgab, an den ich mich so gut erinnere. Leicht pudrig, eine Spur keck, rosig, frisch und weich. Anfangs Halston, später Chloé, irgendwann war es Coco. Vielleicht malt die Erinnerung auch wieder mal nur mit dem goldenen Pinsel. Oder gar mit der Puderquaste. Eins erinnere ich aber sicher: Wenn meine Mama aus unserem kleinen Bad ohne Tageslicht kam, meist splitternackt (bitte, es waren die Siebziger!), bis zum Hals umhüllt von dieser roséfarbenen Körpercreme von Revlon, war ich glücklich. Damals war diese Creme sehr erlesen, meine Tante aus Texas brachte sie von Zeit zu Zeit mit. Später, als ich langsam groß wurde und mich mit Anaïs Anaïs einparfümierte, roch ich an dem Topf und dachte an den Satz, dass Kindheit immer zu kurz ist. Dann war es auch fast egal, ob ich mir mit meiner Schwester ein Zimmer teilen musste oder nicht. Schon früh hatte ich ein Gespür für die schönen Dinge des Lebens: Parfüm gehörte zwingend dazu. Das Wort Luxus fiel in unserer Familie eher selten, und wenn, dann in einem ironischen Kontext. Dann benutzen wir es als Adjektiv, und sagten: »Oh, wie luxus!«, mit so einer gespielten Feine-Leute-Stimme, und legten uns Gurkenscheiben aufs Gesicht. Und die Erwachsenen scherzten: »Pfff, was lacostet die Welt, Geld spielt keine Rolex«, 14

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hahaha, und ich verstand nur Bahnhof. Was ich damit sagen will, ist nicht, dass ich unter ärmlichen Verhältnissen mit einem Blechlöffel im Mund zur Welt kam. Aber eben auch, dass wir am Samstag das Badewasser zweimal benutzten (wobei ich immer versuchte, vor meiner größeren Schwester reinzuspringen). Und, dass dieser Umstand, dieser Mangel an fettem Luxus, dazu geführt hat, dass ich empfindlich auf Fülle reagiere.

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ffenbar bin ich nicht die Einzige, die ein etwas verklemmtes Verhältnis zur Üppigkeit hat. Diese Verspannung scheint – Achtung, jetzt kommt ein Klischee – etwas Deutsches zu sein. Als müssten wir alle leiden, etwas opfern, ein bisschen darben. Ackern, schuften, entbehren, alles, aber es uns bitte nicht einfach so gut gehen lassen. Glaubenssätze können einem das Genick brechen, weil sie sich über Jahre, Jahrzehnte und Generationen hinweg ins Hirn fressen. Es steht uns nicht zu, schwelgerisch zu leben. Noch heute kaufe ich mein Parfüm immer in der Dreißig-Milliliter-Flasche, und jedes Mal sagt die Verkäuferin: »Sie wissen aber schon, dass es viiiiel günstiger ist, wenn Sie den großen F ­ lakon mit hundert Milliliter nehmen?!« Ich will ihr dann nie den Spaß verderben und täusche Inter­ esse vor, wenn sie anfängt mit ihrem Dreisatz, und am Ende sage ich dann doch immer: »Sie haben völlig Recht, aber beim nächsten Mal dann vielleicht.« Ist ja auch viel praktischer für die Handtasche, so ein kleines Fläschchen. Was eigentlich dahinter steckt, ist mein gespaltenes Verhältnis zu Luxus. Er muss stets limitiert sein. Man kann sich doch kein hochpreisiges Eau de Toilette auf Vorrat kaufen, als seien es drei Stück Kernseife. Genauso geht es mir bei dekorativer Kosmetik, wie man Schminke in Fachkreisen nennt. In dem Begriff steckt doch schon alles drin: Man dekoriert sich. Nein, das ist kein Muss, sondern ein Genuss. Wem das schnuppe ist, der kann sich ja Vaseline auf die Lippen schmieren, ich bevorzuge den Midnight Lip Shimmer von Giorgio Armani für fast 30 Euro, na und? Lieber ernähre ich mich eine Woche lang von Reis, als dass ich darauf verzichten würde. Interessanterweise gilt im Wirtschaftswunder-Deutschland nicht das Prassen als Luxus, sondern der blanke Besitz. Einer der Glaubenssätze heißt zum Beispiel: Das Geld nicht zum Fenster hinauswerfen. Todsünde sozusagen. Auf der anderen Seite die gänzlich ungeile Sünde: Geiz. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns, zwischen Verschwendungssucht, dem Rausschleudern von vorhandenem oder geliehenem Geld, und einer etwas rauen, schmallippigen Bescheidenheit. Bescheiden zu sein ist so etwas wie ein Kulturgut, also e­ hrbar, zu zeigen, was man hat hingegen, ist billig. Lieber graue Maus sein als – um ­Himmels Willen! – zu dick auftragen.


Ein schlechtes Gewissen beim Genuss ist wie ein Haar im Mund: Über Luxus Was also tun, um das Wahre, Schönes, Gute im Leben zu genießen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben? Ein schlechtes Gewissen beim Genuss ist wie ein Haar im Mund: kann einem den besten Champagner versauen. Und das schönste Kleid. Sicher ist v­ ieles davon anerzogen, je nachdem, wie wir sozialisiert sind, was uns geprägt und, ja, auch was uns genährt hat. Um das Gute vom Schlechten zu unterscheiden, oder eher das Gute vom weniger Guten, braucht man das Empfinden, was Qualität ist. Eine Synapsen-­Schulung, die überhaupt erst ermöglicht, das Feine vom Groben zu trennen. Dass Quantität Q ­ ualität meist ausschließt, hat sich ja bereits herumgesprochen, dennoch kauft ein Großteil der Menschen in Discountmärkten ein, und nicht nur, weil sie sich anderes nicht leisten ­könnten, sondern weil es immer auch um diese Ich-bin-doch-nicht-blöd-Mentalität geht, diese Angst, über den Tisch gezogen zu werden. Als sei man ein ganz schlauer Fuchs, wenn man an jeder Ecke spart. Eine höhere Summe für etwas Hochwertiges hinzublättern, wird nicht etwa als Win-Win-Situation empfunden, sondern als ganz schlechtes Geschäft. Luxus verspricht etwas, und wenn wir dafür schon mehr bezahlen, möchten wir wenigstens, dass sich dieses Versprechen auch einlöst.

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as es also braucht, um Luxus wertzuschätzen, ist zunächst die Fähigkeit zu diffe­ renzieren. Was macht den Unterschied, was bekomme ich hier, was ich dort nicht kriege? Was ist mein Gewinn, wenn ich dafür mehr bezahle? Was ist an dem Eau de ­Parfum vom Discounter für Zwölffuffzig, das vielleicht einen großspurigen Namen, aber ­leider keine großartigen Ingredienzien hat, schlechter als an einem Duft, bei dem interna­ tionale Parfümeure monatelang, manchmal jahrelang, ihre Köpfe haben qualmen l­assen? Das liegt auf der Hand – oder eher in der Nase. Sobald Genussmittel oder gar Luxus­ güter wie K ­ osmetik ins Spiel kommen, wird die Nase gerümpft: »Naja, also wir sind nicht so die Champagnertrinker!« Oder: »An meine Haut lass ich nur Wasser und Seife, das reicht!« Und dazu moralinsaure Gesichter und die Behauptung, man habe das nicht nötig. Als würde Genügsamkeit per se zum besseren Menschen machen. Macht es nicht, höchstens zu einem Menschen, der nach – Pardon – Mottenkugeln riecht. »Ich kann mir das nicht leisten« ist in diesem Kontext eine bemerkenswerte Formulierung. Bei manchen trifft sie zu, bei einigen bedeutet sie aber in Wahrheit etwas komplett anderes: Ich lege keinen Wert auf mein Äußeres.

Luxus ist nicht das, was zum Leben nötig ist, das wissen wir alle, das wusste schon Oscar Wilde. Von ihm stammt der provozierend kluge Satz »Man versehe mich mit Luxus. Auf

alles Notwendige kann ich verzichten.« Was für ein Snob – fantastisch! Es geht im Leben nun mal glücklicherweise nicht nur um das Stillen der Grundbedürfnisse, sondern auch um eine emotionale Sättigung. Was man bekommt, wenn man sich etwas gönnt, ist ja nicht nur die Ware, sondern vor allem ein Gefühl von Wertigkeit, manchmal von Rausch, von Lebendigkeit, von etwas Donnerndem. Und manchmal kriegt man ein ganz neues Lebensgefühl für seine Piepen. Verpackungen spielen eine große Rolle, es geht nicht nur um das, was drin ist, sondern auch um das ganze wunderbare Gewese drum herum. Wenn eine Frau das türkisfarbene Tütchen sieht, die zehn Schleifen aufgedröselt und die Schächtelchen ausgepackt hat, und dann ist da nur ein mickriger Schlüsselanhänger drin, ist das fast egal, weil sie für einen Moment zum Frühstück bei Tiffany’s war. Oder eine Lippenstifthülle, die beim Zuschrauben ein sattes Klick macht, fulminant und schwer, das vermittelt Kostbarkeit. Ich weiß nicht, was »Micro-fil«-Perlen sind, aber ich weiß, dass sie die ­Lippen leuchten lassen, und dass mich diese sechs Milliliter Armani glücklicher machen als fünf Lipgloss aus Rudis Resterampe. Ja, das kann man Naivität nennen. Oder Unvernunft. Allerdings kann es sehr vernünftig sein, etwas zu erwerben, an dem man Freude hat. Vielleicht nicht sein Leben lang, aber für einen Moment. Es geht darum, die Augenblicke zu veredeln, die Tage, die Nächte, das was bleibt.

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uxus ist nie laut. Wer mit Champagner rumspritzt, lebt nicht im Luxus, sondern ist ein neureicher Armleuchter. Luxus ist exquisit, es gibt ihn nicht vom Fließband, das Exklusive schließt immer auch etwas aus. Es geht um Zugehörigkeit und um Abgrenzung zugleich. Bestes Beispiel: die Warteliste. Auf der steht man nicht nur für eine It-Bag unter Umständen ein dreiviertel Jahr, sondern auch für einen Flakon Parfüm (beispielsweise B ­ oadicea The Victorious des Hair-Stylisten Michael Boadi), wenn es nicht ohnehin schon ver­griffen ist. Limitierung schürt immer die Begehrlichkeit. Das Prinzip des Sich-rar-Machens funktioniert nicht nur in der Liebe. Die Kehrseite der Medaille ist die ­Bestürzung darüber, dass man das, was man so sehr begehrte, nun tatsächlich hat, es nicht mehr begehren zu k­ önnen. Das sind nun wirklich Luxussorgen. Das bewusste Nichterreichen eines Ziels, das ­Träumen, das Anstreben ist manchmal entzückender als der plumpe Besitz. Sicher sind Zeit, Gesundheit und das Gefühl des Geliebtwerdens auch Luxus. Auf diesen Gebieten kann es ja nie füllig genug sein. Was man für all das braucht, um es wirklich zu genießen, ist Wertschätzung. Für das, was man hat. Und wovor man sich dringend hüten sollte, ist die Saturiertheit. Übersättigung ist in etwa das Gegenteil von Luxus.  > F I N E   |   D UFTSTAR S 2012

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D u f t s ta r s & Sta r d ü f t e n Vo n

Text: Alena Schröder

Der Kinofilm »Das Parfum« machte Karoline Herfurth zum Star, heute wirbt sie für den neuen Jil-Sander-Duft Eve. Wie wichtig sind prominente Gesichter eigentlich für die Parfümwerbung?

Mit Burberry Body identifiziert sich Rosie Huntington-Whiteley, die britische Schauspielerin, die schon als Top-Model zu Starruhm gekommen ist.

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eine Frage: Karoline Herfurth ist eine wunderschöne Frau. Doch das eindrücklichste, was das internationale Kino­ publikum zunächst von ihr wahrzunehmen schien, war ausgerechnet: ihr Geruch. In der Verfilmung von Patrick Süßkinds Erzählung »Das Parfum« spielt sie das Mirabellenmädchen – eine kleine Rolle, und dennoch eine der wichtigsten, denn sie ist Mittelpunkt einer Schlüsselszene: Karoline Herfurth sitzt in einem dunklen Hinterhof, die Kamera nähert sich ihr von hinten. Die roten Haare fallen ihr in sanften Locken auf die Schulter. Es ist eine schwüle Nacht, sie schwitzt leicht, irgendwo ­plätschert ein B ­ runnen. Vor sich auf den Knien hat die junge Frau einen Korb mit Mirabellen, die sie mit einem Messer entkernt. Die Kamera streicht über ihre pfirsich­haften Wangen und ihr Dekolleté mit den Sommersprossen, wir sehen, wie das Messer in das saftige Fleisch der Mirabellen fährt. Im Kino­sessel vermeint man, den Geruch dieser Szene wahrzunehmen: den Duft der Mirabellen, den erdig-feuchten Geruch der P ­ ariser Sommernacht, zusammen mit dem ebenso sinnlichen wie unschuldigen Duft der jungen Frau. Genau diesem Duft folgt auch JeanBaptiste Grenouille, der das Mirabellenmädchen kurz darauf ermorden wird – besessen von dem Wunsch, ihren Duft zu konservieren. Der Film »Das Parfum«, für den Tom Tykwer Regie führte, ist reich an Szenen, in denen sich ein visueller Reiz unmittelbar in eine olfak­ torische Wahrnehmung übersetzt und man meint, zu riechen, was man doch eigentlich nur sieht. Doch in keiner gelingt das so eindrucksvoll wie in der Szene mit dem Mirabellenmädchen, was in erster Linie an der


Die Schauspielerin Karoline Herfurth ist das Gesicht von Jil Sander Eve.

besonderen Aura von Karoline Herfurth liegt. Die siebenundzwanzig­ jährige Berlinerin strahlt etwas durch und durch Reines, Mädchen­haftes aus, zugleich hat ihr Blick eine ungewöhnliche Tiefe. Vielleicht ist es das, was der Regisseur Tom Tykwer eine »alte Seele« nannte, die er bei seiner jungen Schauspielerin zu sehen meinte. Die Rolle des Mirabellenmädchens war für Karoline Herfurth der ­endgültige Durchbruch von der Nachwuchshoffnung zu einer der gefragtesten Schauspielerinnen des Landes. Und es liegt nahe, sie als Werbegesicht für ein Parfüm gewinnen zu wollen. Mehrere Anfragen lehnte sie ab, erst das Angebot von Jil Sander, das Gesicht des neuen Damenparfüms Eve zu werden, nahm sie an. »Ich mag einfach den Duft. Und ich könnte nicht für etwas Werbung machen, was ich nicht auch selber trage«, sagt sie. Nichts Geringeres als »die Essenz einer Frau« will Eve sein – und Karoline Herfurth soll genau diesen Inbegriff von Weiblichkeit repräsentieren. »Sie ist elegant und modern, zudem sehr natürlich. Sie kennt sich und weiß, wer sie ist, sie hat C ­ harisma«, schwärmt auch Nicole Nitschke, Geschäftsführerin von Coty Prestige Deutschland. Dass Stars – ob aus der Welt des Films, des Sports oder der Musik – für Parfüm werben, ist schon lang nichts Ungewöhnliches mehr. Es wird sogar mehr und mehr zur Regel. »Bekannte Stars schaffen Vertrauen und übertragen idealerweise ihre Erfolgsprinzipien aus Show-­ Business oder Sport auf die Produkte. Berühmten Personen wird eine

hohe Durchsetzungskraft als Träger der Werbebotschaft nachgesagt, denn Bekanntes bewirkt einen stärkeren Sympathieeffekt und wird gegenüber Unbekanntem bevorzugt«, sagt auch Nicole Nitschke. Stars ­sorgen also für eine größere Aufmerksamkeit als unbekannte Models, ihr Image transportiert und verstärkt den Charakter des von ihnen beworbenen Dufts. Denn Parfüm zu bewerben ist schwierig, bietet eine Printanzeige oder ein Werbespot doch allenfalls visuelle Eindrücke. Umso wichtiger ist es, dass diese Eindrücke im Betrachter eine Vorstellung des Dufts wachrufen, eine Art Kopfkino anwerfen. Und das funktioniert vor allem dann, wenn Werbestar und Produkt möglichst perfekt zu einander passen. Deshalb repräsentiert die sinnliche, romantische Kate Winslet den Damenduft Trésor von Lancôme, die frische, flippige Sienna Miller den Sommerduft Orange von Boss. Der »Sexiest Man Alive« Matthew Mc Conaughey ist das Gesicht für The One von Dolce & Gabbana, Ewan McGregor, von dem man weiß, dass er in seiner drehfreien Zeit gern mit dem Motorrad die Welt bereist, steht perfekt für den Duft Adventure von Davidoff. Ein Werbestar muss eine Marke authentisch repräsentieren. Paris Hilton als Werbestar für einen Armani-Duft? Undenkbar. Doch es ist nicht nur der Wiedererkennungswert, der die Stars für die Parfümindustrie so interessant macht. Die Verknüpfung eines Idols mit einem bestimmten Duft macht es für Fans geradezu zwingend, diesen Duft auch selbst zu besitzen. Parfüm ist etwas so Persönliches, Intimes,

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dass die Vorstellung, einen Duft mit einer Hollywood-Ikone zu teilen, ein besonderes Gefühl von Nähe und Verbundenheit erzeugt. Dazu muss ein Star noch nicht einmal offizielles Werbegesicht sein: Nichts wird den Verkauf von Chanel Nº 5 mehr beflügelt haben als die angebliche Beichte Marilyn Monroes, im Bett nichts, wirklich gar nichts ­anderes zu tragen. Und der Duft Fleurissimo aus dem Hause Creed wurde auch deshalb zum begehrten Luxus-Accessoire, weil er fünf Jahre lang ­exklusiv der Fürstin von Monaco vorbehalten war – Fürst ­Rainer hatte ihn seiner Braut zum Geschenk gemacht, eingehüllt in eben d ­ iesen Duft war sie 1956 von der Filmschauspielerin Grace Kelly zu G ­ racia ­Patricia geworden.

von ihr stammt – das liegt ihr nicht. Schließlich lässt sie sich ja auch bei der Arbeit nicht doubeln, wenn es nicht absolut zwingend notwendig ist. Um in dem Film der Oscar-Preisträgerin Caroline Link »Im Winter ein Jahr« eine Tänzerin spielen zu können, absolvierte sie monatelang tägliches, intensives Tanztraining. »Meine Tanzlehrerin hat mal gesagt: Du kannst nicht in den Himmel reichen, ohne den Fuß auf dem Boden zu haben«, erzählt Karoline Herfurth. »Das ist eine sehr schöne Lebensweisheit, und genau diese Balance drückt sich auch in Eve perfekt aus. Der Duft hat einerseits diese frischen, leichten Töne und andererseits einen Boden, eine Dunkelheit.« Da passen ein Duft und sein Werbestar also offenbar perfekt zusammen.

Inzwischen gehört ein eigenes Parfüm auch zu den diversen Produkt­ linien, die Stars unter ihrem Namen herausbringen: Sportler wie David Beckham oder Gabriela Sabatini, Sängerinnen wie Avril Lavigne oder Christina Aguilera, aber auch Schauspielerinnen wie Halle Berry und Jennifer Aniston haben eigene Parfüms, an deren Entstehung sie eng mitgearbeitet haben sollen und die unter ihrem Namen vertrieben werden.

Die Schauspielerin hat übrigens erst sehr spät angefangen, selbst ­Parfüm zu tragen – obwohl oder vielleicht auch gerade weil sie sich selbst als »Duftmenschen« bezeichnet. »Ich habe ein starkes Duftgedächtnis, ein Duft kann mich in einen besonderen Moment zurückversetzen, in den ich dann sehr tief eintauchen kann. Und ich habe Menschen schon immer ganz stark über Gerüche identifiziert. Meine beste Freundin lacht schon immer über meine sensible Nase«, erzählt sie.

Ein Karoline-Herfurth-Parfüm wird es wohl nicht geben, dazu hat die Schauspielerin viel zu viel Respekt vor der Arbeit eines Parfümeurs. Und unter ihrem Namen etwas zu vertreiben, was nicht zu hundert Prozent

Vielleicht muss gerade jemand, für den Düfte wichtig sind, erst sich selbst finden, bevor er seinen Duft finden kann. Für Karoline Herfurth scheint diese Suche besonders erfolgreich gewesen zu sein.  >

Der Mann, der Träume weckt: Der Schauspieler Vincent Cassel verkörpert La Nuit de l’Homme von Yves Saint Laurent. 18

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Fotos: Jil Sander, Burberry, Estée Lauder, Yves Saint Laurent

Das Bild moderner Männlichkeit: Für den klassischen Duft Aramis von Estée Lauder steht das Top-Model Paul Sculfor.



Immer der Nase nach!

Andere Länder, andere Düfte Text: SUSANNE KALOFF

Parfüms sind eine heikle Angelegenheit, denn es sind nicht nur die Kopf- und Herz­ noten, die harmonieren müssen – es läuft beim Schnuppern ja so vieles im Ver­ borgenen ab, das wir nicht steuern können. Es sind Erinnerungen, Bilder, Orte, Stim­ mungen, die wir mit einem bestimmten Geruch assoziieren. Jeder kennt das doch, dieses Gefühl von Heimat, wenn man sein Leibgericht schon von weitem riecht. Oder den Duft von frisch gemähtem Gras, der einen stürmisch zurückholt, in den Moment hinein, vor gefühlten hundert Jahren, als man in den großen Ferien knutschend im Heu lag. Bei einem Eskimo läuft da vermutlich kein Film ab. Oder ein v ­ öllig anderer. »Duft, und vor allem Geschmack, lernen wir von Kindheit an,« sagt Christina Witter, Senior Manager Corporate Communications bei Symrise, einem Unternehmen, das Düfte kreiert. Wenn man das Riechen erlernt, so wie man das Alphabet in der Grund­ schule paukt, kann man es dann nicht auch steuern, ausbauen, manipulieren? Ver­ mutlich nicht, denn es unterliegt Eindrücken aus dieser Zeit, die uns ein Leben lang begleiten. Wir verknüpfen sie automatisch mit bestimmten Erlebnissen. Jedes Mal, wenn wir diesen Geschmack oder jenen Duft wahrnehmen, erinnern wir uns an das dazu­gehörige Ereignis und die damit verbundenen Gefühle. Zum Beispiel der Duft der Großmutter, die immer nach Veilchen roch, oder Lavendel, im Schrank des Ferien­ hauses in Südfrankreich, oder der Geruch von frisch gefallenem Schnee. So etwas brennt sich in Herz und Hirn. Für immer. Ein anderer mit dem Empfinden bei Düften

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eng verbundener Faktor ist die eigene Persönlichkeit. Wer bin ich, wer will ich sein, wie soll mich die Umwelt wahrnehmen? »Menschen in Asien zum Beispiel bevorzugen traditionell eher ­frische Düfte und weiße Blumennoten.« So die Duft­expertin ­Witter. Man wolle dort nicht aufdringlich wirken, eher als zurückhaltend und angenehm wahr­ genommen werden. »Wichtig ist daher, sich selbst nicht zu riechen.« Dezent soll es sein, anpassungsfähig, nicht laut wie eine Blaskapelle. Dennoch genießen die ­großen Parfüm-­Marken in Asien allgemein hohes Ansehen. »Prestige und Luxus gehören selbstverständlich zum Alltag. Deshalb finden wir viele bekannte Düfte in Asien, die sich auch hier ­großer Beliebtheit erfreuen.« Mit Sicherheit lässt sich nicht pauschal sagen, welche Düfte in welcher Region der Erde besser ankommen als andere, aber es gibt Tendenzen. In klimatisch wärme­ ren Ländern bevorzugen die Menschen frischere Düfte mit viel Citrus, Gräsern und ­weißen Blüten. Nördlichere Regionen favorisieren eher würzigere Blüten- und Holz­ noten. »Selbst der Geschmack von Nahrung und Getränken wird in warmen ­Regionen anders empfunden als in kalten«, erklärt Christina Witter. Auch Bernhard Kott von der Symrise AG beschäftigt sich beruflich mit solchen Fragen: »Das Traditionsbewusstsein steht nicht im Widerspruch zu neuartigen Duft- und Geschmackspräferenzen. ­Ständig suchen wir nach neuen olfaktorischen und sensorischen Reizen und kombinieren d ­ iese mit uns Vertrautem. Die Mischung aus bekannt und neu macht den Unterschied.« Süße Komponenten, wie Vanille mit blumigen Aspekten von Rose oder Lavendel, ­ erden als eher schwer wahrgenommen und kommen beispielsweise in Frankreich w und den Vereinigten Staaten gut an. »Düfte mit diesen Komponenten gehören dort einfach zur Abendgarderobe.« Abendgarderobe – gutes Stichwort! Denn unabhängig von anderen Ländern, ­anderen Sitten, spielt noch etwas eine entscheidende Rolle: die Tageszeit. Man sollte mit schweren, süßen Düften, die einem vorauseilen und hinterherschwingen, vor Ein­ bruch der Nacht immer vorsichtig sein. Diese Regel gilt für alle Geschlechter und für alle Teile der Erde. >

Illustration: gettyimages, Mehau Kulyk/SPL

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as gibt es Schöneres, als einen Menschen an seinem Duft zu ­ rkennen? Sich in seinen Nacken zu schmiegen und dann: ein­atmen. e Nun, er sollte schon wohlriechend sein, der Mensch. Aber was ist das? Mal abgesehen von hormonellen Schwankungen, die einem einen Strich durch Rechnung, Nase und Beziehung machen ­können (»Ich kann dich echt nicht mehr riechen«), was empfindet man als angenehm und was eher zum Naserümpfen? Und vor allem: Warum ist das so? Wir haben doch alle nur ein Riechorgan, kann man damit denn wirklich so unterschiedlich empfinden? Und: ­findet ein Eskimo den Geruch von Chanel Nº 5, oder sagen wir, warmem Vanille­ pudding, unter Umständen zum Davonlaufen?



DUFT UND DESIGN – DIE Was hält man von einem, der ein Parfüm so beschreibt: »Es riecht wie ein frisches Insektizid, eingefangen in einer Aluminium­zelle.« Oder so: »Es duftet wie ein frühes Frühstück auf der Dach­terrasse des Peninsula in Los Angeles: eine Mango-Frucht­platte, gemischt mit dem Odeur des Swimming-Pools und e ­ inem Hauch von den Abgasen eines Ferrari, der gerade vor dem ­Hotel g ­ eparkt wurde.« Ganz viel. Denn Chandler Burr ist die e ­ rste Instanz unter den Parfüm­kritikern der Welt, eine Art Reich-Ranicki im flüchtigen Reich der Parfüm-­Poesie, jahrelang Kolumnist der New York Times und nun Kurator des New Yorker Duftmuseums MAD. Text: USCHKA PITTROFF

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In seinen Büchern und seinen Kolumnen für die New York Times hat der amerikanische Meister-Schnüffler immer wieder für die Emanzipation der »Nasen« plädiert und erklärt: »Düfte, die von Modehäusern wie Donna Karan oder Dior verkauft werden, wurden nicht von Donna Karan oder Christian Dior gemacht. Sie werden geschaffen von unabhängigen Unternehmen wie Givaudan in der Schweiz oder Quest International in den Niederlanden. Estée Lauder ist gefeiert für ihre Parfüms, aber sie hat sie nicht entworfen; das waren professionelle Parfümeure. Sie war eine engagierte Kundin, die sich in den Prozess sehr eingebracht hat. Aber zu sagen, sie habe ihre eigenen Düfte geschaffen, ist so, als würde man behaupten, Papst Julius II. habe die Sixtinische Kapelle ausgemalt.« Was lernen wir daraus? Die Wahrheit. Möchte ein Modepapst ein großes olfaktorisches Werk vorlegen, das dem Geist seiner Kreationen entspricht, braucht er dafür die Kongenialität eines Michelangelo Buonarotti. Will h ­ eißen: Ein Parfüm zu konstruieren (achtzig Prozent aller Inhaltsstoffe sind heutzutage synthetisch hergestellt) ist eine Kunst wie Architektur, Malerei, Musik­komposition, Filme­


Armani: Geheimnisvoll wie der Mond, weiblich wie la luna – kühl und sinnlich präsentiert sich ab Juni das Eau de Toilette Armani Code Luna.

machen oder eben Modedesign. Ein Handwerk, das, wenn Meister am Werk sind, alchimistisch wirkt: Das ­Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Und dafür braucht es Spezialisten. Sie sind die unbesungenen heimlichen ­Helden, die Phantome eines Millionen-Dollar-­Business, diejenigen, die für den Verbraucher so anonym sind wie die Hersteller von Discounter-Marmelade – die so unbekannten wie genialischen Parfümeure. Ein Parfüm wirkt nur dann, wenn es ein Geheimnis birgt. Oder wie Chandler Burr sagt: »Ein gutes Parfüm ist wie ein Feuerwerk. Erst kommt die Grundfarbe; wenn ­diese verbrannt ist, steigen andere Farben auf, dann zünden Raketen, die hoch hinausschießen, am nachtdunklen Himmel entfalten sich leuchtende Blumen.« Die Kunst, das zu zaubern und den, der es benutzt, zu verzaubern, ist nicht einfach. Denn es geht, laut ­Chandler Burr, um eine Idee: »Wenn du es trägst, geht es niemals um den Kreateur. Du schlüpfst hinein, und es wird Teil von dir. Nein, nicht das Parfüm riecht wundervoll. DU riechst wundervoll.« Das Parfüm muss zu einem unverzichtbaren Teil der eigenen Persönlichkeit werden. Einer Persönlichkeit, die Armani trägt oder Prada oder Balenciaga. Oder Cloé oder Narciso Rodriguez. Das wissen auch die großen Couturiers der Welt. Wie übersetzt man die Brüsseler Spitze, die Miuccia Prada für eine Kollektion auswählt, in einen Duft? Wie Tüll und Damaszenerseide eines Hollywood-Traums von

Elie Saab? Wie ein kostbares Kaschmirtuch von ­Giorgio Armani oder einen transparenten Organza von Narciso Rodriguez? Die Antwort: gar nicht. Parfümeure haben ihre eigene chemische Formelsprache. Modedesigner die ihre, eine intuitive Sprache, die sich aus Biographie, Wissen um Materialien und Schnitttechniken zusammensetzt, aus persönlichem Stil und Neugier. Es bleibt nur eins: die menschliche Chemie, der große Wurf. Und nur so entstehen Designer-Parfüms: Mit den besten ihrer Zunft, den teuersten Ingredienzien, mit Kongenialiät, Instinkt, Bauchgefühl und beiderseitigem Verständnis. Es wird nie eins zu eins übersetzt, sondern nur jener Geist, aus dem am Ende der Geist in der Flasche entsteht. Wie fasst man das erfolgreiche Modekonzept etwa von Narciso Rodriguez in einen Flakon? In den Vereinigten Staaten ist der Modeschöpfer mit kubanischen Wurzeln und Absolvent der New Yorker Parsons School ein ­fester Begriff. Spätestens seit jenem Wahlabend im November 2008, als Michelle Obama, die Gattin des Präsidenten, eine seiner Kreationen trug: Da wurde er über Nacht weltberühmt. Dabei hatte er schon das Brautkleid entworfen, das die damalige Calvin-Klein-Angestellte ­Carolyn B ­ essette bei ihrer Hochzeit mit John F. Kennedy jr. trug. Rodriguez beherrscht die Kunst, legere amerikanische Slip Dresses mit europäischer Eleganz und lateinamerikanischer Seele zu verbinden. Das ist auch das Erfolgsgeheimnis seines Parfüms Narciso Rodriguez For Her. Es gibt unzählige Fans, die süchtig sind nach dem animalischen Gefühlsspiel, nach dieser Mischung aus

SINNLICHSTE SYMBIOSE Prada: Selbstbewusst, doch nicht un­ nahbar – Prada Donna trägt diesen Sommer heitere Farben und das Eau de Parfum Absolue Prada Infusion d’Iris.

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Boss: Kühn, verwegen und sehr maskulin – der Formel-1-Weltmeister Jenson Button gibt dem Eau de Toilette »Boss Bottled.Sport.« sein Gesicht.

Lässigkeit, Lebenslust und Erotik. »Ich liebe Moschus«, bekennt Narciso Rodriguez. Auf dieser Basis hat F ­ rancis ­Kurkdjian, der junge Wilde unter den Parfümeuren, in ­Kooperation mit der Schweizerin Christine Nagel das Parfüm aufgebaut. Eine großartige, unkonventionelle Komposition, die alle, die sich auf sie einlassen, in ihrem betörenden, ­hypnotischen Bann hält.

Schauspielerin erhielt, und avancierte zum Lieblings­ schneider internationaler Stars. Verführerische ­Eleganz und femininer Glamour sind es auch, die ­Francis ­Kurkdjian, den P ­ ariser Parfümeur mit den armenischen Wurzeln, für Saab olfaktorisch interpretierte: Jasmin, ­Patchouli, ­holzige Zedernoten und Rosenhonig ver­einen sich in Elie Saab Le Parfum zu einem floral-­warmem Duft – eine Huldi­gung an jene strahlende Weiblichkeit, die der Mode­ macher in seinen Kreationen mit dem Licht des Orients und der Modernität des Abendlandes feiert.

Auch zwischen der Mode-Magierin Miuccia P ­ rada und ihrer Parfümeurin Daniela Andrier stimmt die ­Chemie hundertprozentig. »Infusion d’Iris Eau de Parfum ­Absolue,« so sagt die Parfümeurin über die brandneue Komposition, »ist die Quintessenz von Infusion d’Iris, die auf Vanille prallt und so ein herrlich luxuriöses P ­ arfüm ergibt.« Dieses Prallen ist der Schlüssel. In D ­ aniela ­Andrier hat Miuccia Prada, Italiens unwiderstehlichster Mode-Export, reflektierend, kühn, immer den Status quo in Frage stellend, ihr Alter Ego gefunden: Die »Nase« hat nicht nur mit dem Duft Candy – einer Ode ans Exzessive, einem Fest der Maßloßigkeit, einer Explosion aus ­Karamell-, Moschus- und Benzoe-Noten, die im Endeffekt köstlich nach feinem Kaschmir duftet – kürzlich gewaltiges Aufsehen erregt, auch das neue Infusion d’Iris verspricht, ein Renner zu werden. Köstliche Orangenblüte, edle Iris und verführerische Vanille – das ist der Stoff, der schon immer gern angewandt wurde, um die Männer zu locken – kleiden die Trägerin wie ein Gewand.

Magier Kurkdjian taucht auch bei einem anderen ganz Großen der Modebranche auf: Für Jean Paul Gaultier schuf der junge Parfümeur einen Superhit und Alltime-Bestseller: den Herrenduft Le Male. Heute ebenso ein Klassiker wie das weibliche Pendant Classique (­Parfümeur: Jacques Cavallier). Anders als in der Mode, wo es darum geht, den Zeitgeist zu erfassen, schnell wechselnde Trends zu erahnen und diese in Kollektionen umzusetzen, verlangt die Konzeption eines Parfüms das genaue Gegenteil – etwas Dauerhaftes zu erschaffen, wenn möglich sogar einen Klassiker. Einem ­Parfüm sollen Träger und Trägerin treu bleiben, es soll Teil ihrer Persönlich­keit werden, möglichst über eine lange Zeit. Man darf gespannt sein, ob Gaultier dies auch mit ­seinem neuen Herrenparfüm Kokorico (Parfümeure: Olivier Cresp und Annick Ménardo) gelingt.

Levantinisch-orientalischen Zauber, Abendroben wie aus Sonnenstrahlen und Licht kreiert Elie Saab, der Modedesigner aus dem Libanon. Er wurde berühmt, als H ­ alle Berry 2002 in einem seiner Kleider den Oscar als B ­ este

»Eleganz heißt nicht, ins Auge zu fallen, sondern im Gedächtnis zu bleiben.« Dieses Credo, diesen Code, hat der Mailänder Modemeister Giorgio Armani schon von jeher in seine Erfolgsparfüms umsetzen lassen.

Narciso Rodriguez: Raffiniert einfach und ein­ fach raffiniert – so kommt die Frau im Sommer 2012 bei Narciso Rodriguez daher, kontrast­ reich wie sein Eau de Parfum im rosa und sein Eau de Toilette im schwarzen Flakon.

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Zegna: Weltgewandt und stilsicher – das Eau de Toilette Z Zegna unterstreicht den modischen Look dieses Sommers.

­ randneu: Armani Code Luna, eine Interpretation des B Parfüms Armani Code. Luna ist nicht nur eine Anspielung auf das Reich der Träume und des Unterbewussten. Dominique Ropion hat ein florientalisch-frisches Eau de Toilette kreiert, dessen Flakon die Signatur der Mond­ blume trägt, die nur nachts blüht und ihren Duft verströmt. Schon im 17. Jahrhundert waren die so genannten Gärten der Düfte bekannt, in denen Pflanzen wuchsen, die besonders in den Abendstunden intensiv dufteten. Code Luna ist nicht als reines Abendparfüm konzipiert; seine raffinierte Sinnlichkeit wirkt auch am Tag.

frischen Rosenduft – und ist auf dem Weg, ein moderner Klassiker zu werden. Der Herrenduft Z Zegna ist es bereits. Seit 2005 im ­Handel, hat man jetzt dem holzig-aquatischen Duft ein neues Design gegönnt. Ermenegildo Zegna schuf nicht nur ein Weltklasse-Unternehmen, das »die schönsten Stoffe der Welt« produziert. Unter den Herrenaus­stattern ist Zegna eine Klasse für sich – er versteht, ­Tradition immer wieder behutsam zu modernisieren.

Als einer der international führenden Modekonzerne Als die in Ägypten geborene französische Schneiderin (Jahresumsatz über 1,5 Milliarden Euro) verfügt Hugo Gaby Aghion 1952 gemeinsam mit Jacques Lenoir im Boss über so viel Marken-Power, dass man auch bei berühmten Café de Flore das Modehaus Chloé g ­ ründete, den Duftwässern auf Sieg gepolt ist. »Immer an ­meine bestand die Kollektion aus nur sechs weichen, figur­ ­eigenen Grenzen zu gehen, das ist mein Leben«, sagt betonten und romantischen Baumwollkleidern. Unter Formel-1-Weltmeister Jenson Button als Testimonial für der kreativen Leitung von Karl Lagerfeld wurde Chloé das neue Herrenparfüm. »Wir wollten mit ›Boss Bottled. zu einer der begehrtesten Marken der sechziger und Sport.‹ einen absolut klaren und zugleich energiegesieb­ziger Jahre. Jackie Kennedy, Maria Callas, Grace ladenen Duft kreieren«, erklärt dessen Parfümeur Will ­Kelly und Brigitte Bardot zählten zu den Kundinnen des ­Andreas, »dazu hat uns die kühle Härte von Karbon ins­Hauses, das den Look einer ganzen Ära definierte. Nach piriert.« Der Schlüsselakkord, der dem Duft etwas ­subtil Martine Sitbon und Phoebe Philo ist heute Clare Waight Metallisches verleiht, basiert auf der Verbindung von Keller Chefdesignerin, die der Heritage-Marke zu neuer Lavendel und Kardamom mit dezenten Aldehyd-Noten, Blüte verhilft. Entspannte Attitüde, gepaart mit Pariser während die frischen Zitrusakkorde der Kopfnote die Chic – das sind auch die Ingredienzien, die Parfümeur Sinne schärfen.“ Die Marke Boss, global Synonym für Michel Almairac zu einem hinreißenden Cocktail ­mixte. erfolgreichen Business-Look, geht auch mit ihrem Duft L’eau de Chloé umschmeichelt mit einem lebendig-­ auf Pole-Position.

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Miyake: Kantig wie ein ganzer Kerl, schlank gerundet wie die Dame – mit dem frisch-grünen Blätter­ aufdruck sind die Flakons der Sommer­düfte 2012 L’Eau d’Issey pour Homme und pour Femme nur in limi­tierter Auf­lage zu haben.

Issey Miyake, der sich 1997 aus dem operativen Geschäft zurückzog, um sich der Textilforschung zu widmen, ist bekannt für seine Innovationen und seine einzigartigen Falten-Designs. Die ungewöhnliche Stoff- und Formen­ sprache seiner Entwürfe, die die Vollkommenheit und Leichtigkeit eines Origami-Kunstwerks besitzen, wurde kongenial in seine Parfüms L’eau d’Issey (für Damen und Herren) umgesetzt: luftig, fröhlich und von dezenter Präsenz. So ergänzt jetzt die Reihe, die aus der Idee geboren wurde, Wasser olfaktorisch darzustellen, ein neues L’eau d’Issey Florale – mit einem Hauch von Rosen, so frisch, als seien sie im Morgentau gepflückt worden. »Ein guter Modeschöpfer«, sagte Cristóbal Balenciaga einmal, »muss ein Architekt sein für den Schnitt, ein Bildhauer für die Form, ein Maler für die Farbe, ein ­Musiker für die Harmonie und ein Philosoph für den Stil.« ­Nicolas Ghesquière, seit 1997 Kreativchef des ­Hauses, ist dies alles in Personalunion. Keiner macht schärfere ­Schnitte, coolere Designs, überraschendere Kult-­Kleider und -Taschen. Allerding scheint es so, als lasse er den ­Picasso in sich öfter mal ans Klavier, den Giacometti an den T-Shirt-Stoff und den Renzo Piano an die Farb-­ Palette. Ghesquière rockt! So wie er mit den Regeln des Mode­uni­versums spielt, hat er in Parfümeur Olivier ­Polge einen Komplizen gewonnen. Balenciaga L’Essence im kostbaren Kristallflakon (die Verschlusskappe ist eine Reminiszenz an ein Hämatit-Collier des Labels) schim-

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Chloé: Frisch wie der Morgentau, samtig wie ein Sommer­abend – L‘Eau de Chloé Eau de Toilette und Chloé Eau de Parfum betonen die Weiblichkeit; wie die HerbstWinter-Kollektion von Chef­ designerin Clare Waight Keller.


www.zegna.com

A Scent for a New Day


Comme des Garçons: Extravagant und nonkonformistisch – doch die Namen der Düfte von Japans Designerin Rei Kawakubo sind kurz und bündig: Comme des Garçons 2, Wonderwood und 8 88.

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Grüne Düfte können tatsächlich ein Knaller sein. So kommt im August ein Parfüm auf den Markt, bei ­dessen Herstellung Schießpulver verwendet wird. Amazing Green wird es heißen. Wer seine eigenen Parfüms als »Non-Parfums« bezeichnet, die Träger mit Duftakkorden wie Tinte, warmer Fotokopiertoner, frisch geschmolzenes Aluminium, Gummireifen und rostige Nägel heraus­ fordert – und dabei weltweit erfolgreich ist, kann nur außergewöhnlich sein: Rei Kawakubo. Die ­Begründerin von Comme des Garçons bürstet Mode immer w ­ ieder gegen den Strich wie mit ihrem »post­atomaren Fetzen-­ Look«, »Hiroshima-Chic«, »Quasimodo-­Style« mit wattierten Wülsten und Buckeln (Kritikerstimmen). Ihr ­Credo: »Jede Saison radikal neue Kleidungsstücke schaffen, Formen, die noch nie jemand gesehen hat.« Das gilt auch für ihre Parfüms, zirka zwei Dutzend bis heute: An Comme des Garçons, hierzulande derzeit in den Versionen 2 (Man und Woman), 8 88 und Wonderwood auf dem Markt, hat Parfümeur Marc Buxton drei Jahre lang gearbeitet – eine technisch hinreißende Komposition aus der Reproduktion japanischer Tinte und fruchtigen Aldehyden. >

Balenciaga: Schlichte Eleganz, heitere Lebenslust – das Eau de Parfum Balenciaga Paris L’Essence ist so parise­risch wie die Modekreationen von Nicolas Ghesquière für diesen Sommer.

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mert grün und duftet nach all den schönen Dingen, die man impulsiv tut. Ghesquière: »Grüne Düfte sind traditionell männlich. Jedoch sind grüne Veilchenblätter der entscheidende Inhaltsstoff. Ich wollte aus diesen fast widersprüchlichen Inspirationen etwas nur für Frauen kreieren.«


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Vom schottischen Seifensieder

zum europäischen Lifestyle-Konzern Der unaufhaltsame Aufstieg der Douglas-Parfümerien

Parfümerien bargen schon immer Geheimnisse, in die ­Männer nie gänzlich eingeweiht wurden. Nominell handelte es sich um Ladengeschäfte rund um feine Duftwässerchen, Öle und Cremes, präsentiert in Tiegeln und Flacons, deren Schönheit der Eleganz des Inhalts entsprechen sollte. In Wahrheit aber waren es diskrete Boudoirs, in denen keine Produkte, sondern Mittel und Wege zur Verführung verkauft wurden. S ­ olche Tricks sollten Männer nicht kennen, und wenn sie klug waren, wollten sie es auch gar nicht. Text: Michael Freitag

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as allerdings schuf ein Problem: Wer die Frau seines Herzens mit einem schönen Duft überraschen wollte, war gezwungen, jene meist dunkelgetäfelten Ladenlokale zu betreten, um sich von gestrengen Damen hinter schweren Verkaufstresen beraten zu lassen – tadelndes Emporziehen der Augenbrauen zum Unterbinden jeglichen Anscheins von Frivolität inklusive; zumindest konnte man sich das einbilden. Und zum guten Schluss gab es das Problem der hübschen Verpackung. ­Männer standen und stehen meist hilflos vor dieser Herausforderung. Bei Douglas war das anders – von Anfang an. Das ist einer der guten Gründe, warum das Wachstum des Parfümeriekonzerns mit Sympathie und zumindest von einer Hälfte der Bevölkerung sogar mit Erleichterung begrüßt wurde. Helle Läden mit viel Platz, schwelgerische Düfte


Stolz präsentiert sich die Belegschaft von J. S. Douglas Söhne, der aufstrebenden Hamburger Fabrikation von Seifen und Parfüms. In bester Innenstadtlage führten von 1910 an die beiden Schwestern Maria und Anna Carstens die Firma als elegantes Ladengeschäft weiter. Heute tritt der Konzern international auf - seit 1996 in großzügigen Einkaufswelten mit Ruhezonen, Cafés und Lounges.

in der Luft und elegante junge Damen, die sich erbieten, genau das ­richtige Parfüm zu finden. Am Ende hält man ein todschick einge­ wickeltes ­Päckchen in den Händen, das man präsentieren, mit dem man gar repräsentieren kann. Zu Anfang verfügte der heutige Konzern über nur sieben Parfümerien, und die hatte er eingekauft – bei Hanhausen in Braunschweig 1969; erst im Jahr darauf kamen die Hamburger Läden der Parfümerie D ­ ouglas hinzu, die Jahre später dem Unternehmen den unverwechselbaren Namen gaben. Heute ist Douglas aus keiner größeren Innenstadt und erst recht aus keinem besseren Einkaufszentrum mehr wegzu­denken. Knapp vierhundertfünfzig Filialen sorgen deutschlandweit dafür, dass der Konzern überall dort vertreten ist, wo es genügend ­Kunden gibt; im europäischen Ausland kommen noch einmal gut sieben­hundert hinzu. Mit 1,9 Milliarden Euro steuert die Parfümeriesparte mehr als die Hälfte des Umsatzes der Douglas-Holding bei, zu der auch die Christ-Juwelier­ geschäfte gehören, die Thalia-Buchhandlungen, A ­ ppelrathCüpper (Damenmode) und Hussel (Süßwaren). Nichts war selbstverständlich bei der Entwicklung des Konzerns. An ­vielen Wegmarken der Douglas-Geschichte hätte alles auch ganz anders kommen können. Parfüm ist ein Produkt der großen internationalen Metropolen? Wer in dem Geschäft etwas werden will, muss in Paris, London und Mailand zu Hause sein? Eine Ausbildung als P ­ arfümeur im südfranzösischen Grasse ist zwingend? Nichts davon stimmt. Wer in solchen Klischees denkt, kommt bei Douglas nicht weit. Henning Kreke, in zweiter Generation Vorstandsvorsitzender, stammt wie sein Vater Jörn aus Hagen an der Grenze zwischen Ruhrgebiet und Sauerland, hat als Betriebswirt promoviert und Investmentbanking gelernt. Ursprünglich hatten die Krekes mit »schönen, aber überflüssigen D ­ ingen« (Jörn Kreke) wie Duftwässern nichts zu tun. Der Firmen­gründer und d ­ amalige Chef der Hussel AG war Ende der 1980-er Jahre lediglich von den Renditen beeindruckt, die die Hagener Parfümerie-Kette »Er + Sie«, damals die größte in Deutschland, erzielte. Deren Chef »konnte es so richtig krachen lassen«, obwohl er nur sechs oder sieben Läden hatte. Der Gedanke an einen Branchenwechsel lag also buchstäblich vor der Tür. Dennoch erscheint im Rückblick vieles zufällig. Den allerersten Anfang hatte ein schottischer Seifensieder gemacht. Er war aus Glasgow gekommen, mittellos, ohne Sprachkenntnisse, um in der großen und immer weiter aufstrebenden deutschen Hafen­metropole Hamburg sein Glück zu machen. Wir ahnen es: Er hieß Douglas, John Sharp Douglas. Eigentlich wäre er lieber nach Amerika ausgewandert, aber dafür reichte sein – geliehenes – Geld nicht. Hamburg erwies sich als eine gute zweitbeste Lösung. Auf der Kehrwieder-Insel gründete er 1821 eine Seifenfabrik. Einundzwanzig Jahre später, nach dem ­Großen Brand, der die Innenstadt Hamburgs weitgehend zerstörte, zog er mit seiner Fabrik in größere Räumlichkeiten in Sankt Pauli, Carolinen­straße 3. Dort musste er sich einer stetig steigenden Zahl von

Nachahmern erwehren, was ihn zu einem Pionier des Markengedankens in Deutschland machte. Wichtiger noch: Er konnte sich auch über eine schnell steigende Zahl von Kundinnen freuen. Nicht lange: 1847 starb er. Mit Hilfe eines langjährigen Mitarbeiters gelang es, die Firma in der Familie zu halten. »J. S. Douglas Söhne« hieß sie von da an. In diese Phase fiel die Eröffnung der ersten e­ igenen Einzel­ handelsgeschäfte. Das in den Alsterarkaden war richtig chic. Neben den eigenen Seifen gab es hier »erlesene Importwaren« aus England und Frankreich. Von 1878 an musste das Unternehmen allerdings ohne die DouglasSöhne auskommen – den einen zog es in die Ferne, der andere verkaufte entnervt. Die neuen Eigentümer, die Familie Kolbe, behielten die Läden bis 1970, länger als die Gründerfamilie. Der Ruf wurde derweil immer

besser, und der Laden, den Gustav Adolph Kolbe im Heinehaus, Jungfernstieg 34, führte, wurde in den Wachstumsjahren vor dem Ersten Weltkrieg zum führenden Seifen- und Parfümladen in der Freien und Hansestadt. Dennoch kapitulierte Kolbe 1908 vor der Übermacht der aufkommenden großen Warenhäuser. Denen gelang es, das damals neue System der Barzahlung durchzusetzen. Die Läden wurden geschlossen, J. S. Douglas Söhne besann sich wieder auf die angestammte Kern­ kompetenz – die Produktion. Hier hätte die Douglas-Geschichte enden können. Aber, als hätte sie der Himmel gesandt, erschienen 1910 die beiden unverheirateten ­Schwestern Anna und Maria Carstens auf der Bildfläche. Sie wollten am Neuen Wall, der besten Lage in Hamburgs Innenstadt, »ein Geschäft in Seifen, Parfümerie- und Toiletteartikeln gründen und betreiben« – am liebsten unter dem Namen »Parfümerie Douglas«. Über die Konditionen wurde man sich schnell einig.

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Das deutsche Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre erfasste neben dem Lebensmitteleinzelhandel auch den Handel mit Luxuswaren. Rudolf Hussel war einer der heute fast vergessenen Helden dieser Jahre, neben Männern wie Helmut Horten und dem Bankier Iwan David Herstatt. Hussel verkaufte auf dem Höhepunkt seines Erfolgs seine Läden an Konsul Herbert Eklöh, auch er eine ikonische Figur des deutschen Wirtschaftswunders. Eklöh machte aus Hussel eine Aktiengesellschaft. Sein Assistent Jörn Kreke, der sein Stiefsohn war, folgte ihm im Jahr 1969 auf den Chefsessel. Vorstandsvorsitzender der späteren Douglas Holding AG blieb Kreke bis 2001. In dieser Zeit wuchs das Geschäft der Douglas-­Filialen schnell, die Aktie wurde zu einem Liebling der Investoren. Früh­zeitig konzentrierte Kreke alle Kräfte auf das margenstarke Parfümerie­geschäft. Die Drogeriekette »drospa« verkaufte er im Jahr 2000 an »Ihr Platz«; ­Discountern wie »dm« und »Rossmann« wollte und konnte er nicht Paroli bieten.

Vierhundert Quadratmeter in Eins-A-Lage sollen es mindestens sein, und wenn wie an der Frankfurter Zeil dreitausend Quadratmeter zur Verfügung stehen, lässt sich das Douglas-Management nicht lumpen und macht daraus die bedeutendste Ladenfiliale. Nur das Internet-Geschäft, das Douglas erst seit 2011 betreibt, ist noch dynamischer: douglas.de ist schon jetzt mit mehr als einer Million Kunden die umsatzstärkste »Filiale« des Konzerns.

Henning Kreke, in zweiter Generation Vorstandsvorsitzender der Douglas Holding, ist Herr im Reich der Düfte – ob im burgundischen Dijon, am Wiener Kohlmarkt, im Mega-Store an Frankfurts Zeil oder in der Prager Innenstadt. In allen Douglas-­ Parfümerien verstehen sich die Verkäuferinnen als Vertraute ihrer Kundinnen und Kunden, die mit einem kostbaren Parfüm auch ein glamuröses Image erwerben wollen.

Bewegte Zeiten standen dem Unternehmen bevor. Irgendwie gelang es, den Laden durch zwei Weltkriege, zwei Hyperinflationen, die Weltwirtschaftskrise und die Nazizeit zu bringen. Im Zweifelsfall nach dem Motto: »Es gibt Wichtigeres als Parfüm und Seifen – aber doch nicht in dem Moment, da ich mich auf ein Rendezvous vorbereite.« Es waren die Jahrzehnte, da die Parfümindustrie durch die Synthetisierung immer neuer Duftstoffe revolutioniert wurde. Zugleich entdeckten die Modeschöpfer, dass zum todschicken Kostüm auch das passende Parfüm gehört. Paul Poiret, der legendäre Modedesigner, war der erste, der einen eigenen Duft schuf. Es erschienen die legendären Kreationen Jicky von Jacques Guerlain, Chypre von François Coty und Narcisse Noir von Ernest Daltroff – drei großen »Nasen«. Und dann, 1921, der Klassiker der Klassiker: Chanel Nº 5, der erste Duft, der von synthetischen Aldehyden bestimmt wurde, eine bis dahin ungekannte Frische aufwies und wie kein anderes Produkt die Goldenen Zwanziger symbolisierte. Weil die hanseatischen Frauen gar nicht daran dachten, den Grundsatz »Die deutsche Frau schminkt sich nicht« zu befolgen, kam die ­Parfümerie Douglas komfortabel durch die dreißiger Jahre. Den Krieg jedoch, genauer gesagt den verheerenden Feuersturm im Jahr 1943, überlebte sie zunächst nicht. Aber schon im Dezember 1945 ging es weiter. Die Patenkinder der Carstens-Schwestern und ihr Prokurist Erhard Hunger, eine der genialen Gründerfiguren des deutschen Handels in der Nachkriegszeit, setzten auf Expansion. Nach einem Jahrzehnt gab es sechs Douglas-Läden in Hamburg.

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Douglas arbeitet eng mit den Produzenten zusammen und reagiert in seiner Präsentation, beim Ladenbau und beim Sortiment sensibel wie ein Seismograph auf Veränderungen, die sich durch Moden und gesellschaftlichen Wandel herausbilden. Das fing bei der WoodstockGeneration an. Sie hatte genug Geld, wollte aber Produkte, die zu ihr ­passten. Douglas lieferte. Und als später auch der Markt der Parfümund Kosmetik­produkte für Männer entstand, war Douglas sofort dabei. Jean Paul Gaultier, einer der Protagonisten dieses Trends, steht bei ­Douglas für einen rauschenden Erfolg. Das Douglas-Wachstum wurde allerdings argwöhnisch beäugt. Große Produzenten schauderten bei dem Gedanken, einem global operierenden Handelsriesen gegenübertreten zu müssen. Die Angst vor einer immer stärker werdenden Douglas-Gruppe ist in den neunziger ­Jahren so groß geworden, dass beispielsweise LVMH im Jahr 1997 die aufstrebende französische Einzelhandelskette Sephora kaufte, die fast zur ­selben Zeit wie Douglas gegründet worden war. Sephora betreibt heute auf den Champs Elysées in Paris die umsatzstärkste Parfümerie der Welt, bleibt aber mit 1,1 Milliarden Euro deutlich hinter Douglas zurück. Eine Expansion nach Deutschland zu Anfang des Jahrtausends ­scheiterte krachend. Douglas hat mit Vorstößen nach Übersee kein Glück. Ein halb­herziger Versuch in Amerika wurde bald wieder aufgegeben. Im vergangenen Jahr zog dann Jörn Krekes Sohn Henning, der nach einer Lehre als Investment­banker in New York seinem Vater 2001 als Vorstandsvorsitzender gefolgt war, die Notbremse in Russland und Dänemark. Davon abgesehen ist Douglas ein gesamteuropäisches Unternehmen. Aktuell ist die Douglas-Holding Dauergast in den Wirtschaftsteilen der großen Tageszeitungen, weil die Familie Kreke, offenbar mit Unterstützung des Großaktionärs Oetker, den Konzern von der Börse nehmen will. Was daraus wird, ist offen. Das berührt die Kunden der Parfümerie nur peripher. Denn auch in Zukunft werden sie bei Douglas finden, was man zum Leben nicht unbedingt braucht und was es doch so angenehm macht.  >

Fotos: Douglas Archiv, Marcel Schwickerath, Attila Hartwig, Özgür Albayrak

Grenzen des Wachstums ergaben sich nur dadurch, dass es nicht genügend Ladenlokale gab (und gibt), die sich für Douglas eignen.


Tradition ist gelebte Passion.

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Bottega Veneta – Kunsthand Text: Susanne Kaloff

Es sind ja meist Bilder, die einem schlagartig in den Kopf schießen, bevor man überhaupt den- Als der Deutsche 2001 als Kreativ-Direktor zu Bottega Veneta kam, ken kann: Geflochtenes Leder, strukturiert, kein Firlefanz, typisch italienisches Design, claro! Klar? Nein, hinter B ­ ottega Veneta steckt kein Italiener, sondern ein Pforzheimer Kopf: T ­ omas Maier. Der vierundfünfzigjährige Chefdesigner des Labels sitzt auch nicht, wie man annehmen könnte, verträumt in s­ einem venezianischen Atelier und flicht an einer Tasche, sondern auf der 57th Straße in New York City und bricht alles auf das Wesentliche h ­ erunter: Er ist der Herrscher über die Reduktion.

hoffte man, dass er der italienischen Traditionsmarke auf die Sprünge helfen würde. In Zeiten, in denen das Wort It-Bag gerade erfunden wurde, Frauen weltweit beim Anblick von Designertaschen mit f­ etten Logos durchdrehten, setzte Maier eiskalt auf Understatement: No Logo. Schon in den 1970-er Jahren begann man im Unternehmen mit der Werbung des selbstbewussten Slogans: »When your own initials are enough«. Der Künstler Andy Warhol drehte in den Achtzigern einen Kurzfilm für das Unternehmen. Es ging bei Bottega Veneta schon immer mehr um Qualität und vornehme Eleganz als um lautes Gekreische.

In einem Interview mit der deutschen Elle sagte Maier einmal: »Zu viel zu besitzen macht uns unbeweglich und unglücklich. Aber die w ­ enigen Dinge, die wir an uns heranlassen, sollten erlesen sein.« Das klingt nicht nur hübsch, das ist sein Credo, das sich durch die gesamte Bottega-­ Veneta-­Welt zieht. Diese Welt ist eine feine, wohlduftende, die immer größer wird: einhundertachtundfünfzig Shops in siebenunddreißig ­Ländern. Maier entwirft im Jahr sechs Modekollektionen. Plus Taschen, Möbel, Geschirr, Uhren, Schmuck und Parfüm. Alles wird von der Hand eines Meisters gemacht, Maschinen sind verpönt. Die ­Juwelen für den Schmuck werden in Maiers Heimatstadt Pforzheim hergestellt, das Porzellan in der Berliner Manufaktur KPM gefertigt, und das Bottega-­Veneta-­Nagel­set (doch, doch, das gibt es tatsächlich) kommt

Meister des Minimalismus: Tomas Maier, Chefdesigner von Bottega Veneta

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Fotos: Bottega Veneta

Das italienische Luxus-Label wurde bereits 1966 von Michele Taddei und Renzo Zengiaro gegründet, 2001 von Gucci übernommen; heute ist es Teil der französischen PPR-Gruppe – und viel mehr als nur ein Lederaccessoire-Hersteller. Der Hauptsitz ist in Vicenza, in der Region Veneto, im Nordosten Italiens. Berühmt ist es für die Intrecciato-­ Methode, so nennt man das kunstvolle Flechtwerk und unverkennbare Markenzeichen in Fachkreisen. Eine Bottega-Veneta-Tasche könnte man blind erkennen.


Making of: Bottega Veneta

dwerk für Fortgeschrittene aus Solingen. Bitteschön, woher denn sonst? Natürlich sind auch die Parfüm­flakons zurückhaltend und dennoch erstklassig designt, keine phantasievoll klingenden Namen à la »Exotic Toxic Paradise« oder so, sondern schlicht: Bottega Veneta. Man bekommt das, was außen draufsteht. Die Flaschen sind sanft gerundet, das berühmte Intrecciato-Profil am Boden, die Essenz von Parfümeur Michel Almairac, dezente Farben im Corporate-Design und natürlich das schmale hautfarbene Lederbändchen am Flaschenhals. Flakons, die von venezianischer Glaskunst und den Formen der traditionellen italienischen Karaffe inspiriert ­wurden, wie man auf der Homepage lernen kann. Tomas Maier ist eben Perfektionist. Es gibt neben dem Eau de Parfum auch ein Duschgel, eine Körperlotion und eine reichhaltige Body-Creme im ­Sortiment. Wie es riecht? Als würde man an einem warmen Spätsommertag durch die ­Wiesen des Veneto laufen: gemähtes Heu, Blüten, Erde und Holz, mit einer sanften Brise Leder. Kopfnote Chypre, in Kombination mit Bergamotte, Patchouli und Eichenmoos. Alle Inhaltsstoffe haben einen w ­ eiten Weg hinter sich: Bergamotte aus Italien, Jasmine aus Indien, Rosa P ­ feffer aus Brasilien und Patchouli aus Indonesien. Mit den Worten von Tomas

Maier klingt das so: »A synthesis of raw sensuality and subtle intellect that lingers in the mind like a memory.« Auf der Internet-Seite kann man sich ein Interview anschauen, das Suzy Menkes, die Modechefin der International Herald Tribune, mit dem Designer führte. Was man sieht, ist ein sympathisch wirkender, bescheidener Mann in weißem Hemd unter einem schwarzen (­Kaschmir?) ­Pullover mit V-Ausschnitt. Selbst seine Worte, und wie er sie bedacht ausspricht, wirken reduziert. Man könnte auch sagen: nüchtern. Maier steht für das Prinzip »Nothingness«: Immer soll die T ­ rägerin seiner Mode die Hauptrolle spielen, nicht das Kleid. Und auch nicht der ­Designer. Was nicht ganz leicht sein dürfte bei der P ­ räsenz, der eleganten Aufwändigkeit seiner Kleidungsstücke. Aus einem ­anderen Interview, das Tilmann Prüfer für Die Zeit Anfang des Jahres mit ihm führte, konnte man erfahren, dass einer seiner Lieblingsbegriffe »­privater Luxus« sei. Man solle den Stücken nicht ansehen, dass sie ein Vermögen gekostet haben, nur die Besitzerin soll das wissen. Wie ein unschätzbares Geheimnis, das sie mit sich trägt.  >

So flicht man Ruhm: Intrecciato wurde zum Erfolgsrezept von Bottega Veneta - ein Muster, das auch in den Böden der Flakons erscheint.

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Fotos: L’Oréal

Magische F I N E   |   D UF TSTA R S 2 012


Der Tänzer und Choreograph Benjamin Millepied ist das Gesicht für den neuen YSL-Duft L’Homme libre. Ballett und Parfüm? Beide haben mehr gemeinsam, als man denkt. Text: Alena Schröder

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er ein Faible für die bunten Blätter, für Nachrichten aus der Welt der Stars und Sternchen hat, der wird Benjamin Millepied vor allem für eins halten: den Mann von Hollywoodstar Natalie Portman. Für Freunde und Kenner des Balletts verhält es sich umgekehrt – da ist Natalie Portman allenfalls die glückliche Frau an der Seite von B ­ enjamin Millepied, einem der aufregendsten und besten Tänzer und Choreographen unserer Zeit. Kennengelernt haben sich die beiden auf dem Set des Hollywoodfilms »Black Swan«, der Natalie Portman in der Rolle einer psychotischen Ballerina einen Oscar bescherte. Millepied wirkte als Choreograph der Tanzszenen mit und hatte auch selbst eine kleine Rolle – seine erste Berührung mit der Welt des kommerziellen Kinos. Normalerweise sind diese Sphären strikt getrennt – auf der einen Seite der feinsinnige, strenge und elitäre Kosmos des klassischen Tanzes, auf der anderen die Popkultur. Persönlichkeiten, die in beiden Welten authentisch und erfolgreich sein können, sind selten. Allenfalls Rudolf Nurejew konnte ohne Imageschaden sowohl im Londoner Royal Ballet auftreten als auch in der Muppet-Show ein Pas de deux mit Miss Piggy tanzen. Benjamin Millepied könnte nun erneut das Kunststück g­ elingen, beides zu sein: Ein Star des klassischen Balletts und eine Ikone der Popkultur, jemand, den man auch dann kennt, wenn man sonst nicht viel mit Ballett am Hut hat.

Diese Verbindung von Kunst und Kommerz wird zusammen mit der äußerst ansprechenden Erscheinung Millepieds ausschlaggebend gewesen sein, den vierunddreißigjährigen Tänzer zum Gesicht von L’homme libre zu machen, dem neuen Herrenduft aus dem Hause YSL. Yves Saint Laurent selbst war Zeit seines Lebens ein großer Bewunderer und ­Kenner des klassischen Balletts, er entwarf Kostüme für Zizi Jeanmaire und Rudolf Nurejew – 1982 trat Nuejew sogar anlässlich der Präsentation des YSL-Dufts Kouros auf, in der Pariser Salle Favart. Die Arbeit Yves Saint Laurents und die Art und Weise, wie er seine Kleider entwarf,

haben Millepied schon immer fasziniert. »Er zeichnete sehr spontan und ohne danach noch etwas an den Designs zu ändern, weil er alles schon in seinem Kopf sehr genau komponiert hatte«, erzählt Millepied. »Das ähnelt der Erfahrung, die ein Choreograph mit seinem Tänzer auf der Probebühne macht. Sehr viel bewusste und unbewusste Arbeit hat schon im Kopf stattgefunden, bevor man überhaupt die Bühne betritt, und dann wird alles in der Bewegung konkret – das fasziniert mich.«

Momente Benjamin Millepied wurde in Bordeaux geboren und lebte bis zu s­ einem fünften Lebensjahr im Senegal, wo seine Mutter afrikanischen und zeitgenössischen Tanz unterrichtete. Tanzen habe er schon von Kind auf als Ausdruck von Freude und Freiheit erlebt, erzählt Millepied. Die Disziplin, das harte Training und die Entsagung, die eine Ballett­ karriere erfordern, habe er erst sehr spät gespürt. Mit dreizehn Jahren begann er seine Ausbildung am Conservatoire National in Lyon, noch als T ­ eenager zog Millepied allein nach New York, mit achtzehn Jahren wurde er Corps-Tänzer des New York City Ballet, wo er ab 2002 als Erster Solist für Furore sorgte.

»Es gibt diesen einen magischen Moment auf der Bühne, den man mit seinem Publikum teilt. Den Moment, in dem man sich von all der ­Technik, die man jahrelang, Tag für Tag, trainiert hat, löst und voll­ kommen frei ist«, sagt Millepied. »Frei zu sein, man selbst zu sein – das ist es, worum es beim Tanzen eigentlich geht.« Diese Freiheit ist es, der das Haus Yves Saint Laurent seinen neuen Duft widmet. Carlos Benaïm, der legendäre Parfümeur, hat den Duft L‘Homme libre geschaffen.

George Balanchine, der legendäre Choreograph des New York City ­ allets, soll einst für jede seiner Ballerinas ein persönliches Parfüm B ausgewählt haben, erzählt Benjamin Millepied. Sollte er mit seinen ­Tänzern ähnliches vorhaben, hätte er nun in jedem Fall den passenden Duft zur Hand.  > F I N E   |   D UFTSTAR S 2012

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Pourquoi pas? Jean Paul Gaultier will einfach nur spielen

Text: Angelika Ricard-Wolf

Alles ist möglich. Unter dieser Prämisse entwirft der französische Designer Jean Paul Gaultier höchst erfolgreich Mode und Parfüms. Mit seinem sicheren Gespür für die perfekte Mischung aus Stil und Trash bricht der Trendsetter Konventionen, Regeln – und die Herzen der stolzesten Frauen (und Männer).

Der kokette Schöpfer und sein frivoles Geschöpf: Gaultier und Classique.

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lles auf Taille. Um sie dreht sich die Mode- und Parfümwelt von Jean Paul Gaultier. Der französische Designer hat einfach die Kurven raus. Egal, ob es um die Linienführung für eine seiner neuen Modekollektionen geht. Oder um den Flakon für einen Duft.

Der große Blonde mit dem bevorzugt getragenen Ringelhemd ist der Mann fürs Schnittige, Körperbetonte. Wie formvollendet formvollendend er sein Metier beherrscht, demonstriert er der Branche schon früh. 1983 präsentiert er sein erstes Korsett-Kleid. Der Geniestreich, ein knappes Dessous aus der Deckung ins Rampenlicht zu holen, macht Gaultier über Nacht zum Enfant terrible der Modewelt. Den Spitznamen verpasst ihm ein britischer Journalist. Das »schreck­ liche Kind« selbst findet das höchst vergnüglich. »Es war die große Zeit der Couture und der Designer wie Claude Montana und Thierry ­Mugler. Ich war ein wenig anders als die anderen und störte diese Szene ein ­bisschen.« Die Vorstellung entlockt ihm noch heute ein fröhliches, leicht meckerndes, aber höchst ansteckendes Lachen. 40

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Aber was heißt hier »war«? Jean Paul Gaultier ist immer noch ein wenig anders als die anderen. Zum Glück! Trotz seiner ausgeprägten ­Vorliebe für Korsagen – die sich bis heute in all seinen Damen-Kollektionen und den Torso-Flakons für seine Bestseller-Düfte Classique für Frauen und Le Male für Männer widerspiegelt – hat er sich selbst nie in ein ­Korsett zwängen lassen. Dafür kokettiert Jean Paul Gaultier viel zu gern mit der Mode. Er versteht sie als ewiges Spiel, für das er mit Farben, Formen und jeder Menge Fantasie jongliert, um es mit neuen fashionable Facetten zu beleben. Ein Trendsetter par excellence, der nach zweiundvierzig Jahren im Metier immer noch unbändigen Spaß an seiner Arbeit hat. Das sieht man seinen unkonventionellen Entwürfen an, bei denen er unbeschwert alte Rollenbilder und Fashionformate auflöst und auf seine ganz eigene Art, möglichst mit einem Augenzwinkern, neu inter­ pretiert. Mit Korsagen über Blazern, reichlich Strapsen oder Ober­teilen mit ausgeprägt spitzen Satin-Bustiers setzt er sexy Kontrapunkte im


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PHOTOGRAPHED BY JUERGEN TELLER


Fotos: Gaultier

Niemals ohne verspielten Witz: Gaultiers Herrendüfte Le Male und Kokorico sowie die Parfüms Classique und Classique X Collection.

Saison passend zur aktuellen Kollektion neu ein. Drei Jahre später stellt er dem Damen-Flakon mit dem Herrenparfüm Le Male einen ­Begleiter in Form eines muskulösen Torsos an die Seite.

allzu braven Modeeinerlei. Punk- oder Rock-Elemente mischt er im gewollten Kulturclash mit feinsten Zwirn auf und macht sie so salon­ fähig. Auch Männer sind vor seiner überbordenden Lust am häufig andro­gyn geprägten Stil-Twist nicht sicher. Er kreiert die ersten Röcke für ganze Kerle und verpasst ihnen sogar die erste dekorative Make-upLinie samt Wimperntusche. Immer schön unkonventionell bleiben. Das hat bei ihm Methode. Pourquoi pas? Warum nicht? Was soll schon schief gehen? Die Tarot-Karten lügen nicht. Die hätten ihm, sagt er, schließlich schon früh eine glänzende Karriere prophezeit. Gelegt und gedeutet habe sie ihm die Großmama, bei der er in einem Vorort von Paris aufwuchs. »Ich fühlte mich in der Schule und unter den anderen Jungs nie wohl«, erzählt Gaultier. Er sei lieber zu Hause gewesen, habe Theaterdekora­ tionen, Schuhe und Kleider gezeichnet. Seine Großmutter bestärkte ihn darin. »Mach weiter so. Alles wird gut«, habe sie ihm gesagt. Dafür ist er bis heute dankbar. »Das hat mir Selbstvertrauen gegeben.«

Immer für Überraschungen gut, riskiert Jean Paul Gaultier 1997 sogar den Schritt in die upper class der Modemacher: Er entwirft seine erste Haute-Couture-Kollektion, für die er schnell eine kleine, aber zahlungskräftige Schar an Stammkundinnen gewinnen kann. Weltweit sind es zwar gerade mal zwanzig Frauen, die bereit sind, ein kleines Vermögen für seine exquisit geschnittenen und extrem raffinierten Roben hinzublättern. Da diese Damen – noblesse oblige – aber nicht nur ein e­ inziges Outfit, sondern zehn und mehr Modelle pro Saison brauchen, haben die Näherinnen in seinem Atelier alle Hände voll zu tun. Es ist Teil des alten Zunfthauses in der Pariser Rue Saint Martin, das Gaultier mit viel Liebe zum Detail restaurieren ließ, um es als Firmensitz zu ­nutzen. Und auch für seine Defilés, für die der große Saal des historischen Gebäudes mit Catwalk und Hunderten von Stühlen aufgerüstet wird. Hier einen Platz zu ergattern, möglichst in der ersten Reihe, ist oberste Fashionista-Pflicht. Die Shows von Gaultier sind legendär. Seit jeher lässt er seine Outfits meist nicht nur von ranken Models, sondern immer wieder auch von pfundigen Vertreterinnen der Weiblichkeit vorführen. Erstens nascht er selbst gern und zweitens hat er was gegen Blasiertheit. Letztere geht ihm vor allem dann auf den Nerv, wenn Menschen nicht zugeben, dass etwas gut ist. Die sagten stattdessen lieber a­ ffektiert: »Das ist nicht schlecht.« Das findet er traurig, weil es die Energie raube. »Die Fähigkeit, sich noch wundern und für eine Sache b ­ egeistern zu können, ist etwas Unverzichtbares«, sagt Gaultier. »Es macht Spaß, enthusiastisch zu sein.«

So schickt er seine Modezeichnungen mit siebzehn an Pierre Cardin, der erkennt sein Talent und stellt ihn als Assistenten ein. An seinem achtzehnten Geburtstag. Im Haus Jean Patou lernt er später das Couture-­ Handwerk, kehrt wieder zu Cardin zurück und macht sich dann mit Entsprechend engagiert, ja geradezu lustvoll kniet er sich in jede neue vierundzwanzig Jahren selbständig. Aufgabe hinein. Entwirft die Kostüme für Filme und Theaterstücke, kleidet Stars wie Nicole Kidmann oder Marion Cotillard (beide für die Seit 1976 präsentiert er unter eigenem Namen eine stets avantgar­ Oscar-Verleihung!) ein oder verpasst – wie jetzt gerade wieder – Popdistische, immer Trends setzende Prêt-à-Porter-Linie für Frauen, 1984 Ikone Madonna sexy Bühnen-Outfits für ihre geplante neue Welt­ die erste Herren-Kollektion. Im Lauf der Jahre kommen eine Jeans- tournee. Wenn Fantasie gefragt ist, ist Jean Paul Gaultier in seinem Kollektion, das sportliche Unisex-Label »JPG by Gaultier« und eine Element. Ein bezauberndes Beispiel ist sein aktueller Werbe-Einsatz in einem Spot für eine Diät-Cola. Da flirtet er charmant mit einer Mario­ Linie für Kinderbekleidung dazu. So ungewöhnlich wie viele seine nette und schneidert ihr die schönsten Kleider auf die puppige Figur. Modekreationen sind auch die Parfüms, die der Designer seit 1993 auf den Markt bringt. Mit dem vollbusigen Flakon für den Damenduft ­Classique erweist der bekennende Kinofan (möglichst zwei neue Filme Er will einfach nur spielen. Daran hält er fest. »Wer wie ich seinen Kindpro Woche!) der Schauspielerin Mae West, Hollywoods erstem Vamp, heitstraum lebt, bleibt Kind. Und muss es auch. Nur das gibt die F ­ rische, seine Reverenz. Das kurvenreiche Fläschchen, immer noch ein Bestsel- Dinge immer neu zu sehen. Diesen Zustand habe ich konserviert.« Ein ler und längst zum Parfümklassiker avanciert, kleidet der Maestro jede Kind. Es ist gerade sechzig Jahre alt geworden.  > 42

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DUFTSTARS 2012 KATEGORIE EXKLUSIV Herren

Bang Bang Marc Jacobs Frisch, elegant und holzbetont – der neue Herrenduft von Marc Jacobs ist eine dynamische Interpretation des schlagkräftigen ­Originals Bang, für das es schon 2011 einen Duftstar gab. Eine erfrischende Zitrus-Kopfnote, ein Herz aus Sandelholz und eine Basisnote aus reichhaltigen Kaschmir-Moschus-Akkorden ver­ leihen dem Duft eine energievolle Balance aus Eleganz und Charme. Damen

Bottega Veneta Bottega Veneta Das Eau de Parfum von Bottega Veneta strahlt die gleiche Geschmeidigkeit und Sinnlichkeit aus wie die luxuriösen Leder­ waren des ­Hauses. Der blumige Chypre-Duft, die vornehme ­Fülle von Leder und würzige Komponenten wie Bergamotte und ­Patschuli sind eine olfaktorische Hommage an Venedig und die Bedeutung der Stadt als Endpunkt der Seidenstraße.

KATEGORIE PRESTIGE Herren

L’Homme Libre YSL Freiheit ist eine Lebenseinstellung – und diesem Gefühl w ­ idmet Yves Saint Laurent seinen neuen Herrenduft. Bergamotte, ­Basilikum, Pink Pepper, Muskatnuss und Ledernuancen ver­leihen ihm Frische und charismatische Würze. Nicht zu vergessen der im stilisierten ­Bauhaus-Design gehaltene Flakon, der Urbanität und Lässig­keit ausstrahlt.

Damen

Le Parfum Elie Saab Zarte, subtile Kreationen mit glitzernden Pailletten, kost­baren Spitzen und feinsten Handstickereien – die märchenhaft-­feminine Abendmode des libanesischen Designers Elie Saab erhält mit ­seinem ersten Duft Elie Saab Le Parfum seine olfaktorische Ent­ sprechung. Blumig-holzige Noten, Akzente von Orangen­blüten, ­Jasmin und Zeder prägen diesen Duft und machen ihn zu einer Ode an eine strahlende Feminität.

+ + + D U F T S TA R S 2 0 1 2 + + + D I E P U B L I K U M S P R E I S E + + + D U F T S TA R S 2 0 1 2 + + Eve Jil Sander

Made for Women Bruno Banani

Ein Duft, der den letzten Schliff verleiht und entscheidender Ausdruck wahrer Schönheit ist.

Der Duft weckt die verborgenen Jagdinstinkte jeder Frau und unterstreicht ihre Einzigartigkeit.

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LIFESTYLE DAMEN


» Parfüm ist wie die Liebe. Ein bisschen ist nie genug.« Estée Lauder

KATEGORIE LIFESTYLE Herren

Homme David Beckham Kaum ein Sportler verkörpert moderne Männlichkeit so wie Fuß­ ballstar und Trendsetter David Beckham. Noch dazu zeichnet er sich durch Beständigkeit aus: Wie im letzten Jahr erhält s­ eine Kreation den Duftstar in der Kategorie Lifestyle, diesmal mit ­seinem neuen Duft Homme, einer würzig-aromatischen Kompo­ sition aus Zitrus, Ingwer, Rosmarin und Mahagoni-Noten.

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Dita von Teese Luxess Dass die Königin des Burlesque ihrem ersten eigenen Duft »Dita von Teese« einen glamourösen Auftritt bescheren würde, ver­ steht sich von selbst: Der mondäne Standflakon mit Ballzer­ stäuber ist ein echter Hingucker und gemeinsam mit dem sinn­ lich-geheimnisvollen Duft mit Noten von Pfingstrosen, Moschus und würzigem Bourbon-Pfeffer eine Hommage an die Zeit der ­zwanziger und dreißiger Jahre.

KATEGORIE KLASSIKER Herren

Allure Homme Chanel Wenn sich Charisma in einem Duft ausdrücken lässt, dann mit ­dieser Komposition aus dem Hause Chanel. Die Frische grüner Pflanzen, die Tiefe von Tonkabohnen und Holznoten und die Würze von schwarzem Pfeffer verbinden sich zu einem markanteleganten Duft, dessen komplexe Harmonie sich bei jedem Mann ­individuell entfaltet.

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24, Faubourg Hermès 24, Faubourg lautet die Adresse des ersten Pariser Laden­ geschäfts von Hermès, und sie gibt auch diesem sinnlich-ele­ ganten Duft­klassiker seinen Namen, der seit 1995 ein Symbol für Eleganz und Luxus ist. Der Flakon dieser opulenten Blüten­ komposition erinnert an die berühmten Seidencarrés des Mode­ hauses.

+ D I E P U B L I K U M S P R E I S E + + + D U F T S TA R S 2 0 1 2 + + + D I E P U B L I K U M S P R E I S E Code Sport Giorgio Armani

Fresh Man MEXX

Armani Code Sport ist ein Konzentrat aus purem Adrenalin! Ein moderner Code der Verführung.

In jeder Hinsicht erfrischend einfach, erfrischend modern und erfrischend anders.

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DUFTSTARS 2012 DIE GALA DER FRAGRANCE FOUNDATION Text: ALENA SCHRÖDER

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­ aufe gehoben wurden und die besten Düfte des Jahres T ehren, sind inzwischen ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem sich Stars wie Halle Berry, Sean Combs, Zac Posen oder Donna Karan gern zeigen. Den Gewinnern der FIFIAwards und ihrer deutschen Entsprechung, den Duftstars, winkt neben der Anerkennung auch eine Trophäe, eine Säule aus Kristallglas, die symbolhaft einen Tropfen einschließt. Die 2008 von dem Designer Denis ­Boudard neu entworfene Skulptur ist ebenso wie ihre Vorgängerin zum Objekt der Begierde für Parfümeure auf der ­ganzen Welt geworden.

chte Stars verdienen eine große Bühne: Im ­Rahmen einer glamourösen Gala verleiht die Fragrance Foundation Deutschland in Berlin die Duftsstars und ehrt so die besten Kreationen aus der Welt des Parfüms. Stars und Persönlichkeiten aus der Parfümbranche, aus ­Politik, Wirtschaft, Medien und Kultur feiern im Berliner Tempo­ drom die Gewinner, die in den Kategorien Klassiker, Exklusiv, Prestige und Lifestyle ausgezeichnet werden. Eine rund zweihundertfünfzigköpfige Branchen-Jury hat in geheimer Wahl und unter notarieller Aufsicht die Preisträger aus vierzig Nominierten ermittelt. Und auch ein Publikumspreis wird vergeben, über den viele tausend Kunden und Parfümliebhaber seit Dezember im Internet oder per Postkarte abgestimmt haben. In diesem Jahr entfalten die Duftstars eine ganz besondere Strahlkraft, denn die Auszeichnung feiert Geburtstag: Zum zwanzigsten Mal verleiht die Fragrance F ­ oundation Deutschland den prestigeträchtigen Preis – und die Verleihung ist längst mehr als ein Branchen­treffen. Moderiert wird die Gala von Barbara Schöneberger, musikalisch untermalt von Ex-Spice-Girl Melanie C und der charismatischen »The Voice of Germany«-­Gewinnerin Ivy ­Quainoo. Prominente Gäste wie Jette Joop, G ­ edeon Burkhard, Gabriela Sabatini, Natasha Bedingfield oder Regina ­Halmich haben schon in den letzten Jahren verdeutlicht, dass die Duftstars längst eine f­este Größe im an glamourösen Events nicht gerade armen Berlin geworden ist.

auch ein flüchtiges. Doch »gerade dieser vergängliche Charakter ist das, was einen bleibenden Eindruck hinterlässt«, sagt Susanne Rumbler, Präsidentin der Fragrance Foundation Deutschland. Wie erfolgreich die Fragrance Foundation die Faszination von Parfüm einer breiten Öffentlichkeit vermittelt, lässt sich leicht an ihrer Geschichte erkennen: 1949 ­wurde der Verein von den sechs führenden Kosmetikunternehmen Chanel, Coty, Elizabeth Arden, Guerlain, Helena Rubinstein und Parfums Weil in den Vereinigten Staaten gegründet, zu einer Zeit, als es eigentlich nur in Frankreich einen nennenswerten Markt für Düfte gab. Doch die Faszination für Parfüm und die Anerkennung für die kreative und handwerkliche Leistung der ­Parfümeure wuchs auch in Amerika stetig an. Inzwischen ist das Land der größte Duftmarkt der Welt, der gesellschaftliche Stellenwert von Parfüm ist hoch. Und die FIFI-Awards, die 1973 als Pendant zu den Oscars aus der

Die Duftstars 2012 sind also nicht nur ein würdiger Anlass, die besten Düfte des Jahres zu ehren. Sie sind die Gelegen­heit einer ganzen Branche, in einer langen, fröhlichen, wilden Berliner Nacht die eigenen Erfolge zu feiern – und zu Recht mächtig stolz auf sich zu sein. >

Fotos: Guido Bittner, Bildschoen GmbH, Torsten Zimmermann

Doch trotz des roten Teppichs und der prominenten ­ äste: Im Vordergrund stehen die Düfte des ­Jahres. G Denn die Würdigung mit dem Duftstar hat vor allem einen Zweck: Parfüm als Kulturgut in das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken und seiner Banalisierung entgegenzutreten. Denn ein Duft ist nicht einfach nur ein Kosmetik­produkt, er rührt an unsere tiefsten Empfindungen, weckt Erinnerungen an erste Liebe, an Kindheit, an Genuss. Ein gelungenes Parfüm lässt einen besonderen Moment wieder auferstehen, es ist ein Kunstwerk – wenn

Sie repräsentieren und managen die Fragrance ­Foundation in Deutschland und die große Gala der Duftstars: Susanne ­Rumbler als Präsidentin und Martin Ruppmann als Geschäftsführer wollen das Parfüm als Kulturgut in das Bewusstsein der Gesellschaft tragen.

Die deutsche Dependance der Fragrance F ­ oundation existiert seit 1996, sie schlägt hierzulande die Brücke zwischen Händlern, Herstellern, Designern, Medienschaffenden, Werbern und Verbrauchern. Und das mit wachsendem Erfolg: Die Zahl der Parfümenthusiasten wächst auch in Deutschland beständig. Nicht zuletzt der engagierten Arbeit der Fragrance Foundation ist es zu verdanken, dass Parfüm von immer mehr Menschen als luxuriöses Accessoire, als Transmitter von Persönlichkeit und Charisma, als eine gelungene Symbiose von Genuss und Design erlebt wird. »Am Ende entscheiden immer die Konsumenten und die wünschen sich i­nnovative, oftmals mutige, gewagte und manchmal auch eigen­ sinnige, ja sogar respektlose Kreationen, um den anima­ lischsten unserer Sinne – den Geruchssinn – zu betören«, sagt M ­ artin Ruppmann, Geschäftsführer der Fragrance ­Foundation Deutschland. »Parfüms wecken Begehrlichkeiten, und gleichzeitig wohnt ihnen der Zauber inne, diese Begehrlichkeiten und Sehnsüchte unmittelbar zu stillen. Diese Magie gestaltet die Fragrance ­Foundation jedes Jahr aufs Neue und immer wieder faszinierend durch die Ausrichtung der Duftstars mit.«

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Karoline Herfurth

DIE FRAU, IHR DUFT

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in der Kategorie PUBLIKUMSPREIS PRESTIGE DAMEN


www.giorgioarmanibeauty.com

Die sinnliche Verf端hrung des Mondes


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