FINANCIAL PLANNING Magazin IV-2019

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I N V ES T M E N T LÖ S U N G E N

(Nicht-)Erreichen der Anlageziele trotz langfristiger Aktienanlage? Von David H. Salomon & Alexander Günther Socorro

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aut Beratern aus der Investmentbranche, Finanzmagazinen und Vertriebsverantwortlichen von Fondsgesellschaften führt das diversifizierte Investieren in Aktien bei einem ausreichend langen Anlagehorizont eigentlich immer zum Anlageziel. Dieser Artikel soll diese Betrachtungsweise kritisch hinterfragen und den Leser zum Nachdenken anregen.

Auszahlung zum Rentenbeginn in Höhe von 55.000 EUR bei einer angenommenen Inflationsrate von 3 Prozent in 20 Jahren bereits 100.000 EUR betragen. Ein weiterer Grund, die nachfolgenden Gedanken sehr sorgfältig zu lesen. Lebensalter versus verfügbarer Anlagezeitraum versus Negativperioden

Betrachtet man die unten stehende Grafik, so sieht man die inflationsbereinigte Entwicklung des S&P 500 von Beginn des Schaut man sich beispielsweise verschieJahres 1900 bis 2017. Hieraus geht herdene Marketingtools wie das DAX-Rendivor, dass den Anleger, historisch betrachtedreieck an, so kann man beobachten, tet, langjährige negative Perioden daran dass dem Anleger teilweise irreführende hindern können, sein Anlageziel per SalErwartungen vermittelt werden. do zum Rentenbeginn oder Bedarfszeitpunkt zu erreichen. Man sollte also nicht Durch Aussagen wie „So konnte man beiDavid Harald Salomon, Werkstudent, vergessen, dass neben der Inflation zahlspielsweise bei einem Anlagezeitraum von HONORIS Treuhand GmbH reiche weitere Faktoren, inklusive irrati20 Jahren eine durchschnittliche Rendite onaler Handlungen und unerwarteten Kapitalbedarfs, Anleger von 8,9 Prozent im Jahr auf das angelegte Geld erwirtschaften. zusätzlich vom Erreichen ihres eigentlichen und ursprüngliIm schlechtesten Fall lag die jährliche Rendite bei 3,8 Prozent, chen Anlageziels entfernen. im besten bei 15,2 Prozent.“ (Deutsches Aktieninstitut) werden Um dies noch weiter zu verdeutlichen, betrachten wir einmal den Anlegern implizit pauschalisierte Handlungsempfehlungen einen fiktiven durchschnittlichen Anleger, der in der Regel erst erteilt und Sicherheiten suggeriert, die jedoch für den individuim Alter von 30 bis 35 Jahren mit dem substanziellen privaten ellen Vermögensaufbau unter Berücksichtigung ganz persönliVermögensaufbau beginnen kann, da für ihn vorher noch ancher Rahmenbedingungen infrage zu stellen sind. dere Dinge wie das Gründen einer Familie oder der Kauf einer selbstgenutzten Immobilie im Mittelpunkt standen. Darüber Der Anleger sollte derartigen Empfehlungen kritisch gegenhinaus haben viele Anleger erst in diesem Alter die Mittel zum überstehen, da ihm während seines langfristigen Weges zur ErInvestieren, da sie erst dann lange genug berufstätig sind. reichung des Anlageziels folgende renditemindernde Faktoren begegnen: Steuern, Transaktionskosten, Gebühren und Inflation Diese finanziellen Belastungen finden in den Darstellungen keine Berücksichtigung. Oftmals wird pauschal unterstellt, dass Aktienanlagen eine Geldentwertung durch Kurssteigerungen kompensieren. Auf diese Aussage sollte man sich nicht verlassen, sondern stattdessen eine Ex-ante-Kostenaufstellung durchführen. Hierdurch erhält der Anleger direkt einen Eindruck von dem starken Einfluss von Kosten und Gebühren auf seine reale Performance. Sollte der Anleger mit Eintritt in das Rentenalter auf Auszahlungen angewiesen sein, muss er mit zukünftig höheren Lebenserhaltungskosten aufgrund steigender Inflation rechnen. Stichwort ist hier die allseits bekannte zukünftige reale Kaufkraft einer Geldeinheit. So müsste eine heutige

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Inflationsbereinigte Entwicklung des S&P 500 1900-2017. (Real Investment Advice)

FINANCIAL PLANNING 04.2019


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