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Nicht-)Erreichen der Anlageziele trotz langfristiger Aktienanlage?

(Nicht-)Erreichen der Anlageziele trotz langfristiger Aktienanlage?

Von David H. Salomon & Alexander Günther Socorro

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Laut Beratern aus der InvestmentAuszahlung zum Rentenbeginn in Höhe branche, Finanzmagazinen und Vervon 55.000 EUR bei einer angenommenen triebsverantwortlichen von FondsInflationsrate von 3 Prozent in 20 Jahren gesellschaften führt das diversifizierte bereits 100.000 EUR betragen. Ein weiteInvestieren in Aktien bei einem ausreirer Grund, die nachfolgenden Gedanken chend langen Anlagehorizont eigentlich sehr sorgfältig zu lesen. immer zum Anlageziel.

Dieser Artikel soll diese Betrachtungszeitraum versus Negativperioden weise kritisch hinterfragen und den Leser begegnen:

Steuern, Transaktionskosten, Gebühren und Inflation

Diese finanziellen Belastungen finden in den Darstellungen keine Berücksichtigung. Oftmals wird pauschal unterstellt, dass Aktienanlagen eine Geldentwertung durch Kurssteigerungen kompensieren. Auf diese Aussage sollte man sich nicht verlassen, sondern stattdessen eine Ex-ante-Kostenaufstellung durchführen. Hierdurch erhält der Anleger direkt einen Eindruck von dem starken Einfluss von Kosten und Gebühren auf seine reale Performance. Sollte der Anleger mit Eintritt in das Rentenalter auf Auszahlungen angewiesen sein, muss er mit zukünftig höheren Lebenserhaltungskosten aufgrund steigender Inflation rechnen. Stichwort ist hier die allseits bekannte zukünftige reale Kaufkraft einer Geldeinheit. So müsste eine heutige

Lebensalter versus verfügbarer Anlage

zum Nachdenken anregen. Betrachtet man die unten stehende Grafik, so sieht man die inflationsbereinigte Schaut man sich beispielsweise verschieEntwicklung des S&P 500 von Beginn des dene Marketingtools wie das DAX-RendiJahres 1900 bis 2017. Hieraus geht hertedreieck an, so kann man beobachten, vor, dass den Anleger, historisch betrachdass dem Anleger teilweise irreführende tet, langjährige negative Perioden daran Erwartungen vermittelt werden. hindern können, sein Anlageziel per Saldo zum Rentenbeginn oder BedarfszeitDurch Aussagen wie „So konnte man beiDavid Harald Salomon, Werkstudent, punkt zu erreichen. Man sollte also nicht spielsweise bei einem Anlagezeitraum von HONORIS Treuhand GmbH vergessen, dass neben der Inflation zahl20 Jahren eine durchschnittliche Rendite reiche weitere Faktoren, inklusive irrativon 8,9 Prozent im Jahr auf das angelegte Geld erwirtschaften. onaler Handlungen und unerwarteten Kapitalbedarfs, Anleger Im schlechtesten Fall lag die jährliche Rendite bei 3,8 Prozent, zusätzlich vom Erreichen ihres eigentlichen und ursprüngliim besten bei 15,2 Prozent.“ (Deutsches Aktieninstitut) werden chen Anlageziels entfernen. den Anlegern implizit pauschalisierte Handlungsempfehlungen Um dies noch weiter zu verdeutlichen, betrachten wir einmal erteilt und Sicherheiten suggeriert, die jedoch für den individueinen fiktiven durchschnittlichen Anleger, der in der Regel erst ellen Vermögensaufbau unter Berücksichtigung ganz persönliim Alter von 30 bis 35 Jahren mit dem substanziellen privaten cher Rahmenbedingungen infrage zu stellen sind. Vermögensaufbau beginnen kann, da für ihn vorher noch anDer Anleger sollte derartigen Empfehlungen kritisch gegenselbstgenutzten Immobilie im Mittelpunkt standen. Darüber überstehen, da ihm während seines langfristigen Weges zur Erhinaus haben viele Anleger erst in diesem Alter die Mittel zum reichung des Anlageziels folgende renditemindernde Faktoren Investieren, da sie erst dann lange genug berufstätig sind.

dere Dinge wie das Gründen einer Familie oder der Kauf einer

Inflationsbereinigte Entwicklung des S&P 500 1900-2017. (Real Investment Advice)

Unter der Voraussetzung, dass mit dem Eintritt ins Rentenalter der Anlagehorizont des Anlegers endet, bleibt ihm ein Investitionszeitraum von 30 Jahren. Tritt während des gewählten Zeitraums eine der dargestellten Verlustperioden auf, so ist der Anleger länger damit beschäftigt, seinen Verlust auszugleichen, als dass er seinem Anlageziel näherkommt. Real entfernt er sich, was die notwendige (jährliche) Durchschnittsrendite bis zum Endzeitpunkt massiv ansteigen lässt! In einer sich anschließenden Aufholperiode muss also eine doppelt so hohe Rendite eingestrichen werden, um das ursprüngliche Renditeziel nach einer Verlustperiode zu erreichen (unten stehende Grafik). Diese eigentlich eher einfachen mathematischen Zusammenhänge bleiben vielen Anlegern oftmals verborgen. Betrachtet man die Entwicklung des Charts nochmal etwas genauer, so kann man ableiten, dass dem Anleger theoretisch nur wenige Zeitfenster zum Erreichen seines finanziellen Ziels bereitstehen. Daher spielt die Wahl des adäquaten Einstiegszeitpunktes eine bedeutende Rolle.

Hätte der Investor beispielsweise innerhalb der Zeitspanne zwischen 1970 und 1990 investiert, so wäre ihm keine negative Periode im Weg gestanden.

Die Quintessenz ist also, –dass der Anleger ein limitiertes Zeitfenster für das Erreichen seines Anlageziels hat, –die Langfristigkeit der Aktienanlagen nicht als Erfolgsgarant für sein Anlageziel dient und –der Kaufzeitpunkt trotz langfristiger

Sichtweise sehr wohl einen Einfluss auf

das Erreichen von Lebenszielen und -plänen hat!

Klingt das alles ziemlich grausam? Ist es auch, wenn man den pauschalen Marketingsprüchen aufsitzt. Aber die Erkenntnis macht wieder Mut, dass es durch sorgfältiges Hinterfragen, Planen und Kalkulieren möglich ist, eines der 2 bis 3 raren Investitionsfenster in einem gewöhnlichen Anlegerleben zu nutzen. ❚

Alexander Günther Socorro, Werkstudent, BPM - Berlin Portfolio Management GmbH

Aufholgewinn nach einem Depotverlust

Um einen Depotverlust von z. B. 30 % aufzuholen, muss ein Gewinn von 43 % erzielt werden.

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