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Interview mit Maestro Kevin Rhodes

KEVIN RHODES © PETER TORO, TIMETHIEF PHOTOGRAPHY Maestro Kevin Rhodes

Maestro Kevin Rhodes, der neue Chefdirigent des Slowakischen Nationaltheaters SND in Bratislava, im Gespräch mit Ingeborg Tichy-Luger

Nach Kevin Rhodes‘ Studium für Piano und Orchesterdirigieren hat ihn seine Karriere von der Position des Musikdirektors des Albuquerque Civic Light Opera als Gastdirigent, Kapellmeister oder Musikdirektor in über 15 verschiedene Länder mit mehr als 50 verschiedenen Orchestern nach Amerika, Asien und Europa bis aktuell als neuer Chefdirigent nach Bratislava an das Slowakische Nationaltheater SND geführt. Besonders beeindruckend sind seine KarriereStationen u. a. mit 25 Jahren an der Wiener Staatsoper und 11 Jahren an der Pariser Oper. Langjährige Verpflichtungen haben Rhodes 20 Jahre als Musikdirektor an das Springfield Symphony Orchestra, Springfield, Massachusetts gebunden, und bis heute leitet er das Traverse Symphony Orchestra, Traverse City, Michigan.

Maestro, lieber Kevin Rhodes, herzliche Gratulation zur Position des Chefdirigenten des Slowakischen Nationaltheaters in Bratislava mit Beginn der Spielzeit 2022/23! Worauf dürfen wir uns mit Ihnen im Graben in der kommenden Saison freuen? Ich bin in Bratislava in meine erste Saison als Chefdirigent mit der Wiederaufnahme von “Turandot” Anfang September gestartet. Danach habe ich ein schönes und berührendes Gala-Konzert als Hommage an die im Vorjahr verstorbene legendäre slowakische Starsopranistin Editha Gruberova geleitet, gefolgt von meiner ersten Opernpremiere am SND, Bizets “Carmen” in der Regie von Lubor Cukr.

Das Slowakische Nationalballett hat mit einer Wiederaufnahme von “Giselle” in der Fassung von Rafael Avnikjan nach Corralli, Perrot und Petipa die neue Spielzeit begonnen. Im November folgt die Premiere von Sir Frederick Ashtons “La Fille mal gardée”, für die der Ballettmeister des Wiener Staatsballetts Jean-Christophe Lesage die Einstudierung leitet.

Im Frühjahr 2023 sind unter meinem Dirigat Dvoráks “Rusalka”, die aktuelle Produktion von Petipa/Iwanows “Schwanensee” und zum Ende der Spielzeit Verdis “Aida” geplant.

Was bedeutet dieser Karriereschritt für Sie – künstlerisch: im Dirigieren von Oper, Ballett und Symphonischen Konzerten, terminlich: durch die fixe Verpflichtung in Bratislava und privat: durch die Distanz zu Ihrer Heimat? Die große Distanz zu Michigan, wo mein fester Wohnsitz ist, ich mit meiner Frau und ihrer Mutter lebe und dort auch immer noch ein Orchester leite – diese große Distanz ist schon etwas, womit man lernen muss umzugehen.

Für diese Spielzeit hatte ich schon einiges voraus geplant, bevor die Verpflichtung mit Bratislava zustande gekommen ist – und zwar Produktionen mit meinem ersten Wiener Ballettchef Renato Zanella. Wir machen gemeinsam einige Stücke in Ljubljana am Slowenischen Nationaltheater für Oper und Ballett – darunter einen sehr schönen Abend mit Schönbergs “Verklärte Nacht” und Mahlers “Lied von der Erde”. Mit Renato Zanellas Compagnie mache ich im Jänner 2023 “Giselle” in der Choreographie von José Martinez, mit dem ich in Paris, als er noch getanzt hat, so viel gemacht habe, dass ich gar nicht alle Produktionen aufzählen kann.

In Rom kommt “Giselle” in der Choreographie von Carla Fracci und eine neue Produktion “La Bajadère” von Benjamin Pech. Benjamin und ich lernten einander an der Scala 2003/04 kennen. Er hat in “La Sylphide” getanzt, und kurz danach haben wir in Paris viel gemeinsam gemacht, als er dort Étoile war. Ich freue mich darauf, ihn in Rom wiederzusehen, ebenso wie Eleonora Abbagnato, die dortige Ballettdirektorin, mit der ich auch etliches in Paris gemacht habe. Danach steht in meinem Kalender “Casse Noisette” in Oslo. Diese Verpflichtungen standen schon fest, bevor wir uns für diesen Riesenschritt hier in Bratislava entschieden haben. Einfach gesagt: ich bin für diese kommende Spielzeit ein Jongleur und freue mich, sehr, sehr, sehr darauf!

Die Situation in Bratislava ist interessant, weil es einige Jahre keinen Chefdirigenten gegeben hat, und das Orchester sehr interessiert war, wieder einen Chef zu bekommen. Wir haben vor nicht einmal einem Jahr erstmals zusammengearbeitet bei der Wiederaufnahme von Boris Eifmans “Brüder Karamasow” zu Musik von Rachmaninov, Mussorgski und Wagner – und dabei haben das Orchester und ich entdeckt, dass wir eine sehr gute Chemie haben! Danach habe ich mehrere Leute am Haus kennengelernt und letztendlich ist die Idee mich zum Chefdirigenten zu ernennen im Lauf des Winters und Frühlings 2021 entwickelt worden.

Was ist für Sie beim Dirigieren der Unterschied zwischen Oper, Ballett und Symphonischen Werken? Bei Oper und Ballett geht es für die Mehrheit des Abends um Begleiten oder Mit-Musizieren, aber das “Mit-” ist immerhin dabei!

Beim Symphonischen Konzert mache ich Musik mit dem Orchester, aber für den Großteil des Abends gehe ich in meine eigene Richtung. Dabei habe ich weniger “Sorgen” als bei Oper und Ballett, sagen wir einmal so, weil ich gehe einfach auf meinen eigenen Impuls in Kombination mit dem Orchester. Ein Solo-Konzert dauert meistens zirka eine halbe Stunde. Das ist mit einer Person, die direkt neben mir sitzt oder steht und spielt oder singt – höchstens zwei Meter entfernt. Das ist etwas anderes, als im Graben zu stehen und mit einem Künstler auf der Bühne zu arbeiten – sei es ein Sänger oder Tänzer. Und diese Symphonischen Abende sind auch viel kürzer.

In der Oper produziert der Künstler, mit dem ich arbeite, auch Töne, mit denen ich mich koordiniere, ganz banal gesagt. Das ist auch etwas anderes, als wenn ich mit jemandem arbeite, dessen Kunst etwas Sichtliches, Bewegung, ist – das ist total unterschiedlich, als wenn ich mit einer Stimme arbeite. Als Musiker mit einem anderen Musiker zu arbeiten, oder mit einem Sänger, einer Sängerin, das ist näher zu dem, was man von der ersten Klavierstunde an macht, als Tanz zu verstehen und einen schönen Tanzabend zu dirigieren. Es ist etwas ganz anders zu ermöglichen, dass ein Sopran oder Tenor ihre Koloraturen oder schöne Phrasen singen können, als dass Tänzer Drehungen Heber oder Sprünge machen. Näher zur Oper kommt es in einem Handlungsballett, wenn man sogenannte Pantomimen-Szenen hat, wo es nicht um tanztechnische Fragen geht.

Sie sind ein Spezialist für BallettDirigate – wie sind Sie dazu gekommen? Teils aus Zufall, würde ich sagen, obwohl meine Beziehung zu Tanz bis in meine Jugend zurückgeht. Da war es zwar nicht Ballett, aber ich habe in meinem damaligen Heimatort Evansville in Indiana begonnen für das Laientheater Klavier zu spielen. Ich war zu dieser Zeit schon ziemlich fortgeschritten und ein Großteil dieser Arbeit war, die Tanzproben zu spielen. Das war kein “Schwanensee”, sondern “The Music Man”, “Hello Dolly” oder “Sweet Charity”. Ich kann mich noch sehr gut erinnern: Wochenlang habe ich drei bis vier Stunden am Nachmittag und Abend für die Tänzer gespielt. Dort hat es angefangen! Und es ist mir schon eine Hilfe gewesen, dass ich diese Welt von Jugend an kenne!

Zum Ballett kam ich in meiner ersten Position am Basler Stadttheater – und ich habe meine erste Aufgabe gleich am zweiten Proben-

tag bekommen: Der neue Ballettdirektor Youri Vámos kreierte ein Ballett mit einem Gastdirigenten, dem ich assistieren sollte und die Produktion übernehmen, wenn er weg ist nach den ersten fünf oder sechs Aufführungen. Dieser Dirigent war der – jetzt ehemalige – Musikdirektor des Stuttgarter Balletts James Tuggle. Wir verstanden uns sehr gut, ich habe ihm bei etlichen Produktionen assistiert und die Produktionen dann übernommen, bevor ich begonnen habe, meine eigenen Produktionen und die Einstudierungen mit dem Orchester zu machen.

Eines Tages hieß es, Tuggle würde nach Wien gehen und mit Anne Woolliams arbeiten, die damals Ballettchefin war. Und er hat mich gefragt, ob ich Interesse hätte, mit ihm weiterhin in Wien zu arbeiten. Das fand ich eine sehr spannende Idee, weil Wien ist halt Wien, und natürlich wollte ich nach Wien gehen! Diese Idee hat sich dann weiterentwickelt. Es hieß, Tuggle würde zurück nach Stuttgart gehen, weil er dort schon in den 80er-Jahren tätig war, und Renato Zanella hat gesagt: Okay Kevin, “facciamo insieme”! So hat meine Arbeit in Wien begonnen – und es wurden dann 25 Jahre daraus mit den Ballettdirektoren Renato Zanella, Gyula Harangozó und Manuel Legris.

Mit Manuel Legris hatte ich schon in Paris gearbeitet – als ich dort unter Ballettchefin Brigitte Lefèvre begonnen habe. Er war noch Tänzer zu dieser Zeit, und wir kannten einander dann schon sehr gut, als er nach Wien gegangen ist. Nach Paris kam ich durch Gerard Mortier, der zu jener Zeit ein Festival in Bochum geleitet hat, als ich Erster Kapellmeister an der Deutschen Opern am Rhein gewesen bin, wo ich sowohl das Opern- als auch das Ballettrepertoire dirigiert habe. Mortier engagierte mich für die Wiederaufnahme von “Romeo und Julia” in Paris – und das war der Beginn einer zwölfjährigen Zusammenarbeit mit dem Ballett der Pariser Oper, wo ich meistens zwei bis drei Produktionen pro Spielzeit und enorm viele Nurejew-Stücke gemacht habe. Man könnte fast sagen, dass ich in Paris zum Nurejew-Spezialisten geworden bin, weil ich seine “Raymonda”, “Nussknacker”, “Schwanensee”, “Don Quixote”, “Romeo und Julia”, “Bajadere” etc. dort gemacht habe.

Rudolf Nurejews “Dornröschen” habe ich an der Berliner Staatsoper gemacht, und das ist ein langes “Dornröschen” – dreieinhalb Stunden mit zwei Pausen. “Dornröschen” ist ein Ballett, bei dem man als Dirigent nach einer gewissen Zeit denkt, jetzt habe ich bereits alles dirigiert, was Tschaikowski dafür geschrieben hat. Als Dirigent bekommt man die Partitur für eine Produktion und lernt die Musik, die in dieser gewissen Produktion enthalten ist – denn es ist nicht wie bei einer Symphonie. Wenn man eine Tschaikowski-Symphonie macht, dann bekommt man die ganze Symphonie. Aber bei Nurejews “Dornröschen” habe ich entdeckt, dass es noch mehr Musik gibt. Es gibt eine Polonaise am Beginn des dritten Akts, die ich nirgendwo anders als in Berlin gemacht habe.

Nach zehn Jahren mit Ballettdirektor Manuel Legris in Wien hat Sie sein Ruf nun wieder an die Mailänder Scala geführt. Manuel Legris‘ “Sylvia”-Produktion, die wir gemeinsam während seiner Direktionszeit in Wien gemacht haben, war von vornherein als Ko-Produktion mit der Mailänder Scala geplant – lange bevor Legris dort Ballettdirektor und Dominique Meyer zum Intendanten ernannt worden sind. Zuvor hatte ich fast ein Jahrzehnt lang an der Scala dirigiert, dann wieder eine Weile nicht – und “Sylvia” war ein super Stück für meinen Neuanfang an der Scala. Der Premierenabend in Milano war ein Riesenerfolg – so wie in Wien! Nina Poláková kennen Sie aus langjähriger Zusammenarbeit, als sie Erste Solotänzerin an der Wiener Staatsoper gewesen ist – nun kooperieren Sie mit ihr in ihrer Funktion als Ballettdirektorin des SND. Es ist eigentlich wegen Nina, dass ich überhaupt nun in Bratislava bin. Es war im Juni 2021, als sie mir erzählt hat, dass sie Ballettdirektorin in Bratislava geworden ist, und sie hat mir angeboten, mit ihrer Compagnie zu kooperieren und zu dirigieren. Als ich dann im August 2021 in Europa war – mit Renato Zanella in Ljubljana – habe ich gesagt: “Okay, ich komme nach Bratislava, um das Haus zu sehen und treffe den General Manager, Herrn Matej Drliˇcka.” Das habe ich gemacht, hatte einen super Eindruck und vorgeschlagen etwas zu finden, das ich bald dirigieren könne, um zu schauen, welche Chemie zwischen dem Orchester und mir existiert. Das war der Eifman-Abend, der dann genau auf dem Tag nur einen Monat später am 29. September 2021 stattgefunden hat. So hat alles begonnen.

Dann hat das Management mehr über mich erfahren, nämlich, dass ich nicht “nur” Ballettdirigent bin, sondern auch einen riesigen symphonischen Hintergrund habe, sowie auch Opern seit meinen allerersten Engagements dirigiere, denn es waren eigentlich Opern, die mich zum Dirigieren gebracht haben.

Ich habe die Kunstgattung Oper erst als Teenager entdeckt, weil in meinem kleinen Wohnort war gar nicht die Rede von Oper und auch nicht bei meinen Eltern zuhause. Ich fand diese Musik der Opern, wie Carmen, Il Trovatore, Aida, aber auch Wagner etc. so unglaublich schön! Ich wusste, ich werde kein Sänger, spiele auch keine Geige oder ein anderes Orchesterinstrument, also blieb mir als einzige Möglichkeit das Dirigieren – das sage ich jetzt witzig, aber ich war bereits vom Klavierspielen, Musicals etc. in Richtung Dirigieren eingestellt. So ist es mir nun in Bratislava eine riesig große Freude, wieder mit der Oper zu arbeiten, weil ich liebe Sänger und dieses gewisse Mitmachen, das man als Dirigent mit Sängern hat.

Wie sind Sie zur Musik gekommen – und erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Auftritt? Ich bin zur Musik bereits im Kindergarten gekommen. Jeden Nachmittag hatten wir eine Stunde, in der wir rund ums Klavier gesessen sind, die Lehrerin hat gespielt und wir haben Lieder gesungen. Ich fand das so bezaubernd, dass die Lehrerin auf diese weißen und schwarzen Tasten gedrückt hat, dass dabei Töne entstanden sind, und es wurde mir klar, dass ich das unbedingt machen will. Dann habe ich zuhause ein paar Jahre gejammert, und letztendlich hat eine Lehrerin zu meiner Mutter gesagt: “Er will immer nur zum Klavier gehen und versuchen etwas zu spielen. Wenn Sie das ermöglichen könnten, wäre das super!” Meine Mutter hat zugehört und darauf reagiert. Sie hat ein billiges altes Klavier und eine billige junge Klavierlehrerin gefunden, die aber sehr gut war! So begann ich mit der Musik. Was das heißen würde? Im Kindergarten hat es geheißen, ich würde Songs spielen. Als ich mit Klavierstunden anfing, kamen ein bisschen Bach und Clementi-Sonatinen dazu.

Als ich neun Jahre alt war kam der Film “Der Clou” (“The Sting” im Original) mit Paul Newman und Robert Redford heraus mit Scott Joplin Ragtime Music. Ich war also sehr jung, als ich den Film mit meiner Mutter und Großmutter gesehen habe und dachte, diese Musik müsse ich doch spielen können – auch wenn es vielleicht schwierig ist. Ich erinnere mich, dass ich dann von der Lehrerin Klaviernoten bekommen habe - allerdings ein Easy Piano Arrangement. Ich spielte das und war sehr unglücklich und sagte ihr, dass das nicht richtig klinge. Aber die Lehrerin sagte, dass das Original viel zu schwierig für mich sei. Ich hatte ein paar Dollars in der Tasche, bin selbst zum Musikladen gegangen und habe mir die richtige Partitur gekauft. Dann habe ich das Original gelernt und der Lehrerin vorgespielt – da

war ich neun Jahre alt und hatte erst seit zwei bis drei Jahren Klavierunterricht. Was ich vorher gespielt habe, bis zu dieser Stunde, war wie der Unterschied zwischen einem Skateboard und einem Maserati – es war wirklich ein großer Unterschied! Und das hat mich in einer einzigen Woche auf ein ganz anderes Niveau gebracht, weil ich das wirklich wollte! Kurz danach, als ich dann zehn war, gab es eine Kiddy Talent Show – ich habe vorgespielt und bin dann mit dieser Truppe zu etwa 60 Aufführungen pro Jahr in der Gegend herumgereist – und ich war der junge, dicke Bub, der Scott Joplin Ragtime spielte. An den ersten Auftritt kann ich mich noch sehr gut erinnern!

Meine Studien gingen dann weiter – und es gab ein oder zwei Jahre später einen ähnlichen Moment, an den ich mich noch sehr gut erinnern kann. Wöchentlich fand eine Reportagesendung statt – einmal mit Vladimir Horowitz in seiner Wohnung und mit seiner Frau Wanda Toscanini, Toscaninis Tochter. Er spielte die As-Dur-Polonaise von Chopin – und ich dachte, das ist doch fantastisch! Zu dieser Zeit hatte ich noch nie so einen Pianisten gehört oder gesehen. Zuhause hatte ich ein Sammelbuch mit berühmten Chopin-Stücken, von denen ich bis zu diesem Zeitpunkt ein paar einfache Préludes gespielt hatte. Und dann habe ich jenes Stück gefunden, das Horowitz gespielt hat und habe es gelernt. Das ist eine sehr lange Antwort, wie ich zur Musik gekommen bin.

Und wie sind Sie zum Dirigieren gekommen? Was war Ihr erstes Dirigat? Als Kind habe ich gar nicht gewusst, dass es einen Dirigenten gibt. Außer in Trickfilmen, wenn Bugs Bunny einen Dirigenten gespielt hat. Ich habe aber schon gewusst, was ein Schul-Musiklehrer ist. Ich spielte für den Schulchor und dachte, ich würde einmal ein SchulchorLeiter werden.

In der Unterstufe machten wir Musicals – ich spielte für die und dachte, das sei auch ganz schön. Dann kam ich zu dem Laientheater in meiner Heimatstadt, wo ich zuerst beim Kinderchor in einer Produktion war. Eines Tages habe ich kurz nach der Probe angeboten, weil der Pianist nicht da war, dass ich am Abend spielen könnte. Ich las das Stück, spielte es, und seit damals machte ich das. Dann begann ich mit Laien-Musicals und Musicals an meiner Schule. Das war mit 13. Mit 14 habe ich begonnen Musicals zu korrepetieren, in kleinen Orchestern zu spielen und habe auch kleine Shows mit vier bis sechs Leuten selbst geleitet – in einer HotelLounge. Und war somit mit 14 eigentlich ein Profi! Die Veranstalter haben mich das machen lassen, weil ich mit 14 schon so groß war, wie ich jetzt bin und älter wirkte. Danach glaubte ich, dass Musicals zu dirigieren mein Ding wird.

Mein erstes Dirigat war das Musical “Sweet Charity” in Evansville, Indiana, mit dem Laientheater. Und bis zu meinem 17. Lebensjahr hatte ich schon “Sweet Charity”, “The Boyfriend”, “Maine”, “Gipsy” und “West Side Story” dirigiert. Ich dachte mir, wenn ich Musicals mit klassischer Musik verbinde, dann habe ich Oper – und so habe ich dann mit Oper begonnen. Wer sind Ihre Lieblingskomponisten? Das ist schwierig zu sagen – und die Antwort heißt immer: Der Komponist, den ich in diesem Moment spiele oder dirigiere, weil das muss dann mein Lieblingskomponist sein! Tschaikowski habe ich immer toll gefunden. Eine der ersten Schallplatten, die ich hatte, war seine 5. Symphonie, und bis heute ist das eines meiner Lieblingsstücke. Alle neun Beethoven-Symphonien und alle vier von Brahms habe ich sehr oft gemacht. Es ist schon kein Wunder, dass diese 13 Stücke sind, was sie sind. Jedesmal, wenn ich sie mache, liebe ich sie mehr. Ich habe aber auch immer geliebt Richard Strauss zu dirigieren: In Basel habe ich “Frau ohne Schatten” und in Düsseldorf “Salome” und “Rosenkavalier” dirigiert – das war immer ein Erlebnis! Aber auch Puccini und Verdi sind unglaublich schön, auch Wagners “Tannhäuser” – und jetzt mache in ein Name Dropping, mit Linda Watson als Venus in Düsseldorf!

Ich bin wahrscheinlich eher ein zurückblickender Musiker in einiger Hinsicht. Ich mag auch moderne Musik, aber ich freue mich sehr, wenn ich ein romantisches Stück mache. Einer meiner Lieblingskomponisten ist Rachmaninov, und sooft ich konnte habe ich seine Symphonien, Tondichtungen und Solokonzerte programmiert, weil ich seine musikalische Sprache sehr liebe.

Was sind Ihre künstlerischen Visionen und Wünsche für die kommenden Jahre? Ich spreche hier von Bratislava: Ich bin sehr begeistert und glaube, dass ich heutzutage eher eine Ausnahme bin, da ich die Oper und das Ballett betreuen werde, – und natürlich dirigiere ich nicht alle Aufführungen. Aber allein dadurch wird jemandem, der darauf achtet, ein Zeichen gegeben, dass die Musik für das Ballett genauso wichtig und gut gemacht werden muss wie für die Oper. Was vielleicht nicht immer der Fall ist, denn meistens fassen die Chefdirigenten das Ballettrepertoire gar nicht an – aber ich werde das in Bratislava machen!

Vielen Dank, lieber Kevin Rhodes, für das Interview und toi, toi, toi für die erste Saison als Chefdirigent für Oper und Ballett am Slowakischen Nationaltheater SND.

Das Interview wurde im September 2022 in Bratislava geführt.