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„Bitte mit Zucker und Sahne!“

1809-2009

DIE HARMONIA

MUNDI EDITION

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Sir Roger Norrington über Joseph Haydn

Sir Roger Norrington liebt die Musik Haydns seit früher Jugend. In der Jubiläums-Saison 2008/09 wird er mit dem RSO Stuttgart des SWR unter anderem alle zwölf Londoner Sinfonien von ihm aufführen und für die CD einspielen. Bei der „Handel and Haydn Society“ in Boston (USA) leitet er im Januar eine Serie von Haydns Oper „L‘anima del Filosofo“ und bringt kurz darauf mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment das Oratorium „Il ritorno di Tobia“ zu Gehör. Für crescendo hat sich Norrington Zeit genommen, um ausführ-

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Haydn ist erstaunlich anders als Mozart. Er hat einen so viel stärkeren Knochenbau. Das ist ein großer Kerl, ein Junge vom Land, so wie Bruckner: Beide wurden in einem einfachen Steinhaus auf dem Land geboren, inmitten von nirgends. Das scheint mir recht wichtig. Haydn gehörte zwar bald einem Fürstenhof an, aber er trug eine Livrée wie ein Diener. Beide machten etwas aus sich und gewannen Reputation. Haydn wurde sogar beliebt – was man so von Bruckner nicht sagen kann –, aber beide haben auch etwas von ihren Wurzeln bewahrt, blieben im Grunde Landkinder, rustikal, manchmal bäuerlich-derb. [Norrington singt das Finale-Thema der „Sinfonie Nr. 1“.] Mozart hätte so etwas zwar auch gekonnt, aber das wäre ihm nie als Erstes in den Sinn gekommen. Haydn strolchte als Kind hinter der Werkstatt seines Vaters herum, suchte Holzstücke und machte kleine Spielsachen und Schnitzereien daraus. Genauso konnte er kleine Fetzen von Musik hernehmen und daraus großartige Strukturen machen – bemerkenswert für einen jungen Mann, der er damals war. Die frühen Sinfonien Haydns waren vielleicht nicht so raf�niert wie die, die Mozart später im gleichen Alter schrieb, aber Haydn suchte auch nach seinem Weg. Mozart konnte spätere HaydnSinfonien schon als Vorbilder nehmen, Haydn aber hatte solche Modelle kaum. Es ist faszinierend, wie „barock“ der frühe Haydn klingt. Bei Mozart gibt es das selten, aber Haydns frühe Sinfonien klingen ein bisschen so, als ob sie von Mozarts Vater sein könnten. Bei Haydn gibt es diese ungeheuer umfangreiche und zugleich auch stetige Produktion. Mozart hatte diese hektische Kindheit – reisen, reisen, reisen, immer nach neuen Gelegenheiten Ausschau halten. Haydn war viel bodenständiger als Mozart. Er muss ein

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Foto: Oliver Wia

lich über Haydn zu sprechen.

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