AUGENBLICKE Nr. 7

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BLICKE

INFOBLATT DER Alternative, Grüne und Unabhängige Gewerkschafter*innen 7. AUSGABE

Eine Fraktion in der Arbeiterkammer und

AUGE/UG OBERÖSTERREICH anerkannte Fraktion im ÖGB

Corona-Krise – und danach?

Ü

ber eine halbe Million Arbeitslose. Fast eine Million in Kurzarbeit. Massive Einbrüche in der Wirtschaft. Ganze 38 Mrd. Euro hat die Bundesregierung beschlossen, um den Folgen der Corona-Krise entgegenzuwirken. Sie hat Maßnahmenpakete geschnürt, Unterstützungs-Pakete, wie es sie für Arbeitslose und Arbeitnehmer*innen noch nie gegeben hat, wie sie angesichts des Ausmaßes der Krise aber angebracht sind:  Rund 10 Mrd. Euro wurden bislang alleine für die Kurzarbeit bereitgestellt.  140 Mio. Euro werden für die Anhebung der Notstandshilfe auf Arbeitslosengeld und für Familien bereitgestellt, die von Arbeits­losigkeit betroffen und von Armut bedroht sind.  Mieten und Kreditrückzahlungen können über drei Monate gestundet werden.  100 Mio. Euro gibt es zusätzlich zur Absicherung der Pflege. Pakete, die eine klare grüne Handschrift tragen. Denn wir erinnern uns: Unter Schwarz-Blau sollte die Notstandshilfe noch abgeschafft werden. Unter Schwarz-Grün wird sie erhöht. Unter Schwarz-Blau wurden Mittel für die Mindestsicherung gekürzt. Unter Schwarz-Grün werden arme Familien in der Krise finanziell unterstützt. Grün wirkt. Grün tut was. Es wird aber noch mehr brauchen. Denn: Das schrittweise Hochfahren der Wirtschaft wird von Konjunkturpaketen begleitet werden müssen, um die Arbeitslosigkeit wieder deutlich zu senken. Da wird es

Stefan Kaineder: Drei Antworten zu Corona, Potenziale und Gewerkschaft Seite 4

nicht nur massive Investitionen in Klimaschutz, in Pflege, in öffentliche Infrastruktur, in einen nachhaltigen Tourismus u.v.m brauchen, da braucht es auch eine Stärkung der Kaufkraft – für die Arbeitnehmer*innen und speziell für die „Held*innen“ der Krise. Denn gerade die systemrelevanten – oft weiblich dominierten – Berufe sind deutlich unterbezahlt. Ein populistischer Corona-1000er wird da wenig bringen – was es braucht, ist eine nachhaltig wirkende Erhöhung der Einkommen von Pfleger*innen, Handelsangestellten, Busfahrer*innen etc. Das kann nicht alleine Aufgabe einer Regierung sein, die Versäumnisse der Vergangenheit zu beheben – da sind alle Verantwortlichen, insbesondere aber auch die Gewerkschaften, die Unternehmen, Länder und Gemeinden gefragt. Wie sollen die Kosten der Krise finanziert werden? Das wird wohl ohne eine höhere Besteuerung der Vermögen nicht gehen – etwa über eine zeitlich befristete Vermögensabgabe. Viel zu tun. Klar ist: Bei der Krisenbewältigung wie auch in der Zeit danach dürfen soziale und ökologische Gerechtigkeit nicht auf der Strecke bleiben!  Grüne Arbeitnehmer*innen–Politik hat einen Namen: Markus Koza, Abgeordneter zum Nationalrat, Sprecher für Arbeit und Soziales, AUGE-Gewerkschafter im Parlament

TourismusArbeitsplätze: schlechte Bezahlung und hohes Risiko Seite 3

Wir mischen uns ein! auge-ooe.at


Arbeitnehmer*innen wollen kürzer und selbstbestimmter arbeiten „Arbeit muss es quasi geben. Denn der Mensch besteht aus Bauch. / Arbeit ist das halbe Leben. Und die andre Hälfte auch“, heißt es sarkastisch in einem Gedicht von Erich Kästner.

„I

nsbesondere die jüngeren Beschäftigten haben einen ausgeprägten Wunsch nach einer kürzeren Arbeitszeit“, erklärt Barbara Teiber, die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten – Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), an­lässlich der Präsentation einer IFES-Befragung zum Thema Freizeit.

Armin Kraml, Vorstandsmitglied AUGE/UG OÖ

Befragungen haben ergeben, dass sich über 50 Prozent auch in der Freizeit mit beruflichen Angelegenheiten befassen. Die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen leider immer mehr und stellen für viele ein Problem und einen Stressfaktor dar. Dies schadet natürlich einer guten Freizeitqualität.

TRENNUNG VON ARBEIT UND FREIZEIT Deshalb ist es wichtig, dass Arbeit und Freizeit klar voneinander getrennt sind und die Möglichkeit der Erholung (insbesondere vor dem Hintergrund, dass der 12-Stundentag in österreichischen Betrieben zunimmt) gegeben ist. Daher erneuert die GPA-djp die Forderung nach einem Recht auf die 4-Tage-Woche und das Recht, Gutstunden in ganzen Tagen abzubauen. Ziel sollte es aber auch sein, dass Beschäftigte mit Schulkindern Anspruch auf mindestens drei Wochen Urlaub in der schulfreien Zeit haben.  Armin Kraml

SCHARF GIER – KURZ und CORONA ! SERVIERT

KR Martin Gstöttner, Landessprecher AUGE/UG, Vorstandsmitglied der AK

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Kanzler Kurz und Co. greifen angesichts der drohenden Rezession tief in die Tasche – frei nach dem Motto: „Koste es, was es wolle“! Die AUGE/UG unterstützt selbstverständlich die Öffnung der Milliardenschleusen, die nebst Rettung der Wirtschaft auch der Sicherung der Arbeitsplätze dient. Doch wer zahlt die Zeche? Sich für Gerechtigkeit einzusetzen, ist der AUGE/ UG Existenzberechtigung! Wir müssen uns diese Frage stellen, um nicht die Gier nach Vermögen als naturgegebenes Charakterbild der Menschen zu akzeptieren. Vielmehr sehen wir in der nunmehrigen Situation auch die Möglichkeit, gerade JETZT konstruktiv „zu verändern“!

Warum sollten Vermögende denn nicht als „Solidaritätsabschlag“ Erbschafts- und Vermögenszuwachssteuern leisten? Solidarität leisten, ohne die angekündigte Lohnsteuerreform und ohne die abschlagfreie Korridorpension nach 45(!) Dienstjahren wieder in Frage zu stellen. Auch künftige KV-Verhandlungen werden wohl mit „Bedacht auf den heimischen Standort“ keine Leuchttürme der sozialen Großherzigkeit des Kapitals darstellen! Nun, ist tatsächlich die Gier der Reiz des Lebens? Oder zeigt sich nicht viel mehr erst durch Soli­ darität der wahre Sinn des Lebens? 


Alten- und Pflegebereich

D

erzeit stehen in Oberösterreich 400 Betreuungsplätze für Menschen im Alter frei. Diese Betreuungsplätze würden dringend gebraucht, es fehlt aber an Personal. Es ist schwierig, Personal zu finden, da die Arbeitssituation be­ lastend und die Bezahlung bescheiden ist. In Zeiten von Corona war und ist die Situation für die Mitarbeiter*innen physisch und psychisch belastend. Sie müssen Mundschutz tragen, manche überhaupt in Schutzausrüstung tätig sein. Zudem sind sie mit verstärkter psychischer Belastung der Bewohner*innen konfrontiert, die keinen Kontakt zu Angehörigen haben dürfen. Eine belastende Situation für alle Beteiligten.

Die Rahmenbedingungen in der Altenarbeit sind schwierig: Der Pflegeschlüssel, der den Personaleinsatz in den Alteneinrichtungen regelt, ist in den letzten 25 Jahren nicht verändert worden. Gleichzeitig steigt aber die Anzahl an Bewohner*innen mit Demenz, und damit der Betreuungs- und Pflegeaufwand. Menschen werden erst ab Pflegestufe 4 in ein Altenheim aufgenommen. Auch gibt es ausführlichere Dokumentationsvorgaben und konzeptionelle Vorgaben. Es gibt gute Konzepte, aber die Umsetzung ist mit den gegebenen Mitteln schwierig. Schön, wenn ein palliativ gut begleitetes Sterben zum Lebensende inhaltlich Platz in der Heimbetreuung gefunden hat. Aber wie kann dem entsprochen werden, wenn beispielsweise für 50 Bewohner*innen nur eine Person im Nachtdienst da ist? Die mangelnde Personalbesetzung führt zu einer hohen Fluktuation. Zwei Drittel der Beschäftigten im Senior*innenbereich in OÖ bezweifeln, bis zur

Pension durchzuhalten. Die körperliche und psychische Belastung für die Mitarbeiter*innen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Belastung spiegelt sich auch in der Anzahl der Krankenstandstage. Diese sind in den OÖ. Alten- und Pflegeheimen höher als in den anderen Branchen. Im Jahr 2014 war ein/e Mitarbeiter*in im Schnitt 17,8 Tage krank. Im Durchschnitt aller Branchen waren es „nur“ 12,9 Tage. Durch die vielen Krankenstände ist ein häufiges Einspringen notwendig, die Erholungsphasen werden verkürzt. Die Mitarbeiter*innen beginnen sich zu wehren. Im Juni 2019 wurde ein offener Brief von über 1800 Mitarbeiter*innen aus SHV-Heimen, Caritas und Diakonie formuliert. Darin fordern sie „im Sinne der uns anvertrauten alten Menschen – ein rasches Eingreifen der Politik. Um sicherzustellen, dass menschen-würdige Pflege und Betreuung von alten Menschen durch tatsächliche Verbesserung der strukturellen Bedingungen auch in Zukunft qualitativ gut geleistet werden kann.“ Es ist im Alten- und Pflegebereich viel zu tun.  Thomas Lamprecht-Lasinger

Thomas Lamprecht-Lasinger, kooptiertes Vorstandsmitglied AUGE/UG OÖ

Tourismus-Arbeitsplätze: schlechte Bezahlung und hohes Risiko Mehr als die Hälfte aller österreichischen Corona-Fälle gehen auf Ischgl zurück. Mit dem Nicht-Agieren hat der Skiort auch die Arbeitsbedingungen in der Tourismus-Branche in den Fokus gerückt. Die oftmals prekär Beschäftigten, die während des Tourismus-Rekordjahres 2019 massive Gewinne für die Branche erwirtschaftet haben, wurden regelrecht aus dem Ort und teil-

weise gleich auch in die Arbeitslosigkeit geworfen. Davor waren 60 und mehr Arbeitsstunden die Woche, bei hoher Belastung zu den Spitzenzeiten, keine Seltenheit. Diese Arbeit gehört wertgeschätzt und ent­sprechend bezahlt – in Ischgl und überall.  Julia Mandlmayr

Julia Mandlmayr, Vorstandsmitglied AUGE/UG OÖ

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Grottenbahnevent Am 13.12.2019 lud die AUGE/UG OÖ gemeinsam mit Grünschnabel zu einem komplett entspannten und angenehm freudvollen Familien-Advent-Event. Wäre es möglich gewesen, so würden die Kinder wohl auch jetzt noch in Endlosschleife Runden drehen mit der Grottenbahn. So wurde der Spaß beim Event maximal ausgekostet und sie fuhren gleich mehrere Male mit dem Drachenzug durchs Märchen­land. Auch wir Erwachsene amüsierten uns köstlich. Schön war’s! Im Dezember 2020 wird es wieder ein AUGE-Event geben. 

Wir unterstützen die Online-Kampagne #FrauenRechteinderKrise

DAMIT DIE ARBEIT NICHT DEIN LEBEN FRISST

AUGE/UG Oberösterreich Landgutstraße 17, 4040 Linz Tel: 0732 / 739 840 Web: auge-ooe.at E-Mail: office@auge-ooe.at Impressum: Themen der Arbeitswelt aus grünalternativer Sicht. Inhaberin, Hg: AUGE/UG OÖ. 4040 Linz, ZVR 706630453. Offenlegung: augeooe.at. Layout: gplus.at. Fotos: © Chris Flash, Pasja/ Pixabay, Sabine von Erb/Pixabay; Comic: © ReD; Druck: Direkta; Auflage: 25.000 Stück; Mai 2020

3 FRAGEN Landesrat Stefan Kaineder AN ...

1.

Arbeitnehmer*innen sind das Rückgrat der Wirtschaft. Kann die Corona-Krise für Arbeitnehmer*innenrechte auch positive Impulse haben? Die Corona-Krise wird in allen Lebensbereichen Veränderungen bringen und bringen müssen. Ob es um die Möglichkeit des Homeoffice hernach oder arbeitsrechtliche Anpassungen geht. Wir müssen alles einer Prüfung unterziehen, und natürlich wird man im Dialog mit den Sozialpartnern auch auf die Arbeitnehmer*innen besonders achten, die so wesentlich in der Bewältigung der Krise sind.

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2.

Der Klima- und Umweltschutz fällt in deine Zuständigkeit. In welchen Bereichen siehst du hier Potenzial für Arbeitsplätze in OÖ? Im gesamten Bereich der erneuerbaren Energien und dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft stecken enorme Potenziale für unterschiedlichste Berufsgruppen. Gleiches gilt für den öffentlichen Verkehr oder eine krisenfeste Landwirtschaft und nachhaltige regionale Nahrungsmittelversorgung. Die Bewältigung der Klimakrise, die nach Corona wieder das Thema Nummer 1 sein muss, wird auch eine große Chance sein für

unser Land und unsere Wirtschaft. Dazu bin ich in engem Austausch mit der Klimaschutzministerin.

3.

Hast du einen persönlichen Bezug zur Gewerkschaftsbewegung? Einer meiner früheren Arbeitskollegen war ein leidenschaftlicher Gewerkschafter. Mich hat sein Einsatz für die Arbeitnehmer*innen immer sehr beeindruckt. Und natürlich habe ich einen persönlichen Bezug zur Gewerkschaft. Er begegnet mir zweimal im Jahr in Form von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. 


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