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Brodowys Ausblick

Brodowys

Ausblick

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Foto: arcady_31/iStock.com

Foto: Tomas Rodriguez

Grabsteine

Ich würde ja gerne auf der Bühne sterben! Also nicht unbedingt demnächst – später! Aber generell würde mir das gefallen. Wie so ziemlich jedem Bühnenkünstler oder jeder Künstlerin. Die Bühne ist die große Leidenschaft, es könnte somit keinen geeigneteren Ort geben, seinen Odem auszuhauchen. Wenn ich mich allerdings in das Publikum hineinversetze, gebe ich zu, dass es nicht unbedingt so angenehm wäre. Der sterbende Schwan im Ballett, okay. Aber das sterbende Nilpferd (ich denke, das kommt gewichtstechnisch hin) im Kabarett, das muss nicht unbedingt sein. Insbesondere, wenn es in den ersten Minuten passiert. Das ist doch eher ärgerlich. Für den ganzen Abend bezahlt und dann ist nach ein paar Minuten der Komiker über die Wupper gegangen. Und das Geld würde man wohl nicht zurückverlangen. Nach der Zugabe wäre es passender.

Noch was: Ich möchte später mal einen anständigen Grabstein haben. Mit ordentlich was drauf. Diese Kolumne hier hat 2845 Zeichen, das wäre vielleicht ein bisschen viel. Aber ein klein wenig von meiner Lebensgeschichte dürfte dort eingemeißelt werden. Das finde ich immer so schön an den alten Kapitänsgrabsteinen auf den Inseln. Auf der Vorder und Rückseite kann ich da über einen Menschen lesen, der vor langer, langer Zeit von uns gegangen ist. Ich muss auch immer an diesen berühmten Grabstein auf einem österreichischen Bergfriedhof denken, auf dem der schöne Satz steht: »Wanderer, bleib steh’n und weine! Hier liegen meine Gebeine! Ich wollte, es wären Deine!« Diese Art schwarzen Humors gefällt mir sehr. Sir Peter Ustinov hat sich gewünscht, auf seinem Grabstein möge eingemeißelt sein: »Bitte den Rasen nicht betreten!« Vielleicht könnte ich noch einen draufsetzen und später einen Grabstein bekommen, in den ein LEDLaufband integriert ist, auf dem meine Lieblingswitze zu lesen sind. Auf einem Friedhof wird viel geweint, am Grab eines Komikers möge man lachen! Das LEDLaufband wäre natürlich solarbetrieben, also klimaneutral. Außerdem würde mit dem Untergang der Sonne eine nächtliche Pietät einsetzen. Die Witze dort dürften auch deftig sein. Sachen, die ich nie im Leben auf der Bühne sagen würde. Aber da man über Tote nicht schlecht reden soll, könnte ich mir dann alles erlauben.

Der November ist der Trauermonat. Und es ist auch gut so, dass wir unserer Toten gedenken. Letztlich vermissen wir sie das ganze Jahr. Aber in diesem Monat stellen wir fest, dass wir mit unserer Trauer nicht alleine sind. Besonders gut ist es, wenn wir trotz aller Traurigkeit über den Verlust lieber Menschen, auch lächeln, schmunzeln können, wenn wir an sie denken. An die lustigen Momente und die Schrulligkeiten, die doch jedem Menschen eigen sind. Lächeln und Schmunzeln auch angesichts des Todes – das ist eine ganz wunderbare Form der Liebe und Verbundenheit! Vielleicht ungewohnt, aber hilfreich und schön!

Matthias Brodowy/Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber

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