LBS Kinderbarometer Hessen 2016

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Deutschland 2016 Länderbericht Hessen

Stimmungen, Meinungen, Trends von Kindern und Jugendlichen in Hessen

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LBS-Kinderbarometer Deutschland 2016 – Länderbericht Hessen Stimmungen, Meinungen, Trends von Kindern und Jugendlichen in Hessen Ergebnisse des Erhebungsjahres 2015

Ein Projekt der LBS Hessen-Thüringen und der hessenstiftung – familie hat zukunft in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) Landesverband Hessen e. V. unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministers für Soziales und Integration Stefan Grüttner Durchführung: PROSOZ Institut für Sozialforschung PROKIDS

Oktober 2016

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Landesbausparkasse Hessen-Thüringen Sabine Schmitt Strahlenbergerstraße 13 63067 Offenbach Telefon: 069 / 9132-2878 E-Mail: sabine.schmitt@lbs-ht.de Homepage: www.lbs-ht.de

hessenstiftung – familie hat zukunft Dr. Ulrich Kuther Darmstädter Straße 100 64625 Bensheim Telefon: 06251 / 7005-31 E-Mail: u.kuther@hessenstiftung.de Homepage: www.hessenstiftung.de

Deutscher Kinderschutzbund (DKSB) Landesverband Hessen e.V. Verone Schöninger Gebrüder-Lang-Str. 7 61169 Friedberg Telefon: 06031- 18733 E-Mail: info@kinderschutzbund-hessen.de Homepage: www.kinderschutzbund-hessen.de

PROSOZ Institut für Sozialforschung PROKIDS PROSOZ Herten GmbH Ewaldstraße 261 45699 Herten Telefon: 02366 / 188-118 Telefax: 02366 / 188-251 E-Mail: prokids@prosoz.de Homepage: www.kinderbarometer.de

Autorinnen: Judith Razakowski Dr. Kathrin Müthing Typografie und Layout: Marion Kaltwasser

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Inhaltsverzeichnis Grußwort des Hessischen Ministers für Soziales und Integration ......................... 6 Grußwort des Sprechers der Geschäftsleitung der Landesbausparkasse Hessen-Thüringen ................................................................................................ 8 Vorwort des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Hessen e.V. ......... 9

1 Hintergrund .................................................................................... 10 Die Studie ........................................................................................................... 11 Das Erhebungsinstrument .................................................................................. 11

2 Zusammenfassung ........................................................................ 13 3 Stichprobenbeschreibung ............................................................ 17 3.1 Geschlechterverteilung............................................................................... 17 3.2 Migrationshintergrund................................................................................. 17 3.3 Arbeitslosigkeit ........................................................................................... 18 3.4 Familienstatus ............................................................................................ 18 3.5 Altersverteilung........................................................................................... 19 3.6 Verteilung auf die Jahrgangsstufen ............................................................ 19 3.7 Schultypenverteilung .................................................................................. 20 3.8 Wohnumfeld ............................................................................................... 20

4 Wohlbefinden ................................................................................. 21 4.1 Allgemeines Wohlbefinden ......................................................................... 21 4.2 Wohlbefinden in der Familie ....................................................................... 22 4.3 Wohlbefinden in der Schule ....................................................................... 22 4.4 Wohlbefinden bei Freunden ....................................................................... 23 4.5 Wohlbefinden in der Wohnumgebung ........................................................ 23 4.6 Einflüsse auf das allgemeine Wohlbefinden ............................................... 23

5 Freizeit ............................................................................................ 25 5.1. Freizeit und Wohlbefinden.......................................................................... 28

6 Zukunft ........................................................................................... 29 6.1. Vorstellung des späteren Lebens ............................................................... 29 6.2. Einschätzung der Zukunft........................................................................... 31

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6.3. Zukunft und Wohlbefinden ......................................................................... 32

7 Familie ............................................................................................ 33 7.1. Achtsamkeit der Eltern ............................................................................... 33 7.2. Sensibilität der Eltern ................................................................................. 36 7.3. Eltern und Wohlbefinden ............................................................................ 38

8 Schule ............................................................................................ 39 8.1 Leistungsdruck und UnterstĂźtzung ............................................................. 39 8.2 Nachmittagsangebote in der Schule........................................................... 43 8.3 Schule und Wohlbefinden .......................................................................... 47

9 Mediennutzung .............................................................................. 49 9.1 Medienausstattung ..................................................................................... 49 9.2 Generelle Internetnutzung .......................................................................... 50 9.3 Nutzung von Internetdiensten und -plattformen ......................................... 51 9.4 Freundschaften im Internet ........................................................................ 55 9.5 Unangenehme Inhalte im Internet .............................................................. 56 9.6 Medien und Wohlbefinden.......................................................................... 56

10 Europa ............................................................................................ 58 11 Mitbestimmung .............................................................................. 59 11.1 Mitbestimmung in Europa........................................................................... 59 11.2 Lokale Mitbestimmung ............................................................................... 59 11.3 Kenntnisse der UN-Konvention .................................................................. 60 11.4 Zusammenhänge von Mitbestimmungsaspekten und Wohlbefinden ......... 60

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Grußwort des Hessischen Ministers für Soziales und Integration

Sehr geehrte Damen und Herren, Kinder als Experten für ihre eigene Lebenswelt zu befragen und ihnen so eine gleichberechtigte Stimme in der Öffentlichkeit zu verleihen – das ist das Ziel des Kinderbarometers. Damit die Interessen von Kindern in unserer Gesellschaft noch besser wahrgenommen werden, brauchen sie eine breite Lobby. Unbestritten ist, dass wir Kinder als eigenständige Persönlichkeiten mit ihrer Sicht auf die Welt ernst nehmen müssen, wenn wir sie zu demokratischen Bürgerinnen und Bürgern erziehen wollen. Wer auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen eingehen will, muss diese kennen. Über den engen Rahmen der Familie hinaus gilt es, die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen bei der Gestaltung ihres Lebensraums aufzugreifen. Sie sollen ihre Interessen in die Planungs- und Entscheidungsprozesse des Gemeinwesens einbringen können. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen liegt im besonderen Interesse der Familienpolitik. Mit dem Kinderbarometer wurde ein Erhebungsverfahren gewählt, bei dem Kinder und Jugendliche selbst zu Wort kommen. In der Studienreihe werden Kinder zu ihren Meinungen und Einstellungen bezüglich verschiedener Themen aus unterschiedlichen Bereichen wie Familie, Schule, Umwelt, Gesundheit, Wohnen und Politik befragt. Durch die über Jahre kontinuierliche und repräsentative Erfassung und Auswertung von Kindermeinungen werden Kinder als soziale Akteure und Experten in eigener Sache an der gesellschaftlichen Wirklichkeit beteiligt. Konsequent wird Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonventionen, in dem von der „Berücksichtigung des Kinderwillens“ die Rede ist, kontinuierlich aufgegriffen. Das Kinderbarometer liefert uns eine verlässliche Datengrundlage über die Lebenswelten, Stimmungen und Meinungen von Kindern. Aus den Antworten der Kinder wird eins ganz deutlich: Kinder fühlen sich überwiegend wohl in unserer Gesellschaft und in ihren Familien. Die Ergebnisse zeigen auch deutlich, dass Kinder uns auf Bereiche hinweisen, die aus ihrer Sicht noch nicht optimal laufen, und sie zeigen, dass Kinder heute in unterschiedlichsten familiären Zusammenhängen aufwachsen. Sie zeigen auch, wie Kinder sich ihre zukünftige Familie vorstellen. 83% der Kinder wünschen sich („sehr“ oder „ziemlich“), dass sie sich die Hausarbeit mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin teilen. Und sogar 92% wünschen sich, dass sie als Eltern beide gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen. Wir wollen den Kindern helfen, dass sie diese Wünsche auch verwirklichen können. Deswegen müssen weitere Hindernisse auf dem Weg zu einer partnerschaftlich gelebten Familie und zur besseren Aufteilung von Erwerbs- und Hausarbeit für Männer und Frauen benannt und beseitigt werden. Mit dem Kinderbarometer ist ein Forum für die Einstellungen und Meinungen der Generation von morgen geschaffen. Als Stimmungsbarometer ist es eine gute Informationsquelle für Politik und Gesellschaft, die dazu beitragen kann, unsere familienpolitischen Ziele zu erreichen. Es bestärkt uns, Kinder- und Familienfreundlichkeit auf allen Ebenen zu fördern und die Belange von Kindern verstärkt ins öffentliche Blickfeld zu rücken.

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Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine bereichernde Lektüre, neue Erkenntnisse und hoffe, dass die Studie dazu beitragen kann, die Lebensumstände von Kindern in unserer Gesellschaft weiter zu verbessern, damit es in Hessen auch weiterhin heißt: Hessen hat Familiensinn. Stefan Grüttner Hessischer Minister für Soziales und Integration Beiratsvorsitzender der hessenstiftung – familie hat zukunft

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Grußwort des Sprechers der Geschäftsleitung der Landesbausparkasse Hessen-Thüringen

Liebe Leserinnen, liebe Leser, wie wohl fühlen sich die 9- bis 14-jährigen hessischen Kinder in der Familie, in der Schule, in der Kommune? Um das zu erfahren, hat das PROSOZ Institut für Sozialforschung – PROKIDS im Auftrag der Landesbausparkassen im Sommer 2015 die Mädchen und Jungen in Hessen erneut zu ihrem aktuellen Wohlbefinden befragt. Es ist erfreulich zu erfahren, dass es den meisten Kindern und Jugendlichen in Hessen in ihren Familien gut geht und dass sie positiv in die eigene Zukunft blicken. Ihr späteres Leben stellen sich die Jungen und Mädchen so vor: Drei Viertel sehen sich selbst als zukünftige Eltern. Die überwiegende Mehrheit möchte sich die Hausarbeit und die Kindererziehung mit dem Partner teilen. Viele möchten im eigenen Haus wohnen. Wie können wir unseren Kindern helfen, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen? Hinsichtlich des ersten Wunsches sind die Unternehmen aufgerufen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern. Der zweite Wunsch gehört mit zu den Aufgaben der Landesbausparkassen: Wir unterstützen die Menschen dabei, ihren Traum vom eigenen Heim zu verwirklichen. Auf die offene Frage nach ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung haben die hessischen Kinder an erster Stelle gemeinsame Aktivitäten mit Freunden genannt. Mit deutlichem Abstand folgt auf Rang 3 das sogenannte „Zocken“, also das Spielen mit Handy, Konsole, PC oder Tablet. Das wird sicherlich viele ältere Erwachsene überraschen, die angesichts allgegenwärtiger mobiler Endgeräte häufig das Ende unserer Zivilisation prophezeien. Die Antworten der Kinder zeigen uns aber: Digitale Angebote bereichern unsere Welt, ohne das Zwischenmenschliche zu ersetzen. Das sehen wir auch darin, dass die hessischen Kinder das Internet in erster Linie nutzen, um sich Nachrichten zu schreiben – also für Kommunikation und soziale Interaktion. Wir alle müssen uns auf die Herausforderungen einer zunehmend digitalisierten Welt einstellen. Unsere Kinder können uns im Umgang mit den neuen Kanälen ein Vorbild sein. Mein Dank gilt dem Hessischen Minister für Soziales und Integration, Stefan Grüttner, den Autorinnen Judith Razakowski und Dr. Kathrin Müthing und ganz besonders den 648 hessischen Kindern und Jugendlichen, die an unserer Studie teilgenommen haben. Ebenso danke ich allen Eltern für ihre Zustimmung und den durchführenden Lehrerinnen und Lehrern, ohne deren Unterstützung die Befragungen nicht zustande gekommen wären.

Peter Marc Stober LBS Hessen-Thüringen

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Vorwort des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Hessen e.V.

Liebe Leserinnen und Leser, die regelmäßige Befragung von Kindern durch das Kinderbarometer sagt uns, wie es Kindern in Hessen geht. Im Vergleich mit den Vorjahren können wir Rückschlüsse auf Veränderungen ziehen. Seit der letzten Erhebung vor zwei Jahren ist die Sensibilität der Eltern für ihre Kinder angestiegen. Als Kinderschutzbund wissen wir, wie entscheidend das Miteinander in der Familie für die Entwicklung der Kinder in jedem Alter ist. Die Aussage, dass Kinder sich aber gleichzeitig von den Nachfragen der Eltern genervt fühlen, stellt für uns einen Ansporn dar, Elternbildung weiter auszubauen und gleichzeitig Kinder zu stärken. Die Sorge der Eltern wichtige Probleme der Kinder nicht wahrzunehmen und so eine ausreichende Unterstützung zu versäumen, wird durch die vielfältigen Risikofaktoren wie z. B. Mobbing, Drogen, Alkohol, Missbrauch, Medienkonsum sicherlich mit bestimmt. Eltern wollen ihre Kinder beschützen. Die Balance zu finden zwischen Sensibilität und Schutz auf der einen Seite und notwendiger Selbstständigkeit und Freiheit für die Kinder auf der anderen Seite erfordert Mut zum „Loslassen“. Die Gewissheit füreinander da zu sein und offen miteinander sprechen zu können, stärkt Kinder und Eltern. Sie schafft gegenseitiges Vertrauen. Als Kinderschutzbund unterstützen wir Familien ihr Familienleben in gegenseitiger Wertschätzung zu gestalten. Wir fordern aber auch die Gesellschaft und die Politik auf, ihre Verantwortung für das Aufwachsen der Kinder weiter auszubauen, insbesondere durch bessere personelle Ausgestaltung und Qualifizierung der familienbegleitenden Angebote von Anfang an, seien es die Frühen Hilfen für Kinder von 0 – 3 Jahren, die Betreuungseinrichtungen oder der Umbau des Schulsystems. Beteiligung der Kinder kann uns helfen, ihr Wohlbefinden zu stärken und Eltern zu entlasten in der Sorge um ihre Kinder. Wir danken den Herausgebern des LBS Kinderbarometers für ihren Blick auf die Kinder und nehmen die Ergebnisse ernst im Interesse der Kinder und ihrem Recht auf Gehör. Verone Schöninger Vorsitzende des Kinderschutzbundes Landesverband Hessen e.V.

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1 Hintergrund Das PROSOZ Institut für Sozialforschung-PROKIDS wurde im Jahr 1997 durch die finanzielle Förderung der LBS Initiative Junge Familie1 in die glückliche Lage versetzt, den in der Kindheitsforschung diskutierten Paradigmenwechsel umzusetzen, Kinder als Forschungssubjekte zu betrachten. So wurde das LBS-Kinderbarometer erstmals im Bundesland NRW durchgeführt. Im Jahr 2007, in seinem 10. Durchlauf, wurde das Kinderbarometer auf eine für die gesamte Bundesrepublik repräsentative Studie ausgeweitet. Die bundesweite Durchführung des Kinderbarometers erlebt nun im Erhebungsjahr 2015/16, unter der Schirmherrschaft der Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig, den fünften Durchlauf und wird somit auch zum fünften Mal im Bundesland Hessen durchgeführt. Auf diese Weise wird auch Kindern in Hessen Gehör verschafft, um ihre persönlichen Meinungen als Grundlage für gesellschaftliche Diskussionen berücksichtigen zu können. Im LBS-Kinderbarometer wird, im Sinne des Agency-Ansatzes als ethische Grundhaltung der beteiligten Forschergruppe, die subjektive Kindersicht zu gesellschaftlichen Themen aufgegriffen. Kindheit wird als eigenständige Lebensphase verstanden, in der Kinder ihre eigene Kultur entwickeln, nach eigenen Regeln leben und somit als Experten kompetente AuskunftgeberInnen über ihr eigenes Leben sind (vgl. Heinzel, Kränzl-Nagl & Mierendorf, 2012)2. Damit geht ein weiterer Paradigmenwechsel einher, in dem der Fokus auf das „Well-Being“, das aktuelle Wohlbefinden der Kinder, und nicht auf das zukünftige Wohlbefinden, d.h. das „WellBecoming“ als Erwachsene, gelegt wird. Das LBS-Kinderbarometer untersucht einerseits das allgemeine Wohlbefinden und andererseits das jeweilige Wohlbefinden in den für Kinder relevanten Lebensbereichen Familie, Schule, Freundeskreis und Wohnumfeld. Auf diese Weise wird das von Lang3 bereits 1985 diskutierte Konzept der „Lebensqualität für Kinder“ aufgegriffen. Darüber hinaus wird analysiert, welche Aspekte aus den Lebensbereichen das allgemeine Wohlbefinden von Kindern positiv bzw. negativ beeinflussen. Somit wird eine solide Datengrundlage über die Perspektive von Kindern zu aktuellen Themen geschaffen, die Erwachsenen aller Institutionen und Verbände, aber auch Eltern und politischen EntscheiderInnen zur Verfügung steht. Mit dem LBS-Kinderbarometer ist ein Instrument entwickelt worden, das konsequent den Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention aufgreift. Der Kindeswille wird systematisch ermittelt, so dass auch diejenigen zu Wort kommen, die an gewöhnlichen Partizipationsprojekten nicht teilnehmen können oder dürfen. Im Sommer 2015 wurden repräsentativ für die gesamte Bundesrepublik und repräsentativ für jedes einzelne Bundesland insgesamt über 10.000 Kinder befragt. In diesem Sinne gilt unser besonderer Dank den beteiligten Kindern und deren Eltern. Den beteiligten Lehrkräften, die die Studie tatkräftig unterstützen und den Ministerien, die durch ihre Genehmigungen die Durchführung dieser Studie ermöglichen sowie der LBS, die das Kinderbarometer seit mehr als 15 Jahren durch ihr Social Sponsoring ermöglicht.

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im Rahmen eines Social-Sponsoring-Projektes Heinzel, F.; Kränzl-Nagl, R. & Mierendorf, J. (2012): Sozialwissenschaftliche Kindheitsforschung-Annäherung an einen komplexen Forschungsbereich. In: Theo-Web. Zeitschrift für Religionspädagogik 11, H.:1, 9-37 3 Lang, S.(1985): Lebensbedingungen und Lebensqualität von Kindern. Frankfurt am Main/New York 2

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Die Studie Bei dem LBS-Kinderbarometer handelt es sich um eine auf kontinuierliche Wiederholung angelegte Querschnittsstudie von Kindern im Alter zwischen 9 und 14 Jahren. Dieser Altersbereich wurde gewählt, um das Feld der Jugenduntersuchungen, wie beispielsweise die Shell-Studien (vgl. 2010)4, um den darunter liegenden Altersbereich zu erweitern. Nach der Gesetzgebung, wenn auch nicht immer vom eigenen Selbstverständnis her, dauert die Kindheit bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (s. Stecher & Zinnecker, 1996)5. Diese Altersspanne ist von wichtigen Umbrüchen im Leben der Kinder geprägt. So steht beispielsweise der Wechsel zur weiterführenden Schule an und die Pubertät beginnt. Erstmals wurde das LBS-Kinderbarometer im Jahr 1997 für das Bundesland Nordrhein-Westfalen durchgeführt. In Anlehnung daran wurde in Hessen das damit vergleichbare Kinderbarometer Hessen von 2004 bis 2008 viermal durchgeführt und veröffentlicht. Seit 2007 wird das LBS-Kinderbarometer repräsentativ für die gesamte Bundesrepublik im 2-Jahresrhythmus umgesetzt. Im Zuge dessen erfolgen auch separate Länderauswertungen im Auftrag einzelner Bundesländer. Der vorliegende Länderbericht präsentiert Ergebnisse des aktuellen Kinderbarometers zu ausgewählten Themenfeldern für das Bundesland Hessen. Der Ergebnisbericht der bundesweiten Auswertung umfasst, neben den Angaben der Kinder aus allen weiteren Bundesländern, zudem zusätzliche Fragen und Themenbereiche, die in der vorliegenden verkürzten Länderauswertung nicht aufgenommen wurden. Eine freie Ausgabe des Gesamtberichts ist unter www.kinderbarometer.de erhältlich.

Durch die kontinuierliche Fortführung ermöglicht das LBS-Kinderbarometer eine vergleichende Betrachtung der Veränderungen von kindlichen Lebenslagen und Meinungen (Veränderungsebene). Darüber hinaus werden auf der Interventionsebene Aspekte identifiziert, die einen entscheidenden Einfluss auf das kindliche Wohlbefinden haben und somit Ansatzpunkte sowie Argumentationshilfen für kinderpolitisch aktive Menschen in Deutschland bieten. Die enge Kooperation mit dem Deutschen Kinderschutzbund und das Interesse der PolitikerInnen gewährleisten darüber hinaus, dass die für Kinder relevanten Themen und Ergebnisse in Praxis und Politik Berücksichtigung finden.

Das Erhebungsinstrument Die Stichprobe des LBS-Kinderbarometers Deutschland 2015/16 wurde für jedes einzelne der sechszehn Bundesländer als geschichtete Zufallsstichprobe aus dem Schulverzeichnis des jeweiligen Landes gezogen. Bei der Aufstellung des Schichtungsplans wurde darauf geachtet, dass sowohl die repräsentative Verteilung der Schultypen als auch die Altersstufen der Kinder unter den weiterführenden Schulen berücksichtigt werden. Zusätzlich wurde eine repräsentative

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Shell Deutschland Holding (Hrsg.) (2010): Jugend 2010. Frankfurt am Main Stecher, L. & Zinnecker, J. (1996): Kind oder Jugendlicher? Biografische Selbst- und Fremdwahrnehmung im Übergang. In: J. Zinnecker & R.K. Silbereisen (1996), Kindheit in Deutschland (S. 175f). Weinheim/München 5

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Verteilung der Jahrgangsstufen 4 bis 7 angestrebt und die Schulen gemäß ihrer SchülerInnenzahlen gewichtet, sodass Schulen mit einer geringen SchülerInnenzahl in der Stichprobe nicht überrepräsentiert sind. Die Befragung fand mittels eines standardisierten schriftlich zu bearbeitenden Fragebogens im Klassenverband in der Schule statt. Für die vorliegende Erhebung wurden im Frühjahr 2015 die aus dem Schulverzeichnis zufällig gezogenen Schulleitungen angeschrieben und um die Beteiligung an der Studie mit je einer Klasse gebeten. Da die Teilnahme der Kinder an der Studie selbstverständlich freiwillig ist und hierfür das Einverständnis der Eltern notwendig ist, beteiligten sich nicht immer alle SchülerInnen einer Klasse. Die Befragung fand in den Klassen unter Aufsicht der Lehrpersonen statt, die mit einer standardisierten Instruktion über die Modalitäten der Durchführung informiert wurde. Der Fragebogen bestand aus einem Set von Items, die in der Regel mit einer fünfstufigen, von Rohrmann (1978)6 getesteten Häufigkeits- oder Zustimmungseinschätzung in geschlossener Form abgefragt wurden. Daneben gab es zwei offene Fragen. Das Instrument wurde vor der Erhebung in zwei Durchgängen auf Verständlichkeit und Zeitbudget für das Ausfüllen in Form von Pretests getestet und modifiziert, sofern dies notwendig war. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass selbst Kinder der vierten Klasse den Fragebogen innerhalb einer Schulstunde stressfrei ausfüllen konnten. Die Themenauswahl des LBS-Kinderbarometers erfolgt zum einen anhand einer Arbeitsgruppe aus Fachleuten der Kindheitsforschung und -praxis und durch den Einsatz von Fokusgruppen mit Kindern der entsprechenden Altersstufen, die sich und ihre Meinung somit bereits im Prozess der Befragungserstellung einbringen.

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Rohrmann, B. (1978): Empirische Studien zur Entwicklung von Antwortskalen für die sozialwissenschaftliche Forschung. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 9, 222-245.

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2 Zusammenfassung Im Sommer 2015 wurde das LBS-Kinderbarometer zum fünften Mal in Hessen durchgeführt. Dabei gaben insgesamt 648 Kinder der Klassenstufen 4 bis 7 Auskunft zu über 100 aktuellen Aspekten aus ihrem Leben. Lebensverhältnisse 38% der befragten SchülerInnen in Hessen haben einen Migrationshintergrund, davon sind 88% bereits in Deutschland geboren und somit Einwanderer bzw. Einwanderinnen zweiter Generation. Der Anteil der hessischen Kinder, deren Eltern getrennt oder in Scheidung leben, liegt in der aktuellen Erhebung bei 24%. 14% leben bei einem alleinerziehenden Elternteil, wobei alleinerziehende Väter die Ausnahme darstellen. 14% der befragten Kinder berichten von Arbeitslosigkeit der Eltern. Deutlich mehr als die Hälfte der Kinder bezeichnet ihren Wohnort als eher dörflich, 33% als eher städtisch und nur 8% bezeichnen ihre direkte Umgebung als großstädtisch. Wohlbefinden Die meisten Kinder in Hessen fühlen sich im Allgemeinen ziemlich wohl, allerdings berichten auch 6% aller hessischen Kinder ein allgemeines Wohlbefinden im negativen Bereich der siebenstufigen Antwortskala. Damit hat sich das allgemeine Wohlbefinden der Kinder in Hessen nur unwesentlich verändert und ist im Jahresvergleich stabil geblieben, es zeigen sich jedoch – wie auch bei anderen Wohlbefindensvariablen – Unterschiede in den verschiedenen Vergleichsgruppen. Das familiale Wohlbefinden der hessischen Kinder ist noch etwas positiver ausgeprägt als das allgemeine Wohlbefinden, dennoch liegen auch hier insgesamt 6% aller Antworten im negativen Antwortbereich. Jungen fühlen sich in ihren Familien noch etwas wohler als Mädchen. Das geringste Wohlbefinden weisen die Kinder in der Schule auf. Rund jedes zehnte Kind in Hessen hat in der Schule ein negatives Wohlbefinden. In ihrem Freundeskreis fühlen sich die hessischen Kinder am wohlsten, dicht gefolgt vom Wohlbefinden in der Wohnumgebung. Das Wohlbefinden in der Familie hat nach wie vor den größten Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden der Kinder in Hessen. Freizeit Die Kinder wurden in einem offenen Frageformat nach ihren favorisierten Freizeitaktivitäten gefragt. Zu den drei beliebtesten Freizeitaktivitäten der Kinder in Hessen zählen „Mit Freunden treffen“, „Fußball“ und „Zocken“, wobei sich die Freizeitinteressen von Jungen und Mädchen deutlich voneinander unterscheiden. Die Jungen in Hessen interessieren sich in ihrer Freizeit insbesondere für „Fußball“ und „Zocken“, während die Mädchen sich in ihrer Freizeit am liebsten „Mit Freunden treffen“, „Reiten“ und „Lesen“. Die Freizeit mit Gleichaltrigen bzw. Peers zu verbringen, gewinnt bei der Freizeitgestaltung der hessischen Kinder mit zunehmendem Alter an Bedeutung.

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Zukunft In der eigenen Zukunft sehen sich gut zwei Drittel der Kinder in Hessen selbst als Eltern, 2% wollen keine eigenen Kinder haben. Zudem besteht ein mehrheitlicher Wunsch, sich im späteren Leben die Hausarbeit und Kindererziehung mit dem Partner bzw. der Partnerin zu teilen sowie in einem eigenen Haus zu leben. Die Tatsache, dass es ganz unterschiedliche Familienmodelle gibt, wird von den Kindern in Hessen sehr unterschiedlich bewertet. Den meisten Kindern ist es allerdings sehr wichtig, später selbst eine Arbeit zu haben. Viel Freizeit anstelle eines höheren Verdienstes ist den hessischen Kindern im Durchschnitt „mittelmäßig“ wichtig. Die Kinder in Hessen gehen insgesamt von einem guten eigenen Leben in der Zukunft aus, wobei die Bewertung der Zukunft aller Menschen in Deutschland schlechter ausfällt. Die Bewertungen der eigenen Zukunft sowie der Zukunft aller Menschen in der Bundesrepublik hängen positiv mit dem Wohlbefinden der Kinder in verschiedenen Bereichen zusammen. Familie Insgesamt erleben die Kinder in Hessen ihre Eltern als durchweg achtsam. Aus ihrer Sicht legen die Eltern dabei insbesondere ein Augenmerk darauf, ob sie in der Schule gut zurechtkommen. Aber auch bezüglich des Ernährungsverhaltens der Kinder sind die Eltern in Hessen sehr bedacht und legen beispielsweise großen Wert darauf, dass ihre Kinder regelmäßig etwas essen. Jungen bewerten die Achtsamkeit der Eltern insgesamt noch etwas höher als Mädchen. Im Jahresvergleich hat die Achtsamkeit der Eltern aus Sicht ihrer Kinder deutlich zugenommen. Die Sensibilität der Eltern wird in der aktuellen Erhebung von den hessischen Kindern ebenfalls höher eingeschätzt. Demzufolge haben die meisten Kinder in Hessen den Eindruck, dass die Eltern für den Gemütszustand ihres Kindes sensibel sind und es häufig bemerken, wenn das Kind eine Pause vom Arbeiten benötigt. Gleichwohl fühlen sich die Kinder in der aktuellen Erhebung jedoch auch häufiger von den Nachfragen der Eltern zum eigenen Gemütszustand genervt. Mehr als jedes zehnte Kind in Hessen sagt sogar, dass es nahezu ständig von der Sensibilität der Eltern diesbezüglich genervt ist. Zudem zeigt sich, dass Achtsamkeit und Sensibilität der Eltern deutlich mit dem Wohlbefinden der Kinder zusammenhängen. Schule Die meisten Kinder in Hessen kommen ihrer Einschätzung nach in der Schule gut zurecht. Im Vergleich zum Erhebungsjahr 2009 fällt die Bewertung der eigenen Schulkompetenz bei den hessischen Kindern aktuell höher aus. Kinder mit Migrationshintergrund fühlen sich häufiger durch die Leistungsanforderungen ihrer Lehrkräfte überfordert als Kinder ohne Migrationshintergrund. Die meisten Kinder in Hessen fühlen sich durch ihre Lehrkräfte unterstützt und machen sich durchschnittlich „selten“ Sorgen um die eigene Versetzung. Von nahezu ständiger Angst vor Klassenarbeiten berichtet rund jedes zehnte Kind in Hessen, wobei diese Angst bei Mädchen und Kindern mit Migrationshintergrund noch höher ausgeprägt ist. Rund jedes fünfte Kind in Hessen bekommt bei schlechten Noten Ärger von den Eltern – Jungen noch häufiger als Mädchen.

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Bezüglich des Nachmittagsangebotes an der Schule lässt sich festhalten, dass mehr als die Hälfte der Kinder in Hessen das Nachmittagsangebot der eigenen Schule zum Erhebungszeitpunkt wahrnehmen. Zu den beliebtesten nachmittäglichen Angeboten der Kinder zählen Sportangebote und verstärkt Aktivitäten, für die im regulären Unterricht am Vormittag häufig die Zeit fehlt. Demnach interessieren die Kinder sich neben Sportangeboten für Ausruh- und Spielphasen am Nachmittag. Daneben sind ebenfalls themenbezogene Projekte, die über einen längeren Zeitraum behandelt werden, bei den Kindern in Hessen sehr beliebt. Im Gegensatz dazu sind fachbezogene Angebote, wie die Vertiefung von Unterrichtsfächern aus dem Vormittagsbereich und Nachhilfe weniger gefragt bei den hessischen Kindern. Die Aspekte des Themenbereichs Schule stehen erwartungskonform insbesondere mit dem schulischen Wohlbefinden der Kinder in Zusammenhang: Kinder, die in der Schule gut zurechtkommen, sich durch ihre Lehrkräfte unterstützt fühlen, der Meinung sind, dass ihre Lehrkräfte auf eine stressfreie Lernatmosphäre achten und die wissen, wo sie bei Problemen in der Schule Hilfe bekommen können, fühlen sich in der Schule auch deutlich wohler. Negative Zusammenhänge zum schulischen Wohlbefinden zeigen sich hingegen, wie auch in der bundesweiten Gesamtauswertung, u.a. mit der Häufigkeit der Sorge um die eigene Versetzung sowie der Angst vor Klassenarbeiten. Medien Die meisten Kinder in Hessen haben entweder für sich alleine oder im familiären Kontext Zugriff auf Computer, Internet, Handy/Smartphone oder Tablet. 5% der Kinder in Hessen haben zuhause keinen Zugriff auf das Internet. 84% der hessischen Kinder besitzen ein Smartphone für sich allein, damit ist der Anteil der Kinder mit eigenem Smartphone im Jahresvergleich deutlich angestiegen, ebenso wie der Anteil der Kinder mit einem eigenen Tablet. Im Jahr 2015 zeigt sich jedoch ein Rückgang im Alleinbesitz eines Computers. Der Zugriff auf das Internet hat sich in den letzten zwei Jahren unwesentlich verändert und ist stabil geblieben. Die durchschnittliche Nutzungshäufigkeit des Internets der hessischen Kinder liegt zwischen „manchmal“ und „oft“ und ist damit signifikant angestiegen. Lediglich 2% und damit ein sehr kleiner Anteil der in Hessen befragten Kinder geben an, „nie“ im Internet zu surfen; mehr als die Hälfte sind hingegen „oft“ bis „sehr oft“ im Internet unterwegs. Die Häufigkeit steigt einerseits mit zunehmendem Alter, andererseits unterscheidet sich die Internetnutzungshäufigkeit in Abhängigkeit von der Medienausstattung der Kinder. Besonders häufig nutzen die Kinder das Internet, um sich Nachrichten zu schreiben und Videos anzuschauen. Daneben nutzen die hessischen Kinder das Internet auch gerne zur Informationsbeschaffung oder zum Spielen von Onlinespielen. Der Besuch von sozialen Netzwerken, Shoppingportalen oder das Hochladen eigener Inhalte kommt bei den Kindern eher selten vor. Hierbei zeigen sich einige Unterschiede nach den betrachteten Vergleichsgruppen. Das Alter der Kinder hat, mit Ausnahme der Onlinespiele, grundsätzlich einen Einfluss auf die Nutzungshäufigkeit der verschiedenen Internetdienste und -plattformen. Die Unterschiede im Zugriff auf internetfähige Geräte im Haushalt nehmen ebenfalls einen Einfluss auf die Nutzungshäufigkeit der Dienste und Plattformen: Kein Zugriff auf internetfähige Geräte im Haushalt führt generell zu einer deutlich selteneren Nutzung.

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Die meisten Kinder in Hessen messen Freundschaften im Internet nicht die gleiche Bedeutung zu wie Freundschaften im echten Leben. Knapp drei Viertel der hessischen Kinder haben keine persönlich unbekannten Internetfreundschaften. Kinder aus einem großstädtischen Umfeld pflegen häufiger persönlich unbekannte Freundschaften im Internet als Kinder, die eher dörflich oder städtisch leben, ebenso wie Kinder aus Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Zwischen der Häufigkeit von persönlich unbekannten Internetfreundschaften und der Bewertung der Qualität von Internetfreundschaften besteht ein positiver Zusammenhang. Auf seltsame oder unangenehme Inhalte im Internet sind die Kinder in Hessen durchschnittlich bislang „selten“ gestoßen. Bei älteren Kindern passiert es häufiger, dass sie im Internet auf unangenehme bzw. seltsame Dinge stoßen. Zwischen der Häufigkeit genutzter Internetdienste und -plattformen und der Häufigkeit, mit der die Kinder auf unangenehme Inhalte im Internet stoßen, zeigen sich positive Zusammenhänge. Das Wohlbefinden der Kinder hängt nicht mit ihrer Medienausstattung zusammen. Die Häufigkeit mit der Kinder Bilder oder Videos im Internet hochladen, steht hingegen in einem negativen Zusammenhang zum Wohlbefinden der Kinder bei Freunden. Zudem sind Internetfreundschaften bei Kindern wahrscheinlicher, die sich im Allgemeinen, in der Familie und in der Wohnumgebung unwohl fühlen. Europa Jedes der in Hessen befragten Kinder weiß, dass Deutschland Teil von Europa ist. Knapp drei Vierteln der hessischen Kinder ist zudem bekannt, dass es spezielle PolitikerInnen für ganz Europa gibt. An dieser Stelle zeigen sich keine Zusammenhänge zum Wohlbefinden der Kinder. Mitbestimmung Für die Mitbestimmung an der Europa-Politik interessiert sich ein knappes Drittel der in Hessen befragten Kinder. Deutlich mehr, über die Hälfte der Kinder, würden gerne an Entscheidungen auf Ebene ihrer Stadt bzw. Gemeinde partizipieren. Knapp die Hälfte der hessischen Kinder glaubt zudem, dass die Meinungen von Kindern in der eigenen Stadt bzw. Gemeinde ernst genommen werden – mehr als in den vorherigen Erhebungen. Hessische Kinder, die der Auffassung sind, dass Kindermeinungen in ihrer Stadt bzw. Gemeinde ernst genommen werden, fühlen sich in der Schule und in der eigenen Wohngegend wohler als Kinder, die nicht dieser Meinung sind. Seit 2011 wird die Kenntnis der UN-Kinderrechtskonvention im LBS-Kinderbarometer systematisch erfasst. Mehr als ein Drittel der hessischen Kinder gibt in der vorliegenden Erhebung an, schon einmal von der UN-Konvention über die Rechte des Kindes gehört zu haben. Das ist im Vergleich zu den vorherigen Erhebungen ein leichter Anstieg. Kindern, die innerhalb von Hessen eher großstädtisch wohnen, ist die UN-Konvention häufiger bekannt als Kindern, die in einer eher dörflichen Umgebung aufwachsen. Die Bekanntheit der UN-Kinderrechtskonvention bei Kindern in Hessen steht stellenweise mit dem politischen Partizipationsinteresse der Kinder in Zusammenhang.

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3 Stichprobenbeschreibung Das LBS-Kinderbarometer Deutschland wurde im Sommer 2015 zum fünften Mal repräsentativ für alle sechzehn Bundesländer durchgeführt. In diesem Länderbericht werden ausschließlich Ergebnisse für das Bundesland Hessen zu ausgewählten Themenfeldern vorgestellt. Die bundesweite Gesamtauswertung ist im Buchhandel in gebundener Form bzw. unter der folgenden Internetseite als Download erhältlich: www.kinderbarometer.de. Insgesamt wurden 648 SchülerInnen in Hessen zu insgesamt über 100 Fragen befragt. In diesem Bericht werden ausschließlich die Befunde zu folgenden Themenfeldern vorgestellt: Wohlbefinden, Freizeit, Zukunft, Familie, Schule, Medien, Europa und Mitbestimmung. Die Antworten der Kinder wurden so gewichtet, dass die Zusammensetzung der Stichprobe innerhalb der Bundesländer der Verteilung auf die Jahrgangsstufen und Schulformen entspricht, um Unterschiede im Rücklauf auszugleichen. Folglich setzt sich auch die Stichprobe in Hessen in Hinblick auf die Verteilung der SchülerInnen auf Jahrgangsstufen und Schulformen repräsentativ zusammen.

3.1 Geschlechterverteilung Beide Geschlechter sind nahezu gleich häufig in der Stichprobe vertreten. 51% der analysierten Fragebögen wurden von Mädchen beantwortet und 49% von Jungen7. Damit entspricht die Geschlechterverteilung hinreichend der tatsächlichen Verteilung der Kinder in den Klassenstufen vier bis sieben in Hessen.

3.2 Migrationshintergrund 38% der befragten Kinder in Hessen haben einen Migrationshintergrund. Davon sind 12% der Kinder selbst im Ausland geboren und 88%, damit der überwiegende Teil der Kinder mit Migrationshintergrund, Einwanderer bzw. Einwanderinnen zweiter Generation, d.h. in Deutschland geboren. Ein Migrationshintergrund liegt nach der dieser Studie zugrundeliegenden Definition vor, wenn entweder das Kind selbst, der Vater, die Mutter oder beide Elternteile im Ausland geboren wurden. Auf die Erfassung des konkreten Geburtslandes der Kinder wurde aus Datenschutzgründen verzichtet. Stattdessen sollten die Kinder lediglich angeben, ob sie in „Deutschland“ oder „in einem anderen Land“ geboren wurden. Welche formale Staatsangehörigkeit das Kind oder seine Eltern haben, wird bei dieser Form der Erfassung nicht berücksichtigt, was den Vorteil mit sich bringt, an dieser Stelle die tatsächliche Migrationsgeschichte zu erfassen. Anhand der Staatsangehörigkeit kann die Migrationsgeschichte von SpätaussiedlerInnen oder Kindern, bei denen nur ein Elternteil eingewandert ist, beispielsweise nicht erfasst werden. In der vorliegenden Erhebung gaben 5% der Kinder in Hessen an, nicht in Deutschland geboren zu sein. Dieser Anteil hat sich im Vergleich zum Jahr 2013 unwesentlich verändert. 62% der 7

In diesem Bericht wurden alle Prozentangaben kaufmännisch gerundet, wodurch es vorkommen kann, dass die angegebenen Prozentwerte sich nicht immer zu 100% aufaddieren oder von zuvor berichteten zusammengefassten Prozentwerten geringfügig abweichen.

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Kinder in Hessen berichten, dass beide Elternteile in Deutschland geboren sind, bei 22% der Kinder kommen beide Eltern aus dem Ausland und 16% haben einen deutschen und einen ausländischen Elternteil. Damit geben 2015 etwas weniger Kinder an, dass ihre Eltern in Deutschland geboren sind und dafür etwas mehr Kinder, dass beide Eltern aus dem Ausland stammen als in der vorherigen Erhebung im Jahr 2013. Im weiteren Verlauf dieses Berichtes wird der oben genannten Definition folgend lediglich zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund differenziert.

3.3 Arbeitslosigkeit 14% der Kinder in Hessen geben an, dass ihr Vater, ihre Mutter oder beide Elternteile von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Bei 2% der Kinder ist der Vater arbeitslos, bei 14% die Mutter und weniger als 1% der Kinder berichten, dass beide Elternteile arbeitslos sind. An dieser Stelle ist darauf zu achten, dass der Anteil der Mütter vermutlich überschätzt ist, da ein Teil der Kinder ihre Mütter auch dann als arbeitslos bezeichnen könnte, wenn diese Hausfrauen sind. Die ermittelten Werte unterscheiden sich kaum von den Befunden aus 2013. Es zeigt sich für Hessen ein Zusammenhang zwischen der Betroffenheit von Arbeitslosigkeit der Eltern und dem Migrationshintergrund der Kinder8, welcher sich im Jahr 2013 bereits andeutete. Demnach berichten Kinder mit Migrationshintergrund häufiger von Arbeitslosigkeit in der Familie (24%) als Kinder ohne Migrationshintergrund (8%). Im Weiteren wird nur zwischen der Betroffenheit und Nicht-Betroffenheit von Arbeitslosigkeit in der Familie des Kindes unterschieden, unabhängig davon, ob ein oder beide Elternteil(e) arbeitslos sind.

3.4 Familienstatus Insgesamt 14% der befragten Kinder in Hessen leben bei einem alleinerziehenden Elternteil und 86% in Familien mit zwei Elternteilen. Von 24% der Kinder haben sich die Eltern getrennt bzw. sind geschieden. 1% der befragten Kinder gibt an, dass mindestens ein Elternteil verstorben ist. Dies entspricht exakt dem Wert aus 2013. Die meisten hessischen Kinder, drei Viertel der Stichprobe (75%), leben mit ihrer leiblichen Mutter und ihrem leiblichen Vater zusammen (s. Tab. 3.1). Die zweithäufigste Familienform, in der die Kinder in Hessen leben, bilden alleinerziehende Mütter. Das Zusammenleben mit der alleinerziehenden Mutter wird von insgesamt 12% der Kinder genannt. 6% der Kinder geben

8 Alle Unterschiede in diesem Bericht werden auf dem Signifikanzniveau von p≤.01 getestet und nur dann berichtet, wenn sie diesem strengen Maß entsprechen. Unterschiede, die diesem Niveau entsprechen, sind mit einer 99%igen Wahrscheinlichkeit auf die Grundgesamtheit übertragbar. Unterschiede, die nicht diesem Niveau entsprechen, werden nur erwähnt, wenn sie die aktuelle Forschungslage widerspiegeln. Weiterhin werden nur Effekte berichtet, deren Effektstärke eta≥.09 bzw. einer Korrelation/einem standardisierten Regressionsgewicht von mindestens .09 entsprechen.

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an, bei ihren Müttern mit deren neuen Lebenspartnern zu leben. Die übrigen Familienkonstellationen, wie alleinerziehende Väter oder Väter in neuer Partnerschaft, bilden anhand ihrer Häufigkeiten Kleingruppen, die nur vereinzelt Kinder in Hessen betreffen, wie Tabelle 3.1 zu entnehmen ist. Tab. 3.1: Familienstatus Anteil Kinder 2015 Leiblicher Vater und leibliche Mutter

75%

Alleinerziehende Mutter

12%

Leibliche Mutter und neuer Partner

6%

Alleinerziehender Vater

1%

Heim oder Pflegefamilie

2%

Leiblicher Vater und neue Partnerin

1%

Nur ehemalige Partner leiblicher Eltern

<1%

Nur Geschwister

<1%

Keine Angaben

1%

In der weiteren Betrachtung der Daten wird ausschließlich zwischen Alleinerziehenden (Mutter oder Vater) und Zweielternfamilien (unabhängig davon, ob es beide leiblichen Eltern sind oder nicht) unterschieden.

3.5 Altersverteilung Die meisten Kinder haben im Alter von 10 bis 13 Jahren an der Erhebung teilgenommen (94%). Weniger als 1% der Kinder sind zum Erhebungszeitpunkt 9 Jahre alt, 4% der Kinder 14 Jahre alt und rund 1% der Kinder geben an, 15 Jahre alt zu sein. Das durchschnittliche Alter der befragten Kinder in Hessen beträgt demnach MW=11,6 Jahre. Im Vergleich zur vorangegangenen Erhebung aus dem Jahr 2013 ist der Anteil der älteren Kinder in der vorliegenden Studie damit etwas höher.

3.6 Verteilung auf die Jahrgangsstufen Auf die einzelnen Jahrgangsstufen verteilen sich die Kinder wie folgt: 29% der SchülerInnen gehen zum Erhebungszeitpunkt in die vierte Klasse und 18% in die fünfte Klasse, jedes fünfte Kind (20%) hat sich der sechsten Klasse zugeordnet und jedes dritte Kind (33%) gibt an, in die

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siebte Klasse zu gehen. Damit entspricht die Verteilung der Jahrgangsstufen innerhalb der Stichprobe hinreichend der realen Verteilung in Hessen.

3.7 Schultypenverteilung Entsprechend der bereits genannten Anteile an ViertklässlerInnen gehen 29% der befragten Kinder zum Erhebungszeitpunkt in die Grundschule. 3% der Kinder besuchen die Hauptschule, 13% die Realschule und weitere 13% die Gesamtschule. Der Großteil der hessischen Kinder, 42% der Stichprobe, sind GymnasialschülerInnen. Diese Verteilung entspricht ebenfalls hinreichend der realen Verteilung, damit ist die Stichprobe auch hinsichtlich der Schultypenverteilung repräsentativ für Hessen. An dieser Stelle zeigen sich Unterschiede bei Betrachtung des Migrationshintergrundes. Kinder ohne Migrationshintergrund (47%) besuchen häufiger ein Gymnasium als Kinder mit Migrationshintergrund (32%), die wiederum häufiger eine Gesamtschule besuchen (19% vs. 10%). Unterschiede des Schultyps bezüglich der Arbeitslosigkeit in der Familie verfehlen das für diesen Länderbericht festgelegte Signifikanzniveau (p≤.01), auch unter Kontrolle des Migrationshintergrundes, nur knapp. Demnach sind Kinder aus Familien, die nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind, tendenziell häufiger auf einem Gymnasium (44%) und seltener auf einer Gesamtschule (12%) als Kinder mit Arbeitslosigkeit in der Familie (Gymnasium: 25%; Gesamtschule: 21%), unabhängig davon, ob ein Migrationshintergrund vorliegt oder nicht.

3.8 Wohnumfeld Wie bereits in den vorherigen Erhebungen wurden die Kinder danach gefragt, ob sie ihrer Meinung nach in einem „eher dörflichen“, einem „eher städtischen“ oder „eher großstädtischen“ Wohnumfeld leben. Dabei hat deutlich mehr als die Hälfte der Kinder in Hessen (58%) angegeben, in einem „eher dörflichen“ Wohnumfeld aufzuwachsen. Ein Drittel (33%) der Kinder wohnt eigener Einschätzung nach in einer „eher städtischen“ Wohnumgebung und 8% in einer „eher großstädtischen“ Wohnumgebung. Kinder mit Migrationshintergrund geben häufiger an „eher städtisch“ (44% vs. 27%) oder „eher großstädtisch“ (17% vs. 3%) zu leben als Kinder ohne Migrationshintergrund, die häufiger „eher dörflich“ wohnen (70% vs. 39%). Bei dieser Beschreibung des Wohnumfeldes ist jedoch zu beachten, dass es sich ausschließlich um die subjektiven Einschätzungen der Kinder zum eigenen Wohnumfeld handelt, die auf Erfahrungs-/Vergleichswerten der Kinder basieren.

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4 Wohlbefinden Das LBS-Kinderbarometer Deutschland untersucht unter anderem Aspekte des kindlichen Lebensalltags, welche sich positiv oder negativ auf das aktuelle Wohlbefinden der Kinder auswirken. Dies macht das Wohlbefinden zum zentralen Forschungsgegenstand im LBS-Kinderbarometer. Im weiteren Bericht wird für jeden einzelnen untersuchten Aspekt geprüft, ob er einen Zusammenhang zum Wohlbefinden der Kinder in Hessen aufweist oder nicht. Das Wohlbefinden wird sowohl als übergeordnetes allgemeines Wohlbefinden, als auch als lebensbereichsspezifisches Wohlbefinden in den Bereichen Familie, Schule, Freundeskreis sowie Wohnumfeld erfasst. Dafür wird eine eigens für das Kinderbarometer entwickelte und seit 1997 etablierte Wohlbefindensskala eingesetzt. Das Wohlbefinden wird anhand einer siebenstufigen Antwortskala erfasst, die über Wetterphänomene visualisiert ist (s. Abb. 4.1). Die Gewitterwolken stehen dabei für ein „sehr schlechtes“ Wohlbefinden, kodiert mit „1“, und wolkenloser Sonnenschein für ein „sehr gutes“ Wohlbefinden, kodiert mit „7“. Abb. 4.1: Die verwendete Barometerskala

4.1 Allgemeines Wohlbefinden Das allgemeine Wohlbefinden von Kindern in Hessen liegt mit einem Mittelwert von MW=5,3 in der Kategorie „eher gut“ und somit im positiven Bereich der Antwortskala. Damit ist das allgemeine Wohlbefinden der hessischen Kinder über die verschiedenen Erhebungszeitpunkte hinweg unverändert und stabil geblieben. Mehr als drei Viertel aller Antworten (77%) liegen im positiven Bereich der Antwortskala von „eher gut“ (24%), über „gut“ (38%) bis „sehr gut“ (15%). 17% der Kinder verorten ihr allgemeines Wohlbefinden im mittleren Bereich der Skala bei „weder gut noch schlecht“. Insgesamt 6% aller Antworten befinden sich im negativen Bereich der Antwortskala von „eher schlecht“ (3%), über „schlecht“ (2%) bis „sehr schlecht“ (1%). Auf dem 1%-Niveau zeigen sich für Hessen folgende Gruppenunterschiede9: Kinder mit Migrationshintergrund weisen im Mittel ein geringeres allgemeines Wohlbefinden auf als Kinder ohne Migrationshintergrund (MW=5,2 vs. MW=5,5). Der Familienstatus überschreitet, im Gegensatz zur vorherigen Untersuchung, das festgelegte Signifikanzniveau knapp (p≤.05). Demzufolge fühlen sich hessische Kinder, die mit zwei Elternteilen aufwachsen, in der aktuellen Studie tendenziell wohler als Kinder Alleinerziehender (MW=5,4 vs. MW=5,1). Zudem fühlen sich Kinder in Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen

9 Wenn in diesem Bericht von Gruppenunterschieden die Rede ist, sind die folgenden Gruppierungsvariablen gemeint: Geschlecht, Migrationshintergrund, Alleinerziehend vs. Zweielternfamilie, Betroffenheit von Arbeitslosigkeit, Schulform, Jahrgangsstufe und Wohnortgröße.

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sind, durchschnittlich im Allgemeinen weniger wohl als Kinder aus Familien ohne Arbeitslosigkeit (MW=5,0 vs. MW=5,4). Entgegen der bundesweiten Gesamtauswertung zeigt sich zwar ein tendenzieller Abfall des allgemeinen Wohlbefindens mit zunehmendem Alter der Kinder von der fünften bis in die siebte Klasse (von MW=5,6 in der 5.Klasse bis MW=5,3 in der 7.Klasse), doch weisen Kinder der vierten Klasse in Hessen mit einem Mittelwert von MW=5,1 das geringste sowie ein signifikant geringeres allgemeines Wohlbefinden auf als Kinder der fünften Klasse (MW=5,1 vs. MW=5,6). Darüber hinaus gibt es keine weiteren statistisch bedeutsamen Gruppenunterschiede.

4.2 Wohlbefinden in der Familie Das Wohlbefinden in der Familie ist mit einem Mittelwert von MW=5,9 noch positiver ausgeprägt als das allgemeine Wohlbefinden. Dabei zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zu den vorherigen Erhebungswellen. Die meisten Kinder, insgesamt 85%, fühlen sich in der Familie „eher gut“ (14%), „gut“ (32%) und „sehr gut“ (39%). 9% der hessischen Kinder verorten sich im Mittelfeld der Antwortskala und fühlen sich demnach meist „weder gut noch schlecht“ in ihrer Familie. Insgesamt 6% berichten ein negatives Wohlbefinden in der Familie. Jungen fühlen sich im Schnitt noch etwas wohler in der Familie als Mädchen (MW=6,0 vs. MW=5,7) – ebenso wie Kinder aus Familien mit zwei Elternteilen (MW=6,0 vs. MW=5,5) und Kinder, deren Familien nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind (MW=5,9 vs. MW=5,5) im Kontrast zu ihren jeweiligen Vergleichsgruppen. Zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund, den unterschiedlichen Schulformen, Jahrgangsstufen und Wohnregionen zeigen sich keine signifikanten Unterschiede.

4.3 Wohlbefinden in der Schule Das geringste Wohlbefinden zeigt sich, wie auch schon in den vorherigen Erhebungen und im bundesweiten Kinderbarometer, mit einem Mittelwert von MW=5,2 im Lebensbereich Schule. Demnach ist die Schule im Vergleich zu den anderen betrachteten Bereichen der Lebensbereich, in dem sich die Kinder am unwohlsten fühlen. Durchschnittlich haben die hessischen Kinder hier mit „eher gut“ geantwortet. Die genaue Häufigkeitsverteilung sieht wie folgt aus: Knapp die Hälfte der Kinder (48%) fühlt sich in der Schule „gut“ (30%) oder „sehr gut“ (18%). 14% aller befragten Kinder in Hessen berichten ein mittleres Wohlbefinden in der Schule und insgesamt 11% verorten sich negativen Bereich der Antwortskala. Demzufolge fühlt sich rund jedes zehnte Kind in der Schule meist unwohl bzw. schlecht. Kinder, die angegeben haben „eher großstädtisch“ zu leben (MW=5,9), weisen ein signifikant höheres Wohlbefinden in der Schule auf als Kinder, die angeben „eher städtisch“ (MW=5,1) und „eher dörflich“ (MW=5,3) zu leben. Darüber hinaus gibt es keine weiteren statistisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den betrachteten Gruppen und Erhebungszeitpunkten.

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4.4 Wohlbefinden bei Freunden Der Freundeskreis ist der Lebensbereich, in dem sich die hessischen Kinder am wohlsten fühlen. Der Mittelwert liegt hier mit MW=6,4 zwischen den Antwortkategorien „gut“ und „sehr gut“. Dies spiegelt sich auch in der Häufigkeitsverteilung aller Antworten wider: Insgesamt 88% der Kinder geben an, sich in ihrem Freundeskreis meistens „gut“ (30%) bis „sehr gut“ (58%) zu fühlen. 8% der befragten Kinder in Hessen fühlen sich im Freundeskreis „eher gut“ und 3% verorten ihr Wohlbefinden bei Freunden im Mittelfeld. Insgesamt weniger als 3% der Kinder berichten ein negatives Wohlbefinden im Freundeskreis. Hierbei zeigen sich keinerlei Unterschiede zwischen den betrachteten Vergleichsgruppen sowie beim Vergleich der unterschiedlichen Erhebungen.

4.5 Wohlbefinden in der Wohnumgebung In ihrer Wohnumgebung fühlen sich die meisten Kinder in Hessen ebenfalls wohl. Der Mittelwert liegt hier mit MW=6,2 bei „gut“ und weist im Vergleich zu den übrigen Lebensbereichen die zweithöchste Ausprägung auf. Das Wohlbefinden in der Wohnumgebung ist im Jahresvergleich stabil geblieben und hat sich über die verschiedenen Erhebungszeitpunkte hinweg nicht bedeutsam verändert. Mehr als die Hälfte (54%) der Kinder berichtet ein „sehr gutes“ Wohlbefinden im eigenen Wohnumfeld. Insgesamt 38% fühlen sich „eher gut“ (9%) bis „gut“ (29%) in ihrer Wohnumgebung und 3% verorten sich im Mittelfeld der Antwortskala. Insgesamt 5% aller befragten Kinder in Hessen berichten ein negatives Wohlbefinden in der eigenen Wohnumgebung. Anders als in der vorherigen Untersuchung im Jahr 2013 zeigt sich in der aktuellen Erhebungswelle kein statistisch bedeutsamer Gruppenunterschied zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund hinsichtlich des Wohlbefindens im Wohnumfeld. Demnach fühlen sich beide Gruppen ähnlich wohl in ihrer Wohnumgebung. Es zeigt sich allerdings in der Tendenz ein Effekt ausgehend von der Arbeitslosigkeit in der Familie, welcher das festgelegte Signifikanzniveau von p≤.01 nur knapp verfehlt. Demzufolge fühlen sich Kinder aus Familien mit Arbeitslosigkeit tendenziell schlechter in ihrem Wohnumfeld als Kinder aus Familien, die nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind (MW=5,9 vs. MW=6,3). Überdies sind keine weiteren Gruppenunterschiede feststellbar.

4.6 Einflüsse auf das allgemeine Wohlbefinden Das allgemeine Wohlbefinden korreliert positiv mit allen betrachteten bereichsspezifischen Wohlbefindensvariablen (Korrelationen zwischen r=.25 bis r=.54). Demzufolge gehen in Hessen hohe Ausprägungen im allgemeinen Wohlbefinden mit hohen Werten in allen bereichsspezifischen Wohlbefindensvariablen (und umgekehrt) einher. Kompensationen von negativem Wohlbefinden in einem Bereich durch positives Wohlbefinden in einem anderen Bereich sind dementsprechend schwierig und selten.

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Die Betrachtung der einzelnen Einflüsse auf das allgemeine Wohlbefinden der Kinder in Hessen zeigt, dass der stärkste Einfluss vom familialen Wohlbefinden ausgeht (β=.40), gefolgt vom schulischen Wohlbefinden (β=.24) und dem Wohlbefinden in der Wohnumgebung (β=.15). Unterschiede im Wohlbefinden bei den Freunden haben bei den Ergebnissen in Hessen keinen signifikanten Einfluss auf Variationen im allgemeinen Wohlbefinden. Zusammengenommen erklären das Wohlbefinden in der Familie, in der Schule sowie jenes in der Wohnumgebung 39% der Varianz im allgemeinen Wohlbefinden der hessischen Kinder.

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5 Freizeit Dieses Kapitel thematisiert die Freizeitgestaltung der Kinder in Hessen. Dazu wurden die Kinder in einem offenen Frageformat gefragt, was sie am liebsten in ihrer Freizeit tun. Insgesamt liegen 1.517 Antworten von 560 Kindern vor, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Somit hat fast jedes Kind (96%) mindestens eine Antwort auf die Frage zur liebsten Freizeitbeschäftigung gegeben. Im Durchschnitt nennt jedes Kind in Hessen knapp drei Lieblingsbeschäftigungen. Die Antworten wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse kategorisiert und insgesamt 57 Kategorien zugeordnet. Das verwendete Kategoriensystem sowie die dazugehörigen O-Töne stammen aus der bundesweiten Gesamtauswertung. Abbildung 5.1 stellt eine Übersicht der beliebtesten Freizeitaktivitäten von Kindern in Hessen dar. Abb. 5.1: Die beliebtesten Freizeitaktivitäten

Mit Freunden treffen

37%

Fußball

26%

Zocken

18%

Schwimmen

15%

Fahrrad

13%

Lesen

12%

Draußen sein

11%

Weitere Ballsportarten

11%

Reiten

11%

Musizieren

10%

Spielen mit Freunden

10%

Auszeit für sich 0%

7% 20%

40%

60%

80%

100%

Anteil der Kinder

Den ersten Rangplatz belegt die Kategorie „Mit Freunden treffen“, von 37% der Kinder genannt. Hierunter fallen alle Aussagen, die sich auf Unternehmungen mit Freunden bzw. Freundinnen beziehen, wie z.B. „mit Freunden in der Stadt treffen“ oder „mich mit Freunden verabreden“. „Fußball“ (26%) belegt den zweiten Rang der beliebtesten Freizeitaktivitäten von Kindern in Hessen. Zu dieser Kategorie zählen Aussagen, wie beispielsweise „Ich spiele Fußball“ und „Fußball spielen im Tor. Denn ich bin Manuel Neuer“. Den dritten Rangplatz belegt die Kategorie „Zocken“10, von insgesamt 18% der hessischen Kinder genannt. Unter diesen Sammelbegriff fallen Antworten, wie „mit meinem Handy spielen”, 10im

Sinne von: ein Computerspiel spielen

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die konkrete Nennung von Konsolen-, Online- oder Computerspielen sowie übergeordnete Angaben wie „Tablet spielen“. „Schwimmen“ (15%), belegt den vierten Rangplatz der beliebtesten Freizeitaktivitäten von Kindern in Hessen. Hier geht es ausschließlich um Schwimmen und nicht um andere Wassersportarten, wie z.B. „Boot fahren“ oder „tauchen“, die einer gesonderten Kategorie (Wassersport) zugeordnet wurden. Zu der Kategorie „Schwimmen“ gehören Antworten, wie „Ich gehe sehr gerne schwimmen“ oder „ins Schwimmbad gehen“. Auf dem fünften Rang befindet sich die Kategorie „Fahrrad“, die von 13% der Kinder angegeben wurde. Hierunter fällt auch das Fahren von BMX- und Crossrädern. 12% der Kinder in Hessen haben „Lesen“ als beliebteste Freizeitaktivität angegeben, diese Kategorie belegt dementsprechend den sechsten Rangplatz. In diese Kategorie fallen Aussagen, wie beispielsweise „am allerliebsten lese ich die Bücher“. Auf dem siebten Rangplatz befinden sich die Kategorien „Draußen sein“, „Weitere Ballsportarten“ und „Reiten“ (je 11%). Zu der Kategorie „Draußen sein“ zählen alle Antworten, die sich auf Aktivitäten im Freien beziehen, wie z.B. „Ich gehe gern nach draußen“, „in der Natur sein“ oder „auf Bäume klettern“. Alle Ballsportarten, die aufgrund relativ geringer Fallzahlen keine gesonderte Kategorie erhalten haben, wie z.B. „Tennis“, „Volleyball“ oder „Basketball“ wurden der Kategorie „Weitere Ballsportarten“ zugewiesen. In die Kategorie „Reiten“ sind Antworten, wie z.B. „ich reite gerne“ oder „Ich bin am allerliebsten bei meinem Pferd am Stall“, gefallen. „Musizieren“ und „Spielen mit Freunden“ (je 10%) teilen sich den achten Rangplatz der favorisierten Freizeitaktivitäten von Kindern in Hessen. „Ich spiele Klavier“, „Ich spiele Schlagzeug“ oder „Gitarre spielen“ sind u.a. Antworten, welche dieser Kategorie zugeordnet wurden. In der Kategorie „Spielen mit Freunden“ geht es in Abgrenzung zu der Kategorie „Treffen mit Freunden“ ausschließlich um spielerische Aktivitäten mit Freunden oder auch Nachbarskindern. Eine Antwort in dieser Kategorie lautet beispielsweise „Ich spiele gerne mit meinen Freunden Polizei und Räuber“. Insgesamt 7% der Kinder haben angegeben, dass sie sich am liebsten eine Auszeit für sich selbst nehmen bzw. Zeit zum Entspannen. Somit belegt die Kategorie „Auszeit für sich“ den neunten und letzten Rangplatz. Einige Antworten lauten hier beispielsweise: „einfach mal nichts tun“, „In Ruh sitzen und das machen was ich will“ und „Ich liege gerne in meinem Bett um Ruhe zu haben“. Im Bundesländervergleich zeigt sich, dass Kinder in Hessen signifikant häufiger mit der Kategorie „Fahrrad“ (13%), wenn es um ihre favorisierte Freizeitbeschäftigung geht, geantwortet haben als Kinder in Hamburg (3%) und Schleswig-Holstein (3%). Überdies haben signifikant mehr Kinder in Hessen angegeben, dass sie sich in ihrer Freizeit am liebsten „mit Freunden treffen“ als in Hamburg (37% vs. 23%). Bei Betrachtung der Freizeitinteressen der hessischen Kinder nach Geschlecht wird deutlich, dass es große Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen gibt. Abbildung 5.2 stellt die zehn beliebtesten Freizeitaktivitäten von Mädchen und Jungen im Vergleich dar.

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Abb. 5.2: Die beliebtesten Freizeitaktivitäten (nach Geschlecht) Mädchen

Jungen

Mit Freunden treffen 50%

46% Fußball Reiten 20%

30% Zocken

Lesen 18% Schwimmen 16% Fahrrad 13% Musizieren 12% Draußen sein 12% Weitere Ballsportarten 12% Zeichnen 11% Tanzen 10%

100%

80%

60%

40%

23% Mit Freunden treffen 14% Fahrrad 13% Schwimmen 12% Spielen mit Freunden 10% Draußen sein 10% Weitere Ballsportarten 7% Auszeit für sich 6% Lesen

20% 0% 20% Freizeitaktivitäten

40%

60%

80%

100%

Zu den drei beliebtesten Freizeitaktivitäten der Mädchen in Hessen zählen „Mit Freunden treffen“ (50%), „Reiten“ (20%) und „Lesen“ (18%). Dabei werden diese drei Freizeitaktivitäten auch signifikant häufiger von Mädchen als von Jungen genannt („Mit Freunden treffen“: 50% vs. 23%; „Reiten“: 20% vs. >1%; „Lesen“: 18% vs. 6%). Überdies gehören bei den Mädchen „Musizieren“ (12% vs. 5%), „Zeichnen“ (11% vs. 1%) und „Tanzen“ (10% vs. 1%) signifikant häufiger zu der liebsten Freizeitbeschäftigung. Jungen nennen dagegen am häufigsten die folgenden drei Aktivitäten als favorisierte Freizeitbeschäftigung: „Fußball“ (46%), „Zocken“ (30%) und „Mit Freunden treffen“ (23%), wobei sie „Fußball“ und „Zocken“ signifikant häufiger angeben als Mädchen („Fußball“: 9%; „Zocken“: 8%). Darüber hinaus gibt es keine weiteren bedeutsamen Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern. Insgesamt betrachtet interessieren sich die Mädchen in Hessen in ihrer Freizeit somit stärker für Aktivitäten der Bereiche: soziale Interaktion, Reiten und Lesen sowie für musisch-künstlerische Aktivitäten und Tanzen. Jungen hingegen interessieren sich stärker für Fußball, was von annähernd der Hälfte der befragten Jungen als liebste Freizeitaktivität genannt wird. Daneben stehen Computer-/Konsolenspiele bzw. Spiele-Apps bei den Jungen hoch im Kurs. Sich mit Freunden oder Freundinnen zu treffen ist für Jungen ebenfalls wichtig, allerdings nicht so bedeutend wie für Mädchen. Kinder ohne Migrationshintergrund geben im Vergleich zu Kindern mit Migrationshintergrund „Reiten“ (15% vs. 3%) signifikant häufiger als favorisierte Freizeitaktivität an. Kinder mit Migrationshintergrund antworten wiederum häufiger mit „Spielen mit Freunden“ (14% vs. 7%) und „Draußen sein“ (18% vs. 7%) als Kinder ohne Migrationshintergrund. Mit zunehmendem Alter kommt es stellenweise zu Interessensverschiebungen hinsichtlich der Freizeitgestaltung der Kinder. Kinder der vierten Klasse favorisieren „Spielen mit Freunden“ (4. Klasse: 18%; 7.Klasse: 3%) stärker als Kinder der siebten Klasse, während ältere Kinder häufiger „Mit Freunden treffen“ (4. Klasse: 24%; 5. Klasse: 26%; 6. Klasse: 36%; 7. Klasse: 56%)

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als liebste Freizeitbeschäftigung benennen. Demzufolge gewinnen die Peers und insbesondere der Zeitvertreib mit Peers im Verlauf der Schulzeit bei der Freizeitgestaltung der Kinder in Hessen zunehmend an Bedeutung. Dementsprechend nennen SchülerInnen der Haupt- (65%), Real- (45%) und Gesamtschule (49%) signifikant häufiger „Mit Freunden treffen“ als Kinder auf der Grundschule (24%). „Spielen mit Freunden“ wird entsprechend der Altersunterschiede hingegen häufiger von GrundschülerInnen genannt als von SchülerInnen des Gymnasiums (18% vs. 7%). Überdies gibt es keine weiteren statistisch bedeutsamen Gruppenunterschiede hinsichtlich der favorisierten Freizeitaktivitäten der Kinder in Hessen.

5.1. Freizeit und Wohlbefinden In Hinblick auf das Wohlbefinden zeigt sich, dass Kinder, die ein geringes allgemeines sowie familiales Wohlbefinden berichten, in der Tendenz häufiger „Spielen mit Freunden“ als beliebteste Freizeitaktivität benennen als Kindern mit hohen Ausprägungen des allgemeinen und familialen Wohlbefindens. Überdies zeigen sich keine Unterschiede bei den präferierten Freizeitaktivitäten je nach Wohlbefindensausprägungen der Kinder.

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6 Zukunft Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit den Zukunftsvorstellungen der Kinder in Hessen. Dazu wurden die Kinder gefragt, ob sie später selbst einmal Kinder haben möchten, wie sie sich das Zusammenleben mit einem möglichen Lebenspartner bzw. einer möglichen Lebenspartnerin vorstellen und was sie von Familienkonstellationen mit zwei Müttern oder Vätern halten. Des Weiteren wird das Thema „Work-Life-Balance“ anhand von Einstellungen zu Arbeit, Wohnen und Freizeit behandelt sowie Einschätzungen zur eigenen Zukunft und der Zukunft aller Menschen in Deutschland erörtert. Mitunter werden in diesem Kapitel Fragen aufgegriffen, die bereits in vergangenen Erhebungen gestellt wurden.

6.1. Vorstellung des späteren Lebens Zu den Vorstellungen über das eigene spätere Leben wurden die Kinder zunächst gefragt, ob sie selbst später einmal Kinder haben möchten. 65% und damit der Großteil der befragten Kinder in Hessen haben auf diese Frage mit „ja“ geantwortet. Ein knappes Drittel (29%) hat die Frage mit „weiß nicht“ beantwortet und ist damit zum Erhebungszeitpunkt noch unschlüssig, was den eigenen Kinderwunsch angeht. 2% der Kinder in Hessen wollen in Zukunft keine eigenen Kinder haben. Diese Verteilung zum Kinderwunsch hat sich im Vergleich zum Erhebungsjahr 2011 nicht wesentlich verändert. Mehr als die Hälfte aller befragten Kinder in Hessen (54%) stimmen „sehr“ zu, wenn danach gefragt wird, ob sie es gut fänden, wenn sie und ihr späterer Partner bzw. ihre Partnerin sich zukünftig die Hausarbeit teilen würden. Ein knappes Drittel der hessischen Kinder stimmt dieser Aussage „ziemlich“ (29%) zu und 14% „mittelmäßig“. Insgesamt 3% aller Antworten liegen im unteren Zustimmungsbereich von „stimmt wenig“ (1%) bis „stimmt nicht“ (2%). Im Durschnitt stimmen die Kinder in Hessen diesem Haushaltsmodell dementsprechend „ziemlich“ zu (MW=4,3). Mädchen befürworten diese Aussage noch stärker als Jungen es bereits tun (MW=4,4 vs. MW=4,2). Darüber hinaus zeigen sich keine weiteren Unterschiede bei Betrachtung der Vergleichsgruppen sowie beim Vergleich der Erhebungsjahre 2011 und 2015. Es zeigen sich allerdings signifikante Unterschiede nach dem eigenen Kinderwunsch. Kinder, die selber keine Kinder haben wollen, wünschen sich deutlich seltener eine Aufteilung der Hausarbeit (MW=3,2) als Kinder, die später selbst eigene Kinder haben wollen (MW=4,5) oder sich bezüglich ihres Nachwuchses noch unsicher sind (MW=4,0). Noch stärker als zur geteilten Hausarbeit fällt die Zustimmung der hessischen Kinder zu der Aussage aus: „Wenn wir Kinder haben: Dann fände ich es gut, wenn wir beide gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen würden“ (MW=4,6). 92% der Kinder antworten hier im oberen Zustimmungsbereich von „stimmt ziemlich“ (23%) bis „stimmt sehr“ (69%). 6% der Kinder stimmen „mittelmäßig“ zu und jeweils 1% „wenig“ oder gar „nicht“. Auch für diese Aussage zeigen sich keine signifikanten Veränderungen über die Zeit (Vergleichsjahr 2011), dafür aber nach dem Kinderwunsch. Kinder, die selber einmal Kinder haben wollen, möchten später auch, dass beide Elternteile gleich viel Zeit mit diesen verbringen (MW=4,7) und auch die noch diesbezüglich unentschlossenen Kinder möchten dies im Falle eigener Kinder so handhaben (MW=4,4). Hessische Kinder ohne eigenen Kinderwunsch legen

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hingegen auf eine gleichverteilte gemeinsame Zeit mit dem Nachwuchs weit weniger Wert (MW=3,1).

Die Tatsache, dass es ganz unterschiedliche Familien geben kann (z.B. mit zwei Müttern oder zwei Vätern) bewerten die Kinder in Hessen durchschnittlich „mittelmäßig“ (MW=3,0). Auf die Frage, ob sie es gut finden, dass es eben solche Familienkonstellationen gibt, antwortet jeweils rund jedes fünfte Kind in Hessen mit „stimmt ziemlich“ (22%) oder „stimmt sehr“ (17%). 26% und damit etwa ein Viertel der hessischen Kinder stimmen hier „mittelmäßig“ zu und insgesamt 36% antworten mit „stimmt wenig“ (14%) oder „stimmt nicht“ (22%). Es zeigen sich Unterschiede nach Geschlecht, Migrationshintergrund sowie Familienstatus der Kinder: Mädchen stimmen hier stärker zu als Jungen und sind demzufolge alternativen Familienformen gegenüber offener eingestellt als Jungen (MW=3,1 vs. MW=2,8). Kinder, die einen Migrationshintergrund haben, stimmen deutlich seltener zu als Kinder, die keinen Migrationshintergrund haben (MW=2,6 vs. MW=3,2). Das Gleiche trifft auf Kinder aus Familien zu, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, im Vergleich zu Kindern aus Familien, die nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind (MW=2,5 nicht: MW=3,1). Dieser Effekt bleibt auch unter Kontrolle des Migrationshintergrundes bestehen. Zu den späteren Vorstellungen des Wohnens in der Partnerschaft wurden die Kinder gefragt, ob sie es gut fänden, wenn sie und ihr Partner bzw. ihre Partnerin später im eigenen Haus wohnen würden. Dieser Aussage stimmen die Kinder in Hessen durchschnittlich „ziemlich“ bis „sehr“ zu (MW=4,6). Die konkrete Antwortverteilung sieht wie folgt aus: Mehr als drei Viertel der Kinder in Hessen (76%) stimmen „sehr“ zu und weitere 13% haben mit „stimmt ziemlich“ geantwortet. Insgesamt knapp 90% der hessischen Kinder möchten zukünftig folglich gerne in einem Eigenheim wohnen. 6% der hessischen Kinder stimmen hier „mittelmäßig“ zu und insgesamt 5% finden die Vorstellung „nicht“ (4%) oder nur „wenig“ (1%) überzeugend. Bei Kindern aus Familien mit zwei Elternteilen ist der Wunsch nach einem Eigenheim noch stärker ausgeprägt als bei Kindern Alleinerziehender (MW=4,6 vs. MW=4,2), ebenso wie bei Kindern deren Familien nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind im Vergleich zu Kindern, deren Familien von Arbeitslosigkeit betroffen sind (MW=4,6 vs. MW=4,2). Des Weiteren steigt mit zunehmendem Alter der Kinder der Wunsch, später im eigenen Haus zu leben, wobei sich Kinder der vierten Klassenstufe signifikant von denen der siebten Klassenstufe unterscheiden (4. Klasse: MW=4,3; 5. und 6. Klasse: je MW=4,6, 7. Klasse: MW=4,7). Kinder aus dörflichen (MW=4,6) und städtischen Strukturen (MW=4,5) stimmen dem Wunsch nach einem eigenen Haus zudem deutlicher zu als Kinder aus großstädtischen Umgebungen (MW=4,1). Den meisten Kindern ist es sehr wichtig, später selbst eine Arbeit zu haben (MW=4,9). 93% der Kinder stimmen hier „sehr“ und weitere 5% „ziemlich“ zu, demnach legen fast alle befragten Kinder in Hessen großen Wert darauf, zukünftig berufstätig zu sein. Lediglich 2% der Kinder stimmen „mittelmäßig“ zu und zusammengenommen weniger als 1% der Kinder „wenig“ bis gar „nicht“. Bei Kindern, die angeben eher städtisch zu wohnen, ist der Wunsch nach einem eigenen

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Arbeitsplatz im späteren Leben noch stärker ausgeprägt als bei Kindern, die eher großstädtisch aufwachsen (MW=5,0 vs. MW=4,7). Überdies gibt es keine weiteren Gruppenunterschiede. Der Aussage im späteren Leben viel Freizeit haben zu wollen, auch wenn sie dadurch weniger Zeit zum Arbeiten und Geld verdienen hätten, stimmen die Kinder in Hessen durchschnittlich „mittelmäßig“ zu (MW=3,2). Dies spiegelt sich auch in der Verteilung der Antworten wider: Insgesamt 41% stimmen „ziemlich (26%) bis „sehr“ (15%) zu. Viel Freizeit haben zu wollen, stimmt für ein Drittel der Kinder „mittelmäßig“ (33%) und für insgesamt ein Viertel „wenig“ (17%) bis gar „nicht“ (8%). Kinder ohne Migrationshintergrund legen in Hessen einen größeren Wert darauf, viel Freizeit zu haben als Kinder mit Migrationshintergrund (MW=3,4 vs. MW=3,1). Die hier genannten Aspekte zur Vorstellung der Kinder über ihre eigene Zukunft stehen mitunter in signifikanten Zusammenhängen zueinander. So geht eine höhere Zustimmung dazu, sich mit dem späteren Partner bzw. der Partnerin den Haushalt zu teilen, auch mit einer höheren Zustimmung in folgenden Aspekten einher (und umgekehrt): gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen (r=.42), positive Bewertung alternativer Familienkonstellationen (r=.22) sowie die Wichtigkeit einer eigenen Arbeit (r=.20). Eine hohe Zustimmung dazu, dass die Kinder später gerne gleich viel Zeit zwischen sich und dem Partner bzw. der Partnerin mit den Kindern aufteilen wollen, korreliert zudem positiv mit der Bewertung alternativer Familienformen (r=.14), dem Wunsch nach einem eigenen Haus (r=.12) sowie eigener Arbeit (r=.22). Je häufiger die Kinder zudem angeben, alternative Familienmodelle zu befürworten, desto häufiger wollen sie später auch viel Freizeit haben (r=.13). Des Weiteren zeigt sich, dass der Wunsch nach einem in der Partnerschaft geteilten Eigenheim mit einer höheren Freizeitorientierung bei den Kindern und umgekehrt einhergeht (r=.19).

6.2. Einschätzung der Zukunft Zusätzlich zu den inhaltlichen Aussagen der Kinder zu ihrem späteren Leben wurden übergeordnete Aussagen zur Einschätzung der Lebensqualität erfasst. Hierbei wurde zum einen gefragt, wie die Kinder ihr eigenes Leben einschätzen, wenn sie erwachsen sind und zum anderen, wie sie die Zukunft aller Menschen in Deutschland bewerten. Im Durchschnitt gehen die Kinder in Hessen von einem guten eigenen Leben aus, wenn sie erwachsen sind (MW=4,2). In der Häufigkeitsverteilung zeichnet sich dies wie folgt ab: Ein knappes Viertel der hessischen Kinder (24%) geht davon aus, dass ihr eigenes Leben zukünftig „sehr gut“ sein wird. Rund zwei Drittel stellen sich ihr Leben zukünftig „gut“ (67%) und 9% „mittelmäßig“ vor. Insgesamt weniger als 1% der befragten Kinder in Hessen geht von einer „schlechten“ oder „sehr schlechten“ eigenen Zukunft aus. Somit sehen die Kinder in Hessen insgesamt sehr optimistisch in die eigene Zukunft. Hierbei zeigen sich keinerlei Unterschiede zwischen den betrachteten Vergleichsgruppen sowie im Jahresvergleich. Demnach sind die Kinder in Hessen unabhängig ihrer verschiedenen Gruppenzugehörigkeiten ähnlich zuversichtlich, was die eigene Zukunft angeht. Neben der eigenen Zukunft wurden die Kinder abschließend zu diesem Themenblock gebeten festzuhalten, wie sie die Zukunft aller Menschen in der Bundesrepublik einschätzen. Durchschnittlich bewerten die hessischen Kinder die Zukunft aller Menschen in Deutschland zwischen

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„mittelmäßig“ und „gut“ (MW=3,5) und damit insgesamt schlechter als die eigene Zukunft. Jedes zweite Kind (50%) geht davon aus, dass die Zukunft aller Menschen in Deutschland „gut“ (40%) bis „sehr gut“ (10%) sein wird. Weitere 44% beantworten diese Frage mit „mittelmäßig“ und jedes zwanzigste Kind glaubt, dass es den Menschen in Deutschland zukünftig „schlecht“ (5%) gehen wird. Von einer „sehr schlechten“ Zukunft aller Menschen gehen 2% der Kinder in Hessen aus. Für die Bewertung der Zukunft aller Menschen in Deutschland zeigen sich ebenfalls keine signifikanten Veränderungen zum Erhebungsjahr 2011. Allerdings wird ein Alterseffekt deutlich. Mit zunehmendem Alter fällt die positive Einschätzung der Zukunft aller Menschen in Deutschland geringer aus, wobei die Unterschiede von der sechsten und siebten Klasse im Vergleich zur vierten Klasse signifikant sind (4. Klasse: MW=3,8; 5. Klasse: MW=3,5; 6. Klasse: MW=3,4; 7. Klasse: MW=3,3). Die beiden Angaben zur eigenen Zukunft sowie zur Zukunft aller Menschen in Deutschland korrelieren positiv miteinander (r=.14). Eine gute Einschätzung der eigenen Zukunft geht folglich mit einer guten Einschätzung der Zukunft aller Menschen einher und umgekehrt. Zudem geht eine bessere Bewertung des eigenen späteren Lebens mit einer höheren Zustimmung zum Wunsch nach einer eigenen Arbeit (r=.13) sowie zum Wunsch nach einem eigenen Haus (r=.11) und umgekehrt einher.

6.3. Zukunft und Wohlbefinden Im Kontrast zur bundesweiten Gesamtauswertung zeigen sich für Hessen keine Unterschiede im Wohlbefinden der Kinder in Abhängigkeit vom eigenen Kinderwunsch. Die Kinder in Hessen zeigen allerdings ein höheres allgemeines Wohlbefinden, wenn sie eine Teilung der Hausarbeit mit dem zukünftigen Partner bzw. der zukünftigen Partnerin bevorzugen (r=.11) sowie stärker freizeitorientiert sind (r=.15). Die übergeordneten Zukunftsbewertungen zum eigenen Leben sowie dem Leben aller Menschen in Deutschland hängen positiv mit dem Wohlbefinden der Kinder zusammen. Je besser die Kinder ihre eigene Zukunft bewerten, desto höher ist ihr allgemeines (r=.31), familiales (r=.27) und schulisches Wohlbefinden (r=.23) sowie jenes im Freundeskreis (r=.18) und im Wohnumfeld (r=.21) und andersherum. Je besser die Kinder die Zukunft aller Menschen einschätzen, desto besser fühlen sie sich auch im Allgemeinen (r=.12), in der Schule (r=.16) und bei Freunden (r=.18). Zum Wohlbefinden in der Familie sowie im Wohnumfeld zeigen sich hier keine bedeutsamen Zusammenhänge.

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7 Familie In diesem Kapitel geht es um die Eltern und das familiäre Zusammenleben der Kinder in Hessen. Dabei wird die Achtsamkeit und Sensibilität der Eltern, z.B. für den Gemütszustand des Kindes, thematisiert. Im letzten Abschnitt wird auf die Zusammenhänge zwischen den Wohlbefindensvariablen und Aspekten aus dem Themenblock Familie eingegangen. Die hier vorgestellten Fragenkomplexe sind im Erhebungsjahr 2009 bereits zum Einsatz gekommen, sodass ebenfalls eine vergleichende Betrachtung der unterschiedlichen Erhebungszeitpunkte vorgenommen wird.

7.1. Achtsamkeit der Eltern Bezüglich der Achtsamkeit der Eltern wurden verschiedene Aspekte aus dem Familienalltag aufgegriffen, die alle mit dem Satz „Meine Eltern achten darauf,…“ eingeleitet wurden. Die Kinder wurden aufgefordert zu jedem Satz ihre Zustimmung abzugeben. Die Abfrage erfolgte auf einer fünfstufigen Antwortskala. Insgesamt wird deutlich, dass die Kinder in Hessen ihre Eltern als durchweg achtsam wahrnehmen, unabhängig vom betrachteten Lebensbereich (von MW=3,5 bis MW=4,6). Im Vergleich zum Erhebungsjahr 2009 ist zudem festzuhalten, dass die Kinder in Hessen ihre Eltern in nahezu allen betrachteten Bereichen als deutlich achtsamer erleben. Abbildung 7.1 stellt die Abfolge der einzelnen Fragestellungen bzw. betrachteten Bereiche in der aktuellen Erhebungswelle dar. Abb. 7.1: Meine Eltern achten darauf, … (nach Mittelwert)

...ob ich in der Schule klarkomme

4,6

...dass ich regelmäßig etwas esse

4,5

…dass ich täglich eine warme Mahlzeit bekomme

4,5

...dass ich genug für die Schule lerne

4,5

...dass ich gesunde Dinge esse

4,4

...dass ich zu einer bestimmten Uhrzeit schlafen gehe

4,2

...dass ich mir vor dem Essen die Hände wasche

3,7

...dass ich nicht zu lange Hausaufgaben mache

3,5 1

2

3

4

5

Mittelwert

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Die meisten Kinder in Hessen sagen, dass ihre Eltern am stärksten darauf Acht geben, dass die Kinder in der Schule gut zurechtkommen (MW=4,6). Die genaue Häufigkeitsverteilung sieht wie folgt aus: Knapp drei Viertel der hessischen Kinder stimmen der Aussage, dass die Eltern darauf achten, dass sie in der Schule klar kommen, „sehr“ (72%) zu. Knapp jedes fünfte Kind (19%) stimmt hier „ziemlich“ und 6% „mittelmäßig“ zu. Insgesamt 4% antworten mit „stimmt wenig“ (3%) bis „stimmt nicht“ (1%). Diese Bewertung fällt höher aus als im Jahr 2009 (MW=4,3). Bei Betrachtung der verschiedenen Vergleichsgruppen zeigen sich keine statistisch bedeutsamen Gruppenunterschiede. Demzufolge sind die Eltern in Hessen unabhängig vom familiären Hintergrund, dem Geschlecht und dem Alter der Kinder sowie der Wohnregion vergleichbar achtsam, wenn es um das Zurechtkommen ihrer Kinder in der Schule geht. Darauf, dass die Kinder regelmäßig etwas essen, täglich eine warme Mahlzeit zu sich nehmen sowie genügend für die Schule lernen, sind die Eltern in Hessen ebenfalls sehr bedacht (2. Rang; MW=4,5). Für die Achtsamkeit bezüglich der regelmäßigen Nahrungsaufnahme der Kinder zeigt sich folgende Häufigkeitsverteilung: Rund zwei Drittel der Kinder in Hessen stimmen hier „sehr“ zu (67%), ein knappes Viertel „ziemlich“ (23%) und 7% „mittelmäßig“. Insgesamt 4% haben im unteren Zustimmungsbereich von „stimmt wenig“ (3%) bis „stimmt nicht“ (1%) geantwortet. Im Vergleich zum Erhebungsjahr 2009 werden die Eltern ebenfalls in Hinblick auf die regelmäßige Nahrungsaufnahme als deutlich achtsamer von ihren Kindern wahrgenommen (2009: MW=3,7 und 2015: MW=4,5). Jungen geben noch häufiger an, dass ihre Eltern darauf achten, dass sie regelmäßig etwas essen, als Mädchen (MW=4,6 vs. MW=4,4), ebenso wie Kinder mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund (MW=4,7 vs. MW=4,3). Darüber hinaus gibt es keine weiteren signifikanten Gruppenunterschiede. Dass die Kinder täglich eine warme Mahlzeit zu sich nehmen, belegt ebenfalls den zweiten Rangplatz und ist den Eltern aus Sicht der Kinder in Hessen im Durchschnitt „ziemlich“ bis „sehr“ wichtig (MW=4,5) und damit noch wichtiger als im Jahr 2009 (MW=4,2). Dies spiegelt sich auch in der Verteilung der einzelnen Antworten wider: Insgesamt 87% aller befragten Kinder haben im oberen Zustimmungsbereich von „stimmt ziemlich“ (18%) bis „stimmt sehr“ (69%) geantwortet. 8% der Kinder haben die Achtsamkeit ihrer Eltern in Hinblick auf die tägliche Einnahme einer warmen Mahlzeit im Mittelfeld der Skala bei „stimmt mittelmäßig“ verortet. Insgesamt jedes zwanzigste Kind (5%) hat im unteren Zustimmungsbereich mit „stimmt wenig“ (3%) bis „stimmt nicht“ (2%) geantwortet. Den hessischen Eltern ist es im Mittel außerdem „ziemlich“ bis „sehr“ wichtig, dass ihre Kinder ausreichend für die Schule lernen (MW=4,5). Knapp zwei Drittel der Kinder haben hier mit „stimmt sehr“ (62%) und rund ein Viertel mit „stimmt ziemlich“ (26%) geantwortet. 8% stimmen der Aussage, dass ihre Eltern achtsam sind, wenn es darum geht, dass sie genügend für die Schule lernen, „mittelmäßig“ zu und insgesamt 3% „wenig“ (2%) bis gar „nicht“ (1%). Auch hier ist im Vergleich zu 2009 eine Steigerung zu verzeichnen (MW=4,2). Die Eltern geben bei Jungen, nach Einschätzung der Kinder, noch stärker Acht darauf, ob ausreichend gelernt wird, als bei Mädchen (MW=4,6 vs. MW=4,4). Ältere Kinder hingegen erleben ihre Eltern als weniger achtsam in Hinblick auf das Lernen für die Schule (Klasse 4: MW=4,7; Klasse 5: MW=4,6;

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Klasse 6: MW=4,5; Klasse 7: MW=4,2). Überdies gibt es keine weiteren statistisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den betrachteten Gruppen. Auf eine gesunde Ernährung der Kinder achten die Eltern in Hessen durchschnittlich ebenfalls „ziemlich“ bis „sehr“. Der Mittelwert belegt mit MW=4,4 den dritten Rangplatz und fällt signifikant höher aus als im Erhebungsjahr 2009 (MW=4,1). Insgesamt 87% der befragten Kinder haben im oberen Zustimmungsbereich geantwortet und erleben ihre Eltern demzufolge als „sehr“ (56%) oder „ziemlich“ (31%) achtsam in Hinblick auf eine gesunde Ernährungsweise. 9% haben sich im Mittelfeld der Antwortskala verortet und insgesamt 4% der Kinder antworten im unteren Zustimmungsbereich und empfinden ihre Eltern demnach „wenig“ (2%) bis gar „nicht“ (2%) achtsam, wenn es um eine gesunde Ernährungsweise geht. Jungen schätzen die Achtsamkeit ihrer Eltern bezüglich eines gesunden Ernährungsverhaltens noch höher ein als Mädchen (MW=4,5 vs. MW=4,3). Kinder, die angeben eher städtisch zu leben, empfinden ihre Eltern diesbezüglich achtsamer als Kinder, die eher großstädtisch aufwachsen (MW=4,5 vs. MW=4,1). Die Achtsamkeit der Eltern hinsichtlich einer bestimmten Zubettgehzeit schätzen die Kinder in Hessen im Durschnittschnitt „ziemlich“ hoch und höher als 2009 ein (4. Rang; 2009: MW=3,9; 2015: MW=4,2). Etwa jedes zweite Kind (51%) antwortet hier mit „stimmt sehr“, 28% mit „stimmt ziemlich“ und 13% sagen, „stimmt mittelmäßig“. Jedes zehnte Kind (10%) erlebt die Eltern in Hinblick auf eine bestimmte Schlafenszeit als „wenig“ (6%) bis gar „nicht“ (4%) achtsam. Ältere Kinder der siebten Klasse erleben ihre Eltern deutlich weniger achtsam hinsichtlich einer festen Zubettgehzeit (MW=3,8) als die drei unteren Jahrgangsstufen (von MW=4,3 bis MW=4,4). Zusätzlich zu diesem Alterseffekt wird deutlich, dass Kinder, die eine Grundschule besuchen (MW=4,4) ihre Eltern als signifikant achtsamer beschreiben, als HauptschülerInnen dies tun (MW=3,4). Darauf, dass die Kinder sich vor dem Essen die Hände waschen, sind die Eltern in Hessen ebenfalls ziemlich bedacht (5. Rang; MW=3,7). Die Kinder sollten an dieser Stelle auf einer fünfstufigen Skala angeben, wie häufig die Eltern darauf achten, dass sie sich vor dem Essen die Hände waschen. Ein Drittel der befragten Kinder sagt, dass es „sehr oft“ (33%) vorkommt, dass die Eltern auf das Händewaschen vor Mahlzeiten achten, ein weiteres knappes Drittel antwortet hier mit „oft“ (30%) und 17% mit „manchmal“. Insgesamt 20% der befragten Kinder verorten die Häufigkeit der Achtsamkeit ihrer Eltern hinsichtlich des Händewaschens bei „selten“ (11%) bis „nie“ (9%). Bei Jungen (MW=3,9 vs. MW=3,5) und Kindern mit Migrationshintergrund (MW=3,9 vs. MW=3,7) achten die Eltern noch stärker darauf, dass die Kinder sich vor dem Essen die Hände waschen. Den sechsten und somit letzten Rang belegt die Achtsamkeit der Eltern hinsichtlich der Dauer der Hausaufgaben (MW=3,5). Damit bewerten die Kinder die Achtsamkeit ihrer Eltern hier im Vergleich zu den anderen Bereichen am geringsten, aber dennoch durchschnittlich „mittelmäßig“ bis „ziemlich“ hoch und damit signifikant höher als im Jahr 2009 (MW=2,9). Insgesamt 58% der Kinder in Hessen haben im oberen Zustimmungsbereich von „stimmt ziemlich“ (30%) bis „stimmt sehr“ (28%) geantwortet. Jedes fünfte Kind (20%) verortet die Achtsamkeit der Eltern hinsichtlich einer angemessenen Dauer der Hausaufgaben im Mittelfeld und insgesamt 23% stimmen „wenig“ (10%) bis gar „nicht“ (13%) zu. Kinder, deren Familien nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind, schätzen die Achtsamkeit der Eltern hier höher ein als Kinder aus Familien,

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die von Arbeitslosigkeit betroffen sind (MW=3,6 vs. MW=3,1). Die anderen betrachteten Vergleichsgruppen unterscheiden sich nicht bedeutsam voneinander. Zwischen den in diesem Abschnitt berichteten Items bestehen mittlere bis hohe Korrelationen (von r=.22 bis r=.54), sodass die Einzelitems zu einer Skala Achtsamkeit der Eltern11 zusammengefasst wurden. Fortan wird diese Skala für alle folgenden Berechnungen herangezogen und es werden keine Befunde mehr auf Itemebene berichtet. Der Mittelwert der Skala beträgt MW=4,2 und liegt somit deutlich im oberen Zustimmungsbereich, wie anhand der Auswertungen auf Ebene der einzelnen Items wenig verwunderlich ist. Jungen bewerten die Achtsamkeit ihrer Eltern insgesamt noch höher als Mädchen (MW=4,3 vs. MW=4,1). Darüber hinaus gibt es, bezogen auf die Achtsamkeit der Eltern insgesamt, keine weiteren bedeutsamen Gruppenunterschiede.

7.2. Sensibilität der Eltern In diesem Abschnitt werden die Befunde zur Sensibilität der Eltern, u.a. für den Gemütszustand des Kindes vorgestellt. Die meisten Kinder in Hessen sind der Meinung, dass ihre Eltern es Ihnen häufig sofort ansehen, wenn es ihnen nicht gut geht. Der Mittelwert beträgt hier MW=4,2 auf einer fünfstufigen Skala von „nie“ bis „sehr oft“ und ist im Vergleich zu 2009 bedeutsam angestiegen (MW=4,0). 45% der befragten Kinder sagen, dass ihre Eltern es ihnen „sehr oft“ sofort ansehen, wenn es ihnen nicht gut geht. Rund ein Drittel der Kinder antwortet hier mit „oft“ (35%), 14% mit „manchmal“ und insgesamt 6% verorten die Sensibilität der Eltern bezüglich ihres Gemütszustandes im unteren Skalenbereich von „selten“ (5%) bis „nie“ (1%). Demzufolge fehlt den Eltern von rund jedem zwanzigsten Kind die Sensibilität dafür, den Gemütszustand ihres Kindes richtig einzuschätzen. Zwischen den betrachteten Vergleichsgruppen gibt es keine signifikanten Unterschiede. Auf die Aussage „Es nervt mich, wenn meine Eltern mich darauf ansprechen, ob es mir nicht gut geht“ haben die Kinder in Hessen im Durchschnitt mit „manchmal“ geantwortet (MW=2,7). Demnach sind in der aktuellen Erhebung die Kinder im Kontrast zum Erhebungsjahr 2009 deutlich häufiger von Nachfragen ihrer Eltern zum eigenen Wohlbefinden genervt (2009: MW=2,0). Die genaue Häufigkeitsverteilung der einzelnen Antworten sieht wie folgt aus: Rund ein Viertel der Kinder in Hessen (27%) gibt an, „oft“ (14%) bis „sehr oft“ (13%) davon genervt zu sein, wenn die Eltern den Gemütszustand ansprechen. 28% verorten sich bei diesem Item bei „manchmal“ und insgesamt 46% antworten im unteren Häufigkeitsbereich von „nie“ (22%) bis „selten“ (24%). Insgesamt knapp die Hälfte der Kinder fühlt sich demzufolge kaum bis gar nicht von den Nachfragen der Eltern genervt. Auch an dieser Stelle zeigen sich keine signifikanten Gruppenunterschiede. Die abschließende Frage in diesem Themenblock widmet sich der Sensibilität der Eltern für ausreichend Pausen vom Arbeiten. Konkret lautet das Item: „Meine Eltern merken, wenn ich eine Pause vom Arbeiten (z.B. Hausaufgaben, Haushaltspflichten) brauche“. Der Mittelwert in

11

Die Skala hat eine gute Reliabilität (Cronbachs Alpha=.79). Alle 8 Items wurden in die Skalenberechnung einbezogen.

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Hessen beträgt hier MW=3,7 und fällt somit in die Antwortkategorie „oft“. Aus Sicht der hessischen Kinder sind die Eltern dementsprechend sensibel dafür, wenn die Kinder eine Pause vom Arbeiten benötigen. Im Jahr 2009 fiel der Mittelwert mit MW=3,2 signifikant geringer aus. Damit nehmen die Kinder in Hessen ihre Eltern im Jahresvergleich betrachtet insgesamt als deutlich sensibler wahr. Knapp ein Drittel der Kinder ist der Meinung, dass die Eltern es „sehr oft“ (32%) bemerken, wenn eine Pause vom Arbeiten notwendig ist. Ein weiteres, knappes Drittel (31%) der Kinder sagt, dass die Eltern es „oft“ bemerken, wenn eine Pause benötigt wird. Jedes fünfte Kind (20%) verortet die Sensibilität der Eltern diesbezüglich bei „manchmal“ und insgesamt 17% antworten im unteren Häufigkeitsbereich von „selten“ (9%) bis „nie“ (8%). Demzufolge findet nahezu jedes fünfte Kind in Hessen, dass es den eigenen Eltern nur selten bzw. gar nicht gelingt, ihnen anzusehen, wann sie eine Pause benötigen. Kinder, die angeben eher städtisch zu wohnen, sagen, dass die Eltern weniger sensibel für Pausen vom Arbeiten sind als Kinder, die in einer Großstadt leben (MW=3,5 vs. MW=4,1). Überdies gibt es keine weiteren statistisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen. Die Sensibilität der Eltern für Pausen vom Arbeiten (z.B. Hausaufgaben oder Haushaltspflichten) hängt im hohen Maße mit der Sensibilität der Eltern für den Gemütszustand ihres Kindes zusammen (r=.50). Demnach fällt es den Eltern in Hessen umso leichter ihrem Kind anzusehen, dass es eine Pause benötigt, je besser sie den Gemütszustand ihres Kindes generell einschätzen können (und umgekehrt). Die Sensibilität der Eltern für den Gemütszustand des Kindes hängt wiederum negativ mit dem Genervtsein der Kinder bezüglich des Nachfragens der Eltern zum Gemütszustand zusammen. Das heißt wenn es den Eltern schwer fällt, den Gemütszustand des Kindes richtig zu deuten, fühlen sich die Kinder auch häufiger genervt, wenn sie von den Eltern darauf angesprochen werden. Wenn aber die Eltern sensibel für den Gemütszustand ihre Kindes sind, fühlen sich die Kinder auch weniger genervt von den Nachfragen diesbezüglich (r=-.13). Zudem besteht ein negativer Zusammenhang zwischen der Sensibilität der Eltern für benötigte Pausen und dem Genervtsein der Kinder bezüglich des Nachfragens der Eltern zum Gemütszustand (r=-.16): Wenn die Eltern wenig sensibel bezüglich benötigter Pausen sind, fühlen die Kinder sich demnach häufiger von den Nachfragen der Eltern zum eigenen Gemütszustand genervt und umgekehrt. Interessant ist darüber hinaus, dass die Sensibilität der Eltern bedeutsam mit der generellen Achtsamkeit der Eltern12 korreliert. Demzufolge sind die Kinder in Hessen von der Sensibilität ihrer Eltern weniger genervt, wenn sie diese als achtsam erleben (r=-.20). Eltern, denen es zudem häufiger gelingt den Gemütszustand des Kindes richtig zu interpretieren (r=.47) sowie dem Kind anzusehen, dass es eine Pause vom Arbeiten benötigt (r=.43), werden obendrein von ihren Kindern als insgesamt achtsamer wahrgenommen und umgekehrt.

12

Die Befunde beziehen sich auf die Skala Achtsamkeit der Eltern.

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7.3. Eltern und Wohlbefinden Die Achtsamkeit der Eltern steht in positivem Zusammenhang mit allen betrachteten Wohlbefindensvariablen, mit Ausnahme des Wohlbefindens in der Wohnumgebung. Der höchste Zusammenhang besteht erwartungskonform mit dem familialen Wohlbefinden (r=.37). Wenn die Kinder, ihre Eltern als achtsam wahrnehmen, fühlen sie sich darüber hinaus im Allgemeinen (r=.19), in der Schule (r=.09) sowie im Freundeskreis (r=.12) wohler (und umgekehrt). Auch die Sensibilität der Eltern steht in Zusammenhang mit dem Wohlbefinden der Kinder in Hessen. Demzufolge fühlen sich Kinder, die ihre Eltern als sensibel bezüglich ihres Gemütszustandes erleben, in allen betrachten Bereichen, bis auf den Freundeskreis, wohler (von r=.12 bis r=.37). Der höchste Zusammenhang besteht hier ebenfalls zum Wohlbefinden in der Familie (r=.37). Empfinden die Kinder die Sensibilität der Eltern hingegen als nervig, fühlen sie sich im Allgemeinen (r=-.22), in der Familie (r=-.24), in der Schule (r=-.20), im Freundeskreis (r=-.10) sowie in der eigenen Wohngegend (r=-.10) unwohler und andersherum – Kinder, die sich in allen betrachteten Bereichen wohler fühlen, empfinden das Nachfragen der Eltern zum eigenen Wohlbefinden als weniger nervig. Zudem geht die Sensibilität der Eltern für ausreichend Pausen vom Arbeiten mit höheren Ausprägungen des Wohlbefindens in den Bereichen Familie, Schule, Wohnumfeld sowie dem allgemeinen Wohlbefinden einher (und umgekehrt). Der stärkste Zusammenhang zeigt sich zum familialen Wohlbefinden (r=.33) und der geringste zum Wohlbefinden in der Schule (r=.14).

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8 Schule In diesem Kapitel wird das Themenfeld Schule behandelt. Dabei wird zunächst auf den in der Schule wahrgenommenen Leistungsdruck und die Unterstützung bei schulischen Problemen eingegangen. Im darauffolgenden Abschnitt wird das Nachmittagsangebot der Schule näher betrachtet: Nutzen die Kinder in Hessen das Nachmittagsangebot ihrer Schule und welche Angebote in den Nachmittagsstunden fänden bzw. finden sie, sofern sie das Nachmittagsangebot ihrer Schule bereits wahrnehmen, besonders gut? Schließlich wird der Zusammenhang zwischen den abgefragten Aspekten aus dem Bereich Schule mit dem Wohlbefinden der Kinder thematisiert. 8.1

Leistungsdruck und Unterstützung

Wie bereits in vorherigen Erhebungswellen wurden die Kinder in der aktuellen Erhebung nach dem empfundenen Leistungsdruck und der Unterstützung in der Schule gefragt. Dabei wurden sie zunächst aufgefordert, eine Selbsteinschätzung ihrer Schulkompetenzen auf einer fünfstufigen Skala abzugeben. Der Mittelwert beträgt hier MW=4,1 und fällt somit in die Antwortkategorie „oft“, d.h. die meisten Kinder in Hessen kommen ihrer Einschätzung nach in der Schule meistens gut zurecht. Ein knappes Drittel hat mit „sehr oft“ (31%) geantwortet und rund die Hälfte der Kinder hat „oft“ angekreuzt (52%). Etwa jedes siebte Kind sagt hingegen, dass es „manchmal“ (15%) gut in der Schule zurechtkommt und 2% haben an dieser Stelle „selten“ geantwortet. Kein Kind in Hessen gibt an, „nie“ in der Schule gut zurechtzukommen. Zwischen den betrachteten Vergleichsgruppen gibt es keine signifikanten Gruppenunterschiede. Im Vergleich zum Erhebungsjahr 2009 (MW=3,9) ist allerdings ein signifikanter Anstieg bei der Einschätzungen der eigenen Schulkompetenzen von Kindern in Hessen zu verzeichnen. Die Kinder in Hessen geben im Durchschnitt an, dass sie sich „selten“ durch die Leistungserwartungen ihrer Lehrkräfte überfordert fühlen (MW=2,3). Insgesamt 16% der Kinder verorten sich hier im oberen Häufigkeitsbereich von „oft“ (8%) bis „sehr oft“ (8%). Jedes fünfte Kind sagt, dass es „manchmal“ (20%) von den Leistungserwartungen der Lehrkräfte überfordert ist und insgesamt 65% antworten hier mit „selten“ (42%) oder „nie“ (23%). Bei einem Großteil der Kinder in Hessen ist es dementsprechend eher die Ausnahme, dass die Lehrkräfte eine Leistung von ihnen erwarten, durch die sie sich überfordert fühlen. Dennoch hat ein nicht unwesentlicher Anteil der Kinder (8%) nahezu ständig den Eindruck, den Leistungserwartungen der LehrerInnen nicht gerecht werden zu können. Bei Kindern mit Migrationshintergrund ist dies noch häufiger der Fall als bei Kindern ohne Migrationshintergrund (MW=2,5 vs. MW=2,2). Im Jahresvergleich zeigen sich an dieser Stelle keine bedeutsamen Unterschiede. Bei der Frage nach der Unterstützung der Lehrkräfte zeigt sich, dass die meisten Kinder in Hessen sich bei individuellen Schwierigkeiten in der Schule durch ihre LehrerInnen unterstützt fühlen (MW=3,9), dies spiegelt sich auch in der Verteilung aller Antworten wider: Jedes dritte Kind fühlt sich „sehr oft“ (33%) durch die Lehrkräfte unterstützt. 37% der Kinder sagen, dass die LehrerInnen ihnen „oft“ und weitere 21% „manchmal“ helfen, wenn sie in der Schule nicht zu-

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rechtkommen. Insgesamt 10% aller Antworten liegen im unteren Bereich der Antwortskala zwischen „selten“ (7%) und „nie“ (3%). Demnach fühlt sich jedes zehnte Kind in Hessen nicht ausreichend durch seine Lehrkräfte unterstützt, wenn es Probleme gibt. Die Einschätzung der Unterstützungshäufigkeit durch die LehrerInnen ist im Vergleich zu 2011 signifikant gestiegen (2011: MW=3,6 und 2015: MW=3,9). Demzufolge fühlen sich die Kinder in der aktuellen Untersuchung stärker durch ihre Lehrkräfte unterstützt als dies im Jahr 2011 der Fall war. Ältere Kinder fühlen sich weniger durch ihre Lehrkräfte unterstützt als jüngere (Klasse 4: MW=4,3 steht hierbei im signifikanten Unterschied zu Klasse 5: MW=3,8; Klasse 6: MW=3,8; Klasse 7: MW=3,7). Darüber hinaus gibt es keine weiteren bedeutsamen Gruppenunterschiede. Die meisten Kinder in Hessen finden, dass ihre LehrerInnen „manchmal“ bis „oft“ darauf achten, dass die Kinder ohne zu viel Stress arbeiten können (MW=3,5). Rund jedes fünfte Kind gibt an, dass die Lehrkräfte „sehr oft“ (21%) darauf achten, dass die Kinder in der Schule stressfrei arbeiten können. 32% der befragten Kinder in Hessen antworten hier mit „oft“ und 30% mit „manchmal“. Insgesamt 17% der Kinder finden, dass die Lehrkräfte „selten“ (11%) bis „nie“ (6%) darauf bedacht sind, dass die Kinder in der Schule ohne zu viel Stress arbeiten können. Grundschulkinder haben eher das Gefühl, dass ihre LehrerInnen auf eine stressfreie Arbeitsatmosphäre achten als SchülerInnen der Gesamtschule (MW=3,9 vs. MW=3,1). Generell haben jüngere Kinder stärker den Eindruck, dass ihre LehrerInnen achtsam bezüglich einer stressfreien Arbeitsatmosphäre sind (Klasse 4: MW=3,9; Klasse 5: MW=3,6; Klasse 6: MW=3,5; Klasse 7: MW=3,1). Demzufolge empfinden die Kinder in Hessen die Lernatmosphäre in der Schule mit zunehmender Jahrgangsstufe als stressbehafteter. Überdies zeigen sich keine weiteren Gruppenunterschiede. Die Kinder wurden zudem gefragt, wie häufig sie sich Sorgen darüber machen, dass sie sitzen bleiben13 könnten. Der Mittelwert liegt hier mit MW=2,2 im unteren Bereich der Antwortskala. Die Kinder in Hessen machen sich dementsprechend im Durchschnitt „selten“ Sorgen darüber, dass sie sitzen bleiben könnten. Die exakte Häufigkeitsverteilung sieht wie folgt aus: Gut zwei Drittel der hessischen Kinder (67%) machen sich „selten“ (21%) bis „nie“ (46%) Sorgen darüber, sitzen zu bleiben. 12% geben an, sich „manchmal“ um die eigene Versetzung zu sorgen, und rund jedes fünfte Kind (21%) macht sich diesbezüglich „oft“ (8%) bis „sehr oft“ (13%) Sorgen. Die Sorge der Kinder um die Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe ist im Jahresvergleich nahezu konstant geblieben (2009: MW=2,3 und 2015: MW=2,2). Rund jedes fünfte Kind in Hessen (21%) bekommt bei schlechten Schulnoten „oft“ (12%) bis „sehr oft“ (9%) Ärger mit den Eltern. Der Mittelwert beträgt hier MW=2,4 und fällt somit zwischen die Antwortkategorien „selten“ und „manchmal“. 23% der befragten Kinder geben an, bei schlechten Noten „manchmal“ Ärger mit den Eltern zu bekommen. Im unteren Bereich der Antwortskala, bei „selten“ (22%) und „nie“ (33%), liegen insgesamt mehr als die Hälfte aller Antworten. Jungen bekommen bei schlechten Noten deutlich häufiger Ärger mit den Eltern als Mädchen (MW=2,7 vs. MW=2,2), darüber hinaus zeigen sich keine weiteren Gruppenunterschiede sowie Unterschiede im Jahresvergleich.

13

Im Sinne von: eine Klassenstufe wiederholen

40


Die Kinder wurden auch gefragt, ob sie wissen, bei wem sie sich Hilfe holen können, wenn sie etwas in der Schule nicht können. Der Mittelwert liegt hier mit MW=4,0 in der Antwortkategorie „oft“. Insgesamt drei Viertel der hessischen Kinder (75%) wissen „oft“ (35%) bis „sehr oft“ (40%), bei wem sie in Schulfragen Hilfe bekommen können. 16% aller Antworten befinden sich im Mittelfeld, wenn es um diese Kenntnis geht. Knapp jedes zehnte Kind in Hessen (9%) hat die Frage mit „selten“ (5%) oder „nie“ (4%) beantwortet und ist dementsprechend wenig vertraut mit Hilfs-/ oder Unterstützungsangeboten bei schulischen Problemen. Eine weitere Frage widmet sich der Verantwortungszuschreibung für das schulische Können der Kinder: „Wenn ich in der Schule etwas nicht kann, liegt das an mir selbst.“ Der Mittelwert beträgt hier MW=3,1 und liegt somit genau im Mittelfeld der Antwortskala bei „manchmal“. Die exakte Häufigkeitsverteilung sieht wie folgt aus: Insgesamt ein knappes Drittel der Kinder in Hessen (32%) sieht die Schuld dafür, etwas in der Schule nicht zu können, „oft“ (23%) bis „sehr oft“ (9%) bei sich selbst. 43% der Kinder schreiben sich selber „manchmal“ die Verantwortung dafür zu, etwas in der Schule nicht zu können, und insgesamt ein Viertel der Kinder (25%) „selten“ (18%) bis „nie“ (7%). Damit ist die Verantwortungszuschreibung der Kinder für das eigene schulische Können im Vergleich zum Erhebungsjahr 2009 signifikant angestiegen (2009: MW=2,8; 2015: MW=3,1). Die Kinder wurden außerdem gefragt, wie häufig sie Angst vor Klassenarbeiten haben. Die meisten Kinder in Hessen haben „manchmal“ (27%) oder „selten“ (30%) Angst vor Klassenarbeiten (MW=2,8). 16% der Kinder haben angegeben, „nie“ Angst vor Klassenarbeiten zu haben. Insgesamt rund ein Viertel der Kinder (27%) in Hessen berichtet „oft“ (15%) bis „sehr oft“ (12%) Angst vor Klassenarbeiten zu haben. Demnach fürchtet sich rund jedes zehnte Kind in Hessen nahezu ständig vor Klassenarbeiten. Die Angst vor Klassenarbeiten hat im Jahresvergleich signifikant zugenommen (2009: MW=2,6; 2015: MW=2,8). In Hinblick auf die Häufigkeit der Angst vor Klassenarbeiten ist ein Geschlechtereffekt erkennbar: Mädchen in Hessen fürchten sich häufiger vor Klassenarbeiten als Jungen (MW=2,9 vs. MW=2,6), ebenso wie Kinder mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund (MW=2,9 vs. MW=2,6). Darüber hinaus haben Kinder, die angeben eher städtisch zu wohnen, häufiger Angst vor Klassenarbeiten als Kinder, die in einem eher großstädtischen Umfeld leben (MW=2,9 vs. MW=2,3).

In der abschließenden Frage zum Themenblock Leistungsdruck in der Schule wurden die Kinder gefragt, ob es in ihrer Klasse zu Hänseleien aufgrund besonders guter Schulnoten kommt. Der Mittelwert beträgt hier MW=1,8, demzufolge kommt es bei den meisten Kindern in Hessen „selten“ vor, dass MitschülerInnen aufgrund besonders guter Noten geärgert werden. Über die Hälfte der Kinder sagt, dass es in ihrer Klasse „nie“ (54%) zu Hänseleien wegen besonders guter Schulnoten kommt. Bei einem knappen Viertel der hessischen Kinder kommt es „selten“ (23%) dazu und 15% der hessischen Kinder berichten, dass in ihrer Klasse Kinder mit sehr guten Schulnoten „manchmal“ geärgert werden. Insgesamt 8% der Antworten liegen im oberen Antwortbereich von „oft“ bis „sehr oft“ (je 4%).

41


Kinder in der fünften Klasse geben signifikant häufiger an, dass in ihrer Klasse Kinder mit besonders guten Noten geärgert werden als Kinder der vierten Klassenstufe (Klasse 4: MW=1,6; Klasse 5: MW=2,1). Darüber hinaus gibt es keine weiteren bedeutsamen Unterschiede. Zwischen den in diesem Abschnitt berichteten Aspekten zum Themenfeld Leistungsdruck in der Schule bestehen vielschichtige Zusammenhänge (von r=-.11 bis r=.55), wie Tabelle 8.1 entnommen werden kann. Tab. 8.1: Zusammenhänge im Themenblock Leistungsdruck und Unterstützung (Korrelationskoeffizienten)

(a) In der Schule gut zurecht kommen (b) Überfordert durch Leistungserwartungen der Lehrkräfte (c) Unterstützung durch Lehrkräfte (d) Lehrkräfte schaffen Lernatmosphäre ohne Stress (e) Angst davor, sitzen zu bleiben (f) Ärger von Eltern wegen schlechter Noten (g) Kenntnis der Hilfsangebote (h) Verantwortungszuweisung schulisches Können (i) Angst vor Klassenarbeiten (j) Hänseleien wegen besonders guter Noten

a

b

c

d

e

f

g

h

i

j

x

-.29

.26

.17

-.31

-.25

.32

-

-.24

-

x

-.14

-

.36

.22

-.18

-

.22

-

x

.55

-

-.11

.27

.22

-.12

-.19

x

-

-

.27

-

-

-

x

.29

-.14

-

.37

-

x

-.19

-

.23

-

x

-

-

-

x

.19

-

x

.17 x

Der stärkste Zusammenhang besteht, wie auch in der bundesweiten Gesamtauswertung, zwischen der Einschätzung der Unterstützung durch die Lehrkräfte und deren Bemühungen, auf eine stressfreie Lernatmosphäre für die Kinder zu achten (r=.55). Demzufolge haben die Kinder in Hessen, die sich häufig durch ihre Lehrkräfte unterstützt fühlen, auch häufiger den Eindruck, dass die Lehrkräfte darauf achten, dass sie stressfrei arbeiten können – und umgekehrt. Darüber hinaus korreliert die Bemühung der LehrerInnen um eine stressfreie Arbeitsatmosphäre mit der Selbsteinschätzung der Schulfähigkeiten der Kinder (r=.17) und der Kenntnis des Hilfsangebotes an der Schule (r=.27). Ein gutes Zurechtkommen in der Schule korreliert mit allen Aspekten im Themenblock Leistungsdruck und Unterstützung, bis auf die Verantwortungszuweisung für schulisches Können und Hänseleien im Klassenkontext wegen besonders guter Schulnoten. Hessische Kinder, die in der Schule gut zurechtkommen, fühlen sich folglich seltener durch die Leistungserwartungen ihrer Lehrkräfte überfordert (r=-.29), erfahren häufiger Unterstützung durch die Lehrkräfte (r=.26), erleben häufiger Bemühungen einer stressfreien Lernatmosphäre durch ihre Lehrkräfte (r=.17), machen sich weniger Sorgen um die eigene Versetzung (r=-.31), kriegen seltener Ärger

42


von ihren Eltern wegen schlechter Noten (r=-.25), wissen häufiger, an wen sie sich bei Problemen in der Schule wenden können (r=.32) und haben seltener Angst vor Klassenarbeiten (r=-.24) und umgekehrt. Der geringste statistisch signifikante Zusammenhang besteht zwischen der Unterstützung durch die Lehrkräfte und der Häufigkeit von Ärger bei schlechten Schulnoten (r=-.11): Kinder, die sich von ihren LehrerInnen wenig unterstützt fühlen, bekommen bei schlechten Schulnoten häufiger Ärger mit ihren Eltern (und andersherum).

8.2 Nachmittagsangebote in der Schule Ein weiterer Fragenblock widmete sich dem Ganztags- bzw. Nachmittagsangebot an den Schulen in Hessen. Dabei wurden die Kinder zunächst gefragt, ob sie das Ganztagsangebot ihrer Schule bereits nutzen. Über die Hälfte der befragten hessischen Kinder gibt an, das Ganztagsangebot der eigenen Schule, z.B. AGs am Nachmittag, zu nutzen (54%). Dabei nutzen Mädchen das Nachmittagsangebot häufiger als Jungen (57% vs. 43%). Darüber hinaus zeigen sich Unterschiede in Abhängigkeit von der besuchten Schulform. Kinder, die ein Gymnasium besuchen (65%), nutzen das Ganztagsangebot ihrer Schule am häufigsten und signifikant häufiger als Kinder, die auf eine Real- (28%) oder Hauptschule (11%) gehen. Kinder, die zum Erhebungszeitpunkt eine Hauptschule (11%) besuchen, nutzen das Nachmittagsangebot im Schulformvergleich am seltensten und signifikant seltener als Kinder, die auf eine Grundschule (58%), Gesamtschule (47%) oder ein Gymnasium (65%) gehen. Zudem geben Kinder der siebten Klasse signifikant seltener an, dass sie das Nachmittagsangebot ihrer Schule nutzen als Kinder der sechsten Klassenstufe (41% vs. 65%). Überdies gibt es keine weiteren Gruppenunterschiede. In dem nächsten Frageblock sollten die Kinder anhand einer fünfstufigen Zustimmungsskala angeben, welches Nachmittagsangebot sie an ihrer Schule gut fänden bzw. finden, sofern sie dieses bereits wahrnehmen. Die hier aufgelisteten Angebote wurden in derselben Form bereits im Kinderbarometer 2011 erfragt. Abbildung 8.1 veranschaulicht die unterschiedlichen Nachmittagsangebote an der Schule nach Favorisierung der Kinder in Hessen. Abb. 8.1: Gewünschte Nachmittagsangebote an der Schule Sportangebote

4,2

Möglichkeiten zum Spielen

4,1

Zeit zum Ausruhen

4,1

Angebote zu themenbezogenen Projekten

3,7

Zeit um Probleme zu bereden

3,6

Gemeinsam Hausaufgaben machen

3,2

Andere, neue Unterrichtsfächer

3,0

Nachhilfeangebote

3,0

Mehr Zeit für die Fächer, die morgens stattfinden

2,4 1

2

3

4

5

Mittelwert

43


Den obersten Rang belegen mit einem Mittelwert von MW=4,2 „Sportangebote“. Demnach sind sportliche Aktivitäten am Nachmittag besonders beliebt bei den Kindern in Hessen. Dies spiegelt sich auch in der Verteilung der einzelnen Antworten wider: Über die Hälfte der befragten Kinder in Hessen stimmt hier „sehr“ (56%) zu. Knapp jedes fünfte Kind „stimmt ziemlich“ (19%) zu und 15% verorten sich im Mittelfeld der Antwortskala bei „stimmt mittelmäßig“. Insgesamt jedes zehnte Kind stimmt dem Wunsch nach Sportangeboten am Nachmittag „wenig“ (6%) bis gar „nicht“ (4%) zu. Jungen interessieren sich noch stärker für nachmittägliche Sportangebote als Mädchen (MW=4,5 vs. MW=3,9). Hinsichtlich der Favorisierung von Sportangeboten im Nachmittagsangebot der Schule zeigt sich zudem ein Alterseffekt. Je jünger die Kinder sind, desto stärker interessieren sie sich für ein Sportangebot am Nachmittag (4. Klasse: MW=4,5; 5. Klasse: MW=4,4; 6. Klasse: MW=4,0; 7. Klasse: MW=3,8). Ein signifikanter Unterschied in der Präferenz von Sportangeboten am Nachmittag zeigt sich ebenfalls zwischen den Schulformen Grund- und Gesamtschule (MW=4,5 vs. MW=3,6). Den zweiten Rangplatz teilen sich die nachmittäglichen Angebote Spielemöglichkeiten und Zeit zum Ausruhen, die mit einem Mittelwert von je MW=4,1 ähnlich beliebt bei den hessischen Kindern sind wie Sportangebote. Über die Hälfte der Kinder in Hessen stimmen dem Wunsch nach der Möglichkeit zum Spielen am Nachmittag „sehr“ (54%) und jedes fünfte Kind „ziemlich“ (20%) zu. 13% der Antworten liegen im Mittelfeld der Antwortskala und insgesamt 12% im unteren Zustimmungsbereich. Darüber hinaus gibt es keine weiteren bedeutsamen Unterschiede. Für den Wunsch nach mehr Zeit zum Ausruhen zeigt sich folgende Häufigkeitsverteilung: 56% der Kinder stimmen dem Wunsch nach Ausruhphasen am Nachmittag „sehr“, 20% „ziemlich“ und 10% „mittelmäßig“ zu. Insgesamt 14% aller Antworten liegen im unteren Zustimmungsbereich von „stimmt wenig“ (5%) bis „stimmt nicht“ (9%). Bei Jungen ist der Wunsch nach Ausruhphasen am Nachmittag noch stärker ausgeprägt als bei Mädchen (MW=4,2 vs. MW=4,0). Projekte, in denen man sich längere Zeit mit einem Thema befasst – im Sinne einer Projektwoche, sind durchschnittlich „ziemlich“ gefragt bei den Kindern in Hessen (3. Rang: MW=3,7). Gut ein Drittel der hessischen Kinder gibt an, sich „sehr“ (35%) für themenbezogene Projekte zu interessieren. Rund ein Viertel hat mit „stimmt mittelmäßig“ (26%) und ein weiteres knappes Viertel mit „stimmt ziemlich“ (24%) geantwortet. Je 8% der hessischen Kinder geben an, sich „wenig“ bis gar „nicht“ für Projekte, die über einen längeren Zeitraum bestehen, zu interessieren. Zudem ist das Interesse für themenbezogene Projektwochen bei Kindern, die angeben eher großstädtisch zu wohnen (MW=4,4), höher ausgeprägt als bei Kindern, die in einer eher städtischen (MW=3,5) und dörflichen Umgebung (MW=3,7) aufwachsen. Ebenfalls durchschnittlich ziemlich beliebt bei den Kindern in Hessen sind Möglichkeiten, am Nachmittag Probleme zu besprechen (4. Rang: MW=3,6). Gut ein Drittel der befragten Kinder in Hessen favorisiert schulische Nachmittagsaktivitäten, die Zeit einräumen, Probleme besprechen zu können „sehr“ (34%). Ein gutes Viertel der Kinder findet dieses Angebot „ziemlich gut“ (26%), 18% stimmen hier „mittelmäßig“ (18%) zu und jedes zehnte Kind „wenig“ (10%). 12% der Kinder sind „nicht“ daran interessiert, am Nachmittag Probleme zu besprechen. Mit zunehmendem Alter sinkt zudem das Interesse an einem Nachmittagsangebot zum Besprechen von Problemen (4. Klasse: MW=3,9; 5. Klasse: MW=3,7; 6. Klasse: MW=3,7; 7. Klasse: MW=3,2).

44


Den fünften Rang belegen Angebote, die es den Kindern ermöglichen, am Nachmittag gemeinsam die Hausaufgaben zu machen (MW=3,2). Die Häufigkeitsverteilung aller Antworten in Hessen sieht wie folgt aus: Knapp die Hälfte der Kinder wünscht sich als Nachmittagsangebot der Schule (47%), gemeinsam die Hausaufgaben zu machen, davon ein knappes Viertel der Kinder „ziemlich“ (25%) und 22% „sehr“. 23% stimmen „mittelmäßig“ zu und insgesamt 29% interessieren sich „wenig“ (14%) bis gar „nicht“ (15%) dafür, nachmittags gemeinsam die Hausaufgaben zu machen. Jungen interessieren sich stärker dafür die Hausaufgaben am Nachmittag in der Schule gemeinsam zu machen als Mädchen (MW=3,4 vs. MW=3,1). Darüber hinaus haben ältere Kinder ein geringeres Interesse daran, gemeinsam die Hausaufgaben zu machen (Klasse 4: MW=3,7; Klasse 5: MW=3,6; Klasse 6: MW=3,3; Klasse 7: MW=2,7). Außerdem haben Kinder, die angeben, eher großstädtisch zu wohnen, ein größeres Interesse daran, am Nachmittag gemeinsam Hausaufgaben zu machen als Kinder, die eher städtisch aufwachsen (MW=3,7 vs. MW=3,0). Die Möglichkeiten am Nachmittag andere, neue Unterrichtsfächer zu behandeln sowie Nachhilfeangebote zu nutzen, teilen sich den sechsten Rangplatz (je MW=3,0). Insgesamt 38% der Kinder in Hessen wünschen sich andere, neue Unterrichtsfächer im Nachmittagsangebot ihrer Schule. Je rund ein Fünftel der Kinder stimmen hier „sehr“ (18%) oder „ziemlich“ (20%) zu. Etwa ein Viertel (28%) stimmt der Aussage „mittelmäßig“ zu, sich neue Unterrichtsfächer in den Nachmittagsstunden an der Schule zu wünschen und insgesamt mehr als ein Drittel (35%) stimmt hier „wenig“ (13%) bis gar „nicht“ (22%) zu. Der Mittelwert ist hier signifikant höher als noch im Jahr 2011 (MW=2,3). Bezüglich des Wunsches nach anderen, neuen Unterrichtsfächern im Nachmittagsangebot der Schule zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den betrachteten Vergleichsgruppen. Nachhilfeangebote belegen ebenfalls den sechsten Rangplatz der favorisierten Nachmittagsangebote an Schulen bei hessischen Kindern (MW=3,0). Demnach ist der Wunsch nach einem nachmittäglichen Nachhilfeangebot bei den Kindern in Hessen höher als noch im Jahr 2011 (MW=2,3). Insgesamt 39% der Kinder in Hessen interessieren sich „wenig“ (18%) bis gar „nicht“ (21%) für ein Nachhilfeangebot am Nachmittag. 24% aller Antworten befinden sich im Mittelfeld der Antwortskala und insgesamt 38% der befragten Kinder in Hessen finden bzw. fänden ein nachmittägliches Nachhilfeangebot in der Schule „ziemlich“ (18%) bis „sehr“ (20%) gut. Bei hessischen Kindern mit Migrationshintergrund sind Nachhilfeangebote am Nachmittag gefragter als bei Kindern ohne Migrationshintergrund (MW=3,2 vs. MW=2,9). Darüber hinaus wünschen sich Kinder, die eher großstädtisch aufwachsen, stärker Nachhilfeangebote am Nachmittag als Kinder, die städtisch leben (MW=3,6 vs. MW=2,8). Vergleichsweise wenig beliebt bei den hessischen Kindern und mit einem deutlichen Abstand auf dem letzten Rangplatz sind Angebote, die dazu dienen, Unterrichtsfächer aus den Vormittagsstunden an der Schule zu vertiefen (7. Rang; MW=2,4). Über die Hälfte der Kinder in Hessen (54%) interessiert sich „wenig“ (23%) bis gar „nicht“ (31%) dafür, am Nachmittag die Unterrichtsfächer aus den Vormittagsstunden zu vertiefen. Die übrigen Antworten verteilen sich wie folgt auf die Antwortkategorien: 30% der in Hessen befragten Kinder stimmen „mittelmäßig“ zu, sich am Nachmittag mit Unterrichtsfächern aus dem Vormittag beschäftigen zu wollen, und je 8% „ziemlich“ bis „sehr“. Bei Betrachtung der unterschiedlichen Vergleichsgruppen zeigen sich

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keine bedeutsamen Unterschiede. Demnach ist das vergleichsweise gering ausgeprägte Interesse daran, am Nachmittag die Unterrichtsfächer aus den Vormittagsstunden zu vertiefen, unabhängig vom Geschlecht, Alter, familiären und schulischen Hintergrund sowie dem Wohnumfeld der Kinder. Im Vergleich zum Erhebungsjahr 2011 (MW=2,1) ist eine Steigerung des Interesses an der Vertiefung von Unterrichtsstunden im Nachmittagsangebot der Schule erkennbar.

Schließlich wurden die Kinder gefragt, ob sie überhaupt an Nachmittagsangeboten in der Schule interessiert sind. Der Aussage „Ich mag gar keine Nachmittagsangebote an der Schule“ stimmen die Kinder in Hessen durchschnittlich „wenig“ zu (MW=2,3). Damit liegt im Vergleich zum Erhebungsjahr 2011 ein signifikanter Anstieg der Ablehnung von Nachmittagsangeboten in der Schule vor (MW=1,9). Insgesamt 61% der befragten Kinder in Hessen haben hier mit „stimmt wenig“ (18%) oder „stimmt nicht“ (43%) geantwortet und sind nachmittäglichen Angeboten an der Schule demzufolge positiv eingestellt. 18% haben hier „stimmt mittelmäßig“ angekreuzt und insgesamt 21% der hessischen Kinder stimmen „ziemlich“ (10%) bis „sehr“ (11%) zu, demnach sind Nachmittagsangebote an der Schule bei rund jedem fünften Kind in Hessen unbeliebt. Dabei werden nachmittägliche Schulangebote bei Kindern mit Migrationshintergrund insgesamt stärker abgelehnt als bei Kinder ohne Migrationshintergrund (MW=2,5 vs. MW=2,2), ebenso wie bei GesamtschülerInnen (MW=3,4) im Vergleich zu Kindern auf der Grundschule (MW=2,0) und dem Gymnasium (MW=2,1). Mit zunehmendem Alter sind die Kinder zudem generell weniger an Nachmittagsangeboten in der Schule interessiert, was sich in einer stärkeren Ablehnung widerspiegelt (Klasse 4: MW=2,0; Klasse 5: MW=1,9; Klasse 6: MW=2,2; Klasse 7: MW=2,8). Interessant ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass Kinder in Hessen, die das Nachmittagsangebot ihrer Schule bereits nutzen, Nachmittagsangebote in der Schule generell positiver bewerten als Kinder es tun, die bisher keine Nachmittagsangebote ihrer Schule wahrnehmen (MW=2,7 vs. MW=1,9). Dies spiegelt sich auch in der Bewertung der einzelnen nachmittäglichen Angebote wider. Kinder, die das Nachmittagsangebot ihrer Schule bereits nutzen, interessieren auch stärker für nahezu alle betrachteten nachmittäglichen Angebote: Sportangebote (MW=4,3 vs. MW=4,0); Spieleangebote (MW=4,2 vs. MW=4,0); Zeit um Probleme zu bereden (MW=3,8 vs. MW=3,4); gemeinsames Hausaufgaben machen (MW=3,4 vs. MW=3,1); andere, neue Unterrichtsfächer (MW=3,2 vs. MW=2,8); Nachhilfeangebote (MW=3,2 vs. MW=2,8); mehr Zeit für die Fächer aus dem Vormittag (MW=2,6 vs. MW=2,2). Bei der Untersuchung der einzelnen Zusammenhänge zeigt sich erwartungskonform, dass hessische Kinder, die Nachmittagsangebote nicht befürworten, auch generell ein geringeres Interesse an Nachmittagsangeboten in der Schule haben. Hier bestehen, mit Ausnahme der Angebote Nachhilfe, Zeit zum Ausruhen und Zeit um Probleme zu bereden durchweg negative Korrelationen (von r=-.11 bis r=-.30). Das Interesse an nachmittäglichen Angeboten an der Schule ist hingegen übergreifend, d.h. Kinder, die sich für eines der Angebote interessieren, interessieren sich auch stärker für die

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anderen beschriebenen Angebote am Nachmittag (von r=.13 bis r=.50). Der stärkste Zusammenhang besteht, wie auch schon in der bundesweiten Auswertung, zwischen der Möglichkeit zum Ausruhen und der Möglichkeit, am Nachmittag in der Schule Spiele zu spielen (r=.50).

8.3 Schule und Wohlbefinden Zwischen den Aspekten des Themenbereichs Schule und dem Wohlbefinden der Kinder bestehen, wie sich auch in der bundesweiten Gesamtauswertung zeigt, diverse Zusammenhänge, welche nun genauer erörtert werden. Alle Items zum Themenblock Leistungsdruck und Unterstützung in der Schule korrelieren mit den Wohlbefindensvariablen, mit Ausnahme der Verantwortungszuschreibung für schulisches Können. Die stärksten Zusammenhänge zeigen sich erwartungskonform zum schulischen Wohlbefinden und umgekehrt: Kinder, die in der Schule gut zurechtkommen (r=.46), sich durch ihre Lehrkräfte unterstützt fühlen (r=.28), der Meinung sind, dass ihre Lehrkräfte auf eine stressfreie Lernatmosphäre achten (r=.31) und das Hilfsangebot bei Problemen in der Schule kennen (r=.12), fühlen sich in der Schule deutlich wohler. Das heißt, je besser die hessischen Kinder in der Schule zurechtkommen, sich durch ihre Lehrkräfte unterstützt fühlen, der Meinung sind, dass ihre LehrerInnen auf eine stressfreie Lernatmosphäre bedacht sind und Hilfsangebote für Probleme in der Schule kennen, desto wohler fühlen sie sich in ihrer Schule und umgekehrt. Je häufiger die Kinder sich wiederum durch die Leistungserwartungen der Lehrkräfte überfordert fühlen (r=-.15), sich Sorgen um die eigene Versetzung machen (r=-.14), bei schlechten Noten Ärger mit ihren Eltern bekommen (r=-.21), Angst vor Klassenarbeiten haben (r=-.20) und angeben, dass Kinder mit besonders guten Noten in ihrer Klasse geärgert werden (r=-.14), desto unwohler fühlen sie sich in der Schule (und umgekehrt). Darüber hinaus zeigen sich vergleichbare Zusammenhänge zum allgemeinen Wohlbefinden der Kinder mit annähernd allen betrachteten Aspekten in diesem Themenblock (Korrelationen von r=-.14 bis r=.35) sowie zum Wohlbefinden in der eigenen Wohngegend (Korrelationen von r=-.11 bis r=.26). Zum familialen Wohlbefinden zeigt sich der stärkste Zusammenhang mit der Selbsteinschätzung der Schulkompetenzen (r=.29) sowie der Unterstützung durch die Lehrkräfte (r=.25). Zum Wohlbefinden im Freundeskreis zeigt sich lediglich ein signifikanter Zusammenhang zur Kenntnis des Hilfsangebotes bei Problemen in der Schule (r=.14). Bezüglich der Zusammenhänge zwischen Wohlbefinden und gewünschten Nachmittagsangeboten an der Schule lässt sich Folgendes festhalten: Hessische Kinder, die andere Unterrichtsfächer (r=.18), Sportangebote (r=.17), Projektwochen (r=.12), gemeinsames Hausaufgabenmachen (r=.18) sowie die Vertiefung von Unterrichtsfächern (r=.23) im Rahmen des Nachmittagsangebotes ihrer Schule favorisieren, fühlen sich in der Schule wohler und andersherum. Ein höheres Wohlbefinden in der Schule (r=.23), im Allgemeinen (r=.12) und im Freundeskreis (r=.15) haben Kinder, die nachmittags gerne die Zeit mit Unterrichtsfächern aus dem Vormittag verbringen. Kinder, die Sportangebote am Nachmittag präferieren, weisen in allen Wohlbefindensvariablen, mit Ausnahme des Wohlbefindens im Freundeskreis, höhere Ausprägungen auf

47


und fühlen sich demnach im Allgemeinen sowie in den Bereichen Schule, Familie und Wohnumfeld wohler (Korrelationen von r=.14 bis r=.17). Des Weiteren geht der Wunsch nach dem gemeinsamen Hausaufgabenmachen in den Nachmittagsstunden bei Kindern in Hessen mit einem höheren allgemeinen (r=.14), familialen (r=.14) sowie schulbezogenen Wohlbefinden (r=.18) und umgekehrt einher. Interessant ist darüber hinaus, dass hessische Kinder, die kein Interesse an nachmittäglichen Angeboten in der Schule haben, generell über ein geringeres schulisches Wohlbefinden verfügen (r=-.11) als Kinder, die diesen Angeboten gegenüber positiv eingestellt sind.

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9 Mediennutzung Dieses Kapitel befasst sich mit verschiedenen Facetten der Mediennutzung von Kindern in Hessen. Zunächst wird dabei der Frage nachgegangen, welche Medien den hessischen Kindern zur Verfügung stehen. Daran anschließend wird erörtert, welche Dienste und Plattformen die Kinder in welcher Häufigkeit nutzen. Außerdem werden Freundschaften im Internet sowie die Einstellung der Kinder diesbezüglich erfasst. Abschließend wird auf die Zusammenhänge zwischen Medien und Wohlbefinden eingegangen.

9.1 Medienausstattung Die meisten Kinder in Hessen haben entweder für sich alleine, zusammen mit ihren Geschwistern oder innerhalb der Familie Zugriff auf Computer, Internet, Handy, Smartphone oder Tablet. Jedes dritte Kind in Hessen gibt an, einen Computer für sich alleine zu haben (33%). Damit hat sich der Anteil der Kinder, die einen Computer für sich allein besitzen, im Jahresvergleich nicht bedeutsam verändert (2013: 39%). Der Anteil von Kindern, die sich einen Computer mit den Geschwistern teilen, weicht mit 8% im Jahr 2015 ebenfalls unwesentlich vor den vorherigen Erhebungen ab (2009: 13%; 2011: 8%; 2013: 10%). Der Besitz eines Familiencomputers wird im Jahresvergleich in der Tendenz wieder häufiger (2009: 39%; 2011: 48%; 2013: 40%; 2015: 49%), wobei sich auch hier die Werte nicht signifikant voneinander unterscheiden. Darüber hinaus zeigt sich im Jahr 2015 ein gleich hoher Anteil an Kindern, die keinen PC besitzen, wie bereits im Jahr 2013 (je 11%). Hessische Kinder Alleinerziehender geben häufiger an, gar keinen Zugriff auf einen Computer (23%) zu haben als Kinder aus Familien mit zwei Elternteilen (9%), zudem haben sie seltener Zugriff auf einen Rechner mit der gesamten Familie (38% vs. 51%). Darüber hinaus zeigen sich an dieser Stelle Effekte in Abhängigkeit der besuchten Schulform. Kinder, die auf eine Grundschule gehen, haben sehr viel häufiger gar keinen Zugriff auf einen Computer (19%) als Kinder der weiterführenden Schulformen (Hauptschule: 11%; Realschule: 9%; Gesamtschule: 5%; Gymnasium: 7%) und seltener einen alleinigen Computerzugriff (Grundschule: 24%; Hauptschule: 53%; Realschule: 43%; Gesamtschule: 29%; Gymnasium: 37%).

Nur 5% aller befragten Kinder in Hessen haben zuhause keinen Zugriff auf das Internet. Dies entspricht exakt dem Anteil der Kinder ohne Internetzugriff in der bundesweiten Gesamtauswertung. Über einen eigenen Internetzugang berichten 43% der Kinder. Insgesamt mehr als die die Hälfte der Kinder (52%) teilt sich diesen mit den Eltern oder Geschwistern. Im Vergleich zur vorherigen Erhebung ist der Anteil der Kinder mit eigenem Internetzugriff in Hessen nicht mehr signifikant angestiegen (2013: 40%). Der deutliche Anstieg der Verfügbarkeit im Vergleich zu den Jahren davor bleibt jedoch bestehen (2009: 30%; 2011: 24%). Auch hier gibt es einen Schulformeffekt. Kinder, die eine Grund- (10%) oder Hauptschule (11%) besuchen, haben häufiger gar keinen Zugriff auf das Internet als Kinder der übrigen Schulformen (Realschule: 3%; Gesamtschule: 1%; Gymnasium: 3%). Kinder, die ein Gymnasium besuchen haben wiederum häufiger einen Internetzugriff für sich allein (52%) als Kinder der übrigen Schulformen (Grundschule: 38%; Hauptschule: 39%; Realschule: 40%; Gesamtschule: 30%). GesamtschülerInnen

49


(65%) haben im Vergleich zu den übrigen Schulformen am häufigsten einen Internetzugriff innerhalb der Familie (Grundschule: 45%; Hauptschule: 44%; Realschule: 53%; Gymnasium: 44%). Rund jedes zehnte Kind in Hessen besitzt kein Handy (12%). Wenn die Kinder ein Handy besitzen, dann vorwiegend für sich allein (84%), insgesamt 4% steht ein Handy innerhalb der Familie zur Verfügung (mit Geschwistern zusammen: 1%; in der Familie: 3%). Beim alleinigen Handybesitz zeigen sich keine signifikanten Veränderungen zu den Erhebungen der Jahre 2011 (79%) und 2013 (76%). Kinder auf der Grundschule haben häufiger gar keinen Zugriff auf ein Handy (24%) als Kinder der übrigen Schulformen (Hauptschule: 0%; Realschule: 5%; Gesamtschule: 4%; Gymnasium: 10%) und seltener ein Handy für sich allein (Grundschule: 68%; Hauptschule: 94%; Realschule: 95%; Gesamtschule: 90%; Gymnasium: 90%). Analog hierzu fällt die Verteilung zum Smartphonebesitz aus: Jedes zehnte Kind in Hessen hat keinen Zugriff auf ein Smartphone (11%). 84% besitzen ein Smartphone für sich alleine und insgesamt 5% geben an, in der Familie Zugriff auf ein Smartphone zu haben (mit Geschwistern zusammen: 1%; in der Familie: 4%). Der Anteil der Kinder mit Smartphonebesitz ist damit im Jahresvergleich deutlich angestiegen (2013: 60%), wobei ein geteiltes Smartphone mit Geschwistern (2013: 1%) oder der gesamten Familie (2013: 5%) gleichbleibend eine Ausnahme darstellt. Auch hier zeigt sich, dass Kinder auf der Grundschule häufiger gar keinen Zugriff auf ein Smartphone (22%) haben als Kinder der übrigen Schulformen (Hauptschule: 0%; Realschule: 8%; Gesamtschule: 7%; Gymnasium: 7%) und seltener einen alleinigen Smartphonezugriff (Grundschule: 67%; Hauptschule: 90%; Realschule: 91%; Gesamtschule: 86%; Gymnasium: 92%).

Der Anteil der hessischen Kinder mit einem eigenen Tablet ist im Vergleich zur letzten Erhebung deutlich angestiegen (2013: 20%; 2015: 31%). Ein knappes Drittel der Kinder in Hessen (31%) besitzt aktuell ein eigenes Tablet, einem weiteren knappen Drittel steht in der Familie ein Tablet zur Verfügung (31%) und 6% der Kinder geben an, sich ein Tablet mit den Geschwistern zu teilen. Damit ist der Anteil von Kindern mit Zugriff auf ein Tablet in der Familie im Jahresvergleich von 22% (Erhebung 2013) auf 31% gestiegen und der Anteil der Kinder ohne Zugang zum Tablet deutlich gesunken (2013: 55%; 2015: 32%). Hier gibt es keine bedeutsamen Gruppenunterschiede.

9.2 Generelle Internetnutzung Neben der Medienausstattung und den Zugriffsmöglichkeiten auf das Internet wurden die Kinder zudem gefragt, wie häufig sie ins Internet gehen. Dabei wurden keine absoluten Häufigkeiten, beispielsweise in Stunden pro Tag abgefragt, sondern eine subjektive Häufigkeit anhand einer fünfstufigen Skala von „nie“ bis „sehr oft“. Durchschnittlich gehen die Kinder in Hessen nach eigenen Angaben „manchmal“ bis „oft“ (MW=3,6) ins Internet. Damit hat sich die durchschnittliche Nutzung des Internets im Vergleich zum Erhebungsjahr 2013 signifikant gesteigert (MW=3,3), d.h. die Kinder in Hessen nutzen das Internet heute häufiger.

50


Aktuell gibt ein knappes Drittel der hessischen Kinder an, „oft“ (32%) das Internet zu nutzen, 23% nutzen es sogar „sehr oft“ und ein weiteres knappes Drittel gibt an, „manchmal“ (32%) im Internet zu surfen. Insgesamt 13% der hessischen Kinder geben an, „selten“ (11%) bis „nie“ (2%) das Internet zu nutzen. Dabei zeigt sich ein signifikanter Anstieg in der Häufigkeit der Internetnutzung nach Alter der Kinder. Je älter die Kinder sind, desto häufiger gehen sie ins Internet (4. Klasse: MW=3,2; 5. Klasse: MW=3,4; 6. Klasse: MW=3,8; 7. Klasse: MW=4,1). Weitere signifikante Gruppenunterschiede gibt es nicht. Die Nutzungshäufigkeit des Internets wird vom Vorhandensein internetfähiger Medien beeinflusst. Kinder in Hessen, die über einen eigenen PC verfügen, gehen auch signifikant häufiger ins Internet als Kinder ohne einen Computerzugang (PC in Eigenbesitz: MW=3,8; kein PC-Besitz: MW=3,2). Darüber hinaus sind Kinder, die über keinen Internetzugang im Haushalt verfügen (MW=2,3) und Kinder, die sich diesen mit ihren Geschwistern teilen (MW=2,8), deutlich seltener im Internet als Kinder mit eigenem Internetzugang (MW=3,8) oder einem Internetzugang in der gesamten Familie (MW=3,7).

9.3 Nutzung von Internetdiensten und -plattformen Neben der generellen Nutzung des Internets wurde in diesem Jahr zum ersten Mal genauer darauf eingegangen, welche Dienste und Plattformen die Kinder14 wie häufig nutzen. Hierbei wurde unter anderem eine beispielhafte Auswahl verschiedener Anbieter getroffen, die den Kindern in den Fokusgruppen besonders geläufig waren. Insgesamt betrachtet, zeigt sich eine große Bandbreite in der Nutzungshäufigkeit der aufgeführten Dienste und Plattformen von Kindern in Hessen. Abbildung 9.1 stellt eine Auflistung der genutzten Internetdienste bzw. -plattformen der hessischen Kinder nach Häufigkeit dar.

14

Im weiteren Verlauf des Kapitels zur Internetnutzung werden die Kinder herausgefiltert, die angegeben haben das Internet „nie“ zu nutzen. In der gekürzten Stichprobe für Hessen verbleiben weiterhin über 600 Kinder (n=629).

51


Abb. 9.1: Internetdienste/Plattformen (nach Nutzungshäufigkeit)

Nachrichten schreiben (z.B. bei WhatsApp)

3,9

Onlinevideos schauen (z.B. YouTube)

3,9

Informationen über ein Thema einholen

3,1

Onlinespiele spielen

2,7

Soziale Netzwerke besuchen (z.B. Facebook)

2,1

Selber Inhalte hochladen (z.B. bei Facebook, flickr, YouTube)

1,9

Online einkaufen

1,8 1

2

3

4

5

Mittelwert

Den ersten Rangplatz teilen sich Nachrichtendienste (z.B. WhatsApp) sowie Videoplattformen im Internet (z.B. YouTube), welche durchschnittlich „oft“ (je MW=3,9) und damit am häufigsten von den Kindern in Hessen genutzt werden. Besonders selten geben die Kinder in Hessen an, online einzukaufen (MW=1,8; 6. Rang) sowie selber im Internet Inhalte, wie z.B. Bilder oder Videos, hochzuladen (MW=1,9; 5. Rang). Kinder, die das Internet nutzen, favorisieren demzufolge insbesondere die Möglichkeit, Nachrichten via Internet zu schreiben sowie online Videos zu schauen. Dies spiegelt sich auch in der Häufigkeitsverteilung aller Antworten wider: Insgesamt mehr als zwei Drittel der hessischen Kinder sagen, dass sie sich „oft“ (28%) oder sogar „sehr oft“ (44%) Nachrichten, z.B. über WhatsApp, schreiben. 15% antworten hier mit „manchmal“ und insgesamt 14% verorten sich im unteren Häufigkeitsspektrum von „selten“ (6%) bis „nie“ (8%). Kinder aus hessischen Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, schreiben seltener Nachrichten über das Internet als Kinder aus Familien ohne Arbeitslosigkeit (MW=3,5 vs. MW=4,0). Zudem zeigt sich ein Alterseffekt. Kinder der vierten Klasse schreiben durchschnittlich „manchmal“ (MW=3,5) Nachrichten und damit seltener als Kinder der sechsten und siebten Klassenstufen (6. Klasse: MW=4,1; 7. Klasse: MW=4,2). Ebenfalls durchschnittlich „oft“ (MW=3,9) nutzen die Kinder in Hessen die Möglichkeit, sich online Videos (z.B. bei YouTube) anzuschauen. Insgesamt zwei Drittel der Kinder schauen sich „oft“ (25%) bis sehr „sehr oft“ (41%) Onlinevideos an. 20% der in Hessen befragten Kinder tun dies nach eigenen Angaben „manchmal“ und insgesamt 14% „selten“ (11%) bis „nie“ (3%). Die Häufigkeit mit der Onlinevideos angesehen werden, ist von mehreren Gruppenvariablen abhängig. So schauen sich Jungen noch häufiger Videos im Internet an (MW=4,1) als Mädchen (MW=3,7) und auch Kinder mit Migrationshintergrund sehen sich öfter Onlinevideos an (MW=4,1) als Kinder ohne Migrationshintergrund (MW=3,8). Des Weiteren zeigt sich ein Effekt nach dem Alter der Kinder. Kinder in der vierten Klasse (MW=3,5) sehen sich signifikant seltener Onlinevideos auf entsprechenden Plattformen an als Kinder der sechsten (MW=4,0) und

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siebten Klassen (MW=4,2). Zudem sehen sich Kinder, die nach eigenen Angaben eher großstädtisch aufwachsen, deutlich häufiger Videos im Internet an (MW=4,4) als Kinder aus dörflichen Umgebungen es tun (MW=3,7). Den zweiten Rangplatz der genutzten Internetdienste belegt die Möglichkeit, sich über ein bestimmtes Thema im Internet zu informieren. Im Durchschnitt tun die befragten Kinder in Hessen dies „manchmal“ (MW=3,1). Die genaue Häufigkeitsverteilung zeigt, dass insgesamt 38% der hessischen Kinder das Internet „oft“ (23%) oder sogar „sehr oft“ (15%) nutzen, um sich über ein bestimmtes Thema zu informieren. Knapp ein Drittel tut dies „manchmal“ (32%), ein weiteres knappes Drittel (31%) hat sich im unteren Bereich der Antwortskala verortet und „selten“ (18%) oder „nie“ (13%) angekreuzt. Auch hier zeigt sich ein Alterseffekt. Jüngere Kinder in Hessen nutzen das Internet tendenziell seltener zur Recherche über ein bestimmtes Thema als ältere Kinder, wobei sich die Häufigkeit der Informationsbeschaffung signifikant zwischen Kindern der vierten und sechsten Klasse unterscheidet (4. Klasse: MW=2,8; 5. Klasse: MW=3,1; 6. Klasse: MW=3,4; 7. Klasse: MW=3,2).

Das Spielen von Onlinespielen belegt den dritten Rang der Nutzungshäufigkeiten und wird von den befragten Kindern in Hessen im Durchschnitt ebenfalls „manchmal“ (MW=2,7) durchgeführt. Insgesamt ein knappes Drittel (30%) der Kinder in Hessen gibt an, „oft“ (15%) bis „sehr oft“ (15%) Onlinespiele zu spielen. 22% antworten hier mit „manchmal“ und knapp die Hälfte der hessischen Kinder (49%) verortet sich im unteren Skalenbereich, von „selten“ (22%) bis „nie“ (27%), und beschäftigt sich demzufolge kaum bzw. gar nicht mit Onlinespielen. Bezüglich der Nutzung von Onlinespielen zeigt sich ein Geschlechtereffekt: Jungen befassen sich deutlich häufiger mit Onlinespielen als Mädchen (MW=3,2 vs. MW=2,3). Das Gleiche trifft auf Kinder aus großstädtischen Umgebungen (MW=3,7) im Vergleich zu Kindern aus eher dörflichen (MW=2,6) und eher städtischen Regionen (MW=2,7) zu.

Der Besuch sozialer Netzwerke ist für die in Hessen befragten Kinder im Mittel nur „selten“ Thema (MW=2,1; 4. Rang). Mehr als die Hälfte der Kinder (54%) nutzt entsprechende Netzwerkseiten „nie“ und weitere 13% „selten“. 9% der hessischen Kinder sind „manchmal“ in sozialen Netzwerken unterwegs und insgesamt 23% „oft“ (13%) bis „sehr oft“ (10%). Beim Besuch sozialer Netzwerke im Internet wird wieder ein deutlicher Alterseffekt sichtbar. Die Nutzungshäufigkeit nimmt mit steigender Klassenstufe zu (von MW=1,3 in der 4. Klasse bis MW=2,9 in der 7. Klasse). Ein weiterer Unterschied ist nach dem Wohnort der Kinder signifikant. Kinder aus eher städtischen Wohnumgebungen (MW=2,7) besuchen häufiger soziale Netzwerke als Kinder aus dörflichen (MW=1,8) und großstädtischen Gegenden (MW=1,9).

Eher „selten“ (MW=1,9) nutzen die Kinder in Hessen das Internet, um selber Inhalte, wie Fotos oder Videos, ins Netz zu stellen (5. Rang). Knapp drei Viertel (73%) laden „selten“ (14%) oder „nie“ (59%) eigene Bilder bzw. Videos im Internet hoch. 15% geben an, „manchmal“ Inhalte hochzuladen und insgesamt 12% tun dies „oft“ (6%) oder „sehr oft“ (6%). Auch an dieser Stelle

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zeigt sich ein altersabhängiger Effekt: Je älter die Kinder sind, desto häufiger laden sie Bilder oder Videos im Internet hoch (4. Klasse: MW=1,4; 5. Klasse: MW=1,8; 6. Klasse: MW=1,7; 7. Klasse: MW=2,3). Doch auch Kinder der siebten Klasse stellen durchschnittlich eher „selten“ eigene (MW=2,3) Inhalte ins Netz.

Am seltensten nutzen die Kinder in Hessen das Internet um sich dort etwas zu kaufen (MW=1,8; 6. Rang). Über die Hälfte der hessischen Kinder gibt an, „nie“ (56%) etwas im Internet zu kaufen, ein knappes Fünftel (19%) nutzt diese Möglichkeit „selten“ und weitere 16% „manchmal“. Insgesamt knapp jedes zehnte Kind in Hessen (9%) kauft „oft“ (6%) oder sogar „sehr oft“ (3%) im Internet ein. Je älter die Kinder werden, desto häufiger kaufen sie etwas im Internet, wobei auch Kinder der siebten Klasse dies kaum tun (4. Klasse: MW=1,4; 5. Klasse: MW=1,7; 6. Klasse: MW=2,0; 7. Klasse: MW=2,1).

Zwischen den Nutzungshäufigkeiten der verschiedenen Internetdienste und -plattformen zeigen sich einige positive Zusammenhänge, somit hängt die Nutzung eines Dienstes häufig mit der vermehrten Nutzung eines anderen Dienstes zusammen und umgekehrt. Dabei variiert die Stärke der Zusammenhänge (r=.13 bis r=.64). Besonders eng ist der Zusammenhang erwartungskonform zwischen der Nutzung von sozialen Netzwerken und der Häufigkeit, mit der die Kinder selbst Inhalte, wie Fotos oder Videos, ins Internet stellen (r=.64). Alle weiteren Ausprägungen der Zusammenhänge sind in Tabelle 9.1 aufgeführt, fehlende signifikante Zusammenhänge sind durch einen Strich gekennzeichnet. Tab. 9.1: Zusammenhänge im Themenblock Nutzungshäufigkeiten (Korrelationskoeffizienten)

(a) Nachrichten schreiben (b) Onlinevideos schauen (c) Informationen über ein Thema einholen (d) Onlinespiele spielen (e) Soziale Netzwerke besuchen (f) Selber Inhalte hochladen (g) Online einkaufen

a

b

c

d

e

f

g

x

.37

-

-

.37

.35

.22

x

.14

.29

.33

.32

.30

x

-

.13

-

-

x

.13

.16

.23

x

.64

.35

x

.36 x

Es zeigen sich teilweise Unterschiede in der Nutzungshäufigkeit der einzelnen Internetdienste bzw. -plattformen und der Verfügbarkeit internetfähiger Geräte. Dabei führt kein Zugriff auf internetfähige Geräte im Haushalt generell zu deutlich seltenerer Nutzung der beschriebenen Internetdienste und -plattformen, insbesondere im Vergleich zur alleinigen Nutzung. Demnach kaufen Kinder seltener im Internet ein, wenn sie keinen Zugriff auf einen Rechner haben als

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Kinder mit alleinigem Rechnerzugang (MW=1,4 vs. MW=2,2). Sie schreiben seltener Nachrichten im Netz, wenn sie keinen alleinigen Internetzugang (MW=2,9 vs. MW=4,2) sowie keinen Zugang zum Smartphone haben (MW=1,9 vs. MW=4,2). Darüber hinaus schauen sich Kinder, die kein Smartphone für sich allein besitzen, auch seltener Onlinevideos an (MW=2,6 vs. MW=4,0), ebenso wie Kinder ohne Tabletzugang (MW=3,6) im Vergleich zu Kindern, die einen alleinigen Zugang haben (MW=4,2) oder sich ein Tablet mit ihren Geschwistern teilen (MW=4,3).

9.4 Freundschaften im Internet In diesem Abschnitt wird genauer betrachtet, wie die Kinder in Hessen mit Freundschaften im Internet umgehen und wie sie dort geschlossene Freundschaften bewerten. Der Aussage „Ich habe im Internet Freundinnen und Freunde, die ich noch nie in echt getroffen habe“ stimmen die Kinder in Hessen wie auch bundesweit „wenig“ bis gar „nicht“ (MW=1,6) zu. Knapp drei Viertel der hessischen Kinder (74%) haben keine Freundschaften mit Personen aus dem Internet, die sie nicht persönlich kennen. 8% der Kinder stimmen hier „wenig“ zu und weitere 7% „mittelmäßig“. Insgesamt 11% der hessischen Kinder berichten, dass diese Aussage auf sie „ziemlich“ (5%) oder sogar „sehr“ (6%) zutrifft. Hessische Kinder aus Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, haben häufiger Freunde und Freundinnen im Internet, die sie noch nie persönlich getroffen haben als Kinder, deren Familien nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind (MW=2,0 vs. MW=1,6). Das Gleiche gilt für Kinder, die in einer eher großstädtischen Umgebung (MW=2,5) leben, im Vergleich zu Kindern, die eher dörflich (MW=1,4) oder eher städtisch (MW=1,7) aufwachsen. Überdies zeigen sich keine weiteren Gruppenunterschiede. Neben der Abfrage zum Vorhandensein von persönlich unbekannten Freundinnen und Freunden wurden die Kinder in der aktuellen Erhebung überdies zur Qualität von Internetfreundschaften befragt. Hierzu sollten sie ihre Zustimmung zu der Aussage „Ich finde Internetfreundschaften sind genauso eng wie Freundschaften im echten Leben“ angeben. Im Durchschnitt stimmen die Kinder in Hessen dieser Aussage „wenig“ bis gar „nicht“ (MW=1,6) zu. Ein Großteil der in Hessen befragten Kinder antwortet hier mit „stimmt nicht“ (69%), weitere 14% mit „stimmt wenig“ und 9% verorten sich im Mittelfeld der Antwortskala bei „stimmt mittelmäßig“. Insgesamt 8% der hessischen Kinder sind „ziemlich“ (4%) bis „sehr“ (4%) der Meinung, dass Internetfreundschaften genauso eng sind wie Freundschaften im echten Leben. Kinder mit Migrationshintergrund stimmen dieser Aussage stärker zu als Kinder ohne Migrationshintergrund (MW=1,8 vs. MW=1,5), wobei auch diese durchschnittlich mit „selten“ antworten. Dies trifft ebenfalls auf Kinder zu, deren Familien von Arbeitslosigkeit betroffen sind, im Vergleich zu Kindern, die in Familien ohne Arbeitslosigkeit aufwachsen (MW=2,1 vs. MW=1,5). Zwischen der Einschätzung der Qualität von Internetfreundschaften und dem Vorhandensein von persönlich unbekannten Freundinnen und Freunden besteht ein hoher positiver Zusammenhang (r=.50). Dementsprechend bewerten Kinder die Qualität von Interfreundschaften höher, wenn sie häufiger persönlich unbekannte Freundschaften im Internet pflegen und umgekehrt. Nach Verfügbarkeit internetfähiger Geräte zeigen sich hier keine signifikanten Unterschiede.

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9.5 Unangenehme Inhalte im Internet Die Kinder wurden, wie bereits im Erhebungsjahr 2011, gefragt, wie häufig sie im Internet schon auf unangenehme bzw. seltsame Inhalte gestoßen sind. Im Durchschnitt sind die Kinder in Hessen bislang „selten“ (MW=2,0) auf unangenehme oder seltsame Dinge beim Internetsurfen gestoßen. Damit hat sich die Häufigkeit im Jahresvergleich nicht signifikant verändert. 46% der hessischen Kinder geben an, noch „nie“ auf unangenehme bzw. seltsame Inhalte im Internet gestoßen zu sein, einem weiteren Viertel ist dies bislang „selten“ (25%) passiert. Ein knappes Fünftel der Kinder wurde hingegen „manchmal“ (19%) und insgesamt jedes zehnte Kind (10%) „oft“ (5%) oder sogar „sehr oft“ (5%) mit entsprechenden Inhalten konfrontiert. Mit zunehmendem Alter geben die Kinder häufiger an, bereits auf unangenehme bzw. seltsame Inhalte im Internet gestoßen zu sein (4. Klasse: MW=1,7; 5. Klasse: MW=2,0; 6. Klasse: MW=1,9; 7. Klasse: MW=2,3). Zwischen der Häufigkeit genutzter Internetdienste bzw. -plattformen und der Häufigkeit mit der die Kinder, auf unangenehme Inhalte im Internet stoßen, zeigen sich positive Zusammenhänge. Demzufolge sind Kinder, die häufig in sozialen Netzwerken unterwegs sind (r=.27), sich Onlinevideos anschauen (r=.26), Bilder und Videos im Internet hochladen (r=.23), Onlinespiele spielen (r=.25), im Internet einkaufen (r=.28) und sich über bestimmte Themen im Internet informieren (r=.18), auch schon häufiger auf unangenehme und seltsame Dinge im Internet gestoßen und umgekehrt. An dieser Stelle zeigen sich ebenfalls keine Unterschiede nach der Verfügbarkeit von internetfähigen Geräten im Eigenbesitz oder im familiären Haushalt.

9.6 Medien und Wohlbefinden Es zeigen sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen dem Wohlbefinden der Kinder und ihrer Medienausstattung. Dafür werden bei Kontrolle der Alterseffekte Zusammenhänge zwischen dem Wohlbefinden der Kinder und ihrer Internetnutzung, den Angaben zu Internetfreundschaften sowie der Häufigkeit, mit der die Kinder bisher auf unangenehme Inhalte im Internet gestoßen sind, sichtbar. Zwischen dem Wohlbefinden bei Freunden und der Häufigkeit, mit der Kinder Inhalte im Internet hochladen besteht ein leicht negativer Zusammenhang (r=-.15). Kinder, die häufiger Bilder oder Videos im Internet hochladen, weisen folglich ein geringeres Wohlbefinden in ihrem Freundeskreis auf als Kinder, die dies selten tun und umgekehrt. Kinder, die der Auffassung zustimmen, dass Internetfreundschaften den Freundschaften im realen Leben ähneln, fühlen sich im Allgemeinen (r=-.22), in der Familie (r=-.21) und in ihrer Wohnumgebung (r=-.16) unwohler als Kinder, die Internetfreundschaften nicht so einen hohen Stellenwert beimessen (und andersrum). Ein ähnliches Muster zeigt sich bezüglich der Aussage, ob die Kinder bereits auf etwas Seltsames oder Unangenehmes im Internet gestoßen sind. Dies passiert umso seltener, je besser

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sich die Kinder im Allgemeinen (r=-.24), in der Schule (r=-.13), in der Familie (r=-.30), im Freundeskreis (r=-.13) und in der Wohngegend (r=-.14) fĂźhlen und umgekehrt.

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10 Europa In der aktuellen Erhebung des Kinderbarometers wurde erstmals der Themenblock Europa aufgenommen, welcher anhand der im Vorfeld stattgefunden Fokusgruppen ebenfalls für Kinder von besonderem Interesse ist. An dieser Stelle wird lediglich ein kleiner Ausschnitt der Ergebnisse zum Fragenkomplex Europa für die hessische Stichprobe vorgestellt. Dabei wird zum einen der Frage nachgegangen, ob die Kinder in Hessen wissen, dass Deutschland Teil von Europa ist und zum anderen, ob sie wissen, dass es spezielle PolitikerInnen für ganz Europa gibt. Der bundesweite Gesamtbericht enthält zudem Befunde dazu, wie die Kinder in der Bundesrepublik das Leben in Deutschland und in Europa empfinden, wie zufrieden sie damit sind, wie sicher sie sich in Deutschland und Europa fühlen sowie welche Einstellung sie zum Fremdsprachenlernen und Reisen haben. Darüber hinaus wird in einem gesonderten Abschnitt darauf eingegangen, was Kinder an Menschen aus anderen Ländern interessiert bzw. was sie gerne über das Leben dort erfahren würden.

Jedes der befragten Kinder in Hessen weiß, dass Deutschland Teil von Europa ist (100%). Knapp drei Viertel der hessischen Kinder ist zudem bekannt, dass es spezielle PolitikerInnen und damit eine spezifische Europa-Politik gibt (74%). Hierbei zeigen sich keine Unterschiede zwischen den betrachteten Vergleichsgruppen. Demzufolge ist den Kindern in Hessen unabhängig von Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, Familienstatus, Wohnort und besuchter Schulform gleichermaßen bekannt, dass Deutschland ein Teil von Europa ist und dass es spezifische PolitikerInnen für ganz Europa gibt. Zum allgemeinen Wohlbefinden sowie zu den Wohlbefindensausprägungen in den Bereichen Familie, Schule, Freundeskreis und Wohnumfeld zeigen sich an dieser Stelle keine signifikanten Zusammenhänge.

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11 Mitbestimmung In diesem Kapitel werden verschiedene Aspekte kindlicher Partizipation thematisiert. Hierbei wird zunächst auf den Mitbestimmungswunsch von hessischen Kindern im Rahmen der Europa-Politik eingegangen. Darüber hinaus wird der Wunsch von Kindern in Hessen nach politischer Mitbestimmung auf lokaler bzw. kommunaler Ebene betrachtet. Abschließend wird, wie bereits in vorherigen Erhebungen, der Frage nachgegangen, ob Kindern in Hessen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes bekannt ist, bevor abschließend auf die Zusammenhänge aller Mitbestimmungsaspekte zum Wohlbefinden eingegangen wird.

11.1 Mitbestimmung in Europa 28% der in Hessen befragten Kinder würden sich gerne an der Politik in Europa beteiligen. Beim Beteiligungswunsch der Kinder an der Europa-Politik zeigen sich für Hessen keine signifikanten Gruppenunterschiede. Demzufolge unterscheiden sich Mädchen und Jungen, Kinder mit und ohne Migrationshintergrund, Kinder Alleinerziehender und Kinder aus Zweielternfamilien, Kinder, deren Familien von Arbeitslosigkeit betroffen sind und Kinder, deren Familien nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind, Kinder unterschiedlicher Schulformen, Jahrgangsstufen sowie Kinder aus unterschiedlichen Wohnumfeldern bei dem Wunsch nach Beteiligung an der Europa-Politik nicht bedeutsam voneinander.

11.2 Lokale Mitbestimmung Wie bereits in den Erhebungen der Jahre 2011 und 2013 wurden die Kinder in der aktuellen Untersuchung ebenfalls gefragt, ob sie gerne an Entscheidungen in ihrer Stadt bzw. Gemeinde partizipieren würden. Über die Hälfte der hessischen Kinder (54%) würde gerne bei Entscheidungen in der eigenen Stadt bzw. Gemeinde mitreden. Damit hat sich der Anteil der Kinder, die gerne auf lokaler Ebene an Entscheidungen partizipieren würden im Vergleich zu 2013 (50%) zwar wieder etwas gesteigert, jedoch nicht statistisch bedeutsam verändert und liegt weiterhin unterhalb des Niveaus von 2011 (64%). Insgesamt zeigt sich im aktuellen Erhebungsjahr ein Unterschied nach der besuchten Schulform: Kinder, die eine Gesamtschule besuchen, sind noch stärker an einer Partizipation in der eigenen Stadt bzw. Gemeinde interessiert als Kinder, die eine Hauptschule besuchen (64% vs. 27%). Hessische Kinder, die sich gerne an der Politik in Europa beteiligen möchten, geben zudem auch häufiger an, dass sie gerne an Entscheidungen auf der Ebene ihrer Stadt bzw. Gemeinde partizipieren würden (66% vs. 49%). Dies spricht dafür, dass es ein generelles Partizipationsinteresse an politischen Themen bzw. Entscheidungen gibt. Demnach interessieren sich Kinder, die gerne auf lokaler Ebene, in der Stadt bzw. Gemeinde, mitbestimmen möchten, auch stärker für die Beteiligung an der internationalen, europaweiten Politik. In einer weiteren Frage sollten die Kinder angeben, ob sie glauben, dass Kindermeinungen in ihrer Stadt bzw. Gemeinde ernst genommen werden. Knapp die Hälfte der hessischen Kinder (47%) denkt, dass die Meinung von Kindern in der eigenen Stadt/Gemeinde ernst genommen

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wird. Dementsprechend überwiegt der Anteil der Kinder, die der Auffassung sind, dass Kindermeinungen in ihrer Stadt/Gemeinde nicht ernstgenommen werden, leicht. Im Jahresvergleich zeigt sich jedoch, dass der Anteil der hessischen Kinder, die glauben, dass Kindermeinungen in ihrer Stadt/Gemeinde ernst genommen werden, im Vergleich zu 2011 (36%) und 2013 (37%) deutlich angestiegen ist. Kinder, die eher großstädtisch wohnen, haben häufiger den Eindruck, dass Kindermeinungen in ihrer Stadt/Gemeinde ernst genommen werden als Kinder, die in einer dörflichen Umgebung aufwachsen (68% vs. 42%). Überdies gibt es keine signifikanten Gruppenunterschiede.

11.3 Kenntnisse der UN-Konvention Im LBS-Kinderbarometer Deutschland wird die UN-Konvention über die Rechte des Kindes von 1989 aufgegriffen und die Kenntnis bzw. das Bewusstsein bei den Kindern darüber seit 2011 systematisch erfasst. Mehr als ein Drittel der in Hessen befragten Kinder (36%) geben an, schon einmal von der UN-Konvention gehört zu haben. Dementsprechend ist 64% der Kinder die UNKonvention über die Rechte des Kindes zum Erhebungszeitpunkt nicht bekannt. Der Anteil der hessischen Kinder, die schon einmal von der UN-Konvention über die Rechte des Kindes gehört haben, ist im Jahresvergleich von 24% im Jahr 2011, über 34% im Jahr 2013 bis auf 36% in der vorliegenden Untersuchung angestiegen, wobei lediglich der Anstieg zwischen den Jahren 2011 und 2013 statistisch signifikant ist. Im Vergleich mit anderen Bundesländern zeigt sich, dass Kinder in Hessen (36%) signifikant seltener angeben, dass sie die UNKinderrechtskonvention kennen als Kinder in Brandenburg (61%). Die anderen Gruppenvergleiche zeigen zudem, dass hessischen Kindern, die eher großstädtisch wohnen, die UN-Kinderrechtskonvention häufiger bekannt ist als Kindern, die eher dörflich aufwachsen (68% vs. 42%). Der Partizipationswunsch an der Europa-Politik steht wie auch in der bundesweiten Auswertung im Zusammenhang mit der Kenntnis der UN-Kinderrechtskonvention. Hessische Kinder, die sich gerne an der Europa-Politik beteiligen möchten, geben auch häufiger an, schon einmal von der UN-Konvention über die Rechte des Kindes gehört zu haben als Kinder, die kein Interesse an einer Beteiligung im Rahmen der europaweiten Politik haben (47% vs. 31%). Hessischen Kindern, die wissen, dass es spezielle PolitikerInnen für ganz Europa gibt, ist die UN-Kinderrechtskonvention ebenfalls häufiger bekannt (43% vs. 15%). Darüber hinaus gibt es keine weiteren Unterschiede hinsichtlich der Kenntnis der UN-Kinderrechtskonvention.

11.4 Zusammenhänge von Mitbestimmungsaspekten und Wohlbefinden Kinder in Hessen, die gerne an der europaweiten Politik partizipieren möchten, weisen ein höheres schulisches Wohlbefinden auf als Kinder, die sich nicht für eine Mitbestimmung an der Politik in Europa interessieren (MW=5,6 vs. MW=5,1). Darüber hinaus zeigen sich für das Partizipationsinteresse an der Europa-Politik keine weiteren Zusammenhänge zum Wohlbefinden der Kinder.

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Der Partizipationswunsch auf lokaler Ebene, in der eigenen Stadt bzw. Gemeinde hängt positiv mit dem Wohlbefinden im Freundeskreis sowie im eigenen Wohnumfeld zusammen. Demnach weisen Kinder in Hessen ein höheres Wohlbefinden im Freundeskreis (MW=6,5 vs. MW=6,3) sowie im eigenen Wohnumfeld (MW=6,4 vs. MW=6,0) auf, wenn sie gerne an Entscheidungen in ihrer Stadt bzw. Gemeinde partizipieren würden. Die Einschätzung, ob die Meinung von Kindern in der eigenen Stadt bzw. Gemeinde ernst genommen wird, steht ebenfalls in Zusammenhang mit dem Wohlbefinden der Kinder. Hessische Kinder, die die Auffassung haben, dass Kindermeinungen in ihrer Stadt bzw. Gemeinde erst genommen werden, weisen im Vergleich zu Kindern, die nicht dieser Ansicht sind, ein höheres Wohlbefinden in der Schule (MW=5,4 vs. MW=5,1) sowie ein höheres Wohlbefinden in der Wohngegend (MW=6,5 vs. MW=6,0) auf. Überdies zeigen sich keinerlei Zusammenhänge mit den übrigen in diesem Abschnitt berichteten Aspekten und den Wohlbefindensvariablen.

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