Tracks 5 16 (September/Oktober 2016)

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No. 5/2016 September/Oktober 6. Jahrgang

Das einzige Schweizer Gratis-Magazin für musikalische Lebenskultur

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PJ HARVEY MEATLOAF NICK CAVE JENNIFER ROSTOCK THE ANSWER FATES WARNING SIXX:A.M. THE DEAD DAISIES ALTER BRIDGE POWERWOLF CRYSTAL BALL BUDGIE, PRINCE, JOHN FOGERTY ROLLING STONES, FARGO PETER BLACK SABBATH, KORN, WHITESNAKE

SIMONE SIMONS



Inhalt FEATURES / INTERVIEWS:

22

EPICA

- PJ HARVEY

4

Der Protest der Polly Jean

- MEATLOAF

10

Zurück mit Jim Steinman

- JENNIFER ROSTOCK

18

Das hat die Welt verdient

Die Niederländer haben sich mal wieder selbst übertroffen.Wie Epica das ein ums andere Mal schaffen, ist ein Mysterium – und ihr siebtes Album „The Holographic Principle“ ein genialer Schachzug zwischen Bombast, Härte und Gefühl. Simone Simons, Mark Jansen und Isaac Delahaye im TRACKS-Gespräch.

NICK CAVE & THE BAD SEEDS

14

Vergangenen Sommer stürzte Nick Caves Sohn von einer Klippe und verunglückte tödlich. Das neue Album „Skeleton Tree“, das der funebre Untergangsmeister mit seinen Bad Seeds geschrieben hat, wird dadurch zur Reise durch seine eigene Hölle. Ausgang ungewiss.

- THE ANSWER

30

Neue Klänge

- FATES WARNING

33

Prog-Metal Referenz

- SIXX:A.M.

34

Nikki happy

- DEAD DAISIES

38

Hardrock Supergroup

- POWERWOLF

42

Konservierte Metal-Messen

Schweizer Szene: - CRYSTAL BALL

44

Je älter je besser

- B&J Musigladen

49

Service und Know How in Zofingen

ALTER BRIDGE

40

Die alternativ-grungigen Zeiten sind für Alter Bridge nicht ganz vorbei, aber stehen auch nicht mehr ganz am Anfang der Prioritätenliste. Mit ihrem fünften Studioalbum schält sich das sowieso schon sehr eigenständige Quartett aus Florida aus dem alten Muster heraus .

LIVE REVIEWS - BLACK SABBATH - KORN/SIXX:A.M. - STEEL PANTHER - WHITESNAKE

56 57 58 59

Reviews

50 6

Jeff Beck, The Quireboys, Blink 182, Epica, Steven Tyler, The Veils, Meatloaf, Imperial State Electric, Jennifer Rostock, Zodiac, Warpaint, Von Wegen Lisbeth...

26

Hard/Heavy/Metal Gojira, St. Vitus, Sodom, Alter Bridge, Trick Or Treat, Dead Daisies, Dare, Monument...

Re-Releases Budgie, The Who, Phil Collins, Korgis, Blues Magoos

Mainstream/Indie/Alternative

52

Buch Prince, John Fogerty, Peter Knorn, Der kalte Saphir

35

DVD/BluRay The Rolling Stones

60 62

Konzertkalender Wettbewerb / Impressum

3


Der Furor der Polly Jean Englands Stimme der Vernunft singt wieder. Nach ihrer insularen Britannien-Abrechnung „Let England Shake“ wendet sie sich auf „The Hope Six Demolition Project“ den Problemzonen der Welt zu – denkbar viele Themen, die sie in ihre aufrüttelnden, bewegenden Protestlieder kleidet. Am 25.10. gastiert sie für ihr einziges Schweizer Konzert in Zürich.

bs. Es wurde in den letzten Jahren mehr und mehr offenbar: Polly Jean Harvey ist die Patti Smith des 21. Jahrhunderts, die starke Frau hinter dem Mikrofon, die Missstände erkennt, aufdeckt und in wichtige, dringliche, fiebrig-intensive Musik kleidet. Patti Smith tat in den Siebzigern ähnliches und begründete damit den Punk. Der ist, je nach Ansicht, längst tot, Probleme gibt es auf der Welt immer noch genug. Die löst auch eine PJ Harvey nicht, wenn sie mit ihrem neuen, neunten Album „The Hope Six Demolition Project“ von den Vorort-Ghettos in Washington DC oder den kriegsversehrten Schauplätzen des Kosovo singt. Sie tut es jedoch mit einer scheinbaren Nonchalance, die nur manchmal schmerzhaft zubeißt, dass man gar nicht anders kann, als sich Gedanken zu machen. Aus der Lethargie wird die das Gros der Weltbevölkerung nicht reißen. Dann wiederum hat sich das Gros der Weltbevölkerung eh nie für sie interessiert. All die anderen indes schon. Fünf lange Jahre mussten sie auf den Nachfolger des auch aus heutiger Sicht schlicht perfekten „Let England Shake“ warten. Sie taten dies brav und ausdauernd wie immer, bei einer wie PJ Harvey weiß man, dass sich das Warten lohnt immer. „The Hope Six Demolition Project“ übertrifft den Vorgänger nicht. Das muss es nicht, das wäre eh ganz und gar unmöglich. Dafür besticht das Album mit Direktheit, Dringlichkeit, mit Gravitas. In medias res geht's los, man hat gar keine Zeit, sich mental auf ihre Reise zu den Verlieren, Außenseitern und Stimmenlosen dieser Welt vorzubereiten. Man ist sofort mittendrin, neben ihr auf dem Fahrersitz, fährt durch entvölkerte Landstriche, saugt das direkte Nebeneinander von arm und reich immerfort ein, wird betroffener und betroffener. Da passt es, dass sie einen Sound wählt, der weniger rund und harmonisch ist als der des Vorgängers. „The Hope Six Demolition Project“ ist spröde, spontan, verzerrt, bisweilen jazzig, inszeniert das Saxofon als führendes Instrument und erlaubt ihren Vocals all jene verführerischen, biestigen, leidenden, verkommenen, verzweifelten Kapriolen, mit denen sie einst Nick Cave um den Finger wickelte. Mit dem Dreck der ersten Alben unter den

Fingernägeln kehrt auch der Blues in ihre Musik zurück, ein bewusst archaisch instrumentierter, verwaschener, leiernder Blues, der ihr Aufwachsen im ländlichen Dorset zur Musik von Howlin' Wolf oder Captain Beefheart offenbart. Klar, ein amerikanisches Album braucht natürlich ein amerikanisches Fundament. Was das alles soll, freilich, bleibt mehr oder weniger ihr großes Geheimnis. So war es gefühlt immer, so wird es wahrscheinlich immer sein. Es gibt ihre Texte, es gibt Gedichte zu ihrem Album, es gibt Fotos – und natürlich die Musik. Mehr gibt die 46-Jährige nicht preis. Muss sie auch nicht: Ihre Kunst war Queen Elizabeth einen Orden wert, bewegt die Menschen seit den Neunzigern, war stets relevant, ohne sich aufzudrängen. Dass ihr ausgerechnet mit dem herausfordernden, progressiven, teilweise jazzigen Opus „The Hope Six Demolition Project“ ihre erste Nummer eins in England glückt, wirkt angesichts einer solchen Karriere fast ein wenig zynisch. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ihr diese Unberechenbarkeit gefallen dürfte, letztlich ist sie selbst unberechenbar. Sie sang mit Nick Cave und für Tricky, arbeitete mit Marianne Faithful oder Josh Homme, machte immer genau das, was sie für richtig hielt. Anfangs noch von Selbstzweifeln geplagt, dass sie nicht politisch genug ist, längst eine der großen politischen Musikaktivistinnen – nicht der leichte, aber der richtige Weg. Wer diese 1,62 Meter große Künstlerin wirklich ist, wird aber immer noch am ehesten auf einer Bühne offenbar. Da steht die kleine Frau auf einer riesigen Bühne, anfangs gern allein, die große Gitarre vor der Brust. Alles, was sie braucht, ist jedoch ein Ton, ein Akkord, ein Wort – und das Auditorium liegt ihr ausnahmslos zu Füßen. Solch eine Energie, solch eine Funken schlagende Intensität ist selten zu erleben, ist ein kostbares Gut. Als wüsste PJ Harvey das, sind Live-Auftritte von ihr nicht gerade an der Tagesordnung. Wer die Möglichkeit hat, dieses Jahrhundertkünstlerin auf einer Bühne zu erleben, sollte sie also nutzen. Es gibt keine wie sie.

PJ Harvey The Hope Six Demolition Project Island/Universal bs. Über die Musik von PJ Harvey zu schreiben, ist immer auch ein wenig so wie den Geschmack einer Erdbeere in Worte zu fassen. Man ist beeindruckt, ist versucht, nach Superlativen zu greifen, um dann doch festzustellen, dass das dem Ganzen doch nicht gerecht wird. Versuchen wir es dennoch. „The Hope Six Demolition Project“ erscheint fünf Jahre nach ihrem Jahrhundertalbum „Let England Shake“, ist klanglich durchaus verwandt mit diesem folkigen,

4

bittersüßen, zynischen und schonungslos ehrlichen AlternativeAlbum. Es ist aber eher der entfernte Neffe als die Schwester: Spröder, bisweilen bewusst improvisiert, trister und in Sachen Instrumentierung durchaus jazzigbluesig. Die Engländerin entdeckt das Saxofon als Sprachrohr ihrer Musik, setzt es ähnlich prominent ein wie ihre unnachahmliche Stimme. Denn wenn sie singt, singt sie. Dann zählt nichts anderes. Diesmal sind es Lieder von den Vergessenen und Verlorenen, Lieder, die sie nach Reisen durch Washingtons Elendsviertel, durch Albanien und den Kosovo schrieb. In „The Wheel“ geschieht das bissig, mit

Schrammelgitarren, die man von den Stooges kennt, im direkten Opener „The Hope Six Demolition Project“ mit straightem Beat und schnoddriger Alltagslyrik. Einen dramatisch aufwallenden Song wie „The Ministry Of Defence“ hätte man ihr 2016 nicht mehr zugetraut, hier bäumt sich Harveys Melancholie zu ganzer Größe auf. „Chain Of Keys“ packt den sonor brummenden Blues aus, Gospel-Referenzen inklusive. Klar, bei einem vornehmlich amerikanischen Album darf der Blues nicht fehlen, bei einer wie PJ Harvey, die damit aufwuchs, schon gar nicht. In „River Anacostia“ gibt es deswegen auch eine brillante Referenz an das Negro Spiritual „Wade In The Water“. Wie sie es schafft, dass es immer noch echt, immer noch dringlich und immer noch nach ihr klingt, wird wohl auf ewig ihr Geheimnis bleiben. Zum Glück!


LIVE 25.10.2016 Zürich, Hallenstadion (Club)


REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative IMPERIAL STATE ELECTRIC All Through The Night Rough Trade bs. Es ist doch nur Rock'n'Roll, verdammt noch mal. Muss man denn immer alles so ernst nehmen, in Grund und Boden analysieren und übermäßig viel Bedeutung in alles stecken, was so aus

Musikermündern ertönt? Nichts da. Laut soll es sein, wild und ungebremst, gerne tanzbar, schweißtreibend und hemmungslos. Imperial State Electric sind eine der wenigen gegenwärtig operierenden RockBands, die das noch wirklich verinnerlicht haben. Ein Jahr ist es erst her, dass uns die Schweden mit dem herrlich geradlinigen „Honk Machine“ erfreuten, schon stehen sie wieder mit „All Through The Night“ auf der Matte, um wieder ein paar Sicherungen fliegen zu

lassen. „Wenn du vier Jahre für ein Rock'n'Roll-Album brauchst, hast du eine Kunstform überanalysiert, in der es doch nur ums Bauchgefühl geht“, sagt Bandkopf Nicke Andersson ganz richtig. Und tobt sich auch auf seinem neuen Album zwischen den Sechzigern und Siebzigern aus, lässt man Country aufblitzen, mal Soul und Blues, konzentriert sich aber auf seine Kernkompetenz: Schnörkelloser, echter, direkter und knapper Rock. Das reicht auch auf „All Through The Night“ für ein unbeschwertes Erlebnis, das es nie auf Tiefgang abgesehen hat und ordentlich Laune macht – besonders natürlich mit Bier. Aber auch das ist bei dieser Musik ja nicht gerade was Neues...

THE QUIREBOYS Twisted Love Off Yer Rocka/Soulfood

JEFF BECK Loud Hailer RhinoMusic

bs. Heiliges Kanonenrohr! Der Typ ist 72 und kommt so mir nichts, dir nichts mit einem Album wie „Loud Hailer“ um die Ecke. Klar, wenn man Jeff Beck ist, hat man den Menschen schon vor vielen Jahren erfolgreich klargemacht, dass von einem wie ihm immer alles zu erwarten ist. Dennoch. „Loud Hailer“ hat das Zeug zum modernen Klassiker. Modern, weil Beck sein bluesig befeuertes, psychedelisch beseeltes und prägnantes Gitarrenspiel hier gerne mal unter Beats, Loops und Dubstep-Teppiche legt, Klassiker, weil „Loud Hailer“ schon jetzt einen Sonderplatz in Becks Biografie einnehmen wird. Je nach Exegese kann man ihn in eine Linie mit Pink Floyd setzen, die auch immer wieder neue, Rock-fremde Elemente in ihre Musik einfließen ließen – oder aber ein gänzlich neues Kapitel aufschlagen, es vielleicht Trip-Blues nennen und goutieren, wie kunstvoll Beck sein Gitarrenspiel verfremdet. Deutlich wird: Der alte Mann hat nicht die geringste Lust, durch blitzsauberes, poliertes, elegantes Spiel aufzufallen. Er jagt die Gitarren lieber durch Myriaden an Effekten, lässt sie brummen, summen, mal wie bei Korn schlabbern oder wie elektronisch dröhnen. Dazu singt Rosie Bones mal mit dem Furor des Punk, mal mit der Sinnlichkeit des Soul. Ein wenig Country und lupenreinen Blues gibt es dann aber zwischendrin auch noch. Der Dreck unter den Fingernägeln dieses Albums, er bleibt jedoch. Und gefällt.

6

hh. Nach dem eher ruhigeren, überwiegend akustisch gehaltenen «St. Cecilia And The Gypsy Soul»legen die wohl typischste britische RocknRoll- Band nun wieder ein paar Briketts nach. «Twisted Love» rockt ordentlich und amtlich in bester QuireboysTradition und atmet wieder tief die Seele von vergangenen grossen Insel-Acts wie The Faces und Frankie Miller. Zwar erreicht das neue Output nicht ganz die Klasse von der herausragenden «Homewreckers And Heartbreakers»-Compilation, gehört aber zweifellos zu den besten Alben der Chorknaben bislang. Wie auch für die Aufnahmen vom «St. Cecilia»-Album hat es die Engländer wieder in die schwedische Provinz verschlagen. Offenbar ein Ort, der ihre Kreativität in hohem Mass beflügelt, denn Schwachstellen sind auch auf «Twisted Love» nicht auszumachen. Durchweg klasse Songs, Spike krächzt (besser als auch schon) souverän und mit grossem Gefühl für tolle Melodien und Hook-Lines, Paul Guerin und Guy Griffin liefern satte und treibende Gitarrenlicks, die Hammond wummert dominant und die Rhythmus-Abteilung groovt wie Teufel. Londons Bluesrock-Sängerin Lynne Jackamann (ex-Saint Jude) ist nach einem Besuch bei The Answer auch hier als Gast dabei. Tolles Album, Quireboys-Fans bekommen hier in praller Dosis alles, was sie an dieser Band lieben.

LITTLE BROTHER ELI Cold Tales The Animal Farm/Bellaphone mh. „Cold Tales“ eignet sich optimal für die Situation, wenn man z. B. Gäste zum Abendessen eingeladen hat und man mit dem Sound eine Geräuschkulisse schaffen möchte, die wohl deutlich in der Rock-Schiene fährt, allerdings nicht so hart daherkommt, dass die Schwägerin dann schnippisch fragen kann: „Was ist denn das für „interessante“ Musik?“. Diese Einleitung tönt jetzt eigentlich viel schlechter als die CD in Wirklichkeit ist. Tatsache ist: Little Brother Eli liefern mit ihrem ersten Silberling richtig gutes Handwerk ab. Musikalisch bewegen wir uns irgendwo in den Fahrwassern von 3 Doors Down (als sie noch cool waren), den Red Hot Chili Peppers, Collective Soul und eine Prise Jack White würde ich auch noch reinkippen. Die Band selber nennt ihren Sound „Bluesy Garage Rock“, kann man auch unterschreiben. Die Truppe besteht seit Anfang 2013 und stammt aus Oxford, England. Die erste Single „This Girl“ mit seinen knurrenden Gitarren und verzweifelt verliebten Lyrics eignet sich schon mal als ersten Anspieltipp. Als inhaltlich anknüpfenden Song kann man dann „Gold“ einstufen, wo wiederum ein Mädchen aus der Distanz besungen wird, das offensichtlich wie Gold tanzt. Etwas ruhigerer und bluesiger geht es dann zu in „Roll Away“ oder in „Hanging“. Das Herzstück und der stärkste Song der Scheibe ist allerdings „Beautiful People“.

THE RUMJACKS Sleepin Rough FourIIFour hh. «Wir sind mit schottischer und irischer Musik aus der Plattensammlung unserer Eltern aufgewachsen, bevor mit Punk in Berührung kamen,»sagt Rumjacks-Frontmann Frankie McLaughlin. Und das bringt den Sound der Australier genau auf den Punkt. Erstaunlich ist, dass ausgerechnet eine Truppe von Down Under solch typisch irischen Folkrock in bester The Pogues Tradition hegt und pflegt. Aber so erstaunlich ja


Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS doch auch wieder nicht (siehe oben). Zwischen ungezügelt, brachial rockig und traditionell folkig kommen die Songs auf «Sleepin Rough» daher. Man spürt förmlich den Schweiss an den Wänden eines brechend vollen Pubs herunterlaufen, in dem gerade diese Band das trinkfreudige Publikum zum Kochen bringt. Die Aussies verstehen es perfekt Instrumente wie Tinwhistle, Mandoline und Banjo mit hart rockenden EGitarren zu verbinden und das alles überwiegend in Hochgeschwindigkeit. In ihrer Heimat gehören die Rumjacks seit ihrer Gründung 2008 zum festen Bestand der PubrockSzene und «Sleepin Rough» ist das inzwischen dritte Album der Band. Die zahlreichen Fans von Acts wie Dropkick Murphys und Fiddlers Green bekommen hier neues Ohrenfutter und das in allerbester Qualität, die sich keinesfalls hinter vorgenannten Mitbewerbern verstecken muss. Im Gegenteil, The Rumjacks haben das Zeug, den bereits bei uns etablierten Acts das Fürchten beizubringen. Tolle Platte, macht ungeheuer Spass und dürfte bei den Hörern den Bierkonsum massiv in die Höhe schnellen lassen. So geht echte PubParty!

APOLOGIES, I HAVE NONE Pharmacie Uncle M Music/Cargo cw. Nach dem brillianten Debüt „London“ (2012), welches vor vier Jahren die Alternativ-Szene wie aus dem Nichts überraschte, steht bei den britischen Indie-/Heartcore-Hoffnungsträgern Apologies, I Have None mit „Pharmacie“ nun endlich das gefürchtete zweite Album in den Startlöchern. Zwei tragische Bandmitgliederwechsel und einer nicht minder herausragenden, aber deutlich schwerfällig depressiveren EP „Black Everything“ (2014) später sitzt das Quartett deutlich gefestigt und gereift im Heartcore-Sattel. „Pharmacie“ ist kurzum ein gelungener Balanceakt aus Alt und Neu: Während Frontmann Josh McKenzie sich weiterhin dem Themenkomplex der vorangegangen Releases verschreibt, widmet er sich mit einer außerordentlichen

Direktheit einem gesellschaftlich nach wie vor stark tabuisierten Thema: mentale Gesundheit und Depression. Dass diese düstere Themenlage verstärkt Einfluss auf das musikalische Statement der Band hat, war wohl kaum zu verhindern. Atmosphärisch, ausufernd, kaputt und effektbeladen. Setzte „Black Everything“ den Hörer jedoch noch vor vollendete Tatsachen, so schafft es „Pharmacie“ im richtigen Moment mit hymnischen Akzenten wie in „Love & Medication“ Licht ins Dunkel zu werfen. Was den Zweitling von Apologies, I Have None zusätzlich zu etwas Besonderem macht, sind die Überraschungsmomente. Laut-leise Schemata, filigrane Klavierarrangements, düsterdrückende Gesangsausbrüche, ins-Ohr-gehender Pop-Appeal. Diese Gegensätze sind der Grund, warum es Aplogies, I Have None gelingt, die Hürde des verfluchten zweiten Albums mit Bravour zu nehmen – und da sind die starken Texte wie „I let my brother go, I let my brother go, go to the devil as always“ („Anything Chemical“) noch nicht einmal mit eingerechnet.

THOMAS COHEN Bloom Forever Stolen rp. Thomas Cohen war Sänger der Londoner Neo-PostPunk-Band S.C.U.M., mit der er 2011 das Album «Again Into Eyes» veröffentlichte. Und er war Ehemann von Peaches Geldof, der Tochter von Bob Geldof, die 2014 an einer Drogenüberdosis verstarb. Auf seinem ersten Soloalbum «Bloom Forever», dessen Songs zwischen 2012 und 2015 entstanden sind, verarbeitet er neben anderem diesen Verlust. Im teils verstörisch klingenden Auftakt «Honeymoon» erinnert Cohen sich an die schönen Zeiten mit Peaches Geldof. Der über 6 Minuten lange Song endet mit der Zeile «Holding On To Each Other». Der schleppende Titeltrack hat Cohen am Tag der Geburt seines zweiten Sohnes Phaedra geschrieben. Musikalisch ist der teils jazzig klingende Song in den Siebzigern zuhause, wie auch fast das ganze Album. Zu den grossen Vorbildern von Thomas Cohen gehören neben anderen Laura Nyro und Judee Sill. «Morning Fall» ist für Cohen der emotionalste Song. Er entstand kurz vor Peaches Tod. Eine Schwere liegt wie ein feiner Nebel über besagtem Track. Diese Melancholie zieht sich durch das ganze Album. Das Zulassen dieser Trauer hat Cohen, wie er sagt, auch beim Heilungsprozess geholfen.

Kolumne Hugs Wegweiser durch die Populär-Galaxie von Christian Hug

Fort mit Schaden Shazam ist ja eine gute Sache, echt. Wenn ich irgendwo unterwegs bin und einen guten Song höre (was leider viel zu selten vorkommt, also den guten Song mein ich), drücke ich Shazam, und in immerhin ungefähr der Hälfte aller Suchanfragen bekomme ich Titel und Band des betreffenden Songs geliefert. Zu Hause gehe ich dann zu Amazon und checke das dazugehörende Album aus. So habe ich doch schon die eine und andere CD gekauft. «Ha ha, CD?» rufen Sie jetzt erstaunt und preisen vielleicht die Vorteile des digitalen Musikhörens, Moderne nennt sich das, aber wir wollen da nichts überstürzen. Vor drei Wochen habe ich ein neues Handy erstanden, hab mir alle Daten via Backup übertragen lassen, und alles war okay – ausser dass meine ShazamTags verschwunden waren. Alle. Einfach weg. «Bitte melden Sie sich bei Shazam an» war da nur zu lesen. Jetzt ist der lieben Musikindustrie grad ein ansehnlicher Umsatz entgangen. Und ich kann wieder von vorne anfangen. Schöne Scheisse. Grad so schlimm: Mich plagt seither der beklemmende Verdacht, dass da irgendjemand in der digitalen Welt da draussen nach Belieben bestimmt, was ich muss oder nicht darf. «Ja ja», sagen Sie jetzt vielleicht, «Digital kann man halt immer nachverfolgen.» Das stimmt. Aber das ist kein gutes Gefühl. Und es kommt noch schlimmer: letzte Woche hat sich mein Computer ins digitale Nirvana verabschiedet. Ohne Anzeichen von Altersschwäche. Im Grunde sogar ohne ersichtlichen Grund. Und das war ein noch viel unguteres Gefühl. Weil ja auf diesem Computer mein ganzes Arbeitsleben der letzten 15 Jahre drauf gespeichert war. Ich ging also zum Compidoktor. Der runzelte unheilvoll die Stirn, sprach mir Mut zu, zog sich 3 Stunden in sein Labor zurück – und konnte meine Daten retten. Halleluja! Mit einer Ausnahme: Ein kleiner Datenpool widersetzte sich der Rettung und liess sich nur bruchstückhaft auf den neuen Computer übertragen, nämlich meine iTunesMusiksammlung. Nicht mal mit meinem externen Backup liess sich was machen. Warum das so kam, weiss bis heute niemand. Die Hälfte aller Plattencover war verschwunden, ein Viertel aller Musik war entweder nicht mehr auffindbar oder doppelt kopiert. Und das bei etwa viereinhalbtausend Alben, die ich über die Jahre in sorgfältiger Handarbeit eingelesen hatte. Schöne Scheisse schon wieder. Seither verbringe ich überflüssigerweise Stunde um Stunde mit der Wiederherstellung meiner iTunes-Musiksammlung. «Selber schuld», monieren Sie jetzt vielleicht, «wer speichert denn heute noch Musik auf dem Computer, wo doch Streaming so angenehm ist.» Aber Streaming ist eben auch keine Lösung: Das ist offline nicht verfügbar, das klingt wegen der geringen Datenmengen grauenhaft, das Überangebot von 35 Millionen Songs lässt eigentlich keine ordentliche Übersicht zu, und für die liebe Musikindustrie bin ich kein Kunde mehr, sondern lediglich ein Marktforschungsindiz. Tja, liebe Freunde, so ist das mit der digitalen Musikwelt. Sie bringt uns mit grösster Unbarmherzigkeit immer wieder zurück zur Erkenntnis, dass Hardware wie CD und Vinyl auf lange Zeit die sichersten Werte bleiben. Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte, was selbstredend auch für das Album gilt, das er und seine unbebrillten Freunde angekündigt haben.

7


REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative AND THEN SHE CAME

Pally’s kurz und knapp MATT ELLIOTT - The Calm Before «The Calm Before» ist das siebte Soloalbum des Kopfes der englischen Third Eye Foundation. Der Songtitel ist offensichtlich eine Anspielung auf die Redensart «die Ruhe vor dem Sturm». Die sechs zum Teil langen Songs sind den auch, wie man es erwarten könnte, eher ruhig bis melancholisch. Der Indiefolk von Matt Elliott ist poetisch, lyrisch, atmosphärisch, manchmal schwer und immer wieder mal über das Leben sinnierend. «I Only Wanted To Give You Everything» heisst einer der sechs Nummern. Nicht ganz alles, aber der geneigte Hörer bekommt auf jeden Fall viel Gefühl. ARBOR LABOR UNION - I Hear You Die amerikanischen Arbor Labor Union spielen auf ihrem Debüt «I Hear You» raue Rockmusik, die mit einer stoischen Ruhe gesegnet ist. Wiederholende Riffs, schwere Drums, zuweilen schleppend, unbeeindruckt nach vorne treibend. Da kann ein Intro schon mal eine Minute dauern oder ein Riff wird einfach wiederholt, wiederholt und wiederholt /stehengelassen. Intensive Monotonie, die packt und elektrisiert. Die Lässigkeit der Sons Of Freedom und die Kraft von Big F. SAM BEAM & JESCA HOOP - Love Letter For Fire «Love Letter For Fire» ist die erste Zusammenarbeit von Sam Beam (Iron & Wine) mit der kalifornischen Singer-Songwriterin Jesca Hoop, die in Manchester, England lebt. Hoop's variable Stimme passt sich gut ein in die offene Mischung aus Indiefolk und Americana. Manchmal klingt sie entrückt, dann wieder mit viel Bodenhaftigkeit. Pure Schönheit tritt ins Licht, wenn sie mit Sam Beam im Duett singt. Beam hatte ja lange nach einer passenden Gesangspartnerin gesucht. Hoop ist definitiv die richtige. GABLE - Jolly Trouble Gable ist ein französische Trio um Gaëlle Jacqueline, Mathieu Hubert und Thomas Boullay. Auf ihrem neuen Album «Jolly Trouble» beweisen sie nicht nur textlichen und visuellen Humor sondern auch musikalischen. Der verspielte Auftakt «On Purpose» wäre auch einem Jilted John gut zu Gesichte gestanden. Das kurze «Magic Gift» klingt erfrischend abgehackt. Im rhythmischen Indiepop von «How Long» wird im Chorus heftig geschrien. Gable haben ein Faible für das Experimentelle, Absurde und Überspitze. Schräg und schrill darf er sein, der Indiepop. Klingt immer wieder erfrischend. SAN ANTONIO KID - Same San Antonio Kid kommen nicht etwa, wie man beim Anhören ihres aktuellen Albums gelegentlich meinen könnte, aus Amerika. Nein, das Quartett um Sänger und Gitarrist Matt Stones nennt Augsburg, Deutschland, seine Heimat. Das selbstbetitelte Album ist der ideale stimmlich unterlegte Soundtrack für einen Spaghetti-Western mit finsteren Schurken, verwegenen Sheriffs und lockeren Colts. Peng oder Twang macht die Gitarre. MEILYR JONES - 2013 2013 endete die Beziehung von Meilyr Jones, gleichzeitig brach auch seine Band Race Horses auseinander. Zeit also, etwas die Wunden zu lecken, aber auch um vorwärts zu schauen. Auf seinem Solodebüt macht der walisische Musiker aber noch mehr. Er

8

entdeckt oder wiederentdeckt die Kunst, sinniert über Don Juan, macht sich ausgiebig Gedanken über Rom, fühlt sich emotional verwirrt und kehrt schlussendlich zurück zum Leben. Immer wieder üppig und umsichtig orchestriert, mahnen einige der Tracks wohltuend an Künstler wie Beautiful South, The Divine Comedy und etwas Scott Walker. MASS GOTHIC - Mass Gothic Mass Gothic ist das neue Projekt des in New York beheimateten Multiinstrumentalisten Noel Heroux. Mit seiner alten Band Hooray For Earth generierte er noch lärmigen, Gitarre lastigen Indierock/Grunge. Solo sind der Synthesizer und andere elektronische Gerätschaften seine bevorzugten Instrumente. Sein Debüt als Mass Gothic klingt wie die Pet Shop Boys mit Dynamik und ohne Langeweile (endlich). Wuchtige, immer wieder tanzbare Beats untermalen grossflächige Soundwände, über die Heroux Stimme, zuweilen fast entrückt, gleitet. Kleine Störsignale, optimal platziert, und Zuspitzungen sorgen für Reibung, Dynamik und Drama. «Every Night You`Ve Got To Save Me» hat gar das Zeug zu einem Charts-Hit. Goodbye Pet Shop Boys, Welcome Mass Gothic. XIXA - Bloodline Die aus Tucson, Arizona, stammenden XIXA (wird « She-Sha» ausgesprochen) mischen auf ihrem Debüt nach der EP «Shift And Shadow» Latin-Elemente mit Rock und Psychdelik und nennen es Cumbia-Rock (Cumbia ist ein peruanischer Musikstil). Eigentlich ein interessanter Ansatz. Einigen Songs fehlt leider etwas die Kraft, andere fliessen etwas gleichförmig vor sich her. Bands wie die Los Illegals, Calexico, Wall Of Voodoo oder Tito & Tarantula haben das besser vorgemacht. In Songs wie dem Titeltrack oder dem zusehends rockigeren «Down From The Sky» oder «Golden Apparition» gelingen der Band um die beiden Giant-Sand-Mitglieder Brian Lopez und Gabriel Sullivan aber einige spannende Momente. Und «Pressures» überrascht gar mit ein paar verspielten Elementen. HUGO RACE FATALISTS - 24 Hours To Nowhere Hugo Race hat ein bewegtes musikalisches Leben hinter sich. Der Australier war Gründungsmitglied von Nick Cave and the Bad Seeds. Nach nur einem Album schloss er sich The Wreckery an. Später veröffentlichte er Soloalben und unter dem Namen Hugo Race & The True Spirit oder firmierte zusammen mit Chris Eckman (Walkabouts) und Chris Brokaw (Codeine) als Dirtmusic. «24 Hours To Nowhere» ist nach «We Never Had Control» (2011) das zweite Album unter dem Namen Hugo Race Fatalists. Zusammen mit der italienischen Band Sacri Cuori kreiert er stimmungsvolle Soundlandschaften voller Weite, Beklemmung, Einsamkeit, Melancholie und auch Sehnsucht. Fans von Nick Cave, Leonard Cohen und dem späten Johnny Cash dürften entzückt sein.

And Then She Came DME Music/Pirate Smile em. Die deutsche Modern-RockFormation And Then She Came um Frontfrau Ji-In Cho (ehemals Krypteria) war eigentlich als Studioprojekt gedacht. Bassist Frank Stumvoll bekam den Auftrag, einen Soundtrack für den deutschamerikanischen Thriller „Bad Trip“ zu komponieren. Statt alles im Alleingang zu machen, holte er sich lieber seine alten Weggefährten S.C. Kuschnerus (dr) und Olli Singer (g) dazu. Und dann kam sie: Sängerin JiIn Cho! Dieser Auftrag entwickelte eine Eigendynamik und nun präsentiert die Band ihr erstes gleichnamiges Album. Der Opener „Five Billion Lies“ weiss durch eine Laut-Leise-Dynamik zu gefallen, die durch Growls akzentuiert wird (mit Alissa White-Gluz von Arch Enemy). Das mehrsprachige „Public Enemy #1“ klingt sehr modern, der stampfende Beat in den Strophen ist sehr dominant, passt aber gut zum restlichen Songaufbau. Sängerin JiIn Cho erinnert hier von ihrer Darbietung her zum Teil an Nina Hagen, was dem gesamten Sound eine anständige Portion Abwechslung verleiht. „Why So Serious?“ ist eine Nummer, die treibend ist, einen eingängigen Refrain zu bieten hat und deshalb sehr zu gefallen weiss. „Spit It Out“ ist sehr rhythmisch, hart, stampfend und steigert im Refrain das Tempo (mit Jen Majura von Evanescence). Der schleppende Zwischenpart mit fast sphärischen Momenten lockert alles auf und das anschliessende Gitarrenslolo zeigt dann noch mal die Vielfalt, die diese Band eigentlich zu bieten hätte. Es ist manchmal fast schon zu viel des Guten, was man hier alles innerhalb von vier Liedern unter einen Hut zu bringen versucht, nur um ja nicht langweilig oder eintönig zu klingen. „Who's Gonna Save You?“, „Like A Hurricane“ und auch „Hellfire Halo“ sind zwar solide Tracks, lassen diesen Longplayer dann aber rasch abflachen. Der Hörer horcht natürlich wieder auf, wenn die Piano-Ballade „I Carry On“ erklingt, die sehr gelungen und natürlich auch wieder mit elektronischen Elementen gespickt ist. „Where Do We Go From Here“ ist dann wieder rasant und kraftvoll. Das Schlusslicht „Find Another Way“ reiht sich nahtlos in die vorherigen Kompositionen ein, mit Power, angenehmer Härte, aber wenig Überraschungsmomenten. Und genau das ist der wunde Punkt dieser Veröffentlichung: Zweifellos ist diese gut und zuweilen auch sehr stark. Die Stimme von Frontfrau Ji-In Cho klingt aber leider zu oft


Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS eindimensional und ein musikalischer Wermutstropfen ist sicher auch die Tatsache, dass es leider noch an Eigenständigkeit fehlt. Hervorragende Ansätze, wie die erste Hälfte der Scheibe zeigt, sind aber da und die gilt es auszubauen.

THE VEILS Total Depravity Nettwerk kw. Das Albumcover lässt Düsteres erahnen. Zu Recht wohl, aber “Total Depravity“ ist vor allem eins - cool. Die Gitarren sind das Herzstück vieler Lieder. Von roher Bestimmtheit wie im Punk bis lässiger Begleiter im Blues Stil beherrschen sie vieles, das Zweite vor allem in “Low Lays The Devil“. Der unbestimmt klagende Gesang trägt natürlich auch seinen Teil dazu bei. Nicht zu vergessen, die mechanische, brachiale, explosive Stimmung machen das ganze sehr aufregend. So gehört im Song “Here Come The Dead“, der unaufhaltsam fortschreitet

und verstörende E-Gitarren im Refrain bietet. Aber es kann auch ruhiger zu und her gehen wie in “Swimming With The Crocodiles“, dass bedrohlich träge ist. Oder es geht sogar richtig romantisch schön mit Klavier und Streicher wie in “Iodine & Iron“. Da zieht die Musik eigentlich in Richtung Folk. Es gibt wirklich kaum etwas zu bemängeln, die neuseeländische Band bietet mit dem sechsten Album tolles Material.

MARK ROEBUCK The World And All Within Fear Of Atom Records rp. 2005 hatte der in New Orleans geborene Mark Roebuck unter dem Namen Tribe Of Heaven die CD «Imagine We Were» veröffentlicht, eine Sammlung von Songs, die er mit Dave Matthews zwischen 1989-90 aufgenommen hatte. «The Song That Jane Likes» erschien auch dem erfolgreichen Album «Remember Two Things» der Dave Matthews

Band. Der Karriere von Roebuck hat das nicht viel geholfen. Bereits 1988 hatte das amerikanische «Musician Magazine» seine damalige Band The Deal ohne weitere Folgen als einer 20 besten vertragslosen Bands der Welt bezeichnet. Mark Roebuck macht weiter Musik, nicht des Erfolgs wegen, sondern, weil er nicht anders kann. Sein neues Album «The World And All Within» ist so etwas wie sein erstes richtiges Soloalbum. Sein letztes Werk «Midnight To Morning» hatte er 2011 mit Tony Fischer (ehemals Monarchs, Wolves in the Kitchen und The Michael Guthrie Band) eingespielt. Die 12 Songs auf «The World And All Within» bezeugen einmal mehr Roebucks feines Gespür für eingängige Songs mit ausgefeilten Gesangsharmonien. Musikalisch reicht die Bandbreite von Power Pop, Folk-Pop bis hin zu Americana. Zum Auftakt darf es etwas Jangle-Pop mit einer Prise Byrds sein. «King William County's The Place» ist eine herzerwärmende Ballade. «One Bad Day», einen Song weiter, ist eine feine Americana-Nummer. Bevor Roebuck mit «God Is A Gun» einen knackigen PowerPop-Song präsentiert, zeigt er sich mit «Holden» von seiner

folkigen Seite. Noch eine Spur rockiger, selbstredend mit gepflegtem Harmoniegesang, geht es in «Gratitude» zu Werke. Gleich abwechslungsreich und überzeugend geht es bis zum Schluss weiter. P.S. Die Texte des studierten Psychotherapeuten sind immer wieder lesenswert.

SUUNS Hold/Still Secretly Canadian rp. Nach ihrer Zusammenar beit mit Jerusalem In My Heart und dem Album «Suuns And Jerusalem in My Heart» (2015) ist «Hold/Still» wieder Album in eigener Sache der Band aus Montreal. Ihr drittes Werk nach «Zeroes QC» (2010) und «Images Du Futur» (2013) ist gewohnt experimentell. Der lärmige Auftakt «Fall», mit viel Feedback ausgestattet, mahnt an Sonic Youth. Die zweite Nummer «Instrument» hätte auch zu Suicide» gepasst. Vor allem der Gesang von Ben Shemie ähnelt dem von Alan Vega. Fortsetzung Seite 20


Was für ein Theater! Aller Aufs und Abs zum Trotz: Der Mann ist eine Legende. Für „Braver Than We Are“ hat sich Meat Loaf endlich wieder mit Jim Steinman zusammengetan. Ein neues „Bat Out Of Hell“ ist dabei nicht herausgekommen. Dafür eine Art HardRock-Musical mit jeder Menge wohlbekannter Referenzen.

bs. Mehr als 40 Millionen Alben hat Meat Loaf weltweit abgesetzt. Seine beiden „Bat Out Of Hell“ gehören zu den erfolgreichsten Platten der Rock-Geschichte, er avancierte schon in den Siebzigern zum Kultstar auch dank der „Rocky Horror Picture Show“. Ein Thema also, so denkt der geneigte Schreiberling, über das der Maestro sicherlich gerne redet. Angelehnt an einem Besuch des Verfassers dieser Zeilen in dem zum Luxushotel umfunktionierten Drehort des legendären Spukhauses in Windsor, lässt es sich doch bestimmt hervorragend über amüsante Vorkommnisse während des legendären und kräftezehrenden Drehs sprechen. Denkt man sich so. „Ich kann mich an absolut gar nichts erinnern, was mit diesem Dreh zu tun hat“, dröhnt es durch die Leitung. Meat Loaf ist nicht gut bei Stimme, wirkt überfordert, angestrengt, lustlos. Viele seiner Antworten weichen ab oder umfassen gerade mal zwei Sätze, über Privates wird gar nicht erst gesprochen. „Ich habe 61 Filme gedreht, da erinnert man sich nicht mehr an Einzelheiten“, schickt er noch hinterher. „Aber ich bin mir sicher, es war eine tolle Nummer.“ Äh, ja. Reden wir eben über „Braver Than We Are“, sein neues Album, das nach exakt zehn Jahren die erste abendfüllende Zusammenarbeit mit Jim Steinman darstellt. Er und Jim, ein unschlagbares Gespann in den späten Siebzigern, verantwortlich für „You Took The Words Right Out Of My Mouth“, später für „I'd Do Anything For Love (But I Won't Do That)“ und viele andere theatrale StadionrockGroßtaten. Obwohl Meat Loaf heute betont, dass es eigentlich nie Ärger gab, war da doch ein eindeutiges Zerwürfnis, das die beiden nur noch über ihre Anwälte kommunizieren ließ. Auch die Geschichte, wie die beiden wieder zusammenfanden, klingt reichlich skurril: Ohne es jemandem zu sagen, werkelten sie an den Stücken, als Steinmans Manager Wind davon bekam, war die Hölle los. Ein wenig muss man sich beim Endprodukt schon fragen, ob es die Mühe wert war. Klar, Songs schreiben kann Steinman. Sie passen aber nun mal viel besser in die Achtziger und Neunziger, wirken heute antiquiert und nostalgisch, taugen eher für ein Rock-Musical als für eine reguläre Veröffentlichung. Vielleicht muss man das Album aber auch so verstehen: Als Musical, als RockOper wie aus der guten alten Zeit. „Das ganze ist pures Theater, weshalb ich mich sofort damit anfreunden konnte“, bestätigt Meat Loaf. „Ich verbrachte mehrere Tage mit der Charakterentwicklung, damit ich den Songs aus gesanglicher Sicht das geben konnte, was sie brauchten. Einige der Stücke auf diesem Album sind Steinmans erste jemals komponierte Stücke, entsprechend wohlüberlegt muss ein 68-Jähriger singen, wenn er einem 19-Jährigen eine Stimme gibt.“ Natürlich erklärt das auch die stilistische Ausprägung der Songs, erklärt Sinn und Zweck dieses Albums. Beiden geht es zunächst mal nicht um ein neues Studioalbum, das die Gegenwart repräsentieren soll. Beiden ist an einer Reise in die Vergangenheit gelegen, an einer Aufarbeitung ihrer langen Freundschaft. Die reicht bis weit in die Siebziger zurück, wo Meat Loaf drauf und dran war, MusicalDarsteller zu werden, auf Steinman traf und dann den Weg zum Rock'n'Roller einschlug.

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Durch dick und dünn gingen sie, letztlich verkrachten sie sich wegen Ruhm, Egos und Ehre. „Jim war damals der Ansicht, nicht genügend Aufmerksamkeit für 'Bat Out Of Hell' bekommen zu haben“, ist von Meat Loaf zu hören. „Dabei habe ich immer versucht, eben das zu garantieren.“ Damit das dieses Mal gar nicht erst passieren muss und die Anwälte wieder eine Menge Geld einstecken, prangt „All Songs by Jim Steinbeck“ auf dem Cover. „Das Album ist ein Tribut an Jim und unsere Zusammenarbeit.“ Das rückt die Sache gewiss in ein anderes Licht und erklärt letztlich sogar Meats reichlich abgekämpfte, rohe und mitgenommene Stimme. „Genau so wollten wir es“, schaltet sich Jim Steinman ein. „Das Album gehört zum Großartigsten, was ich jemals gemacht habe. Es ist theatralisch, avantgardistisch und klingt wie nichts, was die Rock-Welt in den letzten 20 Jahren hervorgebracht hat.“ Große Worte, denen man sicherlich einiges entgegensetzen könnte, wenn man denn wollte. In seiner hoffnungslosen Antiquiertheit und in seiner Lust am Pathos der Achtziger funktioniert „Braver Than We Are“ aber eigentlich sogar ganz gut. Die Steinman'sche Leichenfledderei in zwei Stücken kann man dann aber doch mit ein wenig Argwohn betrachten. „More“ ist eine aufgewärmte Version von „This Corrosion“, das Steinman seinerzeit für die Sisters Of Mercy schrieb, mit „Skull of Your Country“ lässt er Meat Loaf dann doch seine Version von Bonnie Tylers „Total Eclipse Of The Heart“ zum Besten geben. Auch so eine Wunde, die damit geheilt sein dürfte: Ursprünglich wollte Meat Loaf diesen Schmachtfetzen nämlich am liebsten selbst singen. An der Tatsache, dass Meat Loaf einer der großen Entertainer der Rock-Welt ist, ist nicht zu rütteln. „Braver Than We Are“ gehört gewiss nicht zum stärksten Material seiner Karriere, wird durch den Hintergrund und die Entstehungsgeschichte aber durchaus zu einem besonderen Album, dessen Cover ein wenig arg in die Tenacious-D-Ecke geschielt hat. Wieso aber nicht mal bei jemandem was abschauen, der sich selbst sehr viel von dir abgeschaut hat? „Ich wollte, dass Jim und ich auf dem Cover zu sehen sind“, betont der Sänger. „Wir beide gegen die apokalyptischen Reiter, was man natürlich Rock'n'Roll-mäßig oder als Metapher für die Musikindustrie sehen kann.“ Die hat es ihm vor allem zu Beginn seiner Karriere nie leicht gemacht. Eine „Abrechnung“ in Form eines Comic-Covers erscheint da reichlich mau. Im Gesamtkontext von „Braver Than We Are“ ergibt das irgendwie aber eben auch wieder einen Sinn. Hier erwartet niemand einen „Bat Out Of Hell“Megaerfolg, niemand ein weiteres Kapitel für den Rock-Olymp. Es ist ein Album, das eine besondere und nicht immer leichte Beziehung skizziert und auf charmante Weise überhaupt nicht zum gegenwärtigen Musikmarkt passt. Es ist aber eben auch ein Album, das sich den Vorwurf gefallen lassen muss, ein Stück weit aus Füllmaterial zu bestehen. Und mit alles andere als Elan und Passion in Interviews angepriesen wird.

MEAT LOAF Braver Than We Are 429 Records/Universal

bs. Wo man auch etwas über das neue Meat-Loaf-Album zu lesen bekommt: Überall wird betont, dass es endlich mal wieder eine Zusammenarbeit mit Jim Steinman ist. Schön und gut, mit ihm entstanden die beiden „Bat Out Of Hell“-Teile, unbestritten große Momente der bombastischen Rock-Geschichte. Dass Meat Loaf und Jim Steinman aber eben auch viel Stangenware zu verantworten haben, wird gern ignoriert und stur auf die glorreiche Vergangenheit verwiesen. Die ist mittlerweile recht

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Jim Steinman und Meatloaf anlässlich Steinmans Aufnahme 2012 in die Songwriters Hall Of Fame

verblasst, Meat Loaf aus stimmlicher und gesundheitlicher Sicht nicht mit dem wuchtigen Koloss zu vergleichen, der uns von den späten Siebzigern bis in die frühen Neunziger um den Verstand sang. Auf „Braver Than We Are“ klingt er wie ein abgehalfterter MusicalDarsteller, der nach Jahren des Exzesses noch mal ran darf. Immerhin liefert er ungeschminkt ab, macht keinen Hehl aus seinen 68 Jahren und all dem, was hinter ihm liegt. Das ist ehrtlich und hat einen eigenen Charme Dazu hat Steinman ein paar alte Stücke ausgegraben oder eine Handvoll seiner Hits einfach ein wenig umgeschrieben. „Total Eclipse Of The Heart“ von Bonnie Tyler etwa oder „This Corrosion“ von den Sisters Of Mercy. Das gibt „Braver Than We Are“ den unangenehmen Beigeschmack eines lieblosen Schnellschusses, das sorgt natürlich auch dafür, dass die Platte so zeitgemäß wirkt wie ein Tamagotchi. Andererseits: Pokemon finden ja plötzlich auch wieder alle ganz geil...



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Dunkle Wolken über Brighton Vergangenen Sommer stürzte Nick Caves Sohn von einer Klippe und verunglückte tödlich. Das neue Album „Skeleton Tree“, das der funebre Untergangsmeister mit seinen Bad Seeds geschrieben hat, wird dadurch zur Reise durch seine eigene Hölle. Ausgang ungewiss.

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ck Cave & The Bad Seeds Nick Cave & The Bad

bs. Und es wurde Nacht in Brighton. Der Tod seines Sohnes ließ die Lichter für Nick Cave ausgehen, schicke den Großmeister der mörderisch schönen Musik in ein Schattental, in seine ganz private Hölle. Nick Cave, eh ein halluzinierender Priester des Verkommenen, war ganz unten angekommen, Erlösung mehr als fraglich. Einer wie er, er kennt die Dunkelheit, er hat mit dem Teufel persönlich gespeist und ist per du mit seinen Dämonen. Der hagere Australier mit dem umwerfenden Charisma, mit dieser Aura aus Verführung und Bedrohung, kokettierte oft mit dem Tod. 1982 gründete er die Birthday Party in London, bald darauf der Umzug nach West-Berlin, das Aufeinandertreffen mit Blixa Bargeld von den Einstürzenden Neubauten. Die Geburt der Bad Seeds, das Heroin – Cave torkelte berauscht durch Berliner Nächte, mehr als einmal dem Tode nah. Die vergangenen Jahre hatte er sich im Griff, das letzte Bad-Seeds-Album ließ bei aller Melancholie eine gewisse Leichtigkeit, einen Optimismus zu. Damit ist es jetzt vorbei. Nick Cave zog sich in seiner dunkelsten Stunde zurück, ließ das Leid, die Verzweiflung und das schlechte Gewissen eines Vaters in seine Stube, hieß sie willkommen und setzte sich mit ihnen auseinander. Das nächste Studioalbum „Skeleton Tree“ war da bereits weit vorangeschritten. Der Tod seines Sohnes am 14. Juli 2015 lenkte jedoch alles in

eine völlig andere Richtung, machte die Entstehungsgeschichte zu seiner Therapie, zu seinem verzweifelten Versuch, wieder zurück ans Licht zu kommen. Ob er Erlösung findet, ist fraglich. Ob er sie überhaupt finden will, auch. Allein deswegen kommt dem 16. BadSeeds-Album „Skeleton Tree“ eine Ausnahmeposition zu. Es ist eine Zäsur, eine Wiedergeburt nach langer Dunkelheit. Begleitet wurden die Aufnahmen schon 2014 vom Filmemacher Andrew Domonik, der auch schon Regie bei „The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford“ führte, für den Cave und sein bärtiger Kumpel Warren Ellis die Musik schrieben. Was als performatives Kunstprojekt begann, wandelte sich vor dem Hintergrund der tragischen Ereignisse wie von selbst in etwas deutlich Bedeutsameres, eine Art dokumentarischer Spielfilm, der den Songwriting- und Aufnahmeprozess des Albums begleitet, der die Band beim Spielen der neuen Songs zeigt, Interviews enthält und Nick Cave auf poetische, improvisierte, nachdenkliche Weise in langen Monologen zu Wort kommen lässt. Gedreht in – natürlich – schwarzweiß und zusätzlich in 3D, entsteht eine Art filmischer Bruder zu „Skeleton Tree“, eine Art

Nick Cave & The Bad Seeds Nick Cave & The


d Seeds Nick Cave & The Bad Seeds szenische Erklärung des Albums. „One More Time With Feeling“ hat Dominik das Endprodukt genannt, ein Werk, das an einem einzigen Tag weltweit in ausgewählten Kinos zu sehen ist: Der 8. September 2016 ist der Tag der Tage, vorher wird niemand die Möglichkeit haben, die Songs des neuen Albums zu hören. Tags darauf erscheint „Skeleton Tree“ und wird Nick Cave hoffentlich dazu verhelfen, sein Leben weiterzuleben. Weitergehen muss es nun mal, das ist einem wie ihm durchaus klar. Wer jahrelang herionabhängig ist und irgendwann doch von der Nadel loskommt, wer nächstes Jahr seinem 60. Geburtstag entgegensieht und ungebrochen fiebrig kreativ ist, wer kurz vor seinem 50. Geburtstag den maskulinen, unverschämten und prolligen Männertraum Grinderman gründet und sich durch zwei herrlich räudige Alben wütet („No Puusy Blues“!), wer Bücher und Drehbücher schreibt, wer auf der Bühne steht wie ein diabolischer Messias, dem die Menge an den Lippen hängt, der wird die Kraft finden, weiterzumachen. Irgendwann, irgendwie. Weil er nicht anders kann. Bis es soweit ist, erinnern wir uns gern an diesen personifizierten Albtraum aller Journalisten, der in den Neunzigern gefürchteter war als jeder arrogante Megastar. Die Presse wurde beschimpft, geschlagen, im besten Fall mit Nichtachtung gestraft, auf der Bühne war er ein ausgezehrter, berauschter Heiland, der von einem hypnotischen Jenseits kündete, in dem man sich zum Frühstück Zigaretten auf der Haut ausdrückt. Die Menschen fraßen ihm dennoch aus der Hand. Weil sie wussten, dass er genial war. Weil sie etwas von sich selbst in ihm sahen. Cave selbst wäre der Letzte gewesen, der nicht zugegeben hätte, dass er nicht der beste Sänger ist. Man muss aber nun mal keine Engelsstimme haben, um die Menschen zu erreichen. Manchmal reicht ein zerrüttetes und rohes Krächzen, befeuert von einer Line Speed kurz vor Konzertbeginn. Dass es Nick Cave mit seinen Bad Seeds überhaupt so lang ausgehalten und so weit gebracht hat, ist eine der erstaunlichen Geschichten der RockMusik. Ein Typ wie er hat eigentlich zu viel Talent dafür, die Leute zu vergraulen, als dass es denkbar wäre, mehrere Jahrzehnte mit ihm in einer Band, in einem Studio, auf einer Bühne zu verbringen. 2003 stieg Bargeld aus, um sich auf die

Neubauten zu konzentrieren. Vielleicht aber auch, um mal wieder Boss zu sein. Das macht Barry Adamson neben Cave zwar zum alleinigen Gründungsmitglied; der Rest der bösen Brut spielt aber auch locker 20 Jahre zusammen, war maßgeblich mitbeteiligt am durchschlagenden Erfolg von „Murder Ballads“ (1996), ein Album, das Nick Cave endgültig als verkommenen Untergangspriester etablierte. Jeder Song eine grausige Mär mit tödlichem Ausgang, Kylie Minogue sorgte in „Where The Wild Roses Grow“ sogar für Anerkennung und Erfolg im eigentlich so verhassten Mainstream. Heute ist Nick Cave einer, der den Musikkanon transzendiert. Wie ein Tom Waits, ein Bob Dylan, ein Leonard Cohen, ein Johnny Cash. Wo Nick Cave auftaucht, sind die Hallen ausverkauft, ist die Begeisterung grenzenlos. Dafür hat er viel geopfert, viel gelitten, viel getan. Wollen wir hoffen, dass er uns noch viele Jahre und viele schaurig-schöne Platten erhalten bleiben wird.

Bad Seeds Nick Cave & The Bad Seeds


Jugend erfolgreich verschwendet Große Klappe, viel dahinter. Jennifer Rostock sind den Hatern mal wieder einen Schritt voraus und treten mit „Genau in diesem Ton“ zu genau dem exzessiv-lauten Rundumschlag an, den die Welt verdient hat.

bs. Anti alles für immer. Für Jennifer Rostock ist das nicht nur 'ne flotte Line, die man sich prima auf den Unterarm tätowieren kann. Es war lange Grundmaxime allen Tuns, bedingungslose Attitüde und Lebensinhalt. Ihrer war nie der leichte Weg, mit Freude und verzogener Schnute hat man den immer schon liebend gern den Sportfreunden Stillers, den Silbermonds überlassen. Seit neun Jahren im Geschäft, die meisten davon verbrachte man auf der Straße, seit vier Alben nicht wegzudenken aus dem deutschen Rock-Zirkus, obwohl man sich nie angebiedert hat: Jennifer Rostock sind eine dieser Bands, denen man respektvoll attestieren muss, wirklich echt zu sein. Das zeigt sich spätestens bei „Genau in diesem Ton“, Album Nummer fünf und ihr Debüt bei der Sony-Tochter Four Music. Darauf geben sich Jennifer Rostock wie entfesselt, ganz zwanglos und ungeniert ballern sie sich durch Punk, Pop, Elektro und Rock. Zeitgeist ist hier keine Floskel, sondern Alltag, näher dran, glaubwürdiger und identitätsstiftender ist derzeit wohl keine deutsche Gitarrenband. Das lockt natürlich immer auch die Hater an, die Neider. Bei Jennifer Rostock treffen sie auf eine Band, die eine Menge Angriffsfläche bietet, bei Jennifer Weist auf eine Sängerin, die auch mal die Zähne zeigt. Oder ihre Brüste, wahlweise. Die hat sie sich vergrößern lassen, spricht offen darüber, lässt auch mal tief blicken. Das stößt vielen sauer auf, aber auf jene vielen hat es Weist abgesehen. Zutätowiert bis zum Hals, laut, besoffen auf der Bühne oder pöbelnd im Privatfernsehen: Klar muss man das nicht mögen. In einem drögen, schlaffen und öden Business wie der deutschen Musikindustrie gibt es aber eindeutig zu wenige Jennifer Weists. Und zu wenig Jennifer Rostocks. Die haben mit „Genau in diesem Ton“ nämlich ein Album dabei, das die Dreistigkeit besitzt, krass eingängig zu sein, und dennoch mit einem Crescendo an Wortwitz und Wortkunst daherkommt, dass selbst ein Gros der deutschen Rapper einpacken kann. Sexismus, Rassismus, Saubermänner, Bausparer, Hipster, Kritiker, Besserwisser oder einfach nur Arschlöcher: Hier bekommen sie, was sie verdienen und können sogar noch fein abtanzen dazu. Eines ihrer neuen Stücke heißt „Silikon gegen Sexismus“, laut und bissig singt Jennifer Weist Zeilen wie „Ich kann mich verkaufen, macht mich das zum Produkt? Wem gehor¨t mein Kor¨per, wenn ihn die Zeitung druckt?“ Sie weiß, was sie tut, weiß,

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welche Wirkung ihre Aktionen haben. Und setzt dieses Wissen frontal ein. Die letzten neun Jahre haben aus Jennifer Weist eine selbstbewusste Frau gemacht, die noch vor ihrem 30. Geburtstag mehr erlebt und gesehen hat, mehr kritisiert wurde als die meisten anderen Künstler in einem ganzen Leben. Auch davon kündet das Album. Eine Aura der Verwundbarkeit, umgemünzt in eine musikalische Angriffsbewegung, die allen Neidern den Wind aus den Segeln nimmt, bevor sie überhaupt loslegen können. Selbstironie ist da ebenso das Zauberwort wie eine präzise Kenntnis der Medienlandschaft und eine Sezierung des schwierigen Verhältnisses zwischen Fan und Band. Album Nummer fünf ist aber auch ein Manifest für den unbeugsamen Willen einer Band, die als krasser Underdog an den Start ging, sich die Ärsche wundgespielt hat und mittlerweile ganz zu recht sehr weit oben angekommen ist. Nicht übel für die Kindergartenfreunde Jennifer Weist und Johannes Walter. Die kommen aus Zinnowitz, einem verschlafenen Nest aus Usedom, machten aber natürlich irgendwann nach Berlin rüber. Immerhin: Sie taten es schon, als es noch gar nicht so richtig angesagt war, ließen sich mit Anfang 20 von der deutschen Hauptstadt verschlucken und wieder ausspucken. Jedes Album machte einen Satz in den Albumcharts, „Schlaflos“ kletterte vor zwei Jahren bis auf Rang zwei in Deutschland und die 40 in der Schweiz, mit dem nächsten Album schien der endgültige Durchbruch beschlossene Sache, der Marketingplan lag schon in der Schublade. Doch Jennifer Rostock gingen einen anderen Weg. Mal wieder. Weg vom Riesen Warner, hin zum IndieDarling Four Music, der zwar auch zu Sony gehört, aber durchaus noch weiß, was künstlerische Freiheit und Integrität bedeuten. Und welch großes Kapital sie mit einer Band wie


LIVE 15.9.2016 Zürich, Exil 28.1.2017 Pratteln, Z7

Jennifer Rostock hat, die ihr Image pflegt wie ihre Trinkwut und ihre Marotten. Auch immer im Rostock'schen Handgepäck: Hass auf Nazis. Personen in Böhse-Onkelz-Shirts wird der Eintritt zum Konzert versagt, bei jeder Gelegenheit brüllt die Band gegen den braunen Schmutz an. Das ist eben der Vorteil, wenn man eine Stimme und weit über 200.000 Facebook-Likes hat. „Genau in diesem Ton“ ist deswegen aber noch lange kein „Hauptsache dagegen!“-Album geworden.

Eigentlich sogar weniger als die letzten Platten. War früher das Verschwenden der Jugend primäres Sujet in Wort, Bild und Klang, ist die Band mittlerweile dahintergekommen, dass die Jugend erfolgreich verschwendet ist. Dass es Zeit ist für die nächste Stufe. Die muss eben nicht automatisch zu Bausparvertrag, Reihenhaus und Familienplanung führen. Kann sie aber, sagen Jennifer Rostock. Solange du cool bist und ein wenig verrückt bleibst.

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REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative

STEVEN TYLER We're All Somebody From Somewhere Universal Music hef. Ein Philosoph war der Aerosmith-Sänger eigentlich schon immer. Viele seiner Texte schöpfen aus dem baren Leben. Das sagt schon der Titelsong aus, zu Deutsch "Wir alle sind irgendjemand von irgendwoher". Ob sein autobiografisches Leben auf Messers Schneide ("Living On The Edge"; Tyler war zuweilen schwer drogensüchtig) oder "Liebe machen im Fahrstuhl" ("Love In An Elevator") – bei Steven Tyler schwingt meistens auch der Humor mit, auch wenn man ihn hinter der Bühne trifft. Im Vorfeld der CD-Veröffentlichung schwärmte der Rocker von seinem ersten Country-Album. „Schon letztes Frühjahr bin ich nach Nashville gefahren, um die Arbeit an diesem Album zu beginnen. Zusammen mit den besten Songschreibern, die Music City zu bieten hat, habe ich dort ein paar fantastische Songs geschrieben – und jetzt kann ich diese Songs endlich auch dem Rest der Welt präsentieren“, so Steven Tyler euphorisch. Euphorie kommt auch sofort beim ersten Track auf, "My Own Worst Enemy". Das ist nicht Country, das ist Aerosmith pur, Aerosmith vom Feinsten. Na klar, zusammen mit seinem Gitarristen Steve Perry ist Steven Tyler nun halt mal Aerosmith, das kann er auch hier nicht verleugnen. Das Country-hafte kommt in der Instrumentierung zur Geltung. Zusammen mit hochkarätigen Produzenten und Musikern wie T Bone Burnett, Dann Huff, Marti Frederiksen und Jaren Johnston (The Cadillac Three) wurde das Album eingespielt. „Country-Music ist der neue Rock & Roll!", sagt Tyler. "Und diese Stücke handeln nicht bloß von Verandas, von Hunden und wie es ist, hin und wieder auf den Putz zu hauen. Country ist viel, viel mehr als das: Es geht darum, die Dinge ganz ehrlich beim Namen zu nennen. Zu ihrem Kern vorzudringen. Und nichts ist näher am Kern dran als diese Einsicht: 'We're All (Just) Somebody From Somewhere'. Das stimmt für jeden von uns!“ Unterstützt von der aus Nashville stammenden Band The Loving Mary tourte der Grammy-Gewinner durch die USA, diesmal nicht in grossen Stadien, sondern in kleineren Venues. Tylers sehr intime Songs handeln von Trennungsschmerzen und anderen Rückschlägen seines Lebens, angefangen von den ersten Klavierstunden bis zum weltweiten Durchbruch und schließlich dem Leben mit seiner Band. Indem er seinen Blick zurück auf eine musikalische Reise wirft, die mehr als vier Jahrzehnte umspannt, nimmt Tyler auch kein Blatt vor den Mund und geht sogar bis zu seinen musikalischen Vorfahren in Kalabrien zurück, um eine Geschichte zu erzählen, die über die Route 440 bis in die Country-Metropole Nashville und damit ins Hier und Jetzt führt. Für Aerosmith-Fans so oder so ein Muss, Country hin oder her.

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Fortsetzung von Seite 9 Repräsentativ sind beide Songs nicht für den Rest des Albums. Was bedauernswert ist. Gegen Mitte flacht die Spannung des Albums ab und erholt sich nicht mehr richtig. Gerade die reduzierten, Ambient angehauchten Nummern «Mortise And Tenon», «Careful» und «Nobody Can Save Me», zuweilen dezent tanzbar in Szene gesetzt, plätschern einen Tick zu monoton dahin. Letzterer wird gegen Ende zumindest durch ein schräges Gitarrensolo gerettet. Dazwischen ist immerhin das spannende, krautrockige «Translate» ein Lichtblick. «Paralyzer» klingt dagegen eher verstörend als spannend. Wenigstens nicht mehr langweilig! Mit dem pochend spannenden «Infinity» offerieren Suuns dann noch einen versöhnlichen Abschluss.

VON WEGEN LISBETH

Julian, Doz und Robert vorwiegend mit Konzerten, YouTube und durch die EP "Und plötzlich der Lachs" eine Fan-Base erspielt, die sie bereits jetzt weit über ihre Heimatstadt hinaus abfeiert. Frei nach der prophetischen Zeile „Wenn wir jetzt Funken schlagen, explodiert der ganze Laden!“ explodierte die Band in den Charts und bei den Kritikern, die sich vor Freude auf die Schenkel klopfen. Und nicht vergessen: Das ist erst das Debüt. Kaum anzunehmen, dass die Jungs hier schon das ganze Pulver verschossen haben. Von dieser ungewöhnlichen Band mit dem seltsamen Namen wird man wohl in Zukunft noch einiges erwarten können. Das ist eine Art kreativer Verschwendung, Pop-Präzisionsarbeit, die völlig leicht wirkt.

Grande

WARPAINT

Sony Music hef. Die BandNamen werden immer verrückter. Aber genau ein solcher Name soll zeigen: Hier geht etwas Spezielles ab. So auch bei der Berliner IndiepopSensation Von Wegen Lisbeth. Der Spass geht gleich im ersten Lied "Meine Kneipe" los. Zu fetzendem elektronischen Bläsersound, trockendem Bass und abgehendem DrumRhythmus wird frisch-fröhlich drauf los gesungen. "Mir ist egal, mit wem du schläfst, schlaf auf jedem Klo und mit wem Du willst. Mach, was du willst, aber bring nie wieder deine neuen Freunde in meine Kneipe." Hier ein bisschen Peter Fox, dort ein wenig Tote Hosen, einfach ohne PunkKlänge, da eine Portion alles schon mal gehört – die fünf Berliner Jungs hauen ihre 14 Songs so locker raus, als ob sie schon alte Hasen wären. Alles schon mal gehört ist keine Abwertung, sondern ein Kompliment. Weil es der Mix ist, der fasziniert, die Coolness und Selbstverständlichkeit, über "Sushi", Milchschaum" oder "Der Untergang des Abendlandes" zu singen. Mit Steeldrum und elektrischer Harfe übersteigt allein ihr Soundhorizont bei weitem das übliche Gitarre-BassSchlagzeug-Outfit. Über die Jahre haben sich Matze, Jules,

Heads Up Warner Music hef. Warnung! Das ist kein 08/15Sound. Mit seinem dritten Album testet das USDamen-Quartett neue Wege. Inspiriert von Björk, Outkast, Janet Jackson und Kendrick Lamarr wirken die ersten Songs beim ersten Anhören etwas sperrig. Doch man gewöhnt sich bald an die aussergewöhnlichen Klänge dieser experimentellen Band aus Los Angeles. Die neuen Wege bedeuten bei Bassistin Jenny Lee Lindberg, Schlagzeugerin Stella Mozgawa sowie den beiden Gitarristinnen Theresa Wayman und Emily Kokal, dass sie bei den Aufnahmen der neuen Lieder teils nicht gemeinsam im Studio waren, sondern einige der elf Tracks sogar alleine einspielten, um dem Studioprozess eine neue Richtung zu geben. So seien die Rollen der einzelnen Bandmitglieder etwas aufgeweicht worden, erklären sie die Idee. Diesen schwebenden, transparenten Experimental-Popsound mit den teils engelhaften Stimmen, den pumpenden Bässen und akustischen Gitarren-Einschüben muss man sich freilich erhören.


Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS ZODIAC Grain of Soul Napalm/Universal bs. Kadavar sind ja durchaus berechtigt als coolste Rock-Band Deutschlands zu bezeichnen. Spätestens mit „Grain Of Soul“ machen ihnen Zodiac Konkurrenz und sind drauf und dran, ihnen diesen Ruf streitig zu machen. Gut, wirkliche Konkurrenten sind es eh nicht, Kadavar fühlen sich im retro-Fuzz pudelwohl, während Zodiac mehr denn je nach staubiger Wüste, nach Post-Grunge, nach Alternative-Zauberei klingen. Es ist wirklich lange her, dass eine deutsche Band ein derart entkrampftes, detachiertes Werk raushaut – keine Plattitüden, keine Klischees, kein Bemühtes Nacheifern transnationaler Vorbilder. Klar hat auch „Grain of Soul“ seine Wurzeln, diese hier führen direkt hinein in den staubigen Wüstensound der Westküste und den furiosen Sumpf-Blues südlicher US-Staaten. Die Leichtigkeit, mit der dieses vierte Album angetrabt kommt, ist jedoch allemal bemerkenswert, die Attitüde des Quartetts durchaus bewundernswert. Alle Augen auf das Riff, alles für den Groove, hier und da Mut zur pathetischen Melodie („Follow You“), auch wenn die Band dann schon wieder fast typisch deutsch klingt. Diese Lust an der Vielfalt des Rock'n'Roll zeichnet Zodiac in diesem Jahr aber nun mal aus. Die Universitätsstadt Münster, die scheint über Nacht jedenfalls zum Wüstenkaff mit Saloons, Duellen und Heuballen geworden zu sein.

BLINK 182 California Warner hef. So richtig in den Blickpunkt der grossen Masse kam das US-Trio mit dem Video zu ihrem Song "Take Off Your Pants". Zieh deine Hose aus wurde zum Running Gag im wahrsten Sinne dieses Wortes. Die Bandmitglieder rannten, sprich: flitzten splitterfasernackt durchs Video. Das wurde in Zürich zum Promotion-Gag des leider verstorbenen Universal-Marketing-Direktors Hank Merk. Er liess drei Flitzer mit

dicken Ghetto-Blasters über den Paradeplatz flitzen, klar doch, füdliblutt. Ein Fressen für die Presse, ein Schock für die Menschen an der mondänen Zürcher Bahnhofstrasse. Blink 182 ist Punk, ist Fun-Rock, geht ab wie die Sau. Auch bei der Wiederauflage dieses legendären Trios. "California" ist das siebte Studio-Album und das erste seit der selbst erwählten Auszeit von 2005. Mit "Cynical" geht es los, anfangs ganz brav, dann aber hoho, ab gehts wie in den ersten Jahren. Mit "Bored To Death", zu Tode gelangweilt, folgt ein weiterer Fetzer, der aber mit etwas angezogener Handbremse. Die Punk-Pop-Lieblinge einer ganzen Generation haben nichts verlernt. Gitarrist, Sänger, Songschreiber und Band-Mitgründer Tom DeLonge ist zwar mittlerweile ausgestiegen und wurde durch Matt Skiba (Alkaline Trio) ersetzt. "The Only Thing The Matters", so einer der 15 brandheissen PunkRock-Fetzer, ist die Message. Krach, sorry, gepflegter Krach ist die Message, das einzige, was bei Blink 182 zählt. Das ist doch schon viel mehr als nur die halbe Miete, oder? Glück im Unglück hatte übrigens 2008 der bis zum Hals volltätowierte BlinkDrummer Travis Barker. Bei einem Absturz mit seinem Lear Jet kamen vier seiner Freunde ums Leben, Travis selber wurde schwer verbrannt. Nach dem Motto, Unkraut vergeht nicht, haut er längst wieder in die Trommefelle.

TRADE WIND You Make Everything Disappear End Hits Records/Cargo Records cw. „Das ist doch alles dasselbe! Das klingt doch alles gleich!“ – so etwas in der Art hört man nicht selten von Menschen, die nicht unbedingt etwas mit dieser „lauten“ Musik anfangen können, sondern sich im Gegensatz dazu bei den Klängen von Helene Fischer oder Justin Bieber erst so richtig wohl fühlen. Dass es aber doch allein zwischen Hardcore und Post-Hardcore so einige gravierende Unterschiede gibt, dürfen sich ebendiese in den darauffolgenden Stunden ausführlich erklären lassen – wahrscheinlich auch gleich mit Songbeispielen. Ja, was so ein kleines Wort wie „Post“ dann doch ausmachen kann. Ganz besonders gut ist dies übrigens an den Werken der Herren Jesse Barnett und Thomas Williams

JENNIFER ROSTOCK Genau in diesem Ton Four Music/Sony bs. Ihnen gehört die Nacht. Wenige würden dem nicht zustimmen, wenn von Jennifer Rostock die Rede ist. Immer wach, immer durstig, immer unterwegs, immer bissig, nie jedoch eines: Berechenbar. Eine ganze Schippe Vielfältigkeit haben Jennifer Weist und ihre bad boys draufgepackt, der wie gewohnt schrille Mix aus Punk, NDW, Pop und BerlinRock wird auf „Genau in diesem Ton“ um Breakdowns mit markigen Schreien und flirrende Post-Punk-Gitarren erweitert („Baukräne“), mit „Irgendwas ist immer“ liefern Jennifer Rostock einen zweiminütigen PunkAbriss mit einem herrlichen Text über die kleinen Tücken des Lebens. „Wir waren hier“ scheut den Pathos nicht und will sagen: Trotz allem ist das eigentlich alles ganz geil hier. Ganz nett, klingt aber halt auch ein wenig nach – sorry, Mädel – Juli. Gut, dass bei „Neider machen Leute“ die Retro-Elektropunk-Keule geschwungen und Jennifer mit „Hengstin“ mal fett im Trap-Modus durch die Nacht traben darf. Die Band traut sich mehr, traut sich aber auch mehr zu – untrügliches Zeichen, dass der Labelwechsel zu Four Music Gutes bewirkt hat. Älter sind sie aber eben auch geworden, aus jungen Wilden sind nicht mehr ganz so junge Wilde geworden, die auch mal mit ein wenig Wehmut zurückschauen („Deiche“) und nicht immer nur für Halligalli-Vollgas stehen. Meist aber eben schon – noch dazu so pointiert, schlagfertig und überschäumend wie nie. Ein Songtitel wie „I Love You But I've Chosen Dispo“ traut sich zumindest sonst auch niemand.

auszumachen. Mit ihren Hauptbands Stick To Your Guns und Stray From The Path machen sie seit Jahren beißenden Hardcore par excellence, mit ihrem gemeinsamen Nebenprojekt Trade Wind probieren sie sich dagegen nun in einer etwas anderen Richtung aus, denn das Debütalbum „You Make Everything Disappear“ strotzt nur so von ruhigem, fast schon melancholischem Post-Hardcore in guter alter Thrice- und Deftones-Manir. Ein Wandel von 180°. Welch ein Kulturschock angesichts der musikalischen

Hintergründe der beiden Bandköpfe! Übertrieben oder gar aufgesetzt klingen die acht Songs aber dennoch nicht, sondern einfach wie eine ganz andere Seite der Hardcore-Heroen. Eine, bei der sie fast ausschließlich durch ihre Texte ihre Wut, Frustration und Enttäuschung mitteilen möchten und nicht sofort mit der Instrumentierung ins Haus fallen. „You Make Everything Disappear“ ist definitiv eine der positiven Postcore-Überraschungen von 2016!

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Alles grösser als zuvor Die größte Metal-Band der Niederlande hat sich selbst übertroffen. Mal wieder. Wie Epica das ein ums andere Mal schaffen, ist ein Mysterium – und ihr siebtes Album „The Holographic Principle“ ein genialer Schachzug zwischen Bombast, Härte und Gefühl. Simone Simons, Mark Jansen und Isaac Delahaye im TRACKS-Gespräch.

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bs. Was, wenn die Welt, in der wir leben, eine Illusion ist? Eine Projektion, erschaffen von einer höheren Macht? Was würde das ändern? Würde sich überhaupt etwas ändern? Gedankenspiele wie diese sind mitnichten nur das Futter abgespacter ScienceFiction-Epen. Längst befasst sich auch die Wissenschaft mit solchen Theorien, mehr als ein seriöser Physiker oder Mathematiker hält es sogar für recht wahrscheinlich, dass wir in einer virtuellen Realität leben. Jetzt haben auch Epica dieses faszinierende, wenn auch beunruhigende Thema für sich entdeckt. Seit jeher steht der niederländische Symphonic-Metal-Goliath um Sängerin Simone Simons für packende, bombastische Soundwelten und ebenso komplexe, atemberaubende Konzepte, mit Chefdenker Mark Jansen hat die Band dafür einen leidenschaftlichen Fan ebensolcher Theorien und Thesen in ihren Reihen. Auch für „The Holographic Principle“, das atemberaubende siebte Studioalbum, hat sich der Sänger und Gitarrist tief in die Materie hineingedacht. „Wir siedeln das Album in einer nahen Zukunft an, in der die virtuelle Realität nicht mehr von der Wirklichkeit zu unterscheiden ist“, führt Jansen ein in die Welt des neuen Albums. „Spätestens an diesem Punkt kommt die Frage auf, wieso wir dann so sicher sein können, dass unsere Realität die echte ist und ob es nicht eine höhere Ebene der Wirklichkeit gibt, zu der wir keinen Zugang haben.“

geheimnisvollen Welt der Quantenphysik auseinander, auch auf „Design Your Universe“ (2009) kleideten Epica die Kraft der Gedanken in große Hymnen. Wie immer bei den Holländern wird all das erneut auf ein neues Level gehoben – musikalisch, inhaltlich und aus produktionstechnischer Sicht. Das resultiert im für Gitarrist Isaac Delahaye „bislang vollständigsten Epica-Album“. Es ist ein Album, das bei aller Epik den Anspruch nicht zu kurz kommen lässt, bei aller Progressivität dennoch zugänglich, eingängig und bewegend bleibt – nur eine der vielen Qualitäten dieser Ausnahmeband. „Orchester und Chor sind für uns das siebte und das achte Bandmitglied“, betont Simone Simons. „Ohne sie geht es nicht, ebenso wenig wie es ohne die anderen sechs geht.“ Das ist nicht das erste Mal so, wird auf „The Holographic Principle“ aber so ernst genommen wie noch nie zuvor. „Diesmal arbeiteten wir das erste Mal mit einem richtigen Orchester zusammen, was den Sound natürlich noch mal auf eine ganz andere Stufe hebt“, weiss Jansen. Das war tatsächlich höchste Zeit und stellt das letzte Zwischenziel dieser Band auf den Weg in den Olymp dar. Im Klartext heißt das: Immer wo früher Samples verwendet werden, sind heute echte Instrumente zu hören. „Und das“, grinst Jansen, „obwohl Samples heutzutage schon verdammt gut sind. Wir wollten aber eben alles live einspielen, um die Reise perfekt zu machen.“

Jansen will mit diesem Konzept aber nicht nur eine wissenschaftliche Sci-Fi-Saga erzählen. Er will, dass wir auch mal außerhalb unserer gewohnten Bahnen denken und nicht alles für bare Münze nehmen, was uns vorgesetzt wird. „Je offener wir für revolutionäre neue Entwicklungen in der Wissenschaft sind“, ist sich der Niederländer mit dem breiten Grinsen sicher, „desto leichter wir es uns fallen, uns an die Zukunft zu gewöhnen.“ Themen wie diese haben es der MetalWeltmacht offensichtlich angetan. Schon auf „The Quantum Enigma“ (2014) setzte man sich mit der

Diese Reise beginnt schon beim Intro „Eidola“ entfaltet eine dramatische orchestrale Macht, die auch in einem Film wie „Interstellar“ gut aufgehoben wäre, ein klassischer Furor, wie ihn wenige MetalBands in dieser Qualität hinbekommen. „The Holographic Principle“ ist ein 70-minütiger Malstrom, ein Sturm aus metallischem Zähneblecken, herrlich progressiver Vielschichtigkeit, gotischer Opulenz, cineastischer Epik und einem gewissen Death-MetalTouch, den man in dieser Drastik noch nicht von Epica gehört hat. Wie das alles zusammenpasst?



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„Fast jeder in unserer Band ist am Songwriting beteiligt“, eröffnet Simone Simons. „Diesmal lief es so gut, dass wir doppelt so viel Songs hatten, als auf das Album passten.“ Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Epica in den letzten Jahren mehr und mehr tourten und mittlerweile eigentlich praktisch konstant unterwegs sind. Sie lächelt: „Wenn es läuft, dann läuft es eben. Das hat man wohl davon, wenn man so viele talentierte Komponisten in der Band hat.“ Talent ist natürlich nur das eine. Bei Epica kommen zusätzlich ein eiserner Wille und das Bedürfnis nach immer neuen Herausforderungen hinzu. „Wir haben die Messlatte diesmal so hoch gelegt wie noch nie zuvor“, nickt die Sängerin mit der unverkennbaren Stimme. „Das war fast schon ein wenig größenwahnsinnig von uns, weil wir uns wirklich übertreffen mussten. Aber am Ende haben wir es geschafft. Alles ist größer als zuvor – auch, was meinen Gesang angeht: Ich lege mich immer ins Zeug, aber diesmal habe ich mich dazu gezwungen, alles aus mir herauszuholen.“ Es ist unüberhörbar, dass hier eine Band am Werk ist, die sich eben nicht mit „ganz okay“ zufriedengibt und imemr ein bisschen mehr gibt als nötig.

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„Wir haben alles in dieses Album gesteckt, was wir aufzubieten hatten“, so Simons weiter. „Es ist randvoll mit Details, enthält unser ganzes Können. Wir hoffen jetzt natürlich, dass die Leute fühlen, was wir fühlen, wenn sie die Songs hören.“ Kein Zweifel: Das tun wir. Dass am Ende dieser unverkennbare Epica-Sound dabei herauskommt, ist natürlich auch eine Menge Arbeit. Zunächst werkelt jeder Musiker in seinem Homestudio vor sich hin, dann trägt er der Band seine Ideen vor. Delahaye: „Wir sind eine Demokratie, in der ausnahmslos alle mit allen Songs zufrieden sein müssen. Und wenn der Rest der Band noch etwas daran auszusetzen hat, ist auch meist etwas dran. Das ist nicht immer schön“, lacht er, „tut den Songs aber verdammt gut.“ Mark Jansen ergänzt seinen Kollegen: „Die Song-Ideen, die wir anschleppen, sind meist schon sehr ausgereift – was natürlich nicht heißt, dass sich die Songs nicht noch drastisch verändern können. Täten sie das nicht, würden sie bei Weitem nicht das Niveau erreichen, das wir mit Epica immer erreichen wollen.“ Das gesunde Selbstbewusstsein, das aus diesen Worten


spricht, ist das Produkt jahrelanger Arbeit. Gegründet 2002 nach Jansens Ausstieg bei After Forever und schon bald darauf mit Simone Simons als Leadsängerin, erspielte sich die Band schnell einen guten Ruf in Holland, eroberte im Laufe der nächsten Jahre von dort aus die Welt. Heute sind Epica ein globales Phänomen mit ungezählten Fans in Südamerika, Australien, Asien, den USA und natürlich in Europa. Geschafft haben sie das nicht mit Stangenware, sondern mit einer sinfonischen Metal-Spielart, die in ihrer Komplexität ihresgleichen sucht. „Viele Bands sind doch nur progressiv, um anzugeben“, macht der Bandkopf seinem Ärger Luft. „Mir reicht das nicht nicht, ich will beides: Progressivität und Entertainment. Große Refrains, das Epische.“ Klar, letztlich verpflichtet dazu ja auch schon der Bandname. Epica werden ihm auch mit „The Holographic Principle“ spielend gerecht. Heute sind die Niederländer neben Nightwish die größte Band im „female fronted“-Sektor, spielen die großen Bühnen und Festivals, sind sogar die im internationalen Ausland erfolgreichste niederländische Band. Ausgerechnet in Mitteleuropa wurde es ihnen anfangs allerdings nicht gerade leicht gemacht. „Die ersten Jahre waren wirklich schwer“, blickt Jansen ein wenig zerknirscht zurück. „Wir ließen uns aber nicht beirren, kämpften uns Stück für Stück voran und sind mittlerweile ganz zufrieden mit dem, was wir erreicht haben.“ Ein hochverdienter Erfolg und der Lohn für das jahrelange Engagement. Manchmal ist es eben doch besser, nicht von Anfang an in aller Munde zu sein und eben so schnell wieder von der Hörerschaft vergessen zu werden. Bei diesen Kompositionen aber auch kein Wunder: Stücke wie „Universal Death Squad“ vermählen Gefühl und Größenwahn derart genial, dass etwas Kolossales dabei entsteht. „Wenn ich auf der Gitarre etwas Komplexes spiele, aber dazu gleichzeitig der Chor und das Orchester wüten, fällt es nicht so auf, was da gerade an der Gitarre abgeht“, erläutert Delahaye das Epica-Prinzip. „Ich liebe dieses Vermischen verschiedener Elemente, weil es zu einem massiven Ergebnis führt und nicht den Eindruck erweckt, dass jetzt ein Musiker sein Ego-Ding durchzieht.“

LIVE 16.1.2017 Genf, Thonex 17.1.2017 Zürich, Volkshaus

Überhaupt geht alles sehr harmonisch und demokratisch bei Epica zu – auch, was die Textarbeit angeht. „Mark ist immer für das große Ganze verantwortlich, während ich in meinen Texten dann die kleinen Details, die persönliche Sichtweise aufgreife“, verrät Sängerin Simone Simons. „Diesmal ergab sich daraus eine wunderbare Synergie. Wir wussten beide genau, was wir wie sagen wollten, und hatten uns unbewusst angenähert.“ Auch so ein Vorteil, wenn man 14 Jahre Seite an Seite spielt und die Band als Team nach außen hin repräsentiert. Das führt auf „The Holographic Principle“ zu einem Album, das als gebündelte Essenz von Epica durchgehen kann – und der Formation zum nächsten hochverdienten Schritt verhelfen wird. Wo das wohl enden wird?

EPICA The Holographic Principle Nuclear Blast bs. Wie sehr Epica Film-Soundtracks mögen, haben sie schon früh in ihrer Karriere bewiesen. Mit „The Score – An Epic Journey“ lieferten die Symphonic-MetalGroßmeister aus den Niederlanden 2005 die Musik zum Film „Joyride“. Mittlerweile ist mehr als ein Jahrzehnt ins Land gegangen, die Band ist eine der größten ihrer Zunft und aus kompositorischer Sicht nicht mehr einzuholen. „The Holographic Principle“ setzt ein deutliches Ausrufezeichen hinter diese Aussage – mit einem musikalischen Ozean, der schwer in Worte zu fassen ist. Alles, wofür diese Band jemals stand, findet sich auf diesem überlangen Werk in neuer Hochform zusammen: Die Progressivität, die Härte, der filmreife Bombast, das melancholische Sehnen, die gewaltigen Refrains... alles scheint wie auf 11 gedreht, Simone Simons singt sich und den Rest der Welt um den Verstand, die Gitarren

braten, die Chöre jubilieren. Das hier ist nicht weniger als das neue Referenzwerk des Symphonic Metal, ein Album, dessen Detailreichtum auch nach dem fünften Durchgang noch nicht ergründet wurde. Es ist schon zu hören, das kollektive Aufstöhnen der musizierenden Kollegen. Wie, ja wie soll man einem metallischen Biest wie diesem nur beikommen? „The Holographic Principle“ ist Epicas legitimes Opus Magnus, eine futuristische Metal-Oper, vollgepackt mit den ausgefeiltesten und dramatischsten Hymnen, die es in diesem Jahr zu hören geben wird.

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REVIEWS Hard/Heavy/Metal FATES WARNING Theories of Flight Inside Out / Sony Music

DARE Sacred Ground Legend Records mv. Dare, die Band um Ex-Thin Lizzy Keyboarder Darren Wharton, sind endlich nach sieben langen Jahren wieder mit einem neuen Album am Start. In der Zwischenzeit gab es 2012 zwar eine Neuauflage des „Calm Before The Storm“-Albums (der neben dem Debutalbum grösste Klassiker von Dare von 1998) sowie einige Thin Lizzy-Tourneen mit Darren an den Keyboards, aber das machte die Wartezeit seit dem brillanten „Arc Of The Dawn“ Album von 2009 nicht einfacher. Aber wie immer ist auf Darren und seine Mannschaft Verlass, denn wenn dann endlich mal ein neues Album von Dare erscheint, hat sich das lange Warten gelohnt und man wird mit einem Meisterwerk an Melodien belohnt. Und so auch diesmal, denn „Sacred Ground“ knüpft absolut nahtlos an „Arc Of The Dawn“ an und bietet alles was man schon bei Überalben wie eben „Calm Before The Storm“, „Beneath The Shining Water“ oder „Belief“ so liebte. Die wunderschöne, gefühlvolle Stimme von Darren, tief berührende Melodien mit keltischen Einflüssen und unzählige leidenschaftliche Gitarrensoli vom zurückgekehrten, absolut begnadeten Gitarristen Vinny Burns (ex-Ten). Ist der Opener „Home“ noch etwas verhalten und fast schon zu typisch für Dare, gibt es bereits mit dem nachfolgenden „I’ll Hear You Pray“ zum ersten Mal ganz grossen Gänsehaut-Alarm. Absolut ergreifendes Stück. Das darauf folgende „Strenght“ ist ebenfalls einfach nur wunderschön und trotzdem niemals kitschig. Die Band schafft es immer wieder, den Kitsch gekonnt zu umschiffen und dafür tonnenweise Atmosphäre und Feeling zu erzeugen. Am allerbesten gelingt dies beim Album-Highlight „Until“, dessen Melodien mal wieder nicht von dieser Welt sind. Bei „On My Own“ gibt es sogar ein paar Country Rock-Anleihen, was erstaunlich cool klingt und super passt. Und das abschliessende „Along The Heather“ bündelt noch einmal alle Stärken der Band und lässt den Hörer vor Begeisterung umgehend den Repeat-Knopf drücken. Schwache Songs gibt es keine, jeder ist ein kleines Kunstwerk für sich geworden. Es bleibt zu hoffen, dass die Band und vor allem Darren Wharton genügend Erfolg und Anerkennung für dieses Schaffen erhalten, denn wer auf zig Alben hintereinander eine solch hohe Qualität gelingt und es immer wieder schafft, Menschen mit unglaublich tief gehenden Songs in der Seele zu berühren, der hat als Musiker alles richtig gemacht. Mein tiefster Respekt.

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lg. Nicht mal drei Jahre nach dem grossartigen "Darkness In A Different Light" werfen die Progressive-Metal Götter mit "Theories Of Flight" bereits den Nachfolger und Studioalbum Nummer zwölf in die hungrige Meute. Schon der erste Song, das relativ lange "From The Rooftop", zeigt die Marschrichtung deutlich auf. Nach einem verträumt-melancholischen Beginn geht es mit vertrackten Riffs und Rhythmen mächtig los – alles umrahmt vom grossartigen Gesang von Ray Alder. Die folgenden "Seven Stars" und "SOS" sind kurze, tolle ProgNummer mit genialen Melodien und mit Klassikersongs wie "Eye To Eye, "Pale Fire" oder "Point Of View" zu vergleichen. Der vierte und zugleich erste Zehnminüter des Albums, "The Light And Shade Of Things" gehört mithin zum Besten, was Fates Warning je geschaffen haben - ein ruhig und langsam beginnendes Epos, das sich in grossartige Melodien und Refrains steigert. Hier schimmert einiges an Pink Floyd durch – gepaart mit der Aggressivität von anspruchsvollem Heavy Metal à la alte Queensrÿche oder eben Fates Warning. Auch die weiteren beiden Songs sind sehr gelungen, bevor der zweite Longtrack die Band in richtig progressive Gefilde schweifen lässt und am ehesten mit schlüssigen Dream Theater Glanztaten zu vergleichen ist. Der abschliessende Titelsong geht im Vergleich als kürzere Soundcollage durch. Dieses von Gitarrist und Mainman Jim Matheos perfekt produzierte und von Jens Bogren abgemischte Album wird mit Sicherheit als eine der besten Scheiben des Jahres 2016 in Erinnerung bleiben. Grossartig!

GOJIRA Magma Roadrunner / Warner lg. Die französische Band um die beiden Brüder Joe (Gesang, Gitarre) und Mario Duplantier (Schlagzeug) konnte nach Jahren im Underground mit den Alben "The Way Of All Flesh" und "L'Enfant Sauvage" (2013) grössere Aufmerksamkeit

erheischen. Tourneen mit unter anderem Metallica und Lamb Of God waren die Folge. Mit "Magma" entfernt sich der Vierer mittlerweile vom früher gespielten progressiven Death Metal und experimentiert mit cleanen Vocals und weiter abgefahrenen progressiven Songstrukturen (abseits des klassischen Songaufbaus mit Strophe und Refrain), ohne dabei den Groove und die Atmosphäre zu vernachlässigen. Man erkennt Elemente von Bands wie Sepultura, Death, Meshuggah, Tool, Mastodon oder auch Neurosis im Sound von Gojira wieder. Der Opener auf Magma, "The Shooting Star" kommt doomig daher, während der Titelsong sehr progressiv gestaltet worden ist. Die Single "Silvera" ist dagegen ein richtiger Groove-Monster alter Schule. Wer Abwechslung liebt, nichts gegen tiefer gestimmte Gitarren hat und eine Band wie Voivod in dessen experimenteller Zeit liebt, kommt an "Magma" nicht vorbei.

SODOM Decision Day SPV/Musikvertrieb lg. Das deutsche Thrash-Metal Urgestein Sodom um Sänger/Bassist Tom Angelripper ist fleissig und legt alle paar Jahre eine neue Scheibe mit den bewährten Trademarks vor, d.h. recht harter und grundsätzlich schneller Thrash-Metal mit ziemlich krassen Vocals und einer leichten MotörheadSchlagseite. Zentrales Thema des Albums ist der D-Day, an welchem die Alliierten 1944 in der Normandie landeten, um Europa zu befreien. Musikalisch hat man den Eindruck, als dass sich Angelripper, Gitarrist Bernemann und Drummer Markus "Makka" Freiwald an den glorreichen Tagen von "Persecution Mania" (1987) orientieren, ohne allerdings die musikalische Tiefe zu verlieren, welche sich Sodom in den langen Bandjahren angeeignet haben. Als Anspieltipps können die ersten drei Songs – "In Retribution", "Rolling Thunder" und der Titeltrack – sowie das bereits von der EP aus dem Jahre 2014 bekannte "Sacred Warpath" genannt werden. Klasse!


SAINT VITUS Live Vol. 2 Season Of Mist/Irascible lg. Saint Vitus, ein Name der heutzutage im DoomBereich als einer der grössten Einflüsse genannt wird, setzt das Erbe von Bands wie die 70er-Jahre Ausgabe von Black Sabbath oder auch Blue Cheer und MC5 fort. Trademarks sind das wahnwitzige Gitarrenspiel von RiffMeister Dave Chandler sowie die unverkennbare Stimme von Sänge Scott "Wino" Weinrich. Live Vol. 2 ist neben dem Output aus dem Jahre 1990 das zweite offizielle Live-Albums des US-Vierers und wurde während der Tour zum letzten Album "Lillie F-65" in Luxemburg aufgezeichnet. Die Aufnahme aus dem Jahre 2013 beinhaltet acht Klassiker der 1979 gegründeten Saint Vitus wie zum Beispiel "Born Too Late", "White Stallions" oder "Dying Inside", ohne auf Songs des letzten Albums zu verzichten ("Let Them Fall", "The Bleeding Ground" und "The

Waste Of Time"). Live Vol. 2 kommt in guter Qualität und ist sehr authentisch. So muss ein Live-Album tönen!

DEATH ANGEL The Evil Divide Nuclear Blast mv. 2016 scheint ein super Jahr für Fans der alten Thrash Metal-Garde zu werden. Denn nachdem Slayer vor kurzem bereits ihre gnadenlose Macht mit einem neuen Hammeralbum demonstriert haben und auch Megadeth, Anthrax und Flotsam & Jetsam sehr starke Alben veröffentlichten stehen nun für Sommer und Herbst noch neue Scheiben von Testament, Metallica und eben Death Angel an. Und Death Angel, soviel sei vorweg genommen, haben mit „The Evil Divide“ definitiv einen absoluten Oberknaller vorgelegt, welcher mit Sicherheit Ende Jahr in den Polls vieler Metalheads ganz oben stehen wird. Denn der Bay Area-Fünfer lässt es auf dem neuen Album so herrlich frisch und brutal

krachen, dass es eine wahre Freude ist. Nackenbrecher wie „The Electric Cell“, „Breakaway“, „Hell To Pay“ oder „The Moth“ lassen kaum Luft zum Atmen und verbraten tonnenweise Killerriffs. Für Abwechslung sorgen das hochmelodische „Lost“ (erinnert ein wenig an die melodischen Anthrax und wäre Anfang der 90er auf MTV rauf- und runter gespielt worden) und das hymnische „Hatred United, United Hate“. Nach dem schon wirklich überaus starken Vorgänger "The Dream Calls For Blood" von 2013 ist der Band hier jetzt tatsächlich noch eine Steigerung gelungen und es fällt kein einziger Track ab. Da auch die Produktion höchste Ansprüche erfüllt und trotz aller Härte sehr dynamisch klingt, setzt „The Evil Divide“ die Messlatte für die einstigen Mentoren von Metallica verdammt hoch und auch alle anderen Thrash Metal-Veröffentlichungen des Jahres werden sich daran messen müssen. Daumen Hoch und unbedingte Kaufempfehlung!

MONUMENT Hair Of The Dog Rock Of Angels Records mv. Iron Maiden-Fans aufgepasst. Wem das aktuelle MaidenAlbum viel zu langatmig, sperrig und zu wenig brachial daherkommt, der bekommt jetzt das perfekte Ersatzfutter in Form von „Hair Of The Dog“. Denn Monument, die jungen Briten um einige ehemalige White WizzardMusiker, zelebrieren hier schon fast ein Tribut an die ganz alten Iron Maiden-Scheiben (vom Debut bis Powerslave). So klingt nicht nur Bandkopf und Sänger Peter Ellis oftmals wie ein junger Bruce Dickinson, sondern auch die Songs des bereits zweiten Monument Albums strotzen nur so vor purer Energie, Wildheit und authentischer 80er-Attitüde und kombinieren das alte NWoBHM-Feeling mit der Retro-Verliebtheit der heutigen Metalszene. Ganz klar, dass da mehr als einmal eine Melodie oder ein Riff von alten MaidenKlassikern „ausgeborgen“


REVIEWS Hard/Heavy/Metal wurde, aber das ist ja bei ähnlichen Combos wie Enforcer, Skull Fist, Striker oder Tierra Santa nicht anders und wird durch die enorme Spielfreude wieder wettgemacht. Somit machen britische Stahlgranaten wie „Hair Of The Dog“, „Streets Of Rage“, “Imhotep” oder das absolute Highlight “A Bridge Too Far” mächtig Dampf und begeistern einerseits mit vielen herrlichen TwinleadGitarrenduellen und andererseits mit starken Refrains, was eben gute Songs schlussendlich ausmacht. Dazu gesellen sich zur Abwechslung ein stark an „Transylvania“ angelehntes Instrumental namens „Olympus“ sowie die etwas gemässigteren dafür leicht epischen „Blood Red Sky“ und „Lionheart“, bei welchen die klare Running Wild-Beeinflussung nicht geleugnet werden kann. Das Artwork ist witzig und gut gemacht, erinnert aber auch etwas an die lustigen alten Tankard-Artworks und könnte eventuell einige Hörer in die Irre führen betreffend Stil der

Band. Trotzdem, die super produzierte Scheibe wird jeden Maiden-Jünger und traditionell ausgerichtete Metal-Fans begeistern und dürfte bei Monument für einen kräftigen Schub in Sachen Karriere sorgen.

DENNER/SHERMANN Masters Of Evil Metal Blade Records mv. Die beiden ehemaligen Mercyful Fate-Saitenhexer Hank Shermann und Michael Denner machen Ernst. Nach der schon überaus starken Debut-EP „Satan’s Tomb“ vor knapp einem Jahr folgt nun das erste Full-lenght Album, welches acht brandneue Songs enthält und, soviel kann schon verraten werden, eine absolute Offenbarung für Mercyful Fate-Jünger geworden ist. Verstärkt werden die beiden Recken durch Snowy Shaw

Metal Thrashing Mad mit Laurent ASPHYX - Incoming Death Die 2007 auf den Bühnen dieser Welt zurückgekehrte holländische Todesbleilegende konnte seither seinen Status weiter ausbauen und veröffentlicht ein gutes Album nach dem anderen. "Incoming Death" knallt mit seiner atemberaubenden Death/Doom-Metal Mischung sehr gut und macht keine Gefangenen. Für Puristen ist dieses Album ein Muss! CAUCHEMAR - Chapelle Ardente Die kanadische Doom-Band um Sängerin Annick Giroux gehört zum Authentischsten, was die aktuelle Szene zu bieten hat. Fernab von jedem Hype zelebriert die Truppe grossartigen Doom-/Retro-Metal und gilt als eines der Geheimtipps. Hier ist zuschlagen empfohlen – am besten auf Vinyl. Live ist die Truppe am 29. Oktober 2016 im Ebrietas in Zürich zu erleben. IF THESE TREES COULD TALK - The Bones Of A Dying World Die Instrumental-Band hat sich im Bereich des Post-Metal, angereichert mit progressiven Elementen, festgesetzt. Was die fünfköpfige Band (mit drei Gitarristen) für Klanglandschaften fabriziert ist faszinierend und zieht den Hörer sofort in seinen Band. Ein Album, welches mehrere Hördurchläufe braucht. SUBROSA - For This We Fought The Battle Of Ages Doom-Metal mit Frauengesang ist ja derzeit fürchterlich angesagt. Subrosa aus der Mormonenmetropole Salt Lake City/Utah besteht aus drei Frauen, welche unter anderem alle am Gesang beteiligt sind und operieren mit elektrischen Geigen, was der Musik viele subtile Facetten gibt. Die männlichen Kollegen sind für die Rhythmussektion dieser sehr interessanten Band zuständig. Spannendes Album mit überlangen Songs. WRETCH - Wretch Nach dem Tod von Jason McCash entschloss Karl Simon (git./voc.) weiterzumachen, allerdings nicht unter dem Namen Gates of Slumber. So sind Wretch entstanden, welche weiterhin für erstklassigen Doom-Metal mit starker Black Sabbath-Schlagseite stehen. Wretch sind unprätentiös und machen so einfach Freude. Empfehlenswert.

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(ebenfalls ex-Mercyful Fate), Marc Graboswki (Demonica) und Sänger Sean Peck (Cage, Death Dealer). Dabei schafft es Über-Sänger Sean Peck einmal mehr, äussert variabel zu singen und sämtliche Facetten der Heavy Metal Kunst zu intonieren. So kann er als wohl einziger Metal-Sänger überhaupt King Diamond einfach perfekt ersetzen und gleichzeitig auch mal einen auf Rob Halford oder Ozzy machen (hört mal „The Wolf Feeds At Night“), ohne peinlich zu wir-ken. Das ganze Album ist sehr düster und heavy geworden, die meisten Songs sind verschachtelt und zünden erst nach zig Durchgängen. Aber genau das machte die Musik von Hank Shermann und Michael Denner schon immer aus. Und die Geduld wird schlussendlich belohnt, denn Stücke wie „Angel’s Blood“, „Son Of Satan“, „Pentagram And The Cross“ oder „Escape From Hell“ sind bärenstark und bieten einfach alles was der Fan traditioneller Heavy Metal-Kunst begehrt. Müssig zu erwähnen, dass die Gitarrenarbeit absolut genial ist und die Aufmachung (das kongeniale Artwork von Thomas Holm ist natürlich eine coole Hommage an „Don’t Break The Oath“) wie Produktion (trocken und sehr Old School) für viel Nostalgie sorgen. Metal as Metal should be!

TRICK OR TREAT Rabbits' Hill Pt. 2 Frontiers Records mv. Wie der Name schon andeutet sind Trick Or Treat grosse Verehrer von Helloween. Und die Band war tatsächlich am Anfang ihrer Karriere eine Helloween-Coverband. „Rabbits' Hill Pt. 2” ist bereits das vierte Album der Band und sie klingen eigentlich immer noch wie eine Helloween-Coverband, nur halt mit eigenen Songs. So finden sich auch auf dem neuen Album der Italiener in jeder Ecke Reminiszenzen an Helloween zu Kiske-Zeiten. Will heissen, hochmelodiöse Speed Metal-Tracks wie „Cloudrider“ (Highlight der Scheibe), „Inle“, „The Great Escape“ oder das über 10 Minuten lange „The Showdown“ sind das perfekte Ersatzfutter für alle, welche immer noch „Eagle Fly Free“ oder „The Keeper Of The Seven Keys“ nachtrauern. Klar, die ganz grosse Klasse der Originale wird nicht erreicht, aber

das schaffen ja Helloween selber auch nicht mehr. Und mit Alessandro Conti hat die Band einen Sänger in ihren Reihen, der Michael Kiske wirklich verdammt ähnlich klingt. Auf „They Must Die“ gibt Tim "Ripper" Owens (ex-Judas Priest, ex-Iced Earth) mal wieder seine eiserne Stimme für einen Gastbeitrag her während auf „United“ Tony Kakko (Sonata Arctica) als Verstärkung gewonnen werden konnte (der Song klingt dann auch fast wie eine Sonata Arctica Eigenkomposition). Zu guter Letzt gibt es zur Abwechslung noch eine lupenreine Ballade namens „Never Say Goodbye“ (ein Duett mit Sara Squadrani von Ancient Bards). Wer sich also an etwas Kitsch oder Kindermelodien nicht stört und auf Helloween, Sonata Arctica oder Avantasia steht wird hier seine helle Freude haben. Eine überraschend starke Scheibe.

BRUJERIA Pocho Aztlan Nuclear Blast/Warner lg. Ganze 16 Jahre hat sich diese Ende 80er Jahre in Los Angeles erstmals aufgetauchte Formation Zeit gelassen, um die DeathMetal/Grindcore Harke wieder auszugraben. Die mexikanischamerikanischen Brujeria um Mastermind und Sänger Juan Brujo gaben sich damals als Drogenhändler (sog. Narcotraficantes) und sangen ausschliesslich auf Spanisch, was bis heute beibehalten worden ist. Mit dabei waren solch illustre Musiker wie Dino Cazares und Raymond Herrera (beide Fear Factory) oder Billy Gould (Faith No More). Derzeit befinden sich Shane Embury (Napalm Death) und Adrian Erlandsson (At The Gates) als bekannteste Mitglieder im Line-Up. Mittlerweile ist die Musik weder richtiger DeathMetal noch Grindcore, sondern eher kaputter grooviger Metal mit einer starken StreekAttitüde. Die Songs bleiben leider nicht richtig hängen. Allerdings muss Pocho Aztlan auch im Lichte der Texte und der darin verarbeiteten Drogenstories betrachtet werden. Cool, aber nicht essentiell.



Neue Wege ip. Vor zehn Jahren haben The Answer aus Nordirland die Retrowelle des Classic Rock/Bluesrock mit ihrem fantastischen Debutalbum „Rise“ nicht nur bereichert, sondern massgeblich mit ausgelöst. Zum zehnjährigen Jubiläum entschied sich das Quartett, dieses Debut in voller Länge live aufzuführen und die Setlist mit zwei brandneuen Songs von ihren neuen Werk „Solas“ (irisch für „Licht“) zu würzen. Um hinter die Vorhänge von „Solas“ zu blicken und herauszufinden, was hinter dem Sound steckt, der wahrscheinlich vielen Erwartungshaltungen die kalte Schulter zeigen wird, traf sich TRACKS mit dem überaus sympathischen Frontmann Cormac Neeson nach ihrer Supportshow für Whitesnake in dem kleinen Tour-Van hinter dem Z7. Ihr spielt im Moment euer erstes Album „Rise“ mehr oder weniger komplett auf euren Liveshows. Wie fühlt es sich an, diese Songs mit zehn Jahren mehr Erfahrung zu spielen? Das fühlt sich ganz gut an. Ich denke, die Songs sind ziemlich gut gealtert und es spielt keine Rolle, ob sie noch zehn Jahre älter wären. Für uns und die Fans sind sie immer noch relevant. Das hatten wir damals eigentlich auch angestrebt, waren aber trotzdem noch zu jung, um ein klares Bild von allem zu haben. Insofern hatten wir echt Glück, dass jetzt, zehn Jahre später, alles so rausgekommen ist, wie wir uns das gewünscht haben. Viele der Songs haben wir seit acht oder neun Jahren nicht mehr gespielt. Es macht Spass, in der Zeit zurückzureisen, aber gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass wir ein Kapitel abschliessen. Wir mussten diese Tour mit unserem Debutalbum machen, um es aus unserem Kreislauf herauszuspielen und Platz für neue Dinge zu schaffen. Es ist Zeit für uns, vorwärts zu gehen und die Tür zu den nächsten zehn Jahren zu öffnen. „Thief Of Light“ und „Solas“ sind die beiden neuen Songs, die ihr zusammen mit denen von eurem ersten Album live spielt. Ist das nicht ein ziemlicher Unterschied, erst die straighten Rocker und danach die ruhigeren, düsteren Sachen zu performen? Ja, das ist tatsächlich ein grosser Unterschied. Ich weiss nicht, ob du bemerkt hast, dass ich „Thief Of Light“ mit geschlossenen Augen gesungen habe. Der Song ist so neu, dass ich keine Ahnung habe, ob er dem Publikum gefällt oder nicht und das beängstigt mich etwas. Bisher hat er recht gut funktioniert. Irgendwie fand ich es nicht richtig, den ganzen Sommer nur damit zu verbringen, zehn Jahre alte Songs zu spielen. Deshalb bekommt das Publikum einerseits die Gelegenheit, die alten Songs zu geniessen, kann aber gleichzeitig auch in die neuen hineinschnuppern. Wir schneiden den Leuten eine Scheibe von dem ab, was sie mit dem neuen Album erwarten können. Es wird etwas dunkler, keltischer und geht einen Schritt weg von dem, was wir seit zehn Jahren gemacht haben. Als Fan oder auch nur Hörer versuchst du jeweils herauszufinden, warum eine Band ein Album herausbringt, das so anders klingt als die vorherigen. In eurem Fall hängt seit „Rise“ ein Led Zeppelin-Schild an euren Platten. Auch, wenn Led Zeppelin selbst folkige Phasen hatten und euer neue Track „Solas“ immer noch einen starken ZepEinschlag hat: Ist das Album ein Versuch, dieses Schild endlich loszuwerden?

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Um ehrlich zu sein, war „Rise“ das einzige Album, das aus meiner Sicht nach Zep klang, weil es halt auch eklatant von ihnen beeinflusst war. Auf den folgenden Alben haben wir auf die eine oder andere Art immer versucht, eigenständig zu klingen und unserem Rock und Blues einen eigenen Stempel zu verpassen. Für viele Leute sind unsere ersten fünf Alben einfach „nur“ Bluesrockplatten. Mit diesem sechsten Album haben wir bewusst versucht, stärker von diesem „nur Bluesrock“ wegzukommen. Wir wollten eine Seite unserer Persönlichkeit zeigen, die für uns eigentlich völlig natürlich ist und sehr viel mehr als nur das blosse Verarbeiten unserer gemeinsamen Einflüsse. Bisher hatten wir das noch lange nicht ausgeschöpft. Wir wollen pokern, Chancen wahrnehmen und etwas Interessantes machen. Wenn die Leute das Interesse an einer Band verlieren, ist diese Band dem Untergang geweiht und gestorben. Hoffentlich dient uns „Solas“ als Plattform, die Leidenschaft und den Hunger weiterhin zu erhalten, die ja essenziell dafür sind, was wir tun. Ich fand immer, dass noch mehr in uns steckt als bloss VierViertel-Kram. Man kann nicht verneinen, dass „Solas“ ein grosser Sprung ins Ungewisse für uns wird. Weißt du, du musst mutig sein. Das Schlimmste, was du machen kannst, wenn du in einer Rock'n'Roll-Band spielst, ist auf Nummer Sicher zu gehen. „Solas“ ist das genaue Gegenteil davon. Ich glaube, dass Authentizität eine Band weiterbringt und damit auch Bestand haben kann. Eure ersten fünf Alben klangen genau genommen immer schon unterschiedlich. „Rise“ war der straighte Rocker, „Revival“ mit Jake E. Lee inspirierten Gitarren, Harmonica und mehrstimmigem Gesang klang wesentlich amerikanischer, und „Everday Demons“ war wieder eine Ecke härter. Auf „New Horizon“ und „Raise A Little Hell“ kann man aber schon Indikatoren ausmachen, die zu „Solas“ führen auch wenn der Sprung jetzt sehr gross ist. Wir wollten noch nie zweimal das gleiche Album machen. Oft nimmt eine Band, deren Debut gut angekommen ist, als nächstes eine identische Platte auf. Wir wollten uns davon fernhalten und immer wieder Wege finden, um uns als Band neu zu erfinden. Es wäre vermutlich einfacher gewesen, fünf ähnliche Alben wie „Rise“ herauszubringen. Das wäre aber nicht ehrlich und nicht interessant gewesen. Wenn man die Veränderungen zwischen den ersten fünf Alben als einzelne Schritte misst, dann haben wir jetzt mit „Solas“ einen ziemlichen Sprung hingelegt. Es frustriert mich ein bisschen, dass Leute, die sich nicht allzu sehr mit einer Platte beschäftigen, The Answer immer wieder als eine weitere


LIVE 28.11.2016 Pratteln, Z7 Special Guest: DEAD DAISIES

Rock'n'Roll-Band kategorisieren. Was ihr ja, genau genommen, eigentlich nicht seid. Ich weiss, dass wir das nicht sind. Manchmal gurkt mich das schon an, dass nicht mehr Menschen das wissen (lacht). Deshalb ist uns „Solas“ sehr wichtig. Leute, die uns wirklich mögen, werden merken, dass dieses Album eine natürliche Entwicklung darstellt, wenn sie auch dieses Mal ziemlich gross ausfällt. Nach einigen Hördurchgängen haben sich neben Rock- und Blueselementen auch Alternative- oder Indiemomente herauskristallisiert. Nicht zu vergessen „Battle Cry“, der sich mit Samba-Verstärkung als Schlüsselmoment des Albums erweist. Damit liegst du völlig richtig. Musikalisch und textlich beinhaltet der Song ziemlich viel davon, was das ganze Album erreichen will. Er fängt mit einer Akustikgitarre an und wir haben mit mehreren Gitarrenspuren den Song aufgebaut und Dynamik hineingepackt. Es gibt einen gälischen Gesangspart und der Schluss gehört einer Sambatruppe aus Belfast, die wir eingeladen haben. Der gälische Gesangpart ist der Geburt meines Sohnes gewidmet, der vor anderthalb Jahren zur Welt kam. Da dieses Ereignis aufgrund vieler Schwierigkeiten mit Sorge und Angst verbunden war, wurde diese Zeit für mich der schlimmste Albtraum meines Lebens. Meine Frau und mein Sohn haben es aber glücklicherweise geschafft und dieser positive Aspekt macht den Grundton auf „Solas“ aus und „Battle Cry“ ist tatsächlich die Essenz von all dem. Wie würdest du jemandem, der mit keltischer und irischer Musik rein gar nichts zu tun hat, diese erklären, um „Solas“ verstehen zu können? Die irische Musikszene ist sehr stark. Es gibt eine Menge cooler Bands, obwohl eine Menge Leute das Wort „cool“ nie mit irischer Musik verbinden würden (lacht). In den Sechzigern haben Hippies mit langen Bärten diese verschwurbelte Musik gespielt und damit die Wurzeln für alle Enyas, Clannads und

Sinead O'Connors gelegt. Dann kamen die Hothouse Flowers oder Damien Dempsey, die bei uns grosse Rockstars sind. Viele meiner Freunde machen irische Musik und ich besuche jedes Jahr einige Festivals. Mit meiner Frau gehe ich jedes Jahr zwischen Weihnachten und Silvester zu einem Festival, wo neben dem Venue eine Bar und ein Hotel ist. Alle Besucher und Musiker gehen nach den Konzerten geschlossen in die Bar und danach ins Hotel, um weiterzufeiern. Da sind regelmässig alle so was von blau, aber jeder hält durch, bis die Sonne wieder aufgeht. Und das ist ziemlich spät an einem irischen Wintermorgen (lacht). Irische Musiker feiern härter als mancher Rockmusiker. Das ist unsere kleine Szene und damit bin ich aufgewachsen. Du hast es eingangs schon angesprochen: Wie wollt ihr „Solas“ auf die Bühne bringen? Es gibt so viele Arrangements, die ihr als klassischer Vierer so gar nicht eins zu eins spielen könnt. Neben „Battle Cry“ dürfte auch „Beautiful World“ eine Herausforderung werden. Hast du sämtliche Vocals selbst eingesungen? Ja (lacht). Auf einigen Songs bin nicht nur ich zu hören, sondern auch Micky (Waters, bass). Aber auch eine gute Freundin von uns, Fiona O'Kane, hat zum Beispiel auf „Real Life Dreamers“ einige Lines eingesungen. Aber auf „Beautiful World“ habe nur ich gesungen. Tatsächlich? Beim ersten Durchgang dachte ich, die hohe Stimme gehört zu Skin von Skunk Anansie. Echt (lacht)? Das mag ich! Skin ist eine grossartige Sängerin. Skunk Anansie fand ich immer schon gut und ich mochte Skins Art, wie sie zweistimmige Vocals gesungen hat. „Beautiful World“ haben wir mit Neil Davidge, einem der Songwriter von Massive Attack, geschrieben. Er arbeitet auf einer komplett anderen Baustelle als The Answer und wir mussten versuchen, die beiden Stile miteinander zu verknüpfen und uns irgendwo in der Mitte treffen, um etwas ganz eigenständiges daraus zu erschaffen. Das live zu

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spielen? Ich habe noch keine blasse Ahnung, wie wir das machen wollen (lacht). Dafür ist der September da. Ich denke, wir müssen die Songs so nah am Album belassen, wie es geht. Die komplette Produktion und der Sound ist ein grosser Teil davon, was wir mit „Solas“ sagen wollen. Gib mir noch ein bisschen Zeit (lacht). Ich bin gespannt auf den Gig im November. Auf dem Album ist ein Song namens „Untrue Color“, den David Bowie hätte schreiben können. Ok (lacht)! Wir sitzen heute nicht im regulären Tourbus. Normalerweise sind wir damit unterwegs und feiern nach der Show noch ein bisschen. David Bowie wird bei diesen Anlässen SEHR oft gespielt. Insofern ist das wohl wieder einer dieser Einflüsse und versteckten Leidenschaften, die sich mit auf „Solas“ geschlichen haben. Wenn du dich nicht so ausdrücken darfst, wie du willst und alles an Einflüssen benutzen kannst, dann ist das doch Scheisse. Warum tun wir das denn sonst? Ihr seid jetzt zu dem berühmten Moment gekommen, an dem man sagt: Wir tun jetzt, was wir wollen. Weißt du, wir haben nichts zu verlieren. Es ist ja nicht so, als wären wir AC/DC, die jeden Abend in einem ausverkauften Stadion spielen. Wenn AC/DC das tun würden, worauf sie wirklich Bock hätten, gäbe es einen Bügerkrieg (lacht). Erinnerst du dich an „Lulu“, die Platte, die Metallica mit Lou Reed aufgenommen haben? Oh, ja! Ach, Metallica haben sich ihren Platz ja längst erspielt. Das ist nicht ganz so ein strenges Regiment wie bei AC/DC. Aber wir haben über die letzten Jahre fünf erstklassige Rock'n'Roll-Scheiben aufgenommen und schulden diesem Genre gar nichts. Wir schulden uns selber aber eine Platte, die unsere Flamme am brennen hält und uns weiterhin gute Musik aufnehmen lässt, an der andere Leute Spass haben können. Wenn ich das nächste Mal mit dir rede, dann spielen wir hoffentlich in Stadien und ich sage zu dir: „Wir werden noch mal eine Platte wie „Solas“ aufnehmen! Es hat geklappt!“ (Gelächter) Ich hoffe, ich muss euch nie in Stadien sehen, weil ihr viel besser in Clubs passt. Stimmt. Wir sind ganz gut für solche mittelgrossen Venues wie heute hier im Z7. Es ist immer noch klein genug, um familiär zu sein, aber auch gross genug, um sich gross zu fühlen. Ich spiele gerne vor einem grossen Publikum. Aber ich mag auch die Intimität im Dialog mit einem kleinen Publikum. Versteh mich nicht falsch: Ich würde euch den Haufen Geld mehr als gönnen, den ihr bei Stadiumshows verdienen würdet. Oh, danke (lacht)! Das würde ich auch gerne verdienen. Aber letztlich ist egal, wo wir auftreten; wir geben immer alles. Wir haben bestimmt schon jede verfügbare Grösse an Venues durchgespielt, vom Stadion bis zu winzigen Clubs. Das einzige, was du wirklich tun kannst, um glaubwürdig und für das Publikum beständig zu sein, ist, immer alles zu geben und die Leute mit Respekt zu behandeln. Da spielt es überhaupt keine Rolle, ob es drei oder 50'000 Leute sind. Sie bezahlen Geld und reisen an, um dich zu sehen. Und dann verdienen sie es auch, unterhalten zu werden. Willst du ein warmes Bier? Gerne, danke. War das nicht die englische Art, ein Bier zu trinken? (lacht) Nee, das ist die „Wir haben keinen verdammten Kühlschrank in diesem armseligen Van“-Art ein Bier zu trinken! Ich weiss nicht mal, was für Bier das ist (reicht mir eine tschechische Flasche). Aber es ist warm, lass es uns trinken! Cheers. Verglichen mit anderen Bands seid ihr, vor allem auf der Bühne, sehr ehrliche und erdige Handwerker. Ich könnte auf der Bühne nie einfach nur rumstehen, damit meine Frisur nicht verrutscht. Ich springe immer rum wie verrückt und der Grund dafür ist, dass ich jedes Mal so aufgeregt bin, live zu spielen. Unsere Musik zu spielen ist für mich das Beste. Wir machen das seit über zehn Jahren und es erstaunt mich immer wieder, dass ich mein Geld damit verdienen kann. Ich werde in Interviews immer wieder danach gefragt, ob wir denn den Erfolg haben, den wir verdienen. Ich messe Erfolg aber nicht nach Quantität, sondern nach der Möglichkeit, Songs als Lebensunterhalt schreiben zu können und da rauszugehen, um Menschen glücklich zu machen. Das bedeutet mir unglaublich viel.

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Dann bin ich wirklich sehr gespannt auf eure Show im November. Ich weiss zwar immer noch nicht, wie wir unsere Songs spielen werden (lacht), aber wir freuen uns auch! Es wird interessant werden, wie die Songs von „Solas“ auf der Bühne klingen. Wir werden voll auf Stadionrock setzen (Gelächter)! Mit fünf Gastmusikern und einem Orchester. Ach, wir mieten einfach die Jungs von Whitesnake als Backing Band (lacht).

THE ANSWER Solas Napalm Records/Universal ip. The Answer haben in den letzten zehn Jahren in erster Linie als Classic/Blues/Rockband von sich reden gemacht. Mit dem Debut „Rise“, das bis heute das vermutlich meistgeliebte bei den Fans ist, verdiente sich das nordirische Quartett euphorische Lorbeeren, musste sich allerdings auch einen Led Zeppelin-Gedenk-Stempel aufdrücken lassen. Versuche, dieses Brandzeichen auf den folgenden Alben loszuwerden, verpufften oft im Nichts. Das lag vor allem daran, dass viele Hörer, und vor allem Kritiker, sich nicht mit den Klängen zwischen den Zeilen beschäftigten, sondern lieber den Nachhall von „Rise“ auszumachen versuchten. Dass sich jedes folgende Album in irgendeiner Form an ihrem Debut messen lassen musste, war nicht nur inhaltlich unfair sondern ermüdete auch die Band. „Solas“ scheint nun der nächste Schritt, das Zep-Erbe hinter sich zu lassen. Obwohl der Titeltrack immer noch stark vom britischen Mutterschiff beeinflusst ist, wird danach schnell klar, dass The Answer einen ziemlich grossen Schritt in eine andere Richtung gemacht haben. Neben der Rockmusik, die immer das Kernstück ihrer Arbeit sein wird, finden sich auf diesem Album Alternative- und Indiemomente („Beautiful World“), Country/Americana-Anleihen („Being Begotten“, „Demon Driven Man“), avantgardistische Klänge mit 80er Keyboards in „Untrue Color“, das auch David Bowie sehr gut gestanden hätte, oder Mandolinen-Folk mit der wunderbaren Halbballade „In This Land“. Hört man sich „Solas“ an, weil man nach wie vor nach „Rise“ sucht, sollte man sich besser direkt das Debut anhören. Hört man sich „Solas“ in dem Wissen an, dass The Answer immer schon eine Experimenten aufgeschlossene Band war, die auch immer schon verschiedene Einflüsse verarbeitet hat, dann eröffnet sich einem ein wunderschönes Album mit vielen Überraschungen. „Solas“ ist hypnotisch, dunkel, aber auch, und das vor allem, aufbauend und optimistisch. Das Herzstück des Albums ist das sechsminütige „Battle Cry“, das inhaltlich Sänger Cormac Neesons kleinem Sohn und seinen schweren ersten Schritten auf dieser Welt gewidmet ist. Eine aus Belfast stammende Sambatruppe unterstützt den lebensfrohen Song mit entsprechenden Rhythmen und hinterlässt damit beim aufgeschlossenen Hörer gute Laune. „Solas“ ist mutig, verspielt und fragt nach der Aufmerksamkeit und Offenheit der bisherigen The AnswerFans. Möglicherweise benötigt man mehrere Anläufe. Aber wer sich über „Rise“ hinwegsetzt und sich erwartungslos auf die Reise durch die elf Songs begibt, der bekommt ein grossartiges Rockalbum einer Band, die weit mehr zu bieten hat, als den von ihnen bisher bekannten Classic Rock. Die Progressivität wohnte den vier Nordiren schon immer inne, doch jetzt haben sie den Mut gefunden, den Wurzeln ihrer Musikalität eine Form zu geben und weitere Türen zu ihrem Spektrum zu öffnen. Ein wildes und wunderbares Album.


Im dritten Frühling Der Gitarrist und Mastermind von Fates Warning, Jim Matheos, ist nicht für laute Töne und grosse Sprüche bekannt. Doch er ist ein äusserst entspannter und interessanter Interviewpartner, der dem Zuhörer seine Band näherbringt, welche als nichts weniger als eine der Referenztruppen des Progressive Metal durchgeht. TRACKS konnte Jim im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des neues Knallers "Theories Of Flight" auf den Zahn fühlen und lg. Fates Warning, 1983 im US-Bundestaat Connecticut gegründet, sind somit seit über 30 Jahren aktiv und haben verschiedenste Bandphasen durchlebt. Anfangs war die Band noch recht an Iron Maiden angelehnt (so auf dem Debüt "Night on Bröcken"), doch man begab sich zunehmend in komplexere und filigranere Songstrukturen, welche auf dem grossartigen dritten Album "Awaken The Guardian" (1986), das von nicht wenigen Metal-Afficionados als bestes Metal-Album aller Zeiten angesehen wird, ihren Höhepunkt fanden. Nach dem Ausstieg des ersten Sängers John Arch ging es für Fates Warning mit dem Texaner Ray Alder an den Vocals weiter, der nicht minder talentiert ist und bis heute bei der Band ist. Viele Alben aus der Zeit mit Alder gelten zu Recht als Klassiker ("Perfect Symmetry", 1989; "Parallels, "1991" oder auch "A Pleasant Shade Of Grey", 1997). Nach späteren etwas durchzogenen Alben erstarkte die Band mit "Darkness In A Different Light" (2013) wieder und durchlebt mit dem soeben erschienenen "Theories Of Flight" nun ihren dritten Frühling. Auf die Frage nach den aus seiner Sicht drei wichtigsten Alben von Fates Warning lässt Jim Matheos erwartungsgemäss die Frühphase der Band aus, zu welcher er nach wie vor ein gespaltenes Verhältnis hat. "Jedes Album ist/war auf seine Art wichtig, doch ich nenne hier "Parallels", "A Pleasant Shade Of Grey" sowie die neue Scheibe." Die dritte Scheibe der Band, "Awaken The Guardian" gilt ja als absoluter Genreklassiker. Wie steht denn der Mastermind zu diesem Album? "Klar, es ist ein Meilenstein und mit "Awaken The Guardian" sind wir als Band zusammengewachsen, nachdem die ersten Scheiben etwas gar naiv waren. Zudem habe ich mich im Zusammenhang mit den vor Kurzem absolvierten ausgesuchten Gigs von Fates Warning in der damaligen Besetzung das Material wieder vermehrt anhören müssen." Die Scheibe wurde von Fates Warning in der damaligen Besetzung, d.h. neben Matheos mit John Arch am Gesang, Frank Aresti an der zweiten Gitarren, Joe Di Biase am Bass und Steve Zimmermann am Schlagzeug am diesjährigen Keep It True Festival, eines der renommiertesten Anlässe weltweit für traditionellen Metal aus den 80er Jahren, komplett gespielt. Auch ein Auftritt in den USA hat stattgefunden. "Ich war selber erstaunt, wie heavy die Scheibe auf der Bühne herübergekommen ist. So war es damals auch beabsichtigt. Allerdings war die Scheibe schlecht produziert. Zudem war es für mich und meinen damaligen Bandkollegen eine grossartige Erfahrung, wieder zusammen auf der Bühne stehen zu dürfen und die Scheibe am Stück zu spielen", so Jim, der den Auftritt am diesjährigen Keep It True trotz seines gespaltenen Verhältnisses zum Album offenbar sehr genossen hat. Angesprochen auf seine Haupteinflüsse, welche ihn zum Musikmachen animiert haben, nennt Jim Bands wie Emerson, Lake & Palmer, Rush, UFO, Uriah Heep, Genesis oder Black Sabbath. Interessant ist zu wissen, dass Jim eigentlich Keyboarder werden wollte, doch es war billiger, sich eine

Gitarre anzuschaffen. Daran schliesst die Frage an Jim nach seinen fünf Lieblingsalben. Seine Liste liest sich folgendermassen: Pink Floyd – The Final Cut, Tangerine Dream – Phaedra, Black Sabbath – Sabbath Bloody Sabbath, Shadowfax – Folksongs For A Nuclear Village sowie Joaquin Rodrigo – Concerto De Aranjuez. Das ist in der Tat eine sehr abwechslungsreiche Auswahl, die praktisch jegliche Grenzen sprengt – von Klassik bis Metal ist da alles dabei. Jim bezeichnet seine Gitarre und Musik im Allgemeinen als seine besten und treuesten Begleiter. Nach einer neunjährigen Pause zwischen "FWX" (2004) und "Darkness In A Different Light" scheinen sich nun die Dinge bei Fates Warning wieder schneller zu bewegen. "Wir haben gerade einen guten Arbeitsrhythmus, haben viel Live gespielt und die Songs sprudelten nur so aus mir heraus, so dass es relativ einfach war, schon jetzt den Nachfolger am Start zu haben". Zu einzelnen Songs der neuen Scheibe "Theories Of Flight" mag sich Jim weder betreffend Musik noch Texte zu äussern, doch er bezeichnet den alles überragenden Long-Track "The Light And Shade Of Things" als seinen Favoriten. Songs werden im Hause Fates Warning seit Jahren gleicht kreiert. Die Band lebt ja recht verteilt: Jim wohnt im Bundesstaat New Hampshire, Bassist Joey Vera in Los Angeles, Drummer Bobby Jarzombek ist in Texas, während Sänger Ray in Madrid lebt. Wie früher komponiert Jim einen Song, der dann an Ray geschickt wird, der an den Gesangslinien und den Texten feilt. Der Endschliff kommt dann vom Rest der Band. Was früher mittels Tape oder DAT lief, geht nun mittels dem Versand von Dateien, erklärt Jim. Aufgefallen ist, dass Fates Warning mittlerweile nur noch zu viert agieren. Ur-Gitarrist Frank Aresti taucht nicht mehr im Line-Up auf. "Frank hat Familie und wollte nicht zu oft auf Tour gehen. Auch ist es schwer, mit einer Band wie Fates Warning seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Mit tut es leid, denn er ist ein sehr guter Freund und er wird immer zur Band gehören. Allerdings haben wir mit dem gut dreissigjährigen Michael Abdow einen sehr guten Ersatz am Start, der uns Live unterstützt", so Jim. Im Übrigen steuerten sowohl Frank wie auch Michael Gastsoli auf "Theories Of Flight" bei. Betreffend Tourplänen, um das neue Fabelwerk entsprechend vorzustellen, ist leider noch wenig konkret. Als Optionen stehen entweder ein Support Slot für eine bekanntere Band oder dann eine Headliner-Tour zur Auswahl. Klar ist allerdings, dass Fates Warning Europa einen Besuch abstatten werden. Bis dahin kann man die neue Glanztat vorwärts und rückwärts hören, denn auch nach dem hundertsten Durchlauf wird "Theories of Flight" nie langweilig.


«Wir können nicht immer nur nehmen. Wir dürfen nicht damit aufhören, zu geben.»

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ip. Nikki Sixx ist und war seit jeher ein Arbeitstier. Ruhestand ist nichts für den Bassisten, Songwriter, Fotografen und Radiomoderatoren, der letztes Jahr das gloriose Ende seiner Band Mötley Crüe gefeiert hat. Mit Sixx:A.M. war er über die letzten neun Jahre bereits parallel zu seiner bisherigen Hauptband unterwegs und konnte mit „The Heroin Diaries Soundtrack“, „This Is Gonna Hurt“ und „Modern Vintage“ die ersten drei Alben erfolgreich in den Charts platzieren. In diesem Jahr erscheint mit „Prayers For The Damned“ ein Doppelalbum, das zu zwei unterschiedlichen Daten veröffentlicht wird. Mit DJ Ashba, der nicht nur als Gitarrist mit Künstlern wie Guns'n'Roses oder Neil Young zusammengearbeitet hat, und Sänger James Michael, dessen Produzenten- und Songwritingkarriere ihn durch die Vita von

unter anderem den Scorpions, Alanis Morissette oder Meat Loaf geführt hat, konnte Sixx zwei Brüder im Geiste finden. Das Trio, das live durch Drummer Dustin Steinke verstärkt wird, ist eine eingespielte Einheit und schüttelt Qualitätssongs in atemberaubender Geschwindigkeit aus dem Ärmel. Nikki Sixx ist aber vor allem auch ein sehr eloquenter Gesprächspartner, der aus einem riesigen Erfahrungsschatz das eine oder andere Juwel an Einsichten zu Tage fördert. Dass er sich, trotz seines Status', nicht zu schade dafür ist, mit Sixx:A.M. Supportshows für Korn oder Megadeth zu spielen und statt „ich“ nur „wir“ sagt, gibt einen Einblick zwischen die Zeilen eines gefeierten Rockstars, der zwar äusserst professionell agiert, aber sich selbst eigentlich nur als Musiker sieht und Spass am Rock'n'Roll hat.


Ihr habt zum jetzigen Zeitpunkt bereits einige Festivals hier in Europa gespielt. Wie lief das? Nikki Sixx: Grossartig! Wir haben ja bisher sehr wenig getourt, aber während der letzten beiden Monate, in denen wir unterwegs waren, viel darüber gelernt, wer wir als Band sind. Wir haben ein ganz gutes Songrepertoire, auf das wir zurückgreifen können. Insofern sind wir in der Lage, einen Headlinergig von 90 Minuten aber auch kurze Supportshows zu spielen. Was gut ist, denn da bringst du alles kurz und knapp auf den Punkt. Wir haben bisher mit Korn, Megadeth, Shinedown oder Ghost gespielt und das ist ziemlich aufregend für uns. Wir treten vor recht jungem Publikum auf, was grossartig ist. Und vor allem haben wir herausgefunden, dass uns auch die Fans der härteren Bands mögen. Wir waren uns diesbezüglich nicht ganz sicher, ob das funktionieren würde, da wir zwar mit fettem Gitarrensound arbeiten, aber eben auch sehr melodiös sind. Deshalb waren wir uns erst etwas unsicher, waren aber der Idee gegenüber immer offen eingestellt. Als wir dann auf den Metalfestivals während unserer Show an die Seiten der Bühne geschaut haben, standen da die ganzen Bands und haben mit uns mitgerockt. Das war echt grandios. Verglichen mit deiner vorherigen Band Mötley Crüe, mit denen du Stadien gefüllt hast, spielst du nun wieder Supportshows in Clubs und fängst quasi noch mal von vorne an. Ja! Und ich liebe es! Mit Sixx:A.M. spielen wir um jede Uhrzeit des Tages! Neulich waren wir schon um ein Uhr mittags dran. Wir spielen überall, ob das 25'000er Stadien oder Clubs für 1'000 Leute sind! Auf dieser Tour haben wir ja auch ungefähr zwanzig eigene Headlinershows, da ist also für jeden was dabei. Nachdem wir letztens vor 45'000 Leuten in Philadelphia aufgetreten waren, haben wir direkt danach in einem kleinen Club vor 400 Leuten gespielt. Draussen standen 5'000 weitere, die nicht reinkommen konnten. Also standen wir bei der ersten Show 45 Minuten, bei der kleineren dann zwei Stunden auf der Bühne und sind dann raus auf den Parkplatz, um eine Akkustikshow im Regen zu spielen. Alles am selben Tag. Solche Shows nennen sich „Hit & Runs“. Solche Shows nennen sich „harte Arbeit“! Nee, irgendwie ist das nicht so schlimm, wie es sich vielleicht anhört. Wir wollen einfach spielen. Im Tourbus sitzen wir zusammen und jammen irgendwelche Songs von anderen Bands, die uns gefallen. Wir schreiben konstant an

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eigenen neuen Songs und feilen an den Arrangements und Sounds. Das macht uns Spass! Nimmt dir Sixx:A.M. den Druck, den du vorher mit Mötley Crüe hattest? (überlegt kurz) Ego ist der einzige Druck, den du hast. Wenn du kein Ego hast, hast du auch keine Probleme (schmunzelt). Neben dir sind mit DJ Ashba und Sänger James Michael zwei weitere sehr gute Musiker und Produzenten in der Band. Wo könnt ihr euch, als gestandene Profis, noch unterstützen und wie arbeitet ihr zusammen, um das Beste aus Sixx:A.M. zu holen? Wir haben eine einzige Regel und die heisst „Niemals nein sagen“. Wenn ich mit einer Idee ankomme, sagt keiner von den anderen „Hä? Soll das ein Witz sein?“ oder „Hab ich nicht verstanden“ oder „Find ich Mist“. DJ sagt „Spiel das noch mal“, klimpert was auf der Gitarre dazu und James fängt an, dazu zu singen. Als nächstes findet sich ein cooler Groove und die Ideen von allen fangen an zu sprudeln. DJ stimmt vielleicht die Gitarre runter oder will das Ganze auf A spielen und auf einmal hast du aus einer vielleicht vollkommen simplen Idee eine Hitsingle zusammengebastelt, was ursprünglich gar nicht die Intention war. „Nein“ ist keine Antwort. Wenn der Song gar nicht die Chance bekommt, sich zu einem guten zu entfalten, dann landet eine vielleicht grossartige Idee einfach in der Tonne. Als wir die 30 Songs auf die beiden Alben verteilt haben, waren einige Songs erst auf der anderen Scheibe, dann haben wir sie wieder auf das erste Album verschoben. Wir geniessen und mögen es, Dinge geschehen lassen zu können. Wir vertrauen uns gegenseitig genügend, um zu wissen, dass nichts schiefgeht. Es kommt vielleicht mal vor, dass ein Song nicht so der Reisser ist. Aber dann kann man das auch sagen, ohne dass die Gefühle der anderen sofort verletzt sind. Dann heisst es einfach: Ok, schreiben wir einen neuen. Du warst in deiner alten Band verantwortlich für einen grossen Teil des Songwritings. Gibt dir Sixx:A.M. diesbezüglich mehr Freiheiten? Es ist anders. Für das Songwriting an sich ist es ein Unterschied, ob du alleine oder zu zweit oder mit allen einen Song schreibst. Es liegt an der Chemie. Wenn jeder in dieselbe Richtung schaut, dann ist die Arbeit mit sehr wenig Aufwand verbunden. Wenn die anderen Bandmitglieder in verschiedene Richtungen wollen, dann wird es schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Ich glaube, bei


Mötley hatten wir alle unsere eigenen Ideen, die nicht richtig zusammenfanden. Wahrscheinlich haben wir deshalb zum Ende hin auch nicht mehr so viel Musik zusammen gemacht. Das soll nicht heissen, dass es deshalb schlechter ist. Es ist nur ein Unterschied, ob einer in der Band einen anderen Geschmack als du hat und man dann in verschiedene Richtungen geht. Was war der Plan dahinter, ein Doppelalbum zu veröffentlichen? Plattenverkäufe sind ja mittlerweile nicht mehr Priorität für Bands und Labels, also ist das schon ein recht mutiger Schritt. Genau aus dem Grund haben wir das gemacht. Albumverkäufe sind im Keller und viele Bands oder Künstler veröffentlichen nur einen oder zwei Songs. Wir haben uns gedacht: „Vergiss die Musikindustrie, vergiss Plattenverkäufe, vergiss dich selber. Wem wollen wir gefallen?“ Die Antwort darauf war schlicht: „Uns“. Ich wäre echt enttäuscht gewesen, wenn wir nur einzelne Songs veröffentlicht hätten und habe mich gefragt, warum wir uns die viele Arbeit denn sonst antun sollten? Was wollen die Fans? Sie wollen Musik! Ob wir jetzt mehr oder weniger Fans haben, ist nicht meine Hauptsorge. Meine Hauptsorge ist, dass die Fans, die wir ja haben, auch ein Album in die Hand kriegen sollten, von dem sie sagen können: „Das ist meins!“. Und wir können in diesem Jahr sagen: „Hey, hier kriegst du noch eins!“ und müssen nicht zwei läppische neue Songs auf in fünf Jahren verschieben. Wir wollen Musik machen. Wir sind Musiker! Wir müssen zu diesem Gedanken zurückfinden, dass wir MUSIKER (betont das Wort) sind. Wir sind Komponisten, Produzenten, Performer, Künstler. So lange das in unserem Bewusstsein bleibt, wird sich alles andere von selber erledigen. Auch die Plattenindustrie wird sich irgendwie wiederherstellen. Wir haben alle unsere Wünsche und Pläne, ein Teil von etwas Grossem zu sein. Das funktioniert aber nicht immer zwangsläufig über die Fans. Deshalb habe ich damit aufgehört, auf allen Kanälen immer präsent zu sein, ausser mit meiner Radioshow, in der ich unter anderem auch Newcomer vorstelle, um sie einem breiteren Publikum zu präsentieren. Das sind Dinge, die wir tun, um etwas zurückzugeben. Wir können nicht immer nur nehmen. Wir dürfen nicht damit aufhören, zu geben. Was für eine Verbindung haben „Prayers For The Damned Vol.1“ und „Vol.2“? Sie wurden zur selben Zeit und parallel zueinander geschrieben. Wir haben keine zwanzig Songs aufgenommen und gesagt, dass 15 davon gut sind und wir noch ein paar mehr brauchen, um ein Doppelalbum davon zu machen. Einige von den Songs haben sich überhaupt nicht mit anderen vertragen. Da gibt es den Song „Helicopter“, der auf dem zweiten drauf ist, und der war im Krieg mit einem anderen Song, der dann auf dem ersten Album Platz genommen hat. Die beiden standen im Wettstreit miteinander und haben dadurch ihre eigene Persönlichkeit entwickelt. Das war die Grundidee dahinter, die Songs zu trennen und auf zwei verschiedenen Alben zu veröffentlichen. Aus unserer Sicht gibt es keine Songs, die ein zweites Album hätten auffüllen sollen und deshalb zweitklassig wären. Auf dem ersten Album war zumindest keiner auszumachen. So sehen wir das auch (grinst). Das hört sich vielleicht ein bisschen abgeschmackt an, aber mir gefällt vor allem der Titeltrack sehr gut. Mir auch! Ich liebe ihn! Er ist sehr subtil episch. Genau! Erst dachten wir, das wird eine Ballade, aber das ist er nicht. Es ist ein sehr interessanter Song geworden. Wie hat dein neuer Sänger deine Art des Komponierens beeinflusst? James ist so ein phänomenaler Sänger! (Sixx unterbricht kurz, da Korn ihren Soundcheck begonnen haben und damit die weitere Audioaufnahme des Interviews, das vor dem Z7Eingang stattfindet, sabotieren. „Das sind Korn. Sie sind so verdammt laut (lacht anerkennend)! Unfassbar!“) James ist für mich ein grosser Einfluss auf das Songwriting. Er ist so offen und fliesst mit seinen Melodien in einem Song mit. Und er ist ein superber Texter. Eine meiner grössten

Leidenschaften ist das Wort. Und James insofern als Partner zu haben, ist einfach gross. Auch DJ als Partner an der Gitarre ist wunderbar. Die Melodien, die er schreibt, inspirieren James zu seinen Melodien und umgekehrt beeinflussen sie einander und mich. Wir sind eigentlich andauernd re-inspiriert von dem jeweils anderen. Das ist ein sehr produktiver und schöner Prozess. Wir könnten jetzt alle in einem Kreis sitzen und du kuckst uns für zehn Minuten zu und fragst dich dann, wie um Himmels Willen das so gut funktionieren kann. Wir sind in der Lage, Songs zusammen zu schreiben, weil wir es einfach zulassen. Manchmal ist auch ein schlapper Song dabei, aber immerhin wurde er zum Leben erweckt. Das ist, was wir tun: Wir machen Musik. Ich schreibe nicht für ein bestimmtes Format oder ein Genre und ich schreibe auch nicht nach einer bestimmten Formel. Wir machen das, weil wir es lieben und weil die Fans Musik verdient haben. Nächstes Jahr feiert ihr schon euer zehntes Jubiläum. Ist das nicht verrückt? Allerdings! Dieses Jahr seid ihr sehr viel unterwegs und bringt ein Doppelalbum heraus. Was kann da noch in der Schachtel stecken, um den zehnten Geburtstag gebührend zu feiern? Wir haben bereits viele Angebote, um noch einmal in grösserem Rahmen nach Europa zu kommen. Wir arbeiten auch schon an einer nächsten Platte. Ich muss nächstes Jahr an meiner Schulter operiert werden, da ich einen Schultersehnenriss habe, dessen Ursprung in einem lange zurückliegenden Autounfall liegt. Die vielen zertrümmerten Gitarren haben das leider auch nicht besser gemacht und mittlerweile ist es so schlimm, dass ich das erledigen lassen muss. Wenn die Operation durch ist, werden wir uns um das nächste Album kümmern. Eigentlich haben wir das übrigens schon getan. Und eigentlich gibt es schon einen Arbeitstitel und wir sind bereits am Artwork. Echt? (lacht) Irre, oder? Das Ding kommt erst irgendwann 2017 raus, aber ist schon fast fertig. Das geht echt schnell bei euch. Das geht echt schnell. Und wir wollen nicht aufhören. Eigentlich wollten wir innerhalb von zwei Jahren vier Alben veröffentlichen. Unsere Firma hat allerdings etwas dagegen und will, dass wir zwischendurch eine Pause machen, damit sich unser Material bei den Fans etwas setzen kann. Sie meinten, dass wir ruhig nur eine Show pro Tag spielen könnten. Es müssten nicht immer drei sein (lacht). Und unsere Roadcrew sagt: „Ihr müsst jetzt ins Bett.“

«Ego ist der einzige Druck, den du hast. Wenn du kein Ego hast, hast du auch keine Probleme» Nikki Sixx


mv. The Dead Daisies sind eine der wenigen Supergroups, die nicht nur grosse Namen sondern auch essentielle Musik schreiben und mit ihrem schweisstreibenden Classic Rock zu begeistern wissen. Das kommt sicher daher, dass die Band auch wirklich zusammen Musik macht und eben nicht wie bei vielen anderen solcher Gruppen ein externer Songwriter ein paar gute Songs für grossen Namen schreibt, welche sich dann nicht einmal im Studio über den Weg laufen. Hier wird noch zusammen gerockt und das Resultat kann sich auf der Bühne wie auch auf der neuen CD „Make Some Noise“ mehr als hören lassen. Die hochkarätige Besetzung bei diesem bereits dritten Album der Band besteht aus Sänger John Corabi (Mötley Crüe), Basser Marco Mendoza (Thin Lizzy, Whitesnake), Schlagzeuger Brian Tichy (Ozzy Osbourne, Foreigner) sowie den beiden Gitarristen David Lowy (Red Phoenix) und Doug Aldrich (Whitesnake, Dio). Alles weitere erzählt uns Sänger John Corabi in einem relaxten Gespräch vor dem Schweizer Konzert in Zürich. John, erstmal Gratulation zum neuen Album, welches wirklich sehr stark und furios geworden ist. Viele Fans werden wohl etwas überrascht ein, wie heavy und gitarrenlastig das Ganze geworden ist. Wo siehst Du die Unterschiede zum letzten Album und warum plötzlich so viel Power und Heavyness? Also ich liebe die letzte Platte ebenfalls, aber als Dizzy (Reed) und Richard (Fortus) zurück zu Guns'n'Roses gingen, entschieden wir als Band, von nun an auf einen Keyboarder zu verzichten und auf klassischen Rock der Marke Aerosmith oder AC/DC zu setzen. Also vermehrt Gitarren, Bass und Gesang im Vordergrund, einfach rocken ohne Schnörkel. Wir sind so jetzt auch live auf der Bühne einen Zacken härter und aggressiver geworden, was unserer Show nur gut tut. Gut dass Du Aerosmith erwähnst. Denn diese Band hat man beim Anhören des neuen The Dead Daisies Albums

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immer wieder im Kopf und ist somit sicher ein grosser Einfluss gewesen für Euch? Aerosmith ist für alle von uns eine der ganz grossen Bands. Marti Frederiksen, der unsere Platte produziert hat und ja für seine Arbeit mit Aerosmith berühmt ist, hat uns vermutlich auch etwas in diese Richtung gebracht, ohne dass dies so geplant war. Es passierte einfach ganz natürlich. Meine Lieblingsbands sind Beatles, Led Zeppelin und eben Aerosmith und das hört man am Schluss natürlich immer. Der meiner Meinung nach beste Song auf dem Album und das Stück mit am meisten Hitpotential ist „Song And A Prayer“. Habt ihr da bewusst versucht, einen Hit für's Radio zu schreiben? Es ist lustig, wir haben das beim Songwriting überhaupt nicht so gesehen. Aber tatsächlich waren Plattenfirma, Manager oder andere Leute im Umfeld alle sofort gleichermassen von


diesem Stück sehr überzeugt. Es scheint also tatsächlich der Song zu sein, der wirklich allen gefällt und etwas heraussticht. Mir persönlich gefällt „Mainline“ noch absolut super, da er dieses sehr kräftige Riff hat und live voll abgeht. Aber meine Lieblingssongs wechseln eigentlich jeden Tag (lacht). Bist Du eigentlich auch immer noch selber ein Fan von anderen Bands oder eher auf Deine Band und Projekte fokussiert? Also ich liebe vor allem den alten Classic Rock. Ich habe ja auch noch eine Soloband, wo mein Sohn übrigens am Schlagzeug sitzt. Und er spielt mir immer wieder neue Bands vor, viele Sachen davon sind sehr heavy. Aber mein Ipod ist schlussendlich halt immer noch gefüllt mit den alten Bands, die ich seit früher so geil finde. Sachen wie Humble Pie, Jethro Tull, Aerosmith, Led Zeppelin, Beatles oder Queen. Aber ich finde trotzdem auch einige neue Bands richtig gut. Zum Beispiel Inglourious, mit welchen wir schon zusammen einige Shows spielten. Rival Sons oder The Answer sind ebenfalls sehr starke Bands, welche den guten alten Classic Rock wieder aufleben lassen. Und das gerade dieser Stil zur Zeit so etwas wie ein Revival hat ist natürlich eine super Sache. Wie schreibt ihr Eure Songs, wenn ihr so über die Welt verteilt lebt. Files hin- und her schicken oder trefft ihr euch und jammt zusammen? Tatsächlich trafen wir uns und schrieben das ganze Album zusammen innerhalb von 10 Tagen, nach einem Monat waren auch die Aufnahmen und Produktion durch. Wir machten alles am Stück, es war wirklich sehr motivierend und lief wie von alleine. Jeder in der Band, sogar Brian (Tichy, Drums), kann Gitarre spielen. Es kam also vor, dass wir alle fünf zusammen mit einer Gitarre umgehängt einander Ideen vorspielten. Jeder brachte Ideen ein und es mangelte definitiv niemals an Riffs! Ihr habt zwei Coverversionen auf dem Album („Fortunate Son“ von Creedence Clearwater Revival und „Join Together“ von The Who). Macht ihr die Covers zum Spass oder wollte die Plattenfirma diese auf dem Album haben? An Ideen für eigene Stücke mangelt es ja offensichtlich nicht? Schlussendlich sind wir halt auch immer noch Fans. Wir lieben es, unseren Helden von früher Tribut zu zollen und gleichzeitig haben wir beim letzten Album gemerkt, dass die Kids von heute die alten Sachen nicht mehr kennen. Wir hatten auf dem letzten Album ein Cover von „Midnight Moses“ (im Original von der Alex Harvey Band) und die Kids dachten alle, der Song sei von uns. Also haben wir mit unseren Coverversionen auch eine kleine aber wichtige erzieherische Funktion (lacht). Bist Du es eigentlich langsam müde, immer noch Fragen über Mötley Crüe oder diese Platte, welche bereits über 20 Jahre alt ist, zu beantworten? Es machte mir eigentlich schon lange nichts mehr aus. Aber die Sache ist die, dass ich mich nach den jüngsten Vorfällen zwischen Nikki (Sixx, Mötley Crüe Bassist) und mir besser nicht mehr über Mötley Crüe äussere. Denn warum auch immer, Nikki äusserte sich im Internet plötzlich sehr negativ über unsere gemeinsame Platte und alle wollten ein Statement von mir dazu haben. Schlussendlich wurden aber meine Aussagen ziemlich aus dem Zusammenhang gerissen und es gab Berichte, welche einfach nur auf reisserische Schlagzeilen aus waren. Da ich mit den anderen Jungs von Mötley Crüe immer noch sehr gut befreundet bin, habe ich dazu keine Lust mehr und werde besser einfach nichts mehr zu diesem Thema sagen. Aber ich habe gehört, dass Du mit Mick Mars (Mötley Crüe Gitarrist) zwei Songs für sein kommendes Soloalbum aufgenommen hast. Ist das wahr und macht ihr denn ein ganzes Album zusammen? Ja, aber es waren tatsächlich nur zwei Songs. Das Problem ist ganz einfach, dass ich so unglaublich beschäftigt bin und keine Zeit habe. Mein nächstes Soloalbum erscheint im Herbst und momentan bin ich ja voll und ganz mit The Dead Daisies beschäftigt. Und wenn ich mit Mick ein ganzes Album machen soll, dann müssen wir uns genügend Zeit dafür nehmen, welche bisher einfach nicht zur Verfügung stand. Ich hoffe, dass wir unsere Terminkalender mal

zusammen abstimmen und das irgendwie realisieren können. Aber zur Zeit kann ich nicht sagen, ob das klappen wird oder nicht. Du hast es gerade selber angesprochen. Es wird also auch ein neues Soloalbum geben? Was kannst Du dazu schon erzählen? Also ich habe einige spezielle Liveshows in den USA gespielt, wo wir das ganze Mötley Crüe Album, auf welchem ich gesungen habe, live gespielt haben. Und davon haben wir eine sehr coole Aufnahme, welche ich veröffentlichen werde. Es ist wirklich cool geworden, Michael Wagner hat es produziert und es wird „'94 Live – One Night In Nashville“ heissen. Zudem habe ich auch bereits genug Material für ein neues Studioalbum zusammen, welches danach in Angriff genommen wird. Ich bin also immer voll beschäftigt, was aber auch eine super Sache ist. Wie ist es denn für Dich, heute Abend als Support von Steel Panther auf die Bühne zu gehen? Steel Panther sind schliesslich eine Art Spinal Tap-Version von Mötley Crüe, wo Du als echter Rockstar mit dabei warst? Ach weisst Du, ich kenne die Jungs von Steel Panther alle schon seit vielen Jahren. Wir sind alles gute Freunde und ich habe miterlebt, wie sie von den kleinsten Club-Gigs in den USA nun bis zu den riesigen Welttourneen aufgestiegen sind. Sie sind wirklich sehr witzig, musikalisch richtig stark und haben sich den Erfolg hart erarbeitet. Da gibt es also keine Missgunst oder so, wir haben uns gerade vorhin riesig gefreut über das Wiedersehen hier in Zürich.

LIVE (Special Guest von THE ANSWER) 28.11.2016 Pratteln, Z7

THE DEAD DAISIES Make Some Noise Spitfire Music/SPV mv. The Dead Daisies sind eine der wirklich essentiellen Supergroups und spielen genau den Sound den jeder Rocker so liebt, nämlich puren, schweisstreibenden Rock’n’Roll ohne Schnörkel und mit voller Power. Die hochkarätige Besetzung bei diesem bereits dritten Album der Band besteht aus Sänger John Corabi (Mötley Crüe), Basser Marco Mendoza (Thin Lizzy, Whitesnake), Schlagzeuger Brian Tichy (Ozzy Osbourne, Foreigner) sowie den beiden Gitarristen David Lowy (Red Phoenix) und Doug Aldrich (Whitesnake, Dio). Das verspricht viel, wie auch der Albumtitel, welcher hier aber ausnahmsweise absolut Programm ist. Bereits der Opener „Long Way to Go“, das nachfolgende „We All Fall Down“ oder auch „Mainline“ und „Freedom“ strotzen vor lauter Gitarrenpower und einer kräftigen Portion Streetfeeling. Man wird sofort an alte Guns’n’Roses und vor allem Aerosmith erinnert und kriegt das Grinsen kaum mehr aus dem Gesicht. Das super eingängige „Song And A Prayer“ ist ein todsicherer Hit, der bei YouTube mit einem entsprechenden Video durch die Decke gehen dürfte. Mit „Fortunate Son“ von den legendären Creedence Clearwater Revival und „Join Together“ von The Who gibt es auch noch zwei stark umgesetzte Coverversionen, welche einfach nur Spass machen und die Scheibe auflockern. Hervorzuheben ist noch die herrliche Gitarrenarbeit des Duos Lowy/Aldrich sowie der variable und kräftige Gesang von John Corabi, bei welchem der Rock wahrlich durch die Adern fliesst. Ein richtiges Kick Ass-Album für alle Rocker da draussen, get it!

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Des Barden neue Kleider

LIVE 11.12.2016 Basel, St. Jakobhalle Special Guest: GOJIRA

Die alternativ-grungigen Zeiten sind für Alter Bridge nicht ganz vorbei, aber stehen auch nicht mehr ganz am Anfang der Prioritätenliste. Mit ihrem fünften Studioalbum schält sich das sowieso schon sehr eigenständige Quartett aus Florida aus dem alten Muster heraus und präsentiert sich mit neuem Klang, ohne seine Wurzeln zu verlieren.

ip. Auf den ersten Blick mag die Zusammenstellung aus Alter Bridge und Gojira, die ja eigentlich ziemlich ordentlich harten Sound fabrizieren, etwas merkwürdig anmuten. Sinnvoller wird es in dem Augenblick, wenn man den ersten Track des neuen Alter Bridge Albums hört, der zwar durch Myles Kenedys Gesang immer noch unverkennbar ist, musikalisch aber doch eine Ecke kantiger klingt, als man es von der ansonsten eher grungig angehauchten Band gewohnt ist. Mark Tremonti, Gitarrist und Hauptsongwriter der Band, zeigt mit diesem ersten Kabinettstückchen des im Oktober erscheinenden Albums, dass er auf vielen Hochzeiten tanzen, respektive spielen, kann und nicht nur im Stadionrock zuhause ist, den er mit seiner Vorgängerband Creed geschrieben hat. Wer Alter Bridge bisher auch zwischen den Zeilen zugehört hat, der hat dies bereits bemerkt. Denn auch wenn ruhige Songs wie „In Loving Memory“, „Watch Over You“ oder „Words Darker Than Their Wings“ eher in den Charts und den Ohren der Hörer hängenbleiben, waren die mächtigen und metallischen Riffs immer schon das Flaggschiff des Quartetts. Die Geheimzutat des Erfolgs war die Kombination mit Kennedys Stimme, der immer wieder ein Gegengewicht zur Tremontis wuchtiger Gitarrenarbeit gesetzt hat. Auch textlich und grafisch haben sich Alter Bridge nun neu erfunden. Statt dem zum gungigen Sound passendem Artwork setzt die Band aus Florida nun auf sehr pointiertes,

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klares Album-Outfit in schwarz-weiss-rot und textlich kümmert sich Allzweckwaffe Kennedy um mehr politisches und aktuelles Geschehen. Passend zu der momentanen Lage in den Staaten, wo sich alles um Clinton oder Trump handelt, der Klimadiskussion, der Sicherheitsfrage und der damit verbundenen Stimmung in der Bevölkerung, äussert sich der Sänger im ersten veröffentlichten Song „Show Me A Leader“ folgendermassen: „Es geht um die fragile und polarisierte Meinung, die im Augenblick in der Gesellschaft vorherrscht. Wir wollen keine Lösungen präsentieren, sondern die Desillusionierung der Menschen mit gesunden Menschenverstand ausdrücken.“ Auch, wenn das Album über den Winter 2015/16 geschrieben wurde und noch niemand ahnen konnte, was der Sommer 2016 an politischen Extremen bieten würde, haben Alter Bridge damit dem welthistorischen Geschehen auf den Zahn gefühlt. Musikalisch haben Alter Bridge ihre Textaussage in dunklere, härtere Musik verpackt und auch damit aktuell einen empfindlichen Nerv getroffen. Trotzdem ja ihre Musik eher in grosse Arenen gepasst hätte, haben Alter Bridge von Anfang an nur geplant, als Clubband aufzutreten. Der Kontakt mit den Fans war immer wichtiger, als der grosse Ausverkauf. Dass sich allerdings dermassen viele Leute für ihre grossartige Musik interessieren, war für alle vier Musiker in erster Linie überraschend. „Wir wollten einfach unsere Musik aufnehmen, Platten veröffentlichen und live für die Leute


spielen“, so Kennedy. Nun sind es halt ein paar mehr Menschen im Publikum und die Clubs ein bisschen grösser geworden; und das zu Recht. Das fanden bisher auch Kollegen wie Eddie Van Halen, Jimmy Page oder Slash, die immer mal wieder ihren Weg zu Alter Bridge auf die Bühne gefunden haben und deren Anwesenheit für die musikalische Qualität der Band sprechen. Vielleicht war der eine oder andere Leser dieses Artikels auch schon beim ersten Konzert vor gut zehn Jahren im Rohstofflager zugegen, oder bei einem der späteren Auftritte, und hat sich damals schon gefragt, wie solide eine Band live auf der Bühne eigentlich noch sein kann. Live sind Alter Bridge nämlich schwer zu toppen, denn Myles Kennedy, der nebenher noch mit Slash bei dessen Band The Conspiracy am Mikrofon steht, ist ein Garant für die hochstehende Darbietung, und auch der Rest der Band sorgt für eine handwerklich ausserordentliche und hervorragende Einheit. Wer selber Musik macht und ein Instrument spielt, der kann ihre Liveshow mit heruntergeklapptem Kiefer bestaunen und alle anderen dürfen wahlweise das gleiche tun, oder sich einfach zurücklehnen und geniessen. Deshalb, und vor allem in der ungewöhnlichen Verbindung mit der grossartigen Death Metal-Combo Gojira, sind Alter Brigde ein Pflichttermin im Dezember in der St. Jakobshalle in Basel.

ALTER BRIDGE The Last Hero Napalm Records ip. Das fünfte Album der aus Florida stammenden Rocker beginnt mit der ersten Singleauskopplung „Show Me A Leader“ und lässt einen förmlich erstarren. Den Epos-Faktor, den Alter Bridge schon immer besassen, hat sich offenbar auf „The Last Hero“ noch einmal mindestens verdoppelt. Und nicht nur das: Die Härte und Schlichtheit, mit der Gitarrist Mark Tremonti die Songs ausgebaut hat, vereinen sich mit dieser Wuchtigkeit zu einem wahren Tornado. Das könnte man als „Game Of Thrones“ für die Ohren bezeichnen. Würde auf dem dritten Song „The Other Side“ nicht Myles Kennedy, sondern Tom Arraya von Slayer singen, dann könnte das schon fast beängstigend wirken. Kennedys Stimme allerdings hebt die Brutalität des musikalischen Arrangements auf und schafft es, einen melodiösen Zugang zu dem sperrigen und gewaltigen Stück zu öffnen. Die Stimmung auf dem Album ist latent bedrohlich, jedoch immer mit der Art Nervenkitzel, die das Interesse enorm hoch hält. Dafür sorgt beispielsweise „My Champion“, der mit positivem und aufmunterndem Grundton die Atmosphäre aufhellt. Das darauffolgende „Poison In Your Veins“ ist ein richtiger Rock'n'Roller, der zum Mitmachen animiert und mit „Cradle To The

Grave“ kehrt zum ersten Mal akustische Ruhe ein, die aber im Refrain schon wieder aufgebrochen wird. In der zweiten Hälfte des Albums wird es für Alter Bridge Fans etwas heimischer und nicht mehr ganz so bedrohlich, auch wenn in beispielsweise „Crows On A Wire“ neben dem ohrwurmigen Refrain sperrige Riffs vorhanden sind und es mit „Island Of Fools“ kurz vor Schluss nochmals richtig zur Sache geht. Eine währschafte Ballade, wie man sie von den anderen vier Alben kennt, ist auf „The Last Hero“ nicht zu finden. Das tut einerseits der Platte überhaupt keinen Abbruch, könnte andererseits aber bei Liebhabern der ruhigeren Songs einen Wermutstropfen darstellen. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass dieses neue Werk mit ziemlich genau 66,6 Minuten eine diabolisch ordentliche Länge aufweist und damit zum Trost eine gute Stunde ausserordentlich hervorragende Musik bietet! „The Last Hero“ ist tatsächlich ein herausragend gutes Album im Katalog von Alter Bridge, weil es sich auf unbekanntes, monströses Terrain wagt und den Hörer emotional herausfordert. Unbedingt zu empfehlen!


Kometenhafter Aufstieg: Mit viel Herzblut und Fleiß haben sich Powerwolf in wenigen Jahren an die Power-Metal-Weltspitze gespielt. Jetzt kommen ihre treuen Fan-Herden in den Genuss von „Metal Mass – Live“, die ebenso ausufernd und bombastisch daherkommt wie ihre Platten.

bs. Das nennt man dann wohl einen unaufhaltsamen Siegeszug: 2003 gegründet, 2005 das Debüt, 2013 die erste Nummer Eins in den deutschen Charts. Das gelingt nicht vielen Bands, ganz zu schweigen eine aus dem MetalSektor. Powerwolf, so muss man deswegen gleich zu Beginn festhalten, sind keine normale Band. Ob man sie liebt oder hasst – anerkennen muss ihre Leistung jeder. Binnen weniger Jahre wurde aus einer Underground-Band mit merkwürdigen Pseudonymen und seltsamem Auftreten eine der größten Power-Metal-Bands der Welt, eine Truppe, die derzeit eigentlich nur noch zu Sabaton aufblicken muss. Ein echtes Metal-Märchen eben, Wirklichkeit geworden durch Herzblut, Passion, die beeindruckende Fantreue – und durch eine Tournee nach der anderen. „Wir sind besessen davon, live zu spielen“, gibt Falk Maria Schlegel mit Nachdruck zu Protokoll. Für Powerwolf, sagt der Organist der Band, gibt es nichts Schöneres, als ein schönes Album vollendet zu haben und endlich wieder von der Kette gelassen werden. „Denn dafür, für die Konzerte und Festivals, arbeiten wir das ganze Jahr. Wenn es dann soweit ist, gibt es für uns nichts anderes als unsere Live-Show. Die wird genossen – mit allem, was dazugehört.“ Deshalb nimmt man es der Band fast ab, wenn sie sagt, dass sie Powerwolf nicht als Arbeit, sondern als pure Freude sehen. „Man kann ja durchaus sagen, dass das Tourleben nicht gerade ein alltäglicher Lebensentwurf ist, aber ich liebe diesen ganz speziellen Mikrokosmos, in dem man sich während einer Tournee befindet“, so der Mann an den Tasten weiter. „Man ist vollkommen fokussiert, hat den Tag über aber durchaus viele Freiheiten, kann sich neue Orte anschauen und Menschen treffen. Für mich ist es dann eher schwierig, mich zuhause wieder zurecht zu finden, wenn ich

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nicht jeden Tag einen Ablaufplan in die Hand gedrückt bekomme. Dinge wie einkaufen oder kochen“, lacht er, „werden dann manchmal durchaus zur Herausforderung.“ Gut, dass Powerwolf mittlerweile so gefragt sind, dass er eh nur selten dazu kommt, auch mal faul zuhause rumzusitzen. Aber, wie er ganz richtig sagt: „Davon, zuhause auf der Couch zu sitzen, hat niemand was. Powerwolf ist nun mal unsere Arbeit – und das ist so viel besser als ein Staubsaugervertreter, der ja auch ständig unterwegs ist.“ Ihm und seinen Kollegen ist anzumerken, wie wohl sie sich in ihrer Rolle als Missionare des Heavy Metal fühlen. Auch auf der vollgepackten Live-DVD merkt man schnell: Gemeinsam mit ihren Fans feiern sie ihre Metal-Messen, gehen ganz auf in ihrem sakralen Spektakel. „Powerwolf leben auch von dem Synergieeffekt mit unseren Fans. Wir tragen, motivieren und pushen uns gegenseitig“, ist sich Schlegel sicher. „Wenn wir mal keinen perfekten Tag erwischen, ist das Publikum ein zusätzliches Bandmitglied, gleichzeitig glaube ich, dass wir durch eine mitreißende Show auch den einen oder anderen neuen Fan gewinnen können, der uns bis dato noch nicht auf dem Zettel hatte.“ Nur die, die die Band eh nicht leiden können, sagt er mit einem Schmunzeln, werden sie wohl nie überzeugen. Das soll seine Sorge nicht sein: Der kolossale Headline-Gig beim Masters Of Rock in Tschechien, das Abenddämmerungs-Spektakel beim süddeutschen Summer Breeze oder ein schweißtreibender, intensiver Indoor-Gig (hier aus Oberhausen) versinnbildlichen den Status und die Bandbreite der Wölfe. „Es zeigt gut, wo wir mit Powerwolf gerade stehen“, nickt der Metal-Prediger. „Wir haben uns allerdings bewusst Zeit gelassen, eine Live-DVD zu veröffentlichen, weil wir es albern finden, wenn man schon


nach einem oder zwei Alben so was raushaut. Nach sechs Platten und einer Menge Konzerte kann man das aber ganz gut machen, denke ich.“ Durchaus. Mehr als alles andere zeigt die DVD in den unterhaltsamen Dokus das Arbeitspensum, das die Band in den letzten Jahren an den Tag gelegt hat. Sicherlich nicht ganz einfach – aber notwendig, wie Schlegel findet: „Das Business ist leider sehr schnelllebig, Alben im Zweijahresrhythmus zu veröffentlichen fast schon ein Muss. Wenn du am Ball bleiben willst“, betont er, „musst du konsequent live spielen und regelmäßig was Neues bieten. Unsere Live-DVD kommt deswegen zu eine guten Zeitpunkt. Dadurch können wir weiterhin live spielen, was mich sehr freut, weil es derzeit absolut fantastisch läuft auf der Bühne.“ Zudem ist es ja nicht so, dass eine gewisse Pause bis zum nächsten Album auch aus kreativer Sicht gut tun kann. „Klar“, so der Orgler, „auch wenn es natürlich nicht so lange dauern sollte wie bei Metallica. Wir wollen aber eben nicht einfach schnell ein nächstes Album machen. Dafür sind wir, aber auch unsere Fans uns zu schade.“ Die hören das natürlich sehr gern. Zumal es von einer Band kommt, die das tatsächlich ernst meint, ihre Shows interaktiv und persönlich gestaltet und auch sonst wenig von Allüren hält. Grund genug für den schnellen Aufstieg? „Erfolg ist nicht planbar und deswegen eigentlich nicht zu erklären“, äußerst sich Schlegel dazu. „Powerwolf haben das Rad nicht neu erfunden, ganz klar, aber ich denke doch, dass wir mit Orgel und Chören ein wenig Frische in die ganze Sache gebracht haben. Wer zu unseren Konzerten kommt, wird prächtig unterhalten und sofort zum Teil der Heavy-Metal-Familie. Ein paar coole Songs, Brimborium und enge Interaktion mit dem Publikum. Wir nehmen todernst, was wir tun“, stellt er klar, „uns selbst aber nicht allzu sehr.“ Würzt man das Ganze noch mit einer Prise Aberglauben, erhält man die typische Powerwolf-Mischung. Folgende Anekdote zum Abschluss verdeutlicht das ganz gut: „Vor jeder Show bilden wir einen Kreis und stimmen ein Wolfsgeheul an. Einmal in unserer

gesamten Karriere haben wir dieses Heulen vergessen – und auf der Bühne ging alles schief! Wir wussten lange nicht, woran es lag, bis uns einfiel, dass wir das Geheul vergessen haben. Das“, muss Schlegel laut lachen, „passiert uns natürlich nie wieder!“


Immer weiter auf der Leiter hh. In diesen Tagen erscheint mit „Déjà Voodoo“ das neunte Album der Schweizer Hardrocker in ihrer mittlerweile siebzehnjährigen Karriere. Der vor vier Jahren erfolgte Umbruch, von der Originalbesetzung sind nur noch Gitarrist Scott Leach und Drummer Marcel Sardella dabei, sorgte für einen enormen Qualitätsschub, der besonders auf dem herausragenden neuen Album zu hören ist. Der Einstieg des deutschen Sängers Steven Mageney stellte sich als wahrer Glücksgriff heraus und mit Tony Castell (ex-Krokus, ex-Fox) bekam Crystall Ball vor einem Jahr eine weitere prominente Verstärkung. Im Gespräch mit TRACKS erläutern Scott, Steven und Tony den Stand der Dinge.

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Steven, fühlst du dich nach vier Jahren immer noch gut bei den Schweizer Rockern? Ja, sehr. Wir kommen von Anfang an alle gut zusammen klar, musikalisch wie auch menschlich. Das funktioniert sehr gut und macht Spass. Gibt es keine Probleme mit der räumlichen Entfernung? Du lebst ja immer noch in Wuppertal. Nein, überhaupt kein Problem. Wir kommunizieren praktisch täglich und sind so immer ganz nah beieinander. Das klappt alles wunderbar. Die Entfernung spielt für mich überhaupt keine Rolle. Tony, du bist seit gut einem Jahr dabei und spielst jetzt Gitarre, obwohl du ja von Haus aus Bassist bist. Ja, stimmt. Ich hatte nach dem Fox-Desaster die Schnauze gestrichen voll und wollte erst mal nichts mehr bandmässig machen. Ich habe Songs geschrieben, in meinem Studio zuhause aufgenommen und wollte eigentlich selbst was rausbringen. Dann hat sich Scott gemeldet und gesagt, Crystal Ball suchen einen Gitarristen. Er wusste ja, dass ich auch Gitarre spiele. Dann habe ich erst mal ein paar Tage gebraucht um zu schauen, ob der Wechsel von vier auf sechs Saiten überhaupt klappt, ob ich das überhaupt auf diesem Niveau noch richtig kann. Das war eine echte Herausforderung. Wir haben dann ein paar Proben gemacht und es hat gepasst. Und es macht mächtig Spass. Wie seid ihr überhaupt auf Tony gekommen? Ihr suchtet ja einen Gitarristen und keinen Bassisten. Scott: Ich habe lange Zeit gesucht, auch diverse Gitarristen ausprobiert. Da waren auch gute Leute dabei, aber es hat nie richtig gepasst. Entweder musikalisch oder menschlich nicht. Ich war schon echt verzweifelt und dann hatte ich plötzlich diesen Gedankenblitz: der Tony Castell hatte doch früher schon bei Krokus Gitarre gespielt und bei Fox ist er ja nicht mehr. Ich habe ihn dann kontaktiert, wir haben uns getroffen und gemerkt, dass wir gut zusammen klar kommen, menschlich wie auch musikalisch. Und nach ein paar Proben war die Sache dann klar. Kommen wir zum neuen Album. Wo und mit wem habt ihr aufgenommen? Scott: In Deutschland, in Solingen. Im Studio von Stefan Kaufmann (ex-Accept, ex-U.D.O.) . Wir hatten schon früher mal mit ihm gearbeitet und seit unserem „Comeback“ 2012 ist das jetzt das dritte Album. Es ist eine super Zusammenarbeit mit Stefan, er ist inzwischen praktisch ein 6. Bandmitglied. Steven: Stefan ist nicht nur ein hervorragender Techniker und Produzent, sondern er ist auch ein unfassbar guter Musiker und extrem netter Mensch. Es befruchtet unglaublich mit ihm zusammen zu arbeiten. Tony: Und er ist auch ein sehr guter Koch! (Gelächter) Wie lange haben die Aufnahmen gedauert? Scott: Mit dem Mix etwa acht Wochen. Wie entstehen eure Songs? Habt ihr einen

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Hauptsongschreiber oder macht ihr das zusammen? Scott: Tony, Steven und ich haben bei Tony oder bei mir zuhause Songwriting-Sessions gemacht, Steven ist dann immer wochenendweise in die Schweiz gekommen. Texte machen Steven und ich. Steven: Es ist immer ein gemeinsames Arbeiten. Tony hat auch tolle Gesangsideen gehabt, die greife ich dann gerne auf. Und dann entwickeln sich die Songs so nach und nach. Dann seid ihr drei die kreative Zelle von Crystal Ball

hinsichtlich Songwriting? Scott: (zögerlich) Hhmm, ja – kann man so sagen. Chris (Stone, Bassist – Anm.) spricht sehr gut englisch und hat auch ein paar Texte beigesteuert. Scott, du hast vor zwei Jahren im TRACKS Interview gesagt, ihr habt keinen Keyboarder mehr, weil du mit einem zweiten Gitarristen den Sound härter machen willst. Auf dem neuen Album sind aber jede Menge Keyboards zu hören. Wie ist das zu erklären? Scott: Wir haben immer noch keinen Keyboarder (Gelächter). Es ist schon so, dass wir immer noch


Keyboards auf den Alben haben, aber nicht mehr so im Vordergrund wie früher. Vom Songwriting her dominieren absolut die Gitarren, die Keyboards unterstützen nur den gesamten Sound. Von daher wäre ein Keyboarder bei uns heute völlig unterfordert. Die Sounds kommen aus der „Dose“, auch live hört man Keyboards bei Crystal Ball. Ist das nicht eine Art von Beschiss, wenn man Crystal Ball live sieht und hört Keyboards, aber es

Live-Platten völlig anders als die Studioproduktionen. Die Ansprüche haben sich geändert, heute muss es live so klingen wie auf den Platten. Das umzusetzen ist sehr schwer, dafür bräuchte man vielleicht so einen Multiinstrumentalisten. Ich denke, bei uns hält sich das aber sehr in Grenzen, denn bei uns steht im Vordergrund doch eine sehr aktive Band auf der Bühne, nicht nur spielerisch sondern auch optisch und vom Entertainment her. Da passiert was.

gibt keinen Keyboarder? Scott: Das sehe ich nicht so. Das machen ja mittlerweile fast alle Bands. Wir haben ja auch lange einen Keyboarder gesucht, aber wir haben keinen gefunden. Ich finde das nicht tragisch. Wir stehen ja alle auf der Bühne und spielen und singen live. Und die Keyboard-Sounds machen bei uns ja höchstens 15% im Gesamtsound aus. Steven: Das hängt ja auch mit der Erwartungshaltung der Leute zusammen. Die wollen den Live-Sound so wie auf Platte hören. Früher waren

Wenn man Crystal Ball live die Keyboard-Samples und vor allem den Click-Track wegnimmt, könnt ihr dann überhaupt noch spielen oder bricht dann alles zusammen? Scott: Ja klar können wir das. Jederzeit! Es passiert ja auch mal, dass die Technik ausfällt. Da bricht nichts zusammen. Steven: Wir spielen und singen ja auch alle live. Alle Chöre sind live, da kommt nichts aus der Dose. Das ist überhaupt kein Problem. Wo ist aus eurer Sicht der Unterschied von „Déjà

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Steven, fühlst du dich nach vier Jahren immer noch gut bei den Schweizer Rockern? Ja, sehr. Wir kommen von Anfang an alle gut zusammen klar, musikalisch wie auch menschlich. Das funktioniert sehr gut und macht Spass. Gibt es keine Probleme mit der räumlichen Entfernung? Du lebst ja immer noch in Wuppertal. Nein, überhaupt kein Problem. Wir kommunizieren praktisch täglich und sind so immer ganz nah beieinander. Das klappt alles wunderbar. Die Entfernung spielt für mich überhaupt keine Rolle. Tony, du bist seit gut einem Jahr dabei und spielst jetzt Gitarre, obwohl du ja von Haus aus Bassist bist. Ja, stimmt. Ich hatte nach dem Fox-Desaster die Schnauze gestrichen voll und wollte erst mal nichts mehr bandmässig machen. Ich habe Songs geschrieben, in meinem Studio zuhause aufgenommen und wollte eigentlich selbst was rausbringen. Dann hat sich Scott gemeldet und gesagt, Crystal Ball suchen einen Gitarristen. Er wusste ja, dass ich auch Gitarre spiele. Dann habe ich erst mal ein paar Tage gebraucht um zu schauen, ob der Wechsel von vier auf sechs Saiten überhaupt klappt, ob ich das überhaupt auf diesem Niveau noch richtig kann. Das war eine echte Herausforderung. Wir haben dann ein paar Proben gemacht und es hat gepasst. Und es macht mächtig Spass. Wie seid ihr überhaupt auf Tony gekommen? Ihr suchtet ja einen Gitarristen und keinen Bassisten. Scott: Ich habe lange Zeit gesucht, auch diverse Gitarristen ausprobiert. Da waren auch gute Leute dabei, aber es hat nie richtig gepasst. Entweder musikalisch oder menschlich nicht. Ich war schon echt verzweifelt und dann hatte ich plötzlich diesen Gedankenblitz: der Tony Castell hatte doch früher schon bei Krokus Gitarre gespielt und bei Fox ist er ja nicht mehr. Ich habe ihn dann kontaktiert, wir haben uns getroffen und gemerkt, dass wir gut zusammen klar kommen, menschlich wie auch musikalisch. Und nach ein paar Proben war die Sache dann klar. Kommen wir zum neuen Album. Wo und mit wem habt ihr aufgenommen? Scott: In Deutschland, in Solingen. Im Studio von Stefan Kaufmann (ex-Accept, ex-U.D.O.) . Wir hatten schon früher mal mit ihm gearbeitet und seit unserem „Comeback“ 2012 ist das jetzt das dritte Album. Es ist eine super Zusammenarbeit mit Stefan, er ist inzwischen praktisch ein 6. Bandmitglied. Steven: Stefan ist nicht nur ein hervorragender Techniker

und Produzent, sondern er ist auch ein unfassbar guter Musiker und extrem netter Mensch. Es befruchtet unglaublich mit ihm zusammen zu arbeiten. Tony: Und er ist auch ein sehr guter Koch! (Gelächter) Wie lange haben die Aufnahmen gedauert? Scott: Mit dem Mix etwa acht Wochen. Wie entstehen eure Songs? Habt ihr einen Hauptsongschreiber oder macht ihr das zusammen? Scott: Tony, Steven und ich haben bei Tony oder bei mir zuhause Songwriting-Sessions gemacht, Steven ist dann immer wochenendweise in die Schweiz gekommen. Texte machen Steven und ich. Steven: Es ist immer ein gemeinsames Arbeiten. Tony hat auch tolle Gesangsideen gehabt, die greife ich dann gerne auf. Und dann entwickeln sich die Songs so nach und nach. Dann seid ihr drei die kreative Zelle von Crystal Ball hinsichtlich Songwriting? Scott: (zögerlich) Hhmm, ja – kann man so sagen. Chris (Stone, Bassist – Anm.) spricht sehr gut englisch und hat auch ein paar Texte beigesteuert. Scott, du hast vor zwei Jahren im TRACKS Interview CRYSTAL gesagt, ihr habtBALL keinen Keyboarder mehr, weil du mit Déjà-Voodoo Massacre Records mv. Das letzte Studioalbum “LifeRider” ist noch kaum ein Jahr alt, da legen die Schweizer Melodic Metaller von Crystal Ball schon wieder ein neues Album vor. Die Band ist nach einigen gut überwundenen Stürmen wieder voll in Fahrt gekommen und so ist auch „Déjà-Voodoo“, das bereits neunte Studioalbum, wieder mit viel Kraft und Power unterwegs. Bei ganzen 13 Tracks werden aber alle Varianten des Crystal Ball Sounds ausgeschöpft. So gibt es sehr melodiöse Melodic Rock Stampfer wie „Suspended“, „Reaching Out“ oder „Never A Guarantee“, balladesker Stoff wird mit „Home Again“ und “To Be With You Once More” abgedeckt, während Kracher wie der Titelsong und Opener „DéjàVoodoo“ (klares Highlight des Albums), „Dr. Hell No“, „Time And Tide“ oder „To Freedom And Progress“ die Power Metal Fans begeistern werden und stark an aktuelle U.D.O. oder Helloween Sachen erinnern. Sänger Steven Mageney liefert erneut einen überaus starken Auftritt ab und ist eine echte Bereicherung für die Band. Da auch der Sound mächtig Dampf macht und keine Wünsche offen lässt (mit Stefan Kaufmann, ex-Accept, ex-U.D.O., war wieder ein absoluter Profi hinter den Reglern), werden Crystal Ball mit diesem Album und einer dazugehörigen Tour sicher neue grosse Erfolge feiern können.

LIVE Plattentaufe 48

10.9.2016 Wetzikon, Hall Of Fame


Wo seit 34 Jahren SERVICE und KNOW-HOW gross geschrieben wird

hh. 1982 hatten sich fünf musikbegeisterte Kollegen entschlossen, ihn Zofingen einen Musikladen zu eröffnen. Gesagt, getan – der B&J Musiglade wurde gegründet. Mit der Zeit verliessen jedoch einer nach dem anderen die Firma, um sich beruflich oder wohnortmässig anders zu orientieren. Und so blieb Bruno Jäggi schlussendlich allein übrig, der bis heute die Firma führt – obwohl, wie Bruno sagt: „Ich habe zwar immer grosse Freude an der Musik gehabt, aber nie einen Job in der Musikbranche gesucht, der Job hat mich gefunden.“ Seit den 90er Jahren gehört ausserdem Brunos Freund, der Gitarrenbauer Matz Pulver, zu den Urgesteinen des B&J Shops. Der Schwerpunkt liegt auf Gitarren, Elektronik, Mikrofone, P.A. und Pianos. Daneben sind natürlich auch Drums im Angebot zu finden, allerdings nicht schwerpunktmässig. Auf Blas- und Streichinstrumente verzichtet Bruno aber im Verkaufsprogramm. „Wir hatten früher zwar auch Blasinstrumente angeboten. Aber das habe ich dann aufgegeben, weil wir dafür keine eigene Werkstatt im Haus haben. Alles kann man halt nicht machen“, sagt Bruno. Und so konzentrierte sich Bruno hauptsächlich auf Gitarren, wobei auch Vintage-Modelle zu seiner Leidenschaft gehören. Bereits 1985 hatte Bruno zusammen mit Matz Pulver die erste Vintage-Gitarrenausstellung in der Schweiz gemacht. Momentan ist Bruno an zwei Projekten beteiligt. Zum einen das Gitarrenfest in Burgdorf am 15. September und am 30. Oktober im Tägerhard, Wettingen beim Guitars & More. Ein wichtiges Standbein des B&J Musigladens ist die überregional bekannte und geschätzte eigene Werkstatt, in der Gitarren, Verstärker etc. „verarztet“ und aufbereitet werden. Obwohl immer mehr Musikhäuser wegen der riesigen Online-Konkurrenz schliessen (müssen), sieht Bruno doch relativ optimistisch in die Zukunft: „Unsere Devise ist klein, fein, gut! Und, um das mit Albert Einstein zu sagen: Denke nie zuviel an die Zukunft – die kommt noch früh genug! Ich hoffe, dass es in diesem Sinn weitergeht und wir uns in dieser Nische mit unserem Idealismus, Know-How, Leidenschaft, Freundlichkeit und gutem Service weiterhin behaupten.“ Dazu wird sicher auch die grosse Zahl Stammkunden beitragen, die Bruno und seinem Shop schon über lange Jahre die Treue halten.

B&J Musiglade AG Strengelbacherstr. 1 CH-4800 Zofingen T +41 62 751 67 51 F +41 62 751 27 52 www.bj-music.ch contact@bj-music.ch Montag: geschlossen Dienstag - Freitag: 09:00 - 12:00 13:30 - 18:30 Samstag: 09:00 - 16:00

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ReReleases, Best Of, Tributes

hh. Das 1968 gegründete Hard/Heavy-Rock-Trio aus Wales geniesst unter Rockfans besonders (aber nicht nur) in Britannien bis heute einen legendären Ruf. Den höchst verdienten Durchbruch schaffte die Band allerdings nie. Sie wurden oft als ein Hybrid aus Black Sabbath und Rush bezeichnet, wobei der Vergleich mit Rush in erster Linie wegen der stimmlichen Nähe von BudgieBassist/Sänger Burke Shelly zu Rush's Geddie Lee erfolgte. Musikalisch waren Budgie verglichen mit zeitgenössischen Bands zweifellos allererste Sahne und auch heute, besonders mit den drei von den Originalbändern sorgfältig remasterten in dieser Box enthaltenen Langspieler „Never Turn Your Back On A Friend“, „In For The Kill“ und „Bandolier“ haben Budgie nach wie vor hohe Relevanz und dürften speziell Retro-Rockfans beeindrucken und nachhaltig begeistern. Die Wichtigkeit und der Einfluss auf andere Bands war und ist sehr hoch, so coverten Acts wie u.a. Metallica, Iron Maiden, Van Halen, Megadeth und Soundgarden Songs der Walliser, wobei die Titel “Breadfan” aus dem Album Never Turn Your Back…”) und “Crash Course In Brain Surgery” (aus “In For The Kill”) über lange Zeit zum Standard-Live-Repertoire von Metallica gehörten. Beschäftigt man sich mit den Budgie-Songs näher, ist es kein Wunder, dass das Trio bei dermassen vielen namhaften Rockbands so hoch angesehen ist, denn das Songwriting der Walliser wie auch ihre spielerischen, technischen Fähigkeiten waren herausragend. Und so ist diese “MCA Albums”-Box absolut unverzichtbar für alle Hardrock- und Metal-Fans, besonders für die, die gern die Wurzeln ihres favorisierten Sounds erforschen möchten. Bleibt zu hoffen, dass auch bald die restlichen Budgie-Alben in remasterten Versionen wiederveröffentlicht werden, denn Budgie, speziell in den 70ern, haben Rockgeschichte geschrieben und geprägt . Budgie sind übrigens bis heute aktiv, wobei Gründungsmitglied Burke Shelley über die Jahre mit verschiedenen Mitmusikern auftritt. So ist in der aktuellen

THE WHO The Polydor Singles 1975-2015 Polydor/ Universal

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hh. Hier kommt die letzte der vier limitierten 7inch Box Sets von The Who. Die Box enthält 15 Singles, auf heavyweight Vinyl (14 Singles auf schwarzem, 1 Single auf gelbem Vinyl) mit originalgetreuer Reproduktion der Artworks und ein 16-seitiges Booklet. Diese Box dürfte in erster Linie

BUDGIE

The MCA Albums 1973-1975

MCA/Universal

Besetzung auch der ex-DIO Gitarrist Craig Goldy dabei. 2006 erschien mit “You're All Living In Cuckooland” das bisher letzte reguläre Studioalbum.

für Sammler und Historiker von Interesse sein, denn die hier enthaltenen Songs umfassen nicht gerade die kreativste Phase der Briten. Wobei die hier enthaltene Single „See Me, Feel Me/Listening To You/Overture“ (aus dem Soundtrack „Tommy“), sowie die 7inches „Squeeze Box“, „Who Are You“, „Long Live

Rock“ und „5:15“ zu den besseren Outputs der PolydorÄra gehören. Danach wartete Pete Townshend nicht mehr mit besonders grossartigem Songmaterial auf, zumindest im Vergleich zu früheren Glanztaten – was sich natürlich auch auf die entsprechenden, hier enthaltenen Singles auswirkte.


ReReleases, Best Of, Tributes PHIL COLLINS (alle zusammen im Boxset "Take A Look At Me Now" enthalten)

Face Value (1981) Hello, I Must Be Going! (1982) No Jacket Required (1985) …But Seriously (1989) Both Sides (1993) Dance Into The Light (1996) Testify (2006) Going Back (2010) Warner Music

lg. Der in der Westschweiz ansässige britische Drummer und Sänger Phil Collins, der sowohl als Mitglied der Progressive-RockBand Genesis wie auch als Solokünstler sehr erfolgreich war (und gerüchteweise an einem Comeback arbeitet), konnte ebenfalls als Produzent, Songwriter und Schauspieler Erfolge feiern. Vor kurzem wurde nun der mit über 100 Millionen verkauften Tonträgern äussert erfolgreiche Katalog von Phil Collins wiederveröffentlicht und zwar sowohl als Vinyl wie auch in den vorliegenden Doppel-CD DeluxeEditionen. Zu den Alben selber muss man keine grossen Worte verlieren, denn insbesondere die ersten vier Alben enthalten besten 80er Pop für den anspruchsvollen Musikgeniesser und gelten als essentiell. Collins' kommerzieller Erfolg als Solokünstler gründete sich auf der geschickten Kombination von eingängigen Balladen ("In The Air Tonight", "One More Night", "Another Day in Paradise", "Against All Odds (Take a Look at Me Now)", "Do You Remember?") und Up-Tempo-Titeln wie "Sussudio" oder "Easy Lover". Später ging es leider bergab mit der Karriere von Phil Collins, denn seine Musik war in der sich damals rasch ändernden Musiklandschaft der 90erJahre nicht mehr so gefragt. Interessant sind im Rahmen vorliegender Wiederveröffentlichungsreihe die vielen Bonustracks, welche zahlreich ausgefallen sind und jeweils eine zusätzliche CD

füllen. Dabei handelt es sich insbesondere um Demos und LiveAufnahmen, welche mehrheitlich unveröffentlicht sind und teils von den Endversionen abweichen (auch textlich). Somit kann der Fan hier bedenkenlos zugreifen, denn auch die Originalalben sind remastert worden und kommen mit noch besserem Sound daher. Cool ist auch die Idee, dass auf allen Covern, auf welchen Phil Collins zu sehen ist, die originalen Artworks mit seinem Konterfei Anno 2016 ersetzt worden sind. So lassen sich die Wiederveröffentlichungen von den Originalen ohne Weiteres unterscheiden. Die Box ist somit ein sehr empfehlenswertes Vermächtnis eines grossartigen Künstlers.

KORGIS Everybody's Got To Learn Sometime: The Complete Rialto Recordings 1979-1982

BLUES MAGOOS

Cherry Red Records

Sundazed Records

rp. Die englischen Korgis wurden 1978 von Andy Davis und James Warren ins Leben gerufen. Beide hatten zuvor in der Artpop-Band Stackridge gespielt. Wahrscheinlich wollten Warren und Davis mit den Korgis im damaligen New-Wave-Boom Fuss fassen? Optisch (siehe CDCovers von «Dumb Waiter» (1980) oder «Sticky George» (1981)) deutet einiges darauf hin. Musikalisch waren die Korgis aber eher im konventionellen Pop zuhause, zuweilen, wohlgemerkt, mit einem Schuss New Wave angereichert. Mit der sanften Single «If I Had You» (Platz 13 UK-Charts) stellte sich 1979 der erste Erfolg ein. Mit sanften Songs hatten die beiden auch die grössten Erfolge. Ihr grösster Hit, das verträumte «Everybody's Got To Learn Sometime», platzierte sich in über sieben Ländern in den Top 20. In der Schweiz schaffte es der Song auf Platz 6 der Charts.

«Everybody's Got To Learn Sometime» (von ihrem zweiten Album «Dumb Waiter») wurde zu einem häufig gecoverten Song. Beck, Erasure, die Flying Pickets, Zucchero und Joana Zimmer versuchten sich neben anderen daran. Trotz dieses Erfolgs löste sich The Korgis nach ihrem dritten Album «Sticky George» auf. Die 2-CD Zusammenstellung «Everybody's Got To Learn Sometime: The Complete Rialto Recordings 1979-1982» enthält alle ihre drei Alben, plus Single B-Sides, eine alternative Version von «Everybody's Got To Learn Sometime» und die WeihnachtsSingle «Wish You A Merry Christmas» (klingt wie ein vergessener Beach-Boys-Song). Die 34 Songs zeigen einmal mehr, dass The Korgis nicht auf «Everybody's Got To Learn Sometime» reduziert werden dürfen. Andy Davis und James Warren kamen übrigens später mehrmals wieder zusammen und veröffentlichen 2006 ein Unplugged-Album.

Mercury Singles (1966-1968) rp. Die aus New York City stammenden Blues Magoos sind aus zwei, gut vielleicht waren es auch drei Gründe, in die Annalen der Musikgeschichte eingegangen. «We Ain't Got Nothing Yet» aus ihrem Debüt «Psychedelic Lollipop» schaffte 1966 den Sprung auf Platz 5 der USCharts. Ihr Sänger Emil «Peppy Castro» Thielhelm übernahm 1970 eine Rolle im Musical Hair und spielte in Bands wie Balance oder Barnaby Bye (mit den Alessi Brothers). Seine Songs wurden in der Folge von Künstlern wie Diana Ross, Kiss und Cher aufgenommen. In ihrer kurzen, ersten Existenz (19651968) veröffentlichten die Blues Magoos drei Alben. Das Debüt «Psychedelic Lollipop» (1966) war geprägt von der damals aktuellen Psychedelik-Welle, integrierte aber auch einen Schuss Garagenrock.

Anscheinend war es eines der ersten Alben, auf dem das Wort «Psychedelic» stand. Auch war es ihr einzig erfolgreiches Album (Platz 21). Neben «We Ain't Got Nothing Yet» ist n.a. auch ihre raue Version des Klassikers «Tobacco Road» (J.D. Loudermilk), inklusive eines schrillen, punkigen Instrumentalparts, hörenswert. Selbige steht auch am Beginn der 16 Song starken Kompilation «Mercury Singles (1966-1968)». «Tobacco Road» war die erste, leider erfolglose Single der Band. Leider war auch den weiteren Singles «There's A Chance We Can Make It» oder beispielsweise «One By One» kein Erfolg beschieden. Das die Blues Magoos aus Erfolgsdruck heraus später gleich zwei Weihnachtsingles («Jingle Bells» & «Santa Claus Is Coming To Town») aufnahmen, sei ihnen verziehen. Vor allem, weil Songs «We Ain't Got Nothing Yet», «One By One», «Pipe Dream», «There's a Chance We Can Make It» oder «Theres She Goes» zeigen, was sie drauf hatten.

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MUSIK zum LESEN

Sexy Motherfucker ALEX HAHN Besessen – Das turbulente Leben von Prince Hannibal Verlag

hh. Als Prince am 21. April dieses Jahres völlig unerwartet an einer Überdosis Schmerzmittel starb, trauerten Millionen Fans um einen Mann, der sich mit Hits wie „1999“,

„Purple Rain“, „When Doves Cry“ und/oder „Let's Go Crazy“ (um nur einige der grössten zu nennen) in der Musikgeschichte unsterblich gemacht hat. Bereits 2003 erschien diese Biografie unter dem Titel „Posessed – The Rise And Fall Of Prince“ in den USA, wurde jedoch nun auf Grund von Prince's Ableben um ein Nachwort ergänzt neu aufgelegt und von Kirsten Borchardt ins Deutsche übersetzt. Der Autor Alex Hahn, Journalist und Anwalt aus Boston, zeichnet auf über 400 Seiten akribisch das Leben eines wahrlich Besessenen auf, führte viele Gespräche mit Freunden, ehemaligen Musikern und anderen Zeitgenossen, die den Weg des exzentrischen Popstars kreuzten. Dabei erfährt der Leser eine Menge über den Musiker und Menschen Prince Roger Nelson, das weit über die üblichen Infos und Kurzbiografien der Plattenfirmen oder der Yellow Press hinausgeht und den kleinen Mann nicht immer in bestem Licht erscheinen lässt. Neben seiner unbestrittenen musikalischen Genialität, mit der er Mitte der 80er die Popmusik dominierte und nachhaltig prägte und dem Abrutsch in die danach folgende Mittelmässigkeit, zeigt „Besessen“ aber auch ausführlich die andere, schattigere Seite von Prince auf. Und die war nicht immer schillernd und glamorös, sondern zeigt einen Egozentriker, der sich durch maximale Sexgetriebenheit, Arroganz, Grössenwahn, Kontroll- und Herrschsucht und Streitlust auszeichnete, seine Mitmusiker und Freunde hinterging, indem er sich deren Kreativität ans eigene Revers heftete und sie damit um ihre Tantiemen betrog. Genie und Wahnsinn, Licht und Schatten, Erfolg und Tragödien – das kurze Leben eines manischen Workaholics, der alles selbst machen und kontrollieren wollte und sich damit letztendlich seine Karriere verbaute, ist in „Besessen“ spannend und fesselnd niedergeschrieben und dürfte auch für viele eingeschworene Prince-Fans noch jede Menge Überraschungen parat haben. Die grösste Tragödie an dieser Geschichte ist jedoch, dass sich Prince zu einem Zeitpunkt verabschieden musste, als er offensichtlich mit seinem Leben endlich Frieden geschlossen hatte und die musikalische Kreativität seiner besten Zeiten wieder hörbar wurde.


MUSIK zum LESEN

JOHN FOGERTY Mein Leben – Meine Musik Der Gründer von Creedence Clearwater Revival erzählt Hannibal Verlag

hh. Der 1945 geborene Kalifornier und Rock'n'Roll Of Fame Mitglied war Autor/Sänger/Gitarrist von unzähligen Hits, die er in erster Linie mit seiner Band Creedence Clearwater Revival zu ewigen Evergreens der Rockgeschichte machte und die auch wohl noch in 100 Jahren Bestand haben werden. In nur vier Jahren, zwischen 1968 und 1972, schrieb und veröffentlichte er mit seiner Band Bestseller am Laufmeter wie u.a. „Proud Mary“, „Bad Moon Rising“, „Green River“ „Down On The Corner“ „Rockin' All Over The World“, „Travellin' Band“ und/oder „Hey Tonight“ und insgesamt sieben LPs. Auf dem Höhepunkt des Erfolgs 1969 war CCR die erfolgreichste Band weltweit, ihre Verkäufe übertrafen sogar die der Beatles. 1972 löste John Fogerty die Band auf, die inzwischen geprägt war von Neid, Intrigen und Verrat, vor dem selbst sein eigener Bruder und CCR-Mitglied Tom nicht zurückschreckte. Zudem wurde der Mann mit der unverkennbaren Stimme von seinem Manager/Labelchef durch Knebelverträge um alle seine Songs und die daraus resultierenden Einnahmen (sowohl aus Plattenverkäufen wie auch die Songwriter-Tantiemen) gebracht, in unzählige Prozesse verwickelt – es begann für ihn eine jahrelange Tragödie. Depressionen, Alkoholabstürze prägten sein Leben. Mitte der 80er Jahre gelang ihm mit dem Album „Centerfield“ das Comeback, das Album stieg an die Spitze der US-Charts. Die folgenden Platten sollten diesen Erfolg jedoch nicht wiederholen, erst über 10 Jahre später, 1997, gelang ihm mit „Blue Moon Swamp“ wieder ein herausragendes Werk, das als „bestes Rockalbum“ mit einem Grammy ausgezeichnet wurde. Fogerty erzählt hier anschaulich und bewegend seine vergleichslose Lebensgeschichte, von Verrat, Betrug aber auch davon, dass letztendlich sein Leben wieder in die richtige Spur zurückfand, als er mit seiner zweiten Frau Julie die Liebe seines Lebens fand. Fogerty ist sicher ein wesentlich besserer Musiker als Schriftsteller. Grundsätzlich hätte es dem Werk nicht geschadet, wenn er sich, wie die meisten seiner Kollegen, einen in der Schriftstellerei erfahrenen Helfer an die Seite geholt hätte. Aber das hätte seiner Persönlichkeit entgegen gewirkt, denn Fogerty ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Selfmade-Mann, der es gewohnt ist, seine Arbeiten allein zu erledigen (wie er auch einige seiner Platten im Alleingang aufnahm und alle Instrumente selbst spielte). Trotzdem liest sich das 448 Seiten lange Werk spannend und flüssig, Fogerty beschönigt nichts, ist ehrlich und agiert vorsichtig mit Schuldzuweisungen – der nächste Prozess würde nicht lange auf sich warten lassen! „Mein Leben – Meine Musik“ ist die unvergleichbare und unglaubliche Geschichte eines Musikers, dem so übel mitgespielt wurde wie keinem anderen seiner Gilde und die dennoch in einem vorläufigen Happy End mündet. Nicht nur für CCR/Fogerty-Fans sehr empfehlenswert.

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MUSIK zum LESEN

PETER KNORN

Fargo «Pedder» Knorn erzählt

Bis hierhin und so weiter 20 Jahre Rock'n'Roll SPV hh. Der Hannoveraner Bassist Peter Knorn, vielen besser bekannt als „Fargo-Peter“, gehört seit den 70ern zu den bekannten Figuren der deutschen Rockszene. Mit seinen Bands Fargo und Victory schrieb er ein durchaus erfolgreiches Stück deutsche Rockgeschichte, auch wenn es für den ganz grossen Durchbruch nicht reichen sollte. Schweizer Rockfans dürfte zumindest Victory auf jeden Fall ein Begriff sein, war

doch der ex-Netz-Sänger Fernando Garcia für einige der erfolgreichsten Jahre Frontmann der Hannoveraner Truppe. ? evor Knorn nach 20 Jahren 1993 seinen Bass an den Nagel hängte, war er auf den weltweiten Bühnen unterwegs und veröffentlichte mit seinen beiden Bands Fargo und Victory ein gutes Dutzend Alben. Im Anschluss an seine Musikerkarriere verdingte er sich als Manager für Acts wie Glenn Hughes, Uli Jon Roth, Michael Schenker und UFO. Daneben betrieb er ein kleines, aber durchaus feines Plattenlabel. Seine „Ein- und Ansichten eines Bassisten“, so der Untertitel seiner (vorläufigen) Biografie, geben einen humorvollen und über weite Strecken spannenden Einblick in die Ups und Downs einer deutschen Hardrockband auf der Suche nach dem „Topf voll Gold“. Knorn beweist dabei mit witzigen Wortspielereien sein Talent als sehr unterhaltsamer Erzähler. Dass er sich selbst nicht allzu ernst nimmt, sogar seine Fähigkeiten als Bassist als relativ beschränkt darstellt, lässt ihn ehrlich und liebenswert erscheinen, zumal er in seinen hier aufgeschriebenen Erinnerungen Tatsachen und Fakten beim Namen nennt, aber nie bösartig nachtritt. „Bis hierhin und so weiter“ sorgt für stundenlanges

Foto: Rockhard

Lesevergnügen und ist jedem Rockfan dringend zu empfehlen. Und da „Fargo-Pedder“ sich ja wohl noch nicht gänzlich aus dem Musikbusiness verabschiedet und noch so einige Lebensjahre vor sich haben dürfte, darf man hoffen, dass „Bis hierhin und so weiter“ eine Fortsetzung bekommt. Wir würden uns sehr freuen!

MICHAEL DÜBLIN Der kalte Saphir Verlag Johannes Petri

hh. Erzählt wird in diesem Roman die fiktive Geschichte einer in den späten 70ern sehr erfolgreichen Berliner Rockband namens Klarstein, deren Karriere durch die Ermordung ihres Sängers und Leaders ein abruptes Ende nahm. Die Umstände des Todes vom Klarstein-Chef Jerome wurden nie geklärt. Über dreissig Jahre später interviewt die ehrgeizige Journalistin Jule Sommer den ehemaligen KlarsteinTontechniker Sebastian Winter, der zurückgezogen auf einer griechischen Insel lebt, um Licht in den mysteriösen Tod von Jerome und das rätselhafte Verschwinden der Klarstein-Schlagzeugerin Zed, die gleichzeitig Jeromes Geliebte war, zu bringen. Auch wenn der damalige Mord zum Schluss (nicht sehr überraschend)aufgeklärt wird, bleibt vieles, wie die Geschichte von Zed (eine der wichtigsten Figuren) im Dunkeln. Zudem erscheinen einige Handlungsstränge arg konstruiert und die Geschichte im Ganzen doch sehr diffus. Trotzdem ist „Der kalte Saphir“ ein spannender Roman mit zum Teil faszinierenden Protagonisten, der jedoch auf Grund seines „offenen“ Endes nach einer Fortsetzung verlangt.

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DVD/BluRay THE ROLLING STONES Totally Stripped Eagle Rock

DVD/BluRay Richtig interessant wird es dann allerdings bei der DVD, die dem Zuschauer im Rahmen einer 90-minütigen Dokumentation einen Blick hinter die Kulissen der damaligen Tour gewährt und insbesondere die drei Konzerte in London, Paris und Amsterdam näher beleuchtet. Ganz besonders aufschlussreich sind die bisher unveröffentlichten Interviews aus der damaligen Zeit, in denen die vier Stones noch einmal die Unterschiede zwischen einer gigantischen Stadion-Tour und einer klassischen Club-Show beleuchten. Hier wird dann auch schnell klar, dass Mick, Keith, Charlie und Ronnie trotz der gigantischen Maschinerie, die sich um ihre Band inzwischen gebildet hat, im Kern noch immer vier Musiker sind, die ihre Kunst ernst nehmen und sich gegenseitig wirklich zu schätzen wissen. Wer sich darüber hinaus für eine der Deluxe-Editionen entscheidet, der erhält zusätzlich zur CD und der DVD mit der "Stripped"Dokumentation noch drei weitere DVDs. Enthalten sind auf diesen jeweils die kompletten Konzertmitschnitte aus dem Paradiso in Amsterdam, dem L'Olympia in Paris und aus der ehrwürdigen Brixton Academy in London, sodass diese Edition dem eingefleischten Fan der Briten die absolute Vollbedienung liefert.

Auf ein neues Studioalbum der größten Rockband unseres Planeten müssen die Fans zwar weiterhin warten, trotzdem liefern die Rolling Stones ihren Anhängern auch in diesem Jahr neues Futter, denn die britischen Rock-Dinosaurier durchforsten weiter ihre Archive und geben erneut Einblicke in ihre mittlerweile über 50-jährige Bandgeschichte. Nach der tollen "From The Vault"-Serie steht nun das Livealbum "Stripped" aus dem Jahr 1995 im Fokus, dessen Entstehung mit dem neuen Boxset "Totally Stripped" beleuchtet wird, das als CD/DVD-Version und in verschiedenen erweiterten Formaten in die Läden kommt. Bevor wir uns allerdings dem visuellen Bonusmaterial der verschiedenen Editionen zuwenden, werfen wir zuerst einmal einen Blick auf die beiliegende CD und die darauf enthaltenen Songs. Geboten wird dabei ein Best-Of-Zusammenschnitt aus allen drei intimen ClubKonzerten, die die Stones auf der "Voodoo Lounge"-Tour 1995 in Amsterdam, London und Paris spielten und die allesamt als Ausgangsmaterial für das ursprüngliche "Stripped"-Album dienten. Während sich die originale Veröffentlichung dabei hauptsächlich auf selten gespielte und eher akustische Versionen von Songs wie 'Shine A Light', 'Like A Rolling Stone', 'Street Fighting Man' oder 'Faraway Eyes' konzentrierte, kommen dieses Mal auch die Klassiker der damaligen Setlist wie 'Jumpin' Jack Flash', 'Honky Tonk Woman' oder 'Brown Sugar' zum Zuge. Im Vergleich zu den vielen LiveMitschnitten aus den großen Arenen dieser Welt beschleicht den Hörer dabei schnell das Gefühl, dass Mick Jagger und seine Mitstreiter auch heute noch im Herzen eine echte Bar-Band sind, die gerade im Setting eines so intimen Konzerts zu wahrer Höchstform aufläuft. Ganz besonders ist das bei den grandiosen Versionen von 'Gimme Shelter', 'Midnight Rambler' und 'Rip This Joint' zu hören, die auf "Totally Stripped" allesamt in einem ganz neuen Glanz erstrahlen. Ein ganz besonderes Higlight ist außerdem die rare LiveAufnahme von 'I Go Wild' vom "Voodoo Lounge"-Album, denn die damalige Tour sollte einer der wenigen Anlässe bleiben, bei dem dieser Track auf der Bühne performt wurde.

Insgesamt ist "Totally Stripped" damit ein weiterer gelungener Release aus den Archiven der Stones geworden, der auch jüngeren Fans einen tieferen Einblick in diesen Abschnitt der Karriere der Rock-Giganten aus London gewährt. Aber auch eingefleischte Stones-Jünger, die bereits "Stripped" im Schrank stehen haben, sollten sich nicht durch den ähnlichen Titel vom Kauf abschrecken lassen, denn neben wenigen Überschneidungen in der Tracklist der CD wird hier ausschließlich frisches und bisher unveröffentlichtes Material geboten, womit die größte Rockband der Welt erneut demonstriert, wie eine standesgemäße Verwaltung der eigenen Archive funktioniert. Quelle: jpc schallplatten


LIVE REVIEWS BLACK SABBATH, RIVAL SONS 15.6.2016

Zürich, Hallenstadion

Fotos: Ian Keates

lg. Laut Ankündigung und dem Titel der Tour ("The End") handelt es sich um die letzten Auftritte der Legende Black Sabbath aus Birmingham, welche vor allem mit ihren sechs ersten Alben nach wie vor unglaublichen Einfluss auf den Heavy Metal ausüben und als einer der Begründer und Wegbereiter des Genres gelten. Kein Wunder war somit, dass das Hallenstadion bis fast auf den letzten Platz gefüllt war – auch viele Fans aus den angrenzenden Ländern waren angereist und liessen sich von den stolzen Ticketpreisen nicht abschrecken. Erstmals waren die Anheizer Rival Sons an der Reihe, welche mit ihrem guten Retro-Rock bereits für Stimmung sorgen konnten. Leider wirkte die Band auf der grossen Bühne etwas verloren. Nach einer kurzen Pause läuten danach pünktlich die Glocken und es gibt kein Halten mehr, als die Herren Ozzy Osbourne, Tony Iommi, Geezer Butler und Drummer Tony Clufetos die Bühne betreten und den Überdoomer "Black Sabbath" zum Besten geben. Die Band, welche an den Keyboards vom stets im Hintergrund agierenden Keyboarder Adam Wakeman (der Sohn von Rick Wakeman von Yes) unterstützt wird, feuert ein wahrliches Best-Of Feuerwerk ab. Mit Ausnahme des vom Publikum mässig aufgenommenen "Dirty Woman" (vom etwas schwächeren Technical Excasy"-Album) finden sich nur Hits in der 14 Songs umfassenden Setlist: "After Forever", "Snowblind", "Into The Void", "War Pigs", "N.I.B.", "Iron Man", "Children Of The Grave" und die Zugabe "Paranoid", bei welcher es im Publikum kein Halten mehr

gibt. Die Band zeigt sich sehr spielfreudig und Ozzy liefert, obwohl er einige Male etwas daneben singt, eine solide, wenn auch nicht sehr spritzige Show. Sein Aktionsradius ist etwas eingeschränkt und seine Bewegungen wirken etwas fahrig, aber anders kennt man Ozzy ja nicht. In der Mitte des Sets (beim Song "Rat Salad") erhält Drummer Tony Clufetos Zeit für ein langes Drum-Solo, damit sich die gesetzteren Herren offensichtlich etwas ausruhen können. Neben der grossartigen Songauswahl, welche hingebungsvoll von der Band vorgetragen wird, überzeugen sowohl der geniale und glasklare Sound als auch die gigantische Light-Show, welche von Videoanimationen untermalt wird. Das war es somit von Black Sabbath und mit diesem letzten grandiosen Auftritt in der Schweiz hat sich der Kreis zu den ersten Gigs der Band auf Zürcher Boden geschlossen, als Black Sabbath als damals noch unbekannte Band für mehrere Wochen im Niederdorf aufgetreten sind (1969 im Hotel Hirschen). Danke für alles, Ozzy, Tony, Geezer…und Bill (Ward).

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LIVE REVIEWS KORN, SIXX:A.M.

16.6.2016 Pratteln, Z7

Fotos: Dani Strub

ip. Bei dieser Kombination aus hochkarätigen Bands entscheidet eigentlich nur die Spielreihenfolge, wer der Headliner des Abends ist. In diesem Fall wurde Korn ausgewürfelt (nein, natürlich war die Nu-Metal-Ikone von vornherein der musikalische Gastgeber), was anhand der anwesenden Fanschar allerdings nicht ganz so offensichtlich war, denn da hielt sich das Gefolge beider Bands ungefähr die Waage. Zumindest konnte man anhand der Publikumsreaktionen nicht ausmachen, wer jetzt wen genau besser fand. Sixx:A.M., die Band um ExMötley Crüe-Basser Nikki Sixx, legten eine hervorragende Show auf die Bühne und man durfte sich begründet fragen, wie Korn das noch überbieten wollten: Kostüme, Kriegsbemalung, zwei knackige Backingsängerinnen und eine exzellent vorgetragene Songauswahl legten eine hohe Messlatte. Alles andere wäre allerdings auch Unfug gewesen, denn Sixx, DJ Ashba und Sänger James Michael sind alles gestandene Profis. Dass die Herren sich nicht zu schade dafür sind als Supportact aufzutreten, verdient vor allem deshalb einen mit sehr aneinander und zu „Shoots And Ladders“ durfte auch Jonathan Davis' Dudelsack auf die Bühne. Drummer Ray Luzier solierte sich hinüber zu „Blind“, bei dem Nikki Sixx als Verstärkung mitspielte und dann gab es tatsächlich mit „Twist“ einen Überraschungsmoment, denn Davis kriegt das Kauderwelschgebelle immer noch genau so hin, wie man es 1996 auf „Life Is Peachy“ schon nicht verstanden hat. Gross! Irgendwo war noch ein Metallica-Anspieler drin und „Did My Time“ und „Y'All Want A Single“ beschlossen mit der Coverversion von Pink Floyds „Another Brick In The Wall“ das reguläre Set. Als Zugaben rührten „4 U“, „Got The Life“ und das unverwüstliche „Freak On A Leash“ noch ein letztes Mal das Publikum gut durch. Eine Menge zufriedene, zertanzte, blinde, taube und verdauungsbeschleunigte Fans verliessen danach das Z7 und so, wie man die Gesichter deuten konnte, werden sie noch ihren Enkeln von dieser Nacht erzählen. viel Respekt gezogenen Hut, weil die Gründung der Band mittlerweile fast zehn Jahre her ist und sie es weiss Gott nicht mehr nötig hätten. Dass James Michael, ein unglaublich guter Sänger übrigens, mit freundlichen Ansagen das Publikum auf seine Seite holte, erhöhte den Sympathiebonus um weitere Punkte. Im Repertoire fanden sich an diesem Abend unter anderem „This Is Gonna Hurt“ oder „Life Is Beautiful“, aber auch die Hymne „Rise“ oder „When We Were Gods“ vom neuen Album und „Stars“ vom Vorgänger „Modern Vintage“. Sixx:A.M. konnten das ausverkaufte Z7 durch die Bank überzeugen und überliessen Korn nach rund einer Stunde eine gut eingeheizte Halle. Überraschend war an diesem Abend, dass sich unter den Korn-Fans eine Menge junger Leute befanden, die Mitte der Neunziger eigentlich noch zu jung waren oder noch gar nicht auf der Welt gewesen sein konnten, um die Anfänge der Kalifornier mitbekommen zu haben. Da Korn aber seitdem fleissig und in regelmässigen Abständen Alben veröffentlicht hatten, konnte sich die Band auch in die Nu-Metal-Herzen der Jugend spielen, denn es gibt nach wie vor schlicht keine vergleichsweise Band, die den scheppernden Stakkato-Bass so mit mächtigem Drumrhythmus vereint. Auch hier: Respekt an die Innovation und das Aufrechterhalten des Ikonenstatus'. Korn schoben eine so gewaltige Soundwand quer durch das Z7, dass man selbst in der hintersten Ecke des Z7 noch spüren konnte, was man am Vortag zu Abend gegessen hatte. Gleichzeitig bogen sich die Trommelfelle nach innen und empfindliche Menschen hätten über Herzrhythmusstörungen klagen können. Was die Optik angeht, hatten Korn vermutlich ihr eigenes AKW dabei und sorgten mit gefühlten 1000 Lumen pro Watt für akute Netzhautablösung. Wer seine Sonnenfinsternisbrille dabei hatte, konnte beobachten, wie die Strahler auf dem Mars Krieg auslösten. (Womit übrigens auch die Frage geklärt werden konnte, wie Korn die Show von Sixx:A.M. noch übertrumpfen wollten.) Die Setlist wartete nach dem Opener „Right Now“ direkt mit „Here To Stay“ auf, das aus dem Publikum eine kompakte Stampfeinheit machte. „Somebody Someone“, „Narcissistic Cannibal“, „Falling Away From Me“ und „Coming Undone“ knüpften sich dann nahtlos zu einer bandhistorischen Perlenkette

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LIVE REVIEWS STEEL PANTHER, THE DEAD DAISIES 8.8.2016 Zürich, Komplex 457

Fotos: Yves Jud

mv. Das Komplex 457 ist für einen Montagabend schon sehr gut gefüllt, als die Supergroup The Dead Daisies unter viel Applaus die Bühne entert. Die Band hat gerade ihr drittes Album „Make Some Noise“ veröffentlicht und ist heiss darauf, das neue Material live vorzustellen. Wer im Vorfeld vielleicht etwas enttäuscht war, dass die Musiker Dizzy Reed und Richard Fortus wieder zu Guns'n'Roses zurückgekehrt sind und deshalb nicht hier auf der Bühne stehen, wird aber schnell vom neuen Line-Up überzeugt und mitgerissen. Die hochkarätige Besetzung besteht zur Zeit aus Sänger John Corabi (Mötley Crüe), Basser Marco Mendoza (Thin Lizzy, Whitesnake), Schlagzeuger Brian Tichy (Ozzy Osbourne, Foreigner) sowie den beiden Gitarristen David Lowy (Red Phoenix) und Doug Aldrich (Whitesnake, Dio). Die Band zeigt eine Spielfreude und zockt ihre Songs mit dermassen Power und Souveränität, dass kaum jemand in der Halle still stehen bleibt. Und es zeugt für die Qualität der eigenen Songs, dass Granaten wie „Mainline“ und Ohrwürmer wie „Song And A Prayer“ neben den sehr starken Coverversionen (z.B. „Midnight Moses“ der Alex Harvey Band oder das killergeile „Fortunate Son“ der Creedence Clearwater Revival) locker bestehen können. Ausserdem ist es halt immer eine immense Freude, dem Gitarrengott Doug Aldrich aus solcher Nähe bei seinen wunderbaren Gitarrenleads- und Soli zuschauen zu können. Und John Corabi singt und lebt den Rock'n'Roll auf der Bühne aus jeder Pore und ist der perfekte Frontmann für eine solche Classic Rock Superband. Viele Besucher, welche die Band nicht kannten sind jedenfalls nach der Show total begeistert. Von den Dead Daisies werden wir sicher noch so einiges zu hören bekommen in Zukunft. Dann ist es Zeit für die Spassvögel und Glamrocker von Steel Panther. Die Band taucht ja mittlerweilen sehr regelmässig hier in Zürich auf und läuft etwas Gefahr, dass sich einige Witze und Abläufe abnutzen könnten. Doch obwohl dies tatsächlich teilweise eintrifft, machen dies die Herren Michael Starr (Gesang), Satchel (Gitarre), Lexxi Foxx (Bass und Spiegel) und Stix (Schlagzeug) mit unglaublichem Entertainment, mitreissender Spielfreude und technisch hochstehender Spieltechnik locker wett. Schon beim metallischen Opener „Eyes Of A Panther“ hat die Band das Publikum sofort voll in den Bann gezogen und lässt die Mädels kreischen. Auf der Bühne wird um die Wette gepost, während Songs wie „Tomorrow Night“, „Fat Girl (Thar She Blows)“, „Party Like Tomorrow Is The End Of The World” und “Asian Hooker” zeigen, dass die Panthers tatsächlich schon einen ganzen Haufen an Bockstarken Mitsing-Hymnen im Repertoire haben. Zwischen den Songs wird auf der Bühne gewitzelt und ordinär provoziert, aber genau das wollen die Leute bei Steel Panther ja schlussendlich haben. Satchel zeigt nicht nur bei seinem sehr unterhaltsamen Gitarrensolo, was für ein begnadeter Gitarrist er ist. Seine technischen Fähigkeiten beeindrucken bei jedem Song aufs Neue und werten die sonst eher simplen Songs enorm auf. Umso später die Nacht, umso freizügiger werden die Girls. Und bei „17 Girls In A Row” sind dann schlussendlich sogar einiges mehr als 17 Girls auf der Bühne und tanzen oder strippen um die Wette. Den Jungs gefällt's, so dass das Finale mit „Gloryhole“, „Community Property“ und „Party All Day (Fuck All Night)“ zur absoluten Megaparty ausartet. Die Stimmung in der Halle kocht und könnte kaum besser sein. Nach der Zugabe „Death To All But Metal“ ist klar, dass Steel Panther trotz aller Klischees und übertriebener Provokation oder etwas abgenutzten Witzen einfach eine bärenstarke Liveband sind, welche mit jedem Konzert eine riesige Party veranstaltet und pure, tolle Unterhaltung bietet. Respekt und… let there be Glam!

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LIVE REVIEWS WHITESNAKE, THE ANSWER 9.8.2016

Z7, Pratteln

Fotos: Marion Gross

ip. Freud und Leid liegen nah beieinander. An diesem Abend war die Freude in Form von The Answer anwesend, die den ausverkauften Abend einläuteten. Wer die sympathischen Iren bereits live gesehen hat, der kennt ihre energetische Performance und weiss um ihr Herzblut und den Spass, den sie mit ihren Fans teilen. Im Rahmen ihrer „Rise“-Tour, auf der sie ihr Debut aus dem Jahr 2006 aufführen, standen sie an diesem Abend als Support von Whitesnake auf der Bühne und mussten ihren Set etwas abkürzen. Trotzdem waren „Under The Sky“, „Never Too Late“, „Come Follow Me“ und „Preachin'“ grossartig und mit den beiden nagelneuen Songs „Thief Of Light“ und „Solas“ konnte das Publikum die Marschrichtung des im Oktober erscheinenden Albums ausmachen. Mitsingparts, spielerisches Können, eine wunderbare Atmosphäre bei „Thief Of Light“ und eine ungewohnte, aber der Band gut stehende Düsternis in „Solas“ haben durchweg überzeugt. The Answer konnten mit Bestimmtheit einen guten Teil des Publikums für ihren nächsten Auftritt im Z7 am 28. November mit den Dead Daisies begeistern. Aufgrund des Interviewtermins mit The Answer (siehe diese

Ausgabe), das nach deren Show und somit zeitgleich wie der Auftritt von Whitesnake stattfand, war es mir erst nach Aldridges Drumsolo möglich, dem Konzert beizuwohnen. Aus diesem Grund, und der ausgeglichenen Berichterstattung halber, hat Musikredakteur Nummer Eins und langjähriger Whitesnake-Fan Dani Beck in seinen Worten den Abend ebenfalls zusammengefasst (siehe Anschluss). Man muss einen Musiker grundsätzlich nicht nett finden, um seine Leistung zu würdigen. Insofern tippe ich an meine Hutkrempe, weil David Coverdale vor langer Zeit ein grossartiger Sänger war, der vor einem entsprechend grossen Publikum grosse Erfolge feiern durfte. Das man sich jetzt aber unglaublich lächerliches Diven-Getue herausnimmt, wenn man gesanglich noch nicht mal im Ansatz eine Rechtfertigung dafür vorweisen kann (obwohl es für Arroganz nie eine Rechtfertigung gibt), spottet jeglicher Beschreibung. Anstatt altersgerechte Würde zu zeigen und zu akzeptieren, dass man

auch gut kleinere Brötchen backen kann, ohne sich Zacken aus der Krone zu brechen, krächzte Coverdale während der letzten vier Songs dermassene Frechheiten an „Tönen“ ins Mikrofon, dass man gar nicht wusste, ob man lachen oder weinen sollte. Wo sich die Jungs von The Answer nach ihrer Show gut gelaunt unter das Publikum mischten, sich mit den Leuten unterhielten, Autogramme gaben und Fotos machten, konnte Coverdale höchstens mit einem an Verhältnisblödsinn nicht mehr zu überbietenden Sicherheitskonzept ein paar mehr Lächerlichkeitspunkte auf seiner Liste notieren. Nein, danke! Die Band war übrigens wirklich gut und die Songs sind nach wie vor Klassiker.

Dani Beck: Die Stimmung im restlos ausverkauften Z7 war ausgezeichnet. Vom ersten Ton an wurde mitgeklatscht und mitgesungen und die bald vier Jahrzehnte dauernde Karriere von David Coverdale's Whitesnake gefeiert. Dass der Sänger stimmlich nicht mehr ganz auf der Höhe ist, wissen Kritiker und Fans schon lange. Auch der alternde GentlemanRocker ist sich bewusst, dass das Tourleben seinen Tribut gefordert hat und seine Stimme – je nach Tagesform – auch für hartgesottene Fans an der Grenze des Zumutbaren ist. Doch DC hat mittlerweile einen Weg gefunden, um seine Defizite weitgehend zu kaschieren, seine Stimme (und unsere Ohren) zu schonen. So sang er mal eine Etage tiefer, überliess Gesangsparts seinen Mitmusikern – oder auch den Fans, die ihn aus voller Kehle unterstützten. Um dem Boss weitere Verschnaufpausen zu gönnen, lieferte jeder Instrumentalist seinen Solo-Part ab. Bis auf das verpatzte Keyboard-Intro zu „Here I Go Again“ zeigte die hochkarätig besetzte Band beim Greatest-HitsProgramm eine tadellose Leistung. Dass Whitesnake seit der Amerikanisierung Mitte der 80er Jahre nicht mehr „Walking In The Shadow Of The Blues“ sind und Mr. Coverdale auf fremde Hilfe angewiesen war, tat der Euphorie im Publikum keinen Abbruch. Die Fans genossen die vielleicht allerletzte Schweizer Show der weissen Schlange in vollen Zügen. (Anm. der Redaktion: Offizielle Fotos von dieser WhitesnakeShow gibt es übrigens keine, denn selbst akkreditierten Fotografen, die zum Teil lange Anfahrtswege auf sich genommen hatten, wurde kurz vor dem Konzert untersagt, ihren Beruf auszuüben.)

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KONZERTKALENDER AMON AMARTH

BILLY TALENT

DESTRUCTION, FLOTSAM&JETSAM

JOJO MAYER & NERVE

16.11. Zürich, Komplex 457

22.11. Zürich, Volkshaus

15.9. Pratteln, Z7

28.9. Zürich, Kaufleuten

ANDREAS KÜMMERT & BAND

BIRDY

DIE FANTASTISCHEN VIER

JOYFUL NOISE

26.11. Pratteln, Z7

27.9. Zürich, Kongresshaus

18.1. Zürich, Hallenstadion

23.9. Luzern, Schüür

ANGELIQUE KIDJO

BLIND BUTCHER, ZLANG ZLUT

DIRE STRATS

J.P. HARRIS & TOUGH CHOICES

29.11. Zürich, Kaufleuten

22.10. Luzern, Schüür

14.10. Pratteln, Z7

15.9. Luzern, Schüür

ARCH ENEMY

BLUES PILLS, KADAVAR

DONOTS

KELVIN JONES

21.9. Pratteln, Z7

22.10. Pratteln, Z7

25.11. Zug, Galvanik

17.10. Zürich, Mascotte

AUGUSTA RAURICA LIVE: FISH,

BULLET FOR MY VALENTINE

EARTH, WIND & FIRE EXPERIENCE

KILLING JOKE

TANGERINE DREAM, TYA u.a.

8.11. Zürich, Komplex 457

18.11. Zürich, Kaufleuten

11.11. Zürich, Dynamo

3.-11.9. Augst

CARO EMERALD

ELEMENT OF CRIME

KISSIN DYNAMITE

BARCLAY JAMES HARVEST

3.11. Zürich, Kaufleuten

17.11. Luzern, Schüür

27.10. Pratteln, Z7

21.11. Zürich, Volkshaus

CLUTCH

ELTON JOHN

KORPIKLAANI

BASCHI

6.12. Pratteln, Z7

8.12. Zürich, Hallenstadion

5.11. Solothurn, Kofmehl

15.10. Hunziken, Mühle

CRAZY DIAMOND

EQUILIBRIUM, HEIDEVOLK u.a.

LACUNA COIL

29.10. Kirchberg, Eintracht

11.11. Lyss, KUFA

11.10. Pratteln, Z7

7.11. Pratteln, Z7

25.11. Lyss, KUFA

2.+ 3.12 Pratteln, Z7

EUROPE

L'AME IMORTELLE

2.12. Wetzikon, Scala

CRYSTAL FIGHTERS

16.11. Zürich, Volkshaus

8.10. Pratteln, Z7

9.12. Baden, Nordportal

7.11. Zürich, Xtra

FEUERSCHWANZ, IGNIS FATUU

LAURA PAUSINI

10.12. Gelterkinden, Marabu

DAN BAIRD & HOMEMADE SIN

28.10. Pratteln, Z7

20.10. Zürich, Hallenstadion

16.12. Hasliberg, Wetterhorn

19.10. Luzern, Schüür

FIDDLER'S GREEN

21.10. Genf, Arena

BEHEMOTH

DEE DEE BRIDGEWATER

19.11. Pratteln, Z7

LIVE WIRE

29.10. Luzern, Schüür

23.10. Luzern, KKL

GLASPERLENSPIEL

16. + 17.12. Pratteln, Z7

BEN HARPER & INNOCENT CRIMIN.

DELAIN, EVERGREY

29.9. Bern, Bierhübeli

MANFRED MANN'S EARTHBAND

3.10. Zürich, Hallenstadion

30.10. Pratteln, Z7

30.9. Zürich, X-Tra

3.10. Pratteln, Z7

GÖTZ WIDMANN

MARIA MENA

9.9. Luzern, Schüür

6.11. Zürich, Kaufleuten

GRAVEYARD

MARK FORSTER

20.10. Pratteln, Z7

28.11. Zürich, Xtra

GREGOR MEYLE

METALSTORM Vol. 4: MOONSPELL,

1.12. Zürich, Volkshaus

BLACK SUN AEON, WOLFHEART,

HENRIK FREISCHLADER TRIO

CONTORSION, BLOODSTAINED GR.

23.11. Zürich, Kaufleuten

1.10. Luzern, Schüür

HILLBILLY MOON EXPLOSION

MICHAEL MONROE

3.9. Aarburg, Route 66 Festival

10.10. Zürich, Dynamo

INCOGNITO

MOTHERS FINEST

30.11. Zürich, Kaufleuten

8.9. Zürich, Kaufleuten

IN EXTREMO

NADA SURF

20.10. Zürich, Komplex 457

16.11. Luzern, Schüür

JAEL

NEW MODEL ARMY

15.9. Lyss, KUFA

23.10. Luzern, Schüür

JEAN MICHEL JARRE

NICKELBACK

18.11. Zürich, Hallenstadion

13.9. Zürich, Hallenstadion

25.11. Genf, Arena

NOUVELLE VAGUE

JENNIFER ROSTOCK

4.12. Zürich, Kaufleuten

15.9. Zürich, Exil

OROPAX

JETHRO TULL

23.+24.9. Luzern, Schüür

13.+14.11. Basel, Musical Theater

OVERKILL, CROWBAR

JOHNNY CASH ROADSHOW

2.11. Zürich, Dynamo

präsentiert

PJ HARVEY

25.10. Zürich, Hallenstadion(Club)

ALTER BRIDGE

11.12. Basel, St. Jakobshalle

1.11. Pratteln, Z7


KONZERTKALENDER PAUL SIMON

15.10. Basel, Volkshaus

15.11. Zürich, Hallenstadion

16.10. Zürich, Kaufleuten

PETER MAFFAY & TABALUGA

THE BOXER REBELLION

17.12. Zürich, Hallenstadion

18.9. Luzern, Schüür

PINK MARTINI

THE BREW

11.10. Zürich, Kaufleuten

18.11. Lyss, KUFA

PLACEBO

THE CHAINSMOKERS

16.11. Zürich, Hallenstadion

13.10. Zürich, Xtra

RED HOT CHILI PEPPERS

14.10 Lausanne, Docks

5.+ 6.10. Zürich, Hallenstadion

THE CURE

RIVAL KINGS

4.11. B asel, St. Jakobshalle

8.10.Luzern, Schüür

THE LURKERS

ROBERT CRAY BAND

19.11. Zug, Galvanik

15.10. Zürich, Kaufleuten

THE BLUES BROTHERS BAND

ROCKABILLY FESTIVAL

12.10. Zürich, Kaufleuten

23.-25.9. Lyss, KUFA

THE QUIREBOYS

ROYAL REPUBLIC

21.11. Pratteln, Z7

14.10. Zürich, Dynamo

TROUBAS KATER

RUNRIG

4.11. Zug, Galvanik

2.11. Zürich, Volkshaus

UGLY KID JOE

SAXON, GIRLSCHOOL

31.10. Luzern, Schüür

9.12. Pratteln, Z7

28.10. Lyss, KUFA

SCHILLER

UP IN SMOKE FESTIVAL: ELECTRIC

10.10. Zürich, Hallenstadion

WIZZARD, TRUCKFIGHTERS, ELDER,

SEASICK STEVE

PENTAGRAM, MONKEY 3, COUGH,

2.11. Zürich, Kaufleuten

1000 MODS, YAWNING MAN u.a.

SHARON ROBINSON

30.10.+1.11. Pratteln, Z7

13.9. Zürich, Plaza

VANDEN PLAS

SIRENIA, TYR, UNLEASH THE ARCH.

9.9. Pratteln, Z7

18.11. Zug, Galvanik

VOLBEAT

SIVERT HOYEM

5.11. Genf, Arena

12.10. Winterthur, Salzhaus

8.11. Zürich, Hallenstadion

13.10. Bern, Bierhübeli

WALTER TROUT

SLAM & HOWIE

8.11. Pratteln, Z7

3.9. Oberarth, Horseshoe

WAYNE GRAHAM

10.9. Jaun, Oktopenair

9.11. Luzern, Schüür

SLUM VILLAGE

WHIGFIELD

8.9. Luzern, Schüür

15.10. Zug, Galvanik

SONATA ARCTICA

WILCO

19.10. Pratteln, Z7

15.11. Zürich, Volkshaus

SUNS OF THYME

WIZO

20.10. Luzern, Schüür

6.12. Zürich, Volkshaus

STATUS QUO

YOUSSOU N'DOUR

15.10. Zürich, Hallenstadion

21.11. Zürich, Kongresshaus

TARJA

Y&T

18.10. Pratteln, Z7

18.9. Pratteln, Z7

THE ANSWER, DEAD DAISIES

ZUCCHERO

28.11. Pratteln, Z7

31.10. Zürich, Hallenstadion

THE BASEBALLS

2.11. Genf, Arena

13.10. Lausanne, Docks 14.10. Bern, Bierhübeli


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« Déjà Voodoo»

CD signiert

EPICA «The Holographic Principle» CD

KONZERT-TICKETS: 2 x 2 Tickets für

6 x TRACKS Frei Haus SFr. 20.-

THE DEAD DAISIES «Make Some Noise» CD

PJ HARVEY 25.10. Zürich, Hallenstadion(Club)

ALTER BRIDGE Special Guests: GOJIRA

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