Tracks 2 17 (März/April)

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No. 2/2017 März/April 7. Jahrgang

Das einzige Schweizer Gratis-Magazin für musikalische Lebenskultur

mit g Sch rosse w Sze eizer m ne T eil

>POP >ROCK >METAL >INDIE/ALTERNATIVE >COUNTRY/AMERICANA >SWISS >BLUES

RAG N BONE MAN DANKO JONES AMY MCDONALD RHONDA * XIXA PHIL RUDD BELA B * CREEPER RETO BURRELL LES SAUTERELLES THE BEATLES

DREAM THEATER * THE GATHERING MEMORIAM * SUICIDAL SILENCE JENNIFER ROSTOCK * MANOLO PANIC BLUES FESTIVAL BASEL * CZAR FEST

>WORLD

Unbegrenzte Haltbarkeit



Inhalt FEATURES / INTERVIEWS: - RAG N BONE MAN

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Ein Bär mit Soul

- RHONDA

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Soundtrack-Fans

- CREEPER

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Mehr als eine Band

AMY MACDONALD

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- XIXA

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Die Wüste lebt

Pause beendet! Die Schottin meldet sich mit einem neuen Album zurück und macht einmal mehr deutlich, dass sie mit den üblichen Pop-Prinzessinen nicht viel gemeinsam hat.

- DANKO JONES

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Mr. Rock´n´Roll

DEEP PURPLE

22 - BELA B

20

Ein Arzt im Wilden Westen

- PHIL RUDD

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AC/DC Motor Solo

- SUICIDE SILENCE

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Back On Track

Sie sind das Urgestein des britischen Hardrocks und immer noch eine der grössten Bands der Welt. Dass in ihnen auch nach einem halben Jahrhundert das Feuer immer noch heiss lodert und die Kreativität ungebrochen ist, beweist das grandiose neue Album.

- MEMORIAM

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Fulminantes Debüt

- THE BEATLES

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DVD-Doku und Live-CD

- THE GATHERING

RETO BURRELL

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Retrospektive

Schweizer Szene:

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- MANOLO PANIC

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Einflüsse bündeln

- LES SAUTERELLES

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Jubiläum im himmlischen Club

- BLUES FESTIVAL BASEL 53 Der Innerschweizer Singer/Songwriter gehört zweifellos zu den besten seines Fachs in Europa. Seine herausragende Fähigkeit wunderschöne Folk-Pop-Songs zu schreiben, demonstriert er eindrücklich auf seinem neuen Album.

Reviews 6 Mainstream/Indie/Alternative Andy Summers, Blondie, Gregor Meyle, Michael Bolton, Egg Bites Chicken, Train...

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Hard/Heavy/Metal Emmure, Firewind, Grave Digger, Lancer, Jack Russel´s Great White, Stephen Pearcy...

42

Swiss Al Terego, Pipo Pollina, Posh, Ritschi, Sandee, Sinplus, Stiller Has, Snakeskin Boozeband...

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Buch

LIVE REVIEWS - DREAM THEATER - JENNIFER ROSTOCK

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59

Blues Aaron Keylock, Quinn Sullivan, Laurence Jones Ronnie Baker Brooks

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ReReleases Queen, The Who, Magnum, Detective, Terry Dolan

60

Konzertkalender

62

Wettbewerb / Impressum

Billy Idol, Scorpions

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Rory Graham ist ein hünenhafter Typ, dessen physisches Erscheinungsbild nur von seiner durchdringenden Stimme übertroffen wird. Die SoulSingle „Human“ machte ihn vergangenes Jahr weltberühmt, jetzt legt Graham alias Rag'n'Bone Man sein erstes Album vor. Wie auch immer diese Erfolgsgeschichte ausgeht: Die Welt hat einen wie ihn gebraucht.

Lumpensammler mit goldenem Riecher bs. Mit Alltäglichkeit zu etwas ganz Besonderem werden – ein äußerst seltenes Ereignis. Dennoch ist Rory Graham alias Rag'n'Bone Man („Lumpensammler“) genau das geglückt. Mit seiner Single „Human“ beschwört er uns, alle mal einen Gang runterzuschalten, singt er uns den kollektiven Menschheitsfrust von der Seele, setzt er seine große Soul-Stimme gegen allzu hohe Erwartungshaltung ein. Wir sind doch alle nur Menschen, so der 32-jährige Brite. Wir können weder Berge versetzen noch sind wir Superman. Na und? Das eint uns doch letzten Endes. Eine an sich plakative Botschaft, nichts Neues. Und durch seine Kehle doch so etwas wie Balsam für die geschundene Weltseele in einer Zeit des Terrors, der Angst und des Rechtsrucks. Rag'n'Bone Man ist der wichtige Überbringer einer Nachricht, die wir eigentlich alle längst kennen. Aber eben nicht beherzigen. Ein Sänger von eindrucksvoller Statur, tätowiert und bärtig, verschrieben dem Blues, dem Soul, dem Funk, auch dem Pop. Auf den Knöcheln seiner Hände ist einmal „Soul“, einmal „Funk“ unter die Haut gestochen, für ihn mehr als nur Musik. Eine Lebenseinstellung, ein Mantra, das nicht erst seit gestern erklingt. Aber erst durch dieses große Plädoyer an die Alltäglichkeit weltweit Gehör findet. „Human“ ist ein großes Lied, ein verdienter Erfolg im ganz großen Stil, der sich in der Schweiz und in zahlreichen anderen Ländern an die Spitze der Charts setzen konnte. Gerade volljährig, sang Graham schon in BluesPubs, nahm in den letzten Jahren mehrere Demos, EPs und Alben auf. Sein damaliges Markenzeichen: Reibeisenstimme und knarzige Blues-Licks zu knackigen Hip-Hop-Beats, Loops und Sprechgesang. Durchaus originell, doch irgendwie kam damals noch die Urgewalt seiner durchdringenden Stimme zu kurz. Die Beats, sie sind in dieser neuen Inkarnation des Rag'n'Bone Man geblieben. Umgarnt werden sie jedoch von verschleppten Rhythmen, Gospel-Stimmung und viel, viel Raum für seinen Gesang. Der wurde in den letzten Jahren von der einen oder anderen Flasche guten Gins geölt, gibt der Songwriter aus Südengland freimütig zu, überhaupt würde er neben dem Wacholderschmaps nur seine Musik und eine charmante Dame für das große Glück benötigen. Ganz menschlich also, ganz normal: Dieser Typ lebt, was er singt. Jetzt hat er eben rein zufällig einen dicken Mainstream-Erfolg, läuft selbst in den Formatradios und auf den Musikkanälen rauf und runter, wird in Talkshows und Late-NightSendungen eingeladen. In seinem Heimatstädtchen Uckfield kann er bestimmt nicht mehr unerkannt auf ein paar Pints in den Pub. Das kümmert ihn nicht. Im Gegenteil: Nachdem er

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einige Zeit in London verlebt hatte, zog es ihn wieder zurück in die ruhige ländliche Idylle der Küstenregion, wo ihn Wind und Wetter zu neuer Soul-Katharsis inspirieren. Ein Tee mit Rum hilft da natürlich auch, den trinkt er nicht nur im warmen Zuhause gern. Ein, zwei Tässchen seiner Spezialmischung dürfen es auch vor einem Konzert sein. „Mehr aber nicht“, meint er und lässt ein Lächeln aufblitzen. „Sonst schwanke ich auf der Bühne.“ Nicht, dass es schlimm wäre, zu einem bärbeißigen Typen wie Rory Graham passt durchaus auch mal eine Fahne. Nur eben nicht auf der Bühne, dafür ist ihm seine Musik viel zu wichtig. Und von Rockstar-Allüren hat der bekennende Backstage-Hasser noch nie etwas gehalten. Dafür sah sein Leben bislang auch einfach zu vernünftig aus: Bevor er sich vor einigen Jahren dazu entschloss, Vollzeitmusiker zu werden, betreute er Menschen mit Down- und Asperger-Syndrom. Jetzt hilft er den Menschen eben mit seinem seelenvoll herausgeknurrten Blues, von dem er auf seinem ersten richtigen Studioalbum „Human“ natürlich eine ganze Menge serviert. Und sollte es irgendwie doch nicht klappen mit der Musikerkarriere, so besteht für ihn kein Zweifel, kehrt er eben einfach zurück in seinen alten Job, in sein altes Leben. Und singt weiterhin in seiner Freizeit. Von einer englischen Tageszeitung charmant als Erscheinung „mit der Figur eines Wikingers und der Stimme eines Engels“ beschrieben, steht dem Rag'n'Bone Man in diesem Jahr die Welt offen. Und das, obwohl er eben nicht gerade wie Justin Bieber aussieht, wie er unlängst frotzelte. „Wenn du ein Problem damit hast, wie ich aussehe, ist das aber nun mal deine Sache“, sagt er dazu. Anlegen würde sich mit dem Zwei-Meter-Mann aber wahrscheinlich eh nur ein Wahnsinniger. Oder jemand, der weiß, dass Graham das Gemüt eines besonders sanften Riesen hat. Wenn es um TV-Serien geht, wird der Hüne allerdings doch recht lebhaft. Wer ihn bei „Game of Thrones“ spoilert, lebt gefährlich, wer die Londoner Serie „East Enders“ verunglimpft, hat's nicht leicht bei ihm. Alle anderen werden feststellen, dass es eine Menge Spaß macht, mit diesem Typen rumzuhängen. Am liebsten tut er das – natürlich – in Pubs. Hey, der Kerl ist Brite, das tun die nun mal. Sein Favorit: Das Magic Garden südlich der Themse in Londons Battersea Park. Hier singt er immer mal wieder gern, hier bekommt er bestimmt irgendwann eine von diesen kleinen Plaketten, die ihm als Stammgast immer einen Platz zusichern. Für einen wie ihn zählt so etwas mehr als Preise und Goldene Schallplatten. Die stillen bekanntlich nicht den Durst


LIVE 29.3. Zürich, Halle 622


REVIEWS Mainstream/Indie/Alternative BLONDIE Pollinator Phonag hef. Schon die ersten Töne machen Hühnerhaut. Das ist Blondie, keine Frage, Rhythmus und Groove wie einst, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Nur die Stimme von Debby Harry ist um einiges tiefer als früher, nicht mehr so frisch und frech, unverbraucht und rotzig. Und

oh Wunder, im zweiten Titel ist auch diese typische Stimme wieder da. So ganz frisch nicht mehr, aber immerhin. Debby bringt's noch immer wie zuletzt mit "Maria" von 1999, ihrem letzten Welthit. New Wave hiess das Etikett, unter dem Blondie liefen und auch schnell zu den Überfliegern der Szene wurden. Die Blondine wurde zur Ikone, zum Posterstar und Sex-Symbol einer neuen Ära. New Wave war die Weiterentwicklung des rüden und ungehobelten Punk von Sex Pistols, The Damned, & Co. In England waren die New-Wave-

Aushängeschilder Bands wie The Clash, The Jam, The Stranglers und Siouxsie & The Banshees sowie Sänger/Komponisten wie Elvis Costello und Joe Jackson, in den USA neben Blondie vor allem der Engländer David Byrne mit seiner US-Band Talking Heads. Die tragenden Elemente in den elf Songs auf dem neuen Blondie-Album sind die üblichen Ingredienzen des New Wave, sprich: scheppernde Drums, elektronische Orgeln und zurückhaltenden GitarrenEinschübe. Debbys langjähriger Lebens- und SongschreibPartner Chris Stein ist auch hier wieder mit von der Partie. Ebenso Freunde und Bewunderer von einst sowie Weggefährten wie Johnny Marr von The Smiths, Joan Jett und Nick Valensi von The Strokes. Mitbeteiligt am Songwriting sind aktuelle Stars wie Sia und Charli XCX. Unter den elf Titeln ist kein wirklich schwacher Song auszumachen. Was für die Unverbrauchtheit der mittlerweile 71jährigen noch immer blonden Sängerin und ihrer Truppe spricht.

MICHAEL BOLTON Songs of Cinema Frontiers/MV

GREGOR MEYLE Die Leichtigkeit des Seins Tonpool hef. "Alles wird gut", singt der sympathische Bartli gleich im ersten Song auf seinem fünften Studioalbum. Mit seiner leisen, weichen Stimme singt er das, was er im Albumtitel schon ankündigt. Die Leichtigkeit des Seins ist in Musik umgesetzt intensive Lieder im Singer/Songwriter-Groove. "Das nennt man Glück" ist ebenfalls eine positive Botschaft, auch die zuweilen in Molltöne verpackt, trotzdem locker-flockig und sanft fliessend dahingespielt. Der Titelsong fängt an mit "Siehst Du die Schönheit des Planeten, und Du bist auch ein Teil davon." Inspiriert worden zu dieser feinen Ballade wurde Gregor bei einem Urlaub in der Südsee. Die Chöre, welche die Melodie verstärken, könnten von den Bewohnern von Fidschi oder Bora Bora stammen, man spürt förmlich, wie die Palmen sich im Winde dem lauen Lüftchen hingeben. In seinen Texten denkt sich der Mann etwas. "So weit, so gut", im Duett mit Xavier Naidoo gesungen, fährt direkt in die Blutbahn, die Emotionen nehmen überhand, die beiden Stimmen singen von Frieden und Kriegen. Aber: Hör nie auf zu lieben, das ist ihre Botschaft gegen die Gewalt. Gleich anschliessend singt Charlie Winston im englischen Titel "Real True Friends" ebenfalls im Duett mit. Die Botschaft der Freundschaft ist genau so eingehend wie der Gesang mit Xavier. Diese Gefühle in Text und Melodie fahren ein. Spartanisch instrumentiert, mit dominierendem Piano und zweistimmigem Harmoniegesang, stellen sich die Härchen auf. man wünschte sich, dass solche warmen, eingehenden Klänge nie aufhören mögen.

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hef. Seine raue Stimme mit den grossen Höhen ist eines dieser einmaligen Mörderorgane der US-Musikgeschichte. Entsprechend verkaufte er über 65 Millionen Alben und räumte Preise ab wie wenige andere, "Grammys", "American Music Awards", er wurde "Songwriter of The Year". Und er komponierte Songs mit den ganz Grossen, mit Leuten wie Bob Dylan, Kiss' Paul Stanley, Lady Gaga, Diane Warren, David Foster, dazu nahmen Leute wie Jay-Z, Kanye West, Barbra Streisand, Cher und viele andere seine Songs auf. Hier hat er sich die grössten Hits vorgenommen, die schon mal eine grosse Rolle in KinoBlockbusters spielten. Titel wie "I'll Always Love You" (im Duett mit Dolly Parton), den Percy Sledge-Klassiker "When A Man Loves A Woman" aus dem gleichnamigen Kinofilm („Version 2017“ übrigens, weil Bolton diesen Liebessong vor 25 Jahren schon mal an die Spitze der US-Hitparade sang), Ray Charles' "I Got A Woman" aus "Ray" und neben vielen anderen "Somewhere Over The Rainbow" aus "Wizard of Oz". Dass er auch abrocken kann, zeigt er mit "Old Time Rock'n'Roll" aus "Risky

Business". "As Time Goes By" aus "Casablanca" könnte einem in Erinnerung an die Szene mit Ingrid Bergman und Humphry Bogart ("Play it again, Sam") Tränen in die Augen treiben. Hollywood lebt in dieser Cüpli-Musik auf.

TRAIN A Girl A Bottle A Boat Sony Music hef. Immer wieder verblüffend, was Sänger/Son gwriter Patrick Monahan an Melodien quasi aus dem Ärmel zu schütteln scheint. Dies ist das bereits achte Studioalbum seit der Veröffentlichung ihres selbstbetitelten Debütalbums von 1998. Über 10 Millionen verkaufter Alben und sogar über 30 Millionen verkaufter Singles zeigen die Hit-Potenz der Band aus San Francisco. Titel wie "Drops Of Jupiter (Tell Me)" 2001, noch heute oft in den Radios zu hören, oder zuletzt das ebenso catchy "Hey, Soul Sister" – solche unglaublich kommerziellen Ohrwürmer bringt man kaum mehr aus den Gehörgängen. Welthits am Laufmeter zementieren ihren Erfolgsweg. Dies findet hier erneut seine Fortsetzung. Wo nehmen die nur ihre süffigen Songs her, und zwar in einer Vielfalt, die heutzutage seinesgleichen sucht? Radiofutter hoch zehn again, und erst noch musikalisch höchst stehend. Alles getragen von dieser unverkennbaren hohen Stimme.

SALLIE FORD Soul Sick Vanguard/Universal hef. Die junge Dame mit der oldfashioned Designerbril le stammt aus Portland, Oregon, trennte sich von ihrer Band The Sound Outside und versucht sich jetzt solo. Der Ablösung muss ein Leidensprozess gefolgt sein, wenn man sich nur schon Sallies erste Textzeile vor Augen führt. "I woke up feeling sour on the sweetest summer day", singt sie mit ihrem netten Stimmchen zu gefälligen 60er-JahrKlängen. Sie selber gibt The Kinks, The Troggs und Canned Heat als Inspirationsquellen an. 1960s-Girlgroups wie Shirelles, Shangri-Las und Ronettes seien


Mainstream/Indie/Alternative REVIEWS die weiblichen Inspirationsvarianten. Die elf Songs tönen erfrischend, positiv, im wahrsten Sinne des Wortes aufgestellte Musik. Da fragt man sich, wie man solche Musik schreiben kann, wenn man, wie es Sallie ausführlich beschreibt, an schweren Depressionen leidet und nicht mal an einem wunderbaren Sommermorgen gut drauf sein soll. Die Texte sind das krasse Gegenteil zur Musik. "Loneliness Is Power", "Romanticized Catastrophe", "Never Gonna Please" oder "Hurts So Bad" sind harte Kost. Angst, Unsicherheit und Depressionen pflastern Sallies Weg. Sie selbst kommentiert es wie folgt: "Es ist ein Album voller Geständnisse. Es geht um meine Schwierigkeiten und Probleme – einige davon habe ich hinter mir gelassen, andere trage ich noch mit mir herum. Ich war durcheinander, niedergeschlagen und unsicher”, erinnert sie sich. “Diese neuen Songs wollte ich alle über ein bestimmtes Thema und aus einer bestimmten Perspektive heraus schreiben. Durch die Arbeit an 'Soul Sick' habe ich viel über mich gelernt und es hat mir sehr geholfen." Hoffentlich für Sallie ist diese Musik endgültige Therapie.

ANDY SUMMERS Triboluminescence Andy Summers Music/Cargo hef. Man muss schon ein Fan von Gitarrenmusik sein, um dieses Album wirklich zu mögen. Andy Summers ist bekanntlich der einstige Gitarrist von The Police, mittlerweise 72 Jahre alt. Nach "Metal Dog" von letztem Jahr ist dies erneut ein rein instrumentales Album. Was in den ersten zwei Songs noch locker rüberkommt und in seiner rhythmischen Monotonie noch irgendwie fasziniert, geht mit der Zeit etwas an die Nerven. Sicher ist der Mann ein hervorragender Saiten-Virtuose. Aber hier lebt er einfach sich selber aus, ohne Rücksicht auf irgendwelche musikalischen Hinweise auf seine gloriose Vergangenheit. Diese beschwört er in einem langen Interview in der deutschen WELT. Nach der Police-Reunion 2007 ist halt doch einige Zeit vergangen. Summers erzählt von Streit, Schlägereien und Runtermachen, von sich schon immer nicht ausstehen können, und trotzdem träumt er von einem erneuten Comeback mit seinen Kumpels von einst. Sting und Drummer Stewart Copeland müsste man wohl dazu erpressen. So bleibt Andy nichts übrig, als weiterhin seine wohl nur ihn inspirierenden

Gitarrenklänge unter ferner musizierten zu propagieren.

CIRCA WAVES

Kolumne

Different Creatures Virgin mh. Der erste Gedanke beim Opener „Wake Up“: geil! Das klingt nach Brody Dalle im Gewand von Hole. Erst später merkt man, oder vielleicht auch nicht, dass da keine Frau ins Mikrofon röhrt. Spätestens wenn man bei der Recherche dann aber auf einen Videoclip stösst, dürfte es klar sein, dass die Stimme einen Adamsapfel hat und jener gehört Kieran Shudall. Der Qualität des Songs kann ja aber letztlich das Geschlecht des Sängers herzlich egal sein. So und jetzt weiter. Mit ihrem DebutAlbum „Young Chasers“ aus dem Jahr 2015 wurde die Liverpooler Truppe von Circa Waves vor allem in ihrem Heimatland kräftig gehyped. So doll, dass sie dann im Oktober tatsächlich die 02 Academy Brixton ausverkauft haben. 5000 Nasen, passen da immerhin rein. Nicht schlecht für eine Band, die erst im 2013 zusammenfand und ein Jahr später dann eine EP rausbrachte. Im UK wird ja alle zwei Tage was Neues als das nächste grosse Ding gehandelt, daher sollten hier mal die Vorschusslorbeeren nicht ablenken. „Different Creatures“ heisst die zweite Scheibe von Circa Waves und macht sehr Spass. Nach dem Opener folgt das ebenfalls starke, allerdings etwas zahmere dafür hymnenartige „Fire That Burns“. Der Titelsong kommt dann leider etwas seicht und unauffällig daher und die Ballade „Love's Run Out“ bremst das Album auch etwas aus. „Stuck“ gefällt dann wieder viel, viel besser, denn positiv und schöner kann die Verzweiflung, die im Song besungen wird, fast nicht klingen. Der letzte Track „Old Friends“ kommt dann nochmals sehr cool, erwachsen, locker und entspannt daher. Fazit: im Auge behalten, am besten am 23. April im Mascotte ZH.

CIRCA WAVES Different Creatures Virgin kw. Disco Ensemble haben mit “Afterlife“ ein farbiges Album geschaffen. Es ist ungewöhnlich farbig, denn Disco Ensemble kennt man in der zwanzigjährigen Bandgeschichte vielleicht noch als Band, die irgendetwas zwischen Punk und Indie-Rock produzierte. “Afterlife“ hat einige elektroni-

Hugs Wegweiser durch die Populär-Galaxie von Christian Hug

Falsett-Memmen Natürlich können Sie jetzt sagen: Dann schalt doch einfach ab. Aber es ist eben so: Wenn meine Freundin morgens aufsteht, ihren ersten Kaffee trinkt und ihre erste Zigarette raucht, dann will sie dazu SRF3 hören. Und als moderner Lebensabschnittpartner habe ich natürlich gelernt, damit zu leben, ohne gleich ein Theater zu veranstalten. Aber das wird immer schwieriger. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, wie unglaublich viele Songs im Radio laufen, in denen Männer im Falsett singen? Also falls Sie das jetzt nicht wissen: Falsett ist, wenn man die Singstimme um eine Oktave höher von der Brust in den Kehlkopf verlegt. Landläufig auch Fistelstimme genannt. Falsett an sich ist nichts Schlimmes. Ich meine mich zu erinnern, dass sogar Lemmy in irgendeiner Ballade in Kopfstimme gesungen hat, wenn auch nur kurz. Sehr kurz. Quasi nur zwei Wörter. Weil sich ja schon grundsätzlich eine Ballade und der Lemmy irgendwie nicht vertragen. Aber zurück zum Thema: Das Beunruhigende am Falsett ist die Häufigkeit, mit der es in allen Mainstream-Radiostationen zu hören ist. In geschätzt über 50 Prozent aller Songs von Männern singen dieselben mindestens ein paar Zeilen im Falsett. Was uns zur beklemmenden Frage führt: Was will uns das bedeuten? Wenn es stimmt (und das ist ja allgemeine Lehrmeinung), dass Popmusik und Popkultur den Zeitgeist widerspiegeln, dann bedeutet das viele Fisteln, dass den Männern die Männlichkeit abhanden gekommen ist. Weil maskuline Männer nun mal nicht fisteln. Maskuline Männer singen im Brustton. Oder können Sie sich Johnny Cash vorstellen, der singt, als hätte ihm grad jemand die Eier abgezerrt? Eben. Und genau das ist das Problem: Der Pop hat das Maskuline verloren. Zumal alle diese Falsettsänger nicht nur fisteln, sondern darüber hinaus auch noch jammern. Das heisst: Entweder sie jammern oder sie fliehen. Entweder finden sie das Leben so unglaublich schampar schwierig und überhaupt schrecklich kompliziert. Oder sie machen fistelnd im Club den Bling-Bling-Pfau. Beides ist in keiner Weise maskulin. Derweil die Mädels erfreulicherweise selbstbewusst den Ton angeben: Sie singen davon, dass sie es sind, die bestimmen, wo's langgeht. «Ain't your Mama», bringt es J.Lo auf den Punkt. Ausser natürlich Adele. Ihre Lieder sind der kleinste gemeinsame Nenner der grossen Masse. Hohe Kunst, wohlgemerkt. Aber nicht sonderlich feminin und schon gar nicht feministisch. Die Männer hingegen irrlichtern ziel- und kopflos durch den musikalischen Äther. Mein Freund Hene sagt dem: schwanzloses Gesindel. Nun werde ich Ihnen nicht die Freude bereiten, das absehbare Hohelied auf die echten Kerle der HeavyMetal-Branche zu singen. Das wäre zu einfach. Wünschenswerter ist: Wenn männliche Popmusiker wieder zu ihrer Männlichkeit finden würden. Dann würde mir das Aufstehen mit SRF3 leichter fallen. Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass Bono Vox verboten werden sollte.

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REVIEWS Mainstream/Rock/Indie/Alternative Pally’s kurz und knapp EINAR STRAY ORCHESTRA - Dear Bigotry «Dear Bigotry» (Liebe Engstirnigkeit) ist das zweite Album der gewordenen Band des Norwegers Einar Stray. Engstirnigkeit, das kann man den zehn Songs auf «Dear Bigotry» nicht vorhalten. Im Gegenteil. Stray und seine Band klingen hier noch vielschichtiger und verspielter als auf ihrem Debüt «Politricks». Laut / leise, langsam / schnell, nachdenklich / heiter, überaschende Wechsel, dezente Störgeräusche und rhythmische Verspieltheit. All dies ist auf «Dear Bigotry» zu hören, in sehr offenen Indiepop gepackt, und noch mehr. Textlich befasst sich das Einar Stray Orchestra mit den grossen Fragen des Lebens: Privilegiertes Leben, Hassliebe, innere Leere trotz Fülle, Religion, Glaube und Doppelmoral als wiederkehrendes Thema. DUTCH UNCLES - Big Balloon Die «holländischen Onkels» kommen aus Marple in der Nähe von Manchester und wurden 2008 ins Leben gerufen. Die Band um Sänger Duncan Wallis veröffentlicht mit «Big Balloon» bereits ihr fünftes Album. Die zehn Songs, man könnte sie dem Art-Pop zurechnen, klingen wie eine moderne und zuweilen tanzbare Mischung aus XTC, David Bowie und etwas Talking Heads und Shriekback. Das tönt nicht nur auf dem Papier interessant. KYTES - Head And Tales Das deutsche Quartett Kytes verbindet auf ihrem Zweitling «Head And Tales» einmal mehr Indiepopsongs mit einer nie aufdringlichen Tanzbarkeit. Bei Songs wie «I Got Something», «Heads Underwater», «Two Of Us», «Inner Cinema» oder «Future Kids» sieht Mann und Frau unweigerlich Menschen ausgelassen tanzen. Partystimmung garantiert. Nicht nur Bands wie Foals, Two Door Cinema Club oder Imagine Dragons hätten ihre tanzende Freude daran. MARK «PORKCHOP» HOLDER - Let It Slide Wenn einer das Recht hat, den Blues zu haben, dann Mark «Porkchop» Holder. Der Amerikaner kämpft seit Jahren mit Depressionen und seiner Sucht. Der ehemalige Gitarrist von Black Diamond Heavies veröffentlicht mit « Let It Slide» sein Solodebüt. So bedrückt und schwer klingen die zehn offenen GarageBlues-Rock-Nummern aber nicht, dafür rau, knarzig schön und intensiv. Nur gerade die rockige Schwere von «Stagger Lee» (Song über den Kutscher, Zuhälter und Mörder «Stagger» Lee Shelton) zieht einem fast mit in den Abgrund. In den Texten geht es dafür mehr zur «Sache». Mark «Porkchop» Holder besingt seine Einsamkeit, seine Geldnöte, seine vielen Probleme und den Verlust von Stolz und Scham. Dazu passt auch die Coverversion «Baby, Please Don't Go» (Big Joe Williams / Muddy Waters). SOEN - Lykaia Hatte man (z.B. bei musikreviews.de oder angrymetalguy.com) die ersten beiden Alben («Cognitive» (2012) und «Tellurian» (2014)) der schwedischen Band um Sänger Joel Ekelöf gerne in die Ecke von Tool gestellt, was teilweise auch berechtigt war, so klingt das neue Werk von Soen offener und vielschichtiger. «Lucidity» und teilweise auch «Paragon» könnten ebenso gut von Pink Floyd stammen, «Opal» ist eine fast konventionelle geradlinige Rocknummer der 2004 von Schlagzeuger Martin Lopez (ex-Opeth, Amon Amarth) ins Leben gerufenen Formation, und «Jinn» enthält dezente orientalische Elemente. Heilige Vertracktheit («Lykaia» handelt immer wieder von Religion), Tool aber auch A Perfect Circle und Opeth hätten ihre Freude daran, gibt es dann in Songs wie «Sectarian», «Orison» oder «Sister». So muss oder sollte Progressive-Rock und –Metal heute klingen.

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sche Elemente, konkret Synthesizer, die nach Musik eines Videospiels klingen. Als Exempel dient das Lied “Afterlife“ bestimmt gut, denn man fühlt sich sofort an so etwas wie Tetris erinnert. Es ist nicht so, dass Disco Ensemble nicht mehr wiederzuerkennen sind. Der Punk ist da, der heisere Sänger, die rockigen Gitarren, alles da. Trotzdem wird man nicht so ganz warm mit diesem punk-elektronischen Gemisch der Finnen. “Surround Me“ verpackt als Gegenbeispiel all die alten und neuen Elemente gut in ein schnelles Liebeslied, das im Refrain ins Ohr und in die Höhen geht. “Face Down In A Fountain“ ist interessant, da es durch die neuen und alten Elemente chaotisch und explosiv wird. Das Problem ist, dass es manchmal befremdet, wie stark sich die elektronischen stoischen Tonabfolgen mit allem, das mit Punk oder Rock zu tun hat, reiben. Dies ist Absicht des Quartetts, aber das sechste Album kann deswegen nur bedingt punkten.

MARK & THE CLOUDS Cumulus Mega Dodo Records rp. Mark & The Clouds hiessen einmal Instant Flight. In dieser Inkarnation brachte die Band um Marco Magnani den legendären Arthur Brown («Fire») dazu, auf ihrem Debüt «Colours & Lights» (2004) zu singen. Ganz ohne muss Instant Flight also nicht gewesen sein. Ganz ohne ist auch die neue Band von Marco Magnani nicht. «Cumulus» ist nach «Blue Skies Opening» (2014) das zweite Werk der in London beheimateten Formation. Musikalisch knüpfen die fünfzehn Songs (nur CD/DL) fast nahtlos am Vorgänger an. Mark und seine Wolken zelebrieren die 1960er Jahre in fast all ihren Schattierungen. Die Beatles lassen grüssen, aber auch die Byrds oder die Kinks. Stilmässig changieren die Herren zwischen Psych-Pop, Barockpop, Folk, Rock, Pop und wenig Country. Mark & The Clouds beweisen dabei in jeglicher Hinsicht Stilsicherheit und Talent. Songs wie «On Her Bike», «Road, Mud & Cold», «Baby, You Are Just A Liar» oder «Don't Block The Sun» lassen den geneigten Hörer entspannt und erfüllt in den 1960er Jahren schwelgen.

MICK SOFTLEY Any Mother Doesn't Grumble Morello Records rp. Der Ire Mick Softley unterstützte Donovan in 1960er Jahren auf dem Weg nach oben. Er half ihm beim Erlernen der Gitarren-Zupftechnik und war mit ihm in einem Folkclub involviert. Später coverte Donovan

zwei seiner Songs («The War On Drugs» & «Goldwatch Blues»). Mick Softleys Karriere kam aber trotz viel Potential nie so richtig in die Gänge. Dafür hat der heute 68-jährige einige Klassiker des englischen Folk vorgelegt. Einige der zwölf Songs auf «Any Mother Doesn't Grumble» dürfen in einem Atemzug mit den Songs von Nick Drake oder John Martyn genannt werden. Softley hatte nach einem ersten FolkAlbum 1965 und einem Ausflug in den Psychdelik dank eines Drei-Alben-Deals wieder zurück zum Folk gefunden. «Any Mother Doesn't Grumble» war 1972 das letzte dieser drei. Zusammen mit namhaften Musikern von Manfred Mann, Fairport Convention und Curved Air spielte er mit besagtem Album ein vielschichtiges Werk ein. Neben klassischen, einfach gehalten FolkSongs macht Softley auch Ausflüge in den Prog- und Folkrock. «Magdalenas Song» ist gar ein Protestsong, wie er ebenso auf seinem Debüt «Songs For Swingin' Survivors» (1965) hätte sein können. Gewisse Songs auf «Any Mother Doesn't Grumble» offenbaren ja eine gewisse Nähe zu einem Bob Dylan. Am besten sind die leisen, spärlich instrumentierten Folksongs, zu den auch besagtes «Magdalenas Song» gehört. Allen voran das wunderbar berührende «Have You Ever Really Seen The Stars».

EGG BITES CHICKEN Get Laid Artist Station/Soulfood ds. Die Hannoverane r Rockband Egg Bites Chicken Taufte ihren Erstling „Get Laid“ im März 2016. Das Quartett scheint sich auf ihrem Debut so ziemlich alles wild zusammen zu würfeln was ihnen gefällt, so lässt das CD – Cover einem auf heftigen Melodicpunk à la NOFX einstellen, und wird schon mit dem ersten Song „Ego“ zu Rock in Arctic Monkeys – Manier geführt. Diese Überraschung scheint Konzept zu sein, so springen Egg Bites Chicken von Indie zu Lateinamerikanischen Klängen („Cuba Libre“), Garage („Minor Drinking“), 70er Feeling („Rock `n`Roll Nigger“) bis zu Grunge („Cry“). Die Platte wird abgerundet durch die französische Übersetzung ihres Songs „To Smoke is not allowed“ („Interdiction De Fumer“). Auf „Get Laid“ sind einige Ohrwürmer zu hören, jedoch befindet sich Egg Bites Chicken noch auf dem Weg der Selbstfindung. Die Vielfältigkeit verdient Respekt,


Mainstream/Rock/Indie/Alternative REVIEWS dennoch funktionieren manche Songs oder in diesem Fall Stilrichtungen besser als andere. So sollte die politisch anmutende Zeile „The World Is On Fire, But To Smoke Is Not Allowed“ zum Nachdenken anregen, wirft allerdings mehr Fragen auf als beabsichtigt. Die Band ist mit diesem Debut auf einem guten Weg. Für einen abwechslungsreichen Soundtrack ist „Get Laid“ eine gute Wahl und man darf gespannt sein, was Egg Bites Chicken als Nächstes plant.

THE SEDUCERS Singles Flight 13 Records rp. Es mutet etwas frech an, wenn eine fast gänzlich unbekannte Band wie das deutsche Trio The Seducers ihr neues Album «Singles» betitelt. Die auch nicht gerade weltbekannte Punkband The Cockney Rejects hatte übrigens 1980 ähnliches mit ihren Alben «Greatest Hits Vol. 1 und Vol. 2» präsentiert. Spass muss sein oder gnadenlose Selbstüberschätzung? Eher ersteres. Die Band um Gitarrist Fats Braun weiss wie man, aber nicht nur, feine Punk-PopSongs schreibt, die angenehm in den Gehörgängen prickeln. Singles gibt es auf «Singles» also irgendwie schon. Zum Beispiel «Explosion» (cooler Groove, toller Harmoniegesang), «Shame On You» (siehe «Explosion»). Beide Nummern bieten unbekümmerten Spass, der irgendwo an die Fred Banana Combo mahnt. «The Solution Song» erinnert dann komischerweise an die seligen REM. Mit «Tonight» ist man wieder zurück bei der Fred Banana Combo mit einem Rolling-Stones-Chorus abgeschmeckt. Wohl bekomms. In dieser Manier und mit Humor geht es bis zum bitteren Ende weiter. Die Songs in der Folge heissen z.B. «Winky Wanky Woo», «Sleep On The Floor», «Fats Pleasure» oder «God Of Thunder». Dass «Rock Only For Me» dann noch wie Gene Pitney mit Thin White Rope klingt, schlägt dem Fass den Boden raus. Positiv gesprochen, natürlich.

ENDFIELD Right to the Top Music Buy Mail & Cargo ds. Die englisch – deutsche Rockband Endfield bringt mit „Right to the Top“ eine ordentliche Rockscheibe auf den Markt. Das 2006 ins Leben

gerufene Projekt mit Unterstützung von schon damals im Musikbusiness namhaften Musikern und Produzenten wie von der Jan Josef Liefers Band oder Guano Apes gibt sich auf „Right To The Top“ experimentierfreudig. Mit „Girl In Flames“ startet das Album mit einem massiven Heavy Metal Riff und in den darauffolgenden Songs wird der Mut zu poppigen Klängen klar. Überraschend wird der Albumabschluss mit den Tracks „The Game“ und „Pokerface“. Bei Ersterem ist der Rapper Breezy zu Gast der mit seiner Einlage dem schnellen Tempo des Rock `n` Roll ein wenig Urbane Züge verleiht und der darauffolgende „Pokerface“ glänzt durch das exzellente Solo des Ron Evans Group – Saxofonisten Charles Walker und bietet einen spektakulären Schluss eines soliden Rockalbums. Ende 2016 wurde das Album mit der Single „Not Alone“ angekündigt welches nun im März veröffentlicht wird. Wer auf wuchtige Rockmusik steht wird seine Freude haben an „Right To The Top“, und auch für das allgemein musikinteressierte Ohr sind die 10 Songs eine spannende Sache.

WILD BEASTS Boy King Domino Recording rp. «Boy King», das fünfte Werk der englischen Wild Beasts (Raubtiere) ist ein Schritt weg von ihrem letzten Album, dem grandiosen «Present Tense» (2014). Die zehn neuen Songs klingen auf den ersten Höreindruck weniger klar, weniger atmosphärisch und auch weniger packend. Einnehmend hymnische Songs wie «Wanderlust», «Mecca», «Soft Spot» oder «Palace» finden sich auf ihrem neuen Album nicht. «Boy King», das sich lose mit der modernen Männlichkeit beschäftigt, klingt sperriger, weniger zugänglich. Immer wieder klingen die Songs düster und warten mit Störgeräuschen auf. Und der spröde Indietronik der Formation um Sänger und Gitarrist Hayden Thorpe braucht und nimmt sich seine Zeit. Erst nach und nach entdeckt der geneigte Hörer einzelne Qualitäten des Albums. Wie zum Beispiel die Kontrast erzeugenden, knarzigen Zwischenspiele in «Tough Guy», die pulsierenden

Rhythmen in «Alpha Female», die faszinierende Rhythmik in «2BU» oder der behutsame Abschluss «Dreamliner», wo sich Wild Beasts sich wieder auf die Qualitäten von «Present Tense» besinnen. Insgesamt, vergleichsweise aber doch eine eher zwiespältige

GREYWIND Afterthoughts Search & Destroy/Spinefarm

ds. Das irische Geschwisterpaar Paul und Steph O`Sullivan, auch bekannt als das Alternativ Rock Duo Greywind, donnern auf ihrem am 27. Januar veröffentlichten Debut „Afterthoughts“ ordentlich drauflos. Der Erstling vermag schon mit dem ersten Song, dem Titeltrack des Albums, zu überzeugen. Die balladiösen Gesangsspuren werden durch die tiefen Gitarrenbretter unterstrichen und verleihen Greywind die unglaubliche Wucht, welche durchs Band die Qualität dieser Scheibe ausmacht. Das Zusammenspiel der

hohen und klaren Gesangsstimme von Steph O`Sullivan und den Gitarrenspuren ihres Bruders schaffen eine angenehme Balance zwischen den einprägenden Popmelodien und der eher mystisch – depressiven Stimmung des schon fast metallischen Alternative - Rock. In den Refrains teilweise an Alter Bridge erinnernd, hört man, wie schon von der Band beschrieben, grossen Einfluss von Jimmy Eat World und Thrice, was die Band aber nicht zu einer von vielen Kopien bereits etablierten Alternative Bands macht. Eher im Gegenteil: Greywind haben es geschafft, trotz der Stiltreue immer noch wie sie selbst zu klingen. Die gelungenen Ohrwürmer, welche auch rein akustisch funktionieren wie man sich auch auf der Unplugged-Ausgabe von „Afterthoughts“ auf ihrer Webseite überzeugen kann, lassen auf mehr solche Debüts junger Rockbands dieses Jahr hoffen.




RHONDA

Bittersüß

Erst bei Album Nummer zwei angekommen und schon jetzt kaum wiederzuerkennen: Aus der Garage-Soul-Combo Rhonda ist eine gereifte, durchdringende Sensation geworden, die mit „Wire“ einen legitimen „Twin Peaks“-Soundtrack vorlegt. Das Filmorchester Babelsberg war daran nicht ganz unschuldig.

bs. Im Evozieren von Stimmungen waren Rhonda immer schon gut. Angeführt von Milo Milone, der hinreißenden Sängerin mit dem Retro-Chic und dem gewissen Quäntchen Drama in der Stimme, spielten sich die Norddeutschen schon mit ihrem Debüt „Raw Love“ in die Herzen der Soul-, Pop- und Sixties-Gemeinde. Ihr Sound: Direkt, euphorisch, aufrüttelnd, tanzbar, wie gemacht für kleine Clubs. Das war alles schön und gut, der Band aber nicht genug. Auf „Wire“ klingen Rhonda immer noch unverkennbar nostalgisch, treu dem Soul, dem Blues, dem Twang der Sechziger verschrieben. Allein, es ist alles etwas dramatischer, dunkler, bittersüßer. „Ich werde niemals ein Pop-Häschen sein“, stellt die blonde Stimme der Band klar. Deshalb habe man sich auf dem zweiten Album sogar einen Schritt vom Mainstream weg bewegt. Wirtschaftlich gewiss nicht ratsam, für die Profilschärfung ein Glücksfall. Im schlimmsten Fall wären Rhonda zu einer austauschbaren Pop-Gruppe mit gekünsteltem Soul-Flair verkommen, mit einer Milo Milone als neues GlamourSternchen. Das Aussehen dazu hätte sie. „Nach dem ersten Album war es nicht immer ganz klar, was die Menschen in uns sahen, da wollte ich Klarheit schaffen“, sagt sie dazu. Und ließ das Drama in ihren Sound. Die Dunkelheit, die melancholisch vor sich hin tröpfelnden Akkorde von Tarantino-Soundtracks. Vergleiche wie diese hört die Band gern, jeder einzelne von ihnen ist leidenschaftlicher Soundtrack-Fan. Ennio

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Morricone, die Werke von David Lynch – derlei Stimmungen haben es den Soul-Durchstartern angetan. Da traf die Anfrage des Babelsberger Filmorchesters für ein gemeinsames Konzert natürlich voll ins Schwarze. „Das Konzert war ein voller Erfolg und wir stellten fest, dass diese beiden Welten einfach so gut zusammenpassten, dass es nicht bei diesem einmaligen Konzert bleiben durfte.“ Also ist das Orchester auch auf „Wire“ zu hören, verschafft dem Album einen monumentalen Unterbau, eine dramatische und wunderbare Opulenz, die wirklich perfekt zum RetroSound der Band passt. Kopfkino mit Soul-Stimme, die Rhonda-Neuerfindung hätte wirklich nicht besser ausfallen können. Das liegt auch am Ort der Aufnahme: Das Studio Nord in Bremen ist ein Ort, der aus der Zeit gefallen ist. Untergebracht in einem alten Bauernhaus, der Aufnahmesaal ein ehemaliges Tanzlokal, das Equipment so vintage wie es nur sein kann, die Lage weit abgeschieden mitten in der Natur: Wer hier nicht in Stimmung kommt, dem ist nicht zu helfen, findet Milone. „Es ist ein magischer Ort, der direkt aus einem David-Lynch-Film herausgeschnitten wurde“, erzählt sie begeistert. „Das Haus ist wahnsinnig unheimlich, die Künstlerwohnung sieht so aus, als hätte sie seit den Sechzigern niemand betreten.“ Tja, „Twin Peaks“ lässt grüßen. Wenn sie alleine in der Wohnung war, erzählt sie, ging schon mal die Fantasie mit ihr durch. „Der Geruch, der verwunschene Garten… das ist echt kein Ort für eine


moderne Techno-Scheibe!“ Auch diesem Studio ist die besondere, entrückte und verwunschene Stimmung auf „Wire“ zu verdanken. Insbesondere was die Gesangsaufnahmen angeht, ist Milo Milone stets das Produkt ihrer Umgebung, ist stets mit vollem Gefühl dabei. Das gilt im Übrigen auch für ihre Texte, die sie bevorzugt in ihren „poetischen Momenten“ schreibt, wie sie sagt. „Die schöne Melancholie dieser Momente weiß ich sehr zu schätzen. Sie kann auftreten, wenn ich einen Sonnenaufgang sehe, Menschen auf der Straße beobachte oder Musik höre. Ich habe eben ein Faible für das Bittersüße.“ Ihrer Band ist das überdeutlich anzuhören. Noch vor wenigen Jahren klang das noch ganz anders, bei den Trashmonkeys sorgte die blonde Dame bis 2012 für lauten, unverschämt fluffigen und verzerrten ModSound. Dann der Neuanfang mit Rhonda, der für sie eigentlich gar keiner war. „Es war eher ein Heimkommen“, stellt sie fest. „Ich habe früher sehr viel Hip-Hip gehört und auch gesungen, kam irgendwann als Schülerin in einen sensationellen Gospelchor, in dem sehr viele Afrikaner sangen. Ich war immer schon Soul-Sängerin, entwickelte aber eine Leidenschaft für den amerikanischen Punk der Siebziger.“ Eine Band wie Rhonda war für sie also nur logisch. „Reiner Punk war für mich immer ein Beschneiden der Stimme.“ Gut für sie, gut für uns, dass sie sich mit Rhonda so frei entfalten kann. Für Milone, so können wir festhalten, hätte es gar nicht besser kommen können. „Jeder kommt irgendwann dahin, wo er hinwill, wenn er alles dafür tut.“ Sie seufzt. „Dennoch gibt es so viele Menschen, die noch nicht gefunden haben, was sie suchen.“ Kleiner Trost: Ein Album wie „Wire“ macht das erträglicher.

RHONDA Wire PIAS/MV bs. James Bond hat angerufen, er möchte seinen Soundtrack zurück. Kleiner Scherz, aber doch irgendwie ganz passend, wenn man sich Rhondas zweites Album „Wire“ so anhört. Zweieinhalb Jahre nach dem Einstand „Raw Love“ haben sich die Norddeutschen bedeutsam weiterentwickelt, sind von einer rohen, nach vorn preschenden Sixties-RockTruppe zu einem ausgewachsenen, wunderbar melodramatischen und bittersüßen Soul-Großereignis mit cinematischem Flair geworden. Daran hat nicht nur, aber auch das Filmorchester Babelsberg Schuld. Nach einem gemeinsamen Auftritt beschlossen beide Parteien, auch auf „Wire“ gemeinsame Sache zu machen. Mit dem Ergebnis, dass der dunkel schimmernde, passionierte und üppig arrangierte Soul der Band immer wieder von aufwallenden Streichern umschmeichelt wird. Irgendwo zwischen David Lynch, James Bond und Ennio Morricone liegen diese Momente, das Besondere ist jedoch, dass Rhonda ihren Charakter nicht verlieren. Sie behalten auch gegen das Orchester die Oberhand, geben sich als gereifte SoulFormation, die auch mal Surf- oder Westernklänge zulässt, einen auf Gospelchor macht und manchmal auch wieder schön dreckig und wuchtig zuschlägt. Ein tolles, ein großes, ein packendes zweites Album.




Die Wüste lebt bs. Tucson ist eine Metropole, die in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Entwicklung hingelegt hat. Im südlichen Arizona, unweit der Grenze zu Mexiko, gibt es keine größere Stadt, umweht von heißen Wüstenwinden und ausgebacken von einer gnadenlosen Sonne wird der Sommer hier fast zur physischen Qual. Erst mit dem Siegeszug der Klimaanlage wurde diese Gegend überhaupt erst reizvoll für eine Besiedlung, wurde ein normales Leben hier erst möglich. Brian Lopez und Gabriel Sullivan, die auch bei Giant Sand ihre melancholischmystischen Geschichten von der Magie der Wüste erzählen, wissen das. Sie schwören auf Klimaanlagen, lassen sie rund um die Uhr laufen. „Anders ist selbst Nichtstun unmöglich, geschweige denn arbeiten“, meint Sullivan und zieht die Mundwinkel hoch. „Hier ist es wirklich so heiß, wie alle immer glauben.“ Xixa, Arizona, die Kakteen, die Wüste, die Berge in der Ferne… all das hat viel von einem Idealbild des Wilden Westens. Kojoten, Strohballen, die über die staubigen Straßen gottverlassener Käffer huschen, knarzende Schaukelstühle auf abgewetzten Verandas, kaltes Bier und echter Tequila. „Jeder, der noch nie in Arizona war, hat natürlich eine ganz bestimmte Vorstellung von der Wüste und wie es sich hier anfühlen muss“, meint Brian Lopez zu dieser Gedankenspielerei. „Und was soll ich sagen: Ganz falsch ist es nicht, es ist nur so, dass sich all das so oder so in unsere Musik hineinfrisst, ob wir wollen oder nicht. Die desolate Wüste ist in uns, ist ein Teil von uns, fasziniert uns und ängstigt uns. Xixa ist unser Weg, damit fertig zu werden.“ Die lateinamerikanischen Einflüsse, sie sind natürlich der Nähe Tucsons zu Mexiko zuzuschreiben, die Grenzlande sind voll von musikalischen Traditionen wie Cumbia. „Brian und ich stammen aus Familien mit mexikanischer Vergangenheit und waren schon früh diesen musikalischen Einflüssen ausgesetzt. Hochzeiten, Geburtstage,

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Blut ist dicker als Wasser. Im Falle von Xixa wird es sogar noch dicker: Mit jeder Menge Schweiß vermischt es sich zu einem halluzinogenen, klebrig-packenden Cocktail, der den Ruf der Wüste in eine berauschende Klangwelt hüllt. Folk, Blues, Americana und die heißblütigen Melodien von Cumbia oder Mariachi entstanden inmitten der Gluthitze Arizonas und bald live zu erleben – ein psychedelisch-südlicher Trip, der sich gewaschen hat.

Beerdigungen, sie alle werden bestimmt von dieser Musik.“ Zu Anfang überwog bei den beiden engen Freunden die Lust am puren Rock'n'Roll. Mittlerweile ist das anders, rekapituliert Sullivan. „In den letzten Jahren gelang es uns besser und besser, diese beiden Welten zu verknüpfen. Und mit Xixa haben wir unseren bisherigen Höhepunkt erreicht.“ Sein Partner Lopez nickt beipflichtend. „Mittlerweile fühlt sich unsere Musik viel mehr nach uns selbst an und ist ganz bebenbei auch noch recht originell.“ Er sieht in dieser Amalgamierung verschiedener musikalischer Kulturen sogar in der Ära Trump einen unschätzbaren Vorteil Amerikas. „Dieses Land ist ein einziger gigantischer Schmelztiegel, aus dem immer wieder etwas aufregendes Neues entsteht.“ Er weiß noch nicht mal genau, was sie da mit Xixa eigentlich tun, gibt er lachend zu. „Ich weiß nur, dass es sich gut anfühlt“. Reicht ja auch. Mark Lanegans dunkles Geknurre trifft in einer verlassenen Kirche mitten im Nirgendwo auf eine der alten MariachiKapellen Mexikos und den musikalischen Taumel der Grenzgänger Calexico bei einem Straßenfest. Zusammengehalten wird der Sound auf „Bloodline“, der schon beim Zuhören Schwielen und Schweißausbrüche verursacht, allerdings von der Göttin des Nichts. Von der Wüste. „Direkt vor


meinem Fenster blicke ich auf diesen riesigen Kaktus, in der Ferne sehe ich einen mächtigen Gebirgszug, dazwischen liegt die Wüste mit ihren Geheimnissen und Gefahren, die unserer Heimat einen mystischen Anstrich verleiht. Den tief einzusaugen und in Musik zu verwandeln“, so Sullivan versonnen, „geschieht vollkommen unbewusst und ist nicht steuerbar.“ Der Ruf der Wüste, er verhallt nicht ungehört. Die tiefer liegende Spiritualität der Wüste ist auch der Nährboden für solch gespenstische Gothic-Märchen wie die Sage von La Llorona, die ihre beiden Kinder ertränkte und anschließend Selbstmord beging. Desert Noir, diese Bezeichnung, die Xixa ihrer Musik geben, passt da natürlich perfekt. „Meine Eltern erzählten mir früher immer, dass La Llorona am Santa Cruz River gleich vor unserem Haus umherginge und ich mich vor ihr hüten soll“, erinnert sich Sullivan. „Aber das erzählte wahrscheinlich jede Mutter ihren Kindern.“ Es ist nur eine von unzähligen düsteren Legenden aus dieser Gegend. Sie machen die Magie, die Faszination und die geisterhafte Aura aus, die Xixa auf ihrem Album „Bloodline“ so meisterlich vertonen. Und aller dunklen Magie zum Trotz ihren Humor nicht verloren haben: „Ich habe einen Aufkleber auf meinem Auto, auf dem steht: ‚Hupe, wenn du la Llorona gesehen hast'. Das“, ist er sich sicher, „geht nur in Tucson!“

LIVE 30.03.Winterthur, Salzhaus 31.03.Bern, Dachstock 01.04.Basel, Kaserne

XIXA Bloodline Glitterhouse/Indigo bs. Wie klingt die Wüste? Nach leerer Weite, nach erbitterter Gluthitze, nach dem einsamen Geheul des Kojoten, nach dem Gesang des Wahnsinns. Oder nach „Bloodline“, dem sensationellen ersten Album von Xixa. Die Band aus Tucson im Süden Arizona hat die Südstaaten der USA ebenso im Blut wie das benachbarte Mexiko mit seinen Mariachi-Klängen, seinen düsteren Legenden und seiner Glorifizierung des Todes. Zusammen in einen Topf geschmissen, entsteht daraus ein Wüstensound, der packender, schweißtreibender und halluzinogener nicht sein könnte. Wie ein psychedelischer Trunk wirkt eine Verabreichung „Bloodline“ berauschend, fiebrig, mitreißend und euphorisierend, feiert eine Hochzeit von Alternative, Americana und Cumbia. Die Wüste, sie lebte noch nie so überzeugend, so mystisch und so authentisch wie auf diesem Album und in dieser Band. Sie schwingt das Tanzbein, sie beweint die Toten, sie betrinkt sich hemmungslos. Und wir gleich mit ihr. Xixa sei Dank.

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Mr. Rock'n'Roll

Was Rock'n'Roll angeht, ist Danko Jones ein echter Überzeugungstäter. Auch nach 20 lauten Jahren klingt er auf „Wild Cat“ so ungezügelt, euphorisch und überschäumend wie eh und je. Dass es nicht immer einfach ist, diese flammende Liebe am Leben zu erhalten, hat er uns im Interview erzählt.

bs. Einmal Rock'n'Roll, immer Rock'n'Roll? Für Danko Jones schon. Zumindest beruflich. Privat bezeichnet sich der Vinyl verrückte Kanadier zwar durchaus als „Musikhure“, die Rock, Rap und Jazz querbeet hört; Beruf und Berufung hat er jedoch im wilden, zügellosen, lauten, und direkten 3-MinutenRock gefunden. Sein neues Album „Wild Cat“ ist voll davon, spielt ein weiteres Mal auf der Klaviatur all dessen, was diese Musik in den letzten Jahrzehnten so groß, so gefährlich, so unsterblich gemacht hat. Weiterentwicklung ist da auf den ersten Blick nicht vorhanden. Doch das ist nicht ganz richtig laut Jones. „Auch wir entwickeln uns weiter, die meisten Leute bemerken das aber gar nicht.“ Ist da ein wenig Kulturpessimismus herauszuhören bei dieser ewig strahlenden Rampensau? „Ach, viele Bands benutzen Worte wie Fortschritt oder sonst was, aber für mich ist das oft nur hohles Geschwätz. Und vor allem nicht immer förderlich: Für mich ist es auch eine Kunst, in einem klar abgesteckten Rahmen immer wieder aufs Neue zu begeistern.“ Wer Danko Jones deswegen abschreibt, hat ihm zufolge etwas Grundlegendes nicht verstanden. „Ich finde es deutlich weniger herausfordernd, ständig neue Sounds auszuprobieren oder nach Lust und Laune anders zu klingen. Das kann doch jeder.“ Im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen der hart rockenden Zunft sieht sich Danko Jones nicht als großer Visionär, auch nicht als Vordenker oder jemand, dessen Kunst etwas nie Dagewesenes beschert. Bescheiden und sachlich spricht er aus, was viele andere lieber für sich behalten: „Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir nichts Neues erfinden. Van Halen, Misfits, Thin Lizzy natürlich… das sind dermaßen wichtige Einflüsse für uns, dass wir gar nicht anders können, als gewisse Referenzen einzubauen. Wir wissen, was wir geil finden“, fährt er fort, „filtern es durch unseren Danko-JonesModus und schreiben einfach einen tollen Rock-Song.“ Damit

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wird das kanadische Trio nicht die Welt verändern. Doch es wird uns allen angenehm fest in den Arsch treten und uns eine verdammt gute Zeit bescheren. „Wir wissen, wo wir als Band hingehören. Wenn man uns hört, will man alles andere mal für eine gewisse Zeit einfach ausblenden“, ist sich Jones sicher. „Das ist Eskapismus, wenn man so will.“ Außerdem hat er eh das große Ganze im Bild, Rock'n'Roll als Manifesdt für die Ewigkeit, sozusagen. „Sobald du eine konkrete Botschaft in deine Musik packst, wird sie zu einem gegenwärtigen Phänomen. Wir möchten zeitlose Alben schreiben. Wir möchten unsere Musik nicht in einer bestimmten Zeit festmachen.“ Wenn er also aus vollem Halse „I Gotta Rock“ singt und seine passgenauen Riffs abfeuert, ist das nicht weniger als eine Verbeugung vor der Vergangenheit und eine gegenwärtige Bestandsaufnahme dieser feurigen Musik. Die bedeutet ihm immer noch die Welt, macht es ihm aller Liebe zum trotz heute aber auch ein wenig schwerer als noch vor 20 Jahren. „Natürlich ist es heute schwerer, mich mit irgendwas zu beeindrucken. Über 20 Jahre in einer Band zu spielen, bedeutet eben auch, die Welt hinter den Kulissen zu kennen, die Abgründe, die schlechten Seiten, die von all dem Glamour verdeckt werden“, meint er nicht ganz ohne Bedauern. Danko Jones wäre aber nicht Danko Jones, wenn er nicht gewisse Maßnahmen ergriffen hätte. „Ich musste zusehen, dass mein Fansein nicht darunter leidet, dass ich immer noch begeisterungsfähig bleibe. Mein Trick war, mich wieder in den Gemütszustand meines 14-jährigen Ichs zu versetzen, als jene neue Band, die ich entdeckte, das Rad für mich neu erfand. Das“, resümiert er, „funktioniert natürlich nicht immer, aber bei einer von 100 Bands fühle ich immer noch die alte Begeisterung.“ Und wenn es mal nichts Aktuelles gibt, das in vom Stuhl haut, kramt er eben die alten Klassiker wieder


raus. „Zudem tauche ich heute gerne sehr tief in die Diskografien alter Bands ein und schließe Lücken in meiner Sammlung und in meiner Bildung.“ Danko Jones – der Bildungsbürger des Rock'n'Roll. Auf seinem Instagram-Account Next Level Record Collecting kann man dieser Leidenschaft nach musikalischer Bildung praktisch live beiwohnen. Hier präsentiert Jones die bizarren, trashigen und schlichtweg haarsträubenden Perlen seiner Sammlung – ungefragt, ungeniert, ungefiltert. „Ich dachte mir eines Tages, dass es zu schade ist, wenn all diese seltsamen Schätze nur bei mir zuhause im Regal stehen. Ich wollte sie mit der Welt teilen – und konnte dadurch sogar meine Sammelleidenschaft neu entfachen“, freut er sich. „Die meisten Sammler sammeln heute doch nur, weil Vinyl cool in ihrem Wohnzimmer aussieht. Das ist nichts für mich, ich will den Kram hören, ich will davon unterhalten werden.“ Politische Botschaften können da ruhig dabei sein. Müssen es für ihn aber eben nicht unbedingt. Deshalb kann er auch einem Kommentar der Künstlerin Amanda Palmer nicht allzu viel abgewinnen. „Donald Trump will make Punk Rock great again“ hatte die unlängst verlauten lassen – und auch Danko Jones zum Nachdenken gebracht. Sein Urteil: „Also, mir wäre es ja lieber, wenn Punkrock so bleibt wie er ist und wir den Typen einfach aus dem Amt kicken!“ Danko, du bist einfach der Beste!

LIVE 28.3. Winterthur, Salzhaus 29.3. Solothurn, Kofmehl

DANKO JONES Wild Cat AFM/Soulfood bs. Auf Danko Jones ist Verlass. Wer sein Herz einmal an den grundsympathischen Kanadier und seine zwei Spießgefährten verloren hat, weiß, was er bekommt. Rock'n'Roll, purer, echter, treibender Rock'n'Roll mit Garage-Note und Hymnengarantie, schnell, dreckig und frei von der Leber weg gespielt. Veränderungen finden auch auf „Wild Cat“ nur in den Nuancen statt, vielleicht ist diesmal ein wenig mehr Misfits-Punk und Thin-Lizzy-Gitarrenarbeit in die knackigen Songs eingeflossen. Im Großen und Ganzen aber, und das ist auch gut so, reiht sich „Wild Cat“ nahtlos in die Vita der Band ein. Die Welt wird Danko Jones auch nicht mit diesem Album verändern. Er sorgt aber für zwei gute Handvoll zündende Songs, die uns mal wieder auf besonders passionierte Weise klarmachen, warum diese Musik eigentlich so geil ist. Das muss man nicht gut finden. Man sollte es aber, schließlich gibt es wenige derart emsige Rock'n'Roll-Arbeiter, die unaufgesetzt, bescheiden und authentisch die Riffs rausdreschen. Und nebenbei einfach saucool sind.


Der Cowboy unter den Punks Beweisen muss sich einer wie er schon längst nichts mehr. Wie befreiend das ist, wenn man einfach machen kann, worauf man Bock hat, zeigt die PunkIkone Bela B auch auf seinem neuesten Solostreich „Bastard“. Wer hätte gedacht, dass Herr Felsenheimer ein solcher Western-Fan ist…

Foto: Konstanze Habermann

bs. Sein zweiter Vorname ist SpaghettiWestern. Sagt Bela B etwas überraschend über sich selbst. Hätte er jetzt Graf Dracula oder irgendeine andere Kreatur des HorrorKanons genommen – sofort gekauft, die Punk-Ikone ist seit vielen Jahren für ihre Liebe zu trashigen Horrorfilmen bekannt. Jetzt muss man dieses Bild ein wenig revidieren. Das macht gar nichts. Außer vielleicht eine Menge Spaß, denn was uns Bela Bs Passion für trashige B-MovieWestern jetzt beschert hat, ist eine verdammt launige Angelegenheit. Zunächst wäre da einmal das Live-Hörspiel, das er dem unterirdischen und deswegen für ihn so geliebten Western „Sartana – noch warm und schon Sand drauf“ mithilfe einiger findiger Synchronsprecher beschert hat und auch fleißig live zur Aufführung bringt. Vor allem ist da aber sein neues Soloalbum „Bastard“. Das war anfangs eigentlich nur als Untermalung des Hörspiels gedacht, ist aber schnell zu einer ausgewachsenen Platte geworden. Der Grund: „Es hat mir irrsinnig viel Spaß gemacht!“, wie der Ärzte-Schlagzeuger begeistert betont. Das darf man sich mit

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Mitte 50 gerne mal gönnen, zumal auch seine Fans ihre helle Freude an dem Western-Flair, den Banjos, dem GaloppGroove und den staubtrockenen Wüstengitarren haben werden. Aufgenommen live und binnen rekordverdächtiger sechs Tage, ist „Bastard“ einerseits zwar die Erschließung einer neuen musikalischen WildwestRomantik; rein von der Attitüde her kehrt Bela B mit diesem impulsiven, spontanen Werk zu seinen Punkwurzeln zurück. Dazu passt natürlich prima, dass der italienische Spaghetti-Western gern als Punk unter den Filmgenres gesehen wird, statt hoher Budgets und glanzvoller Schauspieler gestalteten sich die Filme dieses ganz speziellen Genres gerne mal räudig, billig und kompromisslos. „Wie guter Punk eben sein sollte“, gibt der Urheber zu bedenken. Er muss es wissen, er macht seit den Siebzigern Punk. Entsprechend kalt lassen ihn die Aussagen mancher Ewiggestriger, einer wie er dürfe doch kein Western-Hörspiel aufnehmen oder jetzt einen auf einsamer Cowboy im Saloon machen. Dabei ist die Wahrheit


doch: Wenn, dann darf es eben gerade einer wie er! Seit jeher als besessener Filmfreak bekannt, sind es Sujets wie diese, in denen er so richtig aufblüht. „Bastard“ ist voller popkultureller Referenzen, musikalischer Verbeugungen und unzähliger Zitate, die selbst kundige Westernfans auf die harte Probe stellen. Voller guter Musik auch: Das „Sartana Thema“ ist ein legitimer Ritt in den Sonnenuntergang, „Der Dreck von Indian Creek“ ein weiteres Beispiel für seinen schrägen Humor, „Warum denn kein Chop Suey“ stellt die berechtigte Frage, weshalb man im Wilden Westen immer nur Bohnen mit Speck gefressen hat. Bela B wäre aber nicht Bela B, wenn er die Probleme unsere Zeit nicht ebenfalls mit im Planwagen hat. „Unterwegs“ ist ein bewegendes Stück über Menschen, die ihre Heimat hinter sich zurückgelassen haben. Es fügt sich bedrückend gut in das Westernthema ein, dem letzten Endes auch menschliche Schicksale zugrunde liegen, die ihr Zuhause zugunsten des verheißungsvollen Westens verlassen haben. Das trifft den Nerv der Zeit, das ist eine ähnlich wichtige Botschaft wie damals, als Die Ärzte mit „Schrei nach Liebe“ eindeutig Position bezogen. In vier Minuten und 13 Sekunden brachte die Band damals die Lage der Nation zum Ausdruck, bis heute ist das Lied so brandaktuell wie die Gefahr, die es zu bekämpfen gilt. In „Unterwegs“ geht das alles deutlich ruhiger und elegischer zu. Bald 25 Jahre später geht Bela B ein solches Thema natürlich anders an, ist eben auch älter geworden. Ein Statement wie dieses selbst in einem Entertainment-Rahmen wie seiner trashigen Western-Verbeugung ist dennoch viel Wert, wird natürlich gleich danach wieder abgelöst von reichlich Nonsens und irrwitzigen Ideen. Zum Höhepunkt wird dadurch auch der turbulent-flotte Abschlusstrack „Einer bleibt liegen“, in dem sich ein desillusionierter Familienvater in seinen Träumen als kühner Westernheld inszeniert. Bis der Wecker klingelt, versteht sich. Aber irgendwas ist ja immer.

BELA B Bastard B-Sploitation/ Rough Trade bs. Man kann sich natürlich ein Comeback der Ärzte wünschen. So langsam wird das wirklich auch mal Zeit, die letzte Platte liegt fünf Jahre zurück. Man kann aber auch einfach froh darüber sein, dass Trommler, Filmfreak und TeilzeitDracula Bela B die Zeit nutzt, um sich gemeinsam mit Sängerin Peta Devlin und seinem Kompagnon Smokestack Lightnin' kreativ nach allen Regeln der Kunst auszutoben. Sein viertes Soloalbum „Bastard“ zumindest könnte vergnüglicher nicht sein. Felsenheimer feiert den trashigen Spaghetti-Western in all seiner billigen Pracht, hat seinen Sound einer entsprechenden Wandlung unterzogen und kommt jetzt hoch zu Ross daher, Banjo im Anschlag und Kugeln im Lauf. Western, Rock, Blues, Country und jede Menge Wildwestromantik haben sich in die Songs eingeschlichen, erzählt werden beinharte Geschichten von beinharten Typen aus dem staubigen Westen, Geschichten aus dem Saloon und von Duellen im Morgengrauen. Unterfüttert mit seinem feinen Gespür für skurrilen Witz und eingestreuten Hörspielpassagen, ist „Bastard“ allerbeste Unterhaltung. Ganz ehrlich: Wenn das so ist, können die Ärzte ruhig noch ein Weilchen pausieren.


Sie sind ein Urgestein des Classic Rock, eine lebende Legende – schlicht eine der erfolgreichsten, grössten und wegweisendsten Bands der Rockgeschichte. Und obwohl sie die Schwelle zum Rentenalter bereits seit einiger Zeit überschritten haben, steckt in den Herren immer noch gewaltige Kreativität und Energie. Das beweist das im April erscheinende neue Album „Infinite“, mit dem das Quintett zu neuen Höhenflügen ansetzt und mit Leichtigkeit und Souveränität seine ganze einzigartige Klasse beweist. TRACKS traf Bassist Roger Glover zu einem ausführlichen Gespräch. Fotos: Jim Rakete

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«Je mehr Songs du geschrieben hast, je mehr Songs stecken noch in dir, die du noch schreiben willst» - Roger Glover „Infinite“ ist das 20. Studioalbum von Deep Purple. So etwas wie eine Jubiläumsausgabe. Wird da richtig gefeiert? Ja, stimmt, ist eine Jubiläumsplatte. Gefeiert wird auch, aber das hat nichts mit der Platte zu tun, wir feiern sowieso jeden Tag (lacht) Bob Ezrin hat wie beim letzten Mal wieder produziert. Warum machst du das nicht selbst, du hast doch in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass du ebenfalls ein sehr guter Produzent bist? In der DVD „The Making Of“ zu diesem Album sagt Bob Ezrin etwas zu diesem Thema: Wenn du als Bandmusiker auch der Produzent bist, hast du nicht den gesamten Überblick und bist auch nicht neutral. Ich denke, da hat er recht. Es ist ein undankbarer Job. Zuerst einmal, du wirst nicht bezahlt, weil du ja in der Band bist. Ich rede nicht von den paar Überstunden, sondern von den verdammten Monaten, die du da an Zeit investierst. Und dann versuchst du natürlich es jedem in der Band recht zu machen und niemandem auf die Füsse zu treten. Und im Endeffekt machst du dann einen Höflichkeits-Mix. Da kommt kein inspirierter, kreativer Mix bei raus. Wenn ich in der Band mehr Autorität hätte und die Jungs auf mich hören würden, wenn ich sage: mach dies oder das, dann wär das vielleicht was anderes. Aber so ist das generell bei uns in der Band, da hört keiner auf den anderen. Dafür sind wir schon viel zu lange zusammen, da glaubt jeder, er weiss selbst am besten, wohin der Hase läuft. Wir brauchen einen Produzent mit solch einem Status wie Bob Ezrin. Jemanden, vor dem wir Respekt haben, damit wir überhaupt auf ihn hören. Die Jungs in der Band mögen mich als Person und Mensch, aber sie respektieren mich nicht als ihren Produzenten. Für mich ist das eine Erleichterung. Als

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wir damals „Perfect Strangers“ aufnehmen wollten, hatte ich direkt gesagt, dass ich das nicht produzieren will. Aber ich hab es dann doch gemacht, einfach aus dem Grunde, weil es keine Vorschläge für einen anderen Produzenten gab. Es steht zwar „Produced by Deep Purple“ auf dem Cover, aber eigentlich habe ich das produziert. Aber es ist einfach ein undankbarer Job und ich bin glücklich, dass ich den jetzt nicht mehr machen muss. Bob (Ezrin) hat mich aber als freundschaftlicher Co-Produzent oft hinzugezogen und mich gleichberechtigt behandelt, was ich sehr nett und komfortabel fand. So konnte ich dann trotzdem etwas persönlichen Input beitragen. Wie wichtig ist Bob Ezrin für Deep Purple? An diesem Punkt unserer Karriere ist er sehr wichtig. Wenn man unseren Erfolg, die Länge der Karriere, die Anzahl unserer Platten und unseren Status berücksichtigt, ist die grösste Gefahr heute eine Parodie von uns selbst zu werden. Du musst immer wieder wagen in eine neue Richtung zu gehen. Bob gibt uns auf entspannte Weise die Freiheit wir selbst zu sein, was uns ironischerweise zu unseren Anfängen zurückführt. Damals in den 70ern waren wir zu 100% nur wir selbst, wir haben einen „Fuck“ auf alles ausserhalb der Band gegeben, egal ob Plattenfirmen oder Radiostationen, wir sind nur unseren eigenen Weg gegangen. Und mit Bob kommen wir ein Stück weit wieder dahin zurück. Er lässt uns die Freiheit und den Spass neue Songs zu schreiben und nicht die dritte Version von „Highway Star“ oder „Smoke On The Water Part. 6“. Klar, diese Songs gibt es, sie sind ein grosser, wichtiger Teil unserer Karriere und wir sind stolz auf sie, aber wir können sie nicht wiederholen. Jemand fragte mich einmal: Warum schreibt ihr keine Songs wie „Highway Star“ mehr? Ich habe ihm gesagt: Das machen wir doch! Die klingen bloss nicht mehr wie „Highway Star“. Du weisst ja nie, was mit einem Song passiert. Als wir damals „Highway Star“ schrieben, wussten wir nicht, dass das solch ein Hit werden würde. Auch „Smoke On The Water“ war so ein Fall. Den wollten wir erst gar nicht als Single rausbringen, dem hatten wir überhaupt kein Hitpotential zugetraut. Alles was du tun kannst ist deinem Instinkt zu folgen und weiter Songs zu schreiben so gut du kannst. Bob ist auch sehr gut darin Songs zu vollenden. Wir haben zum Beispiel einen fertigen neuen Song mit dem ganzen Arrangement, den Riffs und dem Text – aber irgendein kleines Detail fehlt noch, oder es gibt Schwachstellen im Text. Bob merkt das und sagt: „Das gefällt mir nicht. Ihr könnt das besser, versucht mal dies oder jenes.“ Er hat Ideen und er pusht uns einen Schritt weiter. Deshalb geben wir ihm auch Autoren-Credits. Ist Bob Ezrin als Produzent ein Diktator? Nein, das kann man so nicht sagen. Wenn wir zu den Aufnahmen nach Nashville kommen, sind die Songs grösstenteils fertig geschrieben. Die ersten zwei Wochen dort verbringen wir in einem Proberaum und spielen Bob die Songs vor. Und da sagt Bob dann seine Meinung und versucht uns davon zu überzeugen. Zum Beispiel haben wir mit Steve Morse und Don Airey zwei brillante Musiker, die man in Solos nur schwer zurückhalten kann. Da sagt Bob dann allgemein: „Ihr solltet das etwas relaxter machen.“ Dabei schaut er aber Steve oder Don an (lacht). Er ist schon ein wenig der Emperor im Studio, aber das macht uns nichts aus. Das spart eine Menge Zeit, als wenn wir jedes Mal einen halben Tag über solche Dinge wie „spielen wir das in H-Moll oder F“ diskutieren oder streiten würden. Bob meint dann nur kurz: „Spiel es in A!“ oder sowas in der Art (lacht). Bob ist gerade heraus, er redet nicht um den heissen Brei herum. Aber er bringt das immer in einer Art rüber, die uns nicht anpisst. Es ist eine Sache von gegenseitigem Respekt. Gibt es Situationen in denen ihr von einem Song absolut überzeugt seid aber Bob findet ihn schlecht. Besteht ihr dann auf eurem Standpunkt oder setzt sich Bob durch? Also zuerst mal: Wir schreiben keine schlechten Songs (Gelächter). In solch einem Fall versucht uns Bob zu überzeugen. Wir hatten solch einen Song für das neue Album. Bob hat uns dazu gebracht, weiter an dem Track zu arbeiten und schlussendlich ist er tatsächlich besser geworden. Auf der anderen Seite hatte Gillan eine Gesangslinie, die er liebte und von der er total überzeugt war. Gillan hat dafür gekämpft, argumentiert und weiter gekämpft bis Bob sich überzeugen


liess. Ezrin ist kein Diktator, er hört auch auf uns. Scheinbar ist es also sehr einfach mit Bob Ezrin zu arbeiten. Nun, unsere erste Zusammenarbeit am Album „Now What?!“ war eine riesige Freude, sehr angenehm und er fabrizierte einen grossartigen Sound. Für mich ist es das wichtigste, dass es gut klingt. Ich hatte die Nase voll davon Demos von Bands zu hören, die sie in der Garage aufgenommen hatten und die besser klangen als das, was wir machten. Verdammt, wir sind Deep Purple und da kommt diese unbekannte Band, die besser klingt als wir? Da läuft doch etwas ganz entschieden falsch. Aber Bob stellt sicher, dass wir einen herausragenden Sound haben. Bob hat einen fantastischen Toningenieur und sie arbeiten sehr schnell. Schnelligkeit ist im Studio sehr wertvoll, weil wir uns ziemlich schnell langweilen. Wenn wir ins Studio gehen und da wird dann erst mal ein halber Tag am Bassdrum-Sound rumgeschraubt, sind wir angepisst. Darunter leidet die Kreativität und vor allem die Spontaneität. Ist es Ezrins Einfluss, dass „Infinite“ sehr hart rockt? Nein, er ist ja nicht am Songschreiben beteiligt gewesen. Zu analysieren, weshalb das neue Album härter ausgefallen ist, ist schwierig. Der Erfolg von „Now What?!“ war solch ein immenser Auftrieb für die Band. Wir hatten einen solchen Erfolg schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Und das hat uns sehr selbstbewusst gemacht. Die letzten drei Jahre haben wir nichts gemacht als touren und touren und noch mehr touren. Ich denke, diese vielen Konzerte und die Erfahrungen damit haben sich beim Songschreiben für das neue Album ausgezahlt. Ich weiss, dass „Infinite“ härter ist, aber das war nicht wissentlich beabsichtigt. Wir haben erst hinterher richtig realisiert, was wir da gemacht haben. Fällt es euch heute leichter Songs zu schreiben als in den Anfangszeiten? (überlegt lange) Ich weiss nicht ob es leichter ist. Es ist anders. Die Platten in der Zeit zwischen 69 und 72 waren auch schwierig zu machen. Da gab es viele Umstände, die gegen uns gearbeitet haben. Die Musik an sich kam ziemlich leicht zustande, aber die Aufnahmen nicht. Die fallen uns heute leichter, weil wir daran gewöhnt sind. Nimmt eure Plattenfirma Einfluss auf Produktion oder Songauswahl?

Nein. Die hören das Album erst, wenn wir es ihnen übergeben. Für die ist es eine echte Überraschung, wenn sie es zum ersten Mal hören. Zum Glück mögen sie es sehr (lacht). Aber sie haben natürlich bei der Veröffentlichung und dem Marketing eine grosse Entscheidungsgewalt. Für dieses Album kamen sie sogar mit dem Album-Titel und –Image an. Wir selbst hatten zwar auch Ideen, aber die waren nicht so gut. Ich bin, ehrlich gesagt, ein grosser Fan von unserer

«Wir waren halt nie eine sogenannte coole In-Band» Plattenfirma. Sie ist sehr gut für uns. Wir werden zu nichts gezwungen, was wir nicht wollen und sie liefern jedes Backup und alle Unterstützung, die wir brauchen. Ein Künstler ist ein Künstler – es sollte eine strikte Aufteilung zwischen kreativen und geschäftlichen Angelegenheiten geben. Wir hatten aber glücklicherweise noch nie Probleme, in kreativer Hinsicht hat uns nie jemand gesagt, was wir zu tun oder zu lassen haben. Auf „Infinite“ gibt es den Song „Johnny's Band“. Wer oder was ist Johnny's Band? Es geht um keine bestimmte Band. Mir war klar, dass diese Frage kommen wird, als ich den Text geschrieben habe. Wenn du dir die Geschichten von Bands anschaust, die sind fast alle gleich. Sie starten mit Nichts, sie allein gegen den Rest der Welt, sie kämpfen ums überleben, sie schaffen den Durchbruch, Erfolg bringt Geld, Geld bringt Frauen und Drogen, sie enden in der Reha oder sterben oder sonst was und 20 Jahre später reformieren sie sich und spielen wieder in den kleinen Clubs wo sie angefangen hatten. Es ist eine universelle Geschichte. Ich habe es „Johnny“ genannt, weil John ein sehr allgemein gebräuchlicher Name ist. Welchen Grund gab es „Roadhouse Blues“ zu covern? Einfach aus einer Laune heraus. Auf dem letzten Album hatten wir aus Spass den Jerry Lee Lewis „It'll Be Me“ drauf und Bob fragte: Wollen wir das wieder machen? Es standen ein paar Songs zur Auswahl, aber ich weiss nicht mehr,

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wer „Roadhouse Blues“ nannte. Wir sind eine Band, die es mag den Weg des geringsten Widerstands zu wählen. Wenn wir erst etwas lernen müssen – vergiss es! (lacht). „Roadhouse Blues“ ist ein Song, den wir spielen können ohne dass wir uns erst das Original anhören müssen. Also haben wir den im Studio gespielt, ganz spontan und nur ein Mal. Das ganze Ding war in einer halben Stunde erledigt. Alles live, keine Overdubs – selbst der Gesang ist direkt live mit der Band eingesungen, da wurde nichts mehr nachträglich geändert. Das hat Spass gemacht. Ich war mir nur etwas unsicher, weil der Song ja schon zig Mal gecovert wurde und ob Ian Gillan den überhaupt drauf hat. Gillan hat ja seine Wurzeln und Einflüsse mehr bei Elvis in der frühen Rock'n'Roll Zeit. Aber er hat hier einen grossartigen Job gemacht. „Infinite“ hat ein schönes Cover. Wer hatte die Sujet-Idee und wo wurden die Fotos gemacht? Die Idee kam von der Plattenfirma. Jim Rakete, einer der renommiertesten deutschen Fotografen, hat die Fotos in Hamburg gemacht. Wir waren froh, denn wir selbst hatten keine wirkliche Inspiration für das Cover. Für uns hat die Musik

Deep Purple´s Labelchef Max Vaccaro (Ear Music) Paice hat es verpasst! Priorität und solange das Cover einen würdevollen Stil hat, ist es für uns ok. Und mit diesem Cover bin ich sehr zufrieden. Sprechen wir einmal über Tourneen. Weisst du, wie viele Gigs du mit Deep Purple bis jetzt gemacht hast? Nein, keine Ahnung. Kürzlich ist mir eine Liste in die Finger gekommen, in der Richie Blackmore alle Konzerte, die er bis zum seinem Ausstieg 1993 mit Deep Purple gespielt hat, aufgeschrieben hat. Die Liste hört gar nicht mehr auf, seitenweise – das war schon fast erschreckend. Wenn ich jetzt alle Gigs vom Deep Purple Vorgänger Episode Six dazurechne, plus die Gigs mit Rainbow und diejenigen nach Richies Ausstieg, das ist eine riesige Ladung. Und es macht mich irgendwie müde, diese Liste anzuschauen. Denn jede Zeile heisst: Irgendwo hingefahren, angekommen, gewartet,

gerne mal spielen würdest? Wir haben in Israel und Libanon gespielt, auch in Zypern – aber in den anderen Ländern des Mittleren Ostens waren wir noch nicht. Das ist wohl das grösste Gebiet der Erde, wo wir noch nicht waren. Auf den Philippinen waren wir auch noch nicht. Es gibt auch noch ein paar afrikanische Länder. Aber generell gibt es nicht viele Gebiete, in denen wir noch nicht gespielt haben. Ein bestimmtes Land, in dem ich unbedingt noch gerne spielen würde, gibt es eigentlich nicht. Wir waren ja praktisch schon überall. Mit Deep Purple habt ihr ja praktisch alles erreicht, was es zu holen gibt. Gibt es für euch überhaupt noch Herausforderungen? Hinsichtlich Erfolg haben wir fast alles erreicht. Wir sind in der Rock'n'Roll Hall Of Fame und haben eine ganze Menge Goldund Platinplatten, Preise und Auszeichnungen. Die grösste Herausforderung ist und bleibt das Songschreiben. Je mehr Songs du geschrieben hast, je mehr Songs stecken noch in dir, die du noch schreiben willst. Eine Herausforderung wäre noch, einmal das Glastonbury Festival in England zu spielen. Aber die haben uns noch nie eingeladen. Wahrscheinlich sind wir dafür nicht cool genug. Wir waren halt nie eine sogenannte coole In-Band. Von den grossen noch aktiven Bands seid ihr die am konstant härtest arbeitende Band überhaupt. Wie viele Monate pro Jahr seid ihr unterwegs? So ungefähr acht Monate pro Jahr. Wir touren aber nicht mehr monatelang am Streifen. Wir sind 4-6 Wochen unterwegs, dann gibt es eine Pause. Wir haben mittlerweile ja alle noch ein anderes Leben, niemand möchte mehr seine Familie für solch lange Zeit allein lassen. Früher hatten wir keine Familien, da war das egal. Aber wir spielen immer noch viel, weil wir uns selbst gibt einen aus. Ian supporten. Viele Leute glauben, wir hätten das nicht mehr nötig, wir wären doch reich genug. Aber so wohlhabend, wie viele denken, sind wir nicht. Es ist schon lange her, seit wir durch Plattenverkäufe Geld verdienen konnten. Heute sind wir glücklich, wenn wir die Produktionskosten wieder hereinbekommen. Deshalb müssen wir weiter arbeiten, um zu überleben. Es geht mir echt auf die Nerven, wenn Leute sagen: Ihr habt doch alles, ihr seid doch reich! Aber neben dem finanziellen Aspekt ist der Grund, dass wir schon immer eine Live-Band waren und tun, was wir immer getan haben. Schon früher waren Studios für uns ein notwendiges Übel, das man einmal im Jahr über sich ergehen lassen musste. Aber gelebt haben wir für die Bühne, für die Konzerte. Wir lieben es, live zu spielen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ihr habt aber doch so viele Hits geschrieben, die seit Jahrzehnten weltweit im Radio laufen und auch immer noch verkauft werden. Da gibt es doch sicher ein nicht zu knappes regelmässiges Einkommen. Wir haben keine Kontrolle über unsere alten Sachen und auch kein Einkommen daraus. Da läuft schon seit Jahren ein Gerichtsfall mit unserem alten Management, der hoffentlich bald mal ein Ende findet. Auch wenn die Chancen gut stehen und alles danach aussieht, dass wir den Fall gewinnen werden, solange es nicht soweit ist, kommt da kein Geld herein. Im Gegenteil, unsere Kosten für die Anwälte und das Verfahren

«Es gibt nicht viele Bands, die härter gearbeitet haben» soundgecheckt, gewartet, Gig gespielt, zurückgefahren – das war unser Leben. Und ich weiss nicht, was uns das Leben damit gelehrt hat. Zu überleben? Mit dem Leben auf der Strasse klarzukommen und Abend für Abend Konzerte zu spielen? Und trotzdem immer noch Emotionen und Gefühle in jeden Ton, den du spielst, hineinzupacken? Wenn das der Sinn ist, bin ich stolz darauf, das gemacht und überlebt zu haben. Es gibt nicht viele Bands, die härter gearbeitet haben. Gibt es eigentlich Länder, in den du noch nicht bzw. wo du

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sind verdammt hoch. Ist „Infinite“ das letzte Deep Purple Album? Frag mich nochmal in zehn Jahren, dann sag ich es dir.(lacht). Ich hoffe nicht. Ich denke, ein oder zwei Alben liegen noch drin. Aber das hängt natürlich mit den Umständen zusammen und wie es uns gesundheitlich geht. Ich kann mir vorstellen, dass

miteinander sprechen würden. Gerade bei diesem Hall Of Fame Ding wäre es grossartig gewesen, wenn er auch gekommen wäre. Aber er liess schon Monate vorher verlauten: „Ich bin nicht interessiert!“ Aber nachher sagte er natürlich: „Ich wurde nicht eingeladen“ oder „sie sagten mir, ich soll nicht kommen!“ Ich habe Richie jahrelang Weihnachtskarten geschickt, aber nie eine Antwort bekommen. Irgendwann habe ich das aufgegeben. Ich weiss natürlich, wie wichtig Richie für die Band war. Er pushte uns in die richtige Richtung, er und Jon Lord hatten diesen push/pull-Effekt für die Band. Richie war mehr der Purple-Architekt als irgend sonst jemand. Aber es war seine Wahl auszusteigen, gerade als ich dachte, die Band sei wieder auf einem gesunden Weg. Alles was er gemacht hat, war immer seine eigene Wahl. Ich würde ihn als Freund sofort herzlich willkommen heissen. Aber es ist keine Option, als Gitarrist zu Purple zurückzukommen. Wir haben seit 22 Jahren Steve und er ist unser Gitarrist. Im Grunde ist das alles eine Seifenoper. Verfolgst du, was Richie zur Zeit macht? Ja, ab und zu ein wenig. Was sagst du dazu, dass er jetzt dabei ist mit diesem furchtbaren Billigaufguss von Rainbow seine eigene Legende zu zerstören? Interessiert dich das überhaupt? Natürlich interessiert mich das. Ich hatte gehofft, dass diese neue Rainbow-Sache besser herausgekommen wäre. Ich selbst habe sie nicht live gesehen, nur ein paar Clips auf Youtube. Aber mir haben Leute, die die Band gesehen haben, nur Negatives erzählt. Es ist ein Jammer, dass er sich damit selbst in den Fuss geschossen hat. Ich fand es einen Fehler, als Rainbow auf Tour zu gehen. Rainbow hatte Hits, sehr gute Musiker und eine Menge Fans. Er hätte das jetzt unter seinem eigenen Namen machen sollen, er hätte die halbe Welt weggeblasen – so viel Talent hat er. Aber mit so einer halbgebackenen Band zu spielen und dabei genauso viele Purple-Songs wie Rainbow-Songs zu spielen…ich weiss nicht. Es tut mir leid für ihn, ich wünsche, er hätte das besser gemacht.

«Ich habe Richie jahrelang Weihnachtskarten geschickt, aber nie eine Antwort bekommen. Irgendwann habe ich das aufgegeben» wir künftig nicht mehr so viel touren, uns dafür mehr auf Studioarbeit konzentrieren. Ich glaube, dass in uns noch sehr viel Kreativität steckt. Am 7. April kommt „Infinite“ heraus. Und dann geht's wohl wieder auf ausgedehnte Tour? Ja, dieses Jahr gibt es eine grosse Amerika-Tournee, danach im Herbst eine England-Tour, wo wir auch in der O2-Arena spielen werden. Und fast alle Konzerte sind jetzt schon ausverkauft. Auch in Amerika läuft der Vorverkauf sehr, sehr gut – es scheint eine erfolgreiche Sache zu werden. Darüber sind wir sehr glücklich. Vielleicht denken viele Fans auch, dass es die letzte Gelegenheit sein kann Deep Purple noch einmal live zu erleben. Aber hoffentlich geht das ja alles noch die nächsten 50 Jahre so weiter (lacht). Kommen wir zum Schluss wieder einmal auf das Thema, ohne das ein Deep Purple Interview ja fast nicht möglich ist. Bei speziellen Anlässen, die sich auf die gesamte Karriere von Deep Purple beziehen, wie beispielsweise die Aufnahme in die Rock'n'Roll Hall Of Fame oder das Jon Lord Tribute Konzert in London ist Richie Blackmore nie dabei. Obwohl er doch ein massgebender, sehr wichtiger Part der Bandgeschichte war. Gibt es da überhaupt keinen Kontakt mehr? Es ist nicht so, dass wir uns nicht mögen. Er hat sich selbst isoliert. Ich wäre glücklich, wenn wir noch Kontakt hätten und

LIVE 20.5.17 Genf, Arena 24.6.17 Hinwil, Rock The Ring


REVIEWS Hard/Heavy/Metal JACK RUSSEL'S GREAT WHITE He Saw It Coming Frontiers Records

DEEP PURPLE Infinite Ear Music hh. « Now What ? », das 2013 erschienene Album, war eines der erfolgreichsten in der gesamten Bandkarriere. Einen grossen Anteil daran hatte Produzent Bob Ezrin (u.a. Pink Floyd, Alice Cooper, Kiss, Peter Gabriel, Lou Reed), der mit der Band alte, schon verschollen geglaubte musikalische Wurzeln ausgrub, die Härte der Gründerjahre widerbelebte und das Ganze in ein modernes Soundgewand kleidete. Damit stürmten Purple nach Jahrzehnten wieder die internationalen Charts bis in die Spitzenpositionen, ein gewaltiger, rockender Kraftakt, den nur die Wenigsten der Band nach den vorgängigen Alben, die zwar durch hohe Musikalität und Virtuosität glänzten, jedoch das packende Rockfeuer vergangener Zeiten vermissen liess, zugetraut hätten. Nun steht also der Nachfolger in den Startlöchern. „Infinite“ heisst das Werk (gemessen an der Karrierelänge ein wahrlich passender Name) und bietet zehn Songs, die, um es vorwegzunehmen, den Fans Sturzbäche von Freudentränen in die Augen treiben werden. Wieder hat Produzent Bob Ezrin die Oberaufsicht übernommen und die Herren zu absoluten Grosstaten angetrieben. Für Deep Purple ist die Zusammenarbeit mit Ezrin der grösstmögliche Glücksfall überhaupt, denn seit er an Bord ist, läuft das alte Schlachtross wie nach einer Frischzellenkur. Der transparente, druckvolle und reduzierte Sound macht genau da weiter, wo „Now What?“ aufhörte und verleiht den Songs Glanz und Wärme. Und die Songs haben es in sich, sind sogar eine hör- und fühlbare Steigerung zu denen von „Now What?“. Einzelne Titel herauszuheben ist praktisch unmöglich, jeder Track hat grosse Klasse und präsentiert Deep Purple so, wie Deep Purple klingen muss. Auch wenn die Wildheit der Jugend inzwischen einer natürlichen Reife Platz machen musste, die Herzen der Musiker schlagen immer noch, oder besser gesagt wieder, in dem Takt, der den Motor für die alten Rockklassiker der frühen 70er bildete. Klar, sie gehen es heute routinierter und souveräner an, aber das heisst nicht, dass das lila Monster die Gefährlichkeit verloren hat, die hier besonders in Songs wie „Time For Bedlam“ oder „Get Me Outta Here“ wieder zum Ausdruck kommt. „Infinite“ bietet alles, was das Herz des Fans höher schlagen lässt: die einzigartigen Unisono-Läufe aus Orgel, Gitarre und Bass –das DeepPurple-Trademark schlechthin-, inspirierte, mächtig groovende Jam-Passagen, herausragende Virtuosität der Musiker und ein überragender Ian Gillan. Das alles gepaart mit tollen Songs, genialen Hooklines, der in jeder Note deutlich hörbaren maximalen Spielfreude der Band und der klasse Produktion machen aus „Infinite“ das beste Deep Purple Album seit Dekaden und lassen es problemlos in einer Reihe mit den alten Meisterwerken von Gillan & Co glänzen. Altersmilde ist ein Fremdwort – hier wird gerockt und zwar satt und fett, mit Tiefgang und grosser Nachhaltigkeit.

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mv. Jack Russel ist endlich zurück. Das ist nach all den SuchtProblemen und dem Ärger mit seinen ehemaligen Great WhiteMitmusikern definitiv keine Selbstverständlichkeit. So war die Vorfreude auf „He Saw It Coming“ gross. Schon nach dem ersten Hördurchgang ist allerdings Ernüchterung angesagt. Der gute Jack hätte definitiv das “Great White” im Bandnamen weglassen und diese Scheibe als reines Soloalbum unter „Jack Russel“ veröffentlichen sollen. Denn so muss sich Jack nicht nur mit seiner Vergangenheit (was schon schwer genug ist) sondern auch mit der letzten sehr guten Great White-Scheibe messen. Und „He Saw It Coming“ hat abgesehen von der immer noch bärenstarken Stimme von Mr. Russel nicht mehr viel gemeinsam mit den alten Glanztaten. Der Grossteil des Materials ist vielmehr Blues als Rock. Zudem wagt Jack so einige Stilexperimente quer durch verschiedene Gärten. Das ist alles mehr als legitim und sei ihm gegönnt, nur hat das halt nichts mit Great White zu tun. Und was wirklich schade ist, es fehlt den meisten Songs schlicht an guten Hooklines, Hits sind weit und breit keine auszumachen. Einzig der Opener „Sign Of Times“ und die romantische Ballade „Anything For You“ lassen aufhorchen, dem Rest der Scheibe fehlt das gewisse Etwas, das viele Great White-Alben so herausragend machte. Auch mit bestem Nostalgiebonus und viel Wohlwollen, dieses Comeback ist mehr als zwiespältig und dürfte die Fans noch mehr auf die nächste echte Great WhitePlatte von Mark Kendall und Co. hoffen lassen.

STEPHEN PEARCY Smash Frontiers Records mv. „Smash“ ist bereits das 4. Soloalbum des Ratt-Sängers Stephen Pearcy. Während er mit Ratt zumindest in den glorreichen 80er-Hair Metal-Zeiten Millionenerfolge feiern durfte, muss der

umtriebige Sänger seit vielen Jahren kleinere Brötchen backen und mit wenig zufrieden sein. Das ewige hin- und her in Sachen Ratt-Reunion und Streitereien um den Bandnamen waren da auch nicht unschuldig. Bevor dann in der nächsten Zeit sicher mal wieder eine grosse Ratt-Reunion anstehen dürfte gibt’s jetzt also wieder Stephen Pearcy als Solokünstler. Und so weit weg von den letzten RattScheiben ist „Smash“ gar nicht. Stephen holte sich aber auch namhafte Unterstützung für diese Platte. An den Drums ist Greg D'Angelo (ex-White Lion) und die beiden ehemaligen Rough Cutt-Recken Matt Thorn (Bass) und Chris Hager (Gitarre) komplettieren neben dem schwedischen Gitarristen Erik Ferentinos (Mad Architect) die Band. Nicht zu vergessen Produzent Beau Hill, welcher verantwortlich ist für die ersten vier legendären Ratt-Klassiker und auch hier einen guten Job abliefert. Das alles ergibt dann schlussendlich eine sehr coole Hard Rock-Platte, welche mit „Rain“, „Ten Miles Wilde“, „I Know I’m Crazy“, „Jamie“ und „I Can’t Take It“ einige sehr starke Nummern enthält. Leider haben zwar nicht alle Songs Hitpotential und einige Sachen sind etwas durchschnittlich geraten. „Smash“ macht aber trotzdem Spass und Pearcy singt erstaunlich gut. Für Ratt-Fans eine gute Platte als Überbrückung bis dann mit der Hauptband mal wieder etwas gehen wird.

FIREWIND Immortals Century Media mv. Still war es geworden um die Hauptband von Gitarrenhexer und ex-Ozzy Gitarrist Gus G. Die letzte Firewind Platte ist schon fünf Jahre alt und in der Zwischenzeit veröffentlichte der gute Mann zwei Soloalben. Der langjährige Sänger Apollo Papathanasio ist ja bereits vor einer Weile ausgestiegen, so dass eigentlich fast niemand mehr mit einer Firewind-Scheibe rechnete. Gutes Timing, nun erst recht und bärenstark zurückzukehren. Am Gesang präsentieren die Griechen nun den in der Szene recht bekannten Henning Basse (ex-Metalium), der auch bereits für das Soloprojekt von Gus G. im Einsatz war. Sein kräftiger und trotzdem immer melodische Gesangsstil passt absolut hervorragend zu Firewind, ein echter Glücksgriff. Eine weitere


Hard/Heavy/Metal REVIEWS Neuerung ist, dass das neue Firewind-Werk „Immortals“ ein Konzeptalbum geworden ist, dessen Inhalt sich mit der älteren Geschichte Griechenlands (keine Überraschung), genauer an der Schlacht an den Thermopylen orientiert (vielen auch bekannt aus dem Hollywood Film „300“). Viele Fans haben meist etwas Respekt vor Konzeptalben, da oftmals bei solchen Projekten die Musik dann etwas zu überambitioniert ist oder gar durch endlose Zwischenspiele und gesprochene Intros verzettelt wird. Diese Angst ist hier zum Glück unbegründet, denn „Immortals“ bietet genau wie seine Vorgänger absolut typischen EuroPower Metal. Nummern wie der kraftvolle Opener „Hands Of Time“, das eingängige „Back To The Throne“ oder vor allem das Albumhighlight „Warrios and Saints“ sind genau der Stoff, den die Fans von Firewind erwarten und lieben. Die Melodien sind zum Glück fast nie kitschig und die Gitarrenarbeit ist wie erhofft absolute Spitzenklasse und wird durch die gut in Szene gesetzten Keyboards von Bob Katsionis (u.a. auch bei Serious Black) wunderbar ergänzt. Mit „Ode To Leonidas“ gibt es dann noch passende Epik und auch die Ballade „Lady Of 1000 Sorrows“ kann als gelungener Volltreffer verbucht werden. Das coole Titelstück und der Ohrwurm „Live and Die By The Sword“ runden diese starke Platte ab und kein Fan dürfte von „Immortals“ enttäuscht werden.

PRIDE OF LIONS Fearless Frontiers Records mv. Pride Of Lions sind eine der grossen Ausnahmen aus dem Frontiers Stall. Eigentlich auch wie all die unzähligen anderen FrontiersProjekte wurden auch Pride Of Lions von zwei grossen Namen gegründet (Survivor MainmanJim Peterik und Toby Hitchcock) und boten ein Debut mit Melodic Rock der Spitzenklasse. Im Gegensatz zu den meisten anderen Projekten sind Pride Of Lions aber zu einer konstant starken Band herangewachsen, welche hier mit „Fearless“ ihr bereits fünftes Album vorlegt. Und nach ein paar Durchläufen kann mit Erleichterung festgestellt werden, dass es den beiden Haudegen erneut gelungen ist,

eine wundervolle Platte voller melodischer Perlen zu kreieren. Songs wie der Opener „All I See Is You“, “The Tell”, „Rising Up“ oder “Silent Music” sorgen einfach umgehend für gute Laune. Mit der wirklich wunderschönen Ballade „Everlasting Love“ treffen sie den Hörer mitten ins Herz und beim abschliessenden Epos „Unmasking The Mystery“ werden alle Register der grossen AOR-Kunst aufgefahren. Auch wenn das Album alles in allem noch ein paar zwingendere Hooks mehr vertragen hätte und nicht jeder Track überdurchschnittlich gut ist, „Fearless“ dürfte keinen Fan der Band enttäuschen. Dafür sorgen alleine schon Jim Peterik und Toby Hitchcock mit ihrem überragenden Gesang und treffendem Gespür für starke Melodien. Der Löwe darf weiterhin stolz sein!

LANCER Mastery Nuclear Blast mv. Achtung, Fans von alten Helloween, Edguy, Gamma Ray und Avantasia müssen hier unbedingt reinhören und sich Lancer sofort auf den Einkaufszettel schreiben. Was die jungen Schweden mit „Mastery“ hier abliefern, ist absolut bemerkenswert und wird die Band dank dem Deal mit dem Branchenriesen Nuclear Blast wohl auch bald in wohlverdiente grosse Erfolge stürzen. Eigentlich könnte man ja etwas böse sagen, dass hier ist nur eine weitere von vielen neuen Power Metal Bands am Start ist. Aber Lancer heben sich aufgrund von zwei wichtigen Sachen meilenweit von den vielen Konkurrenzbands ab. Erstens hat man mit Isak Stenvall einen unglaublich guten Sänger an Bord welcher immer wieder an den jungen Michael Kiske erinnert und zweitens machen die Schweden nicht den Fehler, ihre Songs mit viel zu viel Keyboards vollzukleistern, sondern drücken lieber auf die Tube und setzen auf grosse Melodien verbunden mit der richtigen Portion Old SchoolFeeling. So gibt’s bei Granaten wie dem Titelsong, „Iscariot“, „Widowmaker“ oder "Dead Raising Towers“ zwar auch fette, bomastische Refrains, allerdings ohne tonnenweise Orchestergedudel im

Hintergrund, wie es vor langer, langer Zeit eben Helloween oder Blind Guardian mal vorgemacht hatten. „Follow Azrael“ würde sich zudem auch auf der ersten Avantasia Scheibe hervorragend machen und der epische Abschlusshammer „Envy Of The Gods“ hätte Tobias Sammet auch nicht besser hinbekommen. „Mastery“ ist übrigens bereits die dritte Scheibe von Lancer, so dass es für Neueinsteiger auch noch die zwei ebenfalls sehr starken Vorgängeralben zu entdecken gibt. Zusammen mit Alpha Tiger und Spellcaster einer der grossen Hoffnungsträger für die Zukunft des traditionellen Metal. Check it out!

WAKRAT Same Earache rp. «Verdammte Stille» schreit Sänger und Bassist Tim Commerford (Rage Against The Machine/Audioslave) gleich zu Beginn im Song «Sober Addiction» aus den Boxen. Die Stille ist nicht zu ertragen. Nur der Lärm, eine wütende Mischung aus Hardcore und

Punk, kann die Schmerzen besänftigen. Das selbstbetitelte Debüt des Trios Wakrat um Drummer Mathias Wakrat ist ein einziger Schmerzensschrei, in musikalische Form gepresst. Im Song «Generation Fucked» schreit Commerford heraus: »So Now We're Fucked. Surely Fucked. No Solution, Very Fucked. Generation Fucked.» Durch das dazugehörige verstörende Video zieht sich eine Spur aus Gewalt, Krieg und Trump. Im autobiografischen «Knucklehead» verarbeitet Tim Commerford tragische Familienerlebnisse: «Gimme The Gun, Fuck The Knife. Gimme The Gun, I'm Alright». Dieses Gefühl hat man nicht. Man kann nur erahnen, welche Psychodramen sich im Hause Commerford abgespielt haben. Die neun Songs in kurzen 27 Minuten donnern an einem vorbei wie ein reinigendes Feuer.


PHIL RUDD

Neustart für den

Motor

Beim Namen Phil Rudd dürfte jeder einigermassen profunde Rockmusik-Kenner sofort hellhörig werden. Der langjährige AC/DC-Schlagzeuger, der auf fast allen regulären Studioalben der australischen Legende zu hören ist, gehört derzeit nicht zum Line-Up von AC/DC. Unklar ist, ob der aufgrund privater Probleme in die Schlagzeilen geratene Drummer, jemals wieder mit AC/DC auftreten wird. Phil Rudd ist aber nicht untätig herumgesessen, sondern hat im Herbst 2014 unter seinem Namen ein sehr entspanntes und auf das Minimum reduzierte Rock-Album mit dem Titel "Head Job" veröffentlicht. Am 2. Mai besucht Phil Rudd mit seinen beiden neuseeländischen Mitstreitern Geoffrey Martin (Gitarre) und Allan Badger (Gesang, Bass) und offenbar noch weiteren Musikern das Zürcher Kaufleuten für das einzige Schweizer Konzert der Phil Rudd Tour 2017. seinem Rauswurf alle grossen Touren und spielte auf allen bis dato veröffentlichten Alben.

lg. Mit seinem Schlagzeugspiel avancierte Phil Rudd bei AC/DC zu Herz und Seele des Sounds der Band, denn was sollen die besten Songs ohne das solide Fundament eines perfekten Schlagzeugers, der wie ein Uhrwerk die Band antreibt? Schlagzeugkollegen haben Phil Rudd als DEN Rock-Drummer oder den solidesten Mann überhaupt hinter einer Schiessbude bezeichnet. Wenn man sich Alben wie "Let There Be Rock", "Highway To Hell" oder "Back In Black" vor diesem Hintergrund anhört, wird einem diese Tatsache schnell klar. Ohne Phil Rudd und seinem unspektakulären, aber jederzeit extrem zuverlässigen Power-Drumming hätte es wohl AC/DC in der Form wohl nie gegeben. Ab 1977 war Phil Rudd nach dem Weggang vom damaligen Bassisten Mark Evans sogar der einzige gebürtige Australier bei AC/DC. Vor seiner Zeit bei AC/DC war Phil Rudd in einer Band mit Angry Anderson aktiv, welcher später mit Rose Tattoo (der anderen grossen australischen RockLegende) seine grossen Momente erleben konnte. Zu AC/DC kam Rudd, da er 1974 an Drum-Auditions für den vakanten Schlagzeugerposten teilnahm. Der Tod von Sänger Bon Scott im Jahre 1980 hat Phil Rudd zugesetzt, bis er 1983 die Band – unter anderem aufgrund von Konflikten mit Gitarrist Malcolm Young – verliess. Bis zu seiner Rückkehr 1993 verbrachte er die Zeit in Neuseeland mit seiner Familie und seinen Bentleys, Lamborghinis und Ferraris, flog Helikopter sowie versuchte sich als Farmer und baute sich sein eigenes Musikstudios. Ab "Ballbreaker" (1995) gehörte Rudd wieder zum Line-Up von AC/DC und bestritt bis zu

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Trotz aller Meriten mit AC/DC hatte der seit langer Zeit in Neuseeland lebende Phil Rudd mit seinen Dämonen zu kämpfen. 2014 wurde wegen eines angeblich in Auftrag gegebenen Mordes, Drohung und Besitzes diverser Betäubungsmittel Anklage gegen ihn erhoben. Kurz darauf geriet sein Privatleben in den Fokus der Boulevardmedien. Von wilden Parties und ausschweifenden Exzessen war rasch die Rede – auch seine damaligen Bandkollegen Angus Young und Cliff Williams bestätigten dies indirekt, indem sie erklärten, dass Phil nicht mehr der gleiche wie früher wäre und sich zunehmend als unzuverlässig erwiese (bereits bei den Aufnahmen zum letzten AC/DC-Album "Rock Or Bust"). Phil Rudd war dann zeitweise unter Hausarrest gesetzt und die Anklagen wegen Morddrohungen und Drogenbesitz wurden aufrechterhalten. So flog er aus dem Tour Line-Up von AC/DC – Chris Slade (schon Drummer auf "Razor's Edge") übernahm für die letzten beiden grossen Touren von AC/DC den Drummersessel. Schliesslich wurde Rudd 2015 zu acht Monaten Hausarrest und einem Drogenentzugsprogramm verurteilt. Trotz all dieser Probleme scheint sich Phil Rudd von Neuseeland loseisen zu können, um erstmalig mit seiner Soloband auf Tour zu gehen, so dass "Head Job" anständig vorgestellt werden kann. Auf besagtem Album finden sich elf sehr entspannte und kraftvolle im Rhythm'n'Blues anzusiedelnden Rock-Songs, welche Phils phantastischerdiges und unglaublich präzises Drumming wunderbar in den Vordergrund rücken und Lust auf mehr machen. Im Rahmen der Tour stehen Skandinavien, Grossbritannien und das europäische Festland auf dem Programm. Man darf gespannt sein, ob auch der eine oder andere AC/DC-Song zum Zug kommen wird.

LIVE 2.5.17 Zürich, Kaufleuten



REVIEWS Hard/Heavy/Metal EMMURE Look At Yourself Nuclear Blast/Warner lg. Die in New York ansässige MetalcoreBand ist seit 2003 aktiv und präsentiert auf ihrem nunmehr siebten Longplayer nach wie vor den Stil mit einer Härte und Durchschlagskraft, welche nicht viele Bands dieser Stilrichtung erreichen. Die Basis des Sounds von Emmure liegt im Nu Metal, doch trifft man auf viele Elemente aus extremeren Stilrichtungen wie Hardcore (Gesang), Death Metal (krass heruntergestimmte Gitarren und teilweise auch Gesang) oder Gangsta-Rap (Gesang). Zudem reichen Emmure ihren Musikcocktail mit der Verrücktheit und Vertracktheit alter SlipknotZeiten um die Jahrtausendwende an. Was Emmure mit ihrem Sound genau richtig machen ist, dass keinerlei Anbiederung an Trends erkennbar wird, sondern die blanke musikalische Gewalt und Rohheit dominiert. Kein Song ist länger gut als drei Minuten und jeder Track geht voll in die Fresse. Der Opener "Shinjuku Masterlord" hat einen extremen Groove, setzt sich sofort in den Ohren fest und animiert zum Ganzkörperbangen. So geht es auch weiter auf dem Album, wenn auch die Breaks ausladender werden. Emmure – der Name entspringt einer besonders brutalen Hinrichtungsmethode, bei welcher die Opfer in einen Raum eingesperrt und zurückgelassen werden – stehen für konstante Konfrontation und ständige Vorwärtsbewegung. Für Genrefreunde ist "Look At Yourself" eine packende Scheibe – Heavy Metal Traditionalisten dürften mit der Explosivität von Emmure allerdings ihre liebe Mühe haben. "Look At Yourself" – das Nuclear Blast-Debüt der Truppe – ist auch deshalb ein sehr wichtiges Album für Emmure, denn das Line-Up ist rundumerneuert worden, nachdem alle Mitglieder ausser dem aufgrund teilweise gewaltverherrlichender Äusserungen umstrittenen Sänger und Gründungsmitglied Frankie Palmeri die Truppe Ende 2015 verlassen haben. Brutaler Neustart!

MEMORIAM For The Fallen Nuclear Blast/Warner lg. Nach der Gründung im Januar 2016 und der

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Veröffentlichung zweier sehr guter 7"-Singles ("The Hellfire Demos I & II") steht die englische old-school Death Metal-Kapelle um die Ex-Bolt Thrower-Recken Karl Willetts (v., mit Unterbrüchen bis zur Auflösung 2016 dabei) und Andy Whale (dr., bis 1994) mit ihrem sehnsüchtig erwarteten Debüt "For The Fallen" in den Startlöchern. Darauf befinden sich drei von den beiden 7" bereits bekannte Songs in neuen Fassungen sowie fünf brandneue Titel. Das Album bietet teilweise sehr schleppenden und höllisch groovenden Death Metal, dann wiederum etwas schnellere Songs, wobei zu keinem Zeitpunkt auf pures Geballere gesetzt wird. Die Wucht von Memoriam wird – wie damals bereits bei Bolt Thrower – durch eine extreme Heaviness (insbesondere bei den Gitarren), gepaart mit kriegerischen Texten herbeigeführt. Zu jeder Zeit wirken alle acht Songs, über welchen der unvergleichliche Gesang von Karl Willets thront, sehr tight und kompakt, weshalb es sich erübrigt, bestimmte Tracks hervorzuheben. "For The Fallen" ist ein tolles Death Metal Geschoss, welches schon jetzt als Highlight des noch jungen Jahres bezeichnet werden kann. Abgerundet wird das hervorragend produzierte Werk von einem majestätischen Dan Seagreave-Artwork (Seagrave war Ende 80er/Anfang 90er Jahre der Death Metal ArtworkZeichner). Einzig schade ist, dass das von der zweiten Single bekannte und geniale "Drone Strike" nicht auf dem Album zu finden ist. Der Grund ist offenbar, dass Memoriam mit der Neuaufnahme nicht zufrieden waren.

SANCTUARY Inception Century Media/Sony lg. "Inception" ist kein neues Album der USWestküsten Legende um die verbliebenen Gründungsmitglieder Warrell Dane (Gesang), Lenny Rutledge (Gitarre) und Dave Budbill (Schlagzeug), sondern macht lange verloren geglaubte Demo-Aufnahmen aus dem Jahre 1986 erstmals einem breiten Publikum zugänglich. "Inception" vereint die Aufnahmen, welche vor dem 1988 erschienenen Debüt-

Album "Refuge Denied" (von Dave Mustaine produziert) gemacht worden sind, und präsentiert lumpenreinen USPower Metal der damaligen Machart, der kernig, variabel und relativ hart rüberkommt. Über der Musik thront der extreme und sehr hohe Gesang von Warrell Dane, der später dann etwas tieferstimmig zu Werke gegangen ist. Von den neun Songs haben sieben Songs den Weg auf das famose Debüt gefunden, nämlich "Die For My Sins", "Battle Angels", "White Rabbit" (das Jefferson Airplane-Cover), "Soldiers Of Steel", "Ascension To Destiny", "Veil Of Disguise" und "Third War". Diese werden hier allesamt in etwas roheren Version dargeboten, welche allerdings ziemlich nahe an den Albumversionen sind. Neben diesen sieben Krachern haben es "Dream Of The Incubus" und "I Am Insane" bis heute nicht zu Veröffentlichungsehren geschafft, was angesichts der hohen Qualität der Songs eine Schande ist. Die wunderbar von Produzent Chris "Zeuss" Harris restaurierten Aufnahmen, welche Lenny Rutledge auf dem Estrich seines Studios in der Nähe von Seattle gefunden hat, sind ein wahrer Ohren-schmaus für qualitätsbewusste MetalFans. Für die Augen gibt es zudem ein tolles Ed Repka-Artwork (wie seinerzeit auf dem Sanctuary-Erstling). Jetzt muss aber bald ein neues Album her, Jungs!

GRAVE DIGGER Healed By Metal Napalm Records mv. Grave Digger müssen in der Metal Szene nicht mehr vorgestellt werden und „Healed By Metal“ ist auch bereits das 18. Studioalbum der Teutonenmetaller. Ein wirklich schlechtes Werk gibt es von Grave Digger eigentlich nicht, aber bei so vielen Alben war natürlich auch längst nicht jedes ein Volltreffer. Die grossen Klassiker sind alle schon eine Weile her, aber gerade das letzte Album „Return Of The Reaper“ war überraschend stark ausgefallen und legte die Messlatte mal wieder etwas höher für den Nachfolger. Der Opener und Titeltrack ist dann auch gleich sehr wuchtig und hymnisch und lässt hoffen. Innovation geht zwar anders, aber das erwartet wohl auch niemand mehr von Grave Digger. Das schnelle „When Night Falls“, der MitsingStampfer „Free Forever“ (das

Mainriff ist aber stinkfrech 1:1 von Saxon’s „Solid Ball Of Rock“ geklaut) und das hymnische „Call For War“ (erinnert an selige „Knights Of The Cross“-Zeiten) sind weitere Highlights. Der Grossteil der Kompositionen auf „Healed By Metal“ ist aber leider etwas gar bieder ausgefallen und vermag den Hörer nicht so richtig zu packen. Auch sind die unzähligen Klischees und viele Riffs einfach etwas zu abgenutzt und hinterlassen einen etwas faden Beigeschmack. Mit „Hallelujah“ und „Laughing With The Dead“ gibt es gar zwei Totalausfälle am Schluss der CD. Auf der Habenseite steht noch die fette Produktion und das wie immer kongeniale Artwork. Alles in allem sicher kein schlechtes Album, Grave Digger können’s aber definitiv besser wie die Vergangenheit immer wieder zeigte. Live dürften einige der neuen Songs aber sicher trotzdem gut funktionieren und für hochgestreckte Fäuste und wehende Mähnen sorgen.

BLIND EGO Liquid Gentle Art Of Music sr. Nach sieben Jahre Pause meldet sich das Soloprojekt von Kalle Wallner zurück. Was darf man erwarten? Gefühlvolle Hardrock-Melodien und heftige Metalriffs! Ein grossartiges Zusammenspiel zwischen melancholischem Gesang und wuchtigem Gitarrensound. Warum der Name „Liquid“? Nach Kalle Wallner könnte kein anderer Begriff die verschiedenen Strömungen seines neusten Werkes besser beschreiben: Aufregend, geschmeidig und zerstörerisch. Kraftvoll brechen die Klangwellen über den Hörer ein. „Liquid“ – die Verschmelzung der ersten beiden Alben: die Melancholie des Erstlings „Mirror“ trifft auf den knallharten Hard Rock von „Numb“. Die Gitarre steht hier definitiv im Vordergrund: nebst heftigen Riffs finden sich auch zärtliche und träumerische Intros und flehende Solos. Die Songs haben es in sich und sind nicht besonders radiofreundlich, denn keiner ist unter viereinhalb Minuten lang. Die neun Tracks bilden zusammen ein rasantes, abwechslungsreiches und energiegeladenes Rockpaket.



Neue Horizonte Suicide Silence sind eine der führenden härteren Metalcore-Bands und konnten sich mit ihren bisherigen vier Alben und zahlreichen Live-Shows einen sehr guten Ruf erarbeiten. Der langjährige Sänger Mitch Lucker starb tragischerweise 2012 an den Folgen eines Motorradunfalles, so dass Suicide Silence mit Eddie Hermida (ex-All Shall Perish) den Posten des Vokalisten neu besetzen. 2017 ist der kalifornische Fünfer mit dem selbstbetitelten fünften Album zurück. TRACKS sprach mit Gitarrist Mark Heylum.

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lg. Der schwierigste Moment in der Karriere von Suicide Silcence war der Tod des Sängers Mitch Lucker im Herbst 2012. "Ja, das kam natürlich aus dem Nichts. Wir hatten bereits mit dem Songwriting für ein neues Album angefangen und dann war Mitch plötzlich weg", erklärt Gitarrist Mitch. "Doch Suicide Silence mussten weitermachen. Mitch hätte es so gewollt. Und das Album "You Can't Stop Me, das schliesslich im Jahre 2014 herauskam, war eine Hommage an Mitch, einem grossartigen Menschen, Sänger, Freund und Bandmitglied. Die Lyrics des Titelsongs stammen ja auch noch von ihm." Für Mark fühlt es sich nach wie vor richtig an, wie die Band den Tod von Mitch verarbeitet und als Einheit weitergemacht hat.

Auf die Frage nach Doris, der Namensgeberin der ersten Single, gibt Mark etwas kryptisch zu Protokoll: „Doris ist die Tante unseres Sängers Eddie, welche damals die Familie durchgebracht hat, als Eddie ein Kind war. Doris hat aber auch in einem bestimmten Zeitpunkt die Familie verlassen, um zu neuen Ufern aufzubrechen. Dies ist als Analogie zur derzeitigen Situation der Band, in welcher wir neue Horizonte ergründen, zu verstehen. Doris ist für uns Bandmitglieder eine sehr wichtige Person und dieser Song soll unser Tribut an sie sein.“ Eddie hatte offenbar eine sehr schwierige Zeit nach dem Einstieg bei Suicide Silence, denn die Fans hatten zu Beginn sehr Mühe ihn zu akzeptieren. „Er wurde auf der Bühne zum Teil regelrecht ausgebuht“, erklärt Mark. Doch Eddie hat seinen Weg gemacht, was auch in gewissen Songtexten verarbeitet wird.

Im Vergleich zum Vorgänger finden sich auf "Suicide Silence" durchaus neue Elemente, was Mark so bestätigen kann: "Eddie hat an seinen Vocals geschraubt, indem er nun auch klaren Gesang einsetzt, während wir im Sound ebenfalls ein paar Adjustierungen vorgenommen haben. Unter anderem ist der Schlagzeugsound nun wesentlich variabler und wir arbeiten viel weniger mit Breakdowns. Ich denke, wir haben uns stilistisch generell weiterentwickelt. Ich erachte das als eine natürliche Entwicklung." Als seine Lieblingssongs nennt Mark „Silence“, „Dying In A Red Room“ sowie „The Zero“.

Zur Entstehungsgeschichte von „Suicide Silence“ gibt Mark weitere interessante Details preis. Die Scheibe wurde nicht von einem Hauptsongwriter geschrieben sondern die Band traf sich immer vollzählig im Proberaum und man ging die Sache fast schon jam-mässig an. „Die gesamte Musik sowie alle Texte wurden als Einheit namens Suicide Silence kreiert. Keiner sass alleine in seinem Zimmer und arbeitete am Album. Wir wollten da wirklich ein kompaktes Gemeinschaftswerk erschaffen. Jeder Song hat Einflüsse aus dem Leben und ist


nicht am Reissbrett geschrieben worden, sondern organisch entstanden. Uns war als Band zudem gleichgültig, was die breite Masse von uns hält, denn Konformität steht bei uns nicht zuoberst“, erläutert Mark zur Schaffung der neuen Scheibe. Im Sommer werden Suicide Silence für einige Festivalauftritte in Europa zugegen sein. Gegen Herbst 2017 wird dann eine grössere Headlinertour durch Europa in Angriff genommen, doch zum Zeitpunkt des Interviews waren noch keine Details bekannt. Mark weiter: „Die Schweiz steht definitiv wieder auf dem Programm, denn wir lieben es, bei euch aufzutreten. Erst kürzlich haben wir in Aarau in einem Klub namens Kiff gespielt und es war ein toller Abend. Auch wenn das Publikum in der Schweiz nicht total ausrastet merkt man es den Leuten an, dass sie eine gute Zeit haben und uns willkommen heissen.“ Nach seinen Wurzeln und Einflüssen als Gitarrenspieler gefragt, sprudelt es aus Mark nur so heraus: „Der grösste Treiber für mich, als Gitarrenspieler anzufangen, war der leider verstorbene Dimebag Darrell von Pantera. Seine Grooves und krassen Riffs haben mich zum Heavy Metal gebracht. Dann habe ich solche Musiker wie Tony Iommi von Black Sabbath oder Bands wie Korn entdeckt, von denen ich mich stetig habe antreiben lassen. Mein Heavy Metal-Universum ist weiter gewachsen, bis ich auch im extremsten Death Metal gelandet bin.“ Sowohl die Death Metal wie auch die Modern Metal-Einflüsse sind ganz klar aus dem Sound von Suicide Silence herauszuhören. Dies bestätigt auch Mark: „Während vergleichsweise alte Bands wie Morbid Angel, Cannibal Corpse oder Suffocation sehr wichtig für uns waren, haben wir uns auch auf eine Art bei Nu Metal Bands wie Korn und Deftones bedient. Auch Truppen wie Devourment aus Texas waren für uns von grosser Bedeutung. Schliesslich lieben wir auch Elvis Presley oder südkalifornische Hardcore-Bands.“ Persönliche Highlights von Musikern zu erfahren ist immer sehr interessant, denn die Antworten können unterschiedlicher nicht sein. Auch Mark überrascht hier als richtiger Fanboy: „Mein absolutes Highlight ist, dass Phil Anselmo (der frühere Sänger von Pantera) nach wie vor weiss, wer ich bin und mich erkennt. Generell ist es toll, dass ich die Pantera-Jungs treffen konnte. Auch finde ich genial, dass ich Zakk Wylde kennengelernt habe.“ Seit 2014 arbeiten Suicide Silence mit dem Branchengiganten Nuclear Blast zusammen. Mark ist des Lobes für das Label der Band voll: „Für uns ist das ein absoluter Glücksfall. Obschon sie uns am Anfang der Zusammenarbeit gesagt haben, dass wir unseren Sound nicht allzu fest ändern sollten, machen wir was wir wollen. Sie lieben unsere Arbeit, aber wir nehmen ihre Ratschläge dennoch einigermassen ernst. Was uns am Label gefällt, ist deren Ehrlichkeit und Offenheit.“ In der offiziellen Bandbiographie wird der Stil von Suicide Silence als Deathcore bezeichnet, was als recht enge Schublade etwas irritiert. „Das sind doch die Journalisten, die für alles eine Kategorie brauchen“, gibt Mark laut lachend zurück. „Nein, mir ist es grundsätzlich egal, wie unser Stil genau genannt wird. Für mich spielen wir relativ extremen Heavy Metal sehr moderner Prägung. Das wichtigste ist sowieso, dass wir als Band Spass daran haben und wenn das ein paar Leute auch toll finden, dann freut es uns umso mehr“, gibt sich Mark stets bescheiden.

LIVE 8.6. Interlaken, Greenfield

SUICIDE SILENCE Suicide Silence Nuclear Blast/Warner lg. Das fünfte Album von Suicide Silence ist wie gehabt im MetalcoreBereich mit einer Death Metal-Schlagseite anzusiedeln, doch haben im Vergleich zum Vorgänger "You Can't Stop Me" neue Elemente Eingang in den Sound gefunden. Unter anderem wartet der Gesang von Eddie Hermida teilweise mit cleanen Vocals auf und auch die Schlagzeugarbeit von Alex Lopez ist variabler denn je. Statt nur auf Breakdowns zu setzen, finden sich im Sound andere Techniken wie generell langsameres, ruhigeres Schlagzeugspiel sowie mehr Groove. Diese Änderungen tun dem Gesamtsound von Suicide Silence gut und geben ihm so mehr Tiefe und Abwechslung. Bestes Beispiel hierfür ist der Opener und zugleich die erste Single "Doris" – heftig, groovig und zugleich mit viel Feingefühl in der Melodieführung beim Refrain. "Silence" schlägt genau in die gleiche Kerbe. Es geht ähnlich weiter auf den folgenden sieben Songs, welche "Suicide Silence" zu einem kurzweiligen Vergnügen werden lassen. Nach wie vor dominieren aber Wucht, heftige Ausbrüche und Durchschlagskraft den Sound von Suicide Silence, so dass Suicide Silence nach wie vor als souveräner Heavy Metal modernster Prägung angesehen werden kann.


Erbverwalter Ein derart fulminantes Debüt wie "For The Fallen" der englischen All-Star Death Metal Truppe Memoriam, welche quasi aus dem Nicht aufgetaucht sind, und es innert eines Jahres bereits auf drei Releases gebracht haben, ruft nach einem Interview. Karl Willetts, der coole Death Metal Typ von nebenan und langjähriger Frontmann der vor kurzem aufgelösten Institution Bolt Thrower sprach mit TRACKS.

lg. Memoriam sind anfangs 2016 mit dem Hintergrund gegründet worden, die Leere zu füllen, welche der tragische Tod des Bolt Thrower-Drummers Martin 'Kiddie' Kearns hervorgerufen hat. Danach haben Bolt Thrower, eine der grössten und besten Death Metal-Bands aller Zeiten, jegliche Aktivitäten eingestellt und im September 2016 ihre definitive Auflösung bekannt gegeben. Karl Willetts wollte nicht stillstehen, sondern es war ihm wichtig, gleich weiter Musik zu machen. "Es war schnell unklar, ob Bolt Thrower je wieder aktiv sein würden, weshalb ich Memoriam gegründet habe. Trotz der Trauer wegen des unerwarteten Todes von Kiddie (er starb 38-jährig überraschenderweise im Schlaf) konnte ich nicht untätig herumsitzen. Deshalb habe ich mich mit meinen Freunden Andy Whale am Schlagzeug (auch er bis 1994 bei Bolt Thrower) sowie Frank Healy am Bass (Benediction, exCerebral Fix, ex-Sacrilege) und Scott Fairfax (ex-Cerebral Fix) an der Gitarre zusammengetan". Die Auflösung von Bolt Thrower wurde genau ein Jahr nach dem Tod von Kiddie bekanntgegeben, doch befand sich die Band zuvor bereits in einem Stadium des Zerfalls. Karl, der ursprünglich als Busfahrer für Bolt Thrower tätig war, erzählt: "Wir haben Zeit gebraucht, um zu realisieren, dass es mit Bolt Thrower nun vorbei ist. Allerdings haben wir auch Unglaubliches erlebt. Die Europatour im Herbst 2014 war unsere Erfolgreichste überhaupt und bildet somit rückblickend einen würdigen Abschluss der Aktivitäten von Bolt Thrower. Gerne erinnere ich mich an die John Peel Sessions Ende der 80er Jahre oder an unsere erste Europatour zusammen mit Autopsy und Pestilence. Ein weiteres Highlight war die erste Australien Tour von Bolt Thrower 1993. Wir lagen alle am Strand in Perth und konnten es kaum glauben, dafür bezahlt zu werden." Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass es ein unveröffentlichtes Bolt Thrower Album geben soll. "Davon

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weiss ich nichts", gibt sich Karl mit einem hämischen Grinsen bedeckt, „die Geschichte von Bolt Thrower ist geschrieben." Ursprünglich haben Memoriam Coverversionen gezockt, doch mit der Hinzunahme von Scott Fairfax an der Gitarre hat sich das geändert. "Die Band ist organisch gewachsen. Wir haben dann rasch mit Songwriting angefangen und hatten natürlich mit der Vergangenheit aller Bandmitglieder ein bereits recht hohes Level. Wir haben sowohl das Erbe unserer alten Bands verwaltet und dies mit einer Punk-Attitüde wie Ende der 80er Jahre gepaart, so dass wir sehr schnell einige Songs geschrieben haben. Mit der Hinzunahme von Samples sind allerdings auch neue Elemente in den Sound von Memoriam eingeflossen", erklärt Karl. Dass Nuclear Blast Memoriam unter Vertrag genommen haben, bezeichnet Karl als Glücksfall, denn so können zahlreiche Metalfans erreicht werden. Thematisch folgt Memoriam dem Ansatz von Bolt Thrower. "Wir beschäftigen uns nach wie vor mit Krieg, allerdings mehr mit den psychologischen Aspekten. Daneben handeln die Lyrics von Themen wie Verlust, Sorgen und Tod im Allgemeinen. Der Tod von Kiddie ist selbstredend auch verarbeitet worden", so Karl, der im Zusammenhang mit "For The Fallen" das erste Mal seit dem letzten offiziellen Bolt Thrower-Album "Those Once Loyal" (2004) wieder Texte geschrieben hat. Auch musikalisch wird das Erbe der früheren Bands der Mitglieder von Memoriam hochgehalten. "Derzeit spielen wir zwei Covers von Bolt Thrower ("Powder Burns" und "Spearhead") sowie eines von Sacrilege." Richtige Tourpläne haben Memoriam keine, denn sie spielen viel eher auf einigen ausgesuchten Festivals. "Wir nehmen jeden Tag, wie er kommt und wägen Offerten sorgfältig ab. Wir haben nun mal alle Jobs und Familien und müssen die Prioritäten richtig setzen", gibt sich Karl als Realist.




Die zwei Seiten des

hh. Seit zwei Dekaden ist der Innerschweizer Reto Burrell nun bereits unterwegs und hat in dieser Zeit die europäische Singer/Songwriter/Americana-/Folk-Szene mit wunderschönen Songs begeistert. Da machen die Lieder seines neuen Albums keine Ausnahme. Auf „Side A & B“ präsentiert Burrell seine rockig elektrische und auch seine folkig akustische Seite. TRACKS sprach mit dem sympathischen Liederschmied über sein neues Werk, das schwierige letzte Jahr und seine musikalischen Nebenschauplätze.

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20 Jahre Reto Burrel aber erst die neunte Platte. Schade, denn wärst du schneller oder kreativer gewesen, könnte ja „Side A & B“ die zehnte sein und du hättest jetzt einen doppelten Grund zum feiern. Das ist wahr. Aber auf eine Art ist es ja die zehnte, wenn ich meine Platte von 1997 dazu zähle. Und warum wird die nicht mitgezählt? Weil das so eine eigene Platte war, mit der ich erst mal checken wollte, ob das überhaupt funktioniert. Bis vor einem halben Jahr hatte ich überhaupt nicht realisiert, dass ich schon seit 20 Jahren unterwegs bin – und kein Jahr gescheiter (lacht). Aber ich habe die Platte auf meiner Bandcamp-Seite. Da kann man alle meine Platten, auch die neue, in voller Länge gratis hören und auch die Texte lesen. Das ist mir noch wichtig. Gratis downloaden geht aber nicht, da muss man zahlen. Man kann da aber auch die Platten als CD oder Vinyl bestellen. Weil ich ja sowieso auf Plattformen wie Spotify umsonst gehört werden kann, habe ich mir gedacht, dann kann ich das auch auf meiner eigenen Homepage machen. Da vertraue ich auf die Fans von Musik, wie ich sie machen, dass sie, wenn mein Sound ihnen gefällt, auch an meine Konzerte kommen und da dann eine CD oder LP kaufen. Deine neue Platte ist zur Hälfte rockig und zur Hälfte folkig/akustisch. Was war dein Beweggrund für diese Aufteilung? Ganz einfach, es gibt wirklich zwei musikalische Seiten von mir. Einmal die, wo ich mit der Band auftrete und dann die, wo ich solo oder in kleiner Formation spiele. Und das war für mich der Grund, so eine Art Doppelalbum zu machen, weil ich gern die beiden Seiten von mir vereint haben möchte. Marketingtechnisch würde man wohl sagen: Du musst einen roten Faden durchziehen. Aber ich finde, der rote Faden bin ich selbst. Es kommt mir nicht drauf an, ob ich die elektrische oder akustische Waffe trage. Aber schiesst du dir damit nicht selbst in den Fuss? Deine Fans, die auf deine rockigen Americana-Sachen stehen, dürften von den akustischen Songs vielleicht gelangweilt sein und umgekehrt genauso. Da hast du schon recht. Aber das Risiko muss ich eingehen. Wenn du mich gern hast, musst du beide Seiten nehmen. Ich hoffe, dass die Leute das akzeptieren. Die ursprüngliche Idee war eigentlich, eine elektrische und eine akustische EP rauszubringen. Aufgenommen hast du alle Songs bei dir zu Hause – auch die elektrischen? Ja, bis auf Schlagzeug, das haben wir im Proberaum aufgenommen. Bislang bist du ja immer gern zu Aufnahmen nach Nashville gefahren. Du hast mir mal gesagt, dass das auch nicht teurer ist als in der Schweiz, weil die Musiker dort schneller und besser seien. Weshalb dieses Mal nicht in die USA? Weil ich das Album mit einem ganz guten Freund von mir, Dave Hofmann, produzieren wollte. Ich hatte ihn gefragt, wo und wie wir das machen wollen – hier oder im Ausland. Er meinte: mach das allein – spiel alle Instrumente selbst. Das wollte ich zwar nicht, aber der Vorschlag ist mir doch im Kopf geblieben. Und dann habe ich doch ausser Bass und Schlagzeug alles selbst eingespielt. Wenn du jetzt wieder auf Tour gehst, wie sieht das aus? Machst du dein eigenes Solo-Vorprogramm und danach mit der ganzen Band den Hauptteil? Ja, das ist die Idee. Aber ich werde auch reine akustische Konzerte machen. In der Kleinkunst- und Singer/Songwriter-Szene und in Folk-Clubs haben sie das gern. Und ich mach das auch sehr gern. Ich schreibe meine Songs ja sowohl auf der akustischen wie auch auf der E-Gitarre. Wenn der Song gut ist, ist es egal, ob du ihn auf der Gitarre oder einem Piano spielst, ob elektrisch oder akustisch. In deiner aktuellen Bio steht, du hättest die letzten Jahre eine persönliche Achterbahnfahrt gemacht. Was ist damit gemeint? Das war in erster Linie mal die Trennung von meiner Frau. Wir waren zwanzig Jahre zusammen und das ist dann schon ein rechter Einschnitt ins Leben. Wir haben ein gemeinsames Kind – wie kriegt man das alles auf die Reihe!? Da gibt es dann schon sehr starke Prioritäten. Und weil meine Frau auch einen grossen Teil von meinem Business übernommen hatte, musste ich das alles dann erst mal neu lernen. Dann hatte ich auch gesundheitliche Probleme, eine Operation wegen eines Bandscheibenvorfalls. Da hatte ich viel Zeit zum überlegen. Und deshalb wollte ich mit dieser Platte auch sehr tief gehen und alle Songs allein schreiben. Bis jetzt hatte ich ja immer einen Co-

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Produzenten dabei. Aber das war für mich jetzt ein wichtiger Prozess, dass ich das allein gemacht habe und meinen inneren Keller aufräumen konnte. Dann ist „Side A & B“ deine Therapie-Platte? Nein, nicht unbedingt. Ich wollte einfach ein Stück weitergehen. Ich habe ja immer Platten gemacht, wo ich die Leute mit in mein Schlafzimmer genommen habe. Ich dachte immer, weiter geht's nicht. Aber jetzt nehme ich sie mit unter die Dusche. Aber in einer guten Art, weisst du. Ich habe keine Angst und das ist auch keine negative Platte. Es ist eine klärende Platte und deshalb bin ich so saustolz auf sie und auch textlich ist es das beste was ich je gemacht habe. Neben deinen eigenen Sachen segelst du ja auch noch in anderen Gewässern. Wie jetzt gerade bei der Basler Band The Silver Starlings, wo du den Gesang übernommen hast. Wie ist es dazu gekommen? Das hing auch mit meinem Album zusammen. The Silver Starlings ist Pascal Biedermanns Band. Und Pascal hat auf meinem Album alle Slide- und Pedal Steel Gitarren gespielt. Er ist ein Supermusiker, vor allem als Slide-Gitarrist. Und bei den Aufnahmen hat er mich gefragt, ob ich nicht für seine eigenen Songs einen Sänger wüsste. Ich habe mir seine Songs angehört und ihm gesagt: Frag mich doch mal. Das ist doch ein geiler Deal. Ich spiele auf deiner Platte und du auf meiner. Und so ist das gekommen. Ich bin dann auch bei den Live-Gigs dabei gewesen. Das hat Spass gemacht. Dann hast du ja auch noch eine Band der härteren Fraktion. Ja (lacht) – ZOK heisst die. Das sind alte Freunde von mir. Wir kennen uns schon ein Leben lang und haben schon früher zusammen gespielt. In den 90ern hatten die eine Band, eben ZOK. Und nach x-Jahren hatten die wieder Lust Musik zu machen, aber hatten keinen Bassisten. Und so bin ich da als Bassist ins Spiel gekommen. Aber das läuft mehr so wie: Man trifft sich Dienstag abends und macht ein bisschen Musik. Sie hatten Songs, die sie schon vor 20 Jahren gespielt hatten und ich fand, wir sollten die mal aufnehmen. Da gibt es aber keine weiteren Ambitionen, das ist nur aus Spass. Die Jungs sind auch alle mit Familie und Jobs fest im Leben verankert, da bin ich der einzige, der professionell Musik macht. Aber da spiele ich nur Bass, ich habe mich auch geweigert zu singen. Warum gibt es Country Helvetia nicht mehr? Das war doch ein ambitioniertes, erfolgsversprechendes Projekt. Zuerst ist der Sänger abgesprungen, der Nori. Das hatte ich schon sehr bedauert. Da sind wir dann zum Duo geschrumpft. Nach der zweiten Platte ist dann auch Kisha ausgestiegen, weil sie andere Prioritäten hatte und keine Lust mehr ein Popstar zu sein. Und dann war ich allein. Aber mit einer neuen Sängerin weitermachen war keine Option? Nein – dafür ist das ganze Produkt zu sehr auf diesen drei Personen gewachsen. Irgendwie ist das sehr schade. Mir hat das sehr gefallen. Es war zwar bieder aber geil. Es war Pop, hat gerockt und die Mundart-Texte waren sehr gut. Mir hat das grossen Spass gemacht und es war auch kommerziell vielversprechend. Sehr schade, dass das nicht weiterging. Du bist ja Berufsmusiker. Kann man heutzutage auf dem Level, auf dem du dich bewegst, als Musiker denn noch überleben? Ja, das geht. Für mich war 2016 allerdings kein gutes Jahr. Ich war so lange bettlägerig und konnte nichts machen, so dass ich sehr viele Sachen absagen musste, Studiojobs und vor allem Konzerte. Und da ist mir die Hälfte meines Jahreseinkommens flöten gegangen. In diesem Business ist es einfach so, dass wenn du ein halbes Jahr Pause machst, brauchst du ein ganzes Jahr um dich wieder hochzuarbeiten. Und wenn du dann auch noch knapp lebst, so wie ich, dann bist du wie weg. Ich versuche, mich dieses Jahr wieder aufzurappeln und hoffe 2018 wieder voll Musik machen zu können. Um auf ein Salär zu kommen, womit man in der Schweiz leben kann, da muss man schon viel spielen. Und ich habe ja auch nie so ein One-Hit-Wunder gehabt, wo ich mein Leben lang bei Konzerten immer so 300-500 Leute begrüssen könnte. Wie siehst du die Zukunft für Musiker? Hell oder dunkel? Tja – ich glaube, man kann das nicht so pauschal sagen. Ich bin sehr gespannt auf die neue Generation, was sich da


ergibt. Ich bin überzeugt, dass in der Rockmusik, auch wenn sie so akustisch ist wie bei mir, eine kleine Rebellion drin sein muss. Musik muss nicht unbedingt hart und laut sein, sondern intensiv. Das fehlt mir leider beim heutigen Rock und Pop oft, weil sie glauben, es muss nur schön tönen. Aber wichtig ist doch, dass ich spüre, dass das, was du singst, du auch wirklich so meinst. Ich glaube, das kommt wieder mehr. Und auch, dass man wieder mehr gegen als mit der Gesellschaft musiziert. Es ist ja so, dass sich die Musikindustrie je länger je mehr immer mehr aufs Geld konzentriert hat. Wie das weitergeht, weiss ich nicht. Aber es gibt immer noch genug Firmen, die mit Musik Geld machen. Wie du als Musiker allerdings künftig Geld verdienen kannst, weiss ich nicht. Macht das heute überhaupt noch Sinn Platten zu veröffentlichen? Das ist eine gute Frage. Es ist eine Übergangssituation. Für uns macht es Sinn, denn wir haben immer noch Fans, die wir bedienen möchten. Und als Künstler willst du natürlich immer neue Songs schreiben, die herausbringen und auf Tour gehen. Ist ein ganzes Album heute überhaupt noch gefragt? Die meisten Kids hören ja nur noch einzelne Songs. Ja, aber es ändert sich auch schon wieder. Der ganze Vinyl-Trend ist ja spannend zu sehen. Vinyl wird sicher nicht die ganzen Streams überholen und es wird auch nicht mehr die grossen Plattenläden geben. Ich vergleiche das gern mit der ganzen Nahrungsmittelindustrie. Es gibt sehr viele Leute, die wieder auf Slow-Food stehen, weil es an jeder Ecke einen Fast-Food-Laden gibt. Und ich erfahre auch in Gesprächen mit Jugendlichen, dass sie wieder ganze Alben von Künstlern hören. Die sagen: „Meine Eltern hören die fucking IPods – wie langweilig ist das denn“ oder „meine Mutter hört Musik mit dem Handy“ – ich aber nicht. Ich gehe lieber in mein Zimmer und höre mir die ganze Platte an. Das sind ja positive Aussichten. Ja, effektiv – ich bin da auch eher positiv gestimmt. Aus dieser grossen Masse pickt man sich wieder gern einen Künstler heraus, von dem man mehr wissen und hören möchte, als das in einem Song möglich ist. Vor allem nicht durch Songs, die von dem Künstler im Radio gespielt werden. Du bist jetzt 44 Jahre alt, hast also noch eine beachtliche Menge an Arbeitsjahren vor dir. Wirst du die als Musiker verbringen? Ich weiss es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Ich bin schwer beschäftigt herausfinden, was ich sonst noch kann. Aber ich habe noch keine Ahnung, es ist schwer. Denn ich habe bis jetzt immer Musik gemacht, das kann ich und das mache ich gern. Ich musste in den letzten paar Jahren wieder lernen, dass Musik für mich nicht nur ein Markt ist, sondern ein Feuer. Und das Gefühl ist wieder immer stärker geworden, ich mache das mit Freude. Aber ich muss aber auch schauen, wie ich mit Musik Geld verdienen kann. Hast du Zukunftsängste? Nein, überhaupt nicht!

RETO BURRELL Side A & B Turbo Music hh. In regelmässigen Abständen veröffentlicht der Innerschweizer « Liedermacher » neue Al-ben, „Side A&B“ ist das neunte reguläre seiner inzwischen 20-jährigen Karriere. Und es ist sozusagen eine aktuelle „best of both worlds“ Bestandsaufnahme, denn in seinen neuen 14 Songs, von denen sieben elektrisch und die andere Hälfte akustisch eingespielt wurden, verarbeitet er einmal mehr persönliches und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Burrell gewährt in seinen Liedern tiefe Einblicke in sein Seelenleben, ehrlich und immer authentisch. Auch sein neues Album begeistert wieder mit einer grossen Anzahl an wunderschönen Songs. Es ist erstaunlich, woher Burrell jeweils diese Ohrwurm-Melodien und Hooklines nimmt, die ihn aus der grossen Masse gleichgelagerter Interpreten herausragen lässt. Seine Songs, seine Melodien und seine Texte berühren, treffen ins Herz und vor allem, sie hinterlassen lang anhaltende Spuren. Dieser Tiefgang, zusammen mit seinem Gespür für Groove und Melodie, macht Burrells Lieder im Vergleich zu den meisten seiner gleichgelagerten Mitbewerber einzigartig. Er gewährt seinen Songs stets den Raum zum Atmen, auch die rockigen (Band)Titel, die jeden Tom Petty Fan begeistern werden, können sich so entfalten und glänzen. Ein weiterer Beweis für Burrells hohe Songwriter-Qualität ist, dass die akustischen Titel im Vergleich zu den üppiger instrumentierten Band-Titeln qualitativ nie abfallen oder langweiliger wirken. So dürften auch die Fans, die sonst eher seine Rock-Seite bevorzugen, grosse Freude an den ruhigeren Momenten finden. Ein spezielles Lob gebührt hier Pascal Biedermann an der Slide-Gitarre, der den akustischen Songs mit sehr gefühlvoller Spielweise das Sahnehäubchen aufsetzt. Fazit: „Side A&B“ ist in seiner Gesamtheit ein herausragendes Album, warmherzig, intensiv, hoch melodiös und glücklicherweise nie glatt gebügelt oder poliert – authentisch durch und durch, hervorragend gespielt und gesungen und ohne Schwachstellen. Dass Reto Burrell nicht schon lange zu den international Erfolgreichsten seiner Zunft zählt, mit denen er zweifellos auf einer Stufe steht, ist die Ungerechtigkeit schlechthin. Möge er noch lange weitermachen, die Welt braucht Musiker und Songs wie diese.

«Musik muss nicht unbedingt hart und laut sein, sondern intensiv»


SINPLUS This Is What We Are

CZAR FEST Letztes Jahr fand das Czar Fest, mit welchen der Basler Labelinhaber Frederyk Rotter (Zatokrev) sein visionäres und sehr interessantes Plattenlabel Czar of Crickets Productions anlässlich des 10jährigen Labelgeburtstags vorgestellt hat, erstmalig statt. Nach dem Erfolg der ersten Ausgabe folgt nun am 14./15. April 2017 in der Kaserne Basel die zweite Edition dieses grossartigen Anlasses. lg. Czar of Crickets Productions von Frederyk Rotter ist bekannt für seine musikalisch offene und nicht auf Kommerz schielende Ideologie. Während anfänglich der Fokus der LabelVeröffentlichungen noch im Bereich Metal lag, haben im Verlauf der Jahre zahlreiche Bands verschiedenster musikalischer Stile bei Czar of Crickets ihre Heimat gefunden. GURD Mittlerweile zählt das Basler Indie-Label über 50 internationale Veröffentlichungen – zu einem Grossteil von Schweizer Künstlern und Bands. Die zweite Ausgabe des Festivals findet über das Osterwochenende statt und zwar am 14. April mit dem Revelations Day und am 15. April mit dem musikalisch härteren Bullets Day 2017 – wieder in Zusammenarbeit mit der Kaserne Basel. Ziel des Festivals ist es, die besten Schweizer Bands aus dem Rock/Metal-Underground, unabhängig von ihrem Bekanntheitsgrad, zusammenzubringen und einem breiteren Publikum vorzustellen. Zusätzlich findet an beiden Festivaltagen in den Räumlichkeiten der Kaserne eine Rock Art Exhibition statt, anlässlich welcher grossartige Künstler (Fotografen, Designer und Skulpturisten) ihre Arbeiten präsentierten. Dieser Mix aus Musik und künstlerischem Schaffen trug bereits 2016 zum grossen Erfolg bei und wird in der kommenden Ausgabe des Czar Fest weiter ausgebaut. Das Czar Fest 2017 bietet zahlreiche Highlights: Die Special Guests, die fantastische Basler Band Zeal & Ardor, welche mit ihrem von Black Metal beeinflussten American Slave Gospel gerade die Welt erobert, spielen exklusiv am Revelations Day ihr erstes Live-Konzert überhaupt. Auch das mächtige Duo Bölzer aus Zürich wird zum ersten Mal live in Basel zu sehen sein – und zwar am Bullets Day. Ausserdem werden aus dem Labelroster When Icarus Falls nebst ihrer Live-Shshow exklusiv und eine Woche vor ihrem weltweiten Release ihr neues Album anbieten. Das neue Album von Autisti, der Band um Louis Jucker (Coilguns, Red Kunz, Ex-The Ocean) und Emile Zoé (Anna Aaron), wird am ersten Tag des Czar Fests das Licht der Welt erblicken. Und Sum Of R und ColdCell geben zum ersten Mal neues Material von ihren neuen Alben zum Besten. Weiter werden zahlreiche spannende bekannte und weniger bekannte Acts auf der Bühne der Kaserne zu sehen sein: die Lokalmatadoren von Gurd werden ihren Thrash meets Modern Metal-Mix zum Besten geben, Wolf Counsel aus Zürich die Hörer in ihre doomigen Gefilde bringen und Palmer aus Langenthal ihren Post Metal zelebrieren. www.czarfest.com // www.czarofcrickets.com

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Lautstark hug. Auf dem dritten Album der beiden Tessiner Brüder Ivan und Gabriel Broggini ist von der abwechslungsreichheiteren Quirligkeit und der unruhigen Poppigkeit des Debüts «Disinformation» aus dem Jahr 2012 wenig übriggeblieben. Die Mehrheit der zehn neuen Songs ist ausgedünnt und begradigt mit flockigen Synthesizern als Basis und den Pet Shop Boys als Vorbild. An diesem Entscheid des Duos gibt es nichts zu mäkeln. Sogar die permanent sich ausbreitende dezente Langeweile muss Absicht sein, gerade so, als hätten die Pet Shop Boys jetzt Lust, nichts weiter zu tun als in der Lobby rumzusitzen. Das ist, sagen wir: nicht unangenehm. Rund und wohlklingend. Das kann man so machen. Es ist aber eben auch dezent langweilig. Man könnte auch sagen: etwas farblos. Weil sich die Summe der Songs am Ende weder richtig nach Lobby noch richtig nach Tanzboden und auch nicht nach Mitsing-Hymne anhört, sondern eher nach Nachmittagsradio, das danach wieder was Peppiges spielen muss.

SANDEE Zrügg zu mir Universal hef. Comeback und Neubeginn: Sandra Moser und ihre Schwester Barbara sangen einst im Chor bei Göläs Anfängen als kommender Superstar und waren mitverantwortlich für die Power seiner persönlichen Lieder. Als Sandee ist Sandra nach dem Gölä-Abenteuer ebenfalls auf der Erfolgswelle geschwommen. Ihre beiden ersten Alben "Irgendwenn, Irgendwo" und "Meh vo mir" schafften Platin und die Top 3 der Schweizer Album-Charts. In der Band von Hanery Amman lernte sie dazu. Heute, fünf Jahre nach der Geburt ihres Sohnes, fand sie "zrügg zu mir". „Luege i vertrouti Gsichter / U mis Härz wird liechter / I finde langsam zrügg zu mir“ heisst es etwa, oder auch „I risse auti Muure i, i wott nümm länger gfange si, Freiheit isch, we d'Angst nümm dominiert”: Mit tiefgründigen Botschaften und einiges reifer beendet Sandee nach sechs Jahren ihre Zeit des Rückzugs. Die 12 neuen Songs sind eine

persönliche Bestandesaufnahme, zumeist balladesk und teils sehr berührend. Offen zeigt sie Gefühle und Emotionen – Hoffnung und Verletzlichkeit, Schmerz und Freude. Das Album wurde produziert von Chris Haffner (Myron) und Lucas Briccos von CH Produktion. "Weil der Stil von Myron den musikalischen Vorstellungen meiner Songs entsprach, fragte ich Chris an, ob er mich produzieren wolle", so die 39Jährige aus Wimmis. Dass sie es künftig wieder sehr ernst meint, zeigt auch die Powerband, mit der Sandee in Zukunft auf Tournee gehen wird. Mit Schlagzeuger Thomas Wild und Bassist Mauro Zompicchiatti kann sie auf die Rhythmus-Sektion von Polos Schmetterband zählen. Gitarristin Antonia Giordano sorgt dafür, dass die Frauenpower in der Truppe verdoppelt wird. "Schwangerschaft, Geburt und das Mutterwerden waren eine turbulente Zeit, die mich und mein Selbstbild verändert haben", erklärt Sandee ihren Ist-Zustand. "Die Sandee auf der Bühne und die private Sandra haben sich mittlerweile viel mehr zu einer Einheit verbunden. Mein Weg als Musikerin führt mich noch weiter." Na dann, auf zu neuen Ufern...

RITSCHI Ritschi Phonag hef. "I bi wider da", heisst der erste Titel. "I hät nie tenkt, dass mir das glingt, und jetzt es witers album klingt, und mini stimm immer no singt, und das für mich immer no stimmt, und gäng no Lüt da usse si, wo öppis übrig hei für mi", heisst es weiter. "Endlich nümm mit mir allei, endlich wieder Musig mache, zäme gränne, zäme lache, zäme schlafe u erwache. Es isch Magie, es triibt mi aa". So kündigt er ein bisschen skeptisch seinen Wiedereinstig mit einem neuen Album nach seinem Ausflug ins MusicalFach an. Im Peter, Sue & MarcMusical "Io senza te" spielte er eine der drei Hauptrollen, und auch dort war er Vollprofi. Ritschi ist tatsächlich wieder da, sehr reif, sehr selbstbewusst, sehr gut. Ja, der einstige Plüsch-Sänger, der immerhin mit seiner Band über 350 000 CDs absetzte und danach auch solo auf der Erfolgswelle ritt. Vor allem sein Hit "Schisstäg" wurde zum Klassiker. Ritschi war und ist eine ehrliche Haut. Das zeigen auch die anderen


Songs, 13 an der Zahl, viel ganz Persönliches, was Ritschi hier aus tiefster Seele singt. Wie die Traum-Ballade "Fähle wirsch mer glich" im Duett mit Sängerin Jaël. Hier wird über Trennung gesungen. Schmerz, geheilte Wunden, Kompromisse, Streit, Diskussionen, es hat nicht funktioniert, manchmal war es sogar die Hölle, egal, was kommt, du wirst mir fehlen. Ob das ein Mundart-Klassiker wird? Der letzte Song hat auch das Zeug dazu. Er heisst "Ds letschte Stündli". "Isch es das gsi, wenn mich d'Angscht i mir drin nümm schnuufe laat?“Ziemlich morbid, zum Glück mit einem grossen Schuss Humor. Mit 37 Jahren ist man ja schliesslich viel zu jung. „Es wär doch schad, ich bin no nöd parat, dass mis letschti Stündli schlaat." Musikalisch wuchtig ist der Instrumental-Teil mit geilem Gitarren-Solo und Ritschi, der – geradezu unheimlich – um sein Leben schreit. "I bi noni parat". Ja, Ritschi, bleib uns noch ein bisschen erhalten. Es wäre wirklich schad um Dein grosses Talent. Ach ja, keine Angst. Im ersten Lied gibt Ritschi zu, alte Geschichten neu erfunden zu haben. Uns fällt ein Stein vom Herzen.

STILLER HAS Endosaurusrex Sound Service hef. Der etwas verrückte, vielleicht auch kurlige, zuweilen aggressive, dann auch wieder sehr zärtliche Berner Show-Dino und Knuddelbär mit österreichischen Wurzeln und seine coole Truppe schlagen wieder zu. Das erste Hören eines neuen Albums von Stiller Has ist immer wieder so etwas wie ein Abenteuer. Weil man immer wieder giggerig darauf ist, zu hören, was Endo Anaconda wieder mal Originelles eingefallen ist. Und das ist auch hier wieder einiges. Der Titelsong, als dritter Titel auf der CD, ist schon mal ein Auftakt nach Mass. "Ig bi de Endosaurusrex, de erscht und letscht vo miner art, alli usgschtorbe, numme ig bi gäng no da", singt er mit trauriger Stimme. "Us schtaub und chnoche choche ig Suppe, wandere allei im finschtere Tal". Und dann kommt der für Endos Lyrik typischste Satz: "Scho im Taufchleid hani gränned, well ig im Liichehemd muess gah". Auch "Zwaerg" und "Flieder" sind typische Endo-Texte. Er singt: „Den trockenen Blumenstrass schlägst du mir um die

Ohren. Ich möchte endlich fort von hier. Fort aus diesem Land hinter den Bergen, wo selbst Cowboys zu Gartenzwergen werden." Die Ballade "Flieder" handelt von der Liebe, Endos philosophische Betrachtungen mit poetischen Worten in dezenter Pianobegleitung. "Du hattest den Schlüssel zu meinem Herz. Irgend eine Sehnsucht frisst in mir. Unheilbar, für immer, bin ich. Ich möchte nie mehr in fremden Armen liegen. Unheilbar, für immer, nie mehr" – und dann kommts: "nie mehr, immer wieder". Schlitzohr, also doch! Zwölf Lieder zwischen viereinhalb und drei Minuten Länge, die Themen sprechen für Endos Fantasien. "Witwe", "Julia", "Fischelet", "Härz-Ass", "Lee Van Cleef" oder "So vergeht die Zeit" – der Dichter Anaconda holt alles aus sich heraus, was sich zu einem Lied und zu einer Performance dichten lässt. Und seine Band, allen voran wie immer der grossartige Gitarrist Schifer Schafer, musiziert im spartanischen Groove, mit Melodien, die einen ebenso packen wie die Texte. Endo, ein grossartiger Entertainer ist er ebenso wie ein durchtriebener Songschreiber, der uns auf seiner Nase tanzen lässt. Er nimmt sich selber eben nicht allzu ernst. Oder doch?

PIPPO POLLINA Il Sole Che Verrà Sound Service hef. Der Liederschmied aus Sizilien, der seit über einem Vierteljahrhundert in Zürich lebt, hat sich mit seinen 13 neuen Canzoni Gedanken über die heutige Zeit gemacht. Der Albumtitel, übersetzt "die Sonne, die wieder kommt", passt zum Statement von Pippo, mit dem er seine Einstellung beschreibt: "Seit meinen ersten Aufnahmen hat die Leidenschaft für eine bessere Zukunft meinen Stift bewegt und mein Notenblatt als eine Art programmatisches Leitmotiv beschrieben. Es ist bloss eine kleine Stimme in meinem Innern, die immer wieder die Geburt einer Melodie oder eines Verses inspiriert." In seinem Songzyklus wie im Canzone "Io no ho paura", ich habe keine Angst, singt er mit seiner warmen, angerauten von Hoffnung in Zeiten der Gewaltspirale. Für Pippo sind die Künstler geradezu verpflichtet, mit ihrer Kunst aufzurütteln, mögliche Wege

zu zeigen, den Menschen aber auch Zuversicht zu geben mit dem Gedanken, an das Gute zu glauben. Die Hoffnung, die Richtung Sonne führt. 22 Musikerkollegen haben Pippo bei diesem Album unterstützt, Leute wie Rebekka Bakken (Vocals in "E laggiu le lampare"), Jean-Pierre von Dach (Akkustik- und E-Gitarre) und Drummer Walter Keiser. Dazu Streicher, Bläser sowie diverse Chorsängerinnen und Sänger.

UNTRUE My World Eigenvertrieb rp. Im Video zum Song «Victim Of Restructuring » beklagen sich Untrue über die Kälte und Härte der Arbeitswelt: «I'm Just A Victim Of Restructuring. To Maximize Profit They Do Everything. They Don't Give A Shit About Anyhting.» Auf ihrem sechsten Werk, dem Konzeptalbum «My World», seit ihrer Gründung Mitte der 1980er Jahre befasst sich die Zürcher und Berner Band mit Themen wie Kapitalismus, Macht,

Politik, Leben und Sterben. Dabei kommt das Trio um die beiden Freunde und Gründungsmitglieder Jürg Maag und Norbert Brasser zur Einsicht, dass Würmer manchmal die besseren Menschen sind («Life As A Worm»), gibt sich desillusioniert über die eigenen grossen Ziele und Wünsche der Jugend («Running In Circles»), äussert Zweifel an den sogenannten Fortschritten der Menschheit («All We Have Achieved») und hält die Flamme für die nie verlöschende Kraft des Rock 'N' Roll hoch («Rock 'N' Roll Will Never Die»). Musikalisch untermalen Untrue diese vielschichtigen Themen mit einer ebenso vielschichtigen und emotionalen Mischung aus Pop, Rock und Art-Rock. Nicht nur textlich lohnt sich eine nähere Beschäftigung mit den sechzehn Songs von «My World».


Blindes Verständnis Die Zürcher Oberländer Manolo Panic liefern mit „Chinchilla“ einen gelungenen Nachfolger für ihr Debut „Helpless and Strange“ (2014, Deep Dive). Zwischen beiden Alben liegen ein Besetzungswechsel und 3 Jahre gesammelte Erfahrungen im Privatleben sowie auf Bühnen im In- und Ausland. Somit verarbeiten Manolo Panic kurz nach dem Release ihrer EP „KYLDL“ („Keep Your Lights Down Low“) ihre Erlebnisse – und verlassen dabei Schritt für Schritt ihr Nest des Indie-Rocks!

MANOLO PANIC

ds. In der Zeit, in der Indie – Bands aus dem Boden schiessen wie Pilze, ist es für solch Junge Bands wie dieses Quartett zunehmend schwierig geworden sich in der Szene behaupten zu können. Dies ist wohl auch der Grund, weshalb sich Manolo Panic die oft gestellte Genre – Frage gar nicht mehr stellen, sondern frei nach ihrem Grundsatz „Wenn es gut gemacht ist, ist es auch Geil!“, wie Gitarrist Janick Zumhofen betont, ans Werk gehen. 2007 gegründet, damals noch als The Noodles unterwegs, fand Manolo Panic im Jahr 2009 unter dem jetzigen Namen den Weg auf die Bühne des Emergenza Nachwuchsfestivals, auf dessen Weltfinale sie als eine der jüngsten Bands galten und den zehnten Platz erreichten. Nach Konzerten in Berlin und in

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Polen ging es für die Wetziker nach Grossbritannien. Eine sehr wertvolle Erfahrung, wie Sänger Ramon Margharitis verrät. „Wir sind verdammt verwöhnt in der Schweiz mit unseren PA`s wenn man mal in einem englischen Club aufgetreten ist“, meint der charismatische Frontmann, „und wenn es den Engländern nicht gefällt, dann schmeissen die ihre Biergläser.“ Was natürlich ihnen nicht passiert sei, fügt er schmunzelnd an. Mit dem Debutalbum „Helpless and Strange“ in der Tasche verschlug es Manolo Panic im Rahmen eines Showcasefestivals nach Kalifornien. Dort, wo jeder dein Buddy ist, wurde ihnen die Ehre zuteil, in Clubs wie dem


sagenumwobenen „Viper – Room“ spielen zu dürfen. Beeindruckt von der Scheinwelt Hollywoods kehrte die Band nach 7 Konzerten zurück, um nun 3 Jahre später das Fazit zu ziehen: „Es war schön, Amerika noch gesehen zu haben, bevor ein Idiot Präsident geworden ist.“ Es folgten weitere Konzerte in der ganzen Schweiz, darunter am Gurtenfestival. Doch dann kam ein Wandel. Die Bassistin Laura Frei verliess die Band und auch der Keyboarder Erwin Weiler räumte seinen Platz somit es doch eher still wurde um das Indie – Rock – Gespann. Mit einem neuen Bassisten wurde die EP „KYLDL“ („Keep Your Lights Down Low“) aufgenommen, welche im September 2016 erschien. Seit Oktober 2016 ist allerdings Raphael Aardoom am Tieftöner und darf nun das Album „Chinchilla“ taufen. „Der Postenwechsel am Bass hat schon einen gewissen Einfluss auf die musikalische Orientierung der Band gehabt“, ergänzt Margharitis, „dadurch dass wir nun zu viert mit dieser Besetzung spielen, erscheint dieses Album rockiger als der Vorgänger.“ Man wolle sich so auf dem Album präsentieren, wie es Live auch widergegeben wird. Allgemein betrachtet erscheint die inzwischen nicht mehr ganz junge Band aus dem Zürcher Oberland sehr unkompliziert was ihre Musik angeht. Die entsprechende Frage wird gar nicht mehr gestellt, die Klassifizierung als Indie–Band ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Rock- und Poptöne, welche an frühe Mando Diao erinnern, und eine Bluesgitarre hallen aus den Lautsprechern. Laut Margharitis hat es was mit Reife zu tun. „Wir klingen so wie wir sind, wir müssen und wollen uns nicht verstellen.“ Es treffen viele verschiedene Einflüsse auf einander, so kommt einer eher aus dem Blues während ein Anderer sich für die Arctic Monkeys begeistert. „Wir sind allerdings extrem eingespielt und verstehen einander blind, und so müssen wir nicht versuchen, jemanden zu kopieren“ sagt Schlagzeuger Mike Fiedler. Dieses Selbstbewusstsein scheint ihr Rezept zu sein für ihre Songs. So würden sie es sich auch nicht nehmen lassen, Ihren Humor frei auszuleben und haben ihren Neuling „Chinchilla“ getauft. „Der Albumtitel ergab sich aus der Diskussion, wie man einen Chinchilla – Kopf auf eine weibliche Brust malt... und es klingt einfach cool!“ So humorvoll die Story hinter dem Album auch ist, das Werk ist eine Art vertonte Verarbeitung beendeter Beziehungen, was einen sehr grossen Einfluss auf den Sound und die Texte hatte. Inhaltlich beschäftigte sich Manolo Panic schon immer mit eher emotionalen Themen. Aber hat Ramon Margharitis zum aktuellen weltpolitischen geschehen denn gar nichts zu sagen? „Ich persönlich bewundere solche Musiker wie z.B. Bob Dylan, welche politische Texte und Songs schreiben, aber bisher konnte ich mich nicht inspirieren.“ Die Band nehme politische Themen zu wenig ernst, um sich zu positionieren. „Der Grat ist zu schmal zwischen Ernsthaftigkeit und Heuchelei.“ Am 20. 1. Veröffentlichten Manolo Panic ihre Single „Mary Ann“ und die Taufe von „Chinchilla“ ist auf den 3. 3. 17 geplant. Im Rahmen des Releases ist eine Club – Tour durch die Schweiz geplant, was die Jungs allerdings nicht daran hindert, schon an ihrem nächsten Album zu arbeiten. „Wir können die Finger einfach nicht stillhalten!“ Und das ist auch gut so. Denn es ist gut gemacht, und deswegen Geil!

MANOLO PANIC Chinchilla Deep Dive ds. Das Wetziker Indierock – Quartett Manolo Panic veröffentlicht nach der EP „KYLDL“ mit „Chinchilla“ ihr zweites Studioalbum. Wie auf der EP schon fast vorangekündigt, startet die Scheibe mit eher gitarrenlastigen Klängen. „All You Are“ als Auftakt erinnert zwar stark an Mando Diao, jedoch ohne abgekupfert zu sein. Die Ende Januar veröffentlichte Single „Mary Ann“ bleibt einem im Ohr, aber die Singleauswahl wird den Jungs nicht leicht gefallen sein; Jeder Song auf „Chinchilla“ hat das gewisse Etwas und macht das Werk zu einer Sammlung guter Songs, die Spass machen. Der melancholische Touch zieht sich durch das ganze Album und macht es zu einem idealen Soundtrack verkaterter Sonntage. Besonders das äusserst bluesige und schleppende „You Got Me On My Knees“ bleibt als insgeheimer Favorit in Erinnerung und haut dem Hörer mittels eines wuchtigen Bluesgitarren – Solos einen vermeintlichen Höhepunkt der Scheibe um die Ohren, um es abrupt abzubrechen und die Spannung und Dynamik der einzelnen Songs wieder von Vorne aufzubauen. Mit „Wasting Time“ und einem erfolgreich in Szene gesetzten Saxophon finden Manolo Panic einen gelungenen Abschluss eines Albums, welches für musikbegeisterte Ohren einen Platz in der CD – Sammlung verdient hat. Fazit nach 11 Songs: Manolo Panic haben sicherlich die Rock- und Popmusik nicht neu erfunden, „Chinchilla“ ist jedoch ein weiterer Beweis für die Qualität Schweizer Musikschaffens oft zu unrecht kleingehaltener Nachwuchsbands. Diese Jungs haben die Unterstützung verdient und sind mit „Chinchilla“ sicherlich auf einem guten Weg!


TIM & PUMA MIMI Der Die Das Prolog/Irascible

POSH Born Out Of Silence Red X Music/iGroove mh. Die Biographie verspricht einen musikalischen Mix der auf den Namen „Cross-Over-Pop“ hören soll. Cross-Over, ein etwas negativ angehauchter, verstaubter Begriff für Musik die Hip Hop mit Rock kreuzt und Pop, das tönt oft etwas nach Plastikkonserve. In Wahrheit enthält die dritte Scheibe von POSH sackstarke Gitarrenbretter, einige Rappassagen und auch berührende, sanfte Songs. Somit liegt eigentlich die Beschreibung verdammt richtig. Im Jahr 2000 erschien die Debut-Scheibe „Innocent“ und drei Jahre darauf der Nachfolger „What's Wrong With Being..?“. Die beiden Scheiben und ihr Bühnenhunger haben es der Band erlaubt beinahe sämtliche Schweizer Bühnen mindestens doppelt zu beehren. Die markante, warme und präzise Stimme von POSH-Frontröhre Martina Dieziger garantiert einen hohen Wiedererkennungsfaktor und drückt ihren Songs im Nullkommanix ihren ganz eigenen Stempel auf. Das musikalische Gedächtnis beginnt zu rattern und man meint Parallelen zu Bands wie Evanescence, Flyleaf, Gargabe oder Lambretta (Lambretta, hoppla, darf man die noch nennen? Kennt die noch wer?) rauszuhören. Die Band operiert von St. Gallen und von Winterthur aus und wird komplettiert von Patrick Müller (Gitarre), Danny Hertach (Bass) und Andi Schneider (Drums). Letzterer hat dann auch die Songs im eigenen Studio produziert und mit Martina Dieziger geschrieben. Aufgenommen wurde teils im benannten eigenen Studio, aber auch im bekannten New Sound Studio von und mit Tommy Vetterli. „More Than This“ heisst der gut verdauliche Opener des neuen Albums und ja, es kommt wirklich noch mehr als das. Der nächste Song (und gleichzeitig der heimliche Star der Scheibe) „What Brings The Day“ fährt dann nämlich eine härtere Gangart und kommt verdammt geil! Die Stimme von Dieziger transportiert darin Gefühle wie Sehnsucht, Wut und auch eine gewisse fuck-it-let's-do-it-Attitüde, grossartig. In dieselbe Kerbe schlägt dann auch „Run For Shelter“, das mit Wucht, Tempo und grosser Gitarrenarbeit daherbrettert und fast schon Guano-Apes-mässig klingt. Die Gitarren weichen dann zu einem grossen Teil für Streicher und schon findet man sich ohne Vorwarnung mit „With You Again“ in einer waschechten, fast schon kitschigen Ballade. Mit „Welcome“ folgt dann eine Nummer, die wieder deutlich mehr Spass macht, druckvoll und härter daher kommt, nicht zuletzt durch den Megaphone-Einsatz. Nach dem soliden, poprockingen „Mascarade“ folgt „Who Are You To Say“ mit einem harmlosen Start steigert sich der Druck und das Gaspedal wird wieder kräftig durchgedrückt. Es ist irgendwie schwierig in Worte zu fassen aber ich mag es, wenn die Stimme zum Instrument wird, das sich ganz homogen in den Soundteppich integriert, genau das hat man im Refrain das Gefühl, wie auch im zweitletzten Song „Hero“, der ohne weiteres aus den Federn von Alanis Morissette stammen könnte. Zwischen diesen beiden Songs gibt es nochmals zwei langsamere, sehnsüchtige Nummern („Is It You“ und „Butterfly“) und das kräftigere, bessere „Hopeless Dreamer“ worin Dieziger ihrer Stimme nochmals alle Nuancen herauskitzeln kann. Das Schlusslicht bildet dann die erste Single „Won't Obey“, die ziemlich geschliffen und vermutlich gezielt radiotauglich daher kommt. Fazit: POSH müssen sich hinter keinem der obengenannten Künstler verstecken. Daumen hoch!

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hug. Also für alle, die das noch nicht wissen: Tim ist Zürcher, Mimi ist Japanerin, die beiden haben per Skype elektronische Fast-Tanzmusik für ihre ersten Platten und überdrehte HyperaktivTanzmusik auf der Bühne gemacht. Das war immer lustig. Inzwischen sind Christian Fischer und Michiko Hanawa ein Paar mit eigenem Kind und leben in Zürich, und wie es längst zur Unsitte bei MusikerEltern geworden ist, darf das Kind jetzt, da es schon brabbelt, ebenfalls in die Songs reinlefzen. Wobei: Bei einem Paar wie Tim & Puma Mimi, die so rigoros verspielt elektronische Konventionen verweigern, macht das mitbrabbelnde Kind ja noch irgendwie Sinn. Aber bleiben wir bei der Sache beziehungsweise bei Album Nummer 4: «Der Die Das» rückt vom Ansatz des Verspielten, Entzückten und Entzückenden natürlich nicht ab. Nur war es in der Ausführung schon lustiger. Ihr digitaler Minimalismus begibt sich ein bisschen zu oft auf einen gar schmalen Pfad zwischen Heiterkeit und Belanglosigkeit, man könnte böserweise sogar sagen: ziellose Tastendrückerei. Dieser Eindruck wird verschärft durch den Umstand, dass Puma Mimi, die glücklicherweise noch immer durchgehend auf Japanisch singt, über weite Strecken eher monoton denn verspielt klingt. Dieses Fazit ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die 16 Titel in Zürich, Johannisburg und auf Menorca eingespielt wurden, zudem mit vielen Gästen, darunter Boris Blank. Aber wir wollen deswegen die Flinte nicht gleich ins Korn werfen, denn wie gesagt gilt das nicht für alle Songs. Einige von ihnen erreichen die existenzialistisch-frische Heiterkeit früherer Lieder, und die Coverversion von Mani Matters «Ds Lotti», die das Duo für den letzten November erschienenen Zytglogge-Sampler «Und so blybt no sys Lied» zu Ehren Matters eingespielt hat, ist so reizend, dass der Song mindestens einen Swiss Music Award verdient hätte. Aber echte Innovationen entgehen dieser Jury ja sowieso.

THE SEX ORGANS Intergalactic Sex Tourists Voodoo Rhythm Records hug. Feinfühlige Frauen und Feministen ist zwecks Schonung ihres Gemütszustands empfohlen, den folgenden Satz zu überspringen und erst beim übernächsten weiterzulesen. Was für ein herrlicher Name! Willkommen zurück, liebe Frauen, liebe Feministen, bei der Band mit dem herrlichen Namen. The Sex Organs sind ein schweizerisch-holländisches Rumpelduo und produzieren, wie es ihr Label Voodoo Rhythm selber schreibt, intergalaktischen Abfall von der schlimmsten Sorte. Das gefällt uns, denn auf Voodoo-Rhythm-Releases ist Verlass, auch wenn der krachende Zweimanngaragensound der Band mit dem herrlichen Namen am Ende doch eher banal denn galaktisch klingt. Und natürlich geht's in diesem halbstündigen Schmankerl nur um eines, nämlich... stimmt, Sie haben es erraten. Das Vinyl kommt übrigens mit allerlei Extra-Gimmiks, aber nicht, wie Sie vielleicht vermuten, mit Sextoys. Das wäre ja banal.


YELLOW TEETH Rags And Pearls Irascible rp. Das zweite Album von Yellow Teeth, der Westschweizer Band um Sänger Tiziano Zandonella, macht dort weiter, wo ihr wunderbares Debüt «Night Birds» aufgehört hatte: Wunderbar, atmosphärisch immer wieder wehmütige AltCountry- und Country-Songs, die wahrscheinlich aus der Beschäftigung mit Townes Van Zandt, Neil Young, Steve Earle, Uncle Tupelo und einem Johnny Cash entstanden sind. Im Gegensatz zu «Night Birds» klingen die zehn Tracks auf «Rags And Pearls» zerbrechlicher und einen Tick wehmütiger. Gerade die Stimme von Tiziano Zandonella steht immer wieder nahe am Abgrund. «Rags And Pearls» ist nicht aus Freude entstanden, sondern aus Leid, Wunden und Schmerz. Das soll und darf man merken. Authentisch. gen Musikers und Entertainers.

PAINTERS STUDIO The Revelation Wanted Man Records kw. Witzig und schief, das sind Painters Studio. Die jungen Berner machen seltsame Musik. Das erste Lied “Cry Baby“ ist fast eine Zirkusnummer und das ist jetzt nicht im übertragenen Sinne gemeint. Die kurzen, hüpfenden Keyboardnoten geben diesen komischen Beigeschmack. Dabei sind spannenderweise die Arrangements mit den Gitarren zwischendrin oder in anderen Liedern sehr locker und angenehm zu hören. Nebst der Musik kann auch der Gesang irritieren. Verschroben, einfach und gleichgültig ist er meistens. Man sollte sich das etwa so wie ein extremeres “Walk On The Wild Side“ von Lou Reed vorstellen. In “Feel“ oder “Mellow Vibrations“ kommt das bestens zur Geltung. Zusammen mit den Gitarrenriffs werden sie zu einer lässigen Einheit. Dann kommen aber schon bald wieder Songs, bei denen man nicht genau weiss, wie ernst man sie nehmen soll. “Living“, das ähnliche Schuhe wie “Cry Baby“ trägt, ist das letzte Lied des Albums und so kurios wie der Anfang. Die Einzigartigkeit von Painters Studio wird bestimmt niemand

bestreiten. Das Debut “The Revelation“ mit seinen sieben Songs bleibt aber eher ein Nischenprodukt.

STREET CORNER TALKING Empty Bottles And A Bag Of Dreams Lautstark hug. Die gute Nachricht lautet: Diese Band ist gut aufgestellt, und zwar in allen Belangen. Das ist, so kann man sagen, schon fast eine sehr gute Nachricht. Weil ja meistens bei Debüt-Bands noch hier was fehlt oder dort ein markanter Mangel herrscht, oder sie sind dann umgekehrt in allen Belangen mangelhaft. Das Quintett aus Zürich, das vor drei Jahren eine EP veröffentlicht hat und tourenmässig schon ziemlich rumgekommen ist, frönt offiziell dem 60erPsychedelic-Rock und dem Britpop. Das stimmt. Man kann den Kreis sogar enger ziehen und Vorbilder von Jethro Tull und Jefferson Starship bis Of Monsters And Men herausfiltern. «Gut aufgestellt» heisst, dass das Debütalbum in sich solide verzahnt ist: Das Songwriting ist als solches erkennbar, der Gesang passt dazu, die Live-Erfahrung ist erkennbar. Das ist, wie gesagt, gut. Das Album wird nie langweilig. Nun muss aber alles noch einen Schritt weitergehen, damit die Band richtig gut wird: Die Songs müssen gespielt sein, als würden sie von alleine aus den Musikern herausfliessen. Die Produktion eine Stufe klarer und voluminöser. Das Songwriting einen Tick dynamischer und flüssiger, der Produzent muss strenger führen, der Wille zum Erfolg muss klarer spürbar sein. Die gute Nachricht lautet also auch: Diese Band ist fähig, genau das mit ihrem nächsten Album zu tun. Wir freuen uns jedenfalls darauf.

SNAKESKIN BOOZEBAND Snakeskin Boozeband NonStopMusic mh. GitarrenGourmets aufgepasst: Das Laufentaler Trio bestehend aus Lukas Franz (Gitarre, Gesang), Vincent Perry (Bass) und Pascal Kohler (Drums und Background Gesang) schickt sich an hier mal genauer hinzuhören. Der Opener „Bar Romance“ von ihrem selbstbetitelten Debut-Album muss

sich schon mal nicht verstecken und erstreckt sich über sieben Minuten, weiss aber den Hörer immer wieder zu überraschen. Ein richtig grossartiges Gourmet-Stück knallt uns dann aber mit „Stop And Stay“ vor die Schuhe. Alleine schon beim Intro des Songs dürfte so manch ein Gitarren-Gott neidisch zu Franz hinüberschauen. Spätestens jetzt fragt man sich nochmals, wer sind die Jungs noch gleich? Und verdammt… 93er und 94er Jahrgang darf ja jetzt auch schon Alkohol trinken? Dann nochmals kurz das eigene Älterwerden bejammern und weiter geht's. „The Keeper“ fährt dann nochmals eine etwas schnellere und härtere Gangart und auf dem instrumentalen Song „J.A.M.“ darf dann jeder der Drei nochmals ihr Können demonstrieren, was sie auch eindrücklich tun. Neben fünf weiteren Songs folgt dann mit „Two Track Road“ der letzte Song von der Scheibe und setzt einen würdigen Abschluss. Aufgenommen wurde die Scheibe im eigenen Tonstudio VIPAL und für den Mix und das Mastering hat sich V.O. Pulver im Little Creek Studio verpflichten lassen. Snakeskin Boozeband überzeugen musikalisch, einzig bei den Lyrics und beim Gesang besteht noch etwas Luft nach oben.

TREEKILLAZ 8.11. N-Gage Productions mv. Lasst euch von dem merkwürdigen nicht gerade anmachenden Artwork nicht abschrecken. Die Treekillaz bleiben hartnäckig und liefern mit „8.11.“ ihr bereits achtes Album ab (welches 11 Songs enthält, was das Rätsel um den ominösen Albumtitel schnell erklärt), was Respekt verdient. Obwohl der Durchbruch bis heute nicht gelang, sind Treekillaz weit davon entfernt, das Handtuch zu werfen und haben während der vielen Jahre schon beachtliche 600 Konzerte gespielt, darunter auch eine Tournee als Support für Clawfinger. Und genau mit Clawfinger kann man den Sound von Treekillaz auch am ehesten noch ein wenig vergleichen, wobei auch das etwas hinkt. Denn die Tracks auf „8.11.“ treiben sich mit viel Energie durch so einige Stilarten der harten Musik. Heftiger Modern Metal, welcher ab und zu etwas an Prong oder die Schweizer Gurd erinnert, dazu so einige Alternative/Grunge Momente, etwas Punk und

Stoner und ein Schuss Rock’n’Roll beschreibt so einigermassen die Melange der Treekillaz, welche ihren Sound selber schlicht als Intense Rock beschreiben (was natürlich auch zutrifft). Einziger Kritikpunkt abgesehen vom Artwork ist vielleicht, dass es den ganz harten Songs ein wenig an Durchschlagskraft fehlt während den melodiösen Sachen die grossen Hooks fehlen, welche Bands wie Alter Bridge oder Foo Fighters weltberühmt machten. Trotzdem, eine sehr authentische Scheibe, welche mit viel Überzeugung eingespielt wurde. Und Songs wie „My Mind“, „Addicted“, „Take It Slow“ oder das bezeichnende „Strong“ bieten Fans von hartem, modernen Rock gute Unterhaltung und dürften vor allem live kräftig abgehen.

PALMER Surrounding the Void Czar Of Bullets lg. Wenn man die Bandnamen Isis, Voivod, Neurosis oder Cult Of Luna nennt, dann wird der Fan härteren Rocks, der über den Tellerrand schaut, sofort hellhörig. Palmer aus Langenthal präsentieren sich mal metallisch, mal progressiv-verspielt, dann wieder sehr extrem, um sofort in ruhige Zonen abzudriften und vereinen auf ihre spezielle Art Merkmale obengenannter Acts zu ihrem ganz eigenen Mix. Auf ihrem dritten Album – „Surrounding The Void“ – schaffen die vier Jungs von Palmer eine sehr dynamische und abgefahrene Reise in ihre eigenen postmetallischen Klangwelten – angereichert mit dem extremen Gesang von Vokalist Steve Diener. Als Anspieltipps seinen der Opener „Home Is Where I Lead You“ sowie „Digital Individual“. Ein spannendes und sehr empfehlenswertes Stück Schweizer Musikkunst.

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Die Rückkehr des Himmelstürmers

1968 standen sie mit der Single «Heavenly Club» und dem Album «View To Heaven» monatelang an der Spitze der Charts. Nun legen die "Swiss Beatles" von Les Sauterelles ihren Klassiker zum 55jährigen Bandjubiläum neu auf und gehen auf Tour. sm. «View To Heaven», erschienen im heissen Sommer 68, ist das klassische Schweizer Sixties-Album. Es verfügt über eine Art Alleinstellungsmerkmal: Im Gegensatz zu den angloamerikanischen Vorbildern, die in den Sechzigern wahre Höhenflüge feierten und oft gleich mehrere LPs pro Jahr herausgaben, dürfte die gesamte Anzahl von Schweizer Pop-

Alben aus den Sechzigern die Zahl 20 kaum übersteigen. Les Sauterelles aus Zürich brachten es auf zwei Studio-LPs. Beide waren auf der Höhe ihrer Zeit – und standen unter dem Einfluss der Beatles: Während das Debut von 1966 sich noch am Folkrock orientierte, war «View To Heaven» deutlich verspielter, auch der Drogeneinfluss liess sich nicht überhören. Pate gestanden hatten wiederum die Beatles, was sich auch optisch bemerkbar machte: Die Platte erschien im aufwändigen Klappcover, ein Poster lag bei – wie beim Weissen Album der Beatles. Solch teure Eskapaden, wie auch der Einsatz eines 11köpfigen Streichersatzes und Aufnahmesessions im «State of the Art»-Studio Bauer in Ludwigshafen konnten sich die Sauterelles nur leisten, weil sie potente Geschäftspartner eingespannt hatten. Finanziell hielt sich der Segen aber in Grenzen: Die Band erhielt lediglich 3% vom Engrospreis jeder verkauften Platte. Die Beatles überholt

Die Original-Formation von «Heavenly Club»: v.l.n.r. (vorne) Peter Rietmann, Toni Vescoli, (hinten) Rolf Antener, Fritz Trippel, Düde Dürst Foto: Eric Bachmann/Sauterelles Archiv

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Befeuert wurde die Lancierung des Albums und eine Schweizer Tour mit 24 "Sommerpartys" durch den Erfolg der Single-Auskoppelung «Heavenly Club» – eine Nummer, die bis heute über einen grossen Wiedererkennungswert verfügt. „Well, well, well, that's it, smashing!“, soll Animals-Sänger Eric Burdon geschwärmt haben, und selbst beim konservativen Schweizer Radio Beromünster zeigte man sich gnädig: „Ganz einfach eine Bombe“, kommentierte Christoph Schwegler, der die noch junge Radio-Hitparade moderierte. In der Schweiz hielt sich die Single ganze 13 Wochen in den Top Ten, sechs davon auf Platz 1. In der Jahreshitparade 1968 thronte «Heavenly Club» ebenfalls auf dem Spitzenplatz– vor Tom Jones' «Delilah» und «Hey Jude» von den Beatles. Und das trotz der Tatsache, dass das Englisch von Gitarrist Rolf Antener, der auf «Heavenly Club» eine seiner raren Gesangseinlagen gab, die helvetischen Wurzeln des Sängers überdeutlich erkennen liess und sich der tiefere Sinn des Songtexts nicht wirklich erschloss. Offenbar ging es um eine Parodie aufs Zürcher Nachtclubleben, die unter Beizug von Sankt Petrus, der englischen Währung und hornblasenden Engeln umgesetzt wurde. Sei's drum: Die Melodie ging ins Ohr und das Arrangement, mit Peter Rietmanns melodiösem


McCartney-Bass, allerlei Streichern und ätherischen Chorgesängen traf den Zeitgeist. Die jungen Menschen von 1968 – jedenfalls diejenigen, die sich nicht gerade Strassenschlachten mit der Polizei lieferten – strebten nach Höherem und halfen dabei gerne mit bewusstseinserweiternden Substanzen wie LSD nach. Die Single «Heavenly Club» erschien in ganz Europa, in Japan und den USA, schaffte es in den Radio-Hitparaden des Südwestfunks und Hollands bis nach ganz oben und wurde selbst von der englischen Fachpresse als „The No. 1 Continental Hit!“ angekündigt. Das Album konnte da nicht ganz mithalten: Zwar war «Dream Machine» ein veritabler Rock-Knaller, und mit «Montgolfier» machten die Sauterelles einen schön verspielten, erneut himmlischen Abstecher zu einer historischen Person, die auch von Donovan hätte stammen können. Es gab aber auch DixieGetröte und Klassik-Anleihen, die aus heutiger Perspektive ebenso aufgesetzt wirken, wie der üppige Einsatz von Cembalo, Streichorchester und Holzbläsern – insgesamt 29 verschiedene Instrumente wurden eingesetzt. Aber eben, das war der Zeitgeist, wie auch der Drang, nicht nur Songs aneinanderzureihen, sondern ein "Konzeptalbum" abzuliefern. Next stop is Vietnam?

hatte auch er genug. Im Mai 1970, nur einen Monat nach der Auflösung der Beatles, verkündete er per "Todesanzeige" das Ende ihrer von ihm bereits 1962 gegründeten Schweizer Filiale. Er plante eine Solokarriere als Singer-Songwriter. Besser denn yeah Doch es gibt ein Leben nach dem Tod: Nach einigen temporären Reunions kristallierte sich 1993 die definitive, "neue" Sauterelles-Formation mit den Originalmitgliedern Toni Vescoli, Düde Dürst, Freddy Mangili (Bass) und dem Gitarristen Peter Glanzmann (ehemals Trampolin) heraus. Seither sind die "Swiss Beatles" wieder permanent auf Achse und „besser den yeah“. Die aktuelle Besetzung ist nun schon dreimal so lange zusammen wie es die originalen Sauterelles waren. Zum 55jährigen Bandjubiläum legen Les Sauterelles ihren Klassiker «View To Heaven» neu auf, natürlich auf Vinyl und im Originaldesign, das Poster inklusive – und als Bonus eine 4-Track-EP mit brandneuen Sauterelles-Songs. Zum "Record Store Day" 2017 wird die Platte am 22. April in «Klang und Kleid» St. Gallen vorgestellt. Im Rahmen ihrer «View To Heaven Tour» lebt am 13. Mai im KKL Luzern auch der originale Geist von «View To Heaven» wieder auf: Mit der Unterstützung der «Lucerne Concert Band» lassen sich die opulenten Arrangements des Schweizer Popklassikers glaubhaft neu inszenieren.

«View To Heaven» mag das definitive Schweizer Pop-Statement sein, mit Underground und 68erRevolution hatte die Platte aber nichts zu tun. Die Sauterelles waren eine der wenigen Schweizer Profibands ihrer Zeit und tingelten als lebendige Jukebox. „Das Wesentliche liegt für uns heute in der genauen Kopie. Wir müssen den Sound treffen, den die Leute gerne hören“, gestand Bandleader Toni Vescoli unumwunden. So waren die Abstecher zu Flower Power und Hippies nur eine Facette ihres real existierenden Musikeralltags. Daneben lieferten die "Swiss Beatles" ungeniert die Musik für einen Instruktionsfilm der Schweizer Armee und diskutierten eine Tournee durch Militärbasen in Südvietnam, die sich aber nicht konkretisierte (was nachträglich wohl niemand beklagt). Unmittelbar vor der LPVeröffentlichung musste die Band wegen eines Armbruchs von Toni Vescoli zwei Monate Zwangspause einschieben, was die ohnehin angespannten finanziellen Verhältnisse belastete. Da kam es gerade gelegen, dass sich der Jazzpianist Little Fritz Trippel für eine Mitgliedschaft bei den Swiss Beatles interessierte und auch bereit war, einen "Vorschuss“ von 5000 Franken in die Bandkasse zu bezahlen. Trippel passte nicht nur optisch kaum zur Band, doch manchmal heiligt der Zweck eben die Mittel. Der Sauterelles-Höhenflug von 1968 dauerte nicht lange. Drummer Düde Dürst verkündete seinen Ausstieg. Er plante mit Hardy Hepp eine neue Band, die ihr eigenes Ding abseits des Kommerzes durchziehen wollte: «Krokodil». Bandleader Toni Vescoli versuchte es noch mit einer neuen Sauterelles-Formation, doch dann

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MYALL-LAKE The System Will Fail Eigenvertrieb / digital

AL TEREGO & THE HI-Q's Half Broken www.alterego.ch hef. Diese Schweizer Band ist sehr speziell. Ihr Leader, Songwriter, Gitarrist und Sänger" ist von Beruf promovierter Jurist. Im gesetzteren Alter lässt er seine Träume Musik werden. Und diese Musik hat es in sich. Sie ist schwer in Schubladen einzuordnen. Oberflächlich ausgedrückt ist es gepflegte Musik mit einem besonderen Groove, der auf Anhieb fasziniert. Besonders dazu sind die philosophischen, teils sehr persönlichen Texte von Al Terego. Der Name macht Sinn. Weil das Pseudonym genau das ausdrückt, was Al sagen möchte: Musik machen ist mein anderes Ich, mein alter ego. Zwölf top produzierte melodiöse Songs zwischen wuchtig und filigran, zwischen Art Rock und Esoterik, mit einem Schuss Roxy Music, abwechslungsreich und vielseitig. In "Heaven" etwa heisst es: "Come and visit me at the graveyard, show me the way to pearly gate. Where is God and where is heaven, where is Jesus and his crowd, where are all the pretty angels" – ein Mann auf der Suche. Eigentlich ziemlich mutig, sein Innerstes derart nach aussen zu tragen. Vielleicht ist Al Terego eine Geisel seiner Seele. So heisst ein anderes Lied: "Hostage Of My Soul" Ein harter Brocken zum Schluss ist "Son of my Father", eine persönliche "Auseinandersetzung" seiner Beziehung zu seinem Vater, fast schüchtern, flehentlich und auch zurückhaltend gesungen. Die Musik dazu locker-leicht und folkig mit einem zarten Rhythmus. All in all passt die fast durchgehende Melancholie zum teils auch etwas düsteren, manchmal schön schwebenden Soundgemälde. Alles fliesst lässig dahin, man fühlt sich in diesem weichen Sound geborgen. Wenn einem zu Beginn das teils etwas gestelzte Englisch komisch vorkommt, gewöhnt man sich schnell an diesen eigenen Stil. Genau das hebt Al Terego auch von anderen Bands ab. Trotz dem starken Einfluss von Al Terego in diesem Werk bleibt die Band Al Terego & the Hi Q's nicht nur eine Begleitband hinter einemFrontmann, sondern ist vielmehr eine eingeschworene Truppe, bestehend aus vier gleichberechtigten Terego's; eine Band, in welcher die Songs eingebettet und weiterentwickelt werden und jetzt in Form der CD das Licht der Öffentlichkeit erleben dürfen. Alles ist Eigenkreation: Arrangement, Aufnahme,Produktion (durch Bassist Felix Müller), Cover Design und Vertrieb.

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mh. Ein bisschen musste ich schon vor mich hinschmunzeln. Mit dem Titelsong „The System Will Fail“ will die Band die digitale Welt anprangern, uns bewusst machen, dass wir von ihr abhängig sind, von den Smartphones, den blinkenden Bildschirmen. Stimmt ja alles, aber im Medieninfo steht dann auch, dass die neue Scheibe zu gegebener Zeit via Social Media und mit speziellen Aktionen vorgestellt wird. Ah, und die Scheibe gibt es auf den gängigen Musik-Shops: iTunes, Spotify und Konsorten. Irgendwie eine lustige Ironie. Zum Glück ist das aber nicht alles, denn mit ihren 33 Jahren und mittlerweile sechs Alben auf dem Buckel, haben Myall-Lake auch schon andere Zeiten miterlebt. So wird natürlich das neue Werk auch mit Konzerten beworben und via deren Website kriegt man auch ein physisches Exemplar des neuen Werks. In Tat und Wahrheit grenzt es an eine Meisterleistung als Schweizer Band (aus Burgdorf, BE) noch immer das zu machen, was sie gerne tun: nämlich richtig anständigen Hard Rock zu produzieren. Chris Hügli (Leadgesang) braucht sich mit seinem charakteristischen Stimmorgan hinter anderen Genre-Grössen nicht zu verstecken und auch Tom Wuillemin (Drums), Mike Halbach (Bass), Patrick von Gunten (Git.) und Rushi Rothen (Git.) klingen nach viel Spielfreude und Erfahrung. Der Titelsong überzeugt von Beginn, den also anpeilen.

PHIL HAYES & THE TREES Blame Everyone Irascible rp. Einigen ist Phil Hayes alias Peter Tate wahrscheinlich noch als musikalischer Begleiter von Giacobbo/Müller in Erinnerung. Zwischen 2008 und 2009 lieferte er am Schluss jeder Sendung für das englische Publikum eine humorvoll-trockene Zusammenfassung. «It's Been A Lovely Evening», bemerkte er beispielsweise einmal. Tate ist kein Mann der grossen Worte. Interviews gibt er anscheinend überhaupt nicht gerne. Dass seine Begleitband (Schlagzeugerin

Sarah Palin und Bassist Martin Prader) The Trees heisst, macht da Sinn. Bäume reden auch nicht, zumindest verstehen wir sie nicht. Dafür spricht Peter Tate jetzt bereits zum zweiten Mal durch seine Musik. Er redet davon, dass Geld nicht lügt, dass Züge zu schnell fahren und von einer schweren Last. Die Musik dazu klingt in ihrer Ausformung, irgendwie passend, trocken. «Blame Everyone» kommt schnörkellos, eher rau und ohne grosse Gesten daher. IndieGitarrenrock wie man ihn Bands von wie Shed Seven, Only Ones, Dodgy oder den australischen The Go-Betweens her kennt. Nicht ohne spröden Charme.

DEATH BY CHOCOLATE Crooked For you Deepdive Records hh. Mit ihrem dritten Album legt die Bieler Truppe ein mächtiges Werk vor, das seine beiden Vorgänger locker in den Schatten stellt. Und das soll was heissen, denn die beiden ersten DBC Platten waren wahrlich nicht von schlechten Eltern. Aber mit «Crooked For You» haben sie ihr Reifezeugnis abgelegt. Das Album sprüht vor Spielfreude, jeder Song zeigt hervorragende SongwriterKunst, Schwachstellen sind so gut wie keine auszumachen und das ganze Album groovt vom ersten bis zum letzten Ton wie Hölle. Inwieweit Starproduzent Vance Powell (Jack White, Buddy Guy, Seasick Steve) dafür verantwortlich ist, wissen wir nicht. Aber es ist anzunehmen, dass sein Einfluss dafür gesorgt, dass das Album einen massiven Tiefgang hat, dem sich niemand, der auf handgemachte, ehrliche Rockmusik mit einem Schuss Folk steht, entziehen kann. Die Band zeigt in den 11 Songs all ihre musikalischen Facetten, ohne den roten Faden zu verlieren und überzeugt, ja begeistert sogar, durch das berühmte «weniger ist mehr». Die Songs haben jede Menge Luft zum Atmen, entfalten dadurch speziell in den ruhigen und folkigen Momenten grossen Glanz und präsentieren in den rockigen Tracks spannende Dynamik. Geiles Album, geile Band und Sänger Mathias Schenk hat definitiv herausragende Klasse. Aus dem «Alternative-Loch» haben sie sich jetzt endgültig befreit - DCB ist zu einer großen Band gewachsen!


MUSIK zum LESEN BILLY IDOL Dancing With Myself – Die Autobiografie Heyne Verlag hh. Der blonde Engländer gehörte mit seiner Band Generation X zu den Punks der ersten Stunde und war in der Londoner Szene eine feste Grösse, bevor er mit seiner Band auch einige Erfolge landes- und europaweit verzeichnen konnte. Der Erfolgsdurchbruch auf breiter Front gelang ihm aber erst, als er in die USA übersiedel-te, dort seinen genialen Mitstrei-er Steve Stevens (Gitarre) ken-nenlernte und aus Songs wie „Dancing With Myself“, „Eyes Without A Face“, „Rebel Yell“, „White Wedding“ oder „Sweet Sixteen“ weltweite Mega-Seller machte. In seiner Autobiografie lässt Idol sein Leben, seine Erfolge und seine Niederlagen bis zu seinem 2014er Comeback-Album „Kings & Queens Of The Undergound“ Revue passieren. Dabei spart er auch die Passagen nicht aus, in den er sich persönlich nicht gerade mit Ruhm bekleckerte, seine massive Drogenabhängigkeit, seine Sexsucht, generell die

exzessive Seite seiner Persönlichkeit, die selbst Mötley Crüe's Nikky Sixx wie einen Chorknaben aussehen lässt. Billy Idol geht da relativ schonungslos und durchaus ehrlich mit sich selbst ins Gericht. Und das alles schreibt er hier spannend und humorvoll auf. Da kommt keine Langeweile auf, alles ist flüssig und chronologisch erzählt und der Leser erhält zudem tiefe Einblicke in die Zeit, als der Punk in London das Laufen lernte. „Dancing With Myself“ gehört sowohl vom Informationsgehalt wie auch vom Unterhaltungswert zu den besten Rockmusiker-Autobiografien. Sehr empfehlenswert.

L.A. ein-und nachdrücklich. Sie stellten Rekorde auf, sammelten Gold-, Platin- und jede Menge andere Auszeichnungen und untermalten musikalisch den Mauerfall. Bis heute zählt die Band zu den erfolgreichsten Hardrocktruppen überhaupt und füllt nach wie vor die grössten Arenen weltweit. Diese unglaubliche Erfolgsgeschichte hat nun einer der bekanntesten Metal-Journalisten/Schrift-

MARTIN POPOFF Wind Of Change – Die Scorpions Story Hannibal Verlag hh. Über ein halbes Jahrhundert donnern die Hannoveraner nun schon ihren Teutonen-Metal durch die Lautsprecher dieser Welt. In dieser Zeit avancierten sie zu Idolen der 80er US-Metal Szene. Es gibt wohl keinen erfolgreichen amerikanischen Hardrocker aus dieser Zeit, der sich in seinem musikalischen Einfluss nicht auf die Scorpions beruft. Sie waren für eine Zeitlang das Mass der Dinge und prägten die metallische Szene in

steller, der Kanadier Martin Popoff, niedergeschrieben. Dabei gliedert er das Buch kapitelweise anhand der AlbumVeröffentlichungen, was für

einen chronologischen Erzählungsstrang sorgt. Popoff ist zudem ein humorvoller Schreiber, der es routiniert und mit viel Sachkenntnis versteht, den Leser immer bei der Stange zu halten. Es fällt sehr oft schwer, das Buch überhaupt aus der Hand zu legen. Popoff führte für dieses Werk unzählige Interviews und Gespräche mit den Musikern selbst und vielen Beteiligten wie Produzenten, Manager und andere musizierende Zeitgenossen. Auch wenn sich dadurch viele Wiederholungen ergeben, weil jeweils mehrere Leute das selbe Ereignis kommentieren, lässt die Lesespannung nie nach und Langeweile ist hier ein Fremdwort. So dicht dran war man an den Scorpions und ihren Mitgliedern bislang noch nie. Selbst eingeschworene Fans von Meine, Schenker, Jabs & Co erfahren hier noch bislang Unbekanntes und können nun von den Bandmitgliedern auch intimere Seiten kennenlernen. Abgerundet wird das mit einer 8-seitigen Bildstrecke ausgestattete Werk durch eine Discografie-Auflistung und begleitende Kommentare zu den Tracks durch den deutschen Journalisten und Rockexperten Daniel Böhm. Tolle Sache, für Scorpions-Fans unverzichtbar.


REVIEWS Blues/Soul/World QUINN SULLIVAN Midnight Highway Provogue/MV hh. Er ist gerade mal 17 Jahre alt, blickt aber schon auf eine über 10-jährige Karriere als Gitarrist zurück. Sullivan wuchs in einer musikalischen Familie in Massachusetts auf, sein Vater hatte eine umfangreiche Plattensammlung und spielte selbst in einer Band. Als dreijähriger begann Quinn das Gitarrespielen und stand bereits mit sieben Jahren zusammen mit Buddy Guy auf der Bühne, der ihn fortan unterstützte und mit auf Tour nahm. Guy bezeichnete Sullivan als das grösste Talent der letzten 30-40 Jahre. „Midnight Highway“ ist bereits Sullivan's drittes Album und wurde von Grammy-Gewinner Tom Hambridge produziert, der gleichzeitig auch als Drummer in Sullivan's Band tätig ist. Zweifellos gehört der jetzt 17jährige zu den besten Nachwuchs-Bluesern, das beweist praktisch jeder der hier enthaltenen Songs. Sein Spiel ist sehr harmonisch und melodiös und dürfte in erster Linie Fans von Acts wie Clapton, Cray oder ähnlichen „sauberen“ Spielern ansprechen und begeistern. Für Fans der raueren, dreckigeren Gangart bietet Sullivan nur bedingt Ohrenfutter. Aber in dem Bereich, in dem sich der Teenie bewegt, bietet er auf überdurchschnittlicher Basis alles, was das Herz des Bluesfans begehrt. Sullivan's klarer, weicher Gesang entspricht seinem Gitarrenspiel/-sound, vielen seiner Songs, du zudem von einer schönen Hammond unterlegt sind, sind seine grosse Liebe zu den Beatles deutlich anzuhören. Nur konsequent, dass er hier George Harrison's „While My Guitar Gently Weeps“ covert. Alles in Allem ist „Midnight Highway“ ein schönes Bluesalbum mit schönen Songs, überwiegend entspannt und virtuos gespielt – aber über

AARON KEYLOCK Cut Against The Grain Provogue/MV hh. Der Engländer ist gerade 18 Jahre alt und legt hier ein erstaunlich reifes Debüt vor.

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Aufgenommen hat der Jungspund das Werk in L.A. unter der Leitung von Produzent Fabrizio Grossi (Alice Cooper, Dave Navarro, Slash, Ice-T, Zakk Wylde). Das war eine gute Wahl, denn Grossi ist mit härter rockenden Sounds vertraut und verpasste Keylock's Debüt einen warmen, transparenten und direkten Rock-Sound. Und der passt hervorragend zum musikalischen Vortrag des Gitarristen, denn er orientiert sich deutlich an britischen Bluesrockern der 60er/70er wie beispielsweise Rory Gallagher, Faces, Jimmy Page und auch die Rolling Stones ( Hauptsächlich in Person von Riffmaster Keith Richards) blitzen immer wieder auf. Dazu jede Menge Melodie-Gefühl a la Gary Moore („Just One Question “) und eine fette Portion Johnny Winter (nicht umsonst steht er mit einer Gibson Firebird auf dem Cover). Das alles zusammen sorgt für einen spannenden Mix aus den verschiedensten BluesrockVariationen, die Keylock souverän bündelt und zu seinem eigenen Sound macht. Seine technischen Fähigkeit sind erstaunlich hoch, was ihm schon in den renommiertesten britischen Fach-Medien allerfeinste Kritiken beschert hat. Sowohl als Slider wie auch als groovender, gefühlvoller Slow-Blueser mit intensivem Feeling, wie auch als energischer Rocker – Keylock hat alles drauf. Überflüssig zu erwähnen, dass er auch auf der Akustik-Gitarre begeistert. Auch als Sänger schlägt sich Keylock mehr als passabel, erinnert in seiner Sleazigkeit an Ian Hunter. Die hier enthaltenen 11 Songs bieten einen spannenden Mix aus vorerwähnten Einflüssen, einen schlechten Track findet man nicht. Keylock hat sich bereits mit seinem Debüt-Album seinen eigenen und eigenständigen Platz im übervollen Bluesrock-Teich gesichert. In dieser Form ist von ihm noch viel zu erwarten. Fazit: „Cut Against The Grain“ ist ein klasse Album und wird nicht nur jeden Fan von härterem Blues sondern auch gestandene Hard- und Heavyrocker beeindrucken und begeistern. Bleibt zu hoffen, dass sich Aaron Keylock für die

Zukunft seine Wurzeln bewahrt und vor allem den Dreck unter den Fingernägeln.

LAURENCE JONES Take Me High Ruf Records hh. Der junge Brite reiht sich relativ nahtlos in die endlose Riege von neuen BluesrockGitarristen ein. Relativ allerdings, denn Jones rockt amtlich und hat sein Brett im Griff. Seine Band unterstützt ihn dabei genauso amtlich und Produzent Mike Vernon hat das ganze Werk in ein fettes, sattes Paket gepackt. Soweit also nichts zu meckern. Oder doch?! Es gibt zwei bemerkenswerte Schwachpunkte und das ist zum einen das Songwriting. Überwiegend wirken die Titel sehr bemüht, da fehlt zu oft der zündende Funke, der aus mittelmässigen Songs Lieder mit Nachhaltigkeit machen. Auf „Take Me High“ gibt es überwiegend Songs, die man nach dem Hören direkt schon wieder vergessen hat. Und der zweite Schwachpunkt sind die Texte. Reim dich oder ich beiss dich, muss man hier praktisch in jedem Song sagen. Hier werden die simpelsten und zigtausendmal gehörten bzw. ausgelutschtesten Klischees verbraten, wäre Jones Schriftsteller, es würde allerhöchstens für Groschenromane reichen. Aber wir wollen den jungen Mann nun auch nicht völlig niedermachen, das hat er sicher nicht verdient, denn Gott sei Dank rettet sein musikalisches Können als Gitarrist das ganze Werk. Schlecht ist die Platte sicher nicht und wird bestimmt zu recht ihre Fans finden. Aber eben, im Vergleich zu den unzähligen gleichgelagerten Acts gibt es künftig noch einiges nachzubessern, will sich Jones auf breiterer Front durchsetzen.

RONNIE BAKER BROOKS Times Have Changed Provogue/MV hef. Sein Vater Lonny Brooks wurde 2010 in die Blues "Hall Of

Fame" aufgenommen. Er war einer der bekanntesten Blues-Gitarristen von Chicago, spielte mit Sam Cooke, Jimmy Reed und vielen anderen zusammen. Kein Wunder, dass mit Sohn Ronnie der Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Ehrlich gesagt hatte ich noch nie von Ronnie gehört, als ich mir die CD in den Player schob. Es dauerte nicht lange, und ich fing an zu wippen, mit den Fingern zu schnippen mit der Frage, who the hell ist dieser motherfuckin' geile Sänger und Gitarrist? Die Recherchen über diesen feurigen Gitarristen und gefühlvollen Sänger machten dann alles klar. Der Sohn des Blues-Urgesteins Lonny hat in seiner Jugend gut zugehört. Die elf Hammersongs rocken, bluesen, funken und rappen in der besten Tradition der Altvorderen und Kollegen seines Vaters wie Muddy Waters, Buddy Guy, B.B. und Albert King, Curtis Mayfield, Sam & Dave und auch dem weissen Götter-Gitarristen Stevie Ray Vaughn (1990 mit dem Helikopter tödlich abgestürzt). Aufgenommen in Memphis und Nashville, spielen die Besten mit wie der legendäre Stax-Gitarrist Steve Cropper (Otis Redding, Booker T. & The MG's, Blues Brothers...), Bobby "Blue" Bland, Felix Cavaliere (The Rascals) und auch BluesSchätzchen Angie Stone. Brooks Junior mutierte bald zum Fackelträger der urbanen Blues-Tradition und setzt mit seinem vierten Album seinen erfolgsversprechenden Weg fort. Zeitlos geile, entdeckenswerte Musik aus Blues, Roots, Reggae, Soul und Funk mit viel Spiritualität.


Mit einem abwechslungsreichen Programm im Volkshaus Basel verspricht das 18th Blues Festival Basel vom 4. bis 9. April 2017 sechs Tage Hochspannung, geballte Energie und eine grosse Portion Bluesrock mit herausragenden Saitenvirtuosen. Wie schon die vergangenen Jahre präsentiert das Blues Festival Basel auch 2017 eine breite Palette an Blues und verwandten Musikstilen. Der im Südwesten der USA beheimatete Bluegrass wird gelegentlich als der Blues des weissen Mannes bezeichnet. Und die Country Music hat ihre Wurzen im Bluegrass. Nur logisch also, die Country-Musikerin Sarah Jory Ben Poole zum Blues Festival einzuladen. Die britische Gitarristin und Sängerin hat sich vor allem durch ihr virtuoses Spiel auf der ausdrucksstarken PedalSteel-Gitarre einen Namen gemacht (Mittwoch, 5. April 2017). Dana Fuchs Am gleichen Abend kommt auch der Boogie Woogie zum Zug. Der britische Pianist Ben Waters sowie der deutschen Tastenakrobat Axel Zwingenberger gelten als Meister des Boogie Woogie mit seinen schnellen Bassriffs und seinen verschobenen Melodien in der rechten Hand. Viele erachten den Soul als das gepflegte Pendant zum eher bodenständigen Blues. Die US-amerikanische Sängerin Tasha Taylor ist in beiden Welten zu Hause. Sie ist die Tochter des grossen Soulsängers Johnny Taylor, von dem Tasha die strahlkräftige Stimme und das emotionale Feuer geerbt hat (Donnerstag, 6. April 2017). Auch die US-amerikanische Sängerin Dana Fuchs zelebriert den Soul, den sie mit Rockelementen vermischt. Sie entfaltet ihr Talent vor allem bei der Interpretation von Balladen, die sie mit ihrer dunklen, rauchigen Stimme mit glutvoller Leidenschaft aufzuladen versteht (Freitag, 7. April 2017). Auch dieses Jahr ist der Bluesrock stark vertreten: Die Engländer Aynsley Lister, Ben Poole, Laurence Jones und der Schotte Stevie Nimmo sind als Gitarristen begnadete Solisten. Alle vier musikalischen Persönlichkeiten zusammen auf der Bühne versprechen ein Konzert der Superlative (Donnerstag, 6. April 2017). Auch der in Toronto, Kanada aufgewachsene, walisische Gitarrist, Sänger und Songwriter Philip Sayce ist ein kompromissloser Bluesrocker. Schon als 16-jähriger stand er auf der Bühne. Es folgte eine rasante Karriere, in der er sich grosses musikalisches Können angeeignete (Freitag, 7. April 2017). Der letzte Abend des Festivals (Samstag, 8. April 2017) ist traditionsgemäss dem Chicago Blues gewidmet. Nachdem der letztjährige Promo Blues Night-Gewinner, Gitarrist und Sänger Dominic Schoemaker mit seiner neuen Band den Abend eröffnet hat, präsentiert der in Basel aufgewachsene, seit über dreissig Jahren in Chicago lebende Saxophonist Sam Burckhardt den Sänger und Gitarristen Oscar Wilson und The Joel Paterson Band. Oscar Wilsons Leidenschaft gilt dem klassischen Chicago Blues der 1940er- und 1950er-Jahre. Die Sängerin Othella Dallas wurde vor 91 Jahren in Memphis geboren und lebt heute in Binningen bei Basel. Wenn die Grand Old Lady des Jazz und Blues die Bühne betritt, blüht sie auf wie vor 60 Jahren, als sie mit Jazzlegenden wie Nat King Cole auftrat. Joel Paterson wiederum ist einer der meist beschäftigten Gitarristen der Chicagoer Musikszene. Fünf Schweizer Bands haben es in die Ausscheidung zur Promo Blues Night am Dienstag, 4. April 2017 geschafft: Bluescream, The Blues Mystery, Coffee n' Blues, Estella Benedetti & Michael Giger Band und Guido Melone & The Down Town Blues Band. Diese Bands stellen sich der Ansley Lister Jury und dem Publikum und die Siegerband darf 2018 am Blues Festival Basel im Hauptprogramm auftreten. Den Abschluss des 18th Blues Festivals Basel 2017 bildet der Blues Brunch am Sonntagmorgen mit den Festival Allstars. Alle Musiker, die am Festival teilgenommen haben und noch in der Stadt sind, treffen sich zur grossen Jam Session. Das ganze Programm und weitere Infos unter: www.bluesbasel.ch

Tasha Taylor

Philip Sayce

Estella Benedetti & Michael G Band

Chicago Dave


Eigentlich wurde über die Beatles ja bereits alles gesagt. Wenn ein Mann wie Ron Howard dann aber eine Doku über die Pilzköpfe dreht, dann lohnt sich das Hinschauen doch. „Eight Days A Week: The Touring Years“, ein Film, der sich mit den frühen Jahren der Lads from Liverpool beschäftigt, ist nun auf DVD und Blu-Ray erschienen.

bf. Als der Flieger, der die Beatles erstmals überhaupt in die Vereinigten Staaten brachte, am 7. Februar 1964 New Yorker Boden berührte, da „waren wir eigentlich längst schon da“, erinnert sich Beatles-Drummer Ringo Starr. Die Beatlemania hatte zu diesem Zeitpunkt schon längst die USA erreicht, die amerikanischen Teenager lagen den Pilzköpfen bereits ergeben zu Füßen, noch bevor diese ihren ersten Live-Ton auf dem Kontinent spielten. Für so manche war dieses Phänomen noch ein echter headscratcher. Für jenen Journalisten beispielsweise, der, ernsthaft um Erhellung ringend, die Beatles bei ihrer ersten US-Pressekonferenz am JFK Airport fragte: „Was begeistert die Leute so an eurer Musik?“ John Lennon dazu trocken: „Wenn wir das wüssten, würden wir eine neue Band gründen und ihre Manager werden.“ Und obwohl Lennon die Frage des Reporters nicht wirklich beantwortete, ist der tatsächliche Grund doch in dem Satz versteckt: Es war vor allem diese Unbekümmertheit, diese Gewitztheit, die die Menschen begeisterte, und die sich auch in der Musik der frühen Beatles niederschlug. Der Dokumentarfilm von Regisseur Ron Howard deckt die frühen Jahre der Band ab, erzählt von den Anfängen der wilden Vier im Cavern Club und in Hamburg, zeichnet die Entwicklung der Beatles bis 1966 nach, erzählt von den Torturen und Qualen, die die Band während ihrer – in dieser Form bis dato völlig neuartigen – Welttourneen durchlitt – und die letztlich dazu führten, dass die Beatles nach 1966 keine Konzerte mehr gaben (sieht man mal vom legendären Rooftop-Konzert 1969 ab). Die Band hatte keine Lust mehr auf den Zirkus, auf diese irre Freakshow, hinter der ihre Musik völlig in den Hintergrund trat, keine Lust mehr auf die miese

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Soundqualität in den großen Stadien, die aufdringlichen Menschenmassen und die missgünstige Presse. Überhaupt ist es aus heutiger Sicht schon fast drollig, mit welch schlechtem Equipment und mit welch reduziertem Bühnenbild die Fab Four damals ihre Mega-Shows hinlegten. Oscar-Preisträger Howard geht in dieser knapp 100minütigen Doku nicht streng chronologisch vor, sondern springt fröhlich zwischen Quarrymen- und Beatles-Jahren hin und her. Zu Wort kommen dabei die Pilzköpfe oft selbst, teils durch aktuellere Interviews (mit Starr und McCartney), teils durch Archivaufnahmen (von Lennon und Harrison). Dazu kommen jede Menge interessante Zeitzeugen zu Wort, etwa der Journalist Larry Kane, der die Beatles auf einer US-Tour begleitete, oder die Schauspielerinnen Whoopi Goldberg und Sigourney Weaver, die das große Glück hatten, die Beatles mal live zu erleben. Auch Elvis Costello gibt hier einen talking head. Überraschend ist die gute Bildqualität. Einige Mitschnitte wurden schwer nachbearbeitet, zum Teil sogar nachträglich koloriert. Das wird dem einen oder anderen Puristen nicht gefallen, macht das Anschauen der Doku aber doch um einiges angenehmer. Lobenswert ist auch das dicke, hochwertige Booklet, das neben Informationen zum Film jede Menge tolle Fotos umfasst. Da hat sich jemand echt Mühe gegeben. Wer mag, kann zur Special Edition greifen: Die kommt mit mehr als 100 Minuten Featurettes daher, darunter fünf LivePerformances in voller Länge.


Viel Tamtam gab es um die Wiederveröffentlichung der Hollywood-BowlKonzerte der Beatles auf einem neuen Album: „The Beatles: Live At The Hollywood Bowl“, das parallel zum neuen Dokumentarfilm des Regisseurs Ron Howard erschien. Darauf zu hören: neu abgemischte und gemasterte Aufnahmen der drei Hollywood-Bowl-Gigs aus den Jahren 1964 und 1965 und vier bisher unveröffentlichte Songs. Das einzig echte LiveAlbum im Beatles-Katalog war lange Zeit vergriffen und ging in der CD-Ära verloren. bf. Viel hätte nicht gefehlt, und wir würden dieses Machwerk heute gar nicht in unseren Händen halten. Die Konzerte aufzuzeichnen, sei alles andere als einfach gewesen, hatte Produzent Sir George Martin seinerzeit in den Linernotes des 1977er Albums „The Beatles At The Hollywood Bowl“ verraten: „Das Chaos, ich könnte es fast schon Panik nennen, das bei diesen Konzerten herrschte, war unglaublich. Man musste schon dabei gewesen sein. Es waren nur Dreispuraufnahmen möglich. Die Beatles hatten keine Monitore, so dass sie nicht hören konnten, was sie sangen, und das ewig anhaltende Geschrei aus 17.000 jungen, gesunden Kehlen hätte selbst einen Düsenjet übertönt.“ Auch ein Grund, weshalb die Beatles sich vom Touren ein Jahr später endgültig lossagten. Die Fab Four hatten schon so ihre Mühe, gegen den Lärm anzuspielen. Trotzdem hat das auf diesem Ton-Dokument der Musikgeschichte natürlich seinen Charme und Reiz, bringt es doch die Beatles-Euphorie jener Tage wunderbar auf den Punkt. Und die Beatles hatten ja trotzdem Spaß an diesen Abenden, sie versetzen sich selbst und den Hörer in einen echten Adrenalin-Rausch. Auch wenn die Setlist so nie gespielt wurde, kommt doch ein richtiges KonzertFeeling rüber. Die Band klingt gleichzeitig roh und leicht, explosiv, ja, mitreissend. Auf „She's a Woman“, „Dizzy Miss Lizzy“ und „Twist and Shout“ beweisen die Jungs aus Liverpool, dass sie ebenso hart rocken können wie die ewigen Rivalen, die Stones. Ihr Cover von „Roll Over Beethoven“ ist fast schon Proto-Punk. Überhaupt ist es unfassbar, wie John, Paul, Ringo und George in der Lage sind, auf einem solch hohen Level (harmonisch) zu performen – ohne die eingangs erwähnten Monitore. Die beiden Grammy-Gewinner, Produzent Giles Martin und Toningenieur Sam Okell, hatten augenscheinlich alle Hände voll zu tun, um die nun vorliegenden Aufnahmen in den Abbey Road Studios in dieser überraschend hervorragenden Qualität präsentieren zu können. Die Mühe hat sich auf jeden Fall gelohnt. Lesenswert übrigens: Das Album enthält ein 24-seitiges Booklet mit einem Essay des renommierten Musikjournalisten David Fricke.


ReReleases, Best Of, Tributes

Eis gelegt wurde. Das ist zwar nicht unüblich bei Metal- und Rock-Bands, die eine charismatische, bezaubernde Frau hinter dem Mikrofon haben. Within Temptation, Nightwish, Epica oder auch Arch Enemy leben bis zu einem gewissen Grad vom femininen Faktor, der eben eine Extraportion Gefühl und Einzigartigkeit in die Rechnung einbringt. Mehr noch als bei all jenen Bands war es aber die Ausstrahlung einer Anneke van Giersbergen, die die Menschen begeisterte. Nur so ist zu erklären, wie es der Band gelang, nach Death und Gothic Metal irgendwann Rock und dann so etwas wie Trip-Hop zu spielen und immer noch von denselben Menschen geliebt zu werden.

Vor langer Zeit, es muss 1997 gewesen sein, sorgte das Titelmotiv eines deutschen Musikmagazins für einen Eklat. Darauf zu sehen war eine hübsche junge Dame, den Blick lasziv auf den Hörer gerichtet, zwei Finger um eine Zigarette geschlossen. Eine angezündete! Was sollen die Kinder denken? Und überhaupt: Darf die das? Die Antwort ist 20 Jahre später eine einfache: Natürlich durfte sie. Die Dame auf dem Cover war nämlich nicht irgendwer. Sie war Anneke van Giersbergen, die mit ihrer Band The Gathering und dem Album „Nighttime Birds“ gerade die Musikwelt im Allgemeinen und die Metal-Welt im Speziellen ordentlich umgekrempelt hatten. Anneke, damals kaum volljährig, wurde über Nacht endgültig zu einer Galionsfigur für ein ganzes Genre, das sich schon in den Jahren zuvor mehr und mehr ins Rampenlicht vorgetastet hatte. Erst Theatre of Tragedy und The 3rd And The Mortal, beide aus Norwegen, dann The Gathering aus den Niederlanden, die sich erstaunlich schnell von einer ruppigen Death-Metal-Kombo zu einer ätherischen, stimmungsvollen, melancholischen Metal-Band gemausert hatten. Zu verdanken war dies in großen Teilen Sängerin Anneke, deren einzigartig warme, gefühlvolle und charakterstarke Stimme schon 1995 auf dem Album „Mandylion“ für mehr als ein erstes Aufhorchen gesorgt hatte. Jetzt also „Nighttime Birds“, jetzt also der große Moment, in dem aus einer kleinen holländischen Band eine unsterbliche Legende wird. Anneke van Giersbergen ist schon seit vielen Jahren nicht mehr Teil von The Gathering, verdingt sich solo und in verschiedenen Projekten; live spielt sie hingegen immer noch mit Hingabe den einen oder anderen alten Song. Sehr zur Freude ihrer Anhänger natürlich, die ihrer alten Band gewiss nicht böse, aber zweifellos seit ihrem Weggang nicht mehr mit derselben Euphorie und Hingabe bei jedem neuen Schritt dabei waren, bis sie vor einiger Zeit auf unbestimmte Zeit auf

MAGNUM The Valley Of Tears - The Ballads SPV / Steamhammer

mv. Nach der starken aber noch keinesfalls alten „Sacred Blood Divine Lies“ Platte folgt nun als Intermezzo bis zum nächsten regulären Studioalbum eine Balladen-Best Of von England’s finest Melodic Rockern.

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Bis zu ihrem Ende 2013 stand die Band für eine ganz eigene Soundwelt. Eine Welt, die ohne Scheuklappen, dafür mit jeder Menge Einflüsse auskam und auch mit der seit 2009 für die Niederländer singenden Silje Wergeland noch für spannende Hörerlebnisse sorgte. Das Doppelalbum „Blueprints“ tanzt allein schon deswegen gehörig aus der Reihe, erlaubt den Fans eine innig gewünschte Zeitreise zurück in die Zeit, als Anneke noch ein Teil von The Gathering war. Es ist kein neues Studioalbum mit einer zur Band zurückgekehrten Ikone. Es ist aber trotzdem eine Schatztruhe für all jene, denen die sechs Platten mit Anneke van Giersbergen einfach nicht genug sind. Versammelt sind hier unveröffentlichte Stücke der „Souvenirs“- und „Home“-Sessions, Demos, Experimente und Soundscapes, nicht durchgehend, aber überwiegend von hoher Qualität, dass man sich fragt, weshalb sie es nicht auf die jeweiligen Endprodukte geschafft haben. Es hat dann auch etwas besonders Erhebendes, berührend Nostalgisches, diesen Stücken das erste Mal zu lauschen. Klischeehaft formuliert, dennoch wahr: Es ist wie das Wiedersehen mit einem alten Freund, wie das Hervorholen eines vergessen geglaubten Fotoalbums. Sofort ist sie wieder da, diese ganz besondere Grundstimmung, sofort schaltet sich das Kopfkino an, führt zurück in die Vergangenheit. Entstanden zwischen 2001 und 2005 ist dieses Werk eine verspätete, aber überaus willkommene Möglichkeit, gebührend Abschied von dieser TheGathering-Inkarnation zu nehmen. Das muss, nein, das soll vor allem nicht bedeuten, dass diese Band nach Annekes Ausstieg ihre Relevanz verloren hat. Seit The Gathering auf Eis liegen, seit sich Anneke solo und einige andere Mitglieder unter dem Namen Habitants weiterhin verwirklichen, ist „Blueprints“ aber so etwas wie ein warmer Mantel im Winter, wie ein kühles Getränk in der Hitze: Eine Wohltat, der man nur zu gern seine Zeit schenkt. Und insgeheim träumt von diesem rauchenden Mädchen auf dem Cover...

Denn dass die Briten nicht nur rocken können sondern auch unzählige sehr gefühlvolle Songs geschrieben haben, steht ausser Frage. Und MagnumMastermind Tony Clarkin gelingt dabei meist das grosse Kunststück, dass seine Balladen nicht im Kitsch versinken sondern den Hörer mit grossen Melodien und viel Tiefgang berühren. Nach 40 Jahren Magnum haben sich da eigentlich genügend starke Balladen für mindestens eine Doppel-CD angehäuft. Somit ist es fast etwas schade, dass hier nur eine CD mit 10 Songs gemacht wurde. Gut möglich, dass es dafür in ein paar Jahren

eine Ballads Volume 2 geben wird. Axel Rudi Pell hat das Konzept ja erfolgreich vorgemacht. Magnum haben für diese CD ihre Balladen auch soundtechnisch überarbeitet und einige sogar neu aufgenommen, was dieses Album auch für die Die Hard-Fans interessant macht, welche bereits alle regulären Alben im Schrank stehen haben. So laden euch Juwelen wie „Back In Your Arms“, „Dream About You“, „Broken Wheel“, „Putting Things In Place“, „Valley Of Tears“ oder die Gänsehaut-Liveversion von „When The World Comes Down“ zum Geniessen und Träumen ein. Sehr empfehlenswert.


ReReleases, Best Of, Tributes

hh. Die BBC-Sessions sind legendär. Mittlerweile gibt es von vielen bekannteren 60er/70er-Jahre Acts, von den viele im Nachhinein zu Superstars aufstiegen, diese Mitschnitte von Konzerten auf Tonträgern zu erwerben. Legendär sind diese Live-Dokumente schon allein deshalb, weil sie im Gegensatz zu vielen der damals veröffentlichten Live-Alben hervorragende Tonqualität haben und hier nichts nachträglich im Studio „beschönigt“ bzw. an der musikalischen Performance der Künstler nachgebessert wurde. Bei den BBC Sessions dabei zu sein, bedeutete damals für die Musiker so etwas wie ein Ritterschlag. Bei den Fans stehen diese Veröffentlichungen in sehr hohem Kurs, finden sich doch hier viele Raritäten und Songs, die in dieser Form auf den regulären Alben der Künstler nie zu finden waren. Als Queen auf Einladung des legendären britischen Radio-DJs John Peele zu ihrer ersten BBC-Session im Februar 73 eingeladen wurden, war die Band noch ziemlich unbekannt, die Veröffentlichung ihres ersten Albums stand erst noch bevor. Es ist beeindruckend zu hören, mit welcher Power und Energie Freddy Mercury und seine Kollegen die Songs durch den Äther jagten. Ein paar Monate später, im Juli 73 standen sie schon wieder vor den BBC Mikros, das Debütalbum war immer noch nicht veröffentlicht worden (erschien im September 73). Und schon im Dezember des gleichen Jahres legten Queen die nächste Session hin, gefolgt von Session 4 vom April 74, Sessions 5 vom Oktober 74 und, nach längerem Unterbruch, von Session 6 vom Oktober 77. Damit sind hier alles BBC Radio Sessions verewigt, die Queen im Laufe ihrer Karriere jemals gemacht haben. Aber das soll nicht heissen, dass diese Mitschnitte nur für beinharte Queen-Fans/Sammler einen Wert haben. Im Gegenteil, die hier versammelten Songs und Aufnahmen sind wahre Zuckerstückchen, zum einen weil sie hervorragend klingen und zum anderen, weil es hier noch

QUEEN On Air – The Complete BBC Radio Sessions Virgin/Universal

so einiges zu entdecken gibt, das qualitativ absolut nichts mit musikalischer Leichenfledderei zu tun hat und eine hungrige Band in den Anfangstagen zeigt, der man schon damals ihre enorme Klasse anhören konnte. « On Air – The Complete BBC Radio Sessions » ist in verschiedenen Formaten erhältlich: als CD-Doppelalbum, im dreifaltigen Digipak mit 16seitigem Booklet samt rarer Fotos und den genauen Angaben zu jeder der insgesamt sechs Sessions als 3-LP-Vinyl-Version, bei der jede Session auf einer LP-Seite untergebracht wurde und natürlich ebenfalls mit allen relevanten Infos zu den einzelnen Sessions als Deluxe-Edition, bestehend aus alles Sessions und zusätzlichen Live-Aufnahmen „QUEEN live on Air“ (Golders Green Hippodrome, London, 13. September 1973 / Estadio do Morumbi, Sao Paulo, 20. März 1981 / Maimarktgelände, Mannheim, 21. Juni 1986) sowie 17 Interviews mit einer Gesamtlaufzeit von 220 Minuten, verteilt auf sechs CDs samt einem 36seitigen Booklet!

THE WHO My Generation – Super Deluxe Edition (5 CDs) Brunswick/Universal hh. Über 50 Jahre nach Veröffentlichung der ersten Who-LP „My Generation“ kommt jetzt eine fette Super Deluxe Ausgabe dieser bahnbrechenden Platte heraus. Auch wenn die Mod-Band erst später ihre gefeierten und Rockgeschichte geschriebenen Alben wie „Tommy“, „Live At Leeds“ oder „Who's Next“ herausbringen würden, steht das Debüt „My Generation“ hinsichtlich ungehobelter Rauheit und maximaler Energie an der Spitze der gesamten Who-Discografie. Allen voran die namensgebende Single „My Generation“, die auf alle Zeiten zu den wichtigsten Songs der gesamten Rockgeschichte zählt. Mit den wilden und ungezügelten Darbietungen, in erster Linie live aber auch auf dieser LP, zählten die Who zu den härtesten Bands der frühen 60er und wurden bis weit in die 70er hinein zum leuchtenden Vorbild für unzählige Hardrock- und Metalbands. Ihre rebellische Attitüde sorgte auch dafür, dass The Who praktisch die einzige aller sogenannten Supergruppen war, die von den Punks voll und ganz akzeptiert wurde. Es gab bereits diverse ReRelease dieses Albums mit um Bonustracks erweiterte zusätzliche Songs, die teilweise auch hier wieder zu finden sind. Jedoch in dieser Gesamtheit in einem Paket bekommt der Fan eine derartige Auswahl über die frühen Grosstaten des Quartetts zum ersten Mal. Neben dem Original-Album als Mono-Mix und als Stereo-Remix sind StudioOuttakes, Single B-Seiten und Raritäten sowohl in Mono- wie auch in Stereo-Mixes enthalten, sowie eine Anzahl von Pete Townshend's Demoaufnahmen, die allerdings in erster Linie beinharte Who-Fans begeistern dürften. Unter den insgesamt 79 Songs, die hier auf 5 CDs gebrannt wurden, befinden sich über 30 in dieser Version bislang unveröffentlichte Titel, sowie einige Songs, die überhaupt noch nie zu hören waren und hier ihr Debüt erleben.

Komplettiert wird dieses Edition durch ein 80-seitiges Buch mit vielen raren und bislang unveröffentlichten Fotos und verschiedene Memorabilien wie Konzertflyer, Poster, Businesskarte und sogar ein Ticket für die damalige englische TV-Show „Ready Steady Go!“. Auch wenn die Super Deluxe Edition nicht gerade billig ist, bekommt der Fan doch einen echten und reellen Gegenwert für seine Investition.

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ReReleases, Best Of, Tributes TERRY DOLAN Same High Moon Records

DETECTIVE It Takes One To Know One

Live From The Atlantic Studios

Cherry Red Records

Cherry Red Records

rp. Jimmy Page, der Gitarrist von Led Zeppelin mochte Detective. Deshalb nahm er die Band um Sänger Michael Des Barres (Silverhead, Solo, Chequered Past, Power Station) Mitte der 1970er Jahre auf das Band eigene Label «Swan Song». Interessanterweise war Silverhead, Michael Des Barres vorhergehende Band, ebenfalls aus Sympathie auf dem Deep Puple Label «Purple Records» gelandet. Zum Namenswechsel kamen bei Detective auch personelle (hinzu kamen neben anderen Michael Monarch von Steppenwolf und Tony Kaye von Badger und später Yes) wie auch stilistische Wechsel dazu. Für technische Virtuosität war also gesorgt. Nach ihrem selbstbetitelten Debüt (1977) ging es nicht lange bis Detective ein zweites Werk nachschoben. «It Takes One To Know One» erschien auf Druck der Plattenfirma noch im gleichen Jahr und machte dort weiter, wo das Debüt aufgehört hatte: Klassischer Hardrock, dessen Bezüge zu Led Zeppelin aber nicht mehr ganz so offensichtlich waren. Der rockige Auftakt «Help Me Up» und auch «Dynamite» überraschten mit einer Orgel, «Something Beautiful» war eine emotionsgeladene Ballade und der verspielte Abschluss «Tear Jerker» kam mit einem Schuss Soul daher. In anderen Songs war Led Zeppelin omnipräsent. Der Drumsound, der Gitarrensound und auch die Riffs waren sehr an der Band von Robert Plant angelehnt. Was sich in Songs wie «Competition», «Dynamite» oder «Fever» nicht zum Nachteil von Detective auswirkte. Michael Des Barres und Gitarristen Michael Monarch waren kompetente Songschreiber. «It Takes One to Know One» platzierte sich etwas besser in den Charts (US Platz 103) als ihr Debüt. Ein drittes Album auf einem neuen Label wurde in Angriff genommen, aber wegen unterschiedlichen Vorstellungen nie umgesetzt. 1979 war Schluss mit Detective.

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rp. 1975, ein Jahr nach dem Ende seiner zweiten Band Silverhead rief Michael Des Barres die ebenso kurzlebigen Detective ins Leben. In den zwei Jahren ihres Bestehens veröffentlichte das Quintett zwei Alben auf dem Led Zeppelin Label Swan Song. Gerade der RhythmusSektion merkt man die Nähe zu Led Zeppelin an. Detective spielen vergleichbar klassischen Hardrock, der zuweilen die Klasse von Led Zeppelin erreicht. «Live From The Atlantic Studios» wurde 1978 als Promo LP bloss fürs Radio veröffentlicht. Die neun Songs stammen von ihren beiden LPs «Same» (1977) und «It Takes One to Know One» (1977), ergänzt mit einer Coverversion von Elvis «Good Rockin Tonight». Energetisch präsentierte Songs wie «Help Me Up», «One More Heartache», «Detective Man» und «Fever» zeigen, was in der Band steckte. Leider blieb der Erfolg aus und Michael Des Barres zog weiter (Solo, Chequered Past, Power Station).

rp. Mitte der 1960er Jahre zog Terry Dolan (verstarb 2012) von Amerikas Ostküste (Weston, Connecticut) nach San Francisco. Der damals 21-jährige Gitarrist und Sänger hoffte dort, auf einen fruchtbareren Boden für seine Folksongs zu treffen. Schon bald spielte Dolan in Clubs und Kaffeehäusern in und um San Francisco. Vom Publikum bekam er immer wieder zu hören, dass er für einen Folksänger ziemlich hart Gitarre spiele. Vielleicht wandte er sich deswegen immer mehr der Rockmusik zu? Mit Hilfe von Nicky Hopkins (The Rolling Stones) nahm Dolan 1970 seine ersten zwei Demos auf. «Angie» war eine Liebeserklärung an seine Frau, die übrigens auf dem CD-Cover zu sehen ist und «Inlaws And Outlaws» eine beseelte autobiografische Westcoast-RockNummer. Letztere wurde bald einmal zu einem Airplay-Hit bei den lokalen Radiostationen. Plattenfirmen fingen an, sich für Terry Dolan zu interessieren. Schliesslich wurde er von Warner Brothers unter Vertrag genommen. Mit einer Horde von erstklassigen Musikern (neben Nicky Hopkins spielten Pete Sears (Rod Stewart), John Cipollina (Quicksilver Messenger Service), Greg Douglass & Lonnie Turner (Steve Miller Band), Neal Schon (Santana, Journey), The Pointer Sisters, Prairie Prince (The Tubes) und Spencer Dryden (Jefferson Airplane)) wurde sein Debüt 1972 eingespielt. Die Katalognummer war festgelegt und selbst die Linernotes waren fertig. Warner Brothers wollte das Werk, obwohl Journalisten dem Album Erfolg prognostizierten, dann aus unerfindlichen Gründen doch nicht veröffentlichen. Und Dolan wurde aus seinem Vertrag entlassen. Einige der Songs (z.B. «Rainbow», «Inlaws And Outlaws») landeten später auf den Alben seiner Band Terry And The Pirates. Natürlich erging es nicht nur Terry Dolan so. In der Musikgeschichte gab und gibt es immer wieder solche Fälle. Die beseelte Mischung aus Westcoast, Folk, Blues, Soul und Rock und Songs wie «See What Your Love Can Do», «Angie», «Inlaws And Outlaws» und die feine Ballade «Purple An Blonde...?» hätten aber sich mehr Aufmerksamkeit und Erfolg verdient gehabt.


LIVE REVIEWS

DREAM THEATER 3.2.2017 Zürich, Samsung Hall

JENNIFER ROSTOCK, ROGERS Foto: Ian Keates

lg. Nachdem auf der letztjährigen Tour von Dream Theater aus New York das gesamte und sehr umstrittene letzte Werk "The Astonishing" komplett aufgeführt worden ist, standen nun einige Sternstunden aus der Bandvergangenheit im Rahmen der "Images, Word And Beyond 25th Anniversary"Tour im Vordergrund. Im Hinblick auf den zu erwartenden Zuschaueraufmarsch wurde die brandneue und 5000 Zuschauer fassende Samsung Hall am Stadtrand von Zürich gebucht, doch die Halle war maximal zu zwei Dritteln gefüllt, was wohl am hohen Eintrittspreis, der etwas optimistischen Kalkulation und der Konkurrenz durch andere Konzerte gelegen haben dürfte. Nichtdestotrotz legte Dream Theater mit dem harten und sperrigen "The Dark Eternal Knight" soundmässig noch nicht ganz optimal los. Dies änderte sich recht schnell, denn schon bei den folgenden "The Bigger Picture" und dem Klassiker "Hell's Kitchen" vom 97er-Album "Falling Into Infinity" waren alle Instrumente glasklar zu hören und voneinander sauber zu unterscheiden. Im ersten Teil des Konzerts spielten Dream Theater auch zwei Stücke von der aktuellen Scheibe ("The Gift Of Music", "Our New World") bevor es mit einem Cover (verbunden mit einem fulminanten Solo von Bassist John Myung) weiterging. Zum Abschluss des ersten Sets kamen noch der Klassiker "As I Am" (angereichert mit Teilen von Metallicas "Enter Sandman") sowie das grossartige und sehr gefühlvolle "Breaking All Illusions" zum Zug. Schwachpunkt des ersten, rund einstündigen Sets war der Gesang von James LaBrie, der im Vergleich der über alle Zweifel erhabenen Instrumentalisten insbesondere in den sehr hohen Passagen etwas abfiel. Nach einer rund zwanzigminütigen Pause ging es dann mit der Darbietung des 1992 erschienen Klassikeralbums "Images And Words" in voller Länge weiter. Die Stimmung im Publikum war nun deutlich besser, so dass bei "Pull Me Under" der Gesang von James LaBrie (der im Verlauf des Konzert immer besser auf Touren kam) kaum zu hören war. Auch die sanfteren Songs wie "Another Day" oder "Surrounded" kamen hervorragend rüber. Als absolute Highlights des Sets können "Metropolis", angereichert mit einem grossartigen Schlagzeugsolo von Mike Mangini, sowie das superheavy dargebotene "Learning To Live" mit dem Intro "Wait For Sleep" (inklusive Solo von Keyboarder und Aktivposten der Band Jordan Rudess) bezeichnet werden. Auch die beiden weiteren Songs des Albums – "Take The Time" und "Under A Glass Moon" – machen Spass, sind allerdings die beiden schwächsten Songs auf "Images And Words", einem Klassiker, der wirklich sehr gut zu hören ist, warm statt steril wirkt, Härte mit Melodie perfekt kombiniert und immer nachvollziehbar bleibt (im Vergleich zu späteren Werken von Dream Theater, wo einfach zu viel Gefrickel drauf ist). Diese Konzertstunde mit der Performance des gesamten Albums "Images And Words" gehört mithin zum Besten, was Dream Theater je auf die Bühnen dieser Welt gezaubert haben. Als Zugabe werfen Dream Theater das gut 23-minütige und aus sieben Teilen bestehende "A Change Of Season" aus dem Jahre 1995 in die Zuschauer, das mit vielen Breaks und Wechseln versehen ist, beim Publikum allerdings ebenfalls sehr gut ankommt. Nach knapp drei Stunden Nettospielzeit endet dieses wunderbare Konzert in einer grossartigen Halle.

28.1.2017 Pratteln, Z7

Foto+Text: Daniel Strub

Mehr als 1100 Konzertfans feierten eine Rock-Party. Spielte der Headliner noch am 15. September 2016 im restlos ausverkauften Zürcher Exil, war es jetzt das Z7! Bevor die Band aus Usedom, beheimatet in Berlin, auf die Bühne kam, wurden den Besuchern durch die Vorband eingeheizt. Um 20:15 Uhr starteten Rogers aus Düsseldorf Ihr Set. Die vier Punk Rocker Chri (Vox), Artur (Bass), Dom (Drums) und Nico (Gitarre) sorgten für viel Bewegung auf der Bühne, die sich mitunter ins Publikum verlagerte. Neben eigenen Liedern und Lautstärketests (über 105 Dezibel alleine durchs Publikum) sorgte der Gassenhauer Kreuzberger Nächte (Original: Gebrüder Blattschuss) kurz vor Ende Ihrer rund 45 minütigen Show für viel Applaus. Von der Band wird man in Zukunft noch mehr hören! Nach einer Umbauphase von einer halben Stunde kamen Johannes „Joe“ Walter (Keys), Elmar Weyland (Vertrat Alex Voigt an der Gitarre), Bassist Christoph Deckert und Christopher „Baku“ Kohl der Band Jennifer Rostock auf die Bühne und legten los. Doch wo war die Hauptakteurin?!? Zuerst nur als Schatten im Bühnenhintergrund tanzte sich Jennifer Weist bei Baukräne Richtung Bühnenrand und begrüsste das enthusiastische Publikum. Insbesondere die ersten Reihen, fast ausschliesslich mit Teenies besetzt, kreischte bereits los. Mit K.B.A.G. und einem Konfettiregen aus zwei Kanonen war die Konzert-Party lanciert. Es war von der ersten bis zur letzten Minute immer was los. Mal eckte die Sängerin mit Sprüchen provokant an, bewegt Ihren Fransenrock

im Takt der Musik oder zeigte sich in sexy Pose in Ihrer Lederjacke an der Bühne. Jedoch nie zu heftig, obwohl dies ein paar Besucher sehen wollten. Wie ein roter Faden zog sich der PassionsfruchtSchnaps („zicke zacke zicke zacke“) durch den Abend. Immer mal wieder wurde Ihr das Getränk auf die Bühne serviert, was die Shouterin mal Schweppes-Gesicht-mässig, schelmisch grinsend bis rotzend quittierte. Ok, das letztgenannte musste ja nicht sein. Es gab tatsächlich einen Typen in der ersten Reihe, der Ihren „verrotzten“ Drink entgegen nahm und genüsslich runter kippte – naja, wenn es gefällt. Die Sängerin steht jedenfalls mehr auf Jägermeister, wie Sie übers Mikro kundtat. Neben dem Mix aus Elektro, Hip Hop, Punk und Rock mit Screams und Clear-Vox überraschte die Band mit einer Unplugged-Session inmitten des Publikums. Genauer gesagt „schlichen“ sich die Wahl-Berliner bei einem Instrumental mit Hilfe Ihrer Crew durchs Publikum und kamen im Scheinwerferlicht beim Mischpult hervor – tolle Sache!! Wie Sie danach so rasch auf die Bühne zurück kamen ist mir ein Rätsel. Im Kontrast zum rockigen Lied Feuer sorgte kurz darauf Deiche mit tollem Text und schwingenden Feuerzeuge im Publikum für Gänsehautstimmung. Überhaupt lohnt es sich genauer hin zu hören. Die Band hat einiges zu vermitteln und die Statements gegen rechte Gesinnung und Gleichberechtigung kamen an. Die Themen werden zwar provokant vorgetragen, Song Hengstin vom aktuellen Album von total fünf Studiowerken und Tour-Motto „Genau in diesem Ton - Tour 2017“, aber sie finden Gehör und werden diskutiert. So verwunderte es mich nicht als Jennifer Weist zum Spendenaufruf von 1.- CHF am Merch-Stand für flüchtende Menschen aufrief. Dazu passte wie die Faust aufs Auge das Lied Wir sind alle nicht von hier. Nach 105 Minuten war die Party vorbei und die teils durchgeschwitzten Fans wurden in die kalte Nacht entlassen.

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KONZERTKALENDER ADRIAN STERN

13.5. Basel, Grand Casino Metro

JOHN K. SAMSON&WINTER WHEAT

8.4. Luzern, Schüür

19.5. Luzern, Schüür

14.5. Luzern, Schüür

AEROSMITH

27.5. Lyss, KuFa

KLISCHEE

5.7. Zürich, Hallenstadion

DEEP PURPLE

11.3. Zug, Galvanik

ALVARO SOLER

20.5. Genf, Arena

KNÖPPEL

7.3. Solothurn, Kofmehl

24.6. Hinwil, Rock The Ring

10.3. Zug, Galvanik

AMON AMARTH

DEFTONES

KORN, HEAVEN SHALL BURN,

27.3. Pratteln, Z7

20.4. Zürich, Halle 622

HELL YEAH

AMY MACDONALD

DELIQUENT HABITS

11.3. Züric h, Samsung Hall

17.3. Zürich, Samsung Hall

8.4. Zug, Galvanik

KRIS KRISTOFFERSON

ANTHRAX

DEMENTED ARE GO

28.6. Zürich, Kongresshaus

15.3. Zürich, Komplex 457

16.3. Bern, ISC

KROKUS, GOTTHARD, SHAKRA

AUTONOMICS

EDOARDO BENNATO

3.3. Bern, Bernexpo Halle

30.3. Luzern, Schüür

14.3. Zürich, Kaufleuten

4.3. Zürich, Samsung Halle

BARCLAY JAMES HARVEST

ED SHEERAN

12.3. Lausanne, Metropole

23.4. Solothurn, Kofmehl

19.3. Zürich, Hallenstadion

LO & LEDUC

BETONTOD

EKAT BORG

28.4. Solothurn, Kofmehl

25.3. Zürich, Volkshaus

14.4. Zug, Galvanik

29.4. Luzern, Schüür

BLISS

GEILER AS DU

LUKAS GRAHAM

1.4. Solothurn, Kofmehl

11.3. Luzern, Schüür

7.4. Zürich, Samsung Hall

BONOBO

GIANNA NANNINI

MACY GRAY

12.3. Zürich, Volkshaus

27.3. Zürich, Kongresshaus

15.3. Zürich, Kaufleuten

BURY TOMORROW

28.3. Luzern, KKL

MADBALL

11.4. Zürich, Dynamo

GOJIRA

28.4. Lyss, KUFA

CANDY DULFER

27.3. Zürich, Xtra

MANTAR

30.3. Solothurn, Kofmehl

HATEBREED

1.5. Bern, ISC

CHILDREN OF BODOM

17.4. Solothurn, Kofmehl

MARIZA

20.3. Zürich, Komplex 457

HECHT

11.4. Luzern, KKL

CUBAN BEATS ALL STARS

11.3. Solothurn, Kofmehl

MAVIS STAPLES

7.4. Zug, Galvanik

HUNDREDS

14.7. Zürich, Kaufleuten

CYANIDE PILLS

12.3. Luzern, Schüür

MELKER

12.3. Solothurn, Kofmehl

IMPERICON FESTIVAL 2017:

10.3. Bern, ISC

DANKO JONES

CALIBAN, ANTI-FLAG, CARNIFEX,

MIGHTY OAKS

BETONTOD

28.3. Winterthur, Salzhaus

THY ART IST MURDER, IGNITE u.a.

20.4. Zürich, Kaufleuten

25.3. Zürich, Volkshaus

29.3. Solothurn, Kofmehl

21.4. Zürich, X-Tra

MONSTER TRUCK

DARK FUNERAL

INA MÜLLER

5.4. Luzern, Schüür

14.4. Solothurn, Kofmehl

24.3. Zürich, Hallenstadion Club

MOPED LADS

DARK TRANQUILITY

IN FLAMES

3.3. Luzern, Schüür

20.4. Luzern, Schüür

31.3. Zürich, Theater 11

NEAL MORSE BAND

DAVE HAUSE & THE MERMAID

INNER CIRCLE

24.3. Pratteln, Z7

8.3. Zürich, Dynamo

11.3. Lyss, KUFA

NEW MODEL ARMY

DEATH BY CHOCOLATE

IRA MAY

8.3. Pratteln, Z7

17.3. Bern, Reitschule

22.4. Zug, Galvanik

PARKWAY DRIVE

24.3. Aarau, KIFF

JEANS FOR JESUS

3.4. Zürich, Samsung Hall

1.4. Zug, Galvanik

13.5. Luzern, Schüür

PHIL RUDD BAND

8.4. Solothurn, Kofmehl

JOE BONAMASSA

2.5. Zürich, Kaufleuten

14.4. Seewen, Gaswerk

30.4. Zürich, Hallenstadion

PIPPO POLINA

15.4. Zürich, Dynamo

JOHN GARCIA

16.3. Schaffhausen, Kammgarn

28.4. Bern, Kühltür

14.3. Bern, ISC

17.3. Bern, Kultur-Casino

präsentiert

BLACKBERRY SMOKE 10.3. Zürich, Dynamo

YOU ME AT SIX 15.3. Zürich, Dynamo

PHIL RUDD BAND 2.5. Zürich, Kaufleuten

12.5. Rohrschach, Treppenhaus

18.3. St.Gallen, Tonhalle


KONZERTKALENDER 5.5. Basel, Volkshaus

5.5. Luzern, Schüür

8.5. Winterthur, Theater

6.5. Zug, Galvanik

9.5. Luzern, KKL

12.5. Herisau, Casino

RAG'N'BONE MAN

19.5. Aarau, KIFF

29.3. Zürich, Halle 622

20.5. Glarus, Holästei

RANTANPLAN

26.5. Lyss, Kufa

24.3. Zug, Galvanik

27.5. Burgdorf, Kasino

RETO BURRELL

29.7. Brig, Stockalperschloss

10.3. Stans, Senkel

TARJA TURUNEN

18.3. Altnau, S-Ka

18.3. Solothurn, Kofmehl

23.3. Zürich, Bogen F

TEN YEARS AFTER

25.3. Baden, Nachtbrise

29.4. Solothurn, Kofmehl

31.3. Bern, Jetläg

THE BEACH BOYS

7.4. Mühlethurnen, Alti Moschti

14.6. Zürich, Kongresshaus

27.4. Kloten, Bücheler Hus

THE DELTA SAINTS

4.5. Luzern, Schüür

17.3. Lyss, KUFA

12.5. Sursee, Baulüüt

THE HYDDEN

19.5. Lenzburg, Baronessa

18.5. Luzern, Schüür

20.5. Giswil, Garage

TEDESCHI TRUCKS BAND

27.5. Basel, Parterre One

18.3. Zürich, Kongresshaus

28.6. Villnachern, Strandbar

TEMPLES

RITSCHI

21.4. Zürich, Plaza

14.4. Luzern, Schüür

TIGER ARMY

20.4. Solothurn, Kofmehl

14.3. Zürich, Dynamo

21.4. Seewen, Gaswerk

THE BEAUTY OF GEMINA

22.4. Wetzikon, Scala

17.3. Zug, Galvanik

27.4. Hasliberg, Hotel Wetterhorn 18.3. Mels, Altes Kino 28.4. Pratteln, Z7

23.3. Pratteln, Z8

29.4. Rubigen, Mühle

24.3. Solothurn, Kofmehl

ROCK MEETS CLASSIC

THE DELTA SAINTS

18.4. Zürich, Hallenstadion

17.3. Lyss, KUFA

SIMPLE MINDS

THUNDER

19.4. Luzern, KKL

17.4. Pratteln, Z7

SISTER SLEDGE

TIGER ARMY

19.5. Zürich, Kaufleuten

14.3. Zürich, Dynamo

SPENCER DAVIS GROUP

TOKYO HOTEL

30.3. Pratteln, Z7

27.3. Zürich, Volkshaus

STEVE HACKETT

TRIVIUM

27.3. Solothurn, Kofmehl

10.3. Pratteln, Z7

STEVE STEVENS

VOLBEAT

14.4. Zürich, Plaza

30.8. Thun, Stockhorn Arena

STILLER HAS

WALKING ON CARS

16.3. Bern, Bierhübeli

10.3. Luzern, Schüür

18.3. Langnau, Kupferschmiede

WANDA

31.3. Pratteln, Z7

10.3. Bern , Reithalle

7.4. Solothurn, Kofmehl

WINCENT WEISS

15.4. Thun, Mokka

31.3. Luzern, Schüür

16.4. Zürich, Moods

YOU ME AT SIX

28.4. Will SG, Tonhalle

15.3. Zürich, Dynamo

29.4. Winterthur, Salzhaus

ZÜRI WEST 12.5. Lyss, KUFA


Wunschartikel auf eine Postkarte schreiben und einsenden an: TRACKS -Wettbewerb-, Postfach 108, 4323 Wallbach oder eine E-Mail an: Info@tracks-magazin.ch Die Gewinner werden ausgelost

KONZERT-TICKETS: 2 x 2 Tickets für

RAG N BONE MAN « Human»

XIXA

CD

Bitte Wunsch-Ort angeben 30.3. Winterthur, Salzhaus 31.3. Bern, Dachstock 1.4. Basel, Kaserne

PHIL RUDD BAND 2.5. Zürich, Kaufleuten

RETO BURRELL «Side A & B» CD signiert

XIXA «Blood Line» CD

AMY MACDONALD «Under Stars» CD

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