Züchtig – das Huhn in der freien Natur und in der Massentierhaltung

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4 Züchtig Das Huhn in der freien Natur und in der Massentierhaltung

98 Prozent aller Hühner, die in Deutschland gegessen werden, stammen aus der Massentierhaltung. Was genau bedeutet das für das Tier? Wie hat das Huhn früher gelebt? Mit diesem Buch begibst Du Dich auf eine kleine Reise in das Reich der Hühner und erfährst, wie Du die übrigen 2 Prozent ausfindig machen kannst.




Der durchschnittliche Bundesbürger isst 1094 Tiere in seinem Leben Nach Berechnungen des Vegetarierbundes isst der durchschnittliche Bundesbürger im Laufe seines Lebens 1094 Tiere, jährlich wären das rund 1,1 Milliarden gegessene Tiere in Deutschland. Das macht pro Kopf ca. 84kg Fleisch im Jahr, davon entfallen 11,2kg auf Geflügelfleisch.


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Vorwort

von Stefanie Oppenhäuser

Fleisch esse ich für mein Leben gern. Nicht umsonst nennt mich meine vegetarische Freundin „die Salami-Frau“. Fleisch schmeckt meiner Meinung nach lecker, ist gesund und macht satt. Kurzum: Eine Mahlzeit ohne Fleisch ist für mich keine richtige Mahlzeit. Aus Neugier kaufte ich mir das Buch „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer und bereits im vierten Satz erwähnt er, dass 98 Prozent aller Hühner und Schweine, die in Deutschland gegessen werden, aus der Massentierhaltung stammen. Da wurde mir ganz anders. Massentierhaltung. Was genau bedeutet das für das Tier? Gibt es Alternativen? Ich wollte nachforschen, wollte die 2 Prozent finden. Für das Huhn habe ich mich entschieden, weil es eine Sonderstellung in der Geschichte einnimmt: Das Huhn ist das erste Tier, das der Massentierhaltung ausgesetzt wurde. Am Huhn konnten durch den kurzen Generationenwechsel (von der Befruchtung des Eies bis zum Schlupf des Kükens sind es nur 21 Tage) besonders viele Zuchtexperimente durchgeführt werden. Der Durchschnittsdeutsche vertilgt 11,2 kg Hühnchenfleisch im Jahr, das sind ganze 2 kg mehr als noch vor zehn Jahren. Im Supermarkt gibt es viel Auswahl: Vom ganzen Huhn über die Brust, Hühnchenoberund unterschenkel, Hühnchenflügel, Hühnchenrücken und sogar die Innereien. Voll im Trend

liegt die Hühnchenbrust, da sie am fettärmsten und billigsten ist. Sie ist fertig abgepackt in vielen kleinen Stücken, gepresst als Geflügelwurst mit Gesichtern oder in Bärchenform zu haben. Das Fleisch auf unseren Tellern zuhause ist selbstverständlich geworden, es wird nicht mehr mit dem lebenden Tier in der freien Natur in Verbindung gebracht. Durch diese Entfremdung entfernen wir uns immer mehr vom Tier, dem Huhn. Was ist Huhn? Und wie lebt das heutige Huhn, wie hat es früher gelebt? Was hat die Massentierhaltung aus dem Huhn gemacht? Brauchen wir überhaupt Fleisch zum Leben? Worauf kann ich als Verbraucher achten? Warum sind Eier bedruckt? All diesen Fragen bin ich nachgegangen und möchte Dich zuerst durch eine kleine Eierkunde und eine rassige Haushuhnbiologie in die Welt des Huhns führen. Im Anschluss stelle ich die neuen Lebensläufe der Hühner durch Infografiken dar, die verdeutlichen, wie sehr der Verlauf der Massentierhaltung das Huhn verändert hat. Am Ende gebe ich dem Leser 7 Tipps, wie man gesund und hühnchenschonend leben kann.


12 Ach, du dickes Ei!

30 Du verrücktes Huhn!

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Die Entstehung im Infundibulum

Gallus Gallus lebt im Dschungel

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Der Aufbau des Eies

Der Körperbau und das Gabelbein

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Kurioses: 100-jährige Eier

Kurioses: It’s Showtime!

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Das Ei als Kraftpaket

Hühner-Farbtafel

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Kurioses: Redewendungen

Über Perlung und Kämme

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Oologie und Ohrläppchen

Kurioses: Mighty Mike

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68

Kurioses: Das Frühstücksei

Das Huhn in freier Natur

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76

Vom Embryo zum Eizahn

Kurioses: Wishbone

78 Ab in die Federn!


108 Das stinkt ja wie faule Eier!

158 Das Gelbe vom Ei

108

160

Vom „lustigen Missgeschick“

Ran an die Bauern!

bis zur Käfigbatterie

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109

Weniger ist mehr

Power-Mischlinge für die

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Massentierhaltung

Augen auf beim Eierkauf!

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169

Der Lebenslauf der Legehenne

Öfter mal was Neues

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45.000.000 Eintagsküken

Keine Eiprodukte in Deine

130

Einkaufstasche

Futter und Zeit der Beleuchtung

174 Was nichts kostet ist auch nichts 178 Wer nicht fragt, bleibt dumm!

132 Das Huhn ist ’n armes Schwein! 134 Die einzelnen Hühnchenteile 142 Der Lebenslauf des Masthuhns 145 Umweltauswirkungen


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Editorial


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Ach,

du di


ickes

Ei!

Wer war eigentlich zuerst da: das Huhn oder das Ei? Und woraus besteht solch ein Ei genau? Und überhaupt, warum gibt’s verschiedenfarbige Eier? Einiges wird uns wohl für immer verborgen bleiben, doch eins ist klar: Die Vorfahren der Hühner, die Dinosaurierer, legten bereits Eier.


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Eierkunde Entstehung des Eies

1 Die Entstehung des Eies im Infundibulum Die Entstehung eines Hühnereies angefangen bei der Befruchtung im Eileiter bis hin zum fertigen Ei mit Kalkschale

Die Entwicklung des Hühnereies erfolgt wie bei anderen Vögeln auch, doch Hennen sind die einzigen Tiere, die ein unbefruchtetes Ei legen können — ein wahres Wunder der Natur. Die gesamte Entwicklung der Eizelle bis zum fertigen Ei dauert 24 Stunden, wobei 20 Stunden auwf die Schalenbildung entfallen.

Keimscheibe und Bildungsdotter? S. 11 Aufbau des Eies

Tritt der Hahn die Henne etwa? Wofür? S. 72 Verhalten des Huhns

Die in den Eierstöcken der Henne heranreifenden Eier sind zum Zeitpunkt des Schlupfes bereits angelegt, d.h. es werden danach keine weiteren Eizellen mehr gebildet. So kommt jede Henne mit rund 10.000 unreifen Eizellen im linken Eierstock, dem Ovar, zur Welt. Die unreifen Eizellen verweilen die ersten Monate in einem Ruhezustand. Sie bestehen aus der Keimscheibe, dem Bildungsdotter, dem Nährdotter und sind umgeben von einer hauchdünnen Zellschicht, dem Dotterbläschen. Die Dotterkugel zusammen mit dem Dotterbläschen nennt man Follikel. Reifende Follikel-Eier füllen sich mit dem wachsenden Dotter und erreichen so zum Zeitpunkt des Follikelsprungs, der Ovulation, eine Größe von 3,5 cm. Mit Beginn der Geschlechtsreife nach etwa fünf Monaten treten zahlreiche dieser unreifen Eizellen in einen hormonell gesteuerten Reifungsprozess ein. Sie entwickeln sich unter den Einflüssen des follikelstimulierenden Hormons, FSH, und des luteinisierenden Hormons, LH, aus ihrer ursprünglichen Größe mit etwa 40 m Durchmesser durch Dotteranlagerung zu

großen dotterreichen Follikeln. Pro Tag kommt es zu einer Ovulation: Die Follikelhaut einer Dotterkugel platzt bei der Größe von 3,5cm und wird von der trichterförmigen Öffnung des Eileiters aufgefangen. ihre Reise durch den Eileiter, auch Ovidukt genannt, beginnt. Als Ovidukt wird der Abschnitt der weiblichen Geschlechtsorgane bei Hühnern bezeichnet, in dem um die Dotterkugel das fertige Ei gebildet und nach außen transportiert wird. Der Ovidukt ist ein dehnbarer, häutig-muskulöser, in vielen Schlingen gelegter 50 cm langer Schlauch. Nach morphologischen und physiologischen Gesichtspunkten lassen sich an diesem mehrere Abschnitte unterscheiden, die entsprechenden Abschnitten der weiblichen Geschlechtsorgane der Frauen zugeordnet werden. Man kann Parallelen zwischen den Geschlechtsorganen der Frau und der Henne ziehen. Unterschieden werden folgende Abschnitte:

Infundibulum Der Eileitertrichter nimmt die dotterreiche Eizelle nach der Ovulation auf. Hier erfolgt die Befruchtung, falls ein Tretakt mit einem Hahn stattgefunden hat. Die Spermien bleiben bis zu 21 Tage befruchtungsfähig. Im Anschluss werden noch die Hagelschnüre gebildet. Die Wanderung der Eizelle durch den 9 cm kurzen Eileitertrichter dauert in etwa 20 Minuten.


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Der Ovidukt. In der Legeperiode vergrößert sich der Eileiter um das 50-fache Volumen und erreicht eine Länge bis zu 860 mm.

Magnum Im Eileiterhauptteil lagert sich das Eiklar zu 50 Prozent an. Die Eizelle hält sich ganze zwei bis drei Stunden im 32 cm langen Magnum auf.

Isthmus In der Eileiterenge formiert sich das Eiklar zu Ende und die zweischichtige Schalenhaut wächst, zwischen denen sich die Luftkammer später bildet. Die Aufenthaltsdauer des Eies beträgt 1 ¼ Stunden.

Uterus In der Kalkkammer, die auch Eihälter genannt wird, bekommt die Eizelle nun den letzten Schliff und „wirft sich in Schale“. Zottenförmige Drüsen scheiden ein kalkhaltiges Protein aus, Ovocledidin-17, welches das fertige Ei umschließt, später erstarrt und somit die feste Kalkschale bildet. Im 10 cm langen Uterus verweilt das Ei bis zu 20 Stunden.

Vagina Die Scheide gibt ein saures Sekret ab, das nach der Eiablage erstarrt und die Schalenoberhaut, die Kutikula, bildet. Diese verschließt die Poren der Kalkschale und ist für Bakterien unpassierbar, für Wasserdampf und Gase jedoch durchlässig. Durch diese feinen Poren ist der Gas- und Sauerstoffaustausch für das spätere Küken garantiert.

Jetzt ist der letzte Schritt dran: das Ei wird nach außen befördert. Während der Eiablage stülpt sich die flexible Scheide durch die Kloake nach außen. Die Wand der Kloake stülpt sich um und siehe da: Ein frisches Ei liegt feuchtglänzend im Nest.


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Eierkunde Aufbau des Eies

2 Der Kreiselkompass Der Aufbau und die verschiedenen Funktionen eines unbebrüteten Hühnereies

Eierspiegel, 1843. Dank eines Kastens, in dem ein Spiegel und kreisrunde Löcher eingebaut waren konnte man die Qualität der Eier beurteilen

Die gesamte Entwicklung kannst Du hier verfolgen S. 28 Vom Ei zum Küken

Aufbau des Eies 1 Oberhaut 2 Schale mit Poren 3 Schalenmembran 4 Luftkammer 5 Hagelschnüre 6 dickflüssiges Eiklar 7 dünnflüssiges Eiklar 8 Gelber und weißer Dotter 9 Bildungsdotter 10 Keimscheibe mit dem Keimbläschen

Beim Aufbau eines Eies kann man drei Bestandteile deutlich unterscheiden: Es setzt sich aus 58 Prozent Eiklar, 32 Prozent Eidotter und nur 10 Prozent Schale zusammen. Der biologisch wichtigste Bestandteil ist die Keimscheibe mit dem Keimbläschen, die zusammen mit dem Bildungsdotter wie ein Kreiselkompass so ausgerichtet sind, dass sie eine bestimmte, vertikale Lage einnehmen. Sie sind von Dotter umgeben, der sich deutlich in weiße und gelbe Dotterteile unterscheiden lässt. Der Eidotter enthält alle wichtigen Stoffe, die für eine gesunde Entwicklung des Kükens nötig sind. Die Dotterkugel hat einen Durchmesser von 3,5 cm und ist damit die größte bekannte biologische Zelle, denn die Eizelle mit ihrem Dotter besteht nur aus einer einzigen Zelle. Der Dotter ist eingebettet in das Eiklar, im üblichen Sprachgebrauch auch Eiweiß genannt. Im rohen Ei ist das Eiklar durchsichtig und hat verschiedene dick- und dünnflüssige Schichten, von denen die erste dickflüssige Schicht in die Hagelschnüre ausläuft. Die Hagelschnüre bestehen aus einer gallertartigen Masse und ähneln ineinander gedrehten Kordeln, durch die sie den Dotter um ihre eigene Längsachse halten. Als nächstes folgt die Schalenhaut, zwischen denen sich am stumpfen Ende des Eies die Luftkammer befindet und die mit dem älterwerden immer größer wird.

Die Eischale selbst ist eine poröse Kalkschicht. Sie besteht zu 5 Prozent aus einer netzartig verwobenen organischen Masse als Füllung und zu 95 Prozent aus Kalk. Sie ist ça. 0,2 und 0,4 mm dick und besitzt an die 10.000 Poren, das sind etwa 150 cm2. Die Kalkschale riegelt das Ei gegen Fremdkörper hermetisch ab, und doch gewährleistet es dank seiner feinen Poren optimal den Gas- und Sauerstoffaustausch zwischen dem Küken und seiner Außenwelt. Bei alldem verfügt es über eine erstaunlich hohe Festigkeit und genügt gleichzeitig dem Anspruch des Kükens, die Schale zum geeigneten Zeitpunkt aufbrechen zu können.


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1000-jährige Eier sind eine Delikatesse der chinesischen Küche und heißen übersetzt Kiefernblüte, weil die geschälten Eier ein blumiges, kristallines Muster aufweisen

SŌnghuā Dàn

Für den Lichttest hält man das Ei vor eine starke Lichtquelle, z.B. eine Taschenlampe. Dotter in zentraler Lage: frisches Ei; je kleiner die Luftkammer ist, desto frischer ist das Ei Dotter wandert umher: älteres Ei, große Luftkammer

Um den Schütteltest durchzuführen, schüttelt man das Ei einfach hin und her. Kein Geräusch: frisches Ei, da die Luftkammer klein ist, Eiweiß und Eigelb das Innere ausfüllen Schwappendes Geräusch: älteres Ei, weil das Eiklar wässrig und die Luftkammer vergrößert ist

Beim Schwimmtest legt man das Ei in ein Glas mit Wasser. Ei liegt am Boden: frisches Ei Ei steht aufrecht am Boden: circa 2 Wochen altes Ei Ei schwimmt an Oberfläche: nicht mehr genießbares Ei, da die Luftkammer mehr als 6 mm hoch ist und dem Ei somit Auftrieb gibt

Du hast noch ein paar Eier zuhause, von denen Du nicht mehr weißt, wann Du sie gekauft hast? Drei Tipps, wie Du es herausfinden kannst

Außen hui, innen pfui?

beißenden Geschmack. “ Serviert wer-

Der harte Dotter besitzt einen eher

einen angenehm leichten Geschmack.

dieser Eier: „Der halbfeste Dotter hat

In China unterscheidet man zwei Arten

18 K U R I O S E S


Damit Dir das nicht passiert, schau hier mal rein: S. 26 Das perfekte Frühstücksei

Songhua Dàn. In China sind sie eine Delikatesse, hier sind sie nicht besonders beliebt. In der Mitte aufgeschnitten sieht man das dunkle transparente Eiklar und den grünlichen quarkigen Dotter

Anleitung 1. Vermische Salz, Holzkohle, Asche, Kalk und getrocknete Teeblätter gleichmäßig miteinander, bis ein lehmiger Brei entsteht. 2. Benutze für jedes Hühnerei eine halbe Tasse des Breis, um jedes Ei komplett darin einzulegen. 3. Platziere die Eier vorsichtig in einer Form auf Gartenerde. Nun bedecke die Eier mit mehr Gartenerde und lagere die Form mit einem Deckel in einem dunklen und kalten Zimmer. 4. Kratze nach genau 90 Tagen die Erde ab und schrecke die Eier kalt ab. Knackse die Schale ganz leicht an und entferne sie dann vollständig. Das Eiweiß ist nun eine gelatinöse, schwarze Masse, das Eigelb hat eine quarkige Konsistenz und verfärbt sich dunkelgrün.

guten Ton ;-)

ja sogar erwünscht! Gehört also zum

übrigens: Schmatzen ist hier erlaubt,

Sojasauce, Essig und Ingwer. Ach ja und

den sie als Snacks bevorzugt mit


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Eierkunde Bestandteile

3 Das Ei als Kraftpaket Der Energiehaushalt, die Nährwerte und die Bestandteile des Eies

Das Küken frisst echt den Dotter?! S. 28 Vom Ei zum Küken

Primärstruktur von Proteinen. Man sieht die Sequenz der einzelnen Aminosäuren einer Polypeptidkette. Vereinfacht gesagtstellt jedes Kettenglied eine Aminosäure dar

Das Ei ist eines der wertvollsten Nahrungsmittel der Natur. Es dient als Wegzehrung für werdendes Leben, denn selbst der Dotter wird kurz vor dem Schlüpfen vom Küken verdaut. Das Ei weist eine ausgewogene Kombination von hochwertigen Stoffen auf: Es enthält reichlich Wasser und Eiweiß, Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Vitamine und Fette. Eier-Eiweiß hat die höchste biologische Wertigkeit mit über 40 verschiedenen Proteinen, die ein natürliches Nahrungsmittel überhaupt besitzen kann und wird daher besonders gut zum Aufbau von körpereigenem Eiweiß genutzt. Eiweiß ist der Hauptbaustein unseres Lebens: Ständig müssen unsere Körperzellen aufgebaut und erneuert werden, Muskeln bauen sich auf, Haut, Gehirnzellen, Stoffwechsel und Nerven ziehen sich Energie aus dem ovalen Wunder. Dazu braucht der Körper das Eiweiß als zentralen Baustoff. Kein anderes Lebensmittel liefert eine so hohe Eiweißqualität wie Hühnereier. Aus 100 g Hühnereiweiß kann unser Körper 94 g körpereigenes Eiweiß aufbauen. Bereits ein Ei deckt den täglichen Eiweißbedarf eines Erwachsenen zu 16 Prozent. Zudem ist Eiweiß der Nährstoff, der am besten sättigt. Eier liefern aber auch wertvolle Vitamine und Mineralstoffe, die sie besonders wertvoll für die menschliche Ernährung machen. So enthalten Eier die fettlöslichen Vitamine A, D und E in be-

deutenden Mengen sowie die wasserlöslichen Vitamine des B-Komplexes B2, B6, B12, Biotin, Niacin und Folsäure. Die B-Vitamine werden für alle Stoffwechselfunktionen in unseren Körperzellen benötigt. Dort sind sie am Abund Umbau von Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten beteiligt. Ein durchschnittliches Ei wiegt 58 g. Ein solches Ei enthält folgende Nährstoffe im Detail: Calcium: 32,5 mg Cholesterin: 229,7 mg Eisen: 1,2 mg Eiweiß: 7,5 g Fett: 6,5 g Folsäure: 38,9 g Jod: 5,7 g Kalium: 85,3 mg Magnesium: 7 mg Vitamin A: 157,9 g Vitamin E: 1,3 mg Vitamin K: 27,6 g Vitamin B1: 58 g Vitamin B2: 179,8 g Vitamin B6: 48,7 g Zink: 1,62 mg Im Verhältnis zum Nahrungsbedarf eines Menschen enthält ein Ei folgende Vitamine: Biotin: 50 % der empfohlenen Tagesmenge Eisen: 16 % der empfohlenen Tagesmenge


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Kohlenhydrate 1 % Mineralstoffe 2% Fett 1 1 % Eiweiß 12 % Wasser 74%

Kohlenhydrate 1 % Mineralstoffe 5% Fett 1 5% Eiweiß 1 9 % Wasser 60 % Die Bestandteile. Das Ei im Vergleich zum Menschen ähnelt sich erstaunlich wie man an den Prozentsätzen sehen kann.

Vitamin B12: 38 % der empfohlenen Tagesmenge Vitamin D: 35 % der empfohlenen Tagesmenge

Tertiärstruktur von Cholesterin. Man sieht die Sequenz der einzelnen Aminosäuren einer Polypeptidkette.

Eier haben einen hohen Gehalt an Cholesterin — das ist aber kein Grund, auf Eier zu verzichten. Eier sind besser als ihr Ruf, denn ein gesunder Organismus managt den Cholesterinspiegel im Blut selbst. Das Ei an sich muss Cholesterin enthalten, weil das schlüpfende Küken es für die Entwicklung des Nervensystems benötigt. Muttermilch des Menschen enthält z.B. mit ça. 25 mg /100 g einen sehr hohen Anteil an Cholesterin, Kuhmilch hingegen hat nur ça. 12mg /100 g. Es wird vermutet, dass der höhere Cholesterinanteil der Muttermilch dafür verantwortlich sein könnte, dass gestillte Kinder einen höheren IQ entwickeln; auch weil bekannt ist, dass Cholesterin beim Aufbau des Gehirns und Nervensystems eine wesentliche Rolle spielt. Cholesterin ist aber auch später ein lebensnotwendiger Baustein für körpereigene Hormone, Vitamin D, Zellwände und die Gallensäuren. Unser Körper stellt den wertvollen Stoff selbst her und drosselt die Produktion, sobald größere Mengen über die Nahrung geliefert werden. Bei einem Überangebot aus der Nahrung wird außerdem weniger Cholesterin aus dem Darm ins Blut aufgenommen. Zudem enthalten Eier einen Stoff, der das Cholesterin bindet: das Lecithin. Dieser biologische Emulgator bindet das Cholesterin so fest an sich, dass es nur noch teilweise vom Körper auf-

genommen werden kann. In zahlreichen Studien konnte bis heute kein Zusammenhang zwischen dem Cholesterinspiegel, Eierkonsum und der Zahl von Herzinfarkten belegt werden. Hättest Du das gedacht? Japaner essen fast täglich ein Ei und haben laut Statistik eine der geringsten Quoten an Herz-Kreislauferkrankungen. Täglich soll der Mensch zwischen 60–80 g Fett aufgenommen werden. Das Fettsäurenverhältnis zwischen den gesättigten, den einfach ungesättigten und den mehrfach ungesättigten Fettsäuren sollte bei 1 : 1,3 : 0,7 liegen. Ein Ei enthält ça. 7 g Fett und das Fettsäuremuster des Eies entspricht mit 1 : 1,4 : 0,5 nahezu dieser Empfehlung. Das Ei weist damit ein optimales Fettsäurenverhältnis auf und ist ein bestens geeigneter Energielieferant. Eier liefern eine Vielzahl an wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen, die sie aus ernährungswissenschaftlicher Sicht zu sehr hochwertigen Lebensmitteln machen, weil der menschliche Körper sie zur Aufrechterhaltung seiner Funktionen benötigt. Man darf also mit gutem Gewissen nach einem japanischen Sprichwort genießen: „Jeden Tag ein Ei, und Sonntags auch mal zwei.“


Auf rohen Eiern gehen. Das ist das Ei des Kolumbus.

Genau, eine Sammlung von dem, was man halt so im Alltag sagt. Wie Oliver Kahn einst nach einem versauten FuĂ&#x;ballspiel

Eier! Wir brauchen Eier!

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Du stinkst ja wie ein faules Ei! Das Gelbe vom Ei. Dem hat wohl der Teufel ein Ei ins Haus gelegt. Wie aus dem Ei gepellt sein. ‘Ne eierlegende Wollmilchsau. Köpf‘ das Ei! Für ’n Appel und ’n Ei kaufen. Sich gleichen wie ein Ei dem anderen. Eier im Arsch braten. ier zählen, bevor sie die Henne überhaupt legt ern mit faulen Eiern um sich werfen. Da schei mand Eier ohne Schalen. Erst Eier legen und si


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4 Die Gemeinsamkeit der Oologie und Ohrscheiben Die Schalenfarbe ist und bleibt ein wohl behütetes Geheimnis der Hühner

Gibt es denn überhaupt noch ein wild lebendes Huhn? S. 32 Gallus Gallus

Wie sehen eigentlich Ohrscheiben aus? S. 68 Rassemerkmale

Was sind denn Leghorn, Italiener und Minorka? S. 38 Hühnerrassen

Farbtafel Eier 1 Blasshuhn 2 Grünleger 3 Araucana 4 Schweizer Huhn 5 Brahma 6 Lachshuhn 7 Spitzhaube 8 Auerhuhn 9 Marans

Auch wenn die Eier unserer Haushühner bei weitem nicht mehr die Variationen der wild lebenden Hühnervögel aufweisen, so ist es doch interessant, diese einmal aus der oologischen Perspektive, der Wissenschaft über Vogeleier, in Bezug auf Größe, Form und Farbe zu betrachten. Dass die Eier von den Hühnern überhaupt unterschiedliche Farben haben, hängt in erster Linie mit ihrem Leben in freier Wildbahn zusammen. Zu jener Zeit war es wichtig, dass die Eier in ihrer Umgebung gut getarnt und nicht entdeckt wurden. Die Schalenfarbe hat nichts, wie lange vermutet Neben der Rasse spielt wohl auch die Ohrläppchenfärbung eine entscheidende wurde, mit den Farben der Federn zu tun. Die Schalenfarbe entsteht durch eine Einlagerung Rolle: Reinrassige Hühner mit weißen von Farbpigmenten in der Kalkschale und diese Ohrscheiben legen weiße Eier und Rassen, Eigenschaft wird weitgehend durch die Gene deren Ohrlappenfarbe rot ist, legen vererbt. Eine Geflügel-Analyse ergab 1987, dass braune Eier. Das eigentliche Geheimnis vorwiegend leichte Mittelmeerrassen und liegt jedoch für uns unentdeckt in den Nordeuropäische Rassen Eier von weißer SchaGenen der verschiedenen Rassen, denn lenfarbe legen; während gelbliche und braunAraucana legen türkisfarbene Eier  schalige Eier nur bei mittelschweren bis schweobwohl sie rote Ohrscheiben besitzen. ren Rassen, den sogenannten asiatischen Typen auftreten. Oologisch ergibt sich daraus, dass weiße Eier bei den leichten Leghorn, Italienern, Minorka, gelbe und braune dagegen bei den schweren Cochin, Langschan und Brahma vorkommen. Das Gewicht der Eier variiert und hängt hauptsächlich vom Alter der Henne, der Rasse, dem Legebeginn sowie dem Essverhalten und der Umgebungstemperatur ab. Als mittleres Gewicht eines frischen weißen Eies können 60 g angenommen werden, braune Eier sind im Durchschnitt 2 g schwerer.


Man kann den beiden einfach stundenlang zuhören: www.sevenload.com/videos/-Loriot-Das-Fruehstuecksei

Er: Jaja … Sie: ... ärgere mich mit den Kindern rum und du sagst, mit meinem Gefühl stimmt was nicht? Er: Wenn ein Ei nach Gefühl kocht, dann kocht es eben nur zufällig genau viereinhalb Minuten. Sie: Es kann dir doch ganz egal sein, ob das Ei zufällig viereinhalb Minuten kocht. Hauptsache, es kocht viereinhalb Minuten! Er: Ich hätte nur gern ein weiches Ei und nicht ein zufällig weiches Ei! Es ist mir egal, wie lange es kocht! Sie: Aha! Es ist dir egal. Es ist dir also egal, ob ich viereinhalb Minuten in der Küche schufte! Er: Nein – nein … Sie: Aber es ist nicht egal! das Ei muss nämlich viereinhalb Minuten kochen.

Er: Das Ei ist hart!!! Sie: Ich habe es gehört. Er: Wie lange hat das Ei denn gekocht? Sie: Zu viele Eier sind gar nicht gesund! Er: Ich meine, wie lange dieses Ei gekocht hat? Sie: Du willst es doch immer viereinhalb Minuten haben?! Er: Das weiß ich! Sie: Was fragst du denn dann? Er: Weil dieses Ei nicht viereinhalb Minuten gekocht haben kann! Sie: Ich koche es aber jeden Morgen viereinhalb Minuten. Er: Wieso ist es dann mal zu hart und mal zu weich? Sie: Ich weiß es nicht, ich bin kein Huuuhn! Er: Ach! Und woher weißt du, wann das Ei gut ist?

bringe deine Sachen in Ordnung, mache die Wohnung

Er: Das Ei ist hart!

gemütlich, ...

den ganzen Tag in der Küche, mache die Wäsche,

Sie: Ja? Sie: (schweigt)

Sie: Mit meinem Gefühl stimmt was nicht?! Ich stehe

Er: Bertaaa!

Am Frühstückstisch beklagt sich der Mann über sein zu hart gekochtes Ei; seine Ehefrau Berta fängt hingegen beginnt eine Grundsatzdiskussion und ihre Schlussfolgerung „Gott, was sind Männer primitiv!“ sind zu geflügelten Worten geworden.

Bertaaa! Das Ei ist hart!

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Manchmal können selbst dunkelgrüne Eidotter schmecken. S. 19 Songhua Dàn

Er: Ich hätte nur gern ein weiches Ei … Sie: Gott, was sind Männer primitiv! Er: (düster vor sich hin) Ich bringe sie um. Morgen bringe ich sie um!

Er: Nach der Uhr oder wie? Sie: Nach Gefühl! Eine Hausfrau hat das im Gefühl! Er: Im Gefühl? Was hast du im Gefühl? Sie: Ich habe es im Gefühl, wenn das Ei weich ist. Gefühl was nicht?

8 Minuten — Wachsweiches Ei Das Eiweiß ist fest, das Eigelb ist nur im Kern leicht chremig. So lieben 59% der Deustchen ihr Grühstücksei am liebsten! 10 Minuten — Hartes Ei Eiweiß und Eigelb sind schnittfest: Perfekt zum Pellen und Reinbeißen oder für ein Ei-Brot. Eier sollten nicht länger als 15 Minuten kochen, denn dann bekommen sie einen grünlichen Dotterrand, werden trocken und krümeln.

3 Minuten — Tunk Ei Das Eiweiß ist nur am Schalenrand fest und zum Eigelb hin noch glibberig, das Eigelb ist komplett flüssig. 4 Minuten — Weiches Ei Das Eiweiß ist nur am Übergang zum Eigelb noch leicht glibberig, das Eigelb ist flüssig. 5 Minuten — Mittleres Ei Das Eiweiß ist fest und das Eigelb innen flüssig und am Rand etwas fester.

Die Eier zügig mit einem Löffel ins Wasser legen und die Hitze reduzieren. Die Kochzeiten sind für Eier der Größe M. Bei Eiern der Größe S sind 30 Sekunden abzuziehen, für L, XL, XXL werden pro Gewichtsklasse 30 Sekunden dazu gerechnet:

Den gewünschten Härtegrad hinzubekommen, ist ab jetzt kinderleicht: eine Anleitung zu Deinem perfekten Frühstücksei

Secret Formula

Sie: Aber eben hast du doch gesagt, es ist dir egal!

mein Gott!

Er: Aber es ist hart! Vielleicht stimmt da mit deinem

Er: Das habe ich doch gesagt.

Sie: Ich nehme es nach viereinhalb Minuten raus,


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Eierkunde Entwicklung vom Ei zum Küken

5 Vom Embryo zum Eizahn Die Entwicklung vom Ei zum Küken. Vom 1. Bruttag der Keimscheibe bis zum Schlupf des Kükens sind es 21 Tage

Was ist denn eine Glucke? S. 74 Das Legeverhalten der Hühner

Tag 1 Nach der Befruchtung des Eies im Eileiter der Henne setzt die Entwicklung direkt ein. Vor der Eiablage hat sich eine weiße Keimscheibe von etwa 4 mm Durchmesser gebildet. Die Eiablage erfolgt 24 Stunden nach der Befruchtung, die Glucke bewacht und bebrütet das Ei nun rund um die Uhr. 16 Stunden nach der Eiablage beginnt die Zellteilung, auch Furchung genannt.

Tag 6 Man sieht am 6. Bruttag die Spinnennetz ähnlichen Blutgefäße und das jetzt schon relativ große Auge. Der Kopf ist der größte Körperteil des Embryos und das Herz wird nun in das Innere des Embryos verlagert. Das Geschlecht des späteren Kükens wird fest gelegt. Mit Ende des sechsten Bruttages sind alle lebenswichtigen Organe voll entwickelt.

Tag 3 Am 3. Tag werden die Blutgefäße auf dem Dotter gebildet, die den Embryo mit Nährstoffen aus Dotter und Eiklar versorgen. Man erkennt die Keimscheibe, die sich leicht bewegt. Außerdem sieht man die Blutgefäße, die wie dünne Fäden aussehen.

Mehr über Flügel und Federn: S. 78 Deck-, Flaum- und Fadenfedern

Tag 8 Am 8. Bruttag sind die bereits großen Augen und Beine, Flügel, Federanlagen und der Nabel zu erkennen. Von nun an verringert sich stetig das Volumen des Dotters, da die Nährstoffe zur Weiterbildung der Organe und für das allgemeine Wachstum benötigt werden. Der Embryo füllt beinahe die Hälfte des Eis aus und man kann Bewegungen erkennen.


29 Tag 12 Bis zum 12. Bruttag ist das Küken äußerlich ausgeformt. Von nun an verringert sich stetig das Volumen des Dotters, da die Nährstoffe zur Weiterbildung der Organe benötigt werden.

Tag 15 Am 15. Bruttag absorbiert das Küken den restlichen Eidotter über seine Nabelöffnung in die Bauchhöhle. Dies dient dem Küken während und nach dem Schlupf noch für etwa zwei Tage als Nahrung.

Mehr über den Schnabel kannst Du hier nachsehen: S. 64 Aufbau des Huhns

Gluck, Gluck? S. 74 Die Sprache der Hühner

Tag 17 Der Schnabel hat sich entwickelt und verhärtet sich. Nun durchsticht der Embryo die dünne Ei-Membran und befindet sich mit seinem Kopf in der Luftkammer — es atmet nun über die Lunge. Jetzt nimmt es Geräusche aus der Umgebung wahr, am häufigsten hört es die Glucklaute der Mutter. Das Küken prägt sie sich ein, sodass es nach dem Schlupf seine eigene Mutter selbst im Dunkeln erkennt. Gleichzeitig bildet sich auf der Schnabelspitze der Eizahn,

ein Horngewebe, welcher nach dem Schlupf überflüssig und direkt abgeworfen wird.

Tag 20 Am 20. Bruttag pickt das Küken die Schale an. Allerdings picken die Küken die Eier nicht auf: Bis kurz vor dem Schlupf liegt der Kopf nach vorne über der Brust unter einem Flügel gesteckt. Hebt das Küken den Kopf, so drückt der Eizahn auf der Schnabeloberseite ein Loch in die Schale. Durch langsames Drehen um die eigene Achse, wobei es sich gegen die Eiwand stemmt, perforiert es mit der Zeit kreisförmig die Eischale um seinen Kopf — bis es durch Strecken des Nackens den so entstandenen Deckel abheben kann. Nach dem Schlupf liegt das Küken fast leblos da, erschöpft von den Anstrengungen. Erst wenn die Daunen getrocknet sind, ist es munter und springlebendig!


Du

verr

Hu


rücktes

uhn!

Das auf den Inseln Indonesiens noch heute im Dschungel lebende Bankivahuhn, lat. Gallus Gallus, ist die wilde Urform aller uns bekannten Hühnerrassen, insgesamt 151 an der Zahl. Außerdem geht es um Klavier spielende, tippelnde, kopflose, sprechende und kämpfende Hühner!


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Haushuhnbiologie Abstammung des Bankivahuhns

6 Gallus Gallus lebt wild im Dschungel Die Abstammung des Bankivahuhns aus Indien, dessen ursprüngliche Lebensform im Dschungel und der Lauf der Geschichte

Nach der zoologischen Systematik zählt das Bankivahuhn zur Ordnung der Hühnervögel, zur Unterfamilie der Fasane und zur Gattung der Scharrvögel. Das Bankivahuhn ähnelt der heutigen Italiener-Rasse, die wir häufig als „Bilderbuch-Huhn“ vor Augen haben. Die Hennen wiegen um die 700, Hähne um 1.000g.

Heimat des Bankivahuhns. Die wild lebende Urform unseres Haushuhns lebt noch heute im Dschungel und schläft auf Bäumen

Natürlicher Lebensraum dieses wild lebenden Huhns ist der Dschungel, der Waldrand oder dessen trockene Vorwälder bis zu 1500m Höhe. Dort können die Tiere bei drohender Gefahr Deckung finden. Während sie am hellichten Tag fast ausschließlich auf dem Erdboden unterwegs sind, ziehen sie sich nachts in das Geäst von Bäumen zurück, zum sogenannten aufbaumen. Dort übernachten sie, um Raubfeinden am Boden zu entgehen. Bei Sonnenaufgang und kurz vor Sonnenuntergang begibt es sich auf Futtersuche. Sie picken allerlei Knospen und Samen von Gräsern, Kräutern und Sträuchern, scharren jedoch auch im Waldboden nach Insekten, Larven und Würmern. Sie baden gerne im Staub, um sich von Ungeziefer zu reinigen. Um sich ein Nest zu bauen, scharrt die Bankivahenne unter dichtem Gebüsch auf dem Boden an geschützten Stellen im Unterholz Zweige zu einem Nest zusammen. Darin legt die Bankivahenne einmal im Jahr 5 – 12 Eier und brütet diese in 19 Tagen aus. Im Frühjahr kämpfen die Hähne um ihr Revier. Bankivahühner sind gesellige Tiere und leben in großen Gemeinschaften von bis zu 50 Tieren zusammen.

Das Haushuhn, lat. Gallus gallus domesticus, ist durch Zähmung aus dem Bankivahuhn entstanden. Die Abstammung der Haushühner vom Bankivahuhn wird durch Eigenarten, wie das Verhalten bei der Trinkwasseraufnahme und die Vorliebe für Sandbäder, besonders deutlich. Haushähne locken Hennen ebenso wie es die Bankivahähne tun, sie machen den Kratzfuß, krähen und die Hennen gackern, wenn sie aufgeregt sind. Wann die Bankivahühner domestiziert wurden, ist nicht genau bekannt. Erste Anzeichen dafür liefern Abbildungen, die vor rund 5.000 Jahren in Indien entstanden sind. Von Indien aus gelangten die Hühner vor ungefähr 4.000 Jahren wohl nach China und Persien, dem heutigen Iran. Ihre Ausbreitung im Mittelmeerraum erfolgte vermutlich erst vor 3.000 Jahren, 500 Jahre später gelangten sie ins übrige Europa. Hinweise darauf können den Dichtungen der Griechen entnommen werden, die von Hahnenkämpfen berichten. Eine weite Verbreitung im europäischen Raum fand das Haushuhn erst seit den Römern, die Hühner im größeren Umfang als Eier- und Fleischlieferanten züchteten. In dem vom römischen Schriftsteller Columellas 50 n.Chr. verfassten Ratgeber über die Landwirtschaft ist von zahlreichen Hinweisen zur Hühnerhaltung, unterschiedlichen Rassen und Farbunterschieden zu lesen. Schon Anfang des Mittelalters müssen in Deutschland Hühner in großer Anzahl gehalten worden sein, da das erste uns erhaltene Deutsche Rechtsbuch,


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Legeleistung und Fleischproduktion klingt ganz schön wirtschaftlich? S. 109 Power-Mischlinge

das Salische Gesetz Lex Salica aus dem Jahre 507 festsetzt, was als Ersatz für ein gestohlenes Huhn zu zahlen ist. Um die gleiche Zeit stellte sich der Brauch ein, Zins und Abgaben an die Kirche in Naturalien zu entrichten, also in Eiern oder ganzen Hühnern. Doch der alles entscheidende Durchbruch in der Geflügelhaltung kam mit Karl dem Großen: Er ordnete um das Jahr 800 per Gesetz an, dass Bauern Hühner halten müssen. Es wird auch von Bauwerken mit großer Festigkeit wie Kirchen, Burgen und Brücken berichtet, dass der Mörtel mit Eiklar angemacht worden sei. Durch den 30-jährigen Krieg wurde die vorher blühende Geflügelzucht vernichtet. Sie musste neu aufgebaut werden, sodass sich die Geflügelzucht erst in den 40 er Jahren des 19. Jahrhunderts wieder erholte. 1852 wurde der erste Geflügelzuchtverein gegründet, der Hühnerologische Verein in Görlitz; 1881 erfolgte die Gründung der zentralen Vereinigung der Rassegeflügelzüchter. Unter den Geflügelbesitzern, die Hühner in Kleingarten halten, gibt es einige, die die Tiere nur der Eier oder des Fleisches wegen halten und deshalb besonders für diese Leistungen veranlagte Tiere aus darauf spezialisierten Zuchtbetrieben kaufen. Doch es gibt auch Züchter, die Hühner nicht vorrangig wegen ihrer Produkte halten, sondern hohe Leistungen in Bezug auf die Vitalität und Ästhetik anstreben. Diese Züchter empfinden Freude daran, die besonderen Merkmale, Eigenarten und Farbenpracht der Hühner hervorzuheben und sie dank ihres

züchterischen Wissens zu verbessern. Unter den Hühnern sind langgestreckte schlanke neben kurzen rundlichen Formen, temperamentvolle oder behäbige Typen, schlichte oder bunte Gefiederfarben in vielfältiger Ausbildung zu finden. Hier ein kleiner Überblick über die insgesamt 151 Rassen: Im Verlauf der Domestikation haben sich aus dem ursprünglichen Wildhuhn durch Mutation zahlreiche Varianten entwickelt, die vielfach das besondere Interesse des Menschen gefunden haben und daher gezielt weiter vermehrt wurden. Hier begann eine lange Zuchttradition, die bis heute anhält und die unterschiedlichsten Rassemerkmale hervorbringt. Damals wie heute waren begehrte Merkmale: Schönheit, Kampfeslust, guter Fleischansatz und hohe Legeleistung. Auf diese Art und Weise sind in den letzten Jahrhunderten die Vorfahren unseres heutigen Rassegeflügels entstanden.


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Haushuhnbiologie Körperbau und Skelett

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7 Vom Federkleid zum Gabelbein

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Das äußerliche Erscheinungsbild und das Skelettsystem der Hühner

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Körperbau 1 Kamm 2 Kehllappen 3 Ohrscheibe 4 Halsbehang 5 Sattel 6 Hauptsichel 7 Nebensichel 8 Steuerfedern 9 Armschwingen 10 Lauf 11 Sporen 12 1. Zehe

Bei den Hühnern unterscheidet man zwischen Hahn und Henne. Das männliche Huhn nennt man Hahn oder Gockel, den kastrierten Hahn Kapaun. Das weibliche Huhn heißt Henne, Jungtiere führende Hennen Glucke. Die Jungtiere heißen allgemein Küken. Das Haushuhn wiegt je nach Rasse etwa 1,5 kg bis 5 kg. Bei Tieren der gleichen Rasse oder Abstammung ist der Hahn bis zu 1 kg schwerer als die Henne. Daneben gibt es die Zwergrassen, die zwischen 500 und 1200 g wiegen. Als besonderes Merkmal ist der rote Kamm, der verschiedene Formen haben kann, anzusehen. Beim Hahn ist der Kamm größer als bei der Henne. Der Hahn ist zudem durch sein prachtvolles Federkleid sowie den sichelförmigen Schwanz gekennzeichnet. Lauf und Zehen sind meist unbefiedert, es gibt aber Rassen, die

Federfüßigen Hühner, deren Federkleid bis an die Zehen reicht. Normalerweise sind drei Zehen nach vorne gerichtet und die vierte Zehe nach hinten. Einige Rassen bilden eine Ausnahme mit fünf Zehen, d.h. zwei Zehen stehen nach hinten. Ausgewachsene Hähne haben über den Hinterzehen einen Sporn, der als Waffe bei Angriffen dient. Dieser Sporn kann bei älteren Tieren ziemlich lang und spitz werden. Zur Veranschaulichung der äußeren Erscheinung und der Abstammung werden die Hühner in sechs verschiedene Rassegeflügelgruppen eingeteilt: Es gibt die Kampfhühner, die asiatischen Rassen, die Mittelmeerrassen, die Haubenhühner, die Urzwerge und schließlich die nordwesteuropäischen Rassen. Diese sechs Rassen werden ausführlich im folgenden Kapitel vorgestellt.


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Skelettbau 1 Schädel 2 Halswirbel 3 Oberarm 4 Elle und Speiche 5 Handwurzel 6 1. Finger 7 2. Finger 8 3. Finger 9 Schlüsselbein 10 Rabenbein 11 Darmbein 12 Schambein 13 Schwanzwirbel 14 Oberschenkel 15 Brustbein 16 Waden-/Schienbein 17 Laufknochen Das Gabelbein hat eine lange Tradition S. 76 Wishbone

Einzelne Schädelknochen formen den charakteristischen Kopf des Huhnes mit den seitlich liegenden Augen, den kaum sichtbaren Ohren und dem spitz zulaufenden Schnabel. Unterschieden wird der Hirnschädel, in dem das zentrale Nervensystem, sprich das Gehirn, eingebettet ist und der Gesichtsschädel, dieser enthält die Sinnesorgane und schützt sie sorgfältig. Das Rumpfskelett umfasst 13 Halswirbel, sieben Rippen und ein, die die Brusthöhle umschließen. Alle Halswirbel zusammen bilden eine Sförmige Halswirbelkette. Der Atlas, der erste Wirbel, ist klein und kugelförmig, sodass das Huhn in der Lage ist, seinen Kopf um ganze 180° zu drehen. Das hilft bei einer rechtzeitigen Feinderkennung wie auch bei der Gefiederpflege. Die sich anschließenden Lendenwirbel sind knöchern untereinander verwachsen. Sechs Schwanzwirbel bilden den Abschluss der Wirbelsäule, wobei der letzte größer als die vorherigen ausfällt. Damit bietet dieser Wirbel

der Schwanzmuskulatur für ihre Steuerfunktion einen ausgezeichneten Ansatzpunkt. Die sieben Rippenpaare, die mit dem kräftigen Brustbein den Brustkorb bilden, schützen die inneren Organe des Huhns. Das Brustbein selbst ist der größte Knochen des Skeletts und gleicht einem mächtigen Schutzschild, es verschließt den Brustkorb und bietet mit seiner lang gezogenen und stark hervorspringenden Brustbeingräte der Flugmuskulatur große Ansatzflächen. Das Rabenbein stützt das Schultergelenk gegen das Brustbein ab und bildet damit ein kräftiges Widerlager für die Kräfte der Flugmuskulatur. Die Schlüsselbeine beider Seiten vereinigen sich zum Gabelbein, dieses ist V-förmig am Bauch gelegen. Dieses festigt einerseits das Schultergelenk und verhindert andererseits das Auseinanderdrängen der beiden Schultergelenke.


Dutz dutz dutz! The beat goes on: http://www.youtube.com/watch?v=L8h4R7NrJNs

Techno Huhn

Ein Huhn im Takt mit Techno-Beats. Wie, Du hast noch nie ein tanzendes Huhn gesehen?!

Das Huhn hat bereits durch zahlreiche Gastauftritte in den verschiedensten Fernsehsendungen Berühmtheit erlangt. Hier eine charmante Auswahl

Der großartige Gonzo versucht sich als Dirigent und lässt mit Camilla, seinem absoluten Lieblingshuhn den Donauwalzer im Chor anstimmen — bis plötzlich was vom Himmel plumpst

Gonzo und Camilla

It’s showtime!

Um herauszufinden, wer Yasmine ist, schau hier rein: http://www.youtube.com/watch?v=nJ-ldOtjtts&feature=related

In der Friends-Folge kauft Joey ein Küken, weil er vorher ein süßes Küken im Fernsehen gesehen hat. Chandler kümmert sich um das Küken und guckt Baywatch mit ihm

Little Yasmine

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Ein Klavier spielendes Huhn gibt‘s ja gar nicht? Oh oh: http://www.youtube.com/watch?v=N4eiuVcby7I

„Ich legte vormittags ein Ei und Sonntags hätt ich frei!“ http://www.youtube.com/watch?v=1hgUx9h3nU4

Aus dem Jahr 1936 stammender Kurzfilm „Die Glückskinder“ mit dem Lied „Ich wollt‘ ich wär ein Huhn“. Hier lohnt der Blick in den Mogros-Werbespot von Jung von Matt: www.youtube.com/watch?v=Y0Caq4WYNZ8

Ein Huhn entwischt aus dem Stall, rennt flink über Felder und riskiert sein Leben auf den Straßen nur um seine Mission zu erfüllen

Tapfere Trudi

Den großartigen Gonzo und sein Lieblingshuhn Camilla und ihre Pleiten, Pech und Pannen verfolgst Du am besten hier: www.youtube.com/watch?v=Ob6TTU1knUM&feature= playerembedded#at

Ich wollt’...

Rose überwacht die Henne Bessy, die dick im Showgeschäft eingestiegen ist. Durch ein Missgeschick landet diese jedoch im Kochtopf!

Piano Bessy


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Haushuhnbiologie Rassen-Übersicht

8 Hühner-Farbtafel Kurze Übersicht und allgemeine Beschreibung aller sechs Hühnerrassen, im Anschluss fotografische Darstellungen im Einzelnen

Zur Beschreibung des Rassegeflügels bedient man sich der äußeren Erscheinung und damit der Abstammung. Alle Hühnerrassen werden in sechs verschiedene Gruppen eingeteilt, die hier hinsichtlich ihrer rassebedingten Besonderheiten näher betrachtet werden. Kämpfer Zu dieser Gruppe gehören weniger verbreitete, seltene Rassen. Das Wesen der Kämpfer ist mutig und sehr temperamentvoll, die Tiere sind stolz und von selbstbewusster und reckenhafter Erscheinung. Ihre mächtige Kampflust gepaart mit Kühnheit und Entschlossenheit verleiht dem Kämpfer ein mutiges Auftreten.

Asiatische Rassen Die Rassen im asiatischen Typ verkörpern die Schwergewichtler und Riesen unter den Hühnern. Sie zeichnen sich durch Behäbigkeit, außerordentliche Ruhe und einen stark befleischten, großen Körper mit enormer Masse aus. Zu den asiatischen Rassen werden auch die mittelschweren Rassen gezählt.


39 Mittelmeerrassen Hier handelt es sich um Hühner aus Spanien und Italien. Das Wesen dieser Tiere ist flüchtig und lebhaft. Der steil getragene Schwanz verleiht ihnen eine stolze und elegante Haltung. Sie sind eine temperamentvolle, schlanke und majestätisch wirkende Rasse.

Haubenhühner Die Haubenhühner sind die edelsten Rassen unter den Hühnerrassen, ihr auffallendstes Attribut der Schönheit ist — wie der Name vermuten lässt — die Haube. Statt einem Kamm tragen die meisten eine volle Haube aus Federn, es gibt jedoch auch Ausnahmen, die eine Kombination von Kamm und Haube zulassen. Sie zählen zu den leichten Hühnerrassen mit bodenständigen Eigenschaften.

Urzwerge Bei den Urzwergen unterscheidet man zwischen den eigentlichen Urzwergen und den verzwergten Rassen. Gemeinsam haben sie alle ihre Kleinwüchsigkeit, sie wiegen ab 500 gr bis zu 3 kg. Vom Körperbau könnten sie jedoch unterschiedlicher nicht sein: Die Bandbreite beginnt bei zierlich anmutenden Erscheinungen, geht über langgestreckte sportliche Körperformen und reicht bis zu „rollende und runde Federbällchen.“

Nordeuropäische Rassen Allen gemeinsam ist, dass sie zu den leichten Hühnerrassen im Bankivahuhn-Typ zählen. Diese Rasse zählt zu wetterfesten, sehr beweglichen und fleißigen Legehühner. Sie sind ruhig in ihrer Art, und dennoch vital und strotzen vor Lebenskraft.


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Haushuhnbiologie Kämpfer

Kämpfer Links: Phönix Japanische Phönixe sind die Perlen unter den Hühnern. Besonders auffällig sind die extrem langen Schwanzfedern, die eine Länge von bis zu zehn Metern erreichen können. Rechts: Araucana Diese verdanken ihren Namen einem chile nischen Indianerstamm. Die Federquasten sind das einzigartige Merkmal dieser Rasse. Und sie legen türkisfarbene Eier!


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Haushuhnbiologie K채mpfer


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Kämpfer Links: Altenglischer Kämpfer Altenglische Kämpfer zeigen den ausgesprochenen Kämpfertyp, sie verkörpern durch Haltung, kräftige Muskeln und Kampfeslust die geballte Kraft eines Kämpfers. Rechts: Moderner Englischer Kämpfer Diese Kämpferrasse macht einen äußerlich lebhaften und gleichzeitig anmutenden Eindruck, was durch den in die Länge gezogenen Körperbau, das knappe straffe Gefieder und dem leicht aufgestellten Schwanz unterstrichen wird.


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Haushuhnbiologie Mittelmeerrasse

MITTELMEERRassen Links und rechts: Italiener Über die Form der Italiener gibt es keinen Zweifel: ein langer Körper, mittelhoch und breit gestellt, aufrecht in der Haltung, kräftiger Rumpf, leicht hohl zum schräg aufwärts getragenen Schwanz mit besonders schönen und zahlreichen Sicheln. Der edle Hals hat vollen Behang. Es gibt bis zu 19 verschiedene Farbschläge der Italiener, von weiß über rebhuhnfarbig, silbergrau bis schwarz.


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Haushuhnbiologie Asiatische Rasse


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Asiatische Rassen Links und rechts: Lachshuhn Die gedrungener wirkende Henne hat eine viel tiefere Brust und einen volleren Bauch als der Hahn. Ihr Halsbehang ist rundherum stark aufgebauscht und bildet eine schöne Halskrause. Lachshühner haben befiederte Läufe und fünf Zehen. Der typische Kopf eines Lachshahns weist einen gezackten Einfachkamm und orangerote Augen auf. Der volle Bart ist in einen Kehl- und Backenbart getrennt und sieht durch die vielen feinen Federn mächtig aufgeplustert aus.


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Haushuhnbiologie Asiatische Rasse


Asiatische Rassen Links: Sussex Der grausilberne Farbenschlag gehört zu den attraktivsten Erscheinungen. Auffällig ist der tiefe, vollbrüstige kastenförmige Rumpf im Rechteckschnitt mit voller Befiederung. Sussex-Hühner sind ruhig und zutraulich. Rechts: Wyandotten Diese Hühner verdanken ihren Namen einem amerikanischem Indianerstamm. Besonders zu bemerken ist bei Wyandotten der V-förmige Rücken, der im 40°-Winkel in den Schwanz übergeht. Dieser ist offen und kurz.



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Haubenhühner Links: Appenzeller Spitzhaube Diese Hühner zeichnen sich durch eine aufrechte, nach oben spitz zusammenlaufende Haube aus, dabei sind die Federspitzen meist nach vorn gerichtet. Zusätzlich haben sie einen V-förmigen stehenden Hörnerkamm. Rechts: Paduaner Die chamoisfarbige Variante besitzt eine starke Schädelaufwölbung, die Protuberanz, auf der die Haube aufsitzt. Die Kehlpartie wird von einem starken Kinn- und Backenbart aus Federn verdeckt.


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Haushuhnbiologie Haubenhuhn

Haubenhühner Links: Breda Eine Rarität sind die blauen Breda, die statt eines Kammes eine mit roter Haut ausgekleidete Vertiefung aufweisen und eine angedeutete Helmhaube tragen. Dazu besitzen sie einen langen, schmal angesetzten Schwanz mit vielen dichten Steuerfedern darunter, auch Peitschenschwanz genannt. Rechts: Holländer Weißhaube Die Henne wirkt infolge ihrer waagerechten Haltung, der vollen Brust und ausgeprägten Bauchpartie walzenförmig im Rumpf. Der schwarze Farbenschlag mit der großen weißen Haube bildet einen sehr markanten Kontrast, die Vollhaube erreicht bei einigen Hennen sogar die Form einer runden Kugel.


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Haushuhnbiologie Nordeurop채ische Rasse


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Nordeuropäische Rassen Links: Thüringer Barthuhn Das Thüringer Barthuhn wurde früher auch Pausbäckchen genannt. Der Grund liegt auf der Hand: Der sehr volle, dichte Federbart bedeckt die Kehle, ja sogar Teile des Gesichts und die Ohrscheiben. Bei den chamoisgetupften Hühnern hat jede Feder am Ende einen weißen Tupfer, auch Perle genannt. Rechts: Krüper Krüper sind mittelschwere, zutrauliche und ruhige Hühner. Ihr langgestreckter Rumpf hat die Form einer Walze. Der lange breite Rücken geht mit voll befiedertem Sattel in den großen, reich entwickelten und besichelten Schwanz über. Am auffälligsten jedoch ist die Kurzbeinigkeit.


Urzwerge Beide: Chabo Ein Pärchen Chabo, gelb mit aufgebäumtem schwarzem Schwanz, das so recht die Bezeichnung „kleine Groteske“ für diese Rasse bestätigt: Kopf, Kamm und Kehllappen sind groß, dafür die Beine umso kürzer. Die Flügel fallen verhältnismäßig lang aus, die Spitze schleift sogar am Boden. Sehr lang, breit aufgefächert und im spitzen Winkel getragen wird der dunkle Schwanz.


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Haushuhnbiologie Urzwerge

Urzwerge Links: Chabo Bei den Chabo ist der Kopf mit Kamm und Kehllappen unverhältnismäßig groß. Dieser besitzt einen sehr schönen rot leuchtenden Einfachkamm mit fünf wunderbar definierten Kammzacken. Rechts: Bantam Schöner Kopf eines schwarzen Bantamhahns mit lebhaften dunkelbraunen Augen im kleinen Kopf mit federfreiem Gesicht, kurzem kräftigem Schnabel und einem fein geperltem Rosenkamm, der in dem langen geraden Dorn ausläuft. Hervorrragend ist die große, runde reinweiße Ohrscheibe, die emailleartig glänzt.



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Haushuhnbiologie Urzwerge


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Urzwerge Links und rechts: Sebright Bei den kecken und zierlich anmutenden Sebright ist viel Temperament und eine stolze Haltung vorhanden. Jede Feder istmit einer schmalen, lackschwarzen Säumung versehen, die gleichmäßig breit um die Feder verläuft. Beidieser Zeichnungsanordnung handelt es sich um eine Veranlagung, die das Schwarz mehr und mehr zu den Körperenden verdrängt. Sebright-Hähne sind hennenfedrig, d.h. sie tragen keine Sicheln, aber die vorhandenen Schwanzfedern sind besonders breit geformt.


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Urzwerge Links: Seidenhuhn Das haarähnliche und seidenweiche Aussehen des Gefieders entsteht durch das Fehlen der Häkchen an den Federstrahlen/an den Nebenästen, die hierdurch lose wie Flaumfedern herabhängen. Weitere Merkmale sind die Puschelhaube, auch Puderquaste genannt und die dunkle, manchmal schwarze Haut, die man am schwärzlichen Gesicht beobachten kann. Die bizarrste Abweichung vom normalen Huhn sind die bläulichen Ohrscheiben, sie sind unter Hühnerrassen einmalig. Rechts: Zwerg-Cochin Hier in blau, gleichen einem rollenden Federbällchen. Infolge des tief herabreichenden weichen Gefieders und der runden Form wirken sie massig und rund. Die Schwanzform der Zwerg-Cochin, bei der der höchste Punkt in der Mitte liegt, nennt man Kruppe. Die kurzen Läufe tragen volle Latschen, deren Federn auch Außen- und Mittelzehe bedecken.


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Haushuhnbiologie Rassemerkmal

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9 Über Perlung, Kämme und Ohrscheiben Die äußerlich sehr auffallenden Rassemerkmale beim Huhn

Schnabel, Kamm und Kehllappen sind Gebilde der Haut, wobei Kehllappen gut durchblutete Hautfalten sind. Die roten Ohrlappen sind ebenfalls Hautfalten, jedoch eher schmal und zusammengelegt. Das Blut scheint durch, da die Haut dort sehr dünn und gut durchblutet ist. Die weißen Ohrscheiben hingegen sind fester, die Lederhaut ist dicker. Sie sind auch breiter glatter und abgerundeter als Ohrlappen. In ihr sind zahlreiche Kristalle eingelagert, so dass sie weiß wie Porzellan oder Emaille aussehen. Beim Schnabel ist die Oberhaut verhornt, diese Hornschicht wächst ständig nach, um die Abnutzung auszugleichen. Der Kamm ist eines der auffälligsten äußerlichen Merkmale des Huhnes. Je nach Gattung unterscheidet man die vier Arten (Abbildungen von links nach rechts): den Einfachkamm, den Rosenkamm, den Erbsen- und den Wulstkamm. Seltener tauchen die Formen des Hörnerkammes sowie des Schmetterlinglammes auf. Am häufigsten

findet man den gezackten Einfachkamm vor, der im übrigen auch die Hauptstammform des wild lebenden Huhnes, das Bankivahuhn, ziert.Die Kämme sind breit aufgesetzt, auf breiter Fläche mit kleinen gleichmäßig hohen Fleischzäpfchen, auch Perlung genannt, bedeckt und laufen in ein frei stehendes Ende aus, dem Dorn. Aus dieser Kammform hat der Mensch die anderen Kammformen gezüchtet, indem er erblich bedingte „Ausrutscher“ als Kuriosität erhielt und weiter vermehrte. Der Kamm ist jedoch nicht allein Zierde oder Rassemerkmal, nein, denn Farbe, Form sowie Größe sind stark den Einflüssen der Hormone unterworfen. Die rote Farbe gehört zum Imponierverhalten und signalisiert neben Gesundheit auch Paarungswillen: Je röter der Kamm, desto öfter kommt es zu Paarungen.


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1 Einfachkamm

4 Walnusskamm

Dieser zeichnet sich durch einen unge gliederten Fleischknoten unterschiedlicher Stärke aus.

Die meisten Rassen sind einfachkämmig. Der Stehkamm besteht aus Kammblatt, Kammzacken und Kammfahne. Alle Einfachkämme haben genau fünf Zacken, wenn auch in der Größe und der Form unterschiedlich.

2 Erbsenkamm

Ein niedriger Kamm, der drei Reihen perlen artig aneinandergereihte Fleischknötchen aufweist. Die mittlere Reihe ist die höchste. 3 Rosenkamm

Viele kleine gleichmäßige Fleischknötchen sind auf einem breiten Grund aufgesetzt. Der Kamm läuft nach hinten in einen je nach Rasse verschieden geformten langen Dorn aus.

5 Hörnerkamm

Aus zwei runden, aufgerichteten Hörnern bestehender Kamm, gerade oder V-förmig angeordnet. 6 Schmetterlingskamm

Am Schnabel einfach beginnender Kamm, der sich in zwei nebeneinanderliegende Kammblätter mit mehreren mäßig großen Einzackungen teilt.


Dennoch klingt ziemlich fantastisch, was Horner vorhat: Er will die Evolution umkehren und aus gewöhnlichen Hühnern Dino-Hühner züchten. Er will die Möglichkeiten der Gentechnologie nutzen, um Hühnern dinosaurierartige Eigenschaften zu verschaffen. Bekanntermaßen stammen ja die Vögel von den Raubdinosauriern ab, den Theropoden.

Jack Horner ist Professor für Paläontologie an der Montana State University. Der Forscher, der Regisseur Steven Spielberg beim legendären Film „Jurassic Park“ als wissenschaftlicher Berater diente und der Figur des Wissenschaftlers Alan Grant Pate stand, ist kein Fantast, sondern einer der renommiertesten Paläontologen weltweit.

Mighty Mike

Jack Horner will Hühner durch Arme, Schwänze und Zähne zu Dinosauriern wachsen lassen. Und so könnte ein Dino-Huhn aussehen, gezeichnet von einer 8-jährigen

Dino-Huhn

Ihre genetische Ausstattung ist daher noch teilweise mit jenen Urahnen identisch. Horner will nun bei einzelnen Hühnern jenes Gen ausschalten, das die Entwicklung von Zähnen, des Schwanzes und der Arme unterdrückt. Diese „Dino-Hühner“ mit krokodilartigen Zähnen Dinoschwänzen und Greifarmen wären aber genetisch nach wie vor richtige Hühner mit normaler Hühner-DNA. Die DNA selber wird nämlich nicht verändert. Doch Horner ist optimistisch und will das erste Dinohuhn in etwa fünf oder sechs Jahren schlüpfen lassen: „Wenn die Evolution voranschreitet, dann kann man sie auch zurückdrehen.“

66 K U R I O S E S


1945

† März 1947

Nachdem sich die Neuigkeit herumgesprochen hatte, wurde Mike neben anderen Kuriositäten als Zirkusattraktion präsentiert. Er wurde für Magazine und Zeitungen fotografiert. Mike konnte für 25 Cent besichtigt werden. In Spitzenzeiten verdienten die Olsens mit Mike monatlich 4.500 USD, heute umgerechnet etwa 50.000 $. Im März 1947 begann Mike mitten in der Nacht in einem Motel in Phoenix plötzlich zu würgen und erstickte. Der Hahn wurde nach seinem Tod untersucht, wobei festgestellt wurde, dass die Axt die Halsschlagader verfehlt hatte und ein Blutgerinnsel ihn vor dem Verbluten bewahrt hatte. Die Echtheit dieses Falles bestätigte die Universität Utah.

Am Montag, dem 10. September 1945, enthauptete der Farmer Lloyd Olsen aus Fruita, Colorado einen fünfeinhalb Monate alten Wyandotten-Hahn. Die Axt trennte nicht den ganzen Kopf ab, denn sie verfehlte die Halsschlagader des Hahns. Ein Ohr und der Großteil des Stammhirns blieben ebenfalls intakt, weshalb Mike nicht starb. Und da das Stammhirn die lebenswichtigen Funktionen des Organismus steuert, konnte der Hahn noch unsicher laufen und sich auf einer Stange halten. Olsen fütterte ihn mit Milch und Wasser, das er mit einer Pipette direkt in die Speiseröhre tropfte. In den eineinhalb Jahren, in denen er ohne Kopf lebte, nahm er etwa drei Kilo zu.

Mike the headless chicken war der Name eines Hahns, der angeblich noch 18 Monate weiterlebte, nachdem ihm der Kopf fast ganz abgeschlagen wurde. Mike wurde eine Statue gewidmet, hat einen eigenen Feiertag in Fruita und kam ins Guinnes Buch der Rekorde.

* April

Statue in Fruita. Die Bewohner des kleinen Örtchens Fruita haben ihm eine State gewidmet und erinnern sich einfach an ihn als einen dicken, fetten Hahn, der keine Ahnung hatte, dass ihm ein Kopf fehlte.

Farmer LLoyd Olsen, Mike and his head. Mike‘s spirit is celebrated the third weekend in May the 18th & 19th, 2011 in Fruita, Colorado. Don‘t miss it! And check his page: www.miketheheadlesschicken.org

Wie 1945 ein kopfloses Huhn ins Guinnes Buch der Rekorde kommt, eine Statue kriegt und einen eigenen Feiertag erhält


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Haushuhnbiologie Verhalten im Freien

10 Das Verhalten des Huhns in freier Natur Was machen Hühner eigentlich so? Wie verhalten sie sich untereinander und wie haben Hühner Sex?

Wie werden die Hühner in der Massentierhaltung gefüttert? S. 128 Futter und Uhrzeit

Hühner rennen, Hühner picken, Hühner fliegen, Hühner baden in Sand, Erde und Staub. Hühner graben Misthaufen um, Hühner scharren und suchen, Hühner jagen, Hühner liegen gerne in der Sonne und wärmen sich aneinander auf. Hühner kommunizieren, Hühner sind neugierig und selbstbewusst, gesellig, freiheitsliebend, gewitzt und voller Lebensfreude. Hühner reagieren artspezifisch auf Einflüsse, denen sie ausgesetzt sind. Das können innere Reize sein, wie hormonelle Impulse, oder äußere, wie das Verhalten der Artgenossen bzw. artfremder Tiere oder die jeweilige Erlebnissituation etc. Die Formen des Verhaltens haben sich unter den vielen möglichen als die geeignetsten, den Lebensumständen im Wildzustand am besten entsprechenden erwiesen. Die zu ihrer Verwirklichung nötigen Kontakte zwischen zentralnervösem Impuls, nervlicher Weiterleitung zu bestimmten Muskelgruppen und deren Reak-

tion, die Kontraktion, die sich in der Bewegung äußert, stellen bevorzugte Leitungsbahnen dar. Diese artspezifischen Bewegungsabläufe liegen als „Erregungsmuster“ im Zentralnervensystem vor; bestimmte Reize werden stimuliert und in Gang gesetzt. Die Starre der festen Strukturen gewinnt an Anpassungsfähigkeit durch Erfahrung; das anfangs arg grobe angeborene Verhaltensmuster erhält seine Feinstruktur.

Nahrungsverhalten Wild lebende Hühner sind Fleischfresser, Pflanzenfresser sowie Allesfresser. Im natürlichen Lebensraum suchen Hühner ihre Nahrung selber, indem sie mit den Füßen auf dem Boden scharren, kräftig und schwunghaft nach hinten und seitwärts auf der Erde kratzen. Da sich die Vordergliedmaßen zu Flügeln entwickelt haben, besitzen Hühner


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Schnabel, schnipp schnapp! S. 140 Der Lebenslauf des Masthuhns

Ist der Hahn auch in der Massentierhaltung die Nummer eins? S. 124 45.000.000 Eintagsküken

keine Hände, sondern Flügel. Allein der Daumen ist als solcher noch erkennbar. Sie können nichts in die Hand nehmen, deswegen befühlen sie die Nahrung indem sie den Schnabel als Tastwerkzeug benutzen. Der Schnabel ist das wichtigste Tastorgan des Huhns. Sie picken mit dem harten spitzen Hornschnabel auf dem Boden herum und suchen ihn so ab. Zahlreiche Tastkörperchen befinden sich in der Schnabelhöhle, auf der Zunge und im Rachenraum und vermitteln dem Huhn Wahrnehmung über Größe, Härte und Oberflächenbeschaffenheit des Futters. So lernt das Huhn, die für ihn bekömmlichen Futterstoffe förmlich zu ertasten. Vor der Aufnahme von Korn nimmt das Huhn den Kopf so weit zurück, dass das Korn von beiden Augen gesehen werden kann. Hat es die Lage des Kornes fixiert, stößt es mit dem Schnabel zielgerecht zu. Hühner sind Allesfresser, sie fressen Getreidekörner, Gras, Knospen, Klee, Sämereien, Hirse, Löwenzahn, Wicken, Brennessel, Obst, Kohl, Erbsen, Mohrrüben, Insekten, Käfer, Raupen und kleine Tiere, wie Eidechsen, Würmer, Schnecken und sogar Mäuse. Hühner besitzen keine Zähne, deswegen nehmen sie auch kleine Steinchen mit auf, Gastrolithen genannt. Diese helfen, die aufgenommene harte Nahrung in ihrem Magen zu zermalmen. Diese gelangt zunächst in eine sackartige Ausstülpung der Speiseröhre, den Kropf. Hier wird die Nahrung eingeweicht; darum trinken Hühner viel. Im Muskelmagen erfolgt durch reibende und quetschende Kontraktionen die Futterzerkleinerung. Der Geschmacksinn ist nur sehr schwach ausgeprägt, trotzdem kann das Huhn die vier grundlegenden Geschmacksqualitäten süß, sauer, salzig und bitter sehr wohl unterscheiden. Aufgrund der recht geringen Geschmacksempfindung spielen die vier genannten Varianten bei der Futterwahl jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Das Huhn selektiert eher nach der Körnung des Futters, der äußeren Beschaffenheit wie hart, weich oder rauh. Darüber hinaus zeigt es sich über bitter schmeckende Stoffe sehr unempfindlich, während es gegenüber sauer schmeckendem Futter durchaus ablehnend reagiert. Das Trinken ist ein umständlicher Vorgang, ds sie das Wasser nicht saugend einziehen können. Wenn Hühner Durst haben, tauchen sie den Schnabel tief in das Wasser, dann schnellen sie den Kopf hoch

in den Nacken und lassen es die Kehle hinunter rinnen. Diesen Trinkvorgang führen vorzugsweise mehrere Tiere gleichzeitig und im selben Rhythmus aus.

Hühner sind GemeinschaftsHackordnung tiere, sie alle brauchen den Kontakt zu Artgenossen und dem Partner, um sich wohlzufühlen und leistungsfähig zu sein. Das Huhn braucht die Gruppe sowohl für soziale Geborgenheit als auch zum Schutz vor Gefahren. Dabei ist die Vorraussetzung für ein gut funktionierendes Zusammenleben in der Herde eine hierarchische Struktur, die sogenannte Rang- oder auch Hackordnung. Sie umschließt jedes Tier der Herde und gibt ihm eine feste soziale Stellung, diese bleibt meist unverändert so erhalten . Erst wenn ein Tier krank wird, neu zu der Gruppe hinzukommt oder eine Glucke sich von der Gruppe absondert, beginnt alles von vorne. In der Natur leben Hühner in kleinen Gruppen von fünf bis zehn Hennen mit einem Hahn an der Spitze zusammen. Das Entstehen und die Veränderung einer Rangordnung setzen voraus, dass die Tiere einer Gruppe sich „persönlich“ erkennen können – auch das dient dem langfristigen Fortbestand der Gruppe. Das Verhalten der Ranghöheren gegenüber Rangniederen wird dabei als Dominanz bezeichnet. Die lineare Hackordnung sieht vor, dass das Alpha-Tier über allen anderen steht, es „hackt“ alle anderen. Das Beta-Huhn steht über dem Gamma-Huhn und dieses über den nachgeordneten Tieren. Die Hühner der mittleren Hierarchieebene hacken nach unten, aber respektieren höhergestellte. Am Ende der Kette steht ein Huhn, das vor allen zurückweichen muss. Der Hahn hat immer die höchste Position inne und ist für das Gruppengleichgewicht notwendig. Er hält seinen „Harem“ in der Natur zusammen und beschützt ihn. Der Hahn kräht häufig laut um sein Revier zu markieren, läuft mit erhobenem Kopf und aufgeplusterter Brust herum, er stolziert. Er demonstriert seine mächtige Stellung durch Imponiergehabe wie herausfordernde Haltung, Krähen, Angriffslust oder auch indem er beide Flügel über seinem Rumpf klatschend zusammenschlägt. Zum Hahn gehören meistens 5-10 Hennen.


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Haushuhnbiologie Verhalten im Freien

Auch sie haben eine Reihenfolge, welche von ihnen am meisten darf: Wer darf neben dem Hahn schlafen? Wer darf zuerst fressen? Im Alter von drei Wochen setzen spieleri sche Kraftproben ein und ältere Küken hacken nach den jüngeren Küken. Endgültig werden diese Kämpfe bei zusammen aufgezogenen Hennen erst zur Paarungszeit ausgefochten. Je nachdem, ob das Äußere des Gegenübers als bedrohlich empfunden wird, hängt es vom Temperament und Selbstvertrauen ab, ob es den Kampf aufnimmt. Der Kampf der Hennen verläuft anders als der der Hähne: Sie gehen hochaufgerichtet mit Drohlauten, leicht gesträubten Hals- und Schwanzgefieder aufeinander zu, blicken sich drohend an und springen, wenn sie sich nahe genug sind aufeinander los. Sie hacken der Gegnerin möglichst von oben herab mit dem Schnabel auf dem Kopf, Nacken, Kamm und ins Gesicht. Die unterlegene Henne nimmt Demutshaltung ein, senkt den Kopf, sieht weg und hält Abstand. Mit einem kleinen Schrei ordnet sie sich der Siegerin unter. Die ranghöchste Henne darf nun die anderen nach Belieben schikanieren. Die Auswahl der dominanten Hennen wird neben bereits geführten Kämpfen zum Teil durch das Alter und auch durch „Bewunderung“ des Hahns für fleißiges Eierlegen festgelegt. Ranghohe Hennen haben außerdem ein mutiges, selbstsicheres Auftreten, Kampfbereitschaft und Ausdauer. Weitere Erkennungsmerkmale sind Gefiederfärbung und –struktur, eine kräfti-

ge Statur und die Besonderheiten des Kopfes: Kammform und –größe, Kehllappen, Ohrscheiben und glänzende Augen. Das Oberhuhn hat gewisse Privilegien, aber auch Aufgaben, die zu erfüllen sind und die zum Funktionieren der Rangordnung dazugehören. Die Oberhenne genießt Vorteile beim Zugang zu Futterstellen, begehrten Schlafplätzen und Sexualpartnern. Sie darf zuerst fressen, schläft in der Mitte, weil es dort nachts am wärmsten ist (im Winter steckt sie sogar ihren Kamm unter das Hinterteil einer anderen, damit er nicht erfriert) und ihr gebührt die nächste Nähe zum Hahn. Beim Staubbaden und im Legenest beansprucht die Oberhenne hier immer die ersten Plätze. Zu ihren Aufgaben zählt die ranghöchste Henne die Führung der Gruppe und deren Schutz und Verteidigung vor Feinden. Ohne ihr Einwirken wäre die Gruppe gefährdet und es würde kein sozialer Frieden herrschen. Die ranghöheren Hennen haben das Recht, die rangniedrigeren von allen Plätzen weg zu hacken, sie schikanieren sie regelrecht. Sie hacken sie von den Futter- und den Wasserplätzen weg, von den sonnigen und den schattigen sowie nachts von Schlafplätzen. Doch dieses Leben in der Gemeinschaft ist für jedes Huhn so bedeutsam, dass es eben auch unter derart ungünstigen Bedingungen lieber mit den anderen zusammen lebt als allein.


Hahnenkampf Der Hahnenkampf fängt dann an, wenn sich zwei Hähne zu nahe kommen, etwa bei der Begegnung zweier Herden. Die Ausgangsstellung ist dabei immer die gleiche: Die Hähne stehen sprungbereit, tief geduckt, mit weit vorgestreckten Köpfen, gesträubtem Halsbehang und gesenktem Schwanz gegenüber. Die Schnäbel sind nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Jeder wartet auf eine günstige Gelegenheit, den anderen anzuspringen, und zwar höher als der andere, um ihn von oben herab auf den Kopf zu hacken, mit den Sporen zu treffen und den Flügeln zu schlagen. Der andere Hahn reagiert auf den Ansprung des Gegners, indem er sich duckt, die Flügel über dem Kopf zusammen schlägt, um sich so vor dem Angreifer besser zu schützen. Der duckende Hahn spart Kraft: eine Kampfweise, die schwere Rassen vorziehen. Sie springen zwar seltener, aber wuchtiger und ausdauernder. Leichte Hähne springen öfter schnell hintereinander und ermatten eher, sie sind meist die Unterlegenen in einer direkten Auseinandersetzung mit schweren Rassen. Reicht es nicht mehr zum Sprung, wird auf den Läufen stehend weiter gekämpft und durch Hacken, Festbeißen in Kopfteilen und Wegdrücken des anderen versucht, die Oberhand zu bekommen. Wer den Kampf aufgibt, flieht oder nimmt eine Demutshaltung ein: Das Gefieder wird eng an- und der Schwanz zusammen gelegt, ein besonderer Laut wird ausgestoßen. Der Sieger des Kampfes kräht lauthals und


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Haushuhnbiologie Verhalten im Freien

kehrt voller Triumph zu seinen Hennen zurück. Hähne mit großen, roten Kämmen siegen leichter als andere mit rassemäßig unauffälligeren Geschlechtsmerkmalen.

Kann das Huhn in der Massentierhaltung auch Sandbaden? S. 167 Haltungssysteme

Sandbaden Als Sandbaden oder auch Staubbaden wird vor allem eine unter Vögeln anzutreffende Form des Komfortverhaltens bezeichnet, also dient dies der Körperpflege. Hühner nutzen dafür wiederholt bestimmte sonnige Plätze zum Sandbaden, sogenannte Huderkuhlen. Hier bringt offenbar auch die im Bodensubstrat fühlbare Hitze, wenn sie auf den Körper aufgebracht wird, ein wärmendes Wohlgefühl. Hühner ducken sich beim Sandbaden dicht an den Boden einer kleinen Sandmulde und wackeln mit dem Körper hin und her, wobei das lockere Bodenmaterial hoch gewirbelt wird. Sie schaufeln mit dem Schnabel vom Rande der Mulde Sand unter den Körper, um ihn dann mit schüttelnden Körperbewegungen hochzuschleudern und durch die aufgestellten Federn an die Haut zu bringen. Dabei spreizen sie meist auch einen oder sogar beide Flügel ab. Anschließend schütteln sie sich heftig und zeigen Putzverhalten. Beim Auerhuhn gibt es Untersuchungen, denen zufolge erhebliche Mengen an Parasiten in ihren Huderkuhlen gefunden wurden. Federmilben und Läuse halten sich an den Bodenpartikeln fest und werden

dann beim Ausschütteln mit hoher Geschwindigkeit aus dem Gefieder heraus in den Boden geschleudert.

Balzverhalten Elemente der Balz sind z.B. das laute Gackern der Henne und die Begrüßung durch einen Kratzfuß, auch Stolperbewegung über den Flügel genannt, ausgeführt vom Hahn. Der Hahn bewegt sich dazu mit gezierten, kurzen und tippelnden Schritten in spiralförmigen Kreisen um die Henne herum und umwirbt sie.

Paarungsverhalten Wie alle Vögel haben Hühner für Geschlechtsorgane, Harnleiter und Darm nur einen Körperausgang, die sogenannte Kloake, durch sie werden Kot und Harn abgegeben, die Henne befruchtet und das Ei gelegt. Den Hähnen fehlt ein penisähnliches Begattungsorgan. Nach dem Balzverhalten beißt der Hahn die Henne in den Nacken, diese geht in eine leichte Hockstellung, worauf der Hahn sie besteigt und festen Halt durch die tief geduckte Henne findet. Gleichzeitig umklammert der Hahn ihre Flügel mit den Zehen und spreizt seine Flügel ab, um das Gleichgewicht zu halten. Der Hahn presst seine Kloakenöffnung auf die der Henne und auf diese Weise kann das Sperma aus dem Samenkanal in die Henne eindringen.


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Die Eiproduktion ist um 802 Prozent gestiegen. Das glaubst Du nicht? Dann guck hier mal nach: S. 110 Die Eiproduktion seit 1800

Wie funktioniert die Entstehung des Eies noch mal genau? S. 14 Die Entstehung im Infundibulum

Bei jedem sogenannten Tretakt werden etwa ein bis zwei Millionen Spermien übertragen. Die dabei übertragenen Spermien wandern innerhalb einer Stunde zunächst im Eileiter der Henne aufwärts und werden dann in Speicherdrüsen gelagert. Von dort aus umschwärmen die beweglichen Spermien die auf der Dotterkugel liegende Eizelle mit dem Ziel, in diese einzudringen. Als Befruchtung wird die erfolgreiche Verschmelzung einer männlichen Samenzelle mit der vollreifen weiblichen Eizelle bezeichnet. Ist der Tretakt vollzogen, verabschiedet sich der Hahn mit einer kurzen Balz als Nachspiel. Die Henne schüttelt sich lediglich und ordnet ihr Gefieder. Zwei bis drei Tage nach dem Tretakt wird das erste befruchtete Ei gelegt. Die Befruchtung hält vier Tage vor. Während Hähne leichter Rassen 30 - 50 mal am Tag ihre Hennen „treten“, wurden für Hähne mittleren Rassen 1 5 -20, bei schweren rassen 5 -1 0 Tretakte gezählt.

Legeverhalten Ob Hennen die Eier im Nest ausbrüten hängt von Rasse, Tageslichtlänge, Umgebungstemperatur und Luftdruck ab. Die meisten Hennen preferieren ein schützendes Nest für ihre Brut sowie abseits gelegene Örtlichkeiten im Halbschatten, möglichst erhöht liegend und mit weichem, sauberen Nistmaterial gefüllt. Das Legeverhalten der Henne wird durch das Hormon Prolaktin geweckt, sie beginnt sich anders zu verhalten: Sie plustert

sich auf, indem sie ihre Flügel spreizt und ihr Gefieder sträubt. Sie fängt an, sich von der Herde abzusondern, wird unruhig und möchte ihre Ruhe haben. Dabei stößt sie zuerst schrille, dann gluckende Töne aus. So füllt sie Tag für Tag das Nest mit einem Ei. Sobald der Henne die Zahl der Eier groß genug scheint, meist sind das so um die 12 Eier, setzt sich die Glucke fest auf ihre Eier im Nest und beginnt zu brüten. Ihr Verhalten wird ruhiger. Während der Brut gehen physiologische Vorgänge im Körper vor sich, die zur Verlangsamung des Stoffwechsels und einem geringen Futterbedarf führen — bis zu ⅕ des üblichen Verzehrs. Nichtbrütende Hennen würden bei dieser Futtermenge verhungern. Die Glucke verlässt deshalb in der Regel nur einmal am Tag ihre Brutstätte, um ihren Hunger zu stillen und ihr Bedürfnis zu verrichten. Wehe, es kommt ihr jemand zu nahe, denn sie verteidigt ihre Eier gegen jeden Störenfried. Auch die noch so handzahmste Henne hackt wütend nach einer Hand, die sich zu sehr nähert. Brütende Hennen verlieren fast alle Federn am Bauch, weil sie so ihre Körperwärme direkt an die Eier weiter geben können. Regelmäßig wendet die Glucke alle Eier unter sich im Nest, damit sie auch von allen Seiten möglichst gleich gewärmt werden. Etwa einen Tag, bevor die Küken schlüpfen, beginnen sie, im Ei zu piepsen. Die Glucke antwortet darauf mit tiefer, beruhigender Glukkenstimme. Der Bruttrieb endet mit dem Piepsen der ersten Küken. Die Küken erkennen


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Haushuhnbiologie Verhalten im Freien

die Stimme der Mutter, sie sind konditioniert, geprägt und hören die Mutter selbst im Dunkeln unter vielen gackernden Hühnern sofort heraus.

Nestflüchter Die Küken kommen sehr weit entwickelt zur Welt und verlassen unmittelbar nach dem Schlüpfen bzw. nachdem es vollständig trocken ist das Nest. Sie können sich im Prinzip sofort in ihrer Umwelt allein zurechtfinden, werden allerdingssehr häufig und noch wochenlang von erwachsenen Tieren beschützt und gefüttert. Die Küken kommunizieren mit der Mutter und auch untereinander durch lautes Piepsen. Der Schlupf kann so praktisch „abgesprochen“ werden. Bis zu zwei Stunden können die Küken den Schlupf hinauszögern, falls noch nicht alle soweit sind. Dies bringt vor allem in der freien Natur Vorteile, wenn die Küken alle gleichzeitig trocken sind und dann zusammen mit der Mutter das Nest verlassen können.

che, sondern vielmehr Signale, die von anderen Hühnern verstanden werden. Bereits in den 20er Jahren wurden diese Lautäußerungen analysiert; ihre Zahl beläuft sich auf etwa 30. Dabei gibt es „Dialekte“, z. B. Unterschiede zwischen Zwerg- und großen Hühnern ebenso wie rassebedingte Abweichungen und genauso zwischen Hahn und Henne. Normalerweise krähen letztere und glucken erstere beispielsweise nicht. In nachfolgender Zusammenstellung sind die bekanntesten Lautäußerungen beschrieben: Kikerikiii morgens: gibt anderen Herden seinen Standort bekannt und meldet Revieranspruch an tagsüber: Balz, Kampf, um verlorenen Hennen zurück zur Herde zu helfen Gack laut: aufgeregte Henne nach dem Legen leise: Behaglichkeitslaut, die Henne fühlt sich wohl

Am Tag haben sie draußen gerne einen großen Auslauf. Hühner sind nämlich Laufvögel. In dem Auslauf können sie sich auch selbst Futter suchen. Hühner sind Scharrvögel, sind gute Läufer, aber schlechte Flieger.

Gagaga Hahn und Henne vor dem Einschlafen

Kommunikation Die Laute der Hühner geben Stimmungen wieder und sind keine Spra-

Guack langer Laut der Henne vor dem Legen

Gluck typischer Laut der brutlustigen Glucke oder die Küken führende Henne


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Flipflipflip Hahn bei Futterangebot an Henne und Glucke bei gleicher Tätigkeit an Küken Hurrr Küken gibt Unwohlsein kund Uhhuhh Angstschrei, bei starkem Erschrecken Rrrrrrrah! wenn eine Henne eine andere bedroht Uahahah von Hahn: Warnung vor Feind am Boden von Henne: Warnung vor Feind aus der Luft Wäh Hahn, Henne oder Küken äußert Schmerzen Krokro Hahn beim Umwerben einer Henne Wiss Wohligkeitsäußerung gut gewärmter und versorgter Küken


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In England wurde diese Tradition auch als „merrythoughts“ bekannt durch die fröhlichen Wünsche beim Brechen des Knochens.

Als die Römer das Land beherrschten, übernahmen sie viele der Gewohnheiten und Traditionen der Etrusker, allerdings ersetzten sie das simple Streicheln durch einen Kampf um den Knochen, bei dem dieser zu Bruch geht.

Vor fast 2500 Jahren glaubten die Etrusker, ein antikes Volk im Mittelitalien, dass die Henne die gesegnete Gabe hätte, die Zukunft voraus zu sagen — aufgrund ihres aufgeregten und lebhaften „guok!“, immer bevor sie ein Ei legte. So dachten sie, wenn sie das Huhn beim Picken genauer studierten, könne es ihnen sogar Entscheidungen abnehmen. Dafür malten sie einen großen Kreis auf den Boden, der in 20 Abschnitte mit gleich vielen Körnern unterteilt wurde. Jeder Abschnitt stand für einen Buchstaben im etruskischen Alphabet. Sie schrieben sich die Reihenfolge auf, in welcher das Huhn die Körner von verschiedenen Abschnitten aufpickte, ähnlich wie einem Ouija Board. Die Ergebnisse wurden dann vom Dorfältesten interpretiert. Die Etrusker hielten das Schlüsselbein eines Huhns für so heilig, dass sie jedes Schlüsselbein für drei Tage in der Sonne trockneten. Erst danach durfte man über den Knochen streicheln, während sie einen Wunsch erbaten.

Die spielerische Tradition zu Thanksgiving funktioniert zu zweit ganz einfach: Jede Person hält eine Seite des Schlüsselbeines fest. Zur gleichen Zeit ziehen beide bis der Knochen in zwei Stücke bricht. Wer nun das größere Knochenstück in der Hand hält, dessen Wunsch wird wahr. Doch was ist die Geschichte hinter dieser Schlüsselbein-Tradition?

Wie aus einem Schlüsselbein des Huhnes merrythoughts und die Wish-Bone-Tradition in Amerika entstand

Wishbone

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76 K U R I O S E S


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Wishbone-Produkte 1 Gabelbein des Huhns 2 Y-Fahrradgabel 3 Wishbone Slingback-Pumps von Report Signature, 2010, Preis 160€ 4 Y-Front Lower, Werkzeug aus der Auto-Werkstatt 5 „Y-Chair“ von Hans Wegener, 1950, 578€. Das organische Gestaltungsprinzip ist zum Kultsymbol aus Dänemark auf gestiegen und wird auch heute noch sehr erfolgreich produzert 6 Gestaltung des Y-Chairs erstmals in Pink von 20 New Yorker Künstlerinnen für die Breast Cancer Foundation 7 „Item: III Three Wishbones in a wooden box“ von Lorna Simpson, 1994, 255€. Sie verwendete verschiedene weiche bis harte Materialitäten, um Zerbrechlich keit darzustellen 8 „Wishbone“ von Mielle Riggie, 2010, Einzelstück. Skulptur aus Bronze und Glas, sie möchte Fragilität und die Spannung des täglichen Lebens zeigen

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Als sich schließlich die Pilgerväter zur Neuen Welt aufmachten und in Plymouth Rock viele Truthähne ausfindig machten, übertrugen sie den Brauch einfach auf diese. Und so hat sich der Brauch in Amerika weiter fort gesetzt. 1930 war der Wish Bone in der Gesellschaft gleich zu setzen mit Glück, wie das vierblättrige Kleeblatt. Heute wird seine Form im Möbeldesign eingebaut, in der Kunst verwendet und sogar in Goldstücke geprägt. Die Redewendungen „I need a lucky break“ oder„I never get a break“ stammen von der Wish Bone-Tradition.

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11 Ab in die Federn

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Hühner haben viele verschiedene Federn: Sattelbehang, Hauptsichel, Steuerfedern, kleine und große Flügeldecken. Hier werden nun die wichtigsten vorgestellt

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Flügel-Befiederung 1 Oberarm 2 Elle und Speiche 3 Daumen mit mit 4 Federn 4 2. Finger 5 3. Finger 6 Handschwinge mit 10 Federn 7 Armschwinge mit 14 Federn

Was war das noch gleich? S. 74 Das Paarungsverhalten

Federbau 1 Papille 2 Seele 3 Spule 4 Ast 5 Nebenast 6 Häkchen 7 Federfahne 8 Kiel

Als Anhangsgebilde sind in die Haut der Vögel Federn verschiedener Art in taschenförmigen Einstülpungen eingefügt. Die Federn stehen in typischen Reihen, den Pterylae mit den quergestreiften Hautmuskeln in Verbindung. Im Federbalg befindet sich die Spule mit der Seele, oberhalb der Haut der Schaft. Spule und Schaft bilden den Federkiel. Die Federkiele können mit Hilfe spezieller Muskeln gesträubt oder angelegt werden. Am Schaft sitzt die Fahne, deren größerer Teil bildet die Außen-, der kleine Teil die Innenfahne der Flügelfedern. Sie gliedert sich in Äste und Nebenäste, sie weisen feine Häkchen auf, die ineinandergreifen und so der Fahne festen Halt geben. Ausgewachsene Hühner sind durch drei verschiedene Federarten bedeckt: Deckfedern, Flaumfedern und Fadenfedern. Die Deckfedern sind kraniokaudal (vom Kopf ausgehend in Richtung Füße) gerichtet und bilden das eigentliche Federkleid und damit den äußeren Körperabschluss. Sie können das Gefieder dachplattenartig schließen oder im gesträubten Zustand öffnen. Die Deckfedern am Flügel geben dem Huhn Form und Farbe, die Schwungfedern am Schwanz bezeichnet man aufgrund ihrer besonderen Funktion auch als Steuerfedern. Die Flaumfedern, auch Daunen oder Plumae, bilden eine weiche Federschicht in Körpernähe unter den Deckfedern. Sie bilden den Hauptschutz gegen Kälteeinwir-

kung: Durch ihre lockere Bauweise und die dazwischen liegenden Luftpolster bieten sie eine ausgezeichnete Wärmeisolierung, oder auch Spalten zur besseren Durchlüftung. Die Fadenfedern, auch Borstenfedern oder Filoplumae genannt, bestehen fast ausschließlich aus einem sehr weichen, dünnen Schaft und einer stark reduzierten Fahne. Wir finden sie zwischen den Deckfedern und vor allem am Schnabelgrund, an Augen und Ohren. Es gibt eine Vielfalt von Farben, Mustern und Formen des Federkleides, jede Rasse hat ihre Eigenheiten und selbst innerhalb der Rassen variieren Farben, Formen und Muster. Während der Mauser, die meist einmal jährlich im Spätsommer oder im Herbst erfolgt, wird ihr Federkleid gewechselt. Denn über das Jahr leidet das Federkleid besonders durch den Tretakt des Hahnes. Oft sind Hennen in Herden, die von vitalen Hähnen geführt werden, im Sommer fast nackt auf dem Rücken. Im neuen Herbstgefieder sieht das Huhn am schönsten aus.


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Farbtafel Federn 1 Steinhuhn 2 Rebhuhn 3 Plymouth Rocks 4 Schwungfeder des Birkhuhns 5 Steppenflughuhn


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Farbtafel Federn 6 Sonnerathuhn 7 Silberwyandotte


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Eier! Unsere Eier stammen von Legehennen — doch weißt Du, wie viele Eier die deutsche Durchschnittshenne im Jahr legt? Die Käfighaltung ist in Deutschland seit 2009 passé, aber wird die Kleingruppenhaltung der Henne gerechter? Männliche Küken haben in dieser Welt keine Chance und den weiblichen wird dafür ein 12 monatiger Sommer vorgegaukelt — vielleicht nicht weiter schlimm, wenn man bedenkt, dass sie ohnehin nur 15 Monate leben.


Jede Legehenne hatte genau 0,55m2 Platz in einer normalen Käfigbatterie. Seit der groĂ&#x;en Reform 2006 steht ihnen nun 5 Checkkarten mehr Platz zur VerfĂźgung in den sogenannten Kleinvolieren.

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Legehenne 108 Massentierhaltung

12 Vom „lustigen Missgeschick“ bis zur Käfigbatterie Die angeblich zufällige Entstehung der Massentierhaltung in den USA und die Entwicklung in der ganzen Welt

Die Entwicklung der Massentierhaltung begann in den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg. Sie ist in den USA entstanden und von dort aus über Großbritannien nach Europa gekommen. Das erste Tier, das einer intensiven Haltung ausgesetzt wurde, war das Huhn. Doch wie kam man auf die Idee, Hühner einfach einzusperren? 1923 erlebte die Farmerin Celia Steele aus Ocean View ein fast schon lustiges Missgeschick und gab damit weltweit die Initialzündung für die moderne Geflügelindustrie. Sie erhielt angeblich eine Lieferung von 500 statt 50 Küken, die sie bestellt hatte. Aber statt sie irgendwie loszuwerden, beschloss sie auszuprobieren, ob sie die Tiere im Winter drinnen halten konnte. 1930 lag die durchschnittliche Größe einer Schar bei 23 Tieren in Amerika, Steele besaß 1935 bereits 25.000 Hühner. Eng zusammengepfercht und monatelang ohne Tageslicht und Bewegung hätten Steeles Vögel niemals überlebt, wenn Experten nicht kurz zuvor die positive Wirkung von Vitamin-A und Vitamin-D entdeckt hätten. Steeles erste Massenproduktion wurde nur durch den Vitamin-Zusatz im Futter möglich. So konnten die Hühner großgezogen werden, ohne jemals das Sonnenlicht gesehen und eine Wiese betreten zu haben. Ab 1963 kamen die ersten Metallkäfige aus Japan, 2005

stammten mehr als 93 Prozent aller Eier aus Käfighennen-Anlagen. In diesen Käfigen hat ein Huhn 0,055 Quadratmeter Platz, das ist weniger als ein DIN A4-Blatt pro Huhn. Ja, schnapp’ Dir einfach mal ein DIN A4-Blatt und stell’ Dir ein ausgewachsenes Huhn in der Form eines Basketballes mit Beinen darauf vor. Und dann stell’ Dir 33.000 dieser Rechtecke in vielen Reihen neben- und übereinander gestapelt vor. Die Hennen sind extrem beengt, haben kaum Bewegung. Der Maschendraht der Käfige schrabbt ihre Federn ab, scheuert ihnen die Haut auf und verkrüppelt ihnen die Füße. Das Stehen auf Gitterböden fördert Bein- und Fußkrankheiten. Etwa sechs Prozent der deutschen Hennen, die unter diesen Bedingungen gehalten werden, sterben innerhalb von zwölf Monaten an Stress oder einer Erkrankung. Zwar sind die einstigen konventionellen Batteriekäfige seit Anfang 2009 — mit Ausnahmen bis zum Jahresende — verboten, die neuen sogenannten Kleingruppenkäfige sind jedoch nicht viel besser. Bis zu 60 Tiere werden in einem Kleingruppenkäfig gehalten. Es müssen Sitzstangen, Lege- und Scharrbereich vorhanden sein, doch das Ausleben artgemäßen Verhaltens ist nur sehr eingeschränkt möglich.

Käfige oder Kleingruppenhaltung? S. 166 Haltungssysteme

Ein Leben ohne Sonnenlicht? Wie funktioniert das? S. 128 Futter und Zeit der Beleuchtung

Italiener und Brakel? Brahma, Mechelner? S. 38 Hühner-Farbtafel


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13 Power-Mischlinge für die Massentierhaltung Neben Legerassen und Fleischrassen gibt es auch Hybridhühner — die eierlegende Wollmilchsau sozusagen

Nicht alle Hühner in Deutschland vegetieren in diesen Käfigbatterien dahin. Wenigstens in dieser Hinsicht könnte man sagen, dass Masthühner — im Gegensatz zu Legehennen — mehr Glück haben: Ihnen wird oft bis zu je 0,093 Quadratmeter zugestanden. Masthühner und Legehennen? Ist Huhn nicht gleich Huhn? Bis heute halten Menschen auf der ganzen Welt Hühner als Haus- und Nutztiere. Über 151 Hühnerrassen gibt es noch bei uns, die sich neben ihrer biologischen Abstammung mittlerweile auch nach ihrer Nutzung einteilen lassen: Es existieren also zwei verschiedene Arten „Huhn“, die Legehennen auf der einen Seite und die Masthühner auf der anderen, mit jeweils unterschiedlicher genetischer Ausstattung. Beides sind Hühner, doch sie unterscheiden sich erheblich im Körperbau und Stoffwechsel, weil sie für verschiedene Funktionen gezüchtet werden. „Legefreudige“ Legehennen zeigen eine extrem hohe Legeleistung und produzieren Eier, bis zu 289 im Jahr. Als Vertreter der Legerassen gelten die mittelgroßen Italiener oder die silber- bis goldfarbenen Brakelhühner. „Massige“ Masthühner hingegen verfügen über einen starken, schnellen Fleischansatz und produzieren Fleisch. Zu den Fleischrassen gehören zum Beispiel die schweren Brahma oder die meist gesprenkelten Mechelner.

Neben diesen beiden Arten gibt es nun auch die „Hybridhühner“, die sich für eine Doppelnutzung eignen, die sogenannten Mehrnutzungsrassen. Sie haben eine hohe Legeleistung und weisen einen schnellen Fleischansatz auf. Der Bergische Schlotterkamm etwa zählt zu den typischen Hybriden — diese taugen gleichermaßen zum Eierlegen und als Fleischlieferanten. Ihre Effektivität verdanken sie dem gezielten Selektieren und Kreuzen von Tieren. Deren genetische Eigenschaften lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres vererben, ihre Nachkommen wären völlig unterschiedlich und nicht ganz funktionstüchtig, sie könnten keine gesunden Nachkommen zeugen. Damit die geforderte Einheitlichkeit, die der Verbraucher angeblich fordert, garantiert ist, müssen wirtschaftlich orientierte Betriebe immer neue Tiere bei den weltweit nur noch sehr wenigen Zuchtbetrieben zukaufen. Wie der Ablauf genau funktioniert, liest Du auf den folgenden Seiten.


Die Eiproduktion ist seit 1800 um 802% gestiegen Die Legeleistung der wild lebenden Urform unserer Hennen, die Bankivahenne, umfasst ein Gelege von zehn bis zwölf Eier, bis das Nest voll und ihr Bruttrieb gestillt ist. Nimmt man der Henne das Ei weg, versucht sie, ihr Nest aufzufüllen. Unsere herangezüchteten Hennen legten 2000 im Durchschnitt 289 Eier, 2004 bereits 291 Eier. Tendenz weiter steigend.

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1 gelegtes Ei jedes 10. gelegte Ei


Lebenslauf einer Legehenne Der normale Weg einer Legehenne von der Brüterei bis zum Schlachter. Die Legezeit beginnt nach der Geschlechtsreife. Die Knochen dienen als Speicher für die Calcium-Aufnahme zur Eischalenbildung. Nach 12 Monaten sind die Knochen durch die permanente, völlig unnatürliche Eiproduktion entkalkt und brüchig. Die Osteoporose ist das Ergebnis gezielter Selektion auf niedriges Körpergewicht und persistente Legeleistung. Diese Hennen werden nach 15 Monaten getötet und sind nur noch als Suppenhühner zu gebrauchen, da Knochensplitter die Fleischqualität beeinträchtigen und sich nicht im Handel verkaufen.

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Nach dem Schlupf Die Hahnenküken werden direkt nach dem Sexen getötet, sie heißen deshalb Eintagsküken.

Schlupf – 1. Tag In einer Brüterei schlüpfen zwei Mal die Woche ça. 60.000 Küken, die direkt nach dem Schlupf gesext werden, das bedeutet, dass sie nach Geschlechtern getrennt werden. Nach dem Schlupf Nach dem Sexen erhalten alle weiblichen Küken prophylaktisch 17 Schutzimpfungen gegen Krankheiten, die verhäuft in der Massentierhaltung auftauchen.

15. Monat An die 50.000 Legehennen landen pro Tag als Suppenhuhn in den Supermärkten.

2. Tag Die weiblichen Küken werden abgezählt, in Kisten verpackt und noch am selben Tag zu den Aufzuchtbetrieben transportiert.

15. Monat Die Legehennen werden beim Schlachter getötet. 98% der Schlachtkörper weisen gebrochene Knochen auf.


4 Monate Aufenthalt In den Aufzuchtbetrieben wachsen die weiblichen Küken bis zu ihrer Geschlechtsreife heran. Die steigende Östrogenausschüttung ändert die Knochenbildung, was zu Osteoporose führt. Dieser Abbau der Knochenmasse ist auf die Enge in den Aufzuchtbetrieben und die mangelnde Bewegung zurückzuführen.

12.-14. Monat Die ausgelaugten Legehennen werden ein drittes Mal verpackt und zum Schlachter transportiert. Beim Ausstallen erleiden weitere 17% der Legehennen Knochenbrüche.

Ende 4. Monat Die jungen Hennen werden wieder in Kisten verpackt und zum Stall transportiert. Durch den Verlust ihrer Knochenmasse kommt es zu den ersten Knochenbrüchen.

Ab dem 5. Monat Die Legehennen legen fast jeden Tag ein Ei und bis zu 289 Eier im Jahr. 1 0% erkranken an Osteoporose und haben Knochenbrüche, 30% haben entzündete Eileiter, was als „Berufskrankheit“ gilt.


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Massentierhaltung Legehenne

14 Der Lebenslauf einer Legehenne Der Weg beginnt bei den Züchtern und reicht über die Produktion bis zur Vermarktung der Produkte.

Mit der aufkommenden Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts musste die immer größer werdende Bevölkerungszahl mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Um diese Anforderungen zu erfüllen, wurden im Laufe der Zeit zunehmend Legehennen für die Eiererzeugung gezüchtet. Durch die gezielte Paarung von Elterntieren mit den gewünschten Eigenschaften begann der Aufschwung der Legehennenhaltung. Heute lautet das Ziel, mehr Eier von gesunden Hennen zu erhalten, ohne die Qualität zu vernachlässigen. Aufgrund der Fortschritte auf dem Gebiet der Geflügelproduktion kam es zur Aufspaltung in einzelne Bereiche. Der Weg der Legehenne beginnt bei den Züchtern und reicht über die Produktion bis zur Vermarktung der Produkte. Die Zuchtarbeit liegt weltweit in den Händen von nur drei Firmen, den Zuchtunternehmen, die mit reinerbigen Tieren (also Hühnern einer Rasse) die Großelternbestände aufbauen. Aus den befruchteten Eiern der Großelterntiere schlüpfen die Elterntiere unserer Legehennen. Diese werden als Küken von den Zuchtbetrieben zu den Vermehrungsbetrieben geliefert. Durch die Paarung von Hühnern zweier reinerbiger Linien in den Vermehrungsbetrieben entstehen die Hybridhennen, unsere Legehennen. Die Bruteier der Hybrid-Eltern werden an Brütereien wei-

tergeliefert. Das bedeutet, dass die Glucke ihre Küken kein einziges Mal sieht. Durch künstliche Bebrütung in den Brutmaschinen schlüpfen aus den befruchteten Eiern nach 21 Tagen die Küken. Künstliche Bebrütung bedeutet vollautomatische Bebrütung: Konstante Licht-Bestrahlung bei 38°C, ständige gleich hohe Luftfeuchtigkeit von 60 Prozent und maschinelle Wendung der Eier. Die Vorteile der Kunstbrut liegen auf der Hand: Es können sehr viele Eier auf einmal bebrütet werden, es schlüpfen in der Regel mehr Küken, es besteht eine Unabhängigkeit von der Jahreszeit und es fallen keine Hühner für die Eierproduktion aus. In dieser unnatürlichen Umgebung beginnt in der Grafik der Lebenslauf der Legehenne, die unsere Eier legt. An die 60.000 Küken schlüpfen an zwei Tagen in der Woche in solch einer Brüterei. Statt in einem Nest unter ihrer Wärme spendenden Mutter, kommen diese Lebewesen gleichzeitig zu Millionen in Metallschubläden zur Welt. Kistenweise landen die Küken vor Arbeitern, die sie mit den Händen ergreifen, in Sekundenbruchteilen ihr Geschlecht erkennen und dementsprechend aussortieren. Diesen Vorgang nennt man „sexen“. In hohem Bogen fliegen die Küken in zwei Trichter, die männlichen in den einen, die weiblichen in den anderen. Hahnenküken legen keine Eier, das

Mehr über das Sexen findest Du hier: S. 124 45.000.000 Eintagsküken


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bedeutet mit ihnen verdient man kein Geld und das heißt der sofortige Tod durch Ersticken, Vergasen oder Zerschreddern. Die weiblichen Küken bekommen 17 Impfungen gegen Krankheiten, die vermehrt in der Massentierhaltung auftauchen. Nach den Schutzimpfungen werden die weiblichen Küken abgezählt, in Plastikkisten abgepackt, auf einen Lastkraftwagen verladen und zu den Aufzuchtbetrieben transportiert. In den Aufzuchtbetrieben wird der Grundstein für die spätere Legeleistung gelegt. Nicht nur zur Bildung einer gesunden Muskulatur ist Bewegung sehr wichtig, sondern auch unentbehrlich für die kompakte Knochenstruktur der Hühner. Besonders in der Aufwuchsphase sind mechanische Reize über eine stimulierende Muskelaktivität für das Skelettsystem von höchstem Wert. Die Knochengestalt wird beeinflusst durch genetische und biomechanische Faktoren, also die Art der Beanspruchung. Hat also das Tier von Anfang an die Möglichkeit auf ausreichende Bewegung, bestimmt dies den aktuellen Knochenstoffwechsel und hat darüber hinaus einen überdauernden Effekt für spätere Lebensphasen. Dabei ist aber nicht die Masse der Muskeln ausschlaggebend, sondern deren regelmäßige Beanspruchung, darin liegt der wirksame Reiz für die Knochen. 25.000 frisch ge-

schlüpfte Küken kommen in einen dunklen Stall, der 85 mal 14 Meter misst. 21 Küken teilen sich einen Quadratmeter, was am Anfang nach ausreichend Platz klingt, doch sobald sie die Größe ausgewachsener Hennen erreicht haben ist das so beengend, dass sie nicht einmal ihre Flügel ausbreiten oder gar mit den Flügeln ausschlagen können, was unserem Arme ausbreiten gleich kommt. So beengt wachsen sie zu jungen Legehennen heran. Aus den kleinen Küken sind mittlerweile junge Hennen geworden, die ihre ausgewachsene Größe erreicht haben, umherflattern und picken. Kurz bevor die jungen Hennen ihre Geschlechtsreife erlangen und somit ihr erstes Ei lägen, werden sie eingefangen, wieder abgezählt, in Plastikkisten verpackt, in Lastwagen verladen und an die Landwirte ausgeliefert. Doch das Verladen und Transportieren der ausgewachsenen Hennen ist nicht ganz so einfach: Geschätzte drei Millionen Hennen sterben während der gesamten Transportwege. Allein beim Ausstallen werden den Hennen viele Knochen gebrochen, infolge dessen die Hennen nicht mehr richtig laufen können und verenden. Warum ist das so? 100 Masthühner werden in 3½ Minuten in Kisten verpackt, oder besser gesagt gestopft, denn dieser Beruf nennt sich „Stopfer“. Durschschnittliche Fangteams von


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Massentierhaltung Legehenne

sieben bis zehn Personen können pro Stunde 7.000 bis 10.000 Tiere einfangen. Für die Art und Weise der Verladung sieht die EU keine genauen Vorschriften vor, sondern spricht Empfehlungen aus, die besagen, dass eine Verletzung der Tiere auf ein Mindestmaß zu beschränken ist. Da Hühnerstopfer jedoch meist nach gefangenen Tieren bezahlt werden, ist der Druck sehr hoch, so viele Tiere wie möglich zu verladen, was dazu führt, dass häufig zwei bis fünf Tiere gleichzeitig verladen werden. Bis zu 30% der Masthühner weisen frische Knochenbrüche bei der Ankunft bei den Landwirten auf. Die Hennen kommen je nach Haltungsform in enge Käfige, in einen Stall oder dürfen ab und zu im Freien herum laufen. Im Fall der Käfige sieht das so aus: Schnapp Dir wieder ein DIN A4Blatt und stell’ Dir ein ausgewachsenes Huhn in der Form eines Basketballes mit Beinen darauf vor. Und dann stell’ Dir 33.000 dieser Rechtecke in vielen Reihen neben- und übereinander gestapelt vor. Dann umgib das Ganze mit fensterlosen Wänden und einem Dach. Dazu kommen Systeme für automatische Futterzuführung, Wasser, Heizung und Belüftung. Das ist eine Farm. Die Hennen, die dort gehalten werden, sollen so schnell wie möglich anfangen, Eier zu produzieren. Ab dem fünften Monat sind die Hennen geschlechts-

reif und fangen an, Eier zu legen. Mit dem Eierlegen geht eine gesteigerte Östrogenausschüttung einher, diese ändert die medulläre Knochenbildung, d.h. den Aufbau des Rückenmarks. Dieser Abbau der Knochenmasse ist auf die Enge in den Aufzuchtbetrieben und die mangelnde Bewegung zurückzuführen. Durch den immensen Verlust ihrer Knochenmasse kommt es zu weiteren Knochenbrüchen. Die meisten Legehennen landen in Legefabriken in Kleingruppenhaltungen, den ehemaligen Käfigen, wie eben beschrieben, aber auch Bioerzeuger sind die Empfänger. Die Legehennen legen fast jeden Tag ein Ei und bis zu 289 Eier im Jahr. Diese enorm hohe Legeleistung führt zu einer Entmineralisierung der Knochen. Knochen dienen den Hennen als Calciumreserve für die Bildung der Eierschale, die aus 95 Prozent aus Kalk besteht. Deshalb ist der Speicher schneller geleert als er wieder aufgefüllt wird. Geringe Bewegung verstärkt die Verdünnung des Knochengewebes, weswegen die Knochenfestigkeit bei Hennen aus Käfighaltung schlechter ist als bei Hennen aus Freilandhaltung. Auffällige Veränderungen des Knochengewebes im gesamten Skelett treten bereits innerhalb der ersten zehn Wochen nach Legebeginn auf. Der deutliche Verlust der Knochenmasse führt bei zehn

Was war denn noch gleich die Mauser? S. 79 Ab in die Federn!

Wieviele Eier legt nochmal das wild lebende Bankivahuhn? S. 32 Gallus Gallus

Wie gaukelt man denn Sommer vor? S. 128 Futter und Zeit der Beleuchtung


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Prozent der Legehennen zu Osteoporose. Leichthin auch als Käfigmüdigkeit oder auch Käfiglähme bezeichnet wird Osteoporose von den Symptomen Knochenbrüchigkeit, Paralyse und Tod begeitet. Als „Berufskrankheit“ der Legehennen wird die Eileiterentzündung bezeichnet, die bei 30 Prozent der Legehennen vorkommt und eine der Hauptursachen für Todesfälle vor der Schlachtung ist. Symptome der Leberverfettung finden sich bei 57 Prozent der Hennen mit Auslauf und bei ganzen 100 Prozent der Tiere in Käfighaltung. Sie ist auf die hohe Nährstoffaufnahme zurückzuführen. Das Stehen auf den Gitterböden oder nicht artgemäß angelegten Sitzstangen oder Napfrändern fördert Beinund Fußkrankheiten. Mit nur fünf Monaten beginnt die Legehenne Eier zu legen, nach drei Monaten Legetätigkeit hat sie ihre höchste Leistung erreicht, die dann bis zum 15. Lebensmonat langsam nachlässt. In der Natur legen Hühner so viele Eier, bis die Gelege voll sind. Das ist nach etwa zehn bis zwölf Eiern der Fall. Nimmt man ihnen jedoch ein oder mehrere Eier weg, so füllen sie die Anzahl wieder auf. Die Hochleistungshennen in Legebetrieben schaffen bis zu 289 Eier im Jahr. Da Hennen nur im Sommer Eier legen, wird ihnen durch künstliches Licht ein etwa zwölfmonatiger Sommer vorgegaukelt. Noch

länger lässt sich der Biorhythmus der Hühner aber nicht täuschen. Die Hennen leiden nach 15 Monaten Legeperiode an Wasserentzug, Atemwegserkrankungen, bakteriellen Infektionen, Eileiterentzündungen, verkrüppelten Beinen aufgrund Osteoporose und Herzinfarkten. Nach 15 Monaten kommen die Hennen zudem meist in die Mauser, die gut einen Monat dauert. Während der Mauser werden 15-30 Prozent des gesamten Stickstoffes im Tier ausgetauscht, und da Federn zu 94 Prozent aus Eiweiß bestehen, bleibt so gut wie nichts übrig vom Eiweiß zum Eierlegen. Ein Monat ist zu lang, so lange wollen die meisten Landwirte nicht auf eine zweite, etwas weniger ergiebige Legeperiode warten. Die Legeleistung und Ei-Qualität ist nicht mehr gut genug und so werden die Hennen nach einer Legeperiode entsorgt und enden als Suppenhuhn oder Frikassee im Supermarkt. Sie eignen sich nur als Suppenhuhn o.ä., weil ihr Fleisch durch die vielen kleinen Knochensplitter ungenießbar ist. Dabei können selbst Haushühner fünf- bis fünfzehn Jahre alt werden. Die Hennen in der Massentierhaltung kämpfen zudem in ihrem kurzen Leben gegen Krankheiten an, die in der freien Natur kaum auftauchen. Ein weit verbreitetes Problem stellt die Infektionsgefahr und die rasante Ausbreitung dar. Die hohe Konzentration


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Massentierhaltung Legehenne

von Tieren auf engem Raum fördert die Vermischung von Viren und schnellen Übertragungen. Hohe Besatzdichten und große Tiergruppen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für katastrophale Tierverluste durch Seuchen. Der Influenza A Virus, besser bekannt unter dem Namen H5N1, tauchte erstmals 1997 in Hong Kongs Geflügelproduktionsanlagen auf. Der Virus wurde für sechs tote Menschen verantwortlich gemacht und führte zur Tötung von 1,2 Millionen Vögeln. Moderne Haltungssysteme mit ganzjähriger Bestallung in spezialisierten Gebäuden und vollständiger Versorgung mit Futtermitteln ohne Nahrungssuche werden ganz klar an der Entwicklung neuer komplexer Erkrankungen verantwortlich gemacht. Es handelt sich um multifaktorielle Erkrankungen. Dazu zählen Lungenentzündungen nach dem Tiertransport, dem shipping fever, und infektiöser Bronchitis. Ursachen hierfür sind neben den Erregern die Haltungsfaktoren wie schlechte Ventilation, staubiges Heu, verpilzte Einstreu, Überbelegung, niedrige Raumtemperaturen, hohe Luftfeuchte und Transportbelastung. Inspektionen durch Veterinärmediziner der Tierkörper in Schlachtbetrieben belegen, dass 30-50 Prozent der Legehennen Atemwegsveränderungen aufweisen, die auf akute oder länger zurückliegende Erkrankung hin-

deuten. Lediglich 30 Prozent der Tierkörper ist beanstandungslos. Es besteht noch Forschungsbedarf für belastungsarme und tierartgerechte Haltungssysteme, die ökonomisch betrieben werden können. Eine durch die EU initiierte Studie im Jahr 2007 kam zu dem Schluss, dass Salmonelleninfektionen im Vergleich mit Käfighaltung von Legehennen in Bodenhaltung, Freilandhaltung und ökologischer Haltung seltener auftauchen. Da die Käfighaltung deutlich höhere Bestandsgrößen aufweist als die anderen Systeme, ist unklar, ob das Haltungssystem oder die Bestandsgröße für die höhere Krankheitshäufigkeit verantwortlich ist. Bei einer Studie aus dem Jahr 2010 von 292 Legehennenbetrieben in Belgien, Deutschland, Griechenland, Italien und der Schweiz wurde die Käfighaltung als Risikofaktor für Salmonella Enteritidis und Typhimurium identifiziert. Zwischen 2004 und 2005 wurde vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Zusammenarbeit mit den deutschen Bundesländern in 14 deutschen Schlachtbetrieben eine Studie zu den Campylobacter-Enteritiden durchgeführt. Es wurden insgesamt 1352 Masthühner-Herden untersucht, von denen etwa 39 Prozent mit den Bakterien belastet waren. Jahreszeitenabhängig kann die gefährliche Campylobacter-Belastung sogar


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auf über 70 Prozent ansteigen. In einigen Bereichen können sich die Fabriksysteme beträchtlich unterscheiden, doch im Wesentlichen sind Hühnerfarmen alle gleich: Alle Hühner stammen aus Frankensteins Genpool; alle sind eingesperrt; keines der Tiere kennt frische Luft oder die Wärme der Sonne; keines ist zu artspezifischem Verhalten in der Lage wie Nestbau, auf Bäumen sitzen, die Umgebung erkunden, eine Hackordnung festlegen; es gibt immer Krankheiten; Leiden ist immer die Regel; die Tiere sind immer nur eine Einheit, ein Gewicht; der Tod ist unvermeidlich grausam. Unter ungefähr diesen gesundheitsschädlichen Bedingungen werden heute in der Europäischen Union sechs Milliarden Hühner pro Jahr produziert, über neun Milliarden in den USA und mehr als sieben Milliarden in China. Alles in allem werden weltweit 50 Milliarden Vögel in Geflügelfabriken produziert. Jedes Jahr leben und sterben 50 Milliarden Vögel auf diese Art und Weise.


„Man könnte ebenso g Beine wegzüchten. Ode ist ja auch nicht interes te man wegzüchten, ja. mehr Energie in die Bru Ei geht. Aber das mach das ist Konsens, dass w haben, das irgendwie d eines Huhns entspricht Ruedi Fries, Professor f TU München


gut auch die er der Flügel ssant. Könn. Sodass noch ust oder ins hen wir nicht, wir ein Tier dem Prototyp t.“ für Tierzucht,




45.000.000 Eintagsküken werden jährlich weggeschmissen, vergast oder zerschreddert Legehennenzüchter und Brütereibesitzer töten Hahnenküken gleich nach dem „Sexen“, also nach der Geschlechtsbstimmung. Sie werden entweder einfach lebendig in die Tonne geschmissen, mit CO2 vergast oder mit dem Schredder zermalmt. Warum das Ganze? Weil die männlichen Küken für die Industrie nur unprofitables Abfallprodukt sind, da die Natur sie nicht zum Eierlegen ausgestattet hat und sie auch nicht so schnell Brustfleisch ansetzen wie die weiblichen Küken.


Industrietonne Kohlenstoffmonoxid Schredder


Legehenne 126 Massentierhaltung

15 45.000.000 Eintagsküken werden jährlich erstickt, vergast oder zerschreddert Nur die weiblichen Küken sind für die Industrie profitabel, die männlichen hingegen legen weder Eier noch setzen sie in so kurzer Zeit Brustfleisch an wie die weiblichen Küken. Also taugen sie zu nichts und werden deshalb einfach vernichtet

Jährlich werden allein in Deutschland über 12 Milliarden Eier erzeugt, ça. 212 Eier isst der Deutsche pro Jahr inklusive Industrieeier in Nudeln, Süßwaren usw. Das Geschlechterverhältnis bei Hühnern beträgt 1:1, für jedes weibliche Küken schlüpft ein männliches. Die männlichen Küken rechnen sich wirtschaftlich nicht, denn Hähne können keine Eier legen und setzen zu langsam und zu wenig Brustfleisch an für einen späteren Verzehr im Vergleich zu den Hennen. Muskelproduktion und hohe Legeleistung sind genetische Gegensätze. Die Vorstellung, dass Hennen die Eier legen und Hähne zu Brathähnchen werden, ist also falsch. Folglich werden etwa 45 Millionen Hahnenküken jedes Jahr allein in Deutschland getötet, in Europa werden jährlich mehr als 300 Millionen Küken vernichtet. Am 21. Tag schlüpfen die Küken in Brutapparaten der Brütereien. In Empfang nehmen sie Mitarbeiter der Brüterei — die „Kükensexer“. Sie tragen Mundschutz, sehen aus, als würden sie mit radioaktivem Material hantieren, sie sortieren die Tiere nach Männchen oder Weibchen, nach lebenswert oder nicht. Moment mal, wie erkennen denn die Arbeiter so schnell das Geschlecht der Hühner, obwohl Hühner Kloaken und keine eindeutigen Geschlechtsteile besitzen? Früher war das eine komplizierte Arbeit, lange konnte man nur

in Spezialschulen lernen, die winzigen Geschlechtsteile zweifelsfrei zuzuordnen. Bei den neuen Züchtungen kann man Männchen und Weibchen an der Gefiederfarbe erkennen. Die Industrie hat den männlichen Küken extra eine hellere Federnfarbe angezüchtet, damit sie von den Arbeitern schneller erkannt und gesext werden können. Nach einer kurzen Einweisung kann das jeder. Jeder kann also Küken töten, das gilt als Fortschritt. Gleich nach dem Schlupf findet das Sexen statt, die Geschlechtsbstimmung, und direkt im Anschluss werden sie getötet. Es gibt drei verschiedene Methoden, wie sie getötet werden. Bei der ersten Methode werden Hunderte Hahnenküken einfach in große Müllcontainer geworfen. Die Schwachen werden nach unten getrampelt, wo sie langsam ersticken. Die starken ersticken noch langsamer oben. Bei der zweiten Methode werden die Hahnenküken auf Fließbänder geschmissen, die sie in eine Gaskammer fährt, in der nach und nach Kohlenstoffmonoxid eingeschleust wird. Bei höheren Belastungen mit Kohlenstoffmonoxid über 150 bis 300 ppm entstehen Atmenot, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Schläfrigkeit, Schwerhörigkeit, Stress, Übelkeit und Erbrechen. Wenn es über die Lunge in den Blutkreislauf gelangt ist, behindert es den Sauerstofftransport im Blut,

Stecken in Süßwaren Eier drin? Hier findest Du eine Übersicht zu Eiprodukte: S. 170 Eiprodukte


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was zum Tod durch Ersticken führt. Viele Küken überleben das erste Vergasen, also muss nachgegast werden. Das gehört zum Alltag. So werden die Hahnenküken durch das gefährliche Atemgift Kohlenstoffmonoxid vergast. Bei der dritten Methode werden die Hahnenküken direkt in den Kükenmuser geschmissen, wo sie bei lebendigem Leib und vollem Bewusstsein von rotierenden Messern zerstückelt werden. Grundlage für diese Massentötungen ist die sogenannte Tierschutz-Schlachtverordnung, die das Töten von „Eintagsküken“ bis 60 Stunden nach dem Schlüpfen erlaubt. Die Anlage 3 (zu § 13 Abs. 6) zum Betäubungs- und Tötungsverfahren erklärt unter Punkt 9 die Anwendung eines Homogenisators: „Die Leistung des Apparates mit schnell rotierenden, mechanisch angetriebenen Messern muss so bemessen sein und Eintagsküken sowie Brutrückstände sind dem Apparat so zuzuführen, dass jedes zugeführte Tier sofort getötet wird.“ Nach Meinung der Regierung hätte die Rückkehr zum sogenannten Mehrnutzungshuhn wohl wegen der ausländischen Konkurrenten wenig Sinn. Diese würden sofort den Vorteil nutzen, so heißt es beim Bundeslandwirtschaftsministerium. Deutsche Unternehmen wären nicht mehr wettbewerbsfähig und dem Verbraucher würden letztlich weiter-

hin nur Produkte aus Geflügelbetrieben offeriert, die weiter wegschmeißen, vergasen und schreddern. Denn das Sexen ist nicht nur bei der Käfighaltung, mittlerweile Kleingruppenhaltung oder bei der Bodenhaltung üblich, nein, sowohl bei der Freilandhaltung als auch bei der Biohaltung ist das der Fall. Und was wird aus den toten Hahnenküken gemacht? Sie werden gemahlen und als Tierfutter verkauft, das an Pelztierfarmen, zoologische Gärten oder Geflügelmastanstalten geliefert wird. Das bedeutet, dass Legehennen ihre eigenen Artgenossen, die mit ihnen geschlüpften, jedoch direkt getöteten Hahnenküken fressen.


Futter und Zeit der Beleuchtung Zuerst werden den Hennen 24 Stunden am Tag Licht entzogen und auf eiweißarmes Futter gesetzt. Dann wird das Licht 20 Stunden pro Tag angeschaltet und gleichzeitig setzt man sie auf eiweißreiches Futter und die Hennen fangen sofort zu legen an. Indem Licht, Futter und und Fütterzeit kontrolliert werden, zwingt die Industrie die Hennen so, das ganze Jahr über Eier zu legen.

3,3 Kilo

Kein Eiweiß im Futter Die Hennen werden auf sehr eiweißarmes Futter gesetzt, bei dem sie schon fast hungern. Ein Eiweißmangel bei Hennen ruft Federausfall, Muskelschwäche, Wachstumsstörungen und Fettleber hervor.

8 Stu Die Küken sind in den Aufzuchtb Hallen untergebracht. Sie we und sieben Tage pro Woche be

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Sehr eiweißreiches Futter Gleichzeitig zum ständigen Licht setzt man die Legehennen auf eiweißreiches Futter, damit sie mehr Energie haben und ihre Muskulatur aufgebaut wird. Die Hennen fangen direkt an Eier zu legen.

20 Stu Nach zwei Wochen wird da angeschaltet, damit die Tie Nur vier Stunden am Tag ist sie stündlich den W


unden betrieben in gering beleuchteten erden oft 24 Stunden am Tag ei völliger Dunkelheit gehalten.

unden as Licht 20 Stunden pro Tag ere denken, es sei Frühling. gedämmtes Licht, so finden Weg zur Nahrung.

Keine Beleuchtung In den ersten zwei Wochen bekommen die Küken fast gar kein Licht ab. Mit so einer Dunkelperiode wird der Winter simuliert, um die Körpertätigkeit niedrig zu halten und Energie zu speichern.

Beleuchtung Nach zwei Wochen wird das Licht angeschaltet, das Licht ist das Zeichen für Frühling und die Hennen beginnen, Eier zu legen. Ihre normale Brutzeit ist von April bis Juni und sie legen zwei bis drei Mal im Jahr fünf bis zwölf Eier. In der Massentierhaltung legen sie 289 Eier im Jahr.


Legehenne 130 Massentierhaltung

16 Futter und Zeit der Beleuchtung Die Körper der Hennen sowie die Schale eines Eies wird nicht nur durch aus dem Futter aufgenommenes Calcium gebildet — auch Licht spielt eine wichtige Rolle im Wachstumsprozess

Im Käfig und in den zu engen Ställen, wo sich ein Huhn nicht viel bewegen und kaum Energie verbrauchen kann, reicht die physikalisch mögliche Futteraufnahme kaum aus, um jeden Tag ein Ei zu legen und dabei auch noch langfristig gesund zu bleiben. Ein Huhn in der freien Natur verzehrt etwa 100gr selbst gefundenes Futter am Tag, z.B. Gräser, Samen, Körner, Würmer. Von den aufgenommenen Nährstoffen kann das Huhn seinen Selbsterhaltungstrieb stillen, sprich Federn bilden, Sandbäder halten, Knochen und Muskeln aufbauen, sich bewegen, auf dem Boden herum picken und scharren etc. Durch das tägliche Eierlegen gibt die Henne genetisch bedingt gewichtsmäßig die Hälfte des täglich aufgenommenen Futters an das Ei ab, um es mit genügend Nährstoffen zu versorgen. Von der anderen Hälfte muss die Henne so gut leben, wie andere Hennen von der ganzen Menge. Vor Legebeginn erhöht sich die Calcium-Aufnahmefähigkeit im Darm von ça. 30 Prozent auf 70 Prozent. Dann werden alle Knochen umgebaut, sodass ein Viertel des gesamten Skelett-Calciums als Speicher schnell verfügbar wird. Die Leber bildet jede Menge Phosphoprotein als Transportbehälter für das Calcium im Blut. Der Calcium-Gehalt im Blut steigt auf das doppelte an. Alles, damit eine Eischale dann in 20 Stunden entstehen und

wachsen kann. Nach dem Rohbau des Eies wird im Uterus jede Stunde ça. 200-300mg Calcium (als Calciumcarbonat, CaCo3) um das Ei herum gebaut, also die zehnfache Menge des gesamten Calcium-Gehaltes im Blut pro Stunde. Die Henne muss also ständig auf Hochtouren arbeiten. Hennen benötigen einen gesunden Schlafrhythmus, und die Bereitstellung von Nahrungscalcium im Blut ist Licht-Dunkelabhängig. Bei normaler Calciumversorgung stammt dann die Eierschale zu 2/3 aus dem Futter-Calcium, 1/3 wird aus dem Knochenspeicher genommen, und später wird wieder im Hellen Futter-Calcium im Skelett eingelagert. Für diese Stoffwechselprozesse sind als „Werkzeuge“ außerdem nötig: Vitamin D3, Zink, Mangan und Natrium. Wird kein Calcium mit der Nahrung zugeführt, oder fehlt Vitamin D3 oder Licht, reicht das Knochen-Calcium noch für zwei, höchstens drei Eischalen, dann gibt es vielleicht noch ein Bruchei — und dann ist Schicht. Ohne Kalk — kein Ei. Auch Überschüsse können den Calcium-Stoffwechsel stören. Zuviel Phosphat z.B. bindet das Calcium, so dass es zwar aufgenommen wird, aber dann nicht für das Ei verfügbar gemacht werden kann. Zuviel Phosphat verlangsamt den gesamten Prozess der Schalenbildung, die Knochen halten länger vor, aber die

Du weißt nicht, was ein Bruchei ist? S. 176 Definition


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Schalen werden dünner. Das Prinzip bleibt dasselbe: Dünne Eierschalen sind zurück zu führen auf brüchige Knochen. Die Stoffwechselprozesse für die Schalenbildung eines Eies ist also abhängig vom Futter und vom Licht. Jedes Organ einer Legehenne ist daran beteiligt und arbeitet auf Hochleistung fast jeden Tag und jede Nacht. Denn die Kalkschale wird meistens während der Ruhephase, also dem Schlaf, gebildet. Die Küken sind in den Aufzuchtbetrieben in gering beleuchteten Hallen untergebracht, sie werden oft 24 Stunden am Tag und sieben Tage pro Woche bei völliger Dunkelheit gehalten. Sie werden auch auf sehr eiweißarmes Futter gesetzt, bei dem sie schon fast hungern. Ein Eiweißmangel bei Hennen ruft Federausfall, Muskelschwäche, Wachstums störungen und Fettleber hervor. Alles nur, um ihnen zu suggerieren, es sei Winter. Während des Winters nimmt die Körpertätigkeit der Hennen ab und sie speichern Energie. Nach zwei Wochen wird das Licht 20 Stunden pro Tag angeschaltet, damit die Tiere denken, es sei Frühling. Nur vier Stunden am Tag ist gedämmtes Licht, so finden sie stündlich den Weg zur Nahrung. Gleichzeitig zum ständigen Licht setzt man die Legehennen auf eiweißreiches Futter, damit sie noch mehr Energie haben und ihre Muskulatur aufgebaut wird. Die Hennen fangen direkt

an Eier zu legen. Ihre normale Brutzeit ist von April bis Juni und sie legen zwei bis drei Mal im Jahr fünf bis zwölf Eier. In der Massentierhaltung legen sie 289 Eier im Jahr. Indem Licht, Futter und und Fütterzeit kontrolliert werden, zwingt die Industrie die Hennen so, das ganze Jahr über Eier zu legen. Der gestörte Biorhythmus macht’s möglich.


Huh

Das ist ´n arme

Schwe


hn es

ein! Ein Masthuhn wiegt heutzutage mehr als früher, dafür bekommt es jedoch weniger Futter und führt ein kürzeres Leben — nämlich nur fünf Wochen, wenn es nicht schon vorher auf der Strecke bleibt. Anders als die Legehenne hat das Masthuhn 0,093m² mehr Platz zum Leben. Doch die gesteigerte Nachfrage nach Hühnchenfleisch ist nicht nur schädlich für das Tier, sondern auch für unsere Umwelt.


Masthuhn 134 Massentierhaltung

17 Die einzelnen Hüchnchenteile Das Huhn ist in Deutschland besonders beliebt, weil es sehr gesund ist: Es besitzt einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, Eiweiß und Spurenelementen

Das Huhn eignet sich hervorragend zum Braten, Grillen, Frittieren, Füllen und zum Schmoren. Es ist auch geeignet zum Kochen oder als Eintopf. Beim Einkauf von Hühnchenfleisch gibt es viele verschiedene Teile des Körpers zu berücksichtigen. Hühnchenfleisch ist die allgemeine Bezeichnung für Fleisch von einem Monat alten Stubenküken bis zum 15 Monate alten Suppenhuhn, die Bezeichnungen sind abhängig von der Rasse, des Grades der Mästung und auch der Reife. Zu beachten gilt deshalb das Alter des Schlachttieres. Ist das Küken zum Stubenküken herangewachsen, ist die erste Altersstufe erreicht. Das Fleisch solch junger Tiere ist hell und leicht gelblich, das Fett ist weiß, die Knorpel sind plastisch und ebenfalls hell. Diese appetitliche Fleischfarbe bleibt auch nach dem zuschneiden noch einige Tage erhalten. Bei der weiteren Zubereitung z.B. beim Kochen zeigt das Fleisch eine besonders geschätzte Eigenschaft, „es geht auf“, sein Volumen scheint zuzunehmen — statt wie beim Fleisch älterer Tiere abzunehmen. Das Fleisch von älteren Tieren ist meist ein dunkler rosafarbener Ton, mit zunehmendem Tieralter tritt nach der Schlachtung die Dunkelfärbung rascher ein als beim Fleisch junger Hühnchen. In Deutschland gibt es nur Geflügelschlachtkörper der Güteklasse A zu

kaufen. Dies beinhaltet folgendes: Vollfleischiger Fleischansatz, gut entwickelte, breite und lange Brust. Gleichmäßiger, dünner Fettansatz; bei Suppenhühnern dickere Fettschicht zulässig. Beschädigungen an Brust und Schenkeln gar nicht zulässig, an anderen Stellen sind leichte zulässig. Gefrierbrand ist nicht zulässig, es sei denn er ist zufallsbedingt, klein, unauffällig und nicht an Brust und Schenkeln. Kleine Haarfedern können vorhanden sein. Die Zusammensetzung des Schlachtkörpers in Prozent: Blut und Federn 13% Kopf, Fuß und Eingeweide 17% Genießbare Organe 6% Fleisch 52% Knochen 12%

Die einzelnen Hühnchenteile 1 Ganzes Huhn 2 Brust 3 a) Oberschenkel 3 b) Unterschenkel 4 Flügel 5 Rücken


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Das moderne Masthuhn 1935 und 2011 Zwischen 1935 und 1995 stieg das Durchschnittsgewicht um 65%, w채hrend der Futterbedarf um stolze 57% gesenkt und die Lebensdauer bis zur Schlachtung um 68% verk체rzt wurde.

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Tag 1 35 g

Tag 14 129 g

Tag 38 308 g

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Tag 14 439 g

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101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 Futter Getreide, Gras, Sämereien, Insekten

3,3 Kilo

Futter Eiweiß, Getreide oder Mais, Vitamin A für schnelleres Wachstum und Vitamin D als Ersatz für die Sonne

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Lebensdauer Die ursprüngliche Lebensdauer des wild lebenden Bankivahuhns beträgt 15-20 Jahre. Als das Huhn intensiver domestiziert wurde durch den Menschen hatte es nur noch 120 Tage zum Leben.

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Lebensdauer Das moderne Masthuhn wird zwischen dem 39. und dem 42. Tag getötet. Dann wiegt es circa 1.200 g und ist schlachtreif. Die Wachstumsrate des Masthuhns ist pro Tag um etwa 400% gestiegen.


Lebenslauf eines Masthuhns Der normale Weg einer Legehenne von der Brüterei bis zum Schlachter. Nachdem ihre Schnäbel abgeschnitten werden, werden Masthühner ab dem 4. Monat gemästet, um sie zum Fleischlieferanten zu machen. Die Masthuhnrassen haben einen starken, schnellen Fleischansatz. Doch das Masthuhn wächst ungleichmäßig: Die Muskeln schneller als der Rest, wodurch es zu Verkrüppelungen kommt. Fünf Wochen nach dem Schlupf ist schon Schluss.

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Nach dem Schlupf Die Hahnenküken werden direkt nach dem Sexen getötet, sie heißen deshalb Eintagsküken.

Schlupf – 1. Tag In einer Brüterei schlüpfen zwei Mal die Woche ça. 60.000 Küken, die direkt nach dem Schlupf gesext werden, das bedeutet, dass sie nach Geschlechtern getrennt werden. Nach dem Schlupf Nach dem Sexen erhalten alle weiblichen Küken prophylaktisch 17 Schutzimpfungen gegen Krankheiten, die verhäuft in der Massentierhaltung auftauchen.

42. Tag An die 50.000 Masthühner landen als ganzes Huhn oder in vielen kleinen Teilen verpackt in den Supermärkten.

39. Tag Die Masthühner werden beim Schlachter getötet. Bis zu 98% der Schlachtkörper weisen gebrochene Knochen auf.

Nach dem Schlupf Die Enge in den Betrieben bedeutet Stress. Die Folge: Die Hennen picken sich gegenseitig extrem mit dem Schnabel, reißen sich Federn raus und zeigen Kannibalismus. Um da zu vermeiden, schneidet man vorsorglich die Schnäbel der Küken ab, wom ihnen auf sehr schmerzhafte Art und Weise ihr Tastorgan entfernt wird

39. Tag 100 Masthühner werden in 4 Minuten gefange verpackt zu den Schlachthöfen transportie Stress schütten sie Adrenalinhormone aus, die schmecken lassen. Bis zu 30% der im Sc ankommenden Masthühner weisen frische Kno


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2. Tag Die weiblichen Küken werden abgezählt, in Kisten verpackt und noch am selben Tag zu den Aufzuchtbetrieben transportiert.

4 Monate Aufenthalt In den Aufzuchtbetrieben wachsen die weiblichen Küken bis zu ihrer Geschlechtsreife heran. Die Östrogenausschüttung führt zu einem Abbau der Knochen und ist auf die Enge in den Aufzuchtbetrieben und die mangelnde Bewegung zurückzuführen.

38. Tag Masthühner haben 24 Stunden am Tag Zugang zu Futter und Wasser. Sie werden so stark auf schnelle Gewichtszunahme gezüchtet, dass viele Hennen an verkrüppelten Beinen, Gelenkproblemen sowie Atembeschwerden leiden.

Ende 4. Monat Die jungen Hennen werden wieder in Kisten verpackt und zum Stall transportiert. Durch den Verlust ihrer Knochenmasse kommt es zu den ersten Knochenbrüchen.

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Masthuhn 142 Massentierhaltung

18 Der Lebenslauf eines Masthuhns Legehenne und Masthuhn führen anfangs das gleiche Leben. Doch ab dem 4. Monat wird das Masthuhn gemästet

Masthühner werden heute sehr intensiv gehalten. Fressen ist ihr auferlegter Lebenszweck. Der Lebenslauf des Masthuhnes gleicht in vielen Teilen dem der Legehenne: Die Küken werden zu Tausenden in riesigen Brutmaschinen ausgebrütet. Nach dem Sexen landen die männlichen Küken auf dem Müll, werden erstickt oder zerschreddert. Die weiblichen Küken erhalten vorbeugend an die 17 Impfungen gegen Krankheiten, die vermehrt in der Massentierhaltung auftreten. Anschließend werden ihnen die Schnäbel abgeschnitten, kupiert nennt man das auch, damit sie später im Stall nicht nacheinander hacken können und so Kannibalismus vorgebeugt wird. Selbst das Schnabelkürzen wurde mittlerweile automatisiert. Doch gerade der Hühnerschnabel ist durch zahlreiche Nervenbahnen ebenso empfindlich wie unsere Fingerkuppen. Die Tiere haben noch Monate nach dieser Amputation große Schmerzen. Nach dem Schnabelkürzen werden sie abgezählt, in Plastikkartons gepackt und auf Lastwagen verladen. Mit diesen werden sie zum Mastbetrieb gefahren. Das muss schnell gehen, denn sie kommen aufgrund der Versorgung durch den Restinhalt ihres Dottersacks nur einen Tag ohne Futter- und Wasseraufnahme aus. Im Maststall werden jeweils etwa 300 Küken in einen „Küken-

ring“ gesetzt, über dem eine Wärmelampe angebracht ist. Sie dient in den ersten Tagen als Ersatz für das wärmende Federkleid der nicht vorhandenen Glucke. Zunächst wird der Stall 24 Stunden am Tag ausgeleuchtet. Die Beleuchtung wird dahingehend manipuliert, daß die Masthühner möglichst oft Nahrung aufnehmen. Später „gewährt“ der Mäster dann acht Stunden Nachtruhe bei gedämpftem Licht: „Damit sich die Tiere noch orientieren können“, heißt es. Dies bedeutet, dass sie auch während der Nachtruhe genannten Zeit noch fressen und trinken können und sollen. Je nach Mastdauer müssen sich zunächst 24, später ungefähr 18 bis 20 Tiere einen Quadratmeter Stallfläche teilen. Die Besatzdichte beträgt maximal 45kg Lebendgewicht/m². Allein schon an dieser sprachlichen Ausdrucksweise ist zu erkennen, welchen Stellenwert die Mäster dem einzelnen Tier zubilligen. Für sie sind es nur Produktionseinheiten, von denen sie 30.000 oder mehr in einen Stall sperren. Verluste in Höhe von vier Prozent gelten als normal und sind bereits Bestandteil der Kalkulation. Das sind bis zu 12 Millionen Masthühner, die jedes Jahr in Deutschland schon während der Mast sterben. Wie, warum sterben denn so viele Hühner bereits während der Mast? Die Hühner sterben so früh an Herzversagen oder

Warum werden nur die männlichen Küken getötet? S. 124 45.000.000 Hahnenküken

Ist der Schnabel nicht das wichtigste Tastorgan? S. 69 Nahrungsverhalten

Welche Kalkulation? Wieviele Hühner kommen denn tatsächlich zum Schlachter am Ende? S. 150 Künstliche Auslese durch Maschine und Mensch


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sie verhungern und verdursten, weil sie sich wegen ihrer großen Schmerzen nicht mehr zum Futtertrog oder zur Tränke bewegen können.Die Ursache ist die hochgradige Verkalkung der Adern und zu hoher Blutdruck. Es handelt sich also um Osteoporose, eine typische Alterskrankheit im Kleinkind-Alter! Die Haupttodesursache ist der plötzliche Tod durch Aortenriss. Das alles schmälert zwar den Gewinn pro Stück, doch die Masse an Tieren bringt das Geld. Doch wie kommt es, dass die Masthühner so viel mehr in so kurzer Zeit an Gewicht zulegen können? Muskeln wachsen schneller als Knochen und diese Tatsache wird in der Massentierhaltung außer Acht gelassen. Die Hühner gehen in „die Knie“, weil das Wachstum der Muskeln rasanter ist, als das des Skelettwachstums. Hier stehen Genetik und Futter in einem Wechselverhältnis, kommt dieses aus dem Gleichgewicht, nimmt das Tier Schaden. Also ist es das Futter. Es ist speziell gemischtes Leistungsfutter; früher verabreichte man den Masthühnern sogar Wachstumshormone, damit sie schneller wachsen. Dann wurde das Leistungsfutter mit Antibiotika sowie anderen Medikamenten gemischt, z.B. auch gegen Kokzidiose, eine von den Massentierhaltern gefürchtete Durchfallerkrankung. Das verabreichte Futter stammt meist von

außerhalb des Betriebs. Zur Fütterung werden energiedichte Futtermittel wie Getreide und Ölsaaten eingesetzt, was den Transport über große Distanzen rentabel macht. Die Futterverwertungsraten betragen ungefähr 2-2,5 kg Futter/kg Geflügelfleisch. Seit dem 01.01.2006 dürfen EU-weit keine Futtermittel-Antibiotika mehr eingesetzt werden. Die Regierung verbietet inzwischen den Einsatz von Futtermittel-Antibiotika und ahndet Verstöße mit empfindlichen Vertragsstrafen. Allerdings werden jetzt zunehmend andere Substanzen wie Appetit anregende Zusätze und gentechnisch hergestellte Enzyme eingesetzt, um die geringere Mastleistung zu kompensieren. Die Mittel wurden ausgetauscht, aber die Tiere leiden unverändert im Verborgenen weiter. Die widernatürliche Gewichtszunahme führt zu Verhaltensunterschieden, die Auskunft über das Wohlbefinden der Tiere geben. Diese konventionell gemästeten Tiere sind erheblich in ihrem Komfortverhalten beeinträchtigt. Die schwere Atmung ist Beleg für die permanente Überforderung des Herz-Kreislauf-Systems. Vor allem gegen Mastende leiden sie unter der drangvollen Enge sowie unter den klimatischen Bedingungen in den Mastställen. Mit dem zuchtbedingten, extrem schnellen Muskelwachstum können Knochen, Lunge


Masthuhn 144 Massentierhaltung

und Herz-Kreislauf-System nicht Schritt halten; viele Tiere leiden an verkrüppelten Beinen, Gelenkproblemen sowie Atembeschwerden. Beim Ausstallen werden 100 Masthühner werden in 3½ Minuten gefangen und in Kisten verpackt zu den Schlachthöfen transportiert. Durch den Stress schütten sie Adrenalinhormone aus, die das Fleisch bitter schmecken lassen. Bis zu 30% der im Schlachthof ankommenden Masthühner weisen frische Knochenbrüche auf. Die Masthühner werden beim Schlachter nach nur fünf Wochen getötet. Bis zu 98% der Schlachtkörper weisen gebrochene Knochen auf. Die Masthühner landen als ganzes Huhn oder in einzelenen Teilen verpackt im Supermarkt.


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19 Umweltauswirkungen Die Öko-Bilanz von Fleischprodukten ist schlecht: Die Hühner müssen in ihrem kurzen Leben mehrere Male transportiert und der ganze Mist muss entsorgt werden

In den vorherigen Seiten hast Du erfahren, wie schlecht es den einzelnen Hühnern in Massenbetrieben ergeht, die uns Eier und ihr Fleisch liefern. Lies nun, warum auch erhebliche Probleme für Umwelt und Gesundheit entstehen und wieso wir ohne Massentierhaltung mehr anstatt weniger Nahrung zur Verfügung hätten. Die Abfallentsorgung in Intensivtierhaltungsanlagen kann hohe Mengen an Schwefelwasserstoff und anderen Giftgasen entweichen lassen, Ammoniak ausdunsten lassen sowie in Oberflächenund Grundwasser Nährstoffe, Giftstoffe und Krankheitserreger anreichern. Rund 28,8 Millionen Hühner sind in Deutschland in nur 500 Betrieben untergebracht, das ergibt einen durchschnittlichen Tierbestand von 57.650 Legehennen. Pro Legehenne fällt je nach Art der Fütterung rund 0,7 Kilo Gülle und Jauche an. Damit fallen in jedem dieser Betriebe etwa 40.341 Kilo Mist pro Jahr an. Das Schädliche für unsere Umwelt: Die Entsorgung der

ungeheuren Mengen an Gülle, oft mit Pestiziden, Antibiotika, Krankheitskeimen und Medikamentenrückständen belastet, verseuchen Boden, Erde und Grundwasser. Weitere Folgen sind das Waldsterben durch Ammoniak-Gase, nitratverseuchtes Wasser, überdüngte Seen und Flüsse. Laut einer Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes haben im Jahre 2009 Tiertransporte in deutschen Lastkraftfahrzeugen eine europaweite Gesamtstrecke von 154.410.100 Kilometern zurück gelegt. Innerstaatliche Transporte zum Schlachthof dürfen nicht länger als acht Stunden dauern, es gibt jedoch Sondergenehmigungen für verlängerte Transportzeiten. Geflügel darf zwölf Stunden lang ohne Wasser und Futter transportiert werden, bis zu 72 Stunden alte Küken bis zu 24 Stunden lang. 13 % der gesamten CO2-Emissionen verursacht der weltweite Transportverkehr und ist damit Ursache Nummer zwei für den Klimawandel.


Jauche und CO2 Die Öko-Bilanz von Fleischprodukten ist schlecht: Die Hühner müssen in ihrem kurzen Leben mehrere Male transportiert und der ganze Mist muss obendrein auch noch entsorgt werden.

Gülle und Jauche Rund 28,8 Millionen Hühner sind in Deutschland in nur 500 Betrieben untergebracht, das ergibt einen durchschnittlichen Tierbestand von 57.650 Legehennen. Pro Legehenne fällt je nach Art der Fütterung rund 0,7 Kilo Gülle und Jauche an. Damit fallen in jedem dieser Betriebe etwa 40.341 Kilo Mist pro Jahr an. Das Schädliche für unsere Umwelt: Die Entsorgung der ungeheuren Mengen an Gülle, oft mit Pestiziden, Antibiotika, Krankheitskeimen und Medikamentenrückständen belastet, verseuchen Erde und Grundwasser. Weitere Folgen sind das Waldsterben durch Ammoniak-Gase, nitratverseuchtes Wasser und überdüngte Seen.


Europa 154.410.100km

Transporte Laut einer Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes haben im Jahre 2009 Tiertransporte in deutschen Lastkraftfahrzeugen eine europaweite Gesamtstrecke von 154.410.100 Kilometern zurück gelegt. Innerstaatliche Transporte zum Schlachthof dürfen nicht länger als 8 Stunden dauern, es gibt jedoch Sondergenehmigungen für verlängerte Transportzeiten. Geflügel darf 12 Stunden lang ohne Wasser und Futter transportiert werden, bis zu 72 Stunden alte Küken bis zu 24 Stunden lang. 13% der gesamten CO2-Emissionen verursacht der weltweite Transportverkehr und ist damit Ursache Nummer zwei für den Klimawandel.


„Das sind schon irre Zu oder Spezialisierungsle wenn man die sich als W anschaut, muss man sc Der Wahnsinn. Wie we men ist. Auf der andere ich als Ethiker: Wahnsin gekommen sind.“ Herwig Grimm, Tiereth


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Künstliche Auslese durch Mensch und Maschine Die Lebenslinie veranschaulicht von links nach rechts die Sterberate der Hennen. Jährlich schlüpfen bis zu 90 Millionen Küken in Deutschlands Brütereien, davon kommen jedoch nur 23 Millionen beim Schlachter an.

* Schlupf 90 Millionen Küken schlüpfen jährlich in Deutschlands Brütereien, das Geschlechterverhältnis beträgt 1:1.

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1. Tag Davon werden 45 Millionen Küken, und zwar die männlichen, nach dem Schlupf getötet. Sie werden auf den Müll geschmissen, vergast oder zerschreddert, denn sie legen von Natur aus weder Eier noch setzen sie so viel Brustfleisch an wie die weiblichen Hühner in der kurzen Zeit an.

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2. Tag Um die 5 Millionen Küken schlüpfen „zu spät“, für die Nachzügler findet man keine Verwendung. Sexen des Nachschlupfes lohnt nicht, deshalb vernichten die Brütereien direkt alle Küken im Muser. Weitere ungefähr 2 Millionen Küken sterben während der Transportbedingungen. Während der Fahrt von der Brüterei zum Mastbetrieb bekommen sie weder Futter noch Wasser.


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38. Tag 12 Millionen Hühner verhungern und verdursten in den Mastbetrieben, weil sie sich wegen großer Schmerzen nicht zum Futtertrog bewegen können. Mit dem extremen Muskelwachstum kommen Knochen, Lunge und Herz-Kreislauf-System nicht mit. Drei von vier Masthühnern leiden an verkrüppelten Beinen, Osteoporose und akuter Atemnot.

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39. Tag Geschätzte 3 Millionen Küken sterben während der Transportwege. 100 Masthühner werden in 3½ Minuten in Kisten verpackt und zu den Schlachthöfen transportiert. Bis zu 30% der Masthühner weisen frische Knochenbrüche bei der Ankunft im Schlachthof auf.

40 . Tag Von den ursprünglich 90 Millionen geschlüpften Küken kommen nur 23 Millionen beim Schlachter an.


Schlachtung und Verwertung Die Schlachtung verläuft mittlerweile vollautomatisch ab. Nur die vom Lastwagen ankommenden, flatternden Hühner müssen noch von Hand kopfüber an die Metallhaken gehängt werden. Danach werden sie automatisch betäubt, mit einem rotierenden Messer getötet und anschließend in alle Einzelteile des Schlachtkörpers zerlegt.

Tansport Die Masthühner sind erschöpft vom Transport ohne Futter und Wasser. Übermüdet und mit Knochenbrüchen kommen sie im Schlachthof an.

Keulen Der Rücken wird entfernt und durch einen Vertikalschnitt entstehen die beiden Schenkel.

Karussell Sie werden von Mitarbeitern kopfunter mit den Füßen in Metallschlingen an einem automatischen Förderband, „dem Karussell“ aufgehängt. Alle Hennen flattern und schreien vor Angst.

Brustfilets Mit zwei weiteren Schnitten wird die Brust vom Schlachtkörper getrennt und in zwei gleich große Filetstücke geteilt.

Elektrische Spannung Mittlerweile werden 8.000 Hennen durch ein elektrisch geladenes Wasserbad gezogen. Doch längst nicht alle Hennen sind direkt bewusstlos und empfinden noch starke Schmerzen.

Chicken Wings Mit zwei Schnitten werden die beiden Flügel durchtrennt.


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Halsschnittautomat Eine Maschine schneidet den unbeweglichen Hennen die Halsschlagader durch. Da diese nicht immer trifft, müssen Mitarbeiter, die „Nachschneider“ ran und die noch lebenden Hennen töten und ausbluten lassen.

Rupfung Nach dem Ausbluten werden die toten Hennen einem heißem Wasserbad zugeführt, um Federn zu entfernen. Ist der Körper warm, lassen sich die Federn leichter entfernen.

Entbluten Die Köpfe werden mit einer scherenartigen Vorrichtung vom aufgeschnittenen Hals der Tiere abgetrennt. Die Füße kommen ebenfalls ab, sie sind Abfallprodukte. Das Huhn entblutet durch die offene Wunde am Hals.






Das

Gelb vom


be m Ei Wie kann ich das Ganze umgehen? Hier kommen nun sieben Tipps, wie Du als Verbraucher ges端nder leben und zugleich etwas Gutes f端r Dich und die H端hner tun kannst


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Verbraucher-Tipp 1 Regionale Vorzüge

Ran an die Bauern!

Regional einkaufen birgt mehr Vorteile als man denkt und ist dazu auch noch gesünder

„Ich möchte nur Fleisch von glücklichen Hühnern essen!“ Diese Aussage ist verständlich, aber gar nicht so einfach umzusetzen. Glücklich ist ein Huhn vermutlich, wenn es regelmäßigen Auslauf bekommt, sich frei bewegen kann und artgerechtes Futter bekommt. Für Mastgeflügel ist jedoch noch immer die intensive Bodenhaltung (=Massentierhaltung) Standard, d.h. die Tiere werden zu Tausenden ohne Auslauf in einem Stall oder sogar in Käfigen gehalten. Zwar legen immer mehr Verbraucher Wert darauf, dass Tiere artgerecht gehalten werden, nachvollziehbar ist dies jedoch beim Geflügel aus dem Supermarkt nicht, da es bisher kein Gesetz gibt, das die Hersteller dazu verpflichtet, auf der Verpackung Angaben zur Haltung, Herkunft oder Fütterung der Tiere zu machen. Hier ist auch schon der nächste Tipp drin versteckt: S. 178 Qualität hat ihren Preis

Deshalb mein Tipp: Regionale Produkte kaufen! Beim Metzger um die Ecke oder auf dem Wochenmarkt kannst Du den Verkäufer direkt fragen, wo das Fleisch herkommt und wie das Tier gehalten wurde. Denn Geflügelfleisch aus extensiver Haltung überzeugt auch durch besseren Geschmack: Es ist nicht hell, fad und wässrig, sondern dunkler, aromatischer und saftiger. Warum Lebensmittel aus der Region kaufen? Frische und Qualität die Ware gewinnt durch kurze Transportwege an Frische und Qualität

durch die kurzen TransUmweltschonend portwege wird die Umwelt von Abgasen, Lärm und hohen Energieverbrauch entlastet und geschont; zusätzlich entfällt das Haltbarmachen der Ware entfällt Sichere Herkunft der Weg, den das Huhn zurücklegt vom Bauernhof bis auf Deinen Teller, ist transparenter und nachvollziehbar Wirtschaftsstärke die regionale Wirtschaft wird gestärkt, da das Geld direkt beim Erzeuger ankommt und somit Arbeitsplätze und Lehrstellen in Landwirtschaft und Handwerk gesichert bleiben Oft sind regionale Produkte teurer: Hofeigenes Futter ohne Gentechnik, artgerechtere Tierhaltung und höhere Standards bei der Verarbeitung sind der Grund. Aber viele Verbraucher sind mittlerweile bereit, dafür mehr zu zahlen. Laut einer Forsa-Umfrage achten fast zwei Drittel der Verbraucher beim Kauf von Lebensmittel immer oder meistens auf die regionale Herkunft. Natürlich gibt es regionale Produkte nicht immer im Supermarkt, wohl aber per Mausklick im Internet: Unter solchen Suchbegriffen wie „bioverzeichnis“ oder „Gemüsekiste Rheinland-Pfalz“ kannst Du diverse Anbieter finden, die Kisten mit einem Sortiment an Gemüse, Obst, oft auch Fleisch und Milchprodukten zu Dir nach Hause liefern. Je nach Größe der Kiste kostet das zwischen 7 und 20€, Lieferkosten im Schnitt 2€. Also: Ran an die Bauern!


161 ADRESSEN IN MAINZ Bäckereien Berg Bäckerei & Konditorei Kaiser-Wilhelm-Ring 60 55118 Mainz T 06131 632623 Bio Kaiser Große Bleiche 34 55116 Mainz T 06131 232370 F 06131 232370 Montag bis Freitag 7:00 — 19:00 Uhr Samstags 8:00 — 14:00 Uhr Kornland Weißliliengasse 23 55116 Mainz T 06131 2150667 Montag bis Freitag 7:00 — 18:00 Uhr Samstags 7:00 — 14:00 Uhr www.kornland-baeckerei.de

Direktvermarkter Geflügel Domäne Mechtildshausen 65205 Wiesbaden Fleisch und Wurstwaren T 0611 7374641 F 0611 7374647 Montag bis Freitag 9:00 — 19:00 Uhr Samstags 8:00 — 15:00 Uhr Frischgeflügel Brandt Leitung Zoltan Brandt Max Planck Straße 26 67240 Bobenheim-Roxheim T 0177 3415034 Wochenmarkt Mainzer Neustadt www.mainz.de Donnerstags 7:00 — 14:00 Uhr

Riechardt Klarastraße 18 55116 Mainz T 06131 223298 F 06131 224423 Montag bis Freitag 08:00 — 18:00 Uhr Samstags 08:00 — 16:00 Uhr www.riechardt.de

Naturkost Alnatura Große Langgasse 8 55116 Mainz T 06131 218821 F 06131 218865 Montag bis Freitag 08:00 — 20:00 Uhr Samstags 08:00 — 19:00 Uhr www.alnatura.de denn’s Biomarkt GmbH Schusterstr. 41-49 55116 Mainz T 06131 1431500 F 06131 1431501 Montag bis Freitag 9:00 — 20:00 Uhr Samstags 8:00 — 18:00 Uhr www.denns-biomarkt.de natürlich mainz Josefsstraße 65 55118 Mainz T 06131 614976 F 06131 616318 Leitung Thomas Meier, Mirko Krpić Montag bis Freitag 8:00 — 20:00 Uhr Samstags 8:00 — 16:00 Uhr www.natuerlich-mainz.de

Hier gibt’s Geflügelfleisch ab Hof zu kaufen: Metzger Metzgerei Graaf Schusterstr. 42 55116 Mainz Montag bis Freitag 08:00 — 18:00 Uhr Samstags 08:00 — 16:00 Uhr

www.bioeinkaufen-rlp.de www.bioverzeichnis.de www.verbraucherzentrale.de


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Verbraucher-Tipp 2 Weniger Fleisch konsumieren

Weniger ist mehr

Das Sprichwort gilt auch für die Nahrung, denn wir Deutschen essen zu viel Fleisch — bis zu 600 gr die Woche zuviel! .

Wie viel Fleisch braucht der Mensch? Eigentlich gar keins, wirst Du nun sagen, denn es gibt genügend Vegetarier, die gesund und lange leben. Sie haben nicht nur einen niedrigeren Cholesterinspiegel und damit niedrigeres Herzinfarktrisiko, sondern auch seltener Diabetes, Gicht, Rheuma und Übergewicht, erkranken seltener an Krebs. Natürlich kann der Mensch auch fleischlos leben. Aber in der Ernährung leistet Fleisch einen wertvollen Beitrag zur Versorgung mit wichtigen Nährstoffen; pro Gramm liefert es deutlich mehr Energie als pflanzliche Lebensmittel. Es liefert Eisen und Eiweiß in einer Form, die vom Körper besonders gut aufgenommen werden, kann. Weil es unserem köpereigenen Eiweiß sehr ähnlich ist, kann unser Organismus Eiweiß aus Fleisch zu fast 90 Prozent in Körpereiweiß umbauen. Da kann pflanzliche Kost nicht mithalten — ein Vegetarier muss für die gleiche Eiweißausbeute deutlich mehr Milch, Käse und Getreideprodukte zu sich nehmen. Auch das für den Sauerstofftransport im Blut so wichtige Eisen kann der menschliche Körper aus Fleisch viel besser aufnehmen. Fleisch essen hat Auswirkungen auf die Umwelt? Naja ... Aber klar doch! Schau Dir das mal an: S. 146 Jauche und CO2

Vegetarier nehmen grundsätzlich weniger tierische Fette zu sich und essen dafür ballaststoffreicher — dafür fehlt es ihnen oft am Vitamin B12, das wichtig ist für die Zellteilung, Zellneubildung, Bildung von roten Blutkörperchen, beteiligt am Bau der Gen-Information,

Schutz vor Herz- und Kreislauferkrankungen. Pflanzen stellen B12 nicht her, weil sie es schlicht nicht brauchen. Bedeutsame Mengen an Vitamin B12 sind demnach ausschließlich in tierischen Produkten enthalten. Vegetarier werden in der Regel ausreichend über Milchprodukte mit B12 versorgt, Veganer müssen jedoch Vitamin B 12 als Nahrungsergänzung zuführen. Fleisch enthält also einige Mikronährstoffe, die in pflanzlichen Lebensmitteln nicht (Vitamin A, Vitamin B12), in geringer Menge (Niacin, Zink, Selen) oder aber in wesentlich schlechterer Bioverfügbarkeit (Folsäure, Eisen) vorkommen. Fleisch gehört deshalb nicht ohne Grund zu einem der beliebtesten Lebensmittel hier in Deutschland. Aber Fleisch enthält auch viel Fett, vor allem gesättigte Fettsäuren, die das schlechte Cholesterin ansteigen lassen. Zahlreiche Zivilisationskrankheiten werden mit zu hohem Fleischkonsum in Verbindung gebracht, nachgewiesen ist beispielsweise ein Anstieg des Darmkrebsrisikos. Wenn Du weniger Fleisch isst, tust Du nicht nur etwas für Deine Gesundheit, sondern Du schützt auch die Umwelt: Denn dass der Mensch mit seinen Lebensgewohnheiten Hauptverursacher der Klimaerwärmung ist, ist klar. Dass ein Großteil davon durch die CO2-Emissionen von Fahrzeugen und Kraftwerken verursacht wird, ist auch klar. Aber


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wusstest Du, dass die Nutztierhaltung einen viel größeren Anteil ausmacht? Laut einer Studie der Welternährungsorganisation FAO aus dem Jahr 2006 ist die Viehhaltung mit 18 Prozent vor dem Sektor Verkehr (13 Prozent) als Nummer eins unter den Hauptverursachern von Treibhausgasen einzustufen. Die weltweite Fleischproduktion hat nicht nur einen hohen Flächenbedarf (30 Prozent der eisfreien Erdfläche werden durch die Viehhaltung belegt, auf 33 Prozent aller Ackerbauflächen wird Viehfutter angebaut) sondern verbraucht zudem viel Wasser: um 1kg Hühnerfleisch zu produzieren, sind 3900l Wasser nötig! Die Öko-Bilanz von Fleischprodukten ist also schlecht.

So viel Fleisch esse ich ja gar nicht. Denkste! S. 4 Der Deutsche isst 1094 Tiere

Hier steckt der nächste Tipp drin: S. 178 Was nichts kostet ist auch nichts

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Erwachsenen, nicht mehr als 300 – 600 gr Fleisch und Wurst pro Woche zu verzehren. Derzeit vertilgt der Deutsche allerdings ça. 1,2 kg die Woche — also zwei bis viermal so viel. Deshalb mein Tipp: Weniger ist mehr! Lieber weniger Masse essen und dafür mehr Wert auf die Qualität des Fleisches legen.


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Haltungssys ausgeschrie Verbraucher-Tipp 3 Auf den Eier-Code achten

Augen auf beim Eierkauf! Beim Eierkauf kann man auf den ersten Blick sehen, wie die Tiere gehalten wurden. Da fällt die Entscheidung doch leicht!

Haltungssystem Nummer

Wieviele Eier legt eigentlich eine Henne? S. 110 Die Eiproduktion seit 1800

Osterzeit ist Eierzeit. Knapp 215 Eier verspeist der Durchschnittsdeutsche pro Jahr, Fertigprodukte mitgezählt. Zu Ostern steigt der Eierverbrauch um ein Fünftel. Das ergibt rund 18 Milliarden Eier, von denen ça. 14 Milliarden in Deutschland gelegt werden; importiert wird zusätzlich noch aus den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Luxemburg. In Deutschland gibt es 36,2 Mio. Legehennen, davon leben laut Statistischem Bundesamt ça. 63,3 Prozent in Bodenhaltung, 14,3 Prozent in Freilandhaltung, 6,5 Prozent nach den Vorschriften der ökologischen Erzeugung. Der Anteil der Tiere in Käfighaltung liegt heute bei 15,7 Prozent — 2007 waren es noch 67,1 Prozent. Wie die Hennen gehalten werden, kann man dem Stempel auf den Eiern entnehmen, die seit 2004 europaweit Pflicht sind. Jedes Ei trägt diesen Stempel und ist somit rückverfolgbar: Haltungsform - Erzeugerland - Legebetrieb 1 - DE - 4337301

Herkunftsland


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Bundesland Baden-Württemberg Legebetrieb Nummer

342 1 0 8 0 1-DEnd Freila

Haltungssystem ausgeschrieben

Stall Nummer

Angabe Bundesland 01 — Schleswig-Holstein 02 — Hamburg 03 — Niedersachsen 04 — Bremen 05 — Nordrhein-Westfalen 06 — Hessen 07 — Rheinland-Pfalz 08 — Baden-Württemberg 09 — Bayern 1 0 — Saarland 1 1 — Berlin 1 2 — Brandenburg 1 3 — Mecklenburg-Vorpommern 1 4 — Sachsen 1 5 — Sachsen-Anhalt 1 6 — Thüringen


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Verbraucher-Tipp 3 Auf den Eier-Code achten

0 = Bio-Eier

1 = Freilandhaltung

Tierhaltung jedes H -Futter: muss aus ökologischem Anbau kommen, d. h. sie bekommen weder Fischmehl noch Industriefutter oder chemisch behandelte Pflanzen zu fressen; es besteht vorwiegend aus Getreide und Mais, das ohne Gentechnik hergestellt wurde Stallgrößen 3.000 Hühner pro Stall

Tierhaltung jedes Huhn hat tagsüber Auslauf im Freien, auf mindestens 4m² Fläche, nachts müssen die Hühner in den Stall Fläche im Stall pro Quadratmeter maximal neun Hühner erlaubt Futter aus konventioneller Landwirtschaft Stallgrößen 6.000 Hühner pro Stall

Die Hennen können bei dieser Form der Haltung alle artgerechten Verhaltensweisen ausleben. Durch die große Tierzahl kommt es zwar auch hier zu Rangordnungskämpfen, doch sind diese selten, da sich die Tiere aufgrund des Platzangebotes besser aus dem Weg gehen können. Die Auslaufflächen müssen mindestens so groß sein, dass sie von allen Legehennen gleichzeitig genutzt werden können; sie müssen mit Tränken und Unterschlupfmöglichkeiten ausgestattet sein.

Bei der Freilandhaltung steht den Hühnern neben ihrem Stall tagsüber ein Auslauf von mind. 4 m² pro Tier zur Verfügung. Die Bedingungen im Stall entsprechen denen der Bodenhaltung. Es stehen Sitzstangen, Legenester und eingestreute Scharräume zur Verfügung. Bei dieser Haltungsform können die Grundbedürfnisse der Hennen wesentlich besser umgesetzt werden als im Käfig.

Beobachtungen zeigen, dass die stallnahen Bereiche von den Hennen meist stärker genutzt werden; sie suchen die Nähe zum Stall, um bei einem möglichen Angriff durch z. B. Greifvögel im Stall Schutz zu suchen. Denn Hühner sind ursprünglich Waldbewohner und leben nicht auf großen Grasflächen, Schließlich bieten ihnen Bäume Schutz vor Feinden. In diesen Bereichen nahe dem Stall kommt es in der Biohaltung oft zu einer Abnutzung der Grasnarbe — der Boden kann den anfallenden Kot kaum noch aufnehmen. Zur Regeneration der Grasnarbe wie auch zur Hygienisierung der Fläche müssen Wechselweiden eingerichtet werden. Bei den Hennen, die regelmäßigen Auslauf haben, konnte eine Stärkung der Abwehrkräfte beobachtet werden. Außerdem liegt der Anteil an antibiotikaresistenten Bakterien signifikant niedriger als in konventionellen Betrieben.

Mischform aus Bio- und Bodenhaltung. Der Auslauf muss überwiegend begrünt sein. Bäume, Sträucher oder ein Unterstand sind notwendig, damit die Tiere Schutz vor natürlichen Feinden finden können. Probleme der Freilandhaltung sind wesentlich höhere Verluste durch Greifvögel, Kannibalismus und wieder auftretende, lang vergessene Krankheiten wie Pocken, Rotlauf und Tuberkulose sowie Parasitenbefall, was einen höheren Medikamenteneinsatz erfordert. In der ökologischen Landwirtschaft ist diese Haltungsform am verbreitetsten und unterliegt dort zusätzlichen Auflagen. So darf die Belegungsdichte im Stall sechs Tiere pro Quadratmeter nicht überschreiten, zudem muss das Futter aus ökologischem Anbau stammen.


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2 = Bodenhaltung

3 = Kleingruppenhaltung (früher Käfighaltung)

Tierhaltung die Hühner werden im Stall gehalten und können sich dort zwar frei bewegen, haben jedoch keinen Auslauf draußen und kaum Tageslicht — die Fensterfläche muss nur mindestens drei Prozent der Stallgrundfläche entsprechen Fläche im Stall pro Quadratmeter maximal neun Hühner erlaubt Futter aus konventioneller Landwirtschaft Stallgrößen 6000 Hühner pro Stall

Tierhaltung die Hennen werden in Käfigen gehalten, die neben- und übereinander angeordnet werden Fläche im Stall jedes Huhn muss mindestens 890cm² Platz haben — etwas mehr, als eineinhalb DIN A4-Seiten; in einem Käfig werden bis zu 60 Hühnern gehalten Futter aus konventioneller Landwirtschaft Stallgrößen 100.000 Hühner pro Stall

Die Nachteile der Bodenhaltung ist zum einen der große soziale Stress der Tiere durch viel zu große Gruppen. Schätzungsweise kann ein Huhn etwa 60 Artgenossen auseinanderhalten und einordnen. Bei größeren Gruppen entstehen ständig neue Rangordnungskämpfe, der soziale Stress wirkt sich negativ auf die Leistung der Henne aus. Federpicken, Pickverletzungen und Kannibalismus sind recht häufig zu beobachten. Die Schnäbel werden gestutzt, damit sich die Hennen gegenseitig nicht zu stark verletzen können. Außerdem kommen die Hennen mit ihrem Kot in Kontakt; sie können sich schneller mit Parasiten infizieren und Krankheiten breiten sich schneller aus. Die Tierverluste sind höher und damit auch der Bedarf an Medikamenten.

Kritisiert wird an dieser Haltungsform, die die seit 2009 verbotene Käfighaltung in Legebatterien ersetzt, nicht nur der beschönigende Begriff der Kleingruppen. Ähnlich wie bei der Käfighaltung leben die Tiere hier auf engstem Raum nicht artgerecht zusammen. Die Hennen können ihr arteigenes Verhalten wie Flügelschlagen und Sandbaden nicht so ausleben wie in der Boden- oder Freilandhaltung. Die Hennen leiden unter Stress, Verhaltensstörungen und Verletzungen. Auch hier werden die Schnäbel gestutzt, damit sich die Hennen nicht gegenseitig verletzen können. Kleingruppenhaltung funktioniert nur in absolutem Dämmerlicht, in dem sich die Hennen verhältnismäßig ruhig verhalten. Vorteil ist jedoch, dass sich die Tiere -im Gegensatz zum Beispiel zur Bodenhaltung- nicht so häufig mit Darmparasiten und anderen Krankheitserregern infizieren, da sie nicht so intensiv mit ihrem eigenen Kot in Kontakt kommen. Gegenüber anderen Haltungssystemen hat die Käfighaltung aber vor allem wirtschaftliche Vorteile für den Landwirt: Viele Vorgänge erfolgen automatisiert, wie die Versorgung mit Futter und Wasser, das Sammeln der Eier und die Entsorgung des Kotes.


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Verbraucher-Tipp 3 Auf den Eier-Code achten

Aufgrund der besseren Ausnutzung des Raumes können wesentlich mehr Hennen pro Quadratmeter Stallfläche gehalten werden als zum Beispiel bei der Bodenhaltung. Außerdem benötigt er keine Freiflächen für den Auslauf der Tiere. Da es sich auch bei der deutschen Kleingruppenhaltung um eine Form der Käfighaltung handelt, werden die Eier ebenfalls mit der Kennziffer „3“ gekennzeichnet. Zwei Dinge haben jedoch alle Haltungsformen gemeinsam: Zum Einen geht jeder Haltungsform das „Sexen“ voraus: Die hellen männlichen Küken rechnen sich wirtschaftlich nicht, können keine Eier legen und setzen zu wenig Fleisch an für einen späteren Verzehr, deshalb müssen sie sterben. Zum Anderen legen die Hochleistungshennen bis zu 320 Eier pro Jahr. Zum Vergleich: Von Natur aus legen „wilde“ Hühner im Jahr 10 – 20 Eier. Nach 13 Monaten lässt die Legeleistung der Hochleistungs hennen nach und die Ei-Qualität ist nicht mehr gut genug. Die Tiere enden dann z.B. als Suppenhuhn oder Frikassee. Außerdem müssen im Gegensatz zu frischen Eiern bei verarbeiteten Eiern nicht gekennzeichnet werden, wie die Legehennen gehalten werden. Das gilt für die bunten hartgekochten Eier, die jetzt zur Osterzeit wieder verkauft werden, genauso wie für Nudeln, Gebäck oder Eiscreme, in denen Eier verarbeitet sind. Ob es sich um Käfigeier handelt, erfährt der Verbraucher natürlich nicht. Doch auch hier kannst Du auf einige Dinge achten. Wer zu Ostern z.B. gern bunte Eier mag, kann frische Eier kaufen und diese ganz einfach zu Hause selber färben! Etwas Essig im Farbbad macht die Farben intensiver und leuchtender. Noch ein Tipp: Mit Speck oder Öl abgerieben, erhalten die bunten Eier einen schönen Glanz und sind länger haltbar.

Müssen wirklich alle sterben? S. 124 45.000.000 Eintagsküken

Z.B. auf Eier in Produkten! S. 175 Keine Eiprodukte in Deine Einkaufstasche


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Öfter mal was Neues

Die Entstehung eines Hühnereies angefangen bei der Befruchtung im Eileiter bis hin zum fertigen Ei mit Kalkschale

Keine Nation isst so viel Hähnchenbrust wie die Deutschen. Die Nebenwirkung dieses Essverhaltens sind fatal — zwar nicht für uns, aber für viele Drittländer.

Für Fakten schau hier nochmal kurz rein: S. 162 Weniger ist mehr

Auf dem Kaneshi-Markt in Ghanas Hauptstadt Akkra, Westafrika: Mühsam zerkleinern die Verkäufer Klumpen aus gefrorenen Hühnerteilen. Mühsam präsentieren sie ihre Auslagen in ungekühlten Vitrinen, wo das Fleisch tagsüber vor sich hin taut. Innereien, Schenkel, Flügel, Rücken, produziert in aller Welt, exportiert in Entwicklungsländer, weil sie bei uns nicht zu verkaufen sind. Bei uns werden Millionen Hühner tagtäglich geschlachtet, Geflügelproduktion im Überfluss, damit die großen Konzerne das Fleisch möglichst billig produzieren und anbieten können. Denn die Masse macht’s. Dabei geht es vor allem um das Brustfleisch, es verkauft sich in Deutschland am Besten. Der verschmähte Rest — Hals, Flügel, Innereien — muss weg in den Export, z.B. nach Afrika. Schätzungsweise 90.000 Tonnen gelangen so jedes Jahr nach Ghana. Vor 10 Jahren waren es nur 9.000 Tonnen. Doch die Folgen der Importschwämme sind für ein Entwicklungsländer wie Ghana oder Benin fatal: Gegenüber der heimischen Frischware sind die Hühnerreste aus Deutschland konkurrenzlos billig. 1kg von der EU subventioniertes Geflügel kostet den Verbraucher in Benin 1,40€, für Fleisch aus lokaler Produktion

muss er 2,10€ zahlen. Die lokalen Märkte sind demzufolge nahezu ruiniert, das gilt besonders für den Geflügelfleischmarkt. Zum Beispiel in Benin: Von den 86.000 Tonnen Fleisch, die laut der UN-Agrarorganisation FAO 2007 dort angeboten wurden, kamen 74 Prozent aus Europa! Ein absurd anmutender Zusammenhang zwischen unseren Essgewohnheiten und der Situation vieler afrikanischer Hühnerbauern. Doch was können wir dagegen tun? Es würde schon helfen, wenn wir nicht nur weniger Fleisch essen, sondern auch mal andere Hühnchenteile kaufen: die Schenkel, die Flügel, den Rücken, anstatt immer nur die Hähnchenbrust.


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Verbraucher-Tipp 5 Keine Kennzeichnung bei Eiprodukten

Bio Kartoffelsalat Eier* *aus kontrolliert ökologischem Landbau

Knorr Käse-Spätzle Eier

Käse-Spätzle Eier

Maggi

Settele Spätzle-Gemüse-Pfanne Vollei 20%* aus kontrolliert ökologischem Landbau

Settele Eier-Spätzle Vollei 20%* aus kontrolliert ökologischem Landbau

TiP Spätzle Pfanne Eier

Agrarfrost Kartoffelpuffer Trockeneiklar, Trockeneigelb

Agrarfrost Back-Kroketten Eigelbpulver

Bömo Röstling Eier

Pfanni Bauernfrühstück Eier

Schwarmstedter Kartoffelpuffer Volleipulver

Mccain Kroketten Eiweißpulver

Nadler Fleisch-/Krabben-/ Eier-salat Eier

Golßener Fleisch-/Geflügelsalat Eier

Homann Kartoffel-/Nudelsalat Eier

Homann Heringssalat Vollei

Hengstenberg Fleischsalat Vollei 20%

Tip Herings-/Käse-/Krabbensalat Eier

Pfanni Kartoffel-Gratin Bauernfrühstück Eier

Pfanni Semmel-/Röstzwiebel-/Speckknödel Eier

TiP Semmelknödel Eier

Maggi Semmelknödel Eier

Knorr Semmelknödel Volleipulver

Werner`s Serviettenknödel Eiweißpulver


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Unilever Mars Eier

Unilever Snickers Eier

Maggi Celebrations Eier

Kinder Pingui Vollei 20%* aus kontrolliert ökologischem Landbau

Kinder Milch-schnitte Volleipulver

Tip Toblerone Eier

Agrarfrost Yes Eiklar, Trockeneigelb

Nestle Nesqquik Snack Eigelbpulver

Kinder Nutella & GO! Eier

Milka Tender Eier

Schwarmstedter Soft Cake Volleipulver

Mccain Soft Cake Eiweißpulver

Leibniz Pick Up! Choco/Milk Trockeneigelb

Leibniz Erdnuss SpaSS/ Schoko flüssiges Vollei

Leibniz Minis Butter/Choco Volleipulver/Vollei

Leibniz Butterkeks Volleipulver

Leibniz Choco Vollmilch Vollei

Leibniz Zoo Bauernhof Vollei

Bahlsen Spekulatius Biscuits Trockeneiweiß

Bahlsen Contessa Hell/ Dunkel flüssiges Vollei/Trockeneiweiß

Bahlsen Comtess Zitrone/ CHOCO flüssiges Vollei

Bahlsen Comtess Zitrone/ CHOCO flüssiges Vollei

Bahlsen ABC Trockeneiweiß

Bahlsen Kipferl/Chokini/ Edelherb Vollei/flüssiges Vollei/ Trockeneigelb


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Verbraucher-Tipp 5 Keine Kennzeichnung bei Eiprodukten

Zabler hochzeit Nudeln Eier

Kraft Miracoli Eier

Tress Spaghetti Eier

Settele Vollkorn-Spaghetti Vollei

Barilla Spaghettoni Vollei 20%

Barilla Penne Eier

Barilla Pesto Spuren von Ei

Thomy Saucen Eigelbpulver

Kraft Senf Eier

Pfanni Senf Eier

byodo Senf Volleipulver

Mccain Senf Eiweißpulver

Thomy Senf Eier

Thomy Remoulade Eier

Knorr Mayonnaise Eier

Knorr Saucen Vollei 20%

Kühne Saucen Vollei 20%

Kühne Salat-dressings Eier

Golßener Fleisch- und Geflügelsalat Eier

Nadler Fleisch-/Krabben-/ Eier-salat Eier

Hengstenberg Fleischsalat Vollei 20%

Homann Sahne und Roter Heringssalat Eier

Homann Kartoffel- und Nudelsalate Vollei

Tip Herings-, Käse-, und Krabbensalat Eier


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TiP Buttermilch-Zitrone Spuren von Ei

Häagen Dazs Baileys Eigelb

Eisideen Wundertüte Eigelb

Storck Nimm 2 Spuren von Ei

Landliebe Apfelstrudel Spuren von Ei

Landliebe Stracciatella Spuren von Ei

Cristallo Williams Birne Spuren von Ei

Nasch Fürst Pückler Art Eier

Nestlé Family Box Spuren von Ei

Nestlé Pops Eisminis Eigelb

Mövenpick ErdbeerWiener Melange/Williams Birne Spuren von Ei

Ben & Jerry`s Cherry Garcia Eigelb* *Eier aus Freilandhaltung

Dr. Oetker Schoko-/Zitrone-Wolke 3 Eier

Coppenrath & Wiese Käse-/Apfel-/Apfel-Mascarpone-Kuchen Trockeneiweiß

TiP EDELSALAMI/THUNFISCH/Spinat Pizza Eier

TiP thunfisch Pizza Eier

Coppenrath & Wiese Käse-/Apfel-/Apfel-Mascarpone-Kuchen Trockeneiweiß

Original Wagner Flammkuchen Lauch Eier

Dr. Oetker Pizza pasta Vollei

Coppenrath & Wiese Sahne Rollen Trockeneiweiß

Leibniz Zoo Bauernhof Vollei


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Verbraucher-Tipp 5 Keine Kennzeichnung bei Eiprodukten

Bonta Divina Delizia Himbeer Joghurt Eier

Bonta Divina Tiramisu Eipulver

mousse au chocolat Eier

Zott Tiramisu Vollei 4%

Settele Eier-Spätzle Vollei 20%

TiP Spätzle Pfanne Eier

Ehrmann Joghurt Trockeneiklar

Ehrmann Grand desert Joghurt Trockeneiklar

Müller joghurt mit der Ecke Eier

Müller milchreis Eier

Müller milchreis diät Volleipulver

Müller heisser milchreis Eiweißpulver

Maggi 5 Minuten Terrine Eier

Bifi Carazza Snack Eigelbpulver

Bifi Carazza Eier

Kraft Foods Tuc getrocknetes Eipulver

Brandt zwieback Volleipulver

Ovomaltine Crisp Müesli Eiweißpulver

Lorenz snack hits Eier

Merl

Saltletts Snack mix Eier

funny frisch maxi mix Vollei

ja! Knabberbox Vollei 20%


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Keine Eiprodukte in Deine Einkaufstasche! Eiprodukte sind Produkte, die wir im Supermarkt einkaufen ohne kenntliche Auszeichnung der Haltungsform

Wie war das doch gleich mit dem Eier-Code? S. 164 Augen auf beim Eierkauf!

Wer Eier aus Freilandhaltung oder Bio-Eier kauft, achtet schon auf die Haltung der Hühner. Doch wie steht es mit den Eiern, die in Lebensmitteln verarbeitet sind? Das Marktforschungsinstitut „Marktinfo Eier & Geflügel“ hat die Aufteilung des deutschen Eier-Marktes im Jahr 2009 näher untersucht: Vom Gesamtverbrauch ausgehend, also deutschlandweit fast 18 Milliarden Stück und ca. 215 Eier pro Kopf im Jahr, betrug der Anteil der Käufe der privaten Haushalte 52%, der Anteil der Nahrungsmittelindustrie fiel auf 32% und 16% wurden von Großküchen verwendet. Die Hälfte der Eier in Deutschland wird also direkt vom Verbraucher gekauft und seitdem es eine eindeutige Kennzeichnung der Eier gibt, haben Verbraucher jetzt die Möglichkeit, an der Ladentheke zu entscheiden, welcher Hühnerhaltung sie den Vorzug geben. Doch was ist mit den restlichen 48%, die wir durch Lebensmitteln aus Supermärkten, Bäckereien und Restaurants mitessen? Von denen wir nicht wissen, welche Haltungsform benutzt wird, weil sie nirgends angegeben wird? Hättest du gedacht, dass in Joghurt oder Eis Ei drin steckt? Sobald bei der Herstellung eines Lebensmittels Eier oder Eiprodukte verwendet wurden, wird das ganze Lebensmittel zum Eiprodukt und muss gekennzeichnet werden. Bei Frischeiern kann der Konsument anhand der EU-weiten

Kennzeichnungspflicht auf der Packung und auf dem Ei erkennen, aus welchem Haltungssystem sie kommen. Aber wie sieht es bei verarbeiteten Produkten aus? Ohne es zu merken essen wir in Fertigprodukten, Nudeln, Kuchen usw. Eier aus Käfighaltung. In Verarbeitungsprodukten ist die Herkunft der Eier nicht kennzeichnungspflichtig, lediglich eine freiwillige Kennzeichnung ist möglich. Wenn nichts über die Herkunft der Eier auf der Verpackung steht, musst Du davon ausgehen, dass sie aus Käfighaltung (wenn das Produkt aus dem Ausland stammt) oder aus Kleingruppenhaltung stammt. Ob Bahlsen, Verpoorten, Coppenrath & Wiese, Ferrero, Kamps oder Lambertz: In den Produkten dieser und vieler anderer Firmen werden Milliarden Eier aus qualvoller Käfighaltung verarbeitet. Viele Verbraucher wissen das nicht und sie werden darüber auch nicht informiert. Doch was können wir als Verbraucher tun? Wir können z. B. auf Produkte, in denen Eier verarbeitet sind, verzichten. Vermeiden von Eiern bedeutet aber keineswegs, nie mehr Kuchen oder Pasta zu essen: Denn Teigwaren aus Hartweizengrieß sind überall erhältlich, wahrscheinlich hast Du schon oft solche Nudeln gekauft und gegessen, ohne den Unterschied zu merken!


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Verbraucher-Tipp 5 Keine Kennzeichnung bei Eiprodukten

Wenn Du trotzdem einmal ein eihaltiges Produkt kaufen möchtest, kannst Du Dich unter www.tierschutzbund.de www.kaefigfrei.de informieren, welche Firmen noch immer Käfigeier verarbeiten — und das sind erstaunlicherweise noch einige!

EI-DEFINTIONEN Bruchei hat defekte Schale und Innenhaut, z.B. Eier mit zersprungener oder zerrissener Schalenhaut Brutei ist zum Ausbrüten da ggf. schon mit Embryoentwicklung Bruchei hat defekte Schale und Innenhaut, z.B. Eier mit zersprungener oder zerrissener Schalenhaut Brutei ist zum Ausbrüten da ggf. schon mit Embryoentwicklung Eiklar ist eine übliche Backzutat beim Backen von süßem Gebäck. Eiklar kann man zu Schaum — dem Eischnee — schlagen, damit werden zum Beispiel Saucen und Gebäck locker, leicht und luftig gemacht. Aus Eischnee lässt sich aber auch eigenes Süßgebäck herstellen, wie der Baiser (Meringue). Auch zum Klären von Brühe findet es Verwendung. Das Eiklar ist praktisch frei von Cholesterin. In der Buchbinderei wurde Eiklar zum Vergolden mit echtem Blattgold benutzt. Diese Vergoldungen zeichnen sich durch besonderen Glanz und Haltbarkeit aus, deren Dauerhaftigkeit in Jahrhunderten gerechnet werden kann. Aufgrund der aufwändigen Vorbereitungen und der Voraussetzung, dass das zu bedruckende Leder ausschließlich vegetabil gegerbt und gefärbt sein muss, wird diese Art der Vergoldung nur noch selten angewendet. Das Eiklar ist praktisch frei von Cholesterin.

Fließei hat eine sehr dünne aber noch intakte Schale Flüssigei sind die unverarbeiteten Eibestandteile nach Entfernen der Schale. 1L Flüssigei entsprechen ça 30 Eier. Flüssigei wird aus Eiern für die


177 industrielle Lebensmittelproduktion hergestellt. Es ist ein wichtiger Bestandteil von Nudeln und Backwaren. Vorteile gegenüber dem Frischei sind die bessere Teilbarkeit, längere Haltbarkeit, ein niedrigerer Preis und der geringere Arbeitsaufwand. Das Flüssigei wird entweder getrennt in Eigelb und Eiweiß, oder als Vollei produziert. Die üblichen Liefermengen reichen vom 1-LiterTetrapak über Kanister bis zu Tankwagen. Frischei sind im Herstellerbetrieb aufgeschlagene und im frischen Zustand verarbeitete Schaleneier. Die Bezeichnung „Frischei“ kann auch für Volleier verwendet werden, wenn die Eiprodukte dort durch Pasteurisierung vorbehandelt und innerhalb von 24 Sunden an die Teigwarenhersteller geliefert und dort kurzfristig verarbeitet werden. Industrieei ist ein Ei von geringerer Güte, aber für die Verarbeitung in der Industrie akzeptabel Knickei hat eine defekte Schale, mit Sprüngen o.ä., aber die Innenhaut und das Eiinnere sind vollkommen intakt Lichtsprungei ist eine Schale mit Haarrissen Nestei ist ein künstliches Ei, das der Henne als Anreiz zum Brüten ins Nest gelegt wird Schalenei ist das rohe unbehandelte Hühnerei Schierei ist ein angebrütetes Ei bzw. unbefruchtetes Ei aus dem Brutapparat Trockenei auch Eipulver genannt bezeichnet man getrocknete Eier. Eipulver wird im Sprühtrockner getrocknet. Die zwei grundsätzlichen Vorteile von Eipulver gegenüber frischen Eiern sind der günstigere Preis und die längere Haltbarkeit, bei optimaler Konservierung kann Eipulver 5-10 Jahre halten. Weitere Vorteile sind die Platz-

einsparung und dass Eipulver nicht gekühlt werden muss. Außerdem kann es ohne erneute Hydration zum Backen verwendet werden, und kann, nachdem Wasser hinzugefügt wurde, genutzt werden um Speisen, wie z.B. Rührei und Omelettes zuzubereiten. Vollei ist der vermischte Gesamtinhalt aufgeschlagener Eier ohne Schalenreste. Oder die aus dem Inhalt aufgeschlagener Eier gewonnene Ei-Masse. Ein Vollei wird durch den automatisierten Aufschlagsprozess von frischen Eiern gewonnen. Das flüssige Ei wird zur Entfernung kleinster Schalenreste oder anderen mechanischen Verschmutzungen gefiltert. Aanschließend erfolgt die Pasteurisierung wodurch möglicherweise vorhandene Krankeitserreger (shigella salmonella, statophylococcus aureus, e-coli bakterie) abgetötet werden. So wird das Ei zum thermisch hygienisierten, haltbareren Erzeugnis. Es wird hauptsächlich in industriell hergestellten Teigwaren als Zutat verwendet. Handelsüblich ist pasteurisiertes Vollei mit einem Trockenmassegehalt von mindestens 23 Prozent. Für ein Kilogramm Vollei werden ca. 18 frische Eier (Größe M) aufgeschlagen. Vollei wird auch in getrockneter Form verwendet. Für flüssiges Vollei sind Gebinde ab einem Liter bis zu mehreren 100 Litern verfügbar.


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7€

Die Folgen den Massentierhaltung: S. 114 Lebenslauf einer Legehenne

Verbraucher-Tipp 6 Qualität hat seinen Preis

Was nichts kostet, ist auch nichts Wer im Supermarkt 500 gr Fleisch für 2 - 3 € kauft, darf sich nicht wundern, wenn das Fleisch aus der Massentierhaltung ist. Denn Qualität hat ihren Preis — den man aber auch schmeckt.

Europaweit geben die Deutschen für Nahrung am wenigsten Geld aus. Sie sind zwar daran interessiert, dass Tiere artgerecht gehalten und die Umwelt geschont wird, wollen für biologisch hergestellte Lebensmittel trotzdem nicht mehr zahlen. Die sind in der Tat auch nicht ganz billig. Laut der Zeitschrift Öko-Test liegt der Aufpreis bei 40-50 Prozent. Bei Fleisch kann die Sache noch teurer werden, denn der Aufpreis kann bis zu 100 Prozent betragen.

Produktion werden die Hähnchen in nur fünf Wochen gemästet. Außerdem müssen sich 25 bis 30 Tiere einen Quadratmeter Boden teilen. In dieser ganzen Zeit wird nicht einmal die Einstreu gewechselt.“ Bei dem immer schnelleren und größeren Wachstum der Fleisch liefernden Muskeln kann die Entwicklung des Skeletts nicht mithalten; Verformungen der Knochen und Schmerzen sind u.a. typische Folgen der Intensivhaltung.

Interessant ist dabei, dass „Bio-Haushalte“ in der Summe dann doch nicht so viel Geld fürs Essen ausgeben wie Haushalte, die konventionell hergestellte Lebensmittel kaufen. Das liegt vor allem daran, dass von „Biokäufern“ insgesamt weniger Fleisch und Süßigkeiten konsumiert werden und der Anteil an alkoholischen Getränken und Genussmitteln geringer ist. Mehr Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft zu verwenden scheint also keine Frage des Einkommens zu sein, sondern entspringt der Wertschätzung gegenüber der eigenen Gesundheit, der Umwelt und den sozialen Aspekten des Ernährungssystems.

Die großen Bestände von üblicherweise etwa 30.000 Hähnchen pro Stall verhindern die Ausbildung von Sozialstrukturen. Hohe Besatzdichten und ein reizarmes Umfeld erzeugen zusätzlich Stress, der in Kombination mit weiteren Faktoren häufig zu Verhaltensstörungen wie Federpicken und Kannibalismus führt. Um »Abhilfe« zu schaffen, wird den Tieren ihre hoch empfindliche Schnabelspitze abgebrannt.

Stellt sich nun die Frage, warum Öko-Produkte so viel teurer sind als die konventionell hergestellten. Bio-Hähnchen kosten dreimal soviel wie Hähnchen aus Massentierhaltung. Andrea Danitschek von der Verbraucherzentrale Bayern erklärt, woher dieser gewaltige Preisunterschied kommt: „Bei der sogenannten intensiven

Wer mehr Genuss sowie Tier- und Umweltschutz haben will, der muss tiefer in die Tasche greifen. Die ökologische Landwirtschaft erzeugt Lebensmittel im Einklang mit Mensch, Tier und Umwelt. Hähnchen und Puten aus extensiver Bodenhaltung oder Freilandhaltung wachsen langsamer auf. Die extensive Geflügelhaltung verbessert das Wohlbefinden der Tiere, sie haben mehr Platz und damit mehr Bewegungsfreiheit. Je nach Haltungsform ist zusätzlicher Auslauf gewährleistet. Die erhöhten Futter- und Aufzuchtkosten sowie die


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damit verbundene Mehrarbeit machen BioFleisch teurer. Die EU-Kennzeichnungspflichten für verpacktes Geflügelfleisch bieten hingegen eine Hilfestellung. Zwar gibt es bisher noch kein Gesetz, nach dem auf der Verpackung des Geflügels Angaben zur Haltung, Herkunft oder Fütterung der Tiere zu machen sind. Steht jedoch einer der Begriffe „Extensive Bodenhaltung“, „Freilandhaltung“, „Bäuerliche Freilandhaltung“ oder „Bäuerliche Freilandhaltung - Unbegrenzter Auslauf“ als freiwillige Angabe auf der Verpackung, so müssen definierte Kriterien eingehalten werden, wie z. B. eine bestimmte Auslauffläche, eine längere Mastdauer und der Einsatz von langsam wachsenden Rassen. Hier liest Du das ausführlich nachlesen: S. 162 Weniger ist mehr

Lies hier die Vorteile einer regionalen Kost: S. 160 Ran an die Bauern

Ah ja und den der Eier-Code auch nicht vergessen! S. 164 Augen auf beim Eierkauf!

Weniger Fleisch essen, ist auf jeden Fall schon ein Schritt in die richtige Richtung und wer auf Nummer sichergehen möchte, kauft Fleisch und Wurst aus der Region oder sogar beim Bioschlachter. Das kostet etwas mehr, aber dafür hatten Huhn, Schwein und Co ein Leben, das diesen Namen verdient. Beim Fleisch vom Biobauern ist dann auch sicher, dass die Tiere nicht mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. Das gilt im Übrigen für alle Produkte mit dem staatlichen Bio-Siegel. Noch ein Tipp für Deinen nächsten Eierkauf: Für gute Eier solltest Du lieber ein paar Cent mehr ausgeben und dafür Bio-Eier oder

zumindest Eier aus Freilandhaltung kaufen (Stempel 0 oder 1). Warum diese Eier etwas teurer sind, ist einfach zu erklären: Je mehr Auslauffläche einem Huhn durchschnittlich zur Verfügung steht, desto mehr Land geht dem Betrieb für eine anderweitige Nutzung verloren. Weiterhin kommen Kosten für den Auslauf, wie durch Pflegemaßnahmen, längere Zäune und Einsammeln verlegter Eier hinzu. Die höheren Produktionskosten müssen durch höhere Preise je Ei bei Haltungsformen mit Auslauf gegenüber solchen ohne Auslauf, z.B. Bodenhaltung, aufgefangen werden. Jürgen Knirsch von der Umweltorganisation Greenpeace formuliert es so: „Es gilt also, eine andere Wertschätzung für das Essen zu gewinnen. Gut aber weniger, dafür gerechter.“


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i

Verbraucher-Tipp 7 Qualität hat seinen Preis

Wer nicht fragt bleibt dumm! Einfach mal beim Bäcker nachfragen, woher denn die Eier stammen. Sich informieren ist einfacher als gedacht

Klar, es ist bequem. Das Nichtwissen. Einfach einkaufen gehen, essen, ohne sich groß Gedanken zu machen. Doch was schon Samson aus unserer Kindheit uns zu vermitteln versuchte, ist vielen schlicht zu viel Arbeit. Frauen ernähren sich gesünder als Männer und auch Eltern gehen mit dem Thema sensibler um. In Familien mit Kindern wird viel Wert auf gesunde Ernährung gelegt, wie eine Studie belegt: Mit 66 Prozent ist der Anteil jener Eltern mit Kindern unter 16 Jahren, die bei der Erziehung besonderen Wert auf gesunde Lebensweise legen, relativ hoch. Doch gesunde Ernährung bei Kindern ist vor allem ein Problem der sozialen Schicht: Von den eben genannten Eltern sorgen sich bei höher gebildeten Eltern 76 Prozent um die gesunde Lebensweise ihrer Kinder, während in Schichten mit niedrigem sozialen Status nur 47 Prozent auf diese Dinge Wert gelegt wird. Die Familie prägt das Ernährungsverhalten der Kinder nach wie vor am stärksten — es liegt also eindeutig auf der Hand, wie wichtig es ist, hier Wissen zu vermitteln und vor allem eine gesunde Ernährung vorzuleben. Zwar wissen die meisten von uns, dass eine ausgewogene Lebensmittelaufnahme vor vielen

Krankheiten schützt: Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Knochen- und Gelenkschäden auf Grund von Übergewicht oder dass Obst und Gemüse sowie viele Ballaststoffe das Krebsrisiko verringern und einem müden Darm in Bewegung halten. Doch wie eine Umfrage belegt, wissen die wenigsten wirklich, wie genau gesunde Ernährung aussieht: Die Frage „Legen Sie Wert auf gesunde Ernährung?“ wurde zwar übereinstimmend mit rund 80 Prozent positiv beantwortet. Legt man den Befragten jedoch eine Liste von Nahrungsmitteln vor, sind weniger als 20 Prozent der Probanden in der Lage, eine gesunde Ernährungsweise zu identifizieren. Das ist alarmierend! Hast Du schon mal bei Deinem Metzger nachgefragt, aus was für einer Haltung das Huhn stammt, welches er verkauft? Oder beim Bäcker nachgehakt, was für Eier in den Teilchen verarbeitet sind? Oder woher er diese bezieht? Firmen, die nichts zu verbergen haben, geben bereitwillig Auskunft oder werben sogar mit dem Bauern, dessen Eier weiterverarbeitet werden. Einfach mal fragen und vergleichen. Denn wer nicht fragt, bleibt dumm.


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Die Flut an Informationen aus dem Internet ist überwältigend — ja, sogar manchmal erdrückend. Wo anfangen? Z.B. informiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung kurz und faktenreich, aber auch die Krankenkassen helfen weiter. Es gibt auch eine Menge selbst gegründeter Firmen, die sich der Aufklärung widmen. Slowfood ist solch eine Firma, sie ist eine weltweite Vereinigung von bewussten Genießern und mündigen Konsumenten, fördert eine verantwortliche Landwirtschaft, eine artgerechte Viehzucht und die Bewahrung der regionalen Geschmacksvielfalt. Die Non-Profit-Organisation bringt Produzenten, Händler und Verbraucher miteinander in Kontakt, vermittelt Wissen über die Qualität von Nahrungsmitteln und macht so den Ernährungsmarkt transparent. Außerdem kannst Du auch Deinen Hausarzt nach Infobroschüren fragen. Also — iss mit Verstand; nicht umsonst heißt es „Du bist was du isst!"

Spannende Links zum Nachschauen: www.dge.de www.slowfood.de www.kaefigfrei.de www.bund.net www.das-ist-drin.de www.br-online.de/ratgeber/ernaehrung www.prinzessinnengarten.net albert-schweitzer-stiftung.de www.bmelv.de www.was-wir-essen.de www.was-steht-auf-dem-ei.de www.tierschutzbund.de www.prinzessinnengarten.net www.vier-pfoten.de


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Literatur-Verzeichnis

Eierkunde Peitz, Beate und Leopold Peitz: „Hühner halten“, Ulmer Verlag, Stuttgart 2005

Massentierhaltung Foer, Jonathan Safran: „Tiere essen“, Kiepenhauer & Wietsch Verlag, Köln, 2010

Scholtyssek, Siegfried und Paul Doll: „Nutzund Ziergeflügel“, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1978

Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz www.bmelv.de/cln_173/SharedDocs/Standardartikel/Ernaehrung/SichereLebensmittel/Kennzeichnung/Eierkennzeichnung.html;jsessionid= BBB0542EC9127538751BF7C6E3168D6A

Peitz, Beate und Leopold Peitz: „Hühner halten“, Ulmer Verlag, Stuttgart 2005 Prof. Dr. Horst Bayrhuber und Prof. Dr. Ulrich Kull: „Linder Biologie“, Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 1992

www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Eierverbrauch_News.html

Vollmer, Dr. Werner und Ulrike Fehrmann: „Natura 3“, Ernst Klett Verlag Gmbh, Stuttgart, 1995

Verbraucher-Tipps Wolff, Rosa: „Arm aber Bio!“, Edition Butterbrot, München 2010

www.luechinger-schmid.ch/htm/de/02-vademeicum/b1-fachwissen-ei.php www.was-steht-auf-dem-ei.de

Duve, Katrin: „Anständig essen“, Galiani Verlag, Berlin 2011

Haushuhnbiologie Marks, Horst: „Das Haushuhn“, Amandus Ziemsen Verlag (1993 geschlossen), Wittenberg Lutherstadt 1985. Scholtyssek, Siegfried und Paul Doll: „Nutzund Ziergeflügel“, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1978. Brandis, Sylvia und Katharina Lausche: „Mein Huhn“, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Hamburg, 1995 Wiemann, Katja: „Beitrag zur Geschichte der Ernährungsforschung beim Haushuhn“, Dissertation, Tierärztliche Hochschule, Hannover, 2005

www.animal-health-online.de+ das-ist-drin.de www.planet-wissen.de/natur_technik/haustiere/huehner/index.jsp www.payer.de/amarakosa2/amara209e.htm ema.bonn.de/bio/huhn.htm www.gomeck.de/zahlen2.html www.menshealth.de/sperma.12228.htm wish bones: http://www.suite101.com/content/ the-history-of-the-thanksgiving-wishbonea173893#ixzz1AeMozCZJ


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Impressum

Herausgeber Stefanie Oppenhäuser Mombacher Straße 75A 55122 Mainz Lektorat Sonia Oppenhäuser Besonderer Dank Carmen, Werner, Sonia, Chris und Saskia Fonts Gotham Hoefler & Frere-Jones Tobias Frere-Jones und Jesse Ragan, 2000 typography.com Apex Rounded Village Type and Design LLC. With special thanks to Chester Jenkins, 2010 vllg.com Druck Kanne Graphischer Betrieb Haagweg 43 65462 Ginsheim-Gustavsburg T +49 6134 - 28015-0 F +49 6134 - 28015-36 online@kanne.com www.kanne.com Index Digital Paul-Friedländer-Straße 1 65203 Wiesbaden T +49 611 - 41116-0 F +49 611 - 41116-89 info@indexdigital.de www.indexdigital.de

Bindung Erwin Haßdenteufel Pfädchengasse 9 55127 Mainz T +49 6131 - 472651 F +49 6131 - 472653 info@buchbinderei-hassdenteufel.de www.buchbinderei-hassdenteufel.de Papier Römerturm Feinstpapier GmbH & CO. KG Alfred-Nobel-Straße 19 50226 Frechen T +49 2234 - 95595-0 F +49 2234 - 95595-55 service@roemerturm.de Innenteil Eierkunde, Haushuhnbiologie und Tipps Colambo Text and Cover, Gletscher, 115g/m2 Papyrus Deutschland GmbH & Co. KG Gehrnstraße 7-11 76275 Ettlingen T +49 7243 73-0 F +49 7243 73-171 info.de@papyrus.com www.papyrus.com/de Innenteil Massentierhaltung Plano Luxo Pak, Glossy, 90g/m2




Altenglischer Kämpfer

Altenglischer Zwerg-Kämpfer

Haubenstrupphuhn

Antwerpener Bartzwerg

Ardenner

Assendelfter Huhn

Asil

Bankivahuhn

Bantam

scher Schlotterkamm

Bauernhuhn

Burma-Zwerghuhn

Brakel

Chabo

Zwerg-Reichshuhn

Hint Horoz

Indischer Kämpfer Krüper

La Flèche

Madras

Malaie

Zwergkämpfer

Marans

Onaga-dori

Penedesenca Redcaps

Schweizerhuhn

Sebright

Barthuhn

Seiden-huhn

Sultanhuhn

Yokohama

Zwerg-Altsteirer

Zwerg-Augsburger

Zwerg-Nackthalshuhn

Sachsenhuhn Sumatras dotte

Zwerg-Seidenhuhn Zwerg-Sundheimer

Zwerg-Yokohama

Zwerg-Kaulhuhn

Zwerg-Plymouth Rocks Zwerg-Spanier Zwerg-Sussex

Thüringer

Vorwerkhuhn Yamato Gunkei Zwerg-Asil

Zwerg-Brahma

Zwerg-Dominikaner

Zwerg-Bra-

Zwerg-Dresdner

Zwerg-Holländer Haubenhühner Zwerg-Kraienkopp

Zwerg-Orloff

Zwerg-Strupphuhn

Zwerg-

Zwerg-Krüper

Zwerg-Marans

Zwerg-Rheinländer

Zwerg-Vorwerkhuhn

Strupp-

Sussex

Zwerg-Araucana

Zwerg-Malaie

Zwerg-Niederrheiner

Ramels-

Satsumadori

Yakido

Zwerg-Brabanter

Zwerg-Hamburger

Zwerg-Leghorn

Zwerg-New Hampshire

Zwerg-Phönix

Wyandotte

Zwerg-Croad-Langschan

Zwerg-Kastilianer

Zwerg-Lakenfelder

Vogtländer

OkiPaduaner

Spanier

Sundheimer

Tuzo

Zwerg-Andalusier

Zwerg-Barnevelder

Zwerg-Friesenhuhn

Zwerg-Italiener

Zwerg-La Flèche

Zwerg-Paduaner

Zwerg-Amrocks

Zwerg-Crève Cœur

Zwerg-Eulenbarthuhn

Totenko

Ohiki

Prat

Sachsenhuhn

Siamesisches Zwerg-Seidenhuhn

Westfälischer Totleger

Zwerg-Australorps

Zwerg-Cochin

Houdan

Welsumer

Moderner Englischer

Posawien-Haubenhuhn

Sundanesischer Kämpfer

Tomaru

Lütticher Zwerg-Kämpfer

Ostfriesische Zwerg-Möwe

Ruhlaer Zwerg-Kaulhuhn

Shamo

Sumatra

Thüringer Zwerg-Barthuhn

Watermaalscher Bartzwerg

kel

Rhodeländer

Holländer Kraienkopp

Norwegisches Jaerhuhn

Plymouth Rock

Grünleger

Houdan

Moderner Englischer Kämpfer Niederrheiner

Phönix

DeutDeutsches

Gelbsperber

Lütticher Kämpfer

Ostfriesische Möwe

Rheinländer

Sulmtaler

Minorka

Dänisches

Empordanesa

Silberblauer Königsberger

Orpington

Pfälzer Kampfhuhn

Dresdner

Holländer Zwerghaubenhuhn

Leghorn

Brabanter

Cubalaya

Friesenhuhn

New Hampshire

Orloff

Brabanter

Deutsches Reichshuhn

Dorking

Koeyoshi

Langschan

Bielefelder Kennhuhn

Deutscher Zwerg-Langschan

Frankfurter Zwerghuhn

Mechelner

Nackthals-huhn

na-Chabos

Dominikaner

Bergi-

Brügger Zwerg-Kämpfer

Deutsches Langschan

Ko Shamo

Lakenfelder

Bergischer Kräher

Croad-Langschan

Deutsches Zwerg-Lachshuhn

Holländer Haubenhuhn

Kennsperber

Brügger Kämpfer

Araucana

Barnevelder

Bohus-Dal Huhn

Crève-Coeur

Deutsches Lachshuhn

Federfüßiges Zwerghuhn

Hamburger

loher

Cochin

Deutscher Zwerg-Sperber

Eulen-barthuhn

Belgischer Kämpfer

Bressehuhn

Annaberger

Ayam Cemani

Bergischer Zwerg-Schlotterkamm

Breda

Deut-sches Zwerghuhn

Andalusier

Appenzeller Spitzhaube

Blaugraue Vogtländer

Cemani

Denizli-Kräher

scher Sperber

huhn

Blausperber

Amrock

Australorps

Belgisches Zwerghuhn

Bergischer Zwerg-Kräher

Brahma

Landhuhn

Augsburger

Bassette

Bielefelder Zwerg-Kennhuhn

Altsteirer

Appenzeller Barthuhn

Zwerg-Minorka

Zwerg-Orpington

Zwerg-Rhodeländer

Zwerg-Sulmtaler Zwerg-Welsumer

Zwerg-

ZwergZwerg-Wyan-


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