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Umwelt & Klima

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Die tiere und Pflanzen in den Schweizer alpen sind mit der klimaerwärmung mehrheitlich überfordert, wie eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) ergeben hat. Zwar passen sie sich an die neuen Umstände an – allerdings nicht schnell genug.

Regula Wegmann*

In den Alpen wird es immer wärmer und der Frühling beginnt immer früher. Seit 1970 hat sich das Klima in den Schweizer Alpen um etwa 1,8 °C erwärmt. Die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hat in ihrer Studie das Verhalten von Flora und Fauna auf die Klimaveränderungen erforscht. Die erfreuliche Nachricht: Die dort lebenden Tiere und Pflanzen können grundsätzlich ihr Verhalten sowie die Wahl ihres Lebensraums entsprechend anpassen. Die schlechte Nachricht: Um in den gewohnten klimatischen Bedingungen weiterzuleben, müssten sie aber 60 bis 70 Höhenmeter pro Jahrzehnt zurücklegen. Die meisten Tiere und Pflanzen schaffen das nicht.

Bäume und Sträucher sind am anpassungsfähigsten

Bäume und Sträucher können zwar innert relativ kurzer Zeit in höhere Lagen ausweichen, mit bis zu etwa 33 Höhenmetern pro Jahrzehnt sind sie die Vorreiter der Anpassungskünstler. Dies reicht aber nicht aus, um mit der derzeitigen Klimaveränderung Schritt zu halten. Bei anderen Gruppen wie Vögeln, Farnen oder holzzersetzenden Pilzen wurde ein viel langsamerer Aufwärtstrend festgestellt – sie schaffen weniger als 15 Höhenmeter pro Jahrzehnt. Amphibien und Libellen haben ihren Lebensraum gar nicht verlegt, dies aufgrund ihrer Abhängigkeit zu einem geeigneten Gewässer.

1 Wie bei einem Baum lässt sich auch beim Steinbock anhand der Ringe im Horn seine Vitalität messen.

2 Das Schneehuhn liebt es kalt und weiss. Es passt sich perfekt der Umgebung an.

kürzere Winter bringen ökosystem durcheinander

Man hat festgestellt, dass vereinzelte Tierarten wie Schmetterlinge ihren Lebensraum problemlos in die Höhe verlegen können, dies auch, weil sie nicht an Gewässer gebunden und ganz einfach dank ihrer Fortbewegungsart im Vorteil sind.

*Zur autorin

Regula Wegmann ist Gründerin und Geschäftsführerin der Kommunikations-Agentur microbee.com. In Ihrer Freizeit klettert die in Sarnen/OW und Zürich wohnhafte Journalistin auf Skitouren-Skis auf jeden hohen Berggipfel oder fährt auch mal mit dem Motorrad quer durch Lateinamerika. Der frühe Frühlingseinbruch hat ebenfalls Einfluss auf das Verhalten der Lebewesen. Pflanzen, Reptilien, Zugvögel und an Land lebende Insekten wie Schmetterlinge oder Heuschrecken haben darauf reagiert, indem sie ihre Aktivitäten im Frühjahr – wie beispielsweise das Blühen der Pflanzen – um durchschnittlich 2 bis 8 Tage pro Jahrzehnt vorverlegten. Bei anderen Vogelarten oder Libellen konnten keine Veränderungen

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beobachtet werden. Diese Diskrepanzen könnten das Ökosystem in den Bergen arg durchschütteln.

Übrigens gibt es auch Gewinner des Klimawandels: Die einstmals in der Schweiz ausgerotteten Steinböcke sind auf dem Vormarsch. Das lässt sich an den Hörnern ablesen, die dank mehr Nahrung im Frühling kräftiger geworden sind.

Ein Huhn leidet

Ein weiteres Sorgenkind ist das Alpenschneehuhn. Die Schweiz beherbergt 40 Prozent der gesamten Population der Alpenkette, die aber seit Jahrzehnten rückläufig ist. Die Vogelwarte Sempach hat verschiedene Studien durchgeführt, die vor allem die Veränderungen in den Mikrohabitaten der Schneehühner untersuchte. Also nicht nur die grossen klimatischen Veränderungen, sondern auch wetter- und saisonalbedingte Faktoren miteinbeziehen. Erstaunlich ist, dass das Alpenschneehuhn eigentlich gut mit wärmeren Bedingungen zurechtkommt. Deshalb gehen die Forscher davon aus, dass nicht die Wärme das grösste Problem darstellt, sondern die sich anpassende Vegetation und Tierwelt, welche in die Lebensräume des Alpenschneehuhns vordringen. Dadurch wird ihr Lebensraum kleiner. Tourismus und die Jagd könnten ebenfalls einen grossen Einfluss auf den Rückgang der Population haben.

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