pony #62, April 2011

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# 62 | April 2011

readmypony.com | Göttingen | im Frühling Die! Die! Die! | Ernährungsliteratur | Nina  Canell | Die  Dritte  Welt  im  Zweiten  Weltkrieg


Göttingen | im Frühling

Kleine Texte 4 | Die! Die! Die!  Wenn Kiwis wütend abheben 5 | Linker Asta  Wird jetzt alles anders? 6 | andcompany&Co. Wirtschaftswunderaktivisten 7 | Brook Pridmore & Kenneth Minor  Männer mit Gitarren

Große Texte 8 | Duve, Foer, Wallace  Geistreiche Ernährungsliteratur 12 | Nina Canell  Das Eigenleben der Spannung 16 | Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg  Vergessenes Geschichtskapitel

Rubriken & Termine 18 | 20 | 22 | 24 | 25 | 26 |

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April 2011 www.readmypony.com


Konzert  Die! Die! Die!

Hochschulpolitik  Alter vs. neuer Asta

Lieben, hassen, explodieren

Links wie früher

Michael Saager

Steve Albini, Erfinder der legendären Noiseband Big Black und Kopf der präzisionsvernarrten Theorierocker Shellac, veredelt schon durch seinen Namen die Platten seiner Schützlinge. Zu recht: Wenn Albini in seinem Chicagoer Electrical-Audio-Studio als Produzent Hand anlegt, sind drei Dinge sicher: ausgewogener Raumklang bei hoher High-End-Dynamik und immer überzeugender Transparenz. Das 2003 gegründete, neuseeländische Trio Die! Die! Die! ließ dann auch sein selbstbetiteltes Debüt 2005 von Albini produzieren. Da konnte man anschließend nur anerkennend nicken: Besser kann eine PostHardcore-Band nicht klingen. Damit soll nichts gegen das nachfolgende Album »Promises Promises« aus dem Jahr 2007 gesagt sein: Denn die klangliche Brillanz des Vorgängers wird hier gewissermaßen abgefedert durch eine herrlich kompromisslose, trockene Post-PunkStoik, eine Ästhetik der Wiederholung mit tollen Kanten und Zacken. Wer dazu nicht wie ein speedabhängiger Roboter tanzen kann, ist ein Idiot. Und Gitarrist und Sänger Andrew Wilson hat ja auch haargenau die richtige Stimme: So klingt man, wenn man seinen Liebeskummer ins Aggressive wendet,

Benjamin Laufer

wenn man die Welt für den beschissensten Ort auf der Welt hält, wenn Melancholie, Wut und Coolness leidenschaftlich-charismatisch koalieren. Es ist erfreulich und passt auch musikalisch bestens, dass Drummer Michael Prain, Bassist Lachlan Anderson und Andrew Wilson mit ihrem aktuellen Album »Form« bei Flying Nun Records gelandet sind – dem berühmten Kiwi-SpacerockPunk-Label, auf dem The Clean, Gordons, Bailter Space oder The Straitjacket Fits in den 80ern psychotisch-hypnotisch rumlärmten. Und wo nun Die! Die Die! wahnsinnig viel Energie freisetzen, mit einer wie lichterloh entflammten My-Bloody-Valentine-Gitarre, hyperaktivem Post-Hardcore-MarschMarsch-Schlagzeug, Unterwasser-Soundeffekten. Mit (gesungenen) Melodien, die sich gefährlich aufbäumen wie Dämonen, traurig und wütend zugleich um sich schlagen oder explodieren wie Sterne. Und danach ist alles glutrot und verbrannt. Und die eigene Existenz, das eigene Scheißleben ist nichts – und alles zugleich.   Die! Die! Die! spielen am 12.4. um 21:00 Uhr im T-Keller. Ihr Album »Form« ist bei Flying Nun Records / Golden Antenna / Broken Silense erschienen.

1.368 teilweise bereits verfallene Bierdosen, verdreckte Arbeitsplätze, Schimmel in den Zapfhähnen des gerade mal zwei Jahre alten Partykellers Vertigo und offene Rechnungen in Höhe von 23.000 Euro. Das ist alles, was von zehn Jahren Mitte-Rechts-Asta in Göttingen übrig ist. Ein Finanzskandal hatte der Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Fachschaftsmitglieder den Fußboden der Macht unter den Füßen weggezogen. 28.000 Euro aus der Kasse der Studierendenschaft waren im vergangenen Jahr verschwunden, gegen Personen aus dem Umfeld des alten Astas laufen Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung, Diebstahls und Betrugs. Ein massiver Stimmenverlust für die ADF bei den Uniwahlen im Januar war die Folge. Seit Anfang März ist der Asta wieder das, was er früher wie selbstverständlich immer war: links. Basisdemokratisches Bündnis, Jusos, Grüne Hochschulgruppe und Schwarz-Rot-Kollabs stellen die Koalition der Studierendenvertretung. Damit sind die Zeiten, in denen der Göttinger Asta sich als unpolitische Verwaltung und Regierung der Studierendenschaft begriffen hat, fürs Erste vorüber. Ein Filz aus Kadern der ADF, die über ein Jahrzehnt die Fäden in der Hand hielten, hatte bislang den Asta fest im Griff. Studierendenvertretung war in Göttingen

eine Chiffre für eine Verteilung der finanziellen Mitteln unter der eigenen Gefolgschaft: 50.000 Euro hat der alte Asta jährlich für Personal ausgegeben. Dabei herausgekommen ist beachtlich wenig: Studentische Protestbewegungen wurden nicht unterstützt oder sogar behindert, Transparenz und Mitbestimmung suchte man vergebens. Das politische Mandat, das ein Asta qua Hochschulgesetz hat, war zu einem Feigenblatt verkommen. Der neue Asta will eine Interessenvertretung der Studierendenschaft sein. Keine Stellvertreterpolitik, sondern Empowerment für studentische Initiativen steht auf der Agenda. Entscheidungen sollen nicht mehr von oben herab gefällt, sondern basisdemokratisch getroffen werden. Vernetzung mit Bündnispartnern in der Stadt und anderen Hochschulen sind geplant, auf Entscheidungsträger soll politischer Druck aufgebaut werden. Es herrscht Aufbruchstimmung im Rosa-Luxemburg-Haus. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, was ein Asta, der sein politisches Mandat ernst nimmt, bewirken kann. Wenn er will.

Oliver Ballien | Der Friseur im Börnerviertel | Barfüßerstr. 12 | Tel.: 0551 - 4 88 30 06

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Kleine Texte

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Theater-Gastspiel andcompany&Co.

Konzerte  Brook Pridemore & Kenneth Minor

Fiktion der Fakten

Die gute alte Klampfe

Tina Fibiger

Gern spielt das Berliner Theaterkollektiv andcompany&Co. mit Fakten, die in der Fiktion erst richtig greifen. Da werden Szenen variiert und gedoppelt, führen uns in die Irre. Schauspieler fallen aus ihrer Rolle. Oder die Handlung bricht ab und es beginnt ein Duell um Worte oder um aktuelle Schlagzeilen, die gerade abrufbar sind. All diese Elemente haben natürlich mit den Geschichten zu tun, die Nicola Nord, Alexander Karschnia und Sascha Sulimma in Form von zeitkritischen Collagen aufbereiten. Der Film »Wir Wunderkinder« lieferte ihnen eine Steilvorlage, wie Nicola Nord erzählt, weil er mit Mitteln arbeitet, die andcompany&Co. vertraut sind. Dass zwei Erzähler den Film immer wieder anhalten und kommentieren, selbst wenn ihnen das Endsieg-Szenario dabei einen Filmriss beschert. Toll sei auch, wie dabei mit den Zeitsprüngen umgegangen werde und den pointierten Anmerkungen über ein kriegerisches Jahrhundert. Der Film »Wir Wunderkinder« zeichnet die Lebensläufe von Bruno Tiches und Hans Boeckel nach und wie ihre Biografien zwischen Kaiserreich, Zwischenkriegsjahren, Nazidiktatur und Wirtschaftswunderzeit auseinander driften. Der eine erweist sich als karrierekompatibel für jede politisch-ökonomische

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Michael Saager

Wetterlage, der andere hält sich lieber an moralische Kategorien und probt den Rückzug in die innere Emigration. Eine Bühnenfassung, die sich stark an das Filmdrehbuch hält, beschreibt Alexander Karschnia und dass die historische Ereigniskette dabei immer wieder durchbrochen werde, wenn die Schauspieler die Zeitsprünge assoziativ unterwandern. Ob es um obrigkeitstreue Tendenzen geht, Spekulationsgewinne in Krisenzeiten oder die Unwissenheitsbeteuerungen nach dem Zusammenbruch der Nazi-Diktatur – die Ära der Wirtschaftswunderaktivisten verbindet das Berliner Theaterkollektiv mit einem kabarettistischen Remix von Schlagzeilen: über Studentenproteste, Mauerfall und Papstwahl, bis zur Nachricht des politischen Absturzes eines adligen Doktoranden.   »Wunderkinder« läuft am 1., 8., 12. und 27.4. um 19:45 Uhr im Deutschen Theater.

Da können einem noch so viele »heiße« Musik-Fashion-Trends durch die Ohren wehen – ganz am Ende, kurz bevor Mutter Erde die gesamte Menschheit für immer verschluckt, um sodann mit Hilfe von Maden, Mikroorganismen und Atmosphäre etwas wirklich Intelligentes auf die Beine zu stellen, singen die Menschen ihr letztes Lied. Es wird kein fröhliches sein, nein, aber es wird sich warm und folky anhören, ein bisschen nach verknarztem Bob Dylan klingen und an den melancholischen Tiefgang Leonard Cohens erinnern. Es wird ein Lied auf der Akustikgitarre sein, denn so etwas wie Strom gibt es dann schon lange nicht mehr. Eine Mundharmonika? Warum nicht. Was will uns der Autor damit sagen? Nun, leicht umständlich vielleicht, dass er auf (Akustik-)Gitarrenpop und (Indie-)Folk steht? Immer noch und immer wieder. Das Zeug ist ja auch so was von existenziell zäh; und derzeit tummeln sich die (Herren) Künstler wieder besonders eifrig: Es gibt eigensinnig schöne Folk-Irgendwas-Platten von Alexi Murdoch, Alexander Tucker, Six Organs of Admittance, Josh T. Pearson oder Bill Callahan. Um »klassischen« Antifolk, wie wir ihn aus New York

kennen, ist es indes ein bisschen ruhiger geworden. Um Brook Pridemore, der 2002 nach New York ging, »to make it there«, wurde es wiederum niemals laut. Doch selbstverständlich hat Pridemores leicht punkiger, von Jeffrey Lewis und They Might Be Giants, ferner von Billy Bragg und (sic!) frühem Bob Dylan inspirierter Lo-Fi-Folk mehr Aufmerksamkeit verdient. Immerhin reiht der Künstler mit temperamentvoll kantiger Stimme kleine große Melodien aneinander – so als wär’s grad nix. Womit wir beim nicht weniger interessanten Folkpop-Essenzialisten Kenneth Minor wären, dessen letztes Album »In That They Can‘t Help It« (2010), passend zur Musik, beim SingersongwriterQualitätslabel Hazelwood erschienen ist. Auf Platte sind ein paar hochkarätige Begleitmusiker zu hören, gleichwohl funktionieren Minors upliftende Schellenkranz-Gitarren-Songs gewiss auch solo dargeboten gut. Seine leicht vernuschelte Americana-Erzählerstimme hat wirklich was. Doch doch.   Brook Pridemore spielt am 4.4. um 20:00 Uhr im Pools, Kenneth Minor am 30.4. zur selben Uhrzeit im selben Laden.

Kleine Texte

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Fleisch mit brauner Soße Esskultur  Wallace, Foer, Duve – die neuen Vegetarier sind raffinierte Erzähler

und Meister des Humors.

Kerstin Cornils

Vermutlich hat man sich in der Redaktion der US-amerikanischen Zeitschrift »Gourmet« die Augen gerieben, als der postmoderne Autor David Foster Wallace 2004 seine Reportage über das Hummer-Festival in Maine ablieferte. Was war los mit dem Mann? Hatte das traditionelle Ereignis an der Küste von Rockland nicht genug lokale Farbe zu bieten, um einen spannenden Reisebericht zu verfassen? Dass am großen Hummerschmaus in Maine ethisch nichts auszusetzen war, musste wohl selbst der verbiestertste Klassenkämpfer einräumen. Schließlich stocherten in Maine, anderes als in den versnobten Gourmettempeln von New York, keine perlenbehängten Bankergattinnen im Inneren rot gesottener Krustentiere herum. Das Hummerfestival im Norden der USA gab sich volksnah wie ein bayrisches Bierzelt und bodenständig wie eine Plastikgabel. Nichts sprach gegen eine deftige Reportage, nach der sich die Gourmets alle zehn Finger lecken konnten. Doch Wallace versalzte die Suppe gründlich. Er hatte die perfide Idee, seinen brillanten Essay gleichsam mit einem enervierenden Rauschen zu grundieren, das sich im Zuge der Lektüre als das Klappern eines Topfdeckels entpuppte. Der Deckel klapperte, weil sich der Hummer im siedenden Wasser kurz vor seinem Tod noch einmal aufbäumte, um (freilich vergebens) an den Rand seines Sarges zu klettern. Angesichts der sich beharrlich windenden Kreatur fragte der Autor treuherzig, ob seine Zweifel am Mord des Hummers vielleicht allzu sentimental oder politisch korrekt seien. Um anschließend die moralischen Daumenschrauben anzuziehen und die Gourmets mit der Spekulation zu konfrontieren, dass es aus der Perspektive der Nachgeborenen dereinst nicht mehr möglich sein werde, zwischen den Vergnügungen Neros, den Experimenten

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Große Texte

David Foster Wallace: »Am Beispiel des Hummers« (Arche 2009 / 78 Seiten / 12 EUR)

Mengeles und den Essgewohnheiten des 21. Jahrhunderts sauber zu unterscheiden. Zwar beruhige man in Maine die Gemüter mit der Behauptung, dass ein Hummer keinen Schmerz empfinde. Dies sei jedoch »auf ungefähr neunfache Weise« falsch – womit Wallace das Kunststück gelang, über die moralischen Abgründe der modernen Ernährung ebenso ernsthaft wie mit lustigen Augenzwinkern zu sprechen.

Jonathan Safran Foer: »Tiere essen« (Kiepenheuer & Witsch 2010 / 400 Seiten / 19,95 EUR)

Leichen in der Bratröhre Der New Yorker Bestseller-Autor Jonathan Safran Foer nimmt den von Wallace gesponnenen Argumentationsfaden in seinem 2009 erschienenen Bestseller »Tiere essen« wieder auf, schwenkt den Fokus jedoch vom exotischen Hummer auf die Leiden so alltäglicher Kreaturen wie Kühe, Lachse und Schweine in der Massentierhaltung. Was er bei seinen teils legalen, teils illegalen Besuchen von Hühnerfarmen und Schlachthöfen herausfindet, ist im Prinzip nichts fundamental Neues – wir alle wissen seit Jahren, dass Hühner verantwortungslos mit Antibiotika zugedröhnt werden, sich kaum regen können und nicht selten in ihren Exkrementen verrecken; uns allen ist klar, dass bei der fließbandmäßigen Betäubung todgeweihter Rinder auch mancher Bolzen daneben geht. Neu ist der Ton, in dem Foer seine Einsichten vorträgt: leidenschaftlich, doch ohne moralische Keule, in einem stilsicheren Gemisch aus wissenschaftlicher Nüchternheit, freundlichem Appell und eindringlichem Pathos. Anders als man es von Fernseh-Dokumentationen und Flugblättern engagierter Tierschützer kennt, rückt Foer die unsere Essgewohnheiten in einen breiten

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kulturellen Kontext. Dabei gelingt es ihm, eine strahlende Utopie zu entwerfen: Am Beispiel der eigenen Familie häkelt er ein hübsches Bild samt neugeborenem Baby, Oma und zugelaufenem Hund. Bemüht um familiäre Kontinuität lässt Foer in seinem Nein zum Fleischkonsum die Standhaftigkeit der Großmutter wieder aufflackern, die auch während der Verfolgung durch die Nazis noch an den koscheren Speisegesetzen festgehalten hat. Spätestens, wenn der Autor in seinem Traum von einem sauberen Thanksgiving-Fest schwelgt, bei dem keine kross gebratene Leiche mehr in der Bratröhre schmoren muss, wird klar: Hier ist ein überzeugter Amerikaner am Werk, der frischen Wind in die Traditionen seines Landes bringt, um sie nicht endgültig preisgeben zu müssen. Weniger traditionsverliebt, patchwork-mäßiger und ungleich derber geht es auf Karen Duves ostdeutschem Bauernhof zu. Abgesehen von der krebskranken Bulldogge Bulli, dem befreiten Huhn Rudi und einem bornierten Schwager, der sein politisches Heil in der Massentierhaltung sieht, ist hier weit und breit keine kuschelige Kleinfamilie in Sicht, auf die ein Loblied anzustimmen wäre. Anders als bei Foer wird Duves Selbstversuch (sie lebt je zwei Monate lang als Bio-Konsumentin, Vegetarierin, Veganerin und Frutarierin) nicht vom Mysterium einer Geburt ausgelöst, vielmehr geht das Essexperiment auf den Zorn einer Mitbewohnerin zurück, die der angeblich so tierlieben Autorin ihre Hühnerpfanne für 2,99 Euro eines Tages um die Ohren haut. Duve fordert von uns allen Fleischverzicht, hat aber auch selbst keine saubere Weste: Freimütig bekennt sie, zu den höheren Weihen der Kochkunst keinen Zugang zu haben und ohne ein Gesöff namens Cola light nicht mehr leben zu können. Doch gerade darin liegt der Charme des Textes: Im ehrlichen Eingeständnis der Autorin, dass sie 48 Jahre lang bedenkenlos »Qualfleisch« konsumiert hat und, »verdammt noch eins«, auch als Vegetarierin ab und zu mal »wahnsinnig Appetit auf ein Stück Fleisch mit brauner Soße« bekommt.

Mechanismen der Selbstüberwachung »Anständig essen« ist reich an faszinierenden Kippfiguren: Hochherzige Positionen politischer Korrektheit gehen fast nahtlos in ätzende Sticheleien über, die einem Leser der »Bild«-Zeitung zur Ehre gereichen würden. Die Autorin bringt es zum Beispiel fertig, sich eine »alte Weisheit der Indianer« auf die Fahnen zu schreiben, um diese schon im nächsten Moment mit der Bemerkung niederzustrecken, es handele sich vermutlich um den »auf zig Kirchentagen abgenudelten Spruch« eines »Deutschlehrers im ersten Referendariatsjahr«. Seltsamerweise scheint in Duves Essay hin und wieder die Rhetorik einer Religiosität auf, die schon längst verklungen schien: Da geht es dann plötzlich wieder um die Ursünde des Menschen, um Askese und die Disziplinierung der Lüste. Wir wissen leider nicht, was Foucault zu den Selbstüberwachungsmechanismen des neuen Vegetarismus gesagt hätte. Doch auffällig ist, dass sich mit Wallace, Foer und Duve ausgerechnet drei Meister eines raffinierten literarischen Humors zum Sprachrohr der Tiere gemacht haben. Wenn jetzt angesichts der modernen Massentierhaltung schon den Gewitztesten das Lachen vergeht – könnte es da sein, dass diese Leute, »verdammt noch eins«, am Ende recht haben?

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Große Texte

Karen Duve liest am 11.4. um 20:00 Uhr als Gast des Lit. Zentrums im Alten Rathaus aus ihrem Buch »Anständig essen (Galliani 2011 / 335 Seiten / 19,95 EUR) und spricht danach mit der Journalistin Carolin Hoffrogge.


Im Haarsieb des Diskurses Kunst der Transzendenz  Gedanken Form geben in Form einer Spannung – die schwedische

Künstlerin Nina Canell entwickelt in der Ausstellung »Ode to Outer Ends« einen Parallelraum der Darstellung naturwissenschaftlicher Phänomen, der über diese Phänomene selbst hinausweist.

Tina Lüers

Eine weiße Tür schwenkt auf. Das lackierte Metall bewegt sich behänd vom Besucher weg, er tritt, wenn er dieser Aufforderung folgt, in einen schmalen Durchgang. Eine weitere Tür ist zu sehen, auch sie öffnet sich unter leisem Surren fast lautlos. Was zu hören ist und immer lauter wird, ist der dunkle Sound einer überdimensionierten Stimmgabel – so klingt er zumindest. Tür um Tür verstärkt sich der Ton, als die dritte Tür offen steht, nimmt er den Besucher ganz gefangen. Wie in einer Schleuse zur Kunst scheint das Zurückkehren nicht beliebig möglich. Als strömte Wasser gegen die Wände, entzieht sich dem Querenden die Möglichkeit zur Entscheidung, vorangetrieben muss er mit dem Strom gehen, kann sich kaum antizyklisch gegen den mächtigen Sog stemmen, der ihn in den dahinterliegenden Raum zu ziehen scheint. Der Wasserstand wird ausgeglichen. Obschon automatische Türöffner in Geschäften, Supermärkten oder auch Krankenhäusern ein übliches architektonisches, kunden- oder angestelltenfreundliches Instrument sind – schließlich bleiben die Hände frei für Taschen, Tüten oder Betten – verblüfft und entlarvt der museale Kontext und macht den beherrschenden Impetus deutlich. Die Arbeit »Passage« der schwedischen Künstlerin Nina Canell ist Teil der Ausstellung »Ode to Outer Ends« in der Kunsthalle Fridericianum in Kassel. 1979 wurde Canell geboren, die nicht nur vor zwei Jahren in Göttingen in einer Worpswede-Ausstellung eine Arbeit gezeigt hat, sondern auch in der Gruppenausstellung »On line« im New Yorker Museum of Modern Art im vergangenen Jahr vertreten war. Die Kasseler »Passage« thematisiert den Übergang, die Durchlässigkeit, Grenzen, Schwellen, auf sorgsame Weise aber auch Unsicherheiten und Gewissheiten, die

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Große Texte

Zerbrechlichkeit von Freiwilligkeit und die Subtilität von Manipulationen. Weg von der Straße, hinein in den Kunstdiskurs. Ein zartes Gespinst aus Drähten geht von einem Transistorradio aus. Es zieht sich von dem am Boden stehenden Gerät hinauf bis zur Decke, verzweigt sich unterwegs und ist in seiner Feinheit hier und dort nur nach genauerem Hinsehen zu erkennen. Keiner logischen Struktur folgend, sind Nägel an den Drähten zu sehen, Kabel und ein Zeitrelais. Ein bisschen erinnert diese Installation an die Vergangenheit, in der man versuchte, mit seinem Radio und einer verkabelten Zimmerantenne mitten auf dem Land einen möglichst guten Sender empfangen zu können. Statt vermeintlich eindeutiger Information jedoch erklingt ein rauschendes Flechtwerk, das von einer Stelle zwischen zwei Sendern gewoben wird. Neben diesen ersten Eindrücken wirkt das dünne Drahtnetz wie eine physikalische Versuchsanordnung oder die schematische Darstellung von filigranen Nervenbahnen, wie die Visualisierung eines Erregungszustandes, einer Erinnerung, eines Gefühls.

Filigrane Nervenbahnen, Erinnerungen, Gefühle Das Material jedoch scheint der Form zu widersprechen. Das feine, wie gesponnen wirkende Geäst von Sender und Empfänger spielt mit weiblichen und männlichen Konnotationen. Zugleich sind bei dieser Arbeit, »Into the Eyes as Ends of Hair III«, Parallelen zwischen der Vorstellung der menschlich genutzten Elektrizität wie auch der Form von Blitzen bei einem Gewitter möglich, Natur und Kultur kommen auf den Plan. Obwohl die weiße Halle beinahe leer wirkt, erstrecken sich zahllose Möglichkeiten von den Werken der Künstlerin aus in den Raum. Einem Gedanken Form geben in Form einer Spannung. Spannung bis in die äußersten Enden, die »Outer Ends«. Den Gedanken eine plastische Umsetzung geben. Den Gedanken wie Flüssen bis zu ihrer Quelle folgen, eine Landkarten davon erstellen, als gäbe es die Möglichkeit, noch dem kleinsten Rinnsal zu folgen, es abzubilden, es umzuformen. Mit Draht oder auch mit Stanzwerkzeugen, Stimmgabeln, mit Neonröhren und

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Kupferstangen, mit flirrendem Farn oder durch Magnetismus. Der poetischen, assoziativen Seite dieser Ausstellung folgt man gern, durchzieht die Astgabelungen mit neuen Gedankengängen, ergänzt das Eigene in zeitlicher und räumlicher Dimension. Da ist was dran. Die Gefahr dieses offenen und prozessualen Konzeptes liegt allerdings darin, es als beliebig zu sehen. So sagt beispielsweise der Informationstext zur Ausstellung: »In ihrer künstlerischen Auseinandersetzung steht Nina Canell den Erkenntnissen und Fragestellungen der Naturwissenschaften, insbesondere der Physik, aber auch der Philosophie und Musik sehr nahe und schafft neue Verbindungen zwischen diesen Disziplinen.« Ist es nicht vielmehr so, dass die Dinge, um die es geht, die vielleicht einmal der Auslöser für die Beschäftigung waren, im schließlichen Werk kaum noch nachzuzeichnen sind – und das aber auch gerade gut so ist? Sind sie nicht vielmehr Anregungen? Hier wird nicht »das Fließen von Strom visualisiert« oder »Lautlosigkeit erzeugt«, sondern ein Raum geschaffen, dem mit Sprache offensichtlich schwerlich beizukommen ist und der eine ganz eigene Qualität abseits der naturwissenschaftlichen Parallelen entwickelt, die dann auch stehen bleiben dürfen sollte. Die äußersten Spitzen, Nervenästchen und Möglichkeiten zur Sinneswahrnehmung sind angesprochen. Die Plastik, die Installation, die sich auf den Raum erstreckt, formt ihn wie auch seine Wahrnehmung, der Betrachter wird Teil von ihr. Einen Paten ihrer Arbeiten benennt Canell womöglich selbst als Schäfer, als Hirten: Joseph Beuys. In der Installation »Shepherds Feet« sind zwei Sohlen zu sehen, die nebeneinander auf dem Boden liegen. Mit Wolle, Draht, Klebebandstückchen, Gummi und Nagel sind sie über eine Drahtverbindung mit einem Magneteisenstein verbunden, kleine Eisensplitter und -späne haben sich den magnetischen Feldlinien entsprechend darum angeordnet. Beuys, der ebenfalls mehrere Arbeiten zur Elektrizität und zu physikalischen Phänomenen ausführte, ist bei der Verwendung von Sohlen in Kunstwerken in jedem Fall zitiert. Unter anderem für seine Performance »Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt« von 1965 verwendete der Aktionskünstler eine Eisensohle und eine Filzsohle, zelebriert distanziert und ironisch das Erklären von Kunst. Kein Zitat einer Sohle im Kunstkontext ist möglich ohne Bezugnahme auf diese Arbeit, die vielleicht den Höhepunkt eines kunsttheoretischen Diskurses der 1950er und beginnenden 1960er Jahre markiert. »Meine Objekte müssen als Anregungen zur Umsetzung der Idee des Plastischen verstanden werden. Sie wollen Gedanken darüber provozieren, was Plastik sein kann und wie das Konzept der Plastik sein kann und wie das Konzept der Plastik auf die unsichtbaren Substanzen ausgedehnt und von jedem verwendet werden kann«, meinte Joseph Beuys. Die Ausläufer dieses Konzeptes sind, kaum zu ignorieren, im Fridericianum präsent. Sie sind weitergesponnene, neue, erweiterte, feinsinnige äußere Enden.

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Große Texte

Nina Canells Ausstellung »Ode to Outer Ends« ist bis zum 5.6. in der Kunsthalle Fridericianum Kassel zu sehen.

BURGSTR. 45 37073 GÖTTINGEN TEL. 05 51- 38 48 99 83

uvm.


Strategische Verdrängung Politik & Geschichte  Die von Filmen und Vorträgen flankierte Wanderausstellung »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg« widmet sich einem »vergessenen« Kapitel der Geschichte.

davon schon? Und auch der Einmarsch des faschistischen Italiens in Äthiopien gilt denen, die hierzulande überhaupt davon Kenntnis haben, eher als verspäteter Kolonialkonflikt, der von Mussolinis späterer Komplizenschaft mit Hitler abzukoppeln sein soll – weil er halt schon 1935 stattfand, als die Nazis noch nicht einmal das eigene Rheinland unter militärischer Kontrolle hatten. Selbst die Feldzüge der Achsenmächte scheinen im kollektiven Gedächtnis der Deutschen nur dann einen Platz zu haben, wenn sie unmittelbar mit Ereignissen in Europa zusammenhängen. Kein Wunder also, dass die übrigen Kontinente – Schwarzafrika und Australien, Südamerika und weite Teile Asiens – in diesem Bild vom Krieg überhaupt nicht vorkommen. Der größte Teil der Welt bleibt ausgeblendet, wenn man hierzulande vom Zweiten Weltkrieg spricht, und bislang sind weder die Bildungspolitiker noch Guido Knopp auf den Plan getreten, diesen Missstand zu beseitigen.

Jan Langehein

Warum nennt man den Zweiten Weltkrieg eigentlich einen Weltkrieg? Wenn man sich an die Darstellungen hält, die einem in Deutschland von Schule und Fernsehen vermittelt werden – wäre es dann nicht angemessener, von einem »Europakrieg« zu sprechen? Schließlich hat sich das Kampfgeschehen, von Rommels Feldzug in Arabien einmal abgesehen, fast ausschließlich zwischen Russland und England abgespielt! Klar, es gab auch den Krieg im Pazifik: Man hat Bilder aus Pearl Harbor und aus Hiroshima im Kopf, und man weiß, dass Japan und die USA gegeneinander gekämpft haben – diese Kämpfe am anderen Ende der Welt nun aber als Teil desselben Krieges anzuerkennen, der damals in Europa tobte, das wäre doch reichlich weit hergeholt, oder nicht? Natürlich nicht: An der Bezeichnung »Weltkrieg« gibt es nichts auszusetzen; sie entspricht der Realität. Weite Teile Afrikas und Indochinas etwa waren schon deshalb in den Krieg verwickelt, weil sie Kolonien europäischer Großmächte waren und Hunderttausende ihrer Bürger – freiwillig oder zwangsrekrutiert – in den Krieg für oder gegen die Achsenmächte zogen. Dass man hierzulande immer nur an Europa denkt, wenn vom Weltkrieg die Rede ist, liegt an der selektiven Wahrnehmung, mit der die Deutschen dem Thema begegnen. Ihnen entgeht der globale Charakter des Krieges, weil ihr Horizont letztlich auf die Reichweite der Wehrmacht beschränkt bleibt: räumlich auf das Deutsche Reich und die von ihm besetzten Gebiete, zeitlich auf die Phase vom Überfall auf Polen bis zur Kapitulation in Berlin. Diese Perspektive hat ihre Berechtigung, weil sie die Alleinschuld Deutschlands am Krieg in Europa betont, und weil die Vernichtung der Juden den Krieg in Europa von dem an allen anderen Kriegsschauplätzen unterscheidet. Sie ist aber auch fatal, weil sie die außereuropäischen Ereignisse entweder ganz ignoriert oder, mit einer gewissen Herablassung, als Scharmützel an der Peripherie behandelt: Als Kämpfe, denen nur im Bezug auf den Krieg in Europa überhaupt eine Bedeutung zuzumessen sei. So wird zwar der oben erwähnte Pazifikkrieg im Prinzip als Teil des Zweiten Weltkriegs betrachtet – als historisch relevant wird er jedoch erst von dem Moment an erkannt, in dem der Angriff auf Pearl Harbor indirekt zum Einschreiten der USA gegen Deutschland führt. Offenbar kommt es hierzulande kaum jemandem in den Sinn, schon die Anfänge des Pazifikkrieges dem Weltkrieg zuzurechnen: den japanischen Überfall auf China im Juli 1937 (!), die Bombardierung Shanghais oder das Massaker an 300.000 Zivilisten in Nanking – wer weiß

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Große Texte

Zehn Jahre Recherchearbeit Wer seine Wissenslücken füllen möchte, ist dennoch nicht auf sich allein gestellt: Seit 2009 ist eine Wanderausstellung unterwegs, die unter dem Titel »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg« über ein »vergessenes Kapitel der Geschichte« informieren will; vom 2. April bis zum 8. Mai ist sie, begleitet von zahlreichen Veranstaltungen und Filmvorführungen, in der Alten Mensa am Göttinger Wilhelmsplatz zu Gast. Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Mitte der neunziger Jahre begonnen Langzeitrecherche, die in dreißig außereuropäischen Ländern nach deren Rolle im Weltkrieg fragte und 2005 in einem Buch zum Thema resultierte. Auf das Buch folgte 2008 eine CD-ROM mit Unterrichtsmaterial für Schulklassen und ein Jahr später schließlich die Ausstellung. Eröffnet wurde sie am symbolträchtigen 1. September 2009 – wobei die Initiatoren freilich nicht den Hinweis versäumten, dass dies der 70. Jahrestag des Kriegsbeginns nur für Europa war. Die Ausstellung stellt die Berechtigung eines eurozentrischen Blicks auf den Krieg in Frage: Sie zeigt, dass bei der Befreiung Manilas mehr Menschen starben als bei der Bombardierung Dresdens, und dass China mehr Opfer zu beklagen hatte als Deutschland, Japan und Italien zusammen. Sie beleuchtet auch die Folgen der Kriegswirtschaft auf die Kolonien: Weil Europa Nahrung brauchte, um die Heere zu ernähren, und Rohstoffe, um die Kanonen zu füttern, brach in Afrika der Hunger aus. Dieser (erfolgreiche) Versuch, der gewohnten Perspektive ihre Absolutheit zu nehmen, führt dabei keineswegs dazu, die Verbrechen der Nazis zu relativieren. Im Gegenteil: die Ausstellung weist nach, dass auch diese Verbrechen nicht auf Europa beschränkt blieben: Bis nach Shanghai schickte die Gestapo ihre Häscher – ausgestattet mit dem Auftrag, zehntausender jüdischer Flüchtlinge habhaft zu werden. Und in Tunesien wartete seit 1942 eine SS-Einsatzgruppe auf eine Gelegenheit, im Gefolge von Rommels Afrikorps mit der Vernichtung der Juden Palästinas zu beginnen. Eben diese Episode beweist allerdings auch, dass der antisemitische Vernichtungswahn keine deutsche Spezialität blieb, und dass die Dritte Welt neben Opfern auch Täter hervorbrachte: Als Partner der SS bot sich Amin al-Husseini an, der Mufti von Jerusalem, der nach dem Krieg maßgeblich daran beteiligt war, die arabische Welt in einen Krieg gegen den neugegründeten Staat Israel zu führen.

»Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg«: 2.4. bis 8.5.; Programminformationen auf www.3www2-goettingen.de

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Bis das Blut fließt Tina Fibiger

Wenn sich so eine echte Gemütlichkeit einstellt, wissen Werner Schwabs Präsidentinnen das sehr zu schätzen. Da lässt sich auch gut austeilen, mit dem eigenen Unbehagen und der frisch geölten Lästerzunge. Die heimelige Wohnküchenatmosphäre hat ihnen Gernot Grünewalds Inszenierung von »Die Präsidentinnen« am Jungen Theater zwar verweigert, nicht aber die entscheidende Stimulanz für das gemeinsame verbale Schlachtfeld. Jede hat ihren eigenen Fernsehbildschirm, auf dem jetzt ein Segen spendendes Geflimmer einsetzt. Den päpstlichen Auftritt goutieren die drei Schauspielerinnen allerdings nur unter Vorbehalt. Überhaupt betrachten sie ihre Figuren eher als gewöhnungsbedürftig, wie auch das, was der österreichische Dramatiker ihnen an Text in das gnadenlose Maul stopfte. So wie sie da zusammenglucken, lebensgierig und kleingeistig verschlagen und einander in ihren Erinnerungen belauern: als das Volksfest aus dem Ruder lief, Erna von ihrem schmucken Begleiter eine Abfuhr erhielt und auch Grete einfach abserviert wurde, während das Mariedl erfolgreich in den Kloschüsseln wühlte und die festlichen Verstopfungen beseitigte. Mit Kittelschürze und Kaffeehaubenkopfputz ist eigentlich nicht viel Staat zu machen. Aber mit dem Teleprompter laufen die drei zu Hochform auf, wenn sie nun ihr klägliches Dasein wortgewaltig aufrüsten, sich den Dimensionen entgangener fleischlicher Gelüste widmen oder dem immer wieder fälligen Stuhlgang. Sie lassen dabei auch keine Regieanweisung aus, die das gemeinsame Erlebnis-Duell noch ein bisschen antreibt und die vielen schönen Bosheiten, die dann auch gnadenlos zelebriert werden, bis endlich Blut fließt. Mit ihren mörderischen Gelüsten liefern Schwabs Präsidentinnen eine brachiale Textvorstellung. Als pathologische Figuren aber haben sie ausgedient – so müssen sie sich als theatrale Studienobjekte behaupten und sich möglichst kunstvoll zur Schau stellen. Heinrich von Kleists Glückssucher sind maßlos in ihren Ansprüchen und Visionen. Da zählen weder gesellschaftliche noch politische Konventionen und im Fall der Amazonenkönigin Penthesilea sind

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Theater

Deutsches Theater

Junges Theater

Telefon: 4 96 911 | www.dt-goettingen.de

Telefon: 4 95 015 | www.junges-theater.de

1.4.

19.45 20.00 DTS

2.4. 3.4.

19.45 11.15 16.00 DTS 19.45 20.00 DTK

6.4.

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7.4.

19.45 21.00 DTK

8.4. 9.4.

19.45 20.00 DTS 20.00 DTK

10.4.

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19.45 16.00 DTS 19.45

15.4. Penthesilea (DT) |Paul Enke, Meinolf Steiner

20.00 DTK 19.45 20.00 DTS

selbst die extremsten Konsequenzen unvermeidbar. Das trojanische Schlachtfeld liefert den Hintergrund für den emotionalen Ausnahmezustand in Kleists Tragödie »Penthesilea«; der polnische Regisseur Wojtek Klemm hat sie am Deutschen Theater inszeniert. Es ist ein ebenso leidenschaftliches wie radikales Duell, das sich zwischen Penthesilea und dem griechischen Heerführer Achill entwickelt, wo eine bedingungslose Liebe, Macht und Größenwahn alle Dimensionen des Begreifens sprengen. Beide verstehen sich auf die mörderischen Instrumente, die auf dem Schlachtfeld erfolgreich zum Einsatz kommen und von Kleist auf den emotionalen Kriegsschauplatz verlagert wurden. Es geht um alles, auch in der Sprache, die für zwei Giganten geschaffen wurde, die sich realistischen Maßstäben und rationalen Argumenten entzieht. Der Regisseur sieht sie deshalb auch in der Nähe von Comic-Helden, die wie übergroße Figuren aus der Popkultur das Kleistsche Pathos mitteilbar machen. Das Pathos und die Radikalität, mit der hier emotionale Urgewalten aufeinanderprallen. Die Konsequenz, die sich aus all dem ergibt, lautet: alles oder nichts. Foto  Michaela Oswald

16.4. 18.4.

19.45 18.00 DTS 23.00 DTS

19.4. 20.4.

18.00 DTS 19.45 20.00 DTS

21.4. 23.4.

20.00 DTK 19.45 20.00 DTK

24.4.

19.45 18.00 DTS

26.4. 27.4. 28.4.

19.45 19.45 19.45 20.00 DTS 20.00 DTK

29.4.

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30.4.

19.45 18.00 DTS

Wunderkinder Kassandra – Ein Monolog Penthesilea Familienkonzert des GSO Der Froschkönig 6. Göttinger Stummfilmtage: Faust Alter Ford Escort Dunkelblau Das Wolkenzimmer Macbeth Penthesilea StudiDT – Der neue Studiengang Wunderkinder Kassandra – Ein Monolog Wer kocht, schiesst nicht Eine Familie Der Froschkönig Macbeth Wunderkinder Wer kocht, schiesst nicht Cabaret Der Froschkönig Penthesilea Der Theatermacher Macbeth Das Wolkenzimmer Cabaret Das Wolkenzimmer Der Tod des Bunny Munro Der Froschkönig Macbeth Das Wolkenzimmer Wer kocht, schiesst nicht Die Dreigroschenoper Alter Ford Escort Dunkelblau Der Mann in Schwarz Der kleine Prinz Eine Familie Wunderkinder 3. Konzert Sonderzyklus Wiener Klassik Kassandra – Ein Monolog Alter Ford Escort Dunkelblau Penthesilea Das Wolkenzimmer Wer kocht, schiesst nicht Das Leben der Fische Der kleine Prinz

1.4. 2.4. 3.4. 5.4. 6.4. 7.4. 8.4. 9.4. 10.4.

20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 11.00 20.00

13.4. 14.4.

20.00 16.00 20.00

15.4. 16.4. 19.4. 21.4. 22.4. 23.4. 26.4. 27.4. 28.4. 29.4. 30.4.

20.30 23.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00

Die Physiker Woyzeck Colour – Tanz- und Musikimpro Woyzeck Die Physiker Die Präsidentinnen Woyzeck Tod eines Handlungsreisenden Stille Hunde für Erwachsene Die Präsidentinnen Harry Rowohlt liest und erzählt Zukunftstag Tod eines Handlungsreisenden Woyzeck Electology Die Präsidentinnen Die Präsidentinnen Tod eines Handlungsreisenden Die Berater Die Präsidentinnen Frau Müller muss weg – öffentl. GP Frau Müller muss weg Lebensansicht zweier Hunde Tanz in den Mai

8. Internationales Impro-Festival Telefon: 48 45 23 | www.improshow.de 7.4. 8.4.

20.00 20.00 22.00

9.4.

20.00 22.00 22.30

10.4.

20.15

Kuscheltier-Impro Meanwhile in Amsterdam Ork-Alarm! Impro-Slam Wir machen doch nur Spaß Durcheinandergewürfelt Impro-Match

Literarisches Zentrum Telefon: 4 95 68 23 | www.lit-zentrum-goe.de 7.4.

20.00

11.4.

20.00

Heinz Ludwig Arnold – Ein Abenteuerliches Herz Karen Duve – Anständig Essen

ThOP Telefon: 39 70 77 | www.thop.uni-goettingen.de Man lebt nur einmal: 6./ 8./ 9./ 10./ 12./ 14./ 15./ 16./ 19./ 21. und 23.3. jeweils um 20.15 Uhr Theaterprogramm

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Roman  Claudia Klischat

Roman  Rabea Edel

Roman  Michel Houellebecq

Der eine schläft, der andere wacht

Ein dunkler Moment

Karte und Gebiet

Luchterhand 2011 | 192 Seiten | 18,99 EUR

Dumont 2011 | 400 Seiten | 22,99 EUR

Carola Ebeling

Michael Saager

Als 2006 ihr Debüt »Das Wasser, in dem wir schlafen« erschien, sagte Rabea Edel, dass sie eine radikale Geschichte schreiben wollte. Tatsächlich wurde sie diesem hohen Anspruch gerecht: Eine radikale Geschichte zu erzählen, ist ja nicht einfach. Schon gar nicht im Alter von 23 Jahren. Nicht, wenn man mit Radikalität die Abgründigkeit menschlicher Beziehungen meint. Ihr Roman über eine fatale Schwesternbeziehung überzeugte durch eine sehr feine Figurenzeichnung und eine klare, poetische Sprache. Im Zentrum ihres neuen Romans steht eine ungeheuerliche Tat, die sich im Jahr 1998 in den USA zuträgt: Billy, 17 Jahre alt, erschlägt seine Eltern mit einem Baseballschläger. Die Motive werden nur angedeutet. Ebenso vage bleibt die Rolle seiner 13jährigen Schwester Amanda, die an diesem Abend nicht zu Hause war. Wusste sie, was er vorhatte? Billigte sie es? Edel macht dann einen Sprung nach Rom und erzählt von dem Pathologen Landolfi. Der Zusammenhang erschließt sich zunächst nur über das Motiv des Todes. Auf Landolfi üben die Toten, mit denen er täglich zu tun hat, eine eigentümliche Faszination aus. Man folgt Edel rätselnd, aber gerne, denn sie ist erneut eine ausgezeichnete Erzählerin. Schließlich schlägt sie einen großen zeitlichen Bogen ins Jahr 2009. Amanda lebt inzwischen in Rom, zu ihrem Bruder hat sie offenbar wenig Kontakt gehabt. Nun führt die Autorin die Figuren zusammen: Amanda wird von einer jungen Frau getötet, Landolfi obduziert ihre Leiche und begegnet, ohne es zu wissen, der Mörderin. Edels Idee ist offensichtlich: Billys Tat vor über zehn Jahren soll wie ein dunkles Zentrum die Biografien der verschiedenen Figuren zusammenführen. Fragen nach Schuld, Zufall, emotionalen Abhängigkeiten, seelischen Abgründen bilden die Fäden eines Netzes, das Menschen, Zeiten, Orte verbindet. So genau einige Figuren gezeichnet, so gut einzelne Episoden auch erzählt sind: Als Ganzes wirkt das zu gewollt, zu überladen. Und vieles bleibt zu vage. Die artifizielle Konstruktion des Romans überlagt seine Abgründe.

Wenn wir der hiesigen Literaturkritik glauben dürfen, hat sich die »alte Schildkröte« mit den »Dinosaurieraugen«, der »agent provocateur« Michel Houellebecq, in einen sanften, nach Glück strebenden Romantiker verwandelt. Die Tiervergleiche sind zwar etwas unverschämt, lassen aber die Weltabgewandtheit Houellebecqs sowie eine scheinbar uralte Traurigkeit seines Blicks erfreulich bildhaft werden. Die Sache mit dem Glück passt insofern, als Houellebecq zuletzt meinte, er wäre gern noch einmal glücklich, was man leicht nachvollziehen kann, sofern man nur einen einzigen seiner Romane gelesen hat – und dabei den literatheoretischen »Fehler« beging, von den armen Schweinen in den Büchern auf den Autor zu schließen. Andererseits – wie langweilig und möglicherweise sogar unangemessen wäre es, ausgerechnet bei Houellebecq zu lassen, was unter Berufsemphatikern der »FAS« zur Ausstattung bald jeder Rezension gehört. Zumal der Autor der »Elementarteilchen« in seinem jüngsten Roman »Karte und Gebiet« prompt als »der Autor der Elementarteilchen« mitspielt, als Hauptnebendarsteller. Und am Ende sogar Roland Barthes’ postrukturalistischen Topos vom Tod des Autors verhöhnt, indem er sein fiktionales Alter ego brutal ermorden lässt. Eigentlich aber ist »Karte und Gebiet« ein Künstler- und Kunstroman bzw. eine liebevolle Persiflage des Genres, und erst recht eine raffiniert-verspielte Abrechnung des bis zur Beknacktheit hysterischen Kunstmarktes. Protagonist Jed Martin, den man sich am besten als friedliebenden, matt-verpeilten, millionenschweren Trübsinn auf zwei Beinen vorstellt, verdanken die in der Mordsache Houellebecq ermittelnden Polizisten dann auch die bemerkenswerte Einsicht, die Verteilung der Fleischfetzen des Schriftstellers im Raum erinnere an das Spätwerk Jackson Pollocks. Als Künstler bekannt wurde Martin durchs Fotografieren von Landkarten: Er findet die Karte interessanter als das wirkliche Gebiet. Der echte Houellebecq, bis heute auf der Flucht vor der zutiefst banalen, alles und jeden banalisierenden Realität, würde ihm unbedingt recht geben.

C.H.Beck 2010 | 158 Seiten | 17,95 EUR Frauke Pahlke

»Der eine schläft, der andere wacht, das ist der Lauf der Welt«, heißt es in Shakespeares »Hamlet« und in den Versen Inas. Ina ist gestorben, plötzlich, mit 27 Jahren. Seither ist für ihre Freundin Via vorbei, was zuvor Normalität hieß. Die Zeit ist von Gleichförmigkeit erfasst, geprägt durch die Trauer und das Erinnern. Die Stimme der schweigsamen Ina erklingt Via fortwährend im Nachhall, ihre Gedichte durchdringen ihr Denken, umgeben sie niedergeschrieben auf Papier, stapelweise verteilt im ganzen Haus, das die beiden bewohnten. Claudia Klischats zweiter Roman erzählt eine Geschichte des Liebens und des Nichtzueinanderfindens. »Genauer gesagt, steckten wir ständig in einem Abschied«, sagt die Ich-Erzählerin. Mit dem Beginn ihres endgültigen Abschieds setzt das Buch ein, zeichnet nach, wie sie nach dem Verlust der Geliebten sich selbst und der Welt abhanden kommt. Dabei wendet die Autorin die Ereignisse ins Surreale: Menschen versteinern, sobald Via sie anspricht. Das Haus und das bayerische Dorf, in dem Ina unglücklich fremd war, verwandeln sich zum Verbannungsort, aus dem Via monatelang nicht fortkommt. Zum Bleiben gezwungen, lässt sie sich täglich auf einem Campinghocker an Inas Grab nieder, plündert die Vorräte der Dorfbewohner, erlegt Tiere. Klischats Beobachtungen und ihre Komposition, die bewusst ins Assoziative ausbricht, sind von großer Genauigkeit. Nur der letzte Teil des Romans, in dem Via in den Alltag zurückkehrt, überzeugt weniger. Das Befremden, das sie angesichts dessen überkommt, fällt manchmal als zu moralische Gegenwartskritik aus. Sonst aber ist Klischats Sprache fein nuanciert, ebenso poetisch wie nüchtern. Sie schreibt Sätze, die sich sträuben, sich gleichsam der Figur Vias entwinden. Der Roman atmet noch andere Zeilen, ist zugleich Gespräch und Gedenken: Klischat flicht Texte der früh verstorbenen Dichterin Beatrix Haustein ein, die sie als Gedichte Inas ausgibt. Aus dieser Verbindung entsteht die besondere Schönheit von »Der eine schläft, der andere wacht«.

20

Bücher


Four Lions  von Christopher Morris

ab

21.4.

Krieg der Vollidioten Andreas Busche

»Four Lions« von Christopher Morris kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Im zehnten Jahr nach 9/11 ist seine Komödie über vier islamische Selbstmordattentäter ein willkommener Fuckfinger für Innere Sicherheit-Apologeten und rechtskonservative Panikmacher. In Deutschland war der Reflex vorhersehbar. Die CSU wollte Anfang des Jahres den Filmstart unterbinden. In England, dem Mutterland von grandiosem Anarcho-Humor wie »Little Britain«, Ali G und »Facejacker«, ist man da weniger zimperlich. »Four Lions« schert sich auch wenig um Islamismusdebatten oder ideologische Verwerfungen. Seine vier Terroristen sind komplette Vollidioten, in Wort und Tat. Aus dem Mündern solcher Narren wird die Hohlheit von islamistischer Propaganda offenkundig, wenn einer der Attentäter vorschlägt, einen Anschlag auf die britische Drogeriekette Boots zu verüben, weil die Kondome verkaufen, um gläubige Islamisten dazu zu verführen, »britische Schlampen« zu ficken. Aber das ist nur ein willkommener Nebeneffekt. Auch die richtigen Mudschaheddin im pakistanisch-afghanischen Grenzland halten die zwei Löwen aus dem fernen Sheffield, die sich im

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Kino

Unter dir die Stadt  von Christoph Hochhäusler

seit

31.3.

Sichere Verluste Terror-Camp ausbilden lassen, für einen Witz. Nachdem Omar, noch der hellste Kopf der vier, eine Panzerabwehrrakete ins eigene Lager gejagt hat, nennt ihn einer der Gotteskrieger einen »fucking Mr. Bean«. Omar gewinnt als Einziger der vier noch so etwas wie Profil. Er hat eine Frau und einen Sohn, der ihn, wenn er abends nach Hause kommt, fragt, ob er seinen Heiligen Krieg schon gewonnen hat. Er ist die ideologischste Figur, aber interessanterweise auch die einzige geerdete. Während der Konvertit Barry lieber eine Moschee sprengen will, um die islamischen Fundamentalisten gegen den Westen aufzuwiegeln, und Hassan den 2Pac gibt und auf YouTube Hass-Raps veröffentlicht, verfolgt Omar einen Plan. Was nichts daran ändert, dass auch er grandios scheitert. Zum großen Showdown kommt es während eines Kostümmarathons, den die vier Löwen in Ninja Turtles- und Bären-Outfits bestreiten. Bis dahin sind auch schon diverse Schafe und eine unglückliche Krähe, wahrlich ein Pechvogel, den Islamisten zum Opfer gefallen. Der Bodycount ist in »Four Lions« erfreulich hoch, der Erkennntnisgewinn zur anhaltenden Radikalismusdebatte entsprechend niedrig. Oder wie einer der Löwen sagt: »Ich bin verwirrt, aber ich bin mir nicht ganz sicher.« GB 2010 | 97 Min. | Riz Ahmed | Kayvan Novak u. a.

Carsten Happe

Als Dieter Wedel vor Jahresfrist seinen Zweiteiler »Gier« vorstellte, war die Enttäuschung groß angesichts des Kasperletheaters, mit dem er in allzu groben Strichen die Finanzwelt karikierte und stets in einem Zustand der Hysterie durch seine Hochstaplerfarce hechelte. Christoph Hochhäuslers »Unter dir die Stadt« dagegen ist kühl, glatt und distanziert, ebenso erratisch wie seine Figuren und Beziehungen. Es liegt eine bestechende Zweckmäßigkeit und Kausalität in den Handlungen der Protagonisten Roland Cordes und Oliver Steve – nicht allein in den Alltagsdingen, sondern auch im großen Lebensplan. Hier die Verbindung mit dem alteingesessenen Geldadel, dort der Aufsteiger mit dem starren Blick nach oben. Und mittendrin Olivers Ehefrau Svenja, die trotzdem niemandem zugehört, sich treiben lässt. Die oszilliert und fasziniert. Nicolette Krebitz spielt sie als Frau mit einem Geheimnis, von dem man sich, je näher man ihr kommt, nur immer weiter entfernt. Bis sie in einer Szene und ganz sinnbildlich im Dunkel verschwindet. Möglicherweise ist es zunächst allein der Jagdinstinkt, der Cordes‘ Interesse an ihr weckt: Endlich eine Herausforderung, die der Beruf, einmal oben

angekommen, kaum noch bietet. Er hat alles gesehen, alles erlebt, Krisen durchstanden, Schutzwälle errichtet. Aber mit Svenja bröckelt die Festung der Selbstsicherheit und Kontrolle. Das Irrationale hält Einzug in sein wohlgeordnetes, auf hohem Niveau langweiliges Leben. All seine Macht, die er nur scheinbar besitzt, hat klare Grenzen. Dennoch überschreitet er sie und liefert sich etwas aus, das er nicht einmal benennen kann. Ob es Liebe ist oder schlicht körperliches Begehren, vermögen beide nicht zu sagen. Es ist zu fragil, egal wie stark, und es wird Verluste geben, soviel zumindest ist beiden von Beginn an klar. Regisseur Christoph Hochhäusler und Kameramann Bernhard Keller übersetzen die Gefühlswelt der Protagonisten in gleichsam klar durchdachte wie unergründliche Bilder. Und mit kühler Brillanz sezieren sie die Abgründe der Leidenschaften, die ebenso tief sind wie die Hochhausschluchten der Stadt. Die Selbstsicherheit der Inszenierung beeindruckt und irritiert zugleich. Vollkommen anders zwar, doch ähnlich »The Social Network« ist mit »Unter dir die Stadt« ein äußerst zeitgemäßer Film gelungen. D 2010 | 110 Min. | Nicolette Krebitz | Robert Hunger-Bühler u. a. Kino

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Twitter, Facebook und Co.

3D-Technologie

Revolution? Gefällt mir!

Knuddeltiere springen dich an Florian Brauer

Henning Lisson

Der Philosoph Martin Buber schrieb: »Die Jugend ist die ewige Glückschance der Menschheit.« Schöne Worte? Tatsächlich hat sich mancher Vertreter der so weisen Erwachsenengeneration mehr erhofft als nachwachsende Horden hedonistischer Muffel, die laut Musik hören und im Internet Pornos und Gewaltvideos angucken. Umso stärker frohlockt Bürgers Herz, wenn sich »die Jugend«, wie zu Beginn 2011 in Nordafrika, entschließt, politisch zu handeln, sie sich anschickt, mit den totalitären Systemen aufzuräumen, um dort Demokratie nach »unseren Standards« einzuführen. Und siehe da: Endlich erkennt sogar Familie Biedermann, dass »dieses Interweb« mit »seinen Twitters, Facebooks und wie sie alle heißen« auch zu etwas anderem taugt, als Druckerpatronen zu kaufen und Routings für Städtereisen zu erstellen. Mehr noch: Journalisten, Experten und Kommentatoren in bald sämtlichen Feuilletons und Talkshows jazzten die Vorkommnisse in Ägypten, Tunesien und Libyen zu einer regelrechten Twitter-Facebook-Revolution hoch. Da konnte man wirklich kaum noch dran vorbeisehen. Apropos Experten: Geht es um Social Media und Feedback-Kommunikation, zeichnen sich Experten durch eine seltsame Mischung aus Emphase, Neugier, Verachtung, Hochmut und Unwissenheit aus. Einerseits ist da natürlich der Respekt, spielen möchte man mit den „Schmuddelkindern“ aber lieber nicht. Dieses ambivalente Verhalten scheint Ausdruck einer fundamentalen Fehleinschätzung, denn Twitter, Facebook und Co. sind zwar alles Mögliche, eine Konkurrenz aber sind sie nicht: Es handelt sich lediglich um Plattformen, die eine höhere Informationsdichte pro Zeiteinheit ermöglichen – in einer für prinzipiell jedermann zugänglichen Form. Zahlreiche Skeptiker berufen sich ferner auf die angeblich unabdingbare Schlüsselqualifikation einer journalistischen Ausbildung oder sie nähren ihre Zweifel durch den Einwand, Twitter, Facebook und Co. würden lediglich ungeprüfte Inhalte transportierten. Ein albernes Argument und unvernünftig insofern, als Telefonate und Emails ebenfalls keine Instanzen zur Überprüfung von Wahrheit

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Digitales

sind, sondern lediglich Mittel oder Medien der Übertragung von Informationen. Hinzu kommt, dass sich gewisse gesellschaftsrelevante Themen überhaupt erst in Blogs und sozialen Netzwerken zu echten Themen verdichten. Erst von hier aus führt der Weg über die traditionellen Medien zum Rezipienten; später landet das Thema dann für Bewertungen noch einmal in entsprechenden Blogs, taucht es erneut in sozialen Medien auf. Im Grunde handelt es sich um einen symbiotischen Kreislauf, dem man durchaus kritisch gegenüber stehen darf, da eine gewissermaßen inzestiöse Informationskultur den Raum für Diversität erheblich einzuschränken vermag. Kollektives Naserümpfen etablierter Publikationen hin oder her: Ohne die diskutierten Informationskanäle wäre manche Berichterstattung – nicht zuletzt die über Ägypten, Tunesien oder den Iran – deutlichen Latenzen unterworfen, was einem Unding in unserer hochfrequenten News-Landschaft entspräche. Gleichwohl haben die publizierenden Platzhirsche in einem Punkt eventuell recht: Revolutionen selbst haben in ihrem politisch-emotionalen Kern wenig bis nichts mit Twitter und Facebook an sich zu tun, wohl aber verändern Facebook und Twitter die Berichterstattung über Revolutionen und tragen vermutlich auch einiges zur Mobilmachung selbst bei. An dieser Stelle könnte man freilich darüber streiten, was eine Revolution ohne entsprechende Mobilmachung auszeichnet? Wenn‘s ganz schlecht läuft – ihr Nichtvorhandensein? Zum Schluss eine kleine Anekdote aus der Gesäßtasche des Netzes: Als das Regime in Ägypten das Internet abgeschaltet hatte, wusste die vergleichsweise große Community der ägyptischen Online-Gamer nicht so recht, was zu tun sei und ging deshalb einfach mal auf die Straße. Was für ein Glück: Ihre Erfahrung aus diversen taktischen Ego-Shootern konnte sie erfolgreich während der Riots für die Freiheitsbewegung einsetzen. Gute Geschichte, egal ob verifiziert oder nicht.

Mit einem dreidimensionalen Display der Aufklappkonsole DS möchte die Firma Nintendo abermals den Markt mobilen Gamings umkrempeln und neue Spielerfahrungen ermöglichen. Nachdem der Hype um 3D-Fernseher ein bisschen verklungen ist, da leider niemand gern mit einer 3D-Brille auf der Nase auf dem Sofa sitzt und es eh kaum Inhalte für die teuren Glotzen gibt, finden sich gleichwohl kleinere 3D-Screens in Digicams, und auf Nintendos Handheld. Augenwischerei? Bringt ein 3D-Screen in einer mobilen Spielkonsole tatsächlich Vorteile? Wer braucht, in Zeiten immer leistungsstärkerer Handys inklusive App-Store-Anbindung, überhaupt ein Handheld? Zuerst einmal beeindruckt der 3D-Effekt, der ja nach dem Prinzip sogenannter Wackelbilder beim stereoskopischen Sehen auch ohne Brille entsteht, durch sein schieres Vorhandensein. Für die Menüstrukturen auf einem naturgemäß kleinen Screen ist der 3D-Effekt zudem recht praktisch, weil er für eine gewisse Übersichtlichkeit sorgt. Dann sind da die Spiele selbst, die sich auf einer dezidiert für Games entworfenen Hardware mit einem neuen Joypad, Aktions-Buttons und charakteristischem Steuerkreuz einfach besser spielen lassen als auf einem Touchscreen. Was ältere DS-Titel anbelangt, so ist es schön, dass unser Handheld 3DS abwärtskompatibel ist; die neueren Titel nutzen den 3D-Effekt mehr oder weniger geschickt. Indes sollte man sich vergegenwärtigen, dass Nintendo seinem Selbstverständnis nach ein Spielzeughersteller ist: Wer sich mit Spielen der Firma beschäftigt hat, weiß wahrscheinlich um die liebevollen Umsetzungen der Spielideen sowie um die freundliche Firmenphilosophie, die keine ihrer Figuren je ins Gras beißen ließ. Es ist nicht allzu verwunderlich, dass einer der wichtigsten Starttitel fürs 3DS-Handheld die dreidimensionale Version des Klassikers »Nintendogs & Cats« ist. Bei diesem Haustier-Streichelzoo kommt die Stereoskopie gut zum Tragen. Es mag kindisch klingen, euphorisiert von bezaubernden Hundchen und drolligen Kätzchen zu sprechen oder von der Rührung, derer man sich beim Streicheln und Schnurren und Toben und Tollen kaum erwehren

Nintendo | 3DS

kann – doch gerade in dieser merkwürdigen Haustier-Simulation werden, wenn man den süßen Knuddeltieren näher kommt oder die Hunde-Frisbeescheibe wirft, die Vorteile des 3D-Screens überaus ersichtlich, auch emotional. Ein weiterer Starttitel ist »Pilotwings« – eine Flugschule für Propellerflugzeuge, Drachenflieger und Raketengürtel, bei der man über die aus Wii-Sports-Resort bekannte Wuhu-Insel fliegt und Ringe einsammelt. Okay, klingt nicht sehr aufregend, bereitet aber dank des 3D-Effekts viel Freude, denn so schiebt sich das Flow-Gefühl in den Vordergrund. Dritter angespielter Titel: das von Capcom beigesteuerte Game »Super Street Fighter«. Konzipiert als horizontales Kampfspiel macht der grafische Aufbau über mehrere Ebenen via 3D-Effekt einen ziemlich coolen Eindruck. Klar, die 3D-Technologie ist für manche Anwendungen besser geeignet, für andere weniger. Ausschalten kann man sie zum Glück auch: Die Anstrengung für die Augen ist nicht zu unterschätzen. Ein tolles Spielzeug ist unsere Aufklappkonsole aber auch bei ausgeschalteter 3D-Funktion – mit ihren Kameras, der Möglichkeit, Sounds aufzuzeichnen, und so genannten Streetpass- und SpotpassSchnittstellen für den Datenaustausch mit der Community. Spiele

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Die Platte am Anfang Alexander Tucker Dorwytch

F.S.K.  Freiwillige Selbstkontrolle ist ein Mode & Verzweiflung Produkt

Thrill Jockey | Rough Trade

Disko B | Indigo

Es spukt. Überall Geister und Gespenster. So bietet die aktuelle »Spex« ein »Jenseits«-Special, das den zerdehnten »Nightmare Pop« von Esben and the Witch oder Witch House als Boten einer Konjunktur des Jenseitigen deutet. Das 21. Jahrhundert sei besessen von Geistern der Vergangenheit, schreibt Derrida in »Marx’ Gespenster«. Das »Hauntology«-Konzept des postmodernen Philosophen bestimme derzeit, urteilt die »Neue Zürcher Zeitung«, musikästhetische Diskurse Großbritanniens. Wenn nun der britische Gothic-Folk-Musiker Alexander Tucker sagt, ebensolche Genreschubladen würden just aufgezogen, »um kreative Geister zu fangen«, hat er natürlich recht. Andererseits ist er selbst schuld: Gern erzählt der Sänger und versierte Gitarrist, seine Musik bestehe aus »Abstufungen von Licht und Schatten«. Seine Plattencover – er arbeitet auch als Illustrator – zeigten bislang Nachtmahr-Monsterwesen; auf dem seines tollen neuen Albums ist eine surreale Landschaft zu sehen – im Zentrum eine Wolke, die von fremdem Leben beseelt scheint. Musik und Texte handeln zwar nicht unbedingt von Geistern, doch zeigt sich Tucker schwer fasziniert von allem, was die menschliche Existenz transzendiert: Wir sehen und hören Swamp Things oder organische Raumschiffe; in »Skelator Blues« »besuchen« knochige Todeswesen die bedauernswerte Erde. Tuckers melodiengebende, klar konturierte, durch allerhand Effektgeräte gejagte, irritierend geisterhafte und daher stets der Welt ab- und zugewandte hohe Stimme bewegt sich wie durch ein Labyrinth in einem Märchengarten, in dessen Zentrum es so etwas wie Licht geben muss. Kitschig ist das selten, da die gitarrenzentrierten Songs melodisch raffinierte Wege gehen und der Künstler so Heterogenes wie Minimal-Music (mit Strings à la Steve Reich), romantische Metalballaden und Achtziger-Drogen-Psychedelic zusammenbringt, verdichtet und verfremdet. Mitunter hält der musikalische Rahmen die schiere Fülle an Ideen nicht aus. Dann muss man aufpassen und Ausschau halten – nach Geisterspuren im Wohnzimmer. Michael Saager

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Platten

«Yankee goes home / 40 Jahre sind kein Pappenstiel« sangen F.S.K. 1987 auf ihrem Album »In Dixieland«, auf der Zielgeraden der alten Bundesrepublik. Zwei Jahre später, rechtzeitig zum Anschluss der DDR, folgte die erste Arbeitsbilanz als Doppel-CD: »F.S.K. bei Alfred. 44 Exitos Populares 1980-89«. Was seinerzeit schon eine erstaunliche RepertoireLandschaft war: No Wave, New Wave, Blues, Polka, R&B, Andy Warhol, Subversion durch Affirmation, dekonstruktive Americana. Mittlerweile ist die Band 31, größer geworden, arbeitete mal mit David Lowery, mal mit Antony »Shake« Shakir zusammen, hat sich Kraut-Rock, Surf, House, Techno und Disco einverleibt: Roxy Munich! Gender Trouble! »Flagge verbrennen (Regierung ertränken)«. Drei CDs (»F«, »S«, »K« – aktuell gefällt »K« am besten) und 23.303 Zeichen großartiger Text von Didi Neidhart, der noch einmal sehr klar macht, was wir den klugen Köpfen in dieser Band alles zu verdanken haben. Das »kybernetische Prinzip der permanenten Revolte«, das »Scheitern vor dem Original«, das Leben in der Referenzhölle der produktiven Missverständnisse und des Fantums. Eigentlich haben F.S.K. zu viel Gegenwart, um die Büchse der Pandora zu öffnen. Andererseits: Warum sich nicht mal selbst auf die Schulter klopfen? Die Box ist streng limitiert; auf dem Poster steht: »Heute Disco, morgen Umsturz, übermorgen Landpartie«. Wir sind dabei! Ulrich Kriest Und zwar seit der ersten Single!

Cold Cave  Cherrish The Light Years Beggars | Rough Trade

Cut Copy Zonoscope Modular | Rough Trade

Cold Cave und Cut Copy zählen zu den interessantesten Popper-Namen unserer Zeit, aus unterschiedlichen Gründen. Cold Cave ist das Pseudonym des New Yorkers Wesley Eisold, dessen Arbeit von Album zu Album gefühlvoller und pathetischer wird. Das düstere Autoren-Kino von einst hat sich nun,

auf »Cherrish the Light Years«, endgültig in Hollywood verwandelt – mit schmachtendem, sich verzehrendem Gesang und Bläser-Einsätzen. Wo einst klirrend kalte Synthesizer über das ungewarnte Ohr herfielen, ist jetzt alles von modifizierter, polierter New Wave-Romantik, und Siuoxsie Sioux dürfte Eisold anerkennend zunicken – zurecht. Auch das australische Quartett Cut Copy arbeitet mit musikalischen Lidschatten und Schulterpolstern. Indes ist ihnen in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Ben Allen eine Verschränkung dieser Ästhetik mit etwas gelungen, das man kalifornische Glückseligkeit nennen könnte. Allen kennt sich eben aus mit glücklich machenden Klängen, hatte er doch bereits die Prisma-Popper Animal Collective und die Happy-Soulster Gnarls Barkley bei sich im Studio. Und so klöppeln auf »Zonoscope« die Percussions, als wären sie aus Glas; werden Melodie-Bässe durch Chorus-Effekte geschleift, allerlei Samples und Rückwärts-Loops geschnitten. Anders gesagt: Auf einem Spielfeld, auf dem sich so viele, höchst unterschiedliche Gruppen tummeln, fallen Cut Copy mit einem Album voller wunderschöner Dance-PopChristoph Braun Tracks mehr als nur angenehm auf.

About Group  Start and Complete Domino | Goodtogo

Früher hätte man dazu wohl Supergroup gesagt, augenzwinkernd, um die eigene Marginalität wissend. Oder sagten wir Exklusivität dazu? Eigentlich unwahrscheinlich, dass Charles Hayward (This Heat) mit Alexis Taylor (Hot Chip) ins Studio geht, um dort über Blue-Eyed-Soul-Skizzen zu improvisieren. Ach so: Der Gitarrist John Coxon (Spring Heel Jack, Spritualized) und Improv-Keyboarder Pat Thomas, der schon mit Derek Bailey arbeitete, sind auch noch dabei. Von Taylor stammen die Arbeitsskizzen, die eine soulige Hymnenhaftigkeit auszeichnet. Früher hätten wir es auch toll gefunden, die Songs durch spacige Keyboardsounds leicht kaputt zu machen. Heute finden wir es eher interessant, wenn ein Song gerade durchläuft und seine Qualität entfalten darf. Deshalb ist »Don‘t Worry« auch ein kleiner Hit, während vieles andere hier ziemlich unausgegoren wirkt. Völlig unverständlich auch, was die Musiker zu einer Revision von Terry Rileys erstaunlicher

Manipulation von Harvey Avernes Soul-Song »You’re No Good« getrieben hat: Hier wird aus einer visionären Spielerei eine leider ziemlich uninspirierte, dafür aber überlange Studio-Muckerei. Was wiederum ganz gut dazu passt, dass »Lay Me down« gleich nach The Grateful Dead klingt. Also insgesamt ziemlich überflüssig bis nervtötend, dieses Album. Wäre da nicht »Don’t Worry«. Ulrich Kriest

The Kills  Blood Pressure Domino Records | Goodtogo

Drei sind einer zu viel: Kommt der Dritte später hinzu, wird die ursprüngliche Einheit bös’ entzweit. Sind von Anfang an drei im Spiel, ist irgendwann einer der Heiner. Die wohl harmonieseligste, am leichtesten zu händelnde Formation im Pop ist eben doch das gute alte Duo. Allerdings bietet es weniger Versteckmöglichkeiten: Selbst der geschickteste Schattensucher steht hier im Licht der Aufmerksamkeit – als Schattensucher. Das war anfangs bestimmt unerfreulich für jemanden wie Jamie Hince. Er galt ja als scheue Hälfte des Duos The Kills, als der stille Macher im Hintergrund. Dieses Bild hatte andererseits auch mit dem handelsüblichen Sexismus im Pop zu tun, der es viel lieber mit dem »wow, wie sexy!« ausschauenden Mädel hielt als mit, na ja, so ’nem Typen halt. Inzwischen wirkt unser Duo wie aus einem Guss. Und auf Fotos schaut Hince nur noch selten drein wie ein frisch durchgeprügelter Hund. Auch die Musik hat sich bewegt: »Blood Pressure« will kein abgenagtes Rumpel-Blues-Knochengerüst sein. Wie heißt es doch immer so schön blöd: Das Album schöpft aus dem Vollen! Der Gefahr, das Rad aus Versehen neu zu erfinden, sind die Kills indessen nicht erlegen. Drums und Gitarre trocknen Geschirr und Alison Mossharts energischer Gesang führt maßgeblich durchs Geschehen. Ungewohnt hingegen sind Dichte und Volumen des Gesamtsounds sowie eine von Nick Cave inspirierte Balladenhaftigkeit einiger Songs. Erstmals können Kills-Fans Stücke ihrer Lieblinge unter der Dusche mitsingen. Wenn das keine gute Nachricht ist. Kurzum: Die Garage hat Tapeten gekriegt. Allein, es ist und bleibt eine Garage. Drin wohnen möchte man nicht, tanMichael Saager zen schon. Platten

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www.fehmibaumbach.de · www.myspace.com/fehmii

Malle, Mene und Agnoli Thomas Schaefer

Nun reisen sie bald wieder, und einige wissen sogar schon jetzt, wohin. Steffi zum Beispiel zieht es dieses Jahr, auch wenn sie einräumt, wie spießig das sei, nach Fuerte. Olaf hingegen wird doch wieder Gran Can die Treue halten. Yvonne und Udo dagegen wollen es mal richtig krachen lassen und fliegen gen Dom Rep. Und Klaus wird endlich seinen großen Traum erfüllen und in die Staaten jetten, Ostküste, von L.A. rauf nach San Fran. Während es bei Birgit doch wieder auf Malle rauslaufen dürfte, wie jedes Jahr, natürlich nicht wegen Ballermann und so, sondern wegen dieser fantastischen Finca. Malle? Wer da nachfragen muss – Malediven? Malaysia? – beweist, dass er rein reisemäßig total hinter dem Mond lebt. Dass Malle Mallorca meint, weiß schließlich jeder Ruhrpottproll. Was freilich in der Natur dieser Reisezielverballhornungen liegt: Was sie meinen, kann als bekannt vorausgesetzt werden. Mene zum Beispiel – das würde kein Mensch verstehen. »Ich war wieder auf Mene«, das geht gar nicht, schon allein, weil kaum jemand nach Menorca fliegt (warum eigentlich? Ist es da hässlicher als auf Malle?). Zudem denkt man bei Mene eher an Menetekel oder Menopause. Auch San Fran funktioniert nur, weil jeder weiß, dass sich hinter dem Minimalreim San Francisco verbirgt. Ich zum Beispiel war letzten Sommer lediglich für ein paar Tage im Harz. San An aber würde als Code total verpuffen, weil Sankt Andreasberg halt nicht so bekannt ist wie San Francisco (und jetzt zudem nur noch ein Teil von Braunlage ist). Und wer auf seiner Harzreise in Langelsheim Station gemacht hat, kann mit L.A. auch nicht recht angeben – da nützt es auch nichts, dass sich die Langelsheimer Bahnhofsgaststätte vorbildlich selbstironisch »Bahnhof LA Café« nennt. Dabei kann man mit Langelsheim und Sankt Andreasberg unter Umständen mehr Renommee

einheimsen als mit San Fran, Fuerte und all dem andern Kram, denn all diese tiffig abgekürzten Destinationen haben gemeinsam, dass sie schließlich jeder kennt, alle vom Hörensagen und viele sogar aus eigener Reiseerfahrung. Entsprechend kann man Eindruck schinden, wenn man en passant erwähnt, man habe den Sommerurlaub in Agnoli verbracht. Dass es sich dabei um den örtlichen Eissalon handelt, fällt niemandem auf, denn nachfragen tut eh keiner, man könnte ja einräumen müssen, dass man Agnoli nicht kennt. Gleichwohl (oder grad deshalb) gedenken die Reisenden bei der Erwähnung ihrer jeweiligen Ziele nicht den Common Sense anzusprechen, sondern suggerieren einen gefühlten Insiderstatus. »Ich war in Amerika«, so sprechen nur biedere Anfänger, die stolz auf ihre große Reise sind; der versierte Globetrotter lässt lässig fallen, dass er halt in den Staaten war, was so klingt, als handele es sich um nichts Besonderes, sondern eher einen mal wieder beiläufig auf sich genommenen lästigen Routinetrip. Der Mallorca-Besucher kann schon gar nicht darauf setzen, etwas Exotisches unternommen zu haben; dass er sich der Gewöhnlichkeit seiner Urlaubsunternehmung bewusst ist, betont er gewollt ironisch durch sein Malle, und verhält sich damit so wie der in jedem morgendlichen Zeitschriftenladen anzutreffende »Bild«-Käufer, der augenzwinkernd »einmal Bildung« verlangt. Glück haben alle Orte, die mit ein- oder zweisilbigen Namen versehen sind: Rom und Prag, Kreta und Paris – da lässt sich nichts banalisierend abkürzen. Und eben jene, die sowieso keiner aufsucht – Vorteil Harz: Elend bleibt Elend und Sorge Sorge. Und wem das alles eh zu blöd ist, der bleibt zufrieden zu Hause und schüttelt sich angewidert, wenn das Wort Balkonien fällt. Kolumne

29


Must of the Month Wer  Die! Die! Die! Wann  12.4. | 21:00 Uhr Wo  T-Keller

April 2011


Kalenderwoche 13.1.

Apex FR 1.4.

Glenn Walbaum 20:15 (Kabarett)

SA 2.4.

Sia Korthaus 20:15 (Kabarett)

Capo

Jamaica hot Reloaded 22:00

Diva Lounge

Eins B

Paulaner-Tag 18:00

Georgia Club HipHop & Funk Classics 23:00

Frühstücksbuffet & Bundesliga Live 10:00

Astronaughty DJ Toxico & Effem 23:00

Frühstücksbuffet & Tatort Abend 10.00 | 20:15

SO 3.4.

Exil

Freihafen

Irish Pub

Diverses

FR 1.4.

Headbangers Ballroom 22:00

Sub Culture Drum & Bass 23:00

Chris Crisis 22:00 (Konzert)

Mio & Coup D’Etat 21:00 JuzI

SA 2.4.

The Spirit of Outpost 22:00

Work End 23:00

Chris Crisis 22:00 (Konzert)

SO 3.4.

Maß-Tag 15:00

Ausstellung: Arkadia Apex

Monster-Frühstück 10:00 Gromo Café

JT-Keller

Musa

Nörgelbuff

Pools

FR 1.4.

Weekender Britpop & Madchester 23:00

Power-Dance DJ Martin 21:00

Traumatanz 22:00

Stereophonic 21:00

SA 2.4.

La Boum Eighties mit Toto 23:00

Rockapella 20:00 (Konzert)

Gypsy Juice 22:00

Cirque Digital Contemporary House 23:00

SO 3.4.

Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald, dort war es so finster und auch so bitter kalt. Auf ihrem Weg zur alten Hexe begegneten die Kinder einigen Waldtieren. Rehe, Hirsche und auch mal eine Schlange nährte sich den Kleinen. Indes: Dass hier keine Harmonie herrschen kann, zeigen die Bilder von Malgorzata Jankowska. In rot, schwarz und grau geben sie Situationen wieder, die wirklich unheimlich sind. Und weil sie jederzeit kippen können, ist es viel schlimmer als im Märchen. Wenigstens war der Wolf nicht mit von der Partie.

Int. Göttinger Impro-Festival Lumière

7.-10.4.

Kuscheltierimpro machen ja viele Leute abends im Bett mit ihren alten Lieblingsbärchen. Das hört sich dann etwa so an: »Brumel-grummel, warum bekomme ich denn kein Gutenachtküsschen, du kleiner Brummelgrummelbär?« Das Schlimme daran ist, dass die Personen nicht merken, dass sie sich gerade darüber dann vielleicht nicht wundern sollten. Richtige Kuscheltierimpro ist eh was anderes. Das machen die Großen vom Improtheater beim Festival im Lumière. Und das Publikum darf auch mitkuscheln, nein, mitmachen. Reinrufen und so.

ProseccoFrühstück 10:00

Tango-Salon 20:00

6 Millionen Dollar Club

Tangente

Thanner’s

FR 1.4.

J-Break by Coin Up 21:00

Favorites 23:00

Tag & Nachtschänke 13:00

SA 2.4.

Bicki Bash´s Beat Bomb 21:00

Ü40-Party 23:00

Tag & Nachtschänke 13:00

SO 3.4.

ab 1.4.

Tag & Nachtschänke 14:00

T-Keller (T) Café Kabale (K)

Breakfast-Club 10:00 (K) pony.express

33


Kalenderwoche 14.1

Apex

Capo

MO 4.4.

Diva Lounge

Eins B

Lounge 10:00

DI 5.4.

Jamaica hot Reloaded 22:00

Lounge & Champions League 10:00 | 20:00

MI 6.4.

I like good music 22:00

Lounge & Champions League 10:00 | 20:00

DO 7.4.

Whiskey-Probier-Tag & GNTM 20:00

MedizinerExamensparty 23:00

FR 8.4.

tba.

tba 23:00

Paulaner-Tag 18:00

Endless Nights 23:00

SA 9.4.

Eva Eiselt 20:15 (Kabarett)

tba 23:00

Frühstücksbuffet & Bundesliga Live 10:00

Rumble in the Jungle Rockabilly, Ska & Co 23:00

Frühstücksbuffet & Tatort-Abend 10.00 | 20:15

SO 10.4.

Exil

Irish Pub

Diverses

MO 4.4.

Irish Night 15:00

Monster-Weizen 17:00 Gromo Café

DI 5.4.

Students Night 15:00 Joe Ginnane 22:00 (Konzert)

Man lebt nur einmal 20:15 Thop

ASJ Jura O-Phasenparty 23:00

Hefe-Tag 15:00

H.L. Arnold 20:00 Lit. Zentrum

Nacht der Schatten 22:00

King Kamehameha 23:00

Rockhead 22:00 (Konzert)

Super Flu 23:00 Electric Note

The Spirit of Outpost 22:00

Black Wazabi Gunman & Cobra Verde 23:00

Rockhead 22:00 (Konzert)

Sausa-Ritmo 20:00 Sausalitos

Maß-Tag 15:00

Science Slam 19:30 ThOp

MI 6.4.

Wild’n Weiz’n 22:00

DO 7.4.

Le Fly & Die Rakede 20:00 (Konzert)

FR 8.4. SA 9.4. SO 10.4.

Freihafen

Le Fly & Die Rakede Exil

7.4. | 20:00

Die Band LeFly sagt über sich selbst, dass sie »eine Mischung aus Schnaps, Qualm und Konfetti« ist. Nun kann man von Schnaps und Qualm halten, was man will, und der ästhetische Wert von Konfetti ist auch umstritten. Aber wir wollen hier nicht rumzicken – die fetzige »St. Pauli Tanzmusik« sei unseren Lesern trotz der verqualmten Macho-Rhetorik durchaus ans Herz gelegt. Aber was ist von der Band Die Rakede zu halten? Charlotte Roche bringt es in gewohnter Prägnanz auf den Punkt: »Die Rakede ist der derbste Shit.«

Auf Jüngers Spuren Lit. Zentrum 7.4. | 20:00 Tja, der Jünger ist so wenig totzukriegen wie das Jenseits. Und um die Frage vorwegzunehmen: Nein, der leidenschaftliche Antisemit und Käfersammler mit Hau ist es nicht zwingend wert, dass man eine weitere Zeile über ihn verliert. Tun wir trotzdem, denn jetzt geistert der Geist des »ganzen Kerls« (Goebbels), dessen manierierte Pennälerprosa mit Goldrand im Schützengraben so heldenhaft stahlgewittrig wurde, durchs Lit. Zentrum. Heinz Ludwig Arnold hat jüngst ein Jünger-Lesebuch herausgegeben. Kann man wohl drüber reden. Muss man aber nicht.

pony.express

35


Kalenderwoche 14.2

JT-Keller MO 4.4.

Musa

Nörgelbuff

Pools

Salsa-Kneipe 21:30

NB-Houseband Funk,Soul & Jazz 21:30 (Konzert)

Brook Pridemoore 20:00 (Konzert) TannenzäpfleDienstag 10:00

DI 5.4. MI 6.4.

Dawai Dawai 20:00

Salsa en Sotano Dj Raul 22:00

DO 7.4.

Cuba & Maniac Time 10:00

FR 8.4.

Vollmond-Party extremtanzbar 23:00

Rock gegen Rheuma DJ Albi 21:00

SA 9.4.

Cry Baby Club DJ Bionique 23:00

Tora Bora Allstars 20:00 (Konzert)

SO 10.4.

Tango-Salon 20:00

6 Millionen Dollar Club

Tangente

MO 4.4. DI 5.4.

Dollar-Lounge 21:00

MI 6.4.

Jäger & Sammler Astra-Special 21:00

DO 7.4.

Sekt and the City 21:00

FR 8.4.

Beatgrade by Ed Scientific 21:00

SA 9.4.

Break The funk by Slicktec 21:00

SO 10.4.

Funkgalore 21:00

Wishes Gedeck -Nacht 23:00

Motionstreaks & Salacious Monkeys 21:30 (Konzert)

Stereophonic 21:00 Beat! Beat! Beat! 20:00

Acrobat Readers offene Lesebühne 20:00

ProseccoFrühstück 10:00

Thanner’s

T-Keller (T) Café Kabale (K)

Tag & Nachtschänke Warsteiner-Stunde 14:00

Spax-Tag 18:00 (K)

Tag & Nachtschänke Kölsch-Stunde 14:00

Frauenkneipe Ladies Only! 21:30 (K)

Jäger & Sammler

Tora Bora Allstars

Wenn man in der menschlichen Anthropologie vom Jäger und Sammler spricht, ist von Personen die Rede, die zur Ernährung nicht Landwirtschaft betreiben, sondern von wilden Pflanzen und der Jagd auf Wildtiere leben. Diese Art der Nahrungsbeschaffung hält fit und mobil. Das selbe Prinzip herrscht jetzt am Mittwoch im Dollar Club. Wildes Astra und Jägermeister werden gejagt, gesammelt und getrunken. Wer am meisten hat, wird nicht etwa Stammesfürst, sondern ein prima Jägermeister, der noch mehr Jägermeister bekommt.

Die vielleicht berühmtesten künstlichen Höhlen der Welt heißen Tora-Bora. Sie liegen vierzig Kilometer entfernt von Jalalabad und haben vielen fusselbärtigen Männern als Rückzugsort gedient. Gar nicht künstlich, sondern roh und energiegeladen sind die Tora Bora Allstars, Göttingens heißgeliebte Raggae- und Dancehall-Band. Und wenn dann noch Boom Steppa, Juliano von der Beatplantage Witten und das Basement Funk Orchestra zur Verstärkung kommen, wird die Höhle der Musa so heiß glühen wie ein afghanischer Sommer.

Sechs Mill. Dollar Club mittwochs

Musa

9.4. | 20:00

Weizen-Tag 14:00 Tag & Nachtschänke Jever-Stunde 14:00

Bernard Schmid Wortveranstaltung 20:00 (T)

Zartbitter-Party 23:00

Tag & Nachtschänke 13:00

Tango Argentino 22:00 (K)

Strictly 90’s Eurodance & Pop 23:00

Tag & Nachtschänke 13:00 Tag & Nachtschänke 14:00

Breakfast-Club 10:00 (K) pony.express

37


Kalenderwoche 15.1

Apex

Capo

MO 11.4.

Diva Lounge

Eins B

Lounge 10:00

DI 12.4.

Jamaica hot Reloaded 22:00

Lounge & Champions League 10:00 | 20:00

Funk House Session 22:00

Lounge & Champions League 10:00 | 20:00

Zahnmediziner O-Phasenparty 23:00

Whiskey-Probier-Tag & GNTM 20:00

Med-Lounge 23:00

MI 13.4.

Cyrano de Bergerac 20:15 (Theater)

DO 14.4.

Adam Rafferty 20:15 (Konzert)

FR 15.4.

Pömps 20:15 (Kabarett)

tba 23:00

Paulaner-Tag 18:00

Kong Kong Kicks 23:00

SA 16.4.

Volker Weiniger 20:15 (Kabarett)

tba 23:00

Frühstücksbuffet & Bundesliga Live 10:00

Kill Your Idols 23:00

SO 17.4.

Käptn Knitterbart und seine Bande 20:15 (Theater)

Exil

Frühstücksbuffet & Tatort Abend 10.00 | 20:15

Freihafen

Irish Pub

Diverses

MO 11.4.

Irish Night 15:00

Karen Duve 20:00 Lit. Zentrum

DI 12.4.

Students Night 15:00

MI 13.4.

Wild’n Weiz’n 22:00

Dirk Rudolf 22:00 (Konzert)

Harry Rowohlt 20:00 Junges Theater

DO 14.4.

Rock Jukebox 22:00

Hefe-Tag 15:00

Nano-Festival 17:30 Cinemaxx

FR 15.4.

The Beatholes 20:00 (Konzert)

Kassettendeck 21:00 (Lesung)

Loungeroom Lizzards 22:00 (Konzert)

Swing a Club 23:23 Electric Note

SA 16.4.

The Spirit of Outpost 22:00

Kill Your Idols 23:00

Loungeroom Lizzards 22:00 (Konzert)

Electrology 20:00 Junges Theater

Maß-Tag 15:00

Monster-Frühstück 10:00 Gromo Café

SO 17.4.

Science Slam ThOp

10.4. | 19:30

»Vom Schreibtisch auf die Bühne«: Den Ortswechsel als Aufforderung zum Spiel beschreibend, lädt der erste Göttinger Science Slam NachwuchswissenschaftlerInnen ein, wissenschaftliche Themen im offenen Wettstreit vor Publikum zu präsentieren. In nur zehn Minuten soll es durch Live-Experimente, Videos, Musik oder einfach Vorträge überzeugt werden, um anschließend zu entscheiden, welches Projekt oder welche Performance gewinnt. Also raus aus der Wohnung, rauf auf die Zuschauerbänke.

Bosse

Musa

13.4. | 20:00

Bosse singt: »Du hast nicht viel Gepäck, nur ein paar Träume. Das Gegenteil von Ballast sind drei alte Freunde. Und die Aussicht ist gut, und der Sommer kommt wieder. Die Mädchen der Stadt verlieren ihr Wintergefieder.« Instrumentiert mit Streichern und Piano setzt das Album »Wartesaal« auf eine behutsame, Hund, Katze, Maus miteinander versöhnende Melancholie. Man muss die Musik des Hamburgers nicht authentisch nennen, obgleich das immer wieder mal passiert. Auch der Coldplay-Vergleich fällt öfters. Sollte Bosse kaum stören.

pony.express

39


Kalenderwoche 15.2

JT-Keller MO 11.4.

Musa

Nörgelbuff

Pools

Salsa-Kneipe 21:30

Querbeat Bandsession 21:30 (Konzert)

FrühstücksFantasien 10:00

Improsant 20:30 (Theater)

TannenzäpfleDienstag 10:00

Salsa en Sotano Salsa & Latin-Party 22:00

Funkgalore 21:00

DI 12.4. MI 13.4.

Bosse 20:00 (Konzert)

DO 14.4.

Erasmus-Party 23:00

FR 15.4.

Dance dance Devastation 23:00

SA 16.4.

Indie, Electroclash & Bastard

Jukebox Explosion 23:00

SO 17.4.

Scherbe kontra Bass Cuba & Maniac Time 21:00 (Konzert) 10:00 Power-Dance DJ Martin 21:00

L´uke 21:00 (Konzert)

Stereophonic 21:00

Rainer von Vielen 21:00 (Konzert)

Ü31-Party 22:00

Geschlossene Gesellschaft 21:00

Tango-Salon 20:00

6 Millionen Dollar Club

Tangente

MO 11.4.

September Leaves 20:00 (Konzert)

Thanner’s

T-Keller (T) Café Kabale (K)

Tag & Nachtschänke Warsteiner-Stunde 14:00

Spax-Tag 18:00 (K)

Tag & Nachtschänke Kölsch-Stunde 14:00

Die! Die! Die! 21:00 (T) (Konzert)

DI 12.4.

Dollar-Lounge 21:00

MI 13.4.

Jäger & Sammler Astra-Special 21:00

DO 14.4.

Sekt and the City 21:00

FR 15.4.

Nuzzlefunk by Elnite 21:00

Ballroom-Blitz Party 23:00

Tag & Nachtschänke 13:00

SA 16.4.

Around The World 21:00

Hot Spot 23:00

Tag & Nachtschänke 13:00

SO 17.4.

Wishes Gedeck -Nacht 23:00

Harry Rowohlt

Junges Theater

13.4. | 20:00

Vermutlich würde, was bei Max Goldt blendend funktionierte, bei Harry Rowohlt noch besser hinhauen. Also: Weshalb nicht fünf Abende Harry Rowohlt hintereinander weg!? Dann wäre auch das Kartenproblem gelöst. Und waschechte Fans, die ja vor allem an den Personen und Institutionen selbst hängen, könnten gleich fünf Mal zum beliebten Kolumnisten, Übersetzer, Märchenonkel, Rübezahlbartträger und Gelegenheitsschauspieler pilgern! Macht 25, wenn man alles zusammenrechnet. Allein, ein Traum ist’s. Schade.

Nanotechnologie & James Bond Cinemaxx

14.4. | 17:30

Demokratie ist: Auch mal was machen, wo der steuerzahlende Bürger seine Meinung kundtun darf. Und so ist bei der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung anberaumten (Werbe-)Veranstaltung »Nanotechnologie« des Bürgers Meinung zu Risiken, Zukunft und Aktualität des Themas gefragt. So er denn eine dazu hat. Anwesend sind Akteure aus Bildung, Forschung, Verbraucherschutz, Wissenschaft und Wirtschaft. Anschließend gibt’s einen Vortrag über die Technik in James Bonds »Goldfinger«. Und danach wird der Film gezeigt.

Weizen-Tag 14:00 Klangnacht Unplugged Live Musik 20:00

Tag & Nachtschänke 14:00

Krušovice-Tag 18:00 (K)

Breakfast-Club 10:00 (K) pony.express

41


Kalenderwoche 16.1

Apex

Capo

MO 18.4.

Diva Lounge

Eins B

Lounge 10:00

DI 19.4.

Jamaica hot Reloaded 22:00

Lounge 10:00

MI 20.4.

I like good music 22:00

Lounge 10:00

Die Semesteranfangsparty 23:00

Whiskey-Probier-Tag & GNTM 20:00

DO 21.4. FR 22.4.

tba 23:00

Paulaner-Tag 18:00

geschlossen

SA 23.4.

tba 23:00

Frühstücksbuffet & Bundesliga Live 10:00

Wir werden Sechs 23:00

Frühstücksbuffet & Tatort Abend 10.00 | 20:15

SO 24.4.

Exil

Freihafen

Irish Pub

Diverses

MO 18.4.

Irish Night 15:00

Monster-Weizen 17:00 Gromo Café

DI 19.4.

W. Schweinsteiger 22:00 (Konzert)

Kassettendecks Freihafen

15.4. | 21:00

Die Musikkassette hatte einen mäßigen Klang, musste ständig umgedreht werden und neigte zum gefürchteten Bandsalat – aber man konnte Stunden damit zubringen, Lieder aus dem Radio zu einer (meist verrauschten) Compilation zu mixen. Jan Drees und Christian Vorbau mögen Kassetten und haben Songs von FM Belfast, dem Two Door Cinema-Club oder Console auf einer alten Maxell C60 kompiliert, um zu diesem Sound aus ihrem gemeinsamen Buch »Kassettendeck« vorzulesen – einer, na?, richtig: »Ode an die Musikkassette«.

Fahnenflucht & Bumper JuzI

15.4. | 21:30

Der Reflex ist bekannt, aber sympathisch: Als am 11. März Fahnenfluchts neues Album »Schwarzmaler« erscheint, »steht die halbe Welt in Flammen«. Der Release verliert durch die katastrophalen »Begleitumstände« in Japan an Bedeutung, kommentiert die Band. Gleichwohl bleibt das Album, was es ist: ein bemerkenswert versiert gespieltes, höchst temperamentvolles Stück Deutschpunk, textlich kritischen Zuschnitts. Etwas wackliger auf den Beinen stehen Bumpers Punksongs – aber das kann ja noch werden.

Nacht der Studenten 22:00 Alpenmax

MI 20.4.

Wild’n Weiz’n 22:00

W. Schweinsteiger 22:00 (Konzert)

DO 21.4.

Boogie’n’Blues Küche 22:00

Hefe-Tag 15:00

FR 22.4.

Geschlossen

Geschlossen

Hattie St. John 22:00 (Konzert)

SA 23.4.

The Spirit of Outpost 22:00

Wir werden Sechs 23:00

Hattie St. John 22:00 (Konzert)

Sausa-Ritmo 20:00 Sausalitos

SO 24.4.

Klangwelt 22:00

Maß-Tag 15:00

Monster-Frühstück 10:00 Gromo Café pony.express

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Kalenderwoche 16.2

JT-Keller MO 18.4.

Musa

Nörgelbuff

Pools

Black Cat Zoot 21:00 (Konzert)

NB-Houseband Funk,Soul & Jazz 21:30 (Konzert)

FrühstücksFantasien 10:00 TannenzäpfleDienstag 10:00

DI 19.4. MI 20.4.

Salsa en Sotano Salsa & Latin-Party 22:00

Funkgalore 21:00

DO 21.4.

Wilhelm Telle Me 21:30 (Konzert)

St.Pauli Kiez Trash-Lesung 20:00 (Lesung)

Geschlossen

FrühstücksFantasien 10:00

Zwanzigfuffzehn 20:15

White Label Deep-House-Party 23:00

FR 22.4.

Geschlossen

SA 23.4.

Blockparty DJ Slicktec 23:00

SO 24.4.

Osterbooster House & Electro 23:00

6 Millionen Dollar Club

Rock gegen Rheuma DJ Albi 21:00

Tango-Salon 20:00

Tangente

MO 18.4.

Geschlossen

Thanner’s

T-Keller (T) Café Kabale (K)

Tag & Nachtschänke Warsteiner-Stunde 14:00

Spax-Tag 18:00 (K)

Tag & Nachtschänke Kölsch-Stunde 14:00

Frauenkneipe Ladies Only! 21:30 (K)

DI 19.4.

Dollar-Lounge 21:00

MI 20.4.

Jäger & Sammler Astra-Special 21:00

DO 21.4.

00´s by Steve Austin 21:00

FR 22.4.

Monstersounds by Mr. Mean 21:00

Geschlossen

Tag & Nachtschänke 13:00

SA 23.4.

KNRZ by Def 21:00

Just 00’s 23:00

Rockstelle 21:00

SO 24.4.

Pascua-Lounge 21:00

Hot Spot 23:00

Tag & Nachtschänke 14:00

Wishes Gedeck -Nacht 23:00

Electrology Junges Theater

Jukebox Explosion 16.4. | 23:00

Rein sprachlich betrachtet ist »Electrology« ein Neologismus, dessen Bestandteile ihren Weg aus dem antiken Griechenland über den angelsächsischen Raum auf ein Göttinger Partyplakat gefunden haben und gemeinsam soviel bedeuten wie »Lehre von der Elektronik«. Rein hedonistisch betrachtet ist »Electrology« eine neue Party, deren Gäste sich an Cocktails laben können, während sie den hauptstadterprobten House-/ Funk-/ Elektro-Sets von DJ Grizzly lauschen. Ebenfalls an den Plattentellern: Godehard und Mikroclubbing.

JT-Keller

16.4. | 23:00

Während die Doktoranden von Bayreuth offenbar auf so verschnarchte Bands wie Deep Purple stehen, ist man in Göttingen schon Lichtjahre weiter. Damit Trachtenjanker und Pomadenköppe an der Leine keine Chance haben, versorgen uns Mr. Stringer und DJ Calavera mit Indie, Punkrock, Electroclash, Emo und Bastard. Und zur Abkühlung erschöpfter Tänzer werden nicht etwa Fußnoten verschlampt, sondern PingPong-Bälle gewirbelt. Pomade war vorgestern.

Weizen-Tag 14:00 Tag & Nachtschänke Jever-Stunde 14:00

Krušovice-Tag 18:00 (K)

Breakfast-Club 10:00 (K) pony.express

45


Kalenderwoche 17.1

Apex

Capo

MO 25.4.

Eins B

Lounge 10:00

DI 26.4. MI 27.4.

Oliver Trummer Trio 20:15 (Konzert)

DO 28.4.

Jazz-Session 20:15 (Konzert)

FR 29.4. SA 30.4.

Diva Lounge

Ken Bardowiks 20:15 (Kabarett)

Jamaica hot Reloaded 22:00

Lounge & Champions League 10:00 / 20:00

I like good music 22:00

Lounge & Champions League 10:00 / 20:00

Cover the World 23:00

Whiskey-Probier-Tag & GNTM 20:00

Sportler O-Phasenparty 23:00

tba 23:00

Paulaner-Tag 18:00

I Love 00s 23:00

tba 23:00

Frühstücksbuffet & Bundesliga Live 10:00

Head in den Mai meets Jugendsünden 23:00

Frühstücksbuffet & Tatort Abend 10.00 | 20:15

SO 1.5.

Exil

Freihafen

Irish Pub

Diverses

MO 25.4.

Irish Night 15:00

Monster-Weizen 17:00 Gromo Café

DI 26.4.

Alex 22:00 (Konzert)

MI 27.4.

Wild’n Weiz’n 22:00

Alex 22:00 (Konzert)

Nacht der Studenten 22:00 Alpenmax

DO 28.4.

Rock Jukebox 22:00

Lacson 22:00 (Konzert)

Cindy aus Marzahn 20:00 Stadthalle

FR 29.4.

Black as Chalk & Fibre 22:00 (Konzert)

Whitelabel Deep Electronic 23:00

Traffic Jam 22:00 (Konzert)

Cindy aus Marzahn 20:00 Stadthalle

SA 30.4.

The Spirit of Outpost 22:00

Head in den Mai meets Jugendsünden 23:00

Traffic Jam 22:00 (Konzert)

Beach-Eröffnung 17:00 Sausalitos

Maß-Tag 15:00

Monster-Frühstück 10:00 Gromo Café

SO 1.5.

St. Pauli Kiez-Trash-Lesung

Wir werden Sechs

Seit Hartz IV ist es still geworden um die gute, alte Abhänger-Avantgarde, die das Leben von der Stütze einst zu einer metropolitanen Kunstform erhoben hatte. Wacker verteidigt wird sie von Leuten wie dem Monsignore, der hauptberuflich ausschläft und im Nebenjob als »Kirchenkritiker«, »Powerprediger« und »Journalist« arbeitet. Mit Fräulein Nina räsonniert er über SEK-Einsätze im Wohnzimmer und über Fetischfrisöre: St. PauliGeschichten »in übelster Bildqualität«. Für Großstadt-Romantiker.

Noch so jung – und kann schon rechnen wie ein IDötzchen, fluchen wie ein Bierkutscher und genauso saufen: Das einsB wird sechs verdammte Jahre alt. Und feiert auf zwei Floors. Wer von Anfang an dabei ist, bekommt nicht nur Gratisdrinks serviert, sondern kann mitzählen, wie viele DJs aus den hochgerechnet 1.000 Partys der letzten Jahre sich in der Alten Fink die Ehre geben werden. Angekündigt sind außerdem verflucht abgedrehte Specials. Empfehlung an die Gäste: Lassen Sie die Zuckertüten zu Hause, das sind olle Kamellen.

pools

21.4. | 20:00

Eins B & Freihafen

24.4. | 23:00

pony.express

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Kalenderwoche 17.2

JT-Keller MO 25.4.

Musa

Nörgelbuff

Pools

Salsa-Kneipe 21:30

Spielstunde Open-Stage unplugged 21:30

FrühstücksFantasien 14:00 TannenzäpfleDienstag 10:00

DI 26.4. MI 27.4.

Salsa en Sotano Salsa & Latin-Party 22:00

Funkgalore 21:00

DO 28.4.

Musikschutzgebiet 21:30 (Konzert)

Cuba & Maniac Time 10:00

Jive Club 21:30 (Konzert)

Stereophonic 21:00

FR 29.4.

Basement Invasion Urbanpop 23:00

SA 30.4.

Tanz in den Mai 23:00

SO 1.5.

6 Millionen Dollar Club

Tanz in den Mai 21:00

Kenneth Minor 20:00 (Konzert)

Tango-Salon 20:00

ProseccoFrühstück 10:00

Tangente

MO 25.4.

Thanner’s

T-Keller (T) Café Kabale (K)

Tag & Nachtschänke Warsteiner-Stunde 14:00

Spax-Tag 18:00 (K)

Tag & Nachtschänke Kölsch-Stunde 14:00

Frauenkneipe Ladies Only! 21:30 (K)

DI 26.4.

Dollar-Lounge 21:00

MI 27.4.

Jäger & Sammler Astra-Special 21:00

DO 28.4.

Sekt and the City 21:00

FR 29.4.

Eighties Fusion by DJane Viper M 21:00

Ärzte vs. Hosen Party 23:00

Tag & Nachtschänke 13:00

SA 30.4.

Funkytown by Manito Loco 21:00

Only 80´s 23:00

Karacho-Party 21:00

Tanz in den Mai 20:00 (K)

Tag & Nachtschänke 14:00

Breakfast-Club 10:00 (K)

SO 1.5.

Wishes Gedeck -Nacht 23:00

Karacho-Party Diva Lounge

30.4. | 22:00

Die Weltlage ist derzeit ungemütlich: In Nordafrika müssen sich Untertanen als Ratten beschimpfen lassen und in Japan weiß mal wieder keiner so genau, was gerade in Reaktor 3 vor sich geht. Da ist es doch beruhigend, dass hierzulande auch dieses Jahr wieder fröhlich in den Mai getanzt wird. Sollten Sie die Karacho-Party in der Diva Lounge aufsuchen, ist immerhin dafür gesorgt, dass Ihr Tanz auf dem Vulkan mit Stil und allerfeinstem Indiepop zelebriert wird.

Beach-Eröffnung Sausalitos

30.4. | 17:00

Kaum zeigt sich ein paar Tage lang die Sonne, werden die Leute übermütig: Noch ist das letzte Eis nicht geschmolzen, da kündigt das Sausalitos schon die Eröffnung seiner »Strand«-Bar an – sprich jener Sandfläche am Leinekanal, die in unserer meeresfernen Stadt als Strandbar herhalten muss. Aber man will nicht klagen: Täglich von 17 bis 20 Uhr ist Happy Hour angesagt; wer gar zu sehr friert, bekommt bestimmt auch einen Glühwein; und über fehlendes Wellenrauschen hilft einem der Vollrausch hinweg.

Weizen-Tag 14:00 Tag & Nachtschänke Jever-Stunde 14:00

Krušovice-Tag 18:00 (K)

pony.express

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pony.Stadtmagazin Herausgeber pony.medien Tim Kießling Hospitalstraße 35 / 37073 Göttingen Kontakt Tel.: +49 (0) 551 - 99 51 430 info@readmypony.com Geschäftsführung Tim Kießling Chefredaktion Michael Saager (V.i.S.d.P.) saager@readmypony.com Redaktion Kerstin Cornils Jan Langehein Henning Lisson Tina Lüers Frauke Pahlke Mitarbeit Florian Brauer, Christoph Braun, Andreas Busche, Carola Ebeling, Tina Fibiger, Carsten Happe, Ella Jaspers, Ulrich Kriest, Benjamin Laufer, Thomas Schaefer Fotos | Illustration Fehmi Baumbach, Malgosia Jankowska, M. Kunze, Thomas Müller, Werner Schwarze, Michaela Oswald, Patrick Wamsganz, Isabel Winarsch, Capelight Pic., Imp. War Museum London, Nintendo, Piffl Medien, Universal Music, S.I.P.R.A. Cover © Die!Die!Die! / Flying Nun Gestaltung Ronald Weller - www.ronaldweller.de Anzeigen Kirsten Tavener, Frank Stietenroth Druck Grafische Werkstatt von 1980 GmbH Die Meinungen in den veröffentlichten Texten geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.


Toll, was es alles gibt! Früher strickte man dicke Socken für den Weltfrieden, die dann allerdings rasch von den eigenen Füßen aufgetragen wurden, weshalb es mit dem Weltfrieden nicht so richtig hinhauen wollte. Heute, in Zeiten bald unzähliger Konflikte überall auf der Welt, verstricken Guerilla-Künstler ganze Panzer in buntes Garn, was freilich auch nicht mehr gegen kriegerische Auseinandersetzungen ausrichten dürfte, als PJ Harveys ziemlich gelungenes, poetisch dichtes Antikriegsalbum »Let England Shake«. Da es in Göttingen eher wenige Panzer, Flak-Kanonen, UBoote und Flugzeugträger hat, beschränkte man sich hier Anfang März darauf, nackten Kunstskulpturen Indianerklamotten aus Strickwerk anzuziehen. Politik-Emphatiker und Guerilla-Freunde könnten, frei nach dem großen amerikanischen Historiker Howard Zinn, dem Autor der überaus lesenswerten, kritischen Studie »Eine Geschichte des amerikanischen Volkes«, diese Aktion durchaus politisch lesen – als irritierend freundliche Erinnerung an das umso blutigere Schicksal der native americans, jawohl. Vielleicht war‘s aber auch einfach ein netter, niedlich anzuschauender, harmloser bunter Quatsch. Jedenfalls schön, dass wir mal drüber geredet haben. Und an was denken Sie, wenn Sie diese Zeilen lesen: »Sie machen das Magazin, was Sie schon immer machen wollten, und sie machen es mit Leidenschaft.« Na? Richtig, an ein Göttinger Fahrradmagazin! Weil ein geiler Name nun mal die halbe Miete ist – weshalb man eine coole Bar Sonderbar oder Bar jeder Vernunft nennt und einen hippen Plattenladen unbedingt Die Rille – hört unser Magazin auf den dynamomischen Namen »Fahrstil«.

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pony.hof

Doch genug der gar garstigen Ironie – tatsächlich haben Chefredakteur David Koßmann, Herausgeber Gunnar Fehlau und die fürs Design verantwortliche Agentur Echtweiß im Februar den renommierten iF communication design award gewonnen. Und das Radmagazin, in dem ungewöhnliche Themen wie »Handmade«, »Zeit« oder »Träume« behandelt werden, sieht auch wirklich ganz hervorragend aus. Chapeau! Apropos Preise: Den der Leipziger Buchmesse bekam letztes Jahr Georg Klein für seinen fürchterlich manierierten »Roman unserer Kindheit«. Dieses Jahr, so darf man sagen, traf die Wahl den Richtigen, nämlich den 28jährigen Clemens J. Setz aus Österreich für seinen im Suhrkamp-Verlag erschienenen Erzählungsband »Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes«. Die »Süddeutsche Zeitung« schrieb: »Clemens J. Setz hat [die Grazer] Moderne gleichsam auf den jüngsten Stand gebracht, mit Erzählungen von eher dunklen, ja vielleicht sogar bösen und grausamen Gestalten, die ihre seltsame Plastizität mit den Figuren aus Computerspielen teilen, unheimlich präsent und porös zugleich.« Den jungen Schriftsteller mit David Foster Wallace zu vergleichen, von dem wiederum weiter vorne bei uns im Heft die Rede ist, ist freilich auch nicht verkehrt. So, schließlich möchten wir uns noch verabschieden: Von Günter Amendt, dem linken Aufklärer, Soziologen, Sexualforscher und Drogendiskursexperten, dem wir wichtige Bücher wie »Sexfront« (1970), »Die Droge, der Staat, der Tod« (1992) und zuletzt »Die Legende vom LSD« (2008) zu verdanken haben. Amendt starb am 12. März an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

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JAHRE

15 Sterne im April Ella Jaspers

Wassermann  21.1. – 19.2.

Löwe  23.7. – 23.8.

Tropfst weichen Ahornsirup, wie der Ahorn Harz an der Rinde herabrinnen lässt, über die süßen, dicklichen Pancakes, umspielst, wieder im Gleichgewicht, dich, andere, Schöne. Klebst endlich angenehm.

Essigsauer bindet sich der Geruch deiner persönlichen Wartehalle in Zeilen, Zeichen, Zeigefinger. Der Weg für das Neue muss sich erst einmal ebnen, einschreiten können da nur Planierraupen. Allerdings: der Kraftstoff fehlt.

Fische  20.2. – 20.3.

Jungfrau  24.8. – 23.9.

In einer, in der selben Sprache sprechen, jedes Wort suchen, es so lange suchen, bis es da ist, statt nur zu schweigen. Statt langer Sätze, statt Wiederholungen. Sich helfen lassen. Näherrücken. Nahe.

Die Stromleitung führt über die Berge hinab in dein Tal. Immer wieder neu erschafft sich eine Aura, ein Stromkreis, er zerbröckelt jeden Sommer neu, der Generator tut seine Pflicht. Nur für die Zeit des Ausnahmezustands.

Widder  21.3. – 20.4.

Waage  24.9. – 23.10.

Das Klappern war unangenehm. Du so lässig und unaufgeregt, sozusagen vor unseren Augen. Es klirrte laut, etwas zerbarst und schwappte über. Oben auf deinem Kopf nisteten die Vögel, legten ihre Kuckuckseier.

Du arbeitest im Wunderwerk. Schicht um Schicht, oft nachts, Baustein an Baustein. Deine eigene süße, schwere Batterie ist ein kräftiger Ausnahmezustand. Wütendes Holpern und geschmeidiges Surren, geliebte Einmaligkeit.

Stier  21.4. – 20.5.

Skorpion  24.10. – 22.11.

Astronaut. Du erkennst dich in einem Tier am Abend wieder. Es klingt schön, wenn es singt. Doch so einfach darf doch nichts sein, oder? Doch. Und noch schöner. Das kleine Glück steht auf seinen eigenen Füßen.

Stimmungsvoll wird die neue Fahrbahn markiert. Ihre breiten Schenkel laden dich ein, du setzt dich einen Moment und kurvst weiter, Runde um Runde. Strategisch verbindest du die Flecken miteinander.

Zwillinge  21.05. – 21.06.

ag t s Sa m a i 1 1 7. M

Live:

Sn uff

(Sn uf

G r o ov

Innere Verletzungen suchen sich ihren Weg nach außen. Das Begehren nach Bestätigung und Auszeichnung gegen die größten Widerstände durchzusetzen suchen, den leichteren Weg nicht kennen, nicht finden. Lass ihn dir zeigen.

Krebs  22.06. – 22.07.

Steinbock  22.12. – 20.1.

Das Lachen fliegt dir entgegen. Es umfängt dich, dein Innerstes schäumt zurück. Die Perlen rinnen über die Bahnen in die kleinen Hände. Aufgeworfen und aufgeräumt eilends unter die pinke Seite des Tuches.

Bedürfen, begehren, hungern, beben. Besonderheiten erfahren und dem Milchwagen hinterherrennen als wäre es der Eismann mit den kleinsten Erbsen und den schönen Unmöglichkeiten. Mal dir aus, wie es sein soll.

FFM)

et

Dj´s: He n s vo Dennis n Klep (FAR, Gö Cobra Kampfer (FA ) R, V Gunm erde (Black W Gö) an a Grille (Black Wazabi, zabi, Gö) (Toxic Family,

Gö) FFM)

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Sterne

Rec.)

e m ag n

(Toxic Family,

Schütze  23.11. – 21.12.

Erstes Schwingen durch die Luft, die Erde bewegt sich unter dir überaus erstaunlich. Lautes Lachen im Höhenleitwerk und schönstes Kreisen zwischen Bett und Papierkorb, Altglas und Topfblumen.

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Crew

f Trax / G igo lo

Kurze Geismarstr. 6 | 37073 Göttingen



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