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WILA auf Umwegen

Winterlager auf Umwegen

Das Winterlager der Späher verlief dieses Jahr nicht so, wie es anfangs schien. Der Start verlief wie schon viele Male zuvor. Man traf sich an einem Samstag gegen Ende Jänner zu Beginn des Nachmittages auf dem Parkplatz eines Gasthauses in Rankweil. Die flinken Hornerschlitten wurden mitsamt Sack und Pack auf die mit heulenden Motoren bereitstehenden Familienkutschen verteilt und so begann das alljährliche Rennen zur Gulm-Alpe. Der motorisierte Teil konnte ohne Zwischenfälle abgewickelt werden, doch auf der Stieralpe der erste Schock. Wo war der Schnee? Nicht einmal vereinzelte Flecken des ersehnten Weiß waren zu sehen. Doch Hilfe nahte in Form eines weißlichen Kraftpaketes der Firma VW. Hinter dem Steuer der beste Rennfahrer der Späherleiter – Mihi himself. Er erbot sich, die zum Tragen doch recht unhandlichen Schlitten den Berg hoch zuführen. Obgleich dieses ersten Rückschlages führten die Späher das Rennen fort. Und siehe da, ihre Motivation wurde belohnt. Denn während die Strecke zwischen dem ersten und dem zweiten Trafo-Haus schlicht als „ober“ zu bezeichnen war, begann ab dort der geliebte Schnee. Und obwohl das Laufen durch den Schnee mehr Kraft kostete als gedacht, wurde der Schlusssprint von den Spähern in Rekordzeit absolviert. Schon von Weitem war der Preis des Rennens zu sehen. Ein großer Topf voll dampfendem Tee. Als auch der letzte Späher sich an Tee und liebevoll vorbereiteten Obsthäppchen gestärkt hatte, traten die Späherleiter auf den Plan. In ihrer unbegrenzten Kreativität hatten diese sich eine Rahmengeschichte ausgedacht. Prunkvoll verkleidet und voll in ihrer Rolle suchten sie die Späher in eine fremde Welt zu entführen. Doch soweit sollte es nicht kommen…. Eine ohrenbetäubende Sirene erschallte. Schnell war klar, dass irgendetwas nicht stimmte. Doch die Späherleiter besannen sich ihrer umfangreichen Ausbildung und evakuierten die Späher in die Gulm. Das alte Transistorradio der Gulmalpe lieferte dann Aufschluss über die Lage. Durch einen atomaren Vorfall war es zu einem negativen Klimawandel gekommen, und die globale Durchschnittstemperatur war auf ein gefährlich tiefes Niveau gefallen. Den spärlichen Nachrichten war zu entnehmen, dass es fast überall zu kalt für jegliches Leben sei. Durch besondere geographische Gegebenheiten war die Gulm-Alpe jedoch von der

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Katastrophe verschont worden. Es war klar, dass der Spähertrupp für längere Zeit auf der Gulm verbleiben musste. Zumindest so lange bis sich das Wetter wieder beruhigen würde. Nach diesem ersten Schock reagierten die Späherleiter mit ihrer gewohnten Gelassenheit. Alle wussten, dass weder genügend Nahrungsmittel mitgenommen wurden, um die Späher für längere Zeit zu versorgen, noch genügend Platz in der Alpe für alle war. So machten sich die Überlebenden auf den Weg. Mit Luki und Jerre kümmerten sich die Späher um eine langfristige Lösung für die Essensgeschichte. Im Urwald südlich der Gulm-Alpe wurden raffinierte Fallen aufgestellt, um Kleintiere wie Eichhörnchen und der gleichen festzusetzen. Mit Mihi und Röbbi wurde an einem Ausweichquartier für Schnarcher und Notfälle gewerkelt. Wie es sich für echte Späher gehört, wurden natürlich nur Naturmaterialien (und ein wenig Sisal) verwendet! Und bei Moac und Felix wurde schließlich nach einer Transportmöglichkeit gesucht, mit der

es möglich war, Plünderern entweder entgegenzukommen, oder auch ihnen zu entfliehen, je nach dem. In ihr Schaffen vertieft, merkten die Späher kaum wie das Tageslicht nach und nach schwand. Als das letzte Licht der Sonne sich nach Westen zurückgezogen hatte, fielen die Sichtverhältnisse auch im Bereich der Gulm-Alpe auf ein unverträgliches Minimum, und so begab man sich notgedrungen in das warme Nest. Dank unserer Köche Eva-Maria, Tatjana und Stefan wartete auf die Späher nicht nur eine kuschelig warm geheizte Hütte, sondern auch ein betörender Duft. Dieser entsprang den Kochtöpfen, in denen Nudeln und rote Sauce gegart wurden. Nach einer kurzen Aufwärmpause wurden die hungernden Späher zu Tisch gebeten. Quasi restlos wurde das deliziöse Mahl verschlungen. Gesättigt und zufrieden wurden die rotbackigen Späher in einen kleinen Verdauungsschlaf geschickt. Manch einem fiel es nach dieser Rast schwer sich wieder aufzuraffen. Doch den Verlockungen des Glückspiels konnte dann doch keiner wider-

stehen. Neben einem nervenaufreibenden Pferderennen konnten die Späher ihr Vermögen beim Black Jack, Roulette oder Würfelspiel vermehren, oder auch verspielen. Bis tief in die Morgenstunden ging das heitere Treiben, als plötzlich die Welt erneut aus ihren Fugen geriet. Die Alphütte erbebte unter den schrecklichen Angriffen von verwaisten Plünderern, die es auf die Vorräte und Rodel der Späher abgesehen hatten. Ohne langes Überlegen stürzten sich die Späher in ihre Polarausrüstung und stürmten in die Dunkelheit. Obwohl die Schurken ein gekonntes Ablenkungsmanöver starteten, dauerte es nicht lange bis sie von der Meute gestellt und gelyncht wurden. Nach langem Ringen mussten sich die Angreifer schließlich geschlagen geben und mit leeren Händen den Rückzug antreten. So endete ein ereignisreicher Tag. Am nächsten Morgen brannte es den Rodelbegeisterten derart unter den Nägeln, dass sie kaum die liebevoll gestreichelten Frühstücksbrötchen aufaßen, um so schnell

wie möglich auf die Piste zu gelangen. Geschwind wie der Wind wurde die wohlig warm getrocknete Alpinausrüstung angelegt und bevor der letzte Reisverschluss geschlossen war, stürzten sich die ersten die Rodelstrecke hinunter. Ununterbrochen wurden die Bestzeiten der anderen geschlagen. Bei Pistenverhältnissen, die mühelos als olympisch zu bezeichnen waren, machte das Rodeln besonderen Spaß. Doch schlussendlich kristallisierten sich drei besonders flinke Rodelprofis heraus. Auf den dritten Platz schlitterte der lässige Laurin, doch mit nur knappem Abstand auf den taffen Tim. Mit greifbarem Unterschied zu den beiden Nächsten, gewann schließlich der extreme Elias. Nachdem die drei Raketen ihre Pokale entgegengenommen hatten, wurde die Belagerung der Gulm-Alpe offiziell beendet, und die Späher traten das letzte Rennen des Wochenendes nach Hause an.

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