oead.news 106 | Internationalisierung der Hochschulen im Wandel

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1 Nummer 106 | Juni 2018

Internationalisierung der Hochschulen im Wandel

Aus der Praxis der International Offices


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Inhalt Zotti 03 Stefan Editorial

Rückblick: 4. Nationale Erasmus+ Jahrestagung 26 Einfach Mitmachen – (mein) Zugang zu Erasmus+

Millwisch | Lothar Semper-Wang 27 Clarissa Go. Learn. Share.

aller Kürze 04 InKurzmeldungen

06

oead.news im Gespräch mit Bundesminister Heinz Faßmann »Anregen, aber nicht anordnen«

Laitinen 08 Markus Internationalisation reimagined and revisited

Gabriele Abermann 10 Internationalisierung am Ende? 12

Christian Müller Verwalten oder gestalten?

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Sabine Pendl Internationale Beziehungen im Wandel der Zeit

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Susanne Lichtmannegger Die Pionierphase ist längst Vergangenheit

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oead.news im Gespräch mit Berta Leeb, Vizerektorin der PH der Diözese Linz Einblicke in unterschiedliche Lehrmethoden

Wahlmüller 19 Marlene Einmal um die ganze Welt

Veale 20 Adrian Internationalisation of higher education

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Nicolai Netz Auslandsaufenthalte und Karriere

Frühauf | Eva Weixler 24 Lisa Einblick in das Erasmus-Referat

Kirchberger 25 Elena Mein Erasmus+ Studienaufenthalt

Seidelberger 28 Cathrine praxis@oead-events Fischer-Kowalski 29 Marina Mit der BOKU und Citizen Scientists für ein

nachhaltiges Samothraki

Glatzl-Poss 30 Michael Qualitätsvolle Internationalisierung Rogaunig 31 Nicole Karriere im Doppelpack

Toder 32 Marianne Neues OeAD-Gästehaus in Graz eröffnet

33

Neues Förderprogramm Erstellung digitaler Lehr- und Lernmittel

Lichtkoppler 34 Julia Im Wald der Wissenskooperation

Stinnig 36 Elke Leben nach dem Völkermord in Ruanda

Dippelreiter 38 Michael Der Beginn der studentischen Selbstverwaltung

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Mitforschen Citizen Science Award 2018

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Rita Michlits | Barbara Sutrich OeAD-Jahresbericht 2017

Aichner 42 Regina Anerkennung früherer Lernerfahrungen

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OeAD-Events Veranstaltungskalender


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Stefan Zotti

»Internationalisierung« ist in der DNA des OeAD tief eingegraben. Seit seiner Gründung in den 60erJahren lautete der Kernauftrag des Österreichischen Austauschdienstes stets, durch die Förderung von Mobilität und Kooperation einen substanziellen Beitrag zur Internationalisierung des österreichischen Hochschulraums zu leisten. Dieser Auftrag hat sich in den letzten Jahr(zehnt)en weiterentwickelt: Durch die europäischen Bildungsprogramme, heute zusammengefasst in Erasmus+, wickelt der OeAD Aufgaben entlang der gesamten Bildungskette ab – Internationalisierung vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung, lautet der Auftrag heute. In einer ausschließlich quantitativen Sicht sind wir damit heute erfolgreicher denn je: 2017 konnten mehr als 16.000 österreichische Lernende, Lehrende und Forscher/innen an geförderten Mobilitätsprogrammen des OeAD teilnehmen, rund 2.300 internationale Studierende und Lehrende konnten mit Stipendien gezielt nach Österreich geholt werden. Der Bildungs- und Wissensraum Österreich ist heute so international, bunt und vielsprachig wie nie zuvor. Aber reicht das? In den letzten Jahren gab es immer wieder prominente Stimmen, welche die fortschreitende Internationalisierung kritisch begleiteten. Klar ist jedenfalls, dass eine rein quantitative Betrachtung zu kurz greift. Wir müssen die Diskussion darüber führen, welchen Beitrag die Internationalisierung zur Qualität der Bildung leistet, wie Lernende und Lehrende langfristig und nachhaltig davon profitieren können und wie Internationalisierung substanziell an der Reform des Bildungssystems beitragen kann. Internationalisierung, Öffnung und Offenheit gehören zum Wesen von Bildung und Wissen-

schaft. Umso bedrohlicher sind Tendenzen in einer wachsenden Zahl von Ländern, sich abzuschotten. Illiberale Strömungen, wie wir sie in mehreren europäischen Ländern sehen, bedrohen die wissenschaftliche Community in ihrer Gesamtheit. Angesichts dessen gehört es zum Kern der gesellschaftlichen Verantwortung von Universitäten und Hochschulen, sich solchen Tendenzen entschieden entgegenzustellen und die Freiheit der Wissenschaft, zu der Offenheit und Grenzüberschreitung wesenhaft dazugehören, zu verteidigen. Internationalisierung und Internationalität sind in dieser Hinsicht eben kein »nice to have«, sondern ein »must have« jeder lebendigen Wissenschaftscommunity. Der OeAD hat im Rahmen der Regierungsverhandlungen eine eigene Internationalisierungsstrategie für den österreichischen Hochschulraum angeregt. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es in diesem Bereich eines umfassenden und strategischen Zugangs bedarf und dass wir gemeinsam mit allen Stakeholdern darüber nachdenken müssen, was Internationalisierung für unsere Bildungseinrichtungen (auf allen Ebenen!) bedeutet, was wir erreichen und was wir vermeiden wollen. Es wäre jedenfalls kein kleiner Schritt für das Bildungssystem!

© OeAD | Sabine Klimpt

Editorial

Ihr Stefan Zotti

Impressum: Medieninhaber & Herausgeber: OeAD (Österreichische Austauschdienst)-Gesellschaft mit beschränkter Haftung | Austran Agency for International Cooperation in Education and Research (OeAD-GmbH) | 1010 Wien, Ebendorferstraße 7 | T +43 1 534 08-0 | F DW 999 | info@oead.at | www.oead.at | Sitz: Wien | FN 320219 k | Handelsgericht Wien | Chefredaktion und für den Inhalt verantwortlich: Eva Müllner, unter Mitarbeit von Werner Fulterer, KIM – Kommunikation, Information, Marketing | Schlussredaktion: Christian Jahn, Rita Michlits, Barbara Sutrich | Autor/innen dieser Ausgabe: Gabriele Abermann, Regina Aichner, Michael Dippelreiter, Marina Fischer-Kowalski, Lisa Frühauf, Michael Glatzl-Poss, Elena Kirchberger, Markus Laitinen, Julia Lichtkoppler, Susanne Lichtmannegger, Rita Michlits, Clarissa Millwisch, Christian Müller, Eva Müllner, Nicolai Netz, Sabine Pendl, Nicole Rogaunig, Cathrine Seidelberger, Lothar Semper-Wang, Elke Stinnig, Barbara Sutrich, Marianne Toder, Adrian Veale, Marlene Wahlmüller, Eva Weixler, Stefan Zotti | Grafisches Konzept: Fineline, erweitert Rita Michlits & Eva Müllner | Layout: Eva Müllner | Fotos: Wenn nicht gesondert vermerkt, im Eigentum der OeAD-GmbH, Coverfoto: © Gianmaria Gava, OeAD | Druck: one2print/DI Hans A. Gruber KG | Finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung | Hinweis: Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider und müssen sich nicht mit der des Herausgebers decken. | P.b.b. | Erscheinungsort Wien | Verlagspostamt 1010 Wien | GZ: 02Z032 994M | Wien, Juni 2018 OFFENLEGUNG GEMÄSS § 25 MEDIENGESETZ: Unternehmensgegenstand: Unternehmensgegenstand ist die Durchführung von Maßnahmen der europäischen und internationalen Kooperation im Bereich der Wissenschaft und Forschung sowie der Erschließung der Künste, der Hochschulbildung, der Bildung und der Ausbildung (§3. (2) OeAD-Gesetz) | Geschäftsführer: Stefan Zotti | Prokurist: Ulrich Hörmann | Die OeAD-GmbH steht zu einhundert Prozent im Eigentum des Bundes (§1.(2) OeAD-Gesetz) | Grundlegende Richtung: Information zu Bildungsmobilität und Bildungskooperation – national und international


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In aller Kürze

Österreichische Forschungsquote steigt 2018 auf 3,19 Prozent

Call for Papers der Zeitschrift für Hochschulentwicklung

Nach einer Schätzung von Statistik Austria werden 2018 voraussichtlich rund 12,3 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Damit wird die Forschungsquote leicht über dem Niveau von 2017 (3,16 Prozent) und 2016 (3,15 Prozent) liegen sowie deutlich höher als 2015 (3,05 Prozent) sein. Von den gesamten 12,3 Mrd. Euro F&E-Ausgaben 2018 werden 49,5 Prozent von den heimischen Unternehmen finanziert werden, 34,1 Prozent vom Staat und 15,8 Prozent aus dem Ausland. Im EU-Vergleich für das Jahr 2016 (das aktuellste Jahr mit EU-Vergleichsdaten) liegt Österreich an zweiter Stelle hinter Schweden (3,25 Prozent) und vor Deutschland (2,94 Prozent), Dänemark (2,87 Prozent) und Finnland (2,75 Prozent). Über dem EU-Durchschnitt von 2,03 Prozent liegen lediglich noch Belgien (2,49 Prozent) und Frankreich (2,25 Prozent). 2015 erreichte die Schweiz mit 3,37 Prozent die höchste Forschungsquote in Europa. Hohe Forschungsquoten erzielten 2015 auch Südkorea (4,23 Prozent), Japan (3,29 Prozent) und die USA (2,79 Prozent). Die Forschungsquote Chinas lag mit 2,07 Prozent ebenfalls geringfügig über jener der EU (2,04 Prozent im Jahr 2015).

© S. Hofschlaeger | Pixelio

Die Zeitschrift für Hochschulentwicklung lädt zur Einreichung von Beiträgen für die Ausgabe 13/4 ein. Die Dezemberausgabe trägt den Titel »Über die Möglichkeiten und Grenzen von Aufnahmeverfahren im Hochschulbereich«. Gastherausgeber/innen sind Martin Arendasy (Universität Graz), Gisela Kriegler-Kastelic (Universität Wien) und Dennis Mocigemba (Universität Marburg). Die Deadline zur Einreichung eines vollständigen Beitrags ist der 2. Juni 2018. Mit einem Fokus auf a) theoretische Konzepte, b) aktuelle empirische Befunde und c) Beispiele guter Praxis möchte dieses Themenheft Anregungen liefern, die Auswahlprozesse im Hochschulbereich neu zu denken und zu gestalten und zu implementieren. Der Call richtet sich besonders an Projektverantwortliche, die im Rahmen der Gestaltung von Aufnahmeverfahren sowie Selbstselektionsinstrumenten mit der wissenschaftlichen Entwicklung oder operativen Umsetzungsaufgaben betraut sind, sowie an Qualitätsmanager/innen, die die Wirkung dieser Prozesse untersuchen. Inhaltliche und organisatorische Details finden Sie unter www.zfhe.at

In Zehnjahresabständen betrachtet stieg die Forschungsquote in Österreich stark an: So lag der Wert 2008 noch bei 2,57 Prozent und 1998 sogar erst bei 1,73 Prozent. Detaillierte Ergebnisse auf www.statistik.at

Jahresbericht der Nationalagentur Erasmus+ Bildung Der Jahresbericht 2017 ist erschienen und steht als Download unter https://bildung.erasmusplus.at/ jahresbericht-2017 zur Verfügung. Die Printausgabe können Sie unter kim@oead.at bestellen.

© Joerg Trampert | Pixelio

Mehr Geld für Erasmus+ bedeutet mehr Chancen für Europa Der Finanzrahmen 2021–2027 der Kommission setzt einen deutlichen Schwerpunkt bei Investitionen in Forschung und Bildung. Die geplante Verdoppelung der Gelder für das Bildungsprogramm Erasmus+ auf 30 Mrd. schafft neue Chancen für den Bildungs- und Wissensraum Europa. Die OeAD-GmbH ist schon bisher vehement für eine deutlich höhere finanzielle Ausstattung des europäischen Bildungsprogramms in der nächsten Förderperiode ab 2021 eingetreten, um sicherzustellen, dass möglichst viele Personen und Institutionen vom Programm profitieren können. Österreich schöpft die Programm-Mittel schon bisher nahezu zu 100 Prozent aus. Ziel ist es, dass die Teilhabe in Zukunft noch breiter wird und noch mehr Menschen davon profitieren. In der laufenden Programmperiode seit 2014 konnten 55.844 Österreicher/innen mit Erasmus+ im Ausland studieren, lernen, lehren oder arbeiten. Mehr als zwei Drittel entfallen auf die Hochschulen, ein Viertel auf die Berufsbildung, elf Prozent auf die Schulbildung und ein Prozent auf die Erwachsenenbildung. 1.722 Projekte wurden gefördert. Bisher flossen 116,9 Mio. Euro an Fördermitteln. Die OeAD-GmbH, die als Nationalagentur Erasmus+ Bildung auch die operative Verantwortung für die Umsetzung des europäischen Bildungsprogramms in Österreich trägt, brachte sich in den letzten Monaten bereits intensiv auf nationaler und europäischer Ebene in die Diskussionen über das künftige Programm ein. Kommt es zur Verdoppelung des Budgets, ist Erasmus+ einer der großen Gewinner des Kommissionsvorschlags.


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© Pixabay

Internationalisierung in Zahlen

ÆÆ ÆÆ ÆÆ ÆÆ

Weltweit waren 4,3 Mio. Studierende international mobil (2017). Laut OECD wird sich diese Zahl in wenigen Jahren auf mehr als sieben Mio. erhöhen. In Österreich studierten im Studienjahr 2016/2017 insgesamt 355.488 Personen. Österreich ist ein international attraktiver Studienstandort. Der Anteil internationaler Studierender beträgt 25 Prozent.

Anteil internationaler Studierender an Österreichs Hochschulen

27 %

Ordentliche Studierende

Internationale Studierende*

Universitäten

280.783

75.741

27 %

Privatuniversitäten

10.104

4.235

42 %

Fachhochschulen

50.009

8.590

17 %

Pädagogische Hochschulen

14.592

1.239

8%

355.488

89.805

25 %

Total

Anteil internationaler Studierender in Prozent

Top-10 der Herkunftsländer internationaler Studierender in Österreich Deutschland 35.842 Italien 10.084 Bosnien und Herzegowina 4.529 Türkei 3.399 Kroatien 3.208 Ungarn 3.100 Serbien 2.878 Russische Föderation 2.189 Iran 2.069 Bulgarien 1.871

* Studierende mit nicht österreichischem Reisepass

n Österreichische Studierende n Internationale Studierende

%

17 % 8%

42 % Universitäten und PrivatuniKunstuniversitäten versitäten

Fachhochschulen

79+21

Pädagogische Hochschulen

»Das Internationale an Österreichs Hochschulen ist weiblich«

Von den 56 International Offices der österreichischen Hochschulen werden 44 von Frauen (78,5 Prozent), 12 von Männern (21,5 Prozent) geleitet.

Quelle: Statistik Austria, BMBWF und OeAD, Studienjahr 2016/17


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oead.news im Gespräch mit Bundesminister Heinz Faßmann

»Anregen, aber nicht anordnen« Die Internationalisierung der Hochschulen liegt in ihrem eigenen Verantwortungsbereich. Interview: Rita Michlits

oead.news: Sehr geehrter Herr Bundesminister Faßmann, wir vom OeAD haben uns über Ihre Bestellung zum Minister sehr gefreut, Sie waren zuvor Vizerektor für Internationales an der größten Universität Österreichs, an der Universität Wien, Sie waren lange Zeit Vorsitzender des Forums International der uniko und Sie waren im Aufsichtsrat des OeAD. Was kann uns Besseres passieren? Heinz Faßmann: Tatsächlich kenne ich die OeADGmbH aus verschiedenen Perspektiven. Von innen als Funktionär und von außen als Nutzer im weiteren Sinn. Damit erhält man sicher auch einen Blick auf ihre Stärken und Verbesserungspotenziale. Der OeAD hat jedenfalls eine klare Aufgabe und ein eindeutiges Profil. Die Förderung der Internationalisierung und die Betreuung von Mobilitätsprogrammen stehen dabei im Mittelpunkt. oead.news: Welche Schwerpunkte werden Sie als Wissenschaftsminister in Hinblick auf die Internationalisierung der Hochschulen in Österreich setzen? Heinz Faßmann: Die Internationalisierung der Hochschulen liegt in ihrem eigenen Verantwortungsbereich, der Wissenschaftsminister kann nur anregen, aber nicht anordnen. Und anregen möchte ich eine weitere Steigerung von Absolventinnen und Absolventen österreichischer Hochschulen, die Auslandserfahrungen sammeln konnten. Auslandsaufenthalte fördern die internationale Perspektive der Absolventinnen und Absolventen, unterstützen deren Sprachkompetenz und vermitteln ihnen auch so etwas wie eine globale Verantwortung. oead.news: In welchen Ländern sollte Österreich aus Ihrer Sicht Schwerpunkte setzen? Heinz Faßmann: Jede Universität und jede Hochschule muss jene Schwerpunktländer aussuchen, die zum jeweiligen Forschungs- und Lehrprofil passen. Sind für die eine Hochschule vielleicht die

© Martin Luisser

Bundesminister Heinz Faßmann studierte von 1974 bis 1980 Geographie und Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien. Von 2011 bis 2017 war Heinz Faßmann Vizerektor für internationale Beziehungen an der Universität Wien. Seit Dezember 2017 ist er Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung.

Staaten des östlichen Europas besonders wichtig, so wählen sich andere Universitäten Asien oder Amerika als Schwerpunktregion aus. Schwerpunktländer müssen zur Forschung und zur Lehre passen. oead.news: Wie wichtig sind staatliche Stipendienprogramme wie z. B. Ernst Mach, um die sogenannten »besten Köpfe« ins Land zu holen oder umgekehrt, um die österreichischen Studierenden mobiler zu machen? Heinz Faßmann: Stipendienprogramme sind für die Forschung und den internationalen Austausch essenziell. Der Fokus der von der OeAD-GmbH durchgeführten Stipendienprogramme meines Ressorts liegt in der Nachwuchsförderung. Jede Mobilität bedeutet eine wertvolle Erfahrung – und zwar persönlich und wissenschaftlich. Das gilt besonders für Nachwuchsforscherinnen und


© Fat Camera | iStock

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-forscher. Eine Besonderheit dieser Stipendienprogramme ist auch, dass sie für alle Fachbereiche und für alle Themen offen stehen und damit sehr breit aufgestellt sind. oead.news: Bei den internationalen Hochschulrankings befindet sich Österreich nicht gerade auf den Spitzenplätzen. Woran liegt das? Heinz Faßmann: Eine hochschulpolitische Diskussion sollte sich nicht an den Hochschulrankings orientieren. Rankings sind außerdem mit Verstand und Augenmaß zu lesen. Wenn die Universität Wien beispielsweise beim Times Higher Education Ranking auf Platz 164 liegt, dann gehört sie immerhin zu den besten ein bis zwei Prozent aller Universitäten weltweit. Auch werden die Rangplätze der Universitäten durch die ungünstige Student Faculty Ratio regelmäßig gedrückt. Aber

dennoch: Es würde den Hochschulen in Österreich insgesamt sehr helfen, wenn sich in den nächsten Jahren eine Rangverbesserung einstellen würde. Stolz sein auf die besten Hochschulen wäre dann vielleicht die Folge. oead.news: Was möchten Sie in Ihrer Wirkungsperiode als Minister für das Hochschulsystem unbedingt erreichen? Heinz Faßmann: Mein Ziel ist es, bestmögliche Rahmenbedingungen sowohl für die Hochschulen als auch für die Schulen und die Forschungseinrichtungen zu schaffen. Ich hätte gerne ein System, das die individuellen Begabungen und Talente unserer Schülerinnen und Schüler fördert, Studierende zum Abschluss bringt und interessante und neue Forschungsergebnisse, die auch zur Wettbewerbsfähigkeit des Landes beitragen.

Auslandsaufenthalte fördern die internationale Perspektive der Absolventinnen und Absolventen, unterstützen deren Sprachkompetenz und vermitteln diesen auch so etwas wie eine globale Verantwortung.

Auszug aus der Hochschulmobilitätsstrategie des BMBWF Das Bundesministerium bekennt sich mit der »Hochschulmobilitätsstrategie zur Förderung transnationaler Mobilität an österreichischen Universitäten, Fachhochschulen und Privatuniversitäten« zur Förderung akademischer Mobilität. Mobilitätserfahrungen und Auslandsaufenthalte bedeuten für Studierende, junge Forschende und Lehrende sowie nicht-wissenschaftliches Hochschulpersonal zusätzlichen Wissenserwerb und Kompetenzgewinn. Die Hochschulen als Stätten der Lehre und Forschung spielen dabei eine zentrale Rolle und leisten durch vielfältige Maßnahmen hier einen wesentlichen und sehr wertvollen Beitrag. Die Hochschulmobilitätsstrategie gibt den in Österreich bereits bestehenden mobilitätsunterstützenden Maßnahmen einen Rahmen und empfiehlt weitere Schritte für eine qualitative Verbesserung der Mobilität von Studierenden, Lehrenden und des nicht-wissenschaftlichen Personals in allen Mobilitätsphasen (vor – während – nach). Mit der Hochschulmobilitätsstrategie ist ein erster Schritt im Sinne einer Bestandsaufnahme und – daraus resultierend – konkreter Maßnahmen getan. Die im Rahmen des Umsetzungsprozesses zu Tage tretenden Adaptierungserfordernisse werden Gegenstand einer Weiterentwicklung sein. Dabei werden – unter Bedachtnahme auf die jeweils aktuellen Rahmenbedingungen – auch Anregungen aus dem Kreise der Universitäten und Hochschulen Berücksichtigung finden. https://bmbwf.gv.at/studium/der-europaeische-hochschulraum-und-die-europaeische-union/hochschulmobilitaetsstrategie/ (seit 8.1.2018 BMBWF)


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Markus Laitinen

Internationalisation reimagined and revisited The University of Helsinki implemented a new approach to internationalisation.

Markus Laitinen has over 25 years of experience in international higher education in various roles at the University of Helsinki, ranging from student services and admissions to strategic management of international relations. He earned his master’s degree in social science there in 1995, was the university’s Erasmus+ institutional coordinator for well over ten years, and currently serves as the university’s Head of International Affairs. He has been involved with the EAIE since 1994, coordinated his university’s successful application for the EAIE Institutional Award for Internationalisation in 2013 and is the Association’s President.

»Internationalisation of higher education is too important to be left to international offices!« is a phrase I have publicly used on various occasions. Not just to shock audiences consisting of international office staff but to make them consider – or rather reconsider – their work towards internationalising their universities. But let us take a step back. Where am I coming from with this, you might wonder. In terms of context, I am based in Finland, which is a smallish country by population and with a language hardly spoken beyond its borders. Having spent over 25 years working in international higher education at the University of Helsinki, a strong European research university, I have had many opportunities to observe how internationalisation has changed and how it constantly evolves. When I started, in the early 1990s, you could basically put an equation mark between »internationalisation« and student exchange. There certainly were other activities as well but, in terms of funding and staffing, student mobility ruled. In many universities this was the time when the leadership and the academic community might have been supportive of internationalisation, at least rhetorically, but it was still mostly considered an activity mainly managed by the international office. In the next stage the strategic importance of English-taught programmes and recruiting international degree-seeking students began to present itself. This started happening in the late 1990s. While this was (and continues to be) the mainstream international activity of Anglo-Saxon universities it was rather new for continental Europe. The academia and university leadership began to become more involved, quite understandably, but the bulk of the work was still administrative and resided within the international office. We entered the new millennium. At first several new internationalisation items started appea-

ring on the horizon steadily but surely. The pace of change, however, seems to have become more rapid in recent years. Whether you consider global university rankings, recruitment of international academic staff, global social responsibility actions, transnational education (including branch campuses), international advisory boards or strategic networks and partnerships – just to give you a few examples – you might start to appreciate the diversity of items and the challenge that it presents to how internationalisation is managed and how it is led. And I have not even mentioned research, which curiously and paradoxically really was not a part of the internationalisation conversation until relatively recently. With these developments one can easily make an argument for a need for a different institutional approach to internationalisation. In 2005 I already wrote a case study on how the University of Helsinki had started to adopt a new approach to internationalisation in 2003 in a Toolkit publication for the European Association for International Education (EAIE). I described the way in which a relatively strong and centralised international office was distributed among the central administration. This process is sometimes referred to as mainstreamed or comprehensive internationalisation but I quite like the term »embedded internationalisation« as it gives a better idea of what it is all about. After all, the dictionary definition for embedding is: »fix (an object) firmly and deeply in a surrounding mass«. Coincidentally, in the same publication an Austrian colleague, Sabine Pendl from Graz, made a rather compelling case for a strong central international office … Without going into details of how the University of Helsinki came to the idea of restructuring the support for internationalisation and what all its implications were the past 15 years have clearly demonstrated the benefits of this approach, especially when one considers the breadth and depth of


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© University of Helsinki

Internationalisierung der Hochschulen

Markus Laitinen is convinced that successful internationalisation strategies and policies require a broad institutional foundation.

interconnected issues that make up international higher education today. The »international« can no longer be marginalised to be the responsibility of a single office or other organisational entity. Consequently, the base of support for internationalisation in Helsinki has broadened to include also those colleagues who formerly were almost exclusively domestically oriented. Some of them contribute in a major way, others in a more limited capacity but there are certainly many more people whose jobs support the University’s strategy towards being more international. As a concrete example, shortly after 1999 I was asked to »keep an eye« on the emerging Bologna Process. The senior manager who gave me this instruction thought that since it originated beyond Finland’s borders it was inherently international and therefore my responsibility. Fortunately, the push towards embedding internationalisation made the University’s Academic Affairs unit realise that it was indeed primarily their responsibility. A few years later, with the rise of importance of international recruitment of academic staff, the University decided to establish centralised support services. And since there was no International Affairs Office anymore the only option was to embed the service in the Human Resources Service. I would like to maintain that had these responsibilities been assigned to an international office, there would not have been half the degree of success we have witnessed. But let us also consider some external forces and trends that have put internationalisation at

the centre stage. There is unprecedented competition for the best students and scholars, and even with the growing numbers of mobile students the race to recruit is only likely to intensify. The stagnating or decreasing public funding, particularly in Europe, requires universities to seek additional revenue internationally from tuition fees, competitive research funding and donations. Additionally, the challenges in our political surroundings (neo-nationalism, xenophobia) and the seemingly ever-increasing globalisation of the labour market require us to take a close look at what and how we teach our students. We need to prepare them in a responsible and responsive way and give them matching knowledge and skills. If we look at research, we know that internationally co-authored academic works are clearly more impactful than those which are not. I hope that I have been able to demonstrate that taking into account the evolving complexities of internationalisation and strong external pressures requires modern universities to reexamine their approach to internationalisation. Regardless of how organisational structures are arranged, it should be clear that successful internationalisation strategies and policies require a broad institutional foundation. Even if student mobility remains an important aspect of international higher education, the structures that support it will not suffice if a university is to truly embrace internationalisation. Further information: www.helsinki.fi/en

The »international« can no longer be marginalised to be the responsibility of a single office or other organisational entity.


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Gabriele Abermann

Internationalisierung am Ende? In der Diskussion über die Internationalisierung der Hochschulen ist Mobilität ein wesentliches Mittel, aber nicht das einzige. Ein Beitrag zum Diskurs.

FH-Prof. emer. Mag. Dr. Gabriele Abermann ist nationale Expertin für den Europäischen Hochschulraum.

Internationalisierung ist an österreichischen Hochschulen Mainstream und Teil einer umfassenden Strategie geworden. Das ist gut so. Vorab sei festgehalten: Erstens ist Internationalisierung eine Maßnahme und kein Ziel. Das wurde oft verwechselt. Ohne konkretes Ziel ist aber Commitment schwer zu erreichen. Zweitens wurde Internationalisierung oft ausschließlich mit Mobilität gleichgesetzt. Mobilität ist ein ganz wesentliches Mittel, aber nicht das einzige. Drittens wirkt Internationalisierung vor allem dann, wenn der dadurch erzielte Kompetenzerwerb der Studierenden im Vordergrund steht. In diesem Kontext ist die aktuell geführte Debatte in der Community zu sehen, die Philip Altbach und Hans de Wit mit einem Artikel in den World University News (The challenge to higher education internationalisation1) angestoßen haben. Als Argumente für das »Ende der Internationalisierung« führen sie die nationalistischen und protektionistischen Tendenzen angesichts von Brexit, der Wahl Donald Trumps und der Siege rechtspopulistischer Parteien an. Der freie Austausch internationaler Studierender sei dadurch beeinflusst. Visarestriktionen und Fremdenfeindlichkeit tragen dazu ebenso bei wie die Beschränkung der Zulassung internationaler Studierender (z. B. Universität Amsterdam) oder die Vorgabe in Italien, auf Bachelorebene vorwiegend die Landessprache zu verwenden. Laut Hans de Wit sei es naiv zu glauben, dass Hochschulen von diesen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und damit von Einschränkungen der Lehre und Wissenschaft nicht betroffen sind. Jane Knight spricht in ihrer Replik (A look on the bright side of Internationalization2) die Motivation hinter der Rekrutierung von internationalen Studie1 http://www.universityworldnews.com/article. php?story=20180220091648602 2 http://www.universityworldnews.com/article. php?story=20180406155846552

renden an, die oft aus finanziellen Gründen erfolge und die sie als »big business« bezeichnet. Sie unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen der auf Partnerschaft basierenden »International Student and Scholar Mobility (ISSM)« und der »International Programmes und Provider Mobility (IPPM)«, bei der gewinnorientierte Aspekte im Vordergrund stehen. Sie kritisiert dabei vor allem jene Branch Campuses, die zwar den Namen einer renommierten Universität tragen, deren Qualitätssicherung aber nicht jener der Ursprungsuniversität gleichzusetzen ist. Für sie liegt die Zukunft der Internationalisierung in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit, von der alle Beteiligten profitieren können: »The bright future of higher education internationalization rests on growing and sustaining collaboration, reciprocity and mutual benefit.« Im Sinne von Jane Knights Richtungsvorgabe möchte ich drei aktuelle Trends hervorheben. Es mag vielleicht verwundern, dass ich Digitalisierung nicht als eigenen Trend anführe. Für mich bietet die Digitalisierung eine breite Palette an Möglichkeiten für die technische Unterstützung, ist aber per se keine Internationalisierungsmaßnahme. Inklusive/umfassende Internationalisierung Der erste Trend bezieht sich auf umfassende Internationalisierung (Comprehensive/Inclusive Internationalisation). Maßnahmen werden von der Strategie abgeleitet, die vor allem die Ziele, also das »Warum« der Internationalisierung begründet. Internationalisierung dient beispielsweise dazu, das definierte Qualifikationsprofil oder eine bestimmte institutionelle Ausrichtung zu erreichen. Konkrete Schritte sind Teil eines Maßnahmenbündels und curricular verankert. Sie nutzen auch lokale Gegebenheiten (internationale Studierende, Lehrende, Diversität im regionalen Umfeld) um den internationalen/interkulturellen Kompetenzerwerb für alle, auch nicht


© Robert Polster | OeAD-GmbH

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mobile Studierende zu sichern – Stichwort Internationalisierung des Curriculums und Internationalisierung@Home. Entscheidend für den Erfolg ist die Integration aller Stakeholder, aber vor allem die Einbindung der Lehrenden (Academic Ownership). Internationalisierung als Qualifizierung Trend zwei bezieht sich auf die Kontextualisierung von Internationalisierung als Qualifizierungsmaßnahme. Im Sinne einer curricularen Verankerung liegt der Fokus zunehmend auf dem internationalen/interkulturellen Kompetenzerwerb als wesentliche Voraussetzung für Absolvent/innen, aber auch Lehrende, mit den gesellschaftlichen Veränderungen und zukünftigen Arbeitsplatzanforderungen kritisch-konstruktiv umgehen zu können. Im Vordergrund stehen dabei Transferable Skills, d. h. allgemeine, auf unterschiedliche Bereiche übertragbare Kompetenzen, wie Integration von Vielfalt zur Lösung von komplexen Problemen, Offenheit für Neues, Resilienz und Aushalten von Unsicherheit. In der Auswahl der Maßnahmen sind die Bedürfnisse der jeweiligen Institution, der Disziplin und des spezifischen Studienprogramms ausschlaggebend und in Bezug zur definierten Strategie zu setzen – Internationalisierung ist kein One-size-fits-all-Programm. Qualität zeigt sich hier in konkreten, realistischen Lernergebnissen auf Programm- und Modul-/Kursebene, deren Erreichen durch entsprechende Lernaktivitäten und Beurteilungsmethoden gewährleistet ist. Internationalisierung als Positionierung Trend drei sieht Internationalisierung als Positionierungsfaktor unter Berücksichtigung ethischer Aspekte. Hochschulen stehen im Spannungsfeld zwischen zunehmendem Wettbewerb einerseits und Kooperation mit strategischen Partnern anderer-

seits. Aktuelle Formate virtueller Zusammenarbeit und Mobilität (Cooperative Online International Learning – COIL) oder Joint Programmes sind dafür beispielhaft. Diese Joint Programmes erfordern klare Zielsetzungen in Bezug auf das Qualifikationsprofil und eine darauf abgestimmte Rekrutierung der Studierenden. Die Anzahl an Joint Programmes stellt allein für sich jedenfalls kein Qualitätsmerkmal dar. Im Spannungsfeld von Qualität versus Quantität ist auch die Finanzierung der Hochschulen kritisch zu beleuchten. Werden internationale Studierende oder Branch Campuses nur als Finanzierungsquelle gesehen, ohne dass deren Bedürfnisse berücksichtigt werden oder derselbe Standard wie am Stammcampus eingehalten wird, dann ist das zu hinterfragen. Hochschulen haben sich in diesem Zusammenhang auch ethischen Themen zu widmen, wie Kommerzialisierung, Brain Drain, Nachhaltigkeitsaspekten oder Sicherung der Autonomie angesichts nationalistisch-populistischer Tendenzen. Internationalisierung kann und soll genau diesen negativen Tendenzen durch Sicherung des Kompetenzerwerbs sowie durch vermehrtes Peer Learning im Sinne einer kontinuierlichen beruflichen Entwicklung der Lehrenden und des administrativen Personals entgegenwirken. Die Voraussetzung für Qualität sind gesicherte Daten und Fakten als Grundlage von Entscheidungen und für die Überprüfung, ob und wie Maßnahmen greifen. Das erfordert eine Kombination von quantitativen und qualitativen Maßnahmen in Bezug auf die definierten Ziele. Internationalisierung ist meiner Meinung nach keineswegs am Ende, sondern ist – qualitätsvoll eingesetzt – eine der effektivsten Maßnahmen, die professionelle und persönliche Entwicklung von mündigen, aktiven und selbstreflektierten Absolvent/innen in einer offenen, demokratischen, global vernetzten und inklusiven Gesellschaft zu unterstützen.

Internationalisierung kann und soll negativen gesellschaftlichen Tendenzen entgegenwirken.


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Christian Müller

Verwalten oder gestalten? Über die Rolle der Bildungsagenturen im Kontext der Internationalisierung der Hochschulen am Beispiel des Deutschen Akademischen Austauschdienstes DAAD.

© Peter Kainz | Pixelio

Christian Müller ist Mitarbeiter des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und leitet die Abteilung »Strategie« seit ihrer Neuorganisation im Jänner 2015. Von 2009 bis 2014 leitete er die DAADAußenstelle in Brasilien in Rio de Janeiro sowie das Deutsche Wissenschafts- und InnovationsHaus (DWIH) in São Paulo. In früheren Funktionen leitete er die Gruppe »Kommunikation und Marketing« im DAAD in Bonn und war verantwortlich für die Geschäftsstelle des MarketingKonsortiums GATE-Germany. Christian Müller hat Germanistik und Sozialwissenschaften in Göttingen und Bonn studiert und als Lektor für deutsche Sprache, Literatur und Landeskunde an Universitäten in Portugal (Aveiro) and Brasilien (Campinas, Rio de Janeiro) gearbeitet sowie die Fremdsprachensektion an der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung (DSE, Bad Honnef, jetzt GIZ) geleitet.

Es ist seit langem gefordert worden, die Internationalisierung zu einer Führungsaufgabe, zur »Chefsache«, zu einem strategischen Ziel jeder Hochschule zu machen. Auch der DAAD hat diese Forderung verschiedentlich und seit mindestens zwanzig Jahren vertreten. Unterdessen ist viel geschehen. Es ist kaum – zumindest in Deutschland – eine Hochschule zu finden, die keine Internationalisierungsstrategie formuliert und verabschiedet hätte. Sehr viele Hochschulen haben sich einem »Audit Internationalisierung« und inzwischen häufig auch dem Re-Audit unterzogen, das die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) anbietet. Die Führungsebenen aller Hochschulen erhalten vom DAAD jährlich eine Analyse ihrer wichtigsten Profildaten zur Internationalisierung; diese werden im Verhältnis zu Hochschulen eines Clusters vergleichbarer Größe und Typs dargestellt und erlauben ein Benchmarking. Zahlreiche Prorektoren oder Vize-Präsidenten und -Präsidentinnen für Internationalisierung wurden berufen und übernahmen damit neu geschaffene Positionen. Sind also die Hochschulleitungen die Träger und Treiber der Internationalisierung? Was bedeutet das für Konzepte und Praxis in den Hochschulen, auch für die Governance? Und: Wie verändern sich Aufgabe und Rolle einer nationalen Organisation wie des DAAD? In unserer Analyse haben sich neue Kraftfelder und Rationale entwickelt. Die Antriebskräfte für internationale Beziehungen und Austausch waren über lange Zeit: das Interesse von Professor/innen an internationalen Kooperationen im Rahmen von Forschungsvorhaben; das Interesse an Doktorand/innen und Nachwuchswissenschaftler/innen aus dem Ausland; drittens die Rekrutierung internationaler Studierender für neue, wenig ausgelastete oder wenig internationalisierte Studiengänge, was für Studienkoordinator/innen und -dekan/innen wichtig war und ist. Schon an dieser lückenhaften Aufzählung wird deutlich, dass die Verankerung der Interessen an Internationalisierung

im Wesentlichen bei Wissenschaftler/innen lag, also bei den einzelnen Protagonist/innen des Wissenschaftsbetriebs. Wenn Internationalisierung auf die Leitungsebene gehoben wird, ist eine der Hauptaufgaben, diese diversen – und nicht selten divergierenden – Interessen mit einem institutionellen Interesse zu überwölben und damit zu einer Hochschulstrategie zu verschmelzen. Wie schwierig dies ist, lässt sich an den Texten vieler Internationalisierungsstrategien ablesen. In jedem Fall werden hier neue Dimensionen betrachtet, wenn Zielsetzungen auf institutioneller Ebene beschrieben werden. Dazu gehören Formulierungen wie »strategische Partnerschaften bilden«, »internationale Netzwerke mit vergleichbaren Hochschulen aufbauen«, »regionale Schwerpunkte definieren« und anderes mehr. Die Wechselwirkung zwischen diesen institutionellen Zielen und den oben genannten, eher bottom-up wirksamen, führt zu sichtbaren Friktionen in Umsetzung und Verwaltung einer internationalen Agenda. Dieser Wandel verändert auch Programmentwicklung, Förderhandeln und Kommunikation des DAAD. Um die Rolle einer nationalen Organisation wie des DAAD zu analysieren, müssen wir einen Blick auf die Förderarchitektur werfen. Nationale Organisationen gewinnen an Bedeutung, wenn es auf nationaler Ebene (in Deutschland: Bundesregierung) Fördermittel für Außenwissenschaftspolitik und/oder auf supranationaler Ebene Mittel gibt, die dann jeweils national verwaltet werden (hier: EU-Hochschulprogramme in der nationalen Agentur im DAAD). Aus dieser Funktion heraus – Bundes- und EU-Mittel für Programme der Internationalisierung auszuschreiben – entsteht eine spezifische Scharnierrolle einer Agentur wie des DAAD. Wir verstehen sie so, dass wir eine Gleichung mit drei Variablen lösen müssen: 1. die Interessen und Bedarfe der Hochschulen, die sich – wie oben erläutert – stark verändern; 2. wissenschafts-, außen- und entwicklungspolitische Ziele der Politik auf nationaler und europäischer Ebene; 3. der globale Bezugsrahmen, über den


13 Internationalisierung der Hochschulen

© Pixelio

Der DAAD versteht sich selbst als ein wichtiger Spieler und Treiber der Internationalisierung der Hochschulen.

Erkenntnisse zu Hochschulsystemen, Mobilitätsströmen, Trends und Herausforderungen ständig neu gewonnen und bewertet werden müssen. Diese Scharnierfunktion – man könnte in einem anderen Bild auch von einem Transmissionsriemen sprechen – sei im Folgenden kurz beleuchtet. Der DAAD muss sein Ohr an den deutschen Hochschulen und ihren Entwicklungen haben. Dazu nutzen wir erprobte Formate: ständige Arbeitsgruppen zu den Kernthemen wie Auslandsstudium oder Förderprogramme mit Leiter/innen der International Offices, Jahrestagung des DAAD zur Internationalisierung der Hochschulen, regelmäßige Besuche an Hochschulen, Informationsgespräche und auch kleinere Beratungsprojekte. Neuerdings ist auch mit den Vizepräsident/innen und Prorektor/innen eine regelmäßige Zusammenkunft mit der DAADLeitung instituiert; in einigen Hochschulräten sind Mitglieder der Geschäftsleitung des DAAD vertreten. Als Mitgliedsorganisation der deutschen Hochschulen sind selbstverständlich der Vorstand und die Mitgliederversammlung des DAAD Gremien, die für die Diskussion neuer Themen genutzt werden. Weniger fest instituiert, dafür aber nicht weniger wichtig und aufwändig ist der Austausch mit Politik und Regierung. Der DAAD wird institutionell durch das Auswärtige Amt gefördert und hat daher eine besondere Beziehung zu diesem Ministerium. Dies äußert sich in engem und intensivem Austausch mit mehreren Ebenen des Amtes in Berlin und im Ausland. Dabei gilt es für den DAAD, die Interessen der Hochschulen in Projekte und Förderkonzepte umzusetzen und der Regierung nahezubringen; umgekehrt werden häufig Prioritäten oder Vorhaben vom Auswärtigen Amt benannt (sehr häufig bezogen auf ein Land, eine Region). Daraus ergibt sich eine programmatische Diskussion, in die sich der DAAD mit Sach- und Regionalkenntnis und mit Blick auf die Handlungsmöglichkeiten der Hochschulen sowie seinen eigenen regionalen Strategien einbringt. Über das Berliner Büro wird zudem ein ständiger Kontakt zu den Parlamentarier/innen

und den einschlägigen Ausschüssen gehalten, in denen die Präsidentin oder auch die Generalsekretärin häufig über unsere Arbeit berichten. Ähnlich verhält es sich mit dem BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) und dem BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Die Schwerpunkte der Zuwendungen des BMBF liegen in der Internationalisierung der deutschen Hochschulen durch Projekte sowie durch Stipendien für Deutsche ins Ausland; beim BMZ natürlicherweise in der Entwicklungszusammenarbeit bezogen auf die (Hochschul-)Bildung. Über Planungsgespräche und Zielvereinbarungen wird die Kooperation mit den Ressorts gesteuert. Drittens sollte, wie oben erwähnt, auf die wichtige Wissensmanagement-Funktion einer Agentur wie des DAAD verwiesen werden. Expertise zu allen wichtigen Sachfeldern der Internationalisierung muss erworben, bewertet und in nutzbare Wissensprodukte umgesetzt werden. Von singulärer Bedeutung ist hier sicherlich das regionale Wissen, also zu den Hochschulsystemen, den Trends und Handlungsmöglichkeiten für Deutschland in Bezug auf bestimmte Partnerländer. Dafür nutzt der DAAD das enge Netzwerk seiner Vertretungen im Ausland: in erster Linie die 15 Außenstellen und etwa 50 Informationszentren. In einem erweiterten Sinne sind auch die über 400 Lektor/innen und zahlreichen Langzeitdozent/innen wichtige Auskunftspersonen. Damit ist der DAAD selbst ein wichtiger Spieler und Treiber der Internationalisierung der Hochschulen. Er erhebt und verarbeitet die Hochschulinteressen. Er vermittelt zwischen den Hochschulen und den öffentlichen Zuwendungsgebern. Er analysiert den globalen Rahmen, in dem wir uns bewegen, und entwickelt Informationsmedien und -routinen, mit denen seine Partner die Pfade der Internationalisierung erkennen. In diesem Sinne begreifen wir Auftrag und Funktion des DAAD als gestaltende Kraft, die die Internationalisierung in bestimmte Richtungen lenkt und von erreichbaren Wirkungen her denkt.

Expertise zu allen wichtigen Sachfeldern der Internationalisierung muss erworben, bewertet und in nutzbare Wissensprodukte umgesetzt werden.


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Sabine Pendl

Internationale Beziehungen im Wandel der Zeit Die »International Relations Officers« fungieren oft als Visitenkarte der Universität. Mag. Sabine Pendl leitet das Büro für Internationale Beziehungen der Universität Graz und ist dort seit mehr als 26 Jahren tätig. Darüber hinaus arbeitet sie als Trainerin in den Bereichen Sommerschulen, Joint Degrees und International Offices, schreibt Artikel u. a. zu Benchmarking sowie Teaching in English und ist Auditorin der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz für das Projekt Internationalisierung. Als Expertin im Bereich Internationalisierung war Sabine Pendl zweimal Präsidentin des Utrecht Network, ist derzeit Vizepräsidentin der EAIE und wird ab September 2018 als erste Österreicherin Präsidentin dieser Organisation sein.

© Universität Graz

Sabine Pendl am Beginn ihrer Karriere im International Office der Universität Graz im Jahre 1992.

Den Beginn dieses Artikels markierte die Einladung an mich, einen Blick auf den erlebten Veränderungsprozess von und in Auslandsbüros in Hochschuleinrichtungen während der letzten 20 Jahre zu werfen. Ein spannendes Thema, das sich definitiv nicht in drei Sätzen ausführen lässt, sobald man beginnt, sich genauer mit der Materie zu beschäftigen. Was Sie hier finden, ist eine Perlenkette an Gedankensprüngen durch meine letzten 26 Jahre im internationalen Dienst, frei nach dem Motto »Scotty – beam uns 20 Jahre zurück!«. Der rote Faden sämtlicher Internationalisierungsbemühungen war von jeher das Ziel einer qualitativen Verbesserung der Bereiche Lehre und Forschung. Daran hat sich bis heute nichts geändert, jedoch ist der Bereich »Services« zusätzlich in den Fokus gerückt. In der externen Wahrnehmung sind »International Relations Office (IRO)«-Mitarbeiter/innen nach wie vor die Visitenkarte ihrer Universität, intern fungieren wir hingegen ebenso unverändert als Troubleshooter. Zu Beginn meiner Tätigkeit bildeten die Studienangebote vor Ort den Ausgangspunkt sämtlicher Mobilitäten und die Devise »alles raus« wies den Weg zum Ziel. Im Vergleich dazu steht heute die Erreichung der Leistungskennzahlen bzw. Key Performance Indicators (KPIs) im Vordergrund. Mein Kollege an der Uni Leipzig führt stets treffend an, dass die Etablierung von EU-Programmen wie Sokrates und in weiterer Folge Erasmus mit der Geschichte des trojanischen Pferdes verglichen werden kann: Sämtliche Bereiche des universitären Alltags wurden unterlaufen und konnten sich Nivellierungen und qualitativen Verbesserungen nicht mehr entziehen. Heute werden internationale Aspekte verstärkt in Curricula integriert und die Einrichtung gemeinsamer Studien unter dem Schirm der Qualitätssicherung forciert.

Diese Form der Einbettung führte dazu, dass Internationalisierung mittlerweile kaum mehr als eigener Bereich an den Universitäten gesehen wird und inhaltlich die strategische Mitwirkung an den allgemeinen universitären Zielsetzungen steigt. Es wurde jedoch auch erkannt, dass der Mehrwert der Internationalisierung nicht mehr ausschließlich den mobilen Studierenden zugutekommen kann. In diesem Sinne werden Aspekte von Internationalisation@Home und Onlinelernen verstärkt auch im Bereich der forschungsgeleiteten Lehre thematisiert. Eine weitere Perle meiner Gedankenkette, die im Laufe der Zeit ihre Farbe verändert hat, ist der HR-Bereich im Hinblick auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IROs. Qualifizierten früher sehr gute Englisch- und Französischkenntnisse für eine Tätigkeit im internationalen Feld, sind heutzutage fließende Englischkenntnisse unabdingbar. Fertigkeiten im Maschinenschreiben und Stenographie sind mittlerweile obsolet, während heute der ECDL-Führerschein schon selbstverständlich ist. Das Formular, das ich für meine ursprüngliche Bewerbung verwendete, war allgemein gehalten und enthielt eine abschließende Passage für Amtsvermerke und Vorschläge unter der Überschrift »Der Bewerber erscheint besonders geeignet für eine Verwendung als …«. Abgesehen von gendergerechten Formulierungen nicht nur in Ausschreibungstexten, hat heute jede Stelle ihr eigenes Anforderungsprofil mit einer eindeutigen Kennzahl und, je nach Finanzierungsquelle, anzuforderndem Projektstrukturplan (PSP)-Code. Wurde früher nach Allroundtalenten mit Auslandserfahrung Ausschau gehalten, setzt sich das IRO-Team heute aus Spezialist/innen zusammen. Neuigkeiten zum Beispiel bzgl. Mobilitätsprogramme erfuhr man bei Konferenzen, was eine Teilnahme absolut notwendig machte. Gleichzeitig waren derlei Dienstreisen und die damit verbundenen Treffen mit Kolleg/innen Weiterbildungen. Noch heute steht der Vernetzungsgedanke bei


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© Helge Kirchberger Photography

Internationalisierung der Hochschulen

Da internationale Erfahrungen immer wichtiger für die weitere Karriereplanung und den Einstieg ins Berufsleben werden, steht das Team des Büros für Internationale Beziehungen allen Studierenden der Karl-FranzensUniversität Graz mit Rat und Tat zur Seite.

Konferenzteilnahmen im Vordergrund, denn Spezialwissen wird in speziellen Trainings (auch via Webinars) vermittelt. Doch nicht nur Weiterbildungen finden oftmals online statt, auch Treffen im Rahmen von internationalen Projekten erfordern dank der Möglichkeit von Skype-Meetings seltener physische Präsenz. Urlaubsanträge stellen Mitarbeiter/innen heute via SAP und achten durch möglichst frühzeitige Beantragung darauf, dass keine elektronische Eskalationsmeldung an die Leitung der Organisationseinheit im Rektorat ergeht. Händisch ausgefüllte Urlaubsanträge, die den internen Genehmigungsweg per Hauspost durchliefen, gehören der Vergangenheit an. Mehr Flexibilität in budgetärer Hinsicht wird uns heute durch Drittmittel u. a. aus Erasmus+, Erasmus-Mundus-Partnerschaften (jetzt: Erasmus+ Hochschule, Internationale Mobilität), Kooperationen mit Land, Banken, Bildungsprojekten und Netzwerken zuteil. Dass der Beginn dieser Kette in PICs (Participation Identification Codes) mit der damals gültigen Währungseinheit ECU lag, veranlasst zum Schmunzeln. Änderungen in der Kommunikation Der Bereich der universitären nationalen und internationalen Kommunikation ist eine facettenreiche Perle, an der die Zeit deutliche Spuren hinterlassen hat. Langten Schreiben offizieller Stellen früher per Post ein, die eine postalische Beantwortung im Laufe der aktuellen Woche erforderten, erscheint heute die Bearbeitung einer solchen dringlichen, am Samstag per E-Mail eingelangten Anfrage bis Montagnachmittag beinahe als zu spät. Dem Besuch eines Rektoratsmitglieds einer Partneruniversität gingen früher die langfristige Erstellung von Berichtstexten und das Kopieren von Excel-Listen und Worddokumenten voraus. Heute wird der aktuelle Stand betreffend Kooperationen mit strategischen Partneruniversitäten durch eine Auswertung der IRO-Datenbank und

unter Einbeziehung der Bereiche Forschungs- und Qualitätsmanagement abgebildet. Auch die Kommunikation mit unseren Zielgruppen hat sich stark geändert. Vor Beginn des digitalen Zeitalters erhielten wir oftmals Anrufe von künftigen Gastprofessor/innen, die telefonisch um Hilfe bzgl. Visumsangelegenheiten ersuchten. Jene Kollegin, die in den USA studiert hatte und die Incoming-Studierenden aus den USA betreute, stand ihnen mit Rat zur Seite. Heute erhalten wir viele solcher Anfragen zuerst per E-Mail und können auf das mittlerweile etablierte Welcome Center verweisen, das sich als zentrale Service- und Beratungsstelle für internationale Universitätsangehörige auf die Vermittlung bestehender interner Strukturen, Prozesse und Serviceleistungen spezialisiert hat. Die Maßnahmen und das Prozedere zur Bewerbung von Informationsveranstaltungen haben ebenso einen grundlegenden Wandel erlebt. In der Vergangenheit ging es oftmals darum, zu warten bis das gemeinschaftliche Bürokopiergerät frei war, um danach 100 Stück Schwarz-Weiß-Kopien eines selbst kreierten Flyers zu erstellen, der dann eigenhändig zurechtgeschnitten, von einzelnen Kolleg/innen persönlich weitergegeben und am Campus verteilt wurde. Heute erfolgt zuerst ein Gegencheck mit dem universitären Kommunikationsplan hinsichtlich Zielgruppe, Zielsetzung und Sprache. Anschließend wird die Budgetfreigabe für die Erstellung eines Minivideos erteilt, erfolgt die Bewerbung über Facebook, Instagram und Twitter und ein Vortrag für die Veranstaltung mittels Storytelling wird vorbereitet. Der Bereich Internationalisierung wird als Querschnittsmaterie auch künftig stetig Veränderungen ausgesetzt sein: Ob gemessen an der Auswirkung auf die Gesellschaft oder im Rahmen der vierten Industriellen Revolution – es bleibt bewegt und spannend, und wer weiß, vielleicht findet sich beim Tauchen nach erfolgversprechenden Lösungsansätzen auch tatsächlich einmal eine echte Perle ...

Der Bereich Internationalisierung wird als Querschnittsmaterie auch künftig stetig Veränderungen ausgesetzt sein.


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Susanne Lichtmannegger

Die Pionierphase ist längst Vergangenheit Internationalisierung zählt heute zu den strategischen Prioritäten und großen Stärken der Fachhochschulen.

Dr. Susanne Lichtmannegger promovierte 1998 an der Universität Innsbruck mit einer Arbeit zur österreichischen Wissenschaftsgeschichte. Von 1996 bis 2002 war sie Mitarbeiterin im Büro für Internationale Beziehungen der Universität Innsbruck. Seit 2002 ist sie Leiterin des International Relations Office des Management Center Innsbruck (MCI). 2010 war sie mit einem FulbrightSchuman Research Scholarship an der Hawaii Pacific University. Seit 2017 ist Lichtmannegger Boardmember der AACSB International European Affinity Group.

Ausgestattet mit einigen Jahren Erfahrung in einem Auslandsbüro einer österreichischen Universität, gestaltete sich die erste Zeit als »Internationalisierungsbeauftragte« im Fachhochschulsektor herausfordernd. Die ersten Partneruniversitäten mussten rasch an Land gezogen werden, da Studierende das versprochene Auslandssemester antreten wollten. Die meisten Partner waren zunächst europäische Hochschulen, die erste nordamerikanische Partneruniversität bedeutete viel. EAIE und NAFSA wurden intensiv für Akquise von Partnerunis genützt. Die ersten Gaststudierenden konnten einzeln mit ihrem Vornamen begrüßt werden. Das englischsprachige Lehrangebot beschränkte sich auf eine Handvoll Kurse im einzigen Vollzeitstudiengang. Englischsprachige Website oder Broschüren – Fehlanzeige. Es ging zunächst vielfach einfach darum, wahrgenommen zu werden, auch im nationalen Hochschulraum. In so manchen gesetzlichen Regelungen, Fördertöpfen, Stipendien, internationalen Netzwerken kamen Fachhochschuleinrichtungen noch nicht vor und mussten erst mitgedacht werden. Auch innerhalb der Institution musste das International Office seinen Platz erst finden. Und es gab damals noch ein Faxgerät, zum Faxen der Agreements. Was hat sich geändert? Die Pionierphase ist längst Vergangenheit. Internationalisierung zählt heute zu den strategischen

Prioritäten und großen Stärken des Fachhochschulbereichs. Der Fokus der Internationalisierungsbestrebungen hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Der Aufbau der Partnernetzwerke ist vielfach abgeschlossen, der Schwerpunkt liegt nun auf der Intensivierung der Zusammenarbeit mit ausgewählten Partnerhochschulen. Das Portfolio der Aufgaben, das ein International Office abdeckt, hat sich stark erweitert. Studierendenmobilität zählt nach wie vor zu den Kernaufgaben. Darüber hinaus koordinieren die International Offices viele andere Aktivitäten, wie die Abwicklung von Auslandspraktika, Mitwirkung an EUProjekten, Anbahnung und Abwicklung von Double- oder Joint-Degree-Programmen, die Betreuung von Fulbright- und anderen Gastprofessor/innen, die Abhaltung von Summer oder Winter Schools oder anderer Short Programmes, die Rekrutierung und/oder Zulassung von internationalen Regelstudierenden, den Bereich der Transnational Education (Bildungsexport). Dies alles spiegelt sich unter anderem in der Vielfalt der Kooperationsverträge, die sich nicht mehr nur auf klassischen Exchange, sondern vielfältige andere Formen der Zusammenarbeit mit Partneruniversitäten beziehen. Die Internationalisierung der Hochschulinstitutionen an sich, im Sinne eines international zusammengesetzten Studierenden- und Lehrkörpers sowie englischsprachigen Angeboten, hat sich enorm weiterentwickelt.

© Leitner | MCI

Einflussfaktoren

Forschungsaktivitäten haben sich an österreichischen Fachhochschulen zu einem wichtigen positiven Faktor für Internationalisierungsarbeit entwickelt.

Digitalisierung macht auch vor der Internationalisierung nicht halt. Neue Kommunikationskanäle mit Studierenden sind hinzugekommen, die Abwicklung der Studierendenmobilität und die damit verbundenen Informationsflüsse erfolgen überwiegend onlinegestützt, Videos/Videotutorials sind unerlässlich, Skype-Gespräche erleich-


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© Leitner | MCI

Internationalisierung der Hochschulen

tern die Abstimmung mit potenziellen/aktuellen Partneruniversitäten, Online-Lehrveranstaltungen oder Online-Studienprogramme können helfen, Engpässe oder Schwierigkeiten bei der Absolvierung/Anerkennung von Lehrveranstaltungen im Ausland zu überwinden. Virtuelle Mobilität kann für manche Zielgruppen eine gute Alternative für physische Mobilität sein. Digitalisierung bedeutet aber auch neue Formen des Lehrens und Lernens, die Internationalisierung aller Ebenen einer Hochschule beeinflussen. Konzentrierte sich das Interesse von Studierenden zunächst auf ein Auslandssemester in Europa im Rahmen des Erasmus-Programms, geht der Trend heute hin zu kürzeren und mehreren Auslandsaufenthalten, vielfach im außereuropäischen Raum, auch Studiengebühren sind kein Ausschlusskriterium mehr. Primär werden englischsprachige Programme nachgefragt. Sicherheitsaspekte sind ebenfalls zunehmend in den Fokus unserer Arbeit gerückt. Politische Krisen und Anschläge auch in europäischen Destinationen haben dazu geführt, dass Risiken abgewägt und Vorbereitungen für Krisenfälle getroffen sowie Studierende auf mögliche Risiken aufmerksam gemacht werden. Sowohl beim Abschluss von Kooperationen als auch beim Entsenden von Studierenden/Lehrenden spielen Sicherheitsüberlegungen eine wichtige Rolle. Forschungsaktivitäten haben sich an österreichischen Fachhochschuleinrichtungen zu einem wichtigen positiven Faktor für Internationalisierungsarbeit entwickelt und bieten häufig einen Mehrwert oder sogar den Ausgangspunkt für Kooperationen mit ausländischen Partnern. Der globale Wettbewerb zwischen Hochschulen hat dazu geführt, dass sich auch Fachhochschulen aktiv über die nationale Akkreditierung hinaus um internationale Zertifizierungen bemühen und daran arbeiten, in Rankings gut abzu-

schneiden. AACSB, EQUIS/EPAS, ABET und andere Akkreditierungen unterstreichen die Qualität der jeweiligen Einrichtung und können helfen, das Partnernetzwerk zu optimieren und auf ein neues Level zu heben. Die Qualität bzw. das Einlösen des Qualitätsversprechens ist letztlich auch das, was in der internationalen Zusammenarbeit und für den einzelnen Studierenden zählt. Insofern ist es heute wichtiger denn je, der Qualitätssicherung auch im Bereich der Internationalisierung großes Augenmerk zu schenken.

Das Einlösen des Qualitätsversprechens ist letztlich auch das, was in der internationalen Zusammenarbeit und für den einzelnen Studierenden zählt.

Alltagspraxis Sowohl die Ausdifferenzierung und Vervielfachung der Aufgaben als auch der involvierten mobilen Personen bewirkten eine starke Professionalisierung der International Offices. IT bzw. digital heißt das Zauberwort. Die einzelnen Aufgabenbereiche werden von Spezialist/innen bearbeitet (Admission, Mobilität, Transnational Education, Praktika, Projekte etc.). Zweisprachigkeit in der internen und externen Kommunikation sowie ein flächiges englischsprachiges Studienangebot sind heute gängige Praxis. Social-Media-Kanäle müssen bedient werden. Was nach wie vor gilt, ist, dass Eigeninitiative, Selbstbewusstsein, Ambitionen, aber auch Fairness und Verantwortung vieles möglich machen.

Fachhochschulen in Österreich Im Studienjahr 1994/95 starteten die ersten zehn FH-Studiengänge mit rund 700 Studierenden in Österreich. Seit damals entwickelte sich dieser Hochschulsektor sehr rasch und wurde stark ausgebaut. Derzeit gibt es in Österreich 21 Anbieter von Fachhochschul-Studiengängen mit rund 50.000 Studierenden. Seit 2002 gibt es an Fachhochschulen Bachelor- und Masterstudiengänge im Rahmen der BolognaReform. Fachhochschulen in Österreich haben in der Regel eine privatrechtliche Organisationsform, und zwar als GmbH, als Verein oder als gemeinnützige Privatstiftung. Sie benötigen für die Aufnahme ihres Betriebs eine Akkreditierung durch die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria.


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oead.news im Gespräch mit Berta Leeb, Vizerektorin der PH der Diözese Linz

Einblicke in unterschiedliche Lehrmethoden Internationalisierung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit. oead.news: Wer oder was trägt die Internationalisierung an Pädagogische Hochschulen? Berta Leeb: Die Internationalisierung wird von allen Bereichen der Hochschule (Studierende, Lehrende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) getragen. Nur durch dieses Miteinander ist Internationalisierung möglich. Es geht nicht nur um die gesammelten Erfahrungen im Ausland, sondern auch um die Internationalisation@home und um den Mehrwert, den Incomings in allen Bereichen in die Hochschule hereinbringen. oead.news: Wo sehen PH-Lehrende, Hochschulpersonal und Studierende den Mehrwert einer »internationalisierten« Hochschule? Berta Leeb: Es geht um den interkulturellen Austausch wissenschaftlicher wie auch methodischdidaktischer Erfahrungen im Bildungsbereich. Die gegenseitigen Besuche fördern Komplementarität und Synergien von Forschungsprojekten. Diese Projekte ermöglichen neue Einblicke in unterschiedliche Lehrmethoden welche zu wichti-

gem Wissens- und Erfahrungsaustausch führen. Die Vernetzung unserer Hochschule mit anderen Hochschulen in Europa fördert Mobilität und grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Zusätzlich wird das interkulturelle europäische Bewusstsein gestärkt. Durch die Integration der IncomingStudierenden in die regulären Lehrveranstaltungen erhalten alle Studierenden authentische Einblicke in die Lebensverhältnisse unterschiedlicher Länder, was dem Gedanken einer European Citizenship sicher sehr förderlich ist. Bei den Studierenden entstehen in vielen Fällen internationale Freundschaften fürs Leben, die auch Erasmusbabys einschließen. oead.news: Wo sehen Sie aktuelle Herausforderungen in der Praxis? Berta Leeb: Im Bereich der Sekundarstufe gibt es die Kooperationen zwischen den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen im jeweiligen Cluster. Die gut begonnenen Wege der Zusammenarbeit bedürfen noch einer weiteren Entwicklung.

© Jürgen Jotz | Pixelio

© Andreas Röbl

Mag. Berta Leeb Vizerektorin für Ausbildung und Internationalität an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz.


19 Internationalisierung der Hochschulen

Marlene Wahlmüller

Einmal um die ganze Welt Erasmus+ International: Chance für die Weiterentwicklung der internationalen Positionierung der WU

Mag. Marlene Wahlmüller, BA betreut das Erasmus+ Programm an der WU (Wirtschaftsuniversität Wien).

© Christian Bauer

© Marlene Wahlmüller

© Marlene Wahlmüller

Mit Erasmus+ werden im Rahmen der Programmschiene »Erasmus+ International Mobility« nun auch Studienaufenthalte an Partneruniversitäten außerhalb Europas gefördert. .

Die Wirtschaftsuniversität Wien (WU) bietet ihren Lehrenden, Forscher/innen und Studierenden ein internationales Netzwerk von rund 240 Partneruniversitäten weltweit, davon etwa 100 Partnerschaften im Rahmen des Erasmus+ Programms. Für die WU war klar: Die Teilnahme an der Programmaktion Erasmus+ Internationale Mobilität könnte auch manche außereuropäische Kooperationen stärken. So stand zu Beginn die Intensivierung bereits bestehender Partnerschaften im Vordergrund: die Etablierung gemeinsamer Studienprogramme etwa, sowie die Vertiefung von Kooperationen im Bereich Strategie, Entrepreneurship und Innovation. Heute spielt Erasmus+ für die Wirtschaftsuniversität Wien auch eine zentrale Rolle in der Entwicklung außereuropäischer Partnerschaften. So entstehen Kooperationen, die bisher aufgrund bilateraler Gegebenheiten nicht durchgeführt werden konnten. Der Austausch von Lehrenden- und Personalmobilitäten mit zentralasiatischen Ländern zählt hier ebenso dazu wie die Entwicklung von Austauschpartnerschaften mit Universitäten in Südostasien oder Afrika. Von Vietnam … Pham Thi Minh* ist aufgeregt. Sie ist die Erste in ihrer Familie, die ein Studium in der Hauptstadt beginnen konnte. Nun darf sie sogar nach Europa reisen [...] So, oder so ähnlich beginnen die Geschichten, die Erasmus+ erzählt. Einen Grundpfeiler der Austauschaktivitäten, die im International Office der Wirtschaftsuniversität Wien betreut werden, bildet die Studierendenmobilität. Mit dem Erasmus+ Programm ist es möglich, Studierende von ausgewählten außereuropäischen Partneruniversitäten für ein Semester an die WU einzuladen und finanziell zu unterstützen. Diese Initiative soll vor allem jene Studierenden unterstützen, für die ein Auslandssemester andernfalls nicht in Frage käme. Sei es, dass damit Studierende gefördert werden, die ihre Erwerbstätigkeit pausieren müssen, um ein *Name geändert

Semester im Ausland zu studieren, oder dass man einer First-Generation-Studentin ein Auslandssemester ermöglicht. … über Indonesien … Being a bridge builder between two institutions […] So könnte man das Ergebnis von Lehraufenthalten definieren. Lehrendenmobilitäten spielen eine zentrale Rolle in der Internationalisierungsstrategie der WU. Der gegenseitige Austausch bildet die Grundlage für weiterführende Kooperationen und gemeinsam organisierte (Kurz-)Studienprogramme. In weiterer Folge entsteht so ein globales Netzwerk der beteiligten Personen und Institutionen innerhalb der internationalen Bildungslandschaft. … nach Kasachstan Wie kann man die Ausbildung von Lehrpersonal für anwendungsorientierte Berufsbildung in Zentralasien verbessern? Und: Ist Russisch die Lingua franca in der zentralasiatischen Wirtschaftskommunikation? Der Austausch von Hochschulpersonal im internationalen Bereich ist vor allem in Hinblick auf Capacity-Building-Projekte relevant. Aber auch die Entwicklung gemeinsamer Forschungsprojekte sowie Best-Practice-Austausch sind Schwerpunkte für diese Mobilitäten im außereuropäischen Raum. Und wo geht es als nächstes hin? Drei Jahre, 131 Studierende, 53 Lehrende und 17 Angehörige des Hochschulpersonals später sieht die Bilanz der KA-107-Projekte** an der WU seit 2015 durchwegs positiv aus. Ab dem Studienjahr 2018/19 wird das Netzwerk regional erweitert werden. Mit Erasmus+ soll es möglich werden, Studierenden aus Kenia, Kambodscha und Malaysia einen Aufenthalt an der WU zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen Mobilitäten von Hochschulpersonal und Lehrenden diese neuen Kooperationen stärken. ** Internationale Mobilität mit Partnerländern (KA 107)


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Adrian Veale

Internationalisation of higher education The policy links: higher education and international relations.

Adrian Veale works in the International Cooperation Unit within the European Commission’s Directorate-General for Education, Youth, Culture and Sport. He deals in particular with Erasmus Mundus Joint Master Degrees and the promotion of European higher education and Erasmus+.

Higher education has always been open to the influence of new thinking from outside. Erasmus himself was a much-travelled teacher, addressing students in a range of cities in what is today Belgium, the Netherlands, the UK, Italy and Switzerland. Over recent years globalisation, technology and new economic models (yes, cheap flights!) have created new needs, and provided new or more accessible means for the international exchange of ideas and people to flourish dramatically. In turn, this has created an ever-greater need for higher education authorities and institutions to develop strategic approaches to take advantage of internationalisation.

© Schmuttel | Pixelio

Erasmus is one of the EU’s major success stories Despite (or because of?) very limited policy competences in this area the European Union has managed to create one of its major success stories by working with member states to identify the areas in which they are prepared to channel their readiness to work together into two main spheres of activity. Firstly to create a common structure upon which higher education can work together better – Bologna. Secondly to fund mobility and cooperation projects that facilitate cross-border cooperation, taking advantage of the new platform, and driving cooperation, under Erasmus+. At the same time the EU recognises the contribution that higher education makes to the economy and to society both here in Europe and in partner countries elsewhere in the world. In fact, Erasmus+ forms part and parcel of the EU’s cooperation with partner countries worldwide. For example the EU’s regional multi-indicative programme (»MIP«, for lovers of jargon and acronyms) for Asia states that »Higher education remains a strategic sector for sustainable development and poverty reduction in Asia« and

assigns budget to Erasmus+ that pays for capacitybuilding projects, international credit mobility and for additional Erasmus Mundus scholarships for the region. It’s the same story for other regions around the globe. You will see this link to regional policy within Erasmus+ very clearly in the regional priorities to which capacity-building projects have to adhere, and also in some conditions attached to credit mobility between Europe and certain regions where, for example, mobility needs to benefit more individuals from partner countries than from European programme countries. At the end of 2017 the European Commission (colleagues in the development DG) contracted a study of the impact of higher education cooperation on developing and emerging economies. One particularly positive finding were the relevant jobs that it indirectly created: »The EU support had a strong focus on enhancing the responsiveness of degree programmes to the needs and requirements of national labour markets.« The policy rationale for capacity-building projects is the way they facilitate the role of higher education as a driver for development, creating knowledge and qualified graduates in areas that are central to a country’s development. Curriculum development projects are the most obvious and most popular examples of this. But to deliver newer and better curricula you need the staff and administrators in place to develop, deliver and manage them. So all these aspects of HEI development are at the heart of joint projects in capacity building, which represent 80 percent of funded projects. But for higher education to be a significant driver – and to be open to the world – the sector needs capacity, common approaches, and political room for manoeuvre. This is where structural projects come to the fore, and universities can work together with political administrators and decision-makers in government ministries to reform systems such as qualifications frameworks or the way study cycles are structured.


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Mobility EU to EU

1990

1994

2002

2004

2007

2009

2011

Erasmus Erasmus Mundus joint programmes Erasmus Mundus joint programmes Erasmus Mundus partnerships (EOW/Action 2)

Capacity-building Neighbourhood+ Capacity-building Latin America

Credit mobility (KA103) EMJMDs EMJMDs – international credit mobility (KA 107)

Tempus ALFA

Capacity-building Asia Capacity-building ACP

Mobility non EU to non EU

Capacity-building for higher education Asia-Link Edulink

Intra-ACP/intra Africa academic mobility scheme

Are you interested in examples of capacity-building projects with Austrian partners? Use the following ready-made link to produce a list in our Erasmus+ Projects Results Platform. You can change the search fields to include other activities, other countries or to use keywords. It’s actually easy to use. https://tinyurl.com/y75qo5xx It’s not a simple transfer of experience but the way Europe has embraced Bologna as an enabler for better international cooperation is central to these international projects. This happens not only in capacity-building projects but equally as a backdrop to international credit mobility projects, where for example an Austrian higher education institution (HEI) will need to agree with its Mongolian partner on the credits assigned to the students it hosts and sends. We see a lot of exchange of good practice and tools from Europe to partner country universities in the way they credit, manage and teach visiting students. And good practice also in the other direction coming back and benefiting the participating European universities. Looking for facts and figures how Erasmus+ international cooperation is benefiting partner countries worldwide and programme countries in Europe? Browse through our new country and regional factsheets: https://ec.europa.eu/programmes/erasmus-plus/ about/factsheets_en#worldwide But it’s not all about transfer from or to Europe. The EU also finances mobility and academic cooperation between different African countries, under the intra-Africa mobility programme, and the Pan-African University initiative (where funding also comes from Germany, Sweden, India and Japan). Countries in South-East Asia also appreciate the way in which mobility between their countries can help cement ASEAN’s wider regional integration process, and are using EU-funded mobility to test common agreements on credit transfer and qualifications frameworks.

Erasmus+

Mobility non EU to EU

2014

A less quantifiable spin-off effect of internationalisation is the people-to-people understanding that it generates. While this is perhaps an implicit aim, the EU’s ambition has always been to exert influence and share its values through soft power. Academic networking and student mobility help develop a stronger understanding between distant parts of the world on the one hand and the values of the EU and its member states on the other. And this sort of diplomacy is especially important in non-formal learning. Under Erasmus+ we have seen a strong boost in the support for international youth cooperation and mobility projects with other regions, particularly those countries immediately neighbouring the EU, and this cooperation is set to expand in the new programme. On that note, preparations on the proposals for the new programme are advancing quickly. The aim is to widen the international scope of Erasmus+ so that it continues the success of the higher education actions, includes more youth actions, and expands into vocational training and intraregional activities. The motto for development of the new programme is evolution, not revolution and overall the aim in the future is to give more opportunities to a wider range of participants. But those organisations who know the current programme well will be reassured to see lots of continuity in the new programme.

SHARE (ASEAN)

A less quantifiable spin-off effect of internationalisation is the people-to-people understanding that it generates.

© Steffen Schwenk | Fotolia

1987


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Nicolai Netz

Auslandsaufenthalte und Karriere Wer macht einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt und welche Auswirkungen hat dies auf den Berufsweg?

Dr. Nicolai Netz erforscht am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) die Bildungs- und Erwerbsverläufe von Studierenden und Hochschulabsolvent/innen. In diesem Beitrag stellt er Ergebnisse seiner kumulativen Dissertation »Determinanten und Effekte von Auslandsmobilität im Studium« vor.

In den untersuchten Ländern – Deutschland, Österreich, Schweiz und Niederlande – absolvieren Studierende aus nicht akademischem Elternhaus, Lehramtsstudierende, ältere Studierende, Studierende mit Kindern und solche, die bei ihren Eltern wohnen, relativ selten einen Auslandsaufenthalt.

Spätestens mit Einführung des ErasmusProgramms im Jahr 1987 ist die Auslandsmobilität von Studierenden in Europa zum hochschulpolitischen Schlüsselthema geworden. Laut aktueller Strategie des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) soll bis 2020 die Hälfte eines jeden Absolvent/innenjahrgangs studienbezogene Auslandserfahrung gesammelt haben. Als Begründung führen Hochschulpolitiker/innen nicht nur kollektive Vorteile für Zivilgesellschaft und Wirtschaft, sondern zunehmend auch individuelle Vorteile für mobile Studierende an – insbesondere für deren Karriereaussichten. Doch welche Faktoren beeinflussen, ob Studierende einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt durchführen? Und welche Auswirkungen hat Auslandsmobilität tatsächlich auf die Karriere? Zur Klärung dieser Fragen wurden im Rahmen der hier vorgestellten Dissertation psychologische, soziologische und ökonomische Theorien integriert und verschiedene Datensätze – aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und vor allem aus Deutschland – ausgewertet (für Details siehe Netz 2018). Die Ergebnisse zeigen, dass entscheidende Weichen für studienbezogene Auslandsmobilität bereits in vorhochschulischen Sozialisations- und Bildungsphasen gestellt werden. Kinder aus akademischem Elternhaus gehen in allen untersuchten Ländern deutlich häufiger während ihres Studiums ins Ausland (Netz 2015). Dies liegt unter anderem daran, dass sie bereits während der Schulzeit häufiger Gelegenheit haben, solide Fremdsprachenkenntnisse zu erwerben und erste Auslandserfahrungen zu sammeln. Entsprechend schätzen sie ihre Erfolgswahrscheinlichkeit sowie die Erträge von Auslandsmobilität höher und die Kosten geringer ein (Lörz, Netz & Quast 2016). Auslandserfahrene Absolvent/innen unterscheiden sich von nicht auslandserfahrenen Absolvent/innen vor allem hinsichtlich der Internationalität ihrer Karrieren: Erstere arbeiten anteilig häufiger im Ausland und sind – auch wenn sie in Deutschland

arbeiten – stärker in internationale Arbeitszusammenhänge eingebunden, in welchen sie öfter auf interkulturelle Kompetenzen angewiesen sind (Netz 2012). Zudem stehen studienbezogene Auslandsaufenthalte – insbesondere Auslandspraktika – in positivem Zusammenhang mit beruflichem Erfolg: Insbesondere in privatwirtschaftlichen Beschäftigungskontexten beziehen Absolvent/innen etwas höhere Einkommen, wenn sie während des Studiums im Ausland waren. Dieser Einkommensvorteil ist einerseits auf Eigenschaften zurückzuführen, die sowohl die Wahrscheinlichkeit eines Auslandsaufenthalts als auch das spätere Einkommen positiv beeinflussen (Selbstselektion). Andererseits erreichen Auslandserfahrene schneller Lohnsteigerungen, weil sie anteilig häufiger in großen und multinationalen Unternehmen arbeiten. Zudem wechseln sie in ihren ersten Erwerbsjahren häufiger gewinnbringend den Arbeitgeber (Kratz & Netz 2018). Auch für wissenschaftliche Karrieren können studienbezogene Auslandserfahrungen nützlich sein: Sie stehen in Zusammenhang mit späteren Forschungsaufenthalten im Ausland, der Einmündung in internationale Forschungskontexte und der Einbettung in internationale wissenschaftliche Netzwerke (Netz & Jaksztat 2017). Diese Kanäle können beispielsweise zu neuen Koautorenschaften sowie einer breiteren wissenschaftlichen Rezeption führen. Was bedeuten die Ergebnisse für die Hochschulpolitik? Zunächst lässt sich festhalten, dass sich Belege für die erhofften individuellen Vorteile studienbezogener Auslandsmobilität finden. Studienbezogene Auslandsmobilität kann demnach ein Instrument darstellen, um Hochqualifizierte auf Leben und Arbeit in einer internationalen und kulturell diversen Gesellschaft vorzubereiten. Sie kann aber auch zur Entstehung sozialer Ungleichheit beitragen, weil nicht alle Studierendengruppen gleicher-


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Förderung zu Schulzeiten ist wichtig Auf Hochschulebene angesiedelte Maßnahmen dürften jedoch in ihrer Reichweite limitiert bleiben. Die frühzeitige Entwicklung von Fremdsprachenkompetenz und schulische Auslandsaufenthalte scheinen eine positive Bewertung späterer studienbezogener Auslandsmobilität zur Folge zu haben. Daher wäre es sinnvoll, insbesondere Studierende aus nicht akademischem Elternhaus in finanzieller und motivationaler Hinsicht bereits bei der Planung und Durchführung von schulischen Auslandsaufenthalten stärker zu unterstützen. Die Interdependenz von Schul- und Hochschulpolitik wird auch am Beispiel der geringen Neigung zur Auslandsmobilität in nicht fremdsprachlichen Lehramtsstudiengängen deutlich (Netz 2015). Eine stärkere Förderung von Auslandsmobilität in solchen Studiengängen würde die Multiplikatorrolle zukünftiger Lehrer/innen nutzen. Vermutlich können Lehrer/innen besser die Vorteile von bildungsbezogener Auslandsmobilität vermitteln – und hierbei auch auf sozialgruppenspezifische

Informationsbedarfe eingehen – wenn sie selbst Auslandserfahrung gesammelt haben. Es existieren zwar länderspezifische Mobilitätshindernisse, die länderspezifische Maßnahmen erfordern. Es zeigen sich aber auch viele Gemeinsamkeiten zwischen den untersuchten Ländern. Hierzu zählen die geringe Auslandsaffinität von Studierenden aus nicht akademischem Elternhaus und Lehramtsstudierenden, ebenso wie von älteren Studierenden, Studierenden mit Kindern und Studierenden, die bei ihren Eltern wohnen. Sofern politisch erwünscht, wären diese Studierenden also Zielgruppen für supranationale Maßnahmen. In den vergangenen Jahren hat die Hochschulpolitik Maßnahmen angestoßen, um nicht traditionellen Studierenden den Weg an die Hochschulen zu ebnen. Hierdurch könnte sich ein Zielkonflikt in der Förderung von studentischer Auslandsmobilität ergeben. Denn gerade nicht traditionelle Studierende scheinen hinsichtlich der Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts benachteiligt zu sein. Je mehr nicht traditionelle Studierende also ein Hochschulstudium antreten, desto schwieriger dürfte das Erreichen der ambitionierten deutschen Zielmarke von 50 Prozent auslandserfahrener Absolvent/innen werden – zumindest wenn bei gleichbleibenden Investitionen auch die Chancengerechtigkeit im Bereich der Auslandsmobilität erhöht werden soll. Kratz, F., & Netz, N. (2018). Which mechanisms explain monetary returns to international student mobility? Studies in Higher Education, 43(2), 375–400. Lörz, M., Netz, N., & Quast, H. (2016). Why do students from underprivileged families less often intend to study abroad? Higher Education, 72(2), 153–174. Netz, N. (2012). Studienbezogene Auslandsmobilität und Berufsverbleib von Hochschulabsolvent(inn)en. In M. Grotheer, S. Isleib, N. Netz, & K. Briedis (Hrsg.), Hochqualifiziert und gefragt (259–313). Hannover: HIS. Netz, N. (2015). What deters students from studying abroad? Evidence from four European countries and its implications for higher education policy. Higher Education Policy, 28(2), 151–174. Netz, N. (2018). Determinanten und Effekte von Auslandsmobilität im Studium. Leibniz Universität Hannover. (Rahmenschrift der Dissertation) Netz, N., & Finger, C. (2016). New horizontal inequalities in German higher education? Social selectivity of studying abroad between 1991 and 2012. Sociology of Education, 89(2), 79–98. Netz, N., & Jaksztat, S. (2017). Explaining scientists’ plans for international mobility from a life course perspective. Research in Higher Education, 58(5), 497–519.

Studienbezogene Auslandsmobilität kann den Berufserfolg erhöhen, aber auch zur Entstehung von sozialen Ungleichheiten beitragen.

© Petra Nölle | DZHW

maßen Zugang zu Auslandsaufenthalten haben. Diese sozialen Ungleichheiten haben im Zeitverlauf sogar zugenommen – unter anderem durch den massiven Ausbau von Stipendienprogrammen im Zuge des Bologna-Prozesses. Solche Programme wurden überproportional häufig von Studierenden aus Akademikerfamilien in Anspruch genommen (Netz & Finger 2016). Bedenklich hieran ist, dass studienbezogene Auslandsmobilität in Deutschland großflächig aus öffentlichen Geldern finanziert wird. Um die Mobilität von Studierenden – speziell von jenen aus nicht akademischem Elternhaus – zu erhöhen, müsste deren Angst vor zusätzlicher finanzieller Belastung eingedämmt werden. Gelingen könnte dies durch die Erhöhung von Stipendiensätzen und maßgeschneiderte Informationskampagnen. Der Sorge, durch einen Auslandsaufenthalt das Studium zu verlängern, könnte durch eine flexiblere Anrechnungspraxis und die Einrichtung von Mobilitätsfenstern in Studiencurricula begegnet werden. Eine wesentliche Herausforderung ist, den Nutzen von Auslandsmobilität zu vermitteln. Denn sobald Studierende sich für einen Auslandsaufenthalt entschieden haben, sehen sie sich eher mit Hindernissen wie Informationsdefiziten, Organisationsaufwand, mangelnden Ressourcen und starren Studienstrukturen konfrontiert, welche die Hochschulpolitik vergleichsweise einfach beseitigen kann.


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Lisa Frühauf | Eva Weixler

Einblick in das Erasmus-Referat Sie haben sich schon immer gefragt, was die Erasmus-Referate der OeAD-GmbH eigentlich machen? Ein Einblick.

Lisa Frühauf, BA studierte Romanistik an der Universität Wien und ist Mitarbeiterin im Erasmus-Referat Wien der Nationalagentur Erasmus+ Bildung der OeAD-GmbH. Eva Weixler, MA studierte Betriebswirtschaft und Wirtschaftspsychologie an der Ferdinand Porsche Fern-FH und ist Mitarbeiterin im Erasmus-Referat Graz der Nationalagentur Erasmus+ Bildung der OeAD-GmbH. Außerdem ist sie im Aufsichtsrat und Betriebsrat der OeAD-GmbH.

Bild 1: Verfahrensbesprechungen des Erasmus+ Hochschulteams im Zuge des Erasmus-Referate-Treffens. Bild 2: Alle Erasmus-Referent/innen der Nationalagentur Erasmus+ Bildung. Bild Mitte: »Ein-Blick« in das Erasmus-Referat Wien.

Alle Fotos © Gerhard Volz | OeAD

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Jede österreichische Hochschule, die in der Erasmus+ Charta gelistet ist, kann Studierende im Rahmen des EU-Programms Erasmus+ sowohl ins Ausland an Partnereinrichtungen schicken als auch Studierende anderer teilnehmender europäischer Mitgliedsstaaten aufnehmen. Die Bewerbung sowie die Auswahl der Outgoing-Studierenden obliegen jeder Hochschule selbst. Diese ist der primäre Ansprechpartner für Studierende und somit für die studienrelevante Administration zuständig. So werden sowohl Vorausbescheide als auch das Learning Agreement der abzulegenden Kurse oder der Lernziele der Praktika von den Studierenden mit der Heimatuniversität unterfertigt, um zu gewährleisten, dass jede Leistung angerechnet werden kann. Sobald die Hochschulen ihre Studierenden ausgewählt und nominiert haben, werden die Erasmus-Referate der OeADGmbH die Hauptansprechpartner der mobilen Studierenden. Hier erfolgt die finanzielle Abwicklung des Förderprogramms. Die Erasmus-Referent/innen überprüfen nicht nur die Eignung der Nominierungen, sondern erstellen und unterfertigen auch die Förderverträge mit den Studierenden und zahlen die Fördermittel aus. Während des Aufenthalts stehen wir den Studierenden gerne mit Rat und Tat zur Seite. Neben diesen rein administrativen Tätigkeiten nehmen die Erasmus-Referent/innen auch an Veranstaltungen teil, die in Zusammenhang mit Erasmus+ stattfinden. So sind wir Teil der Praxisworkshops, die jährlich in mehreren Bundesländern für Angehörige der Hochschuleinrichtungen abgehalten werden. Wir helfen bei der Einschulung von neuen Koordinator/innen und Angestellten in Auslandsbüros und bei der Konsolidierung des Wissens von bereits länger dienenden Erasmus+ Profis. Zu unseren abwechslungsreichen Tätigkeiten zählt

auch die Betreuung von Messeständen bei diversen Informationsveranstaltungen, wo wir Studierenden und Schüler/innen das Erasmus+ Programm näherbringen. Einen immer wiederkehrenden Höhepunkt stellen die sogenannten Get-togethers dar, die für die Koordinator/-innen und Auslandsbüros der Hochschulen – und in Graz auch für Erasmus-Studierende – veranstaltet werden und die sowohl dem Erfahrungsaustausch als auch der Vernetzung dienen. Insgesamt betreuen die sieben Erasmus-Referate pro Jahr etwa 8.000 Studierende österreichischer Hochschulen, an die jedes Jahr rund neun Mio. Euro Fördermittel ausbezahlt werden. Durch den direkten Kontakt mit den Studierenden bei der Vertragsunterzeichnung sowie der abschließenden Abgabe der Aufenthaltsbestätigungen bekommen die Erasmus-Referent/innen auch die Entwicklung der Studierenden mit. Viele junge Menschen wagen den mutigen Schritt in das Unbekannte und kehren erwachsener und mit neuen Soft Skills, vielen unvergesslichen Erinnerungen und gestärktem Selbstbewusstsein zurück. Erasmus+ fördert nicht nur den Wissens- und Kulturaustausch junger Menschen, sondern auch Auslandsaufenthalte aller Altersgruppen und den Austausch von chronisch erkrankten Menschen sowie von Eltern mit Kindern. Somit besteht auch die Möglichkeit, die eigenen Kinder in dieses Erlebnis zu integrieren und sie früh in neue Kulturen einzuführen. Der Interkulturalität und Diversität werden keine Grenzen gesetzt, und die persönliche Entwicklung und Identitätsbildung stellen neben dem akademischen Erfolg die wichtigsten Eckpfeiler von Erasmus+ dar. Eine Wiener Studierende beschrieb passend, dass die Nationalagentur Erasmus+ die Welt »eine Spur bunter« mache.


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Elena Kirchberger

Mein Erasmus+ Studienaufenthalt im Sommersemester 2017 »Wenn jemand fragt, wohin du gehst, sag' nach Bologna, wenn jemand fragt, wofür du stehst, sag' für Erasmus.« Auslandsaufenthalt absolvieren möchten, empfehlen, ein Land zu wählen, das nicht zu weit von der Heimat entfernt ist und sich frühzeitig mit der Gastuniversität in Verbindung zu setzen. Vor Ort wurde ich von den Mitarbeiter/innen des »Servizio Studenti Disabili – UniBo« (Service für Menschen mit Behinderung der Universität Bologna) sehr herzlich empfangen und beraten. Auf sie war auch während meines Aufenthalts in Bologna immer Verlass: Sei es bei der Wahl des Studierendenheims, bei der Suche nach Assistenz für Freizeit und Alltag und auch bei jeglichem Transfer. Bei letzterem möchte ich anmerken, was die UniBo für mich sehr besonders macht: Es gab immer motivierte und zuvorkommende Studierende, die mich zur Lehrveranstaltung begleitet, teilweise dort unterstützt und wieder ins Studierendenheim gebracht haben. Mein Zimmer dort war mit einem Sonderzuschuss des Erasmus+ Programms schon vorab meinen Bedürfnissen entsprechend angepasst worden. Es war eine aufregende und sehr schöne Zeit, die mich im durchaus positiven Sinn geprägt hat. Natürlich gab es wie immer im Leben Hochs und Tiefs, aber ich möchte diese Erfahrung auf gar keinen Fall missen. Es ist mir ein großes Anliegen, viele dazu zu ermutigen, diesen Schritt zu wagen. Wie ich selbst erlebt habe, ist es leichter, einen steinigen Weg gemeinsam zu beschreiten, als alleine.

Elena Kirchberger studiert Italienisch an der Universität Graz.

Die Autorin Elena Kirchberger vor der Universität Bologna.

Zentrum Integriert Studieren (ZIS) An der Karl-Franzens-Universität Graz gibt es mit dem Zentrum Integriert Studieren (ZIS) eine Servicestelle, die Studierenden mit Behinderung gleichwertigen und gleichberechtigten Zugang zu allen universitären Angeboten und Leistungen ermöglicht. Gemeinsam mit ZIS und OeAD unterstützt das Büro für Internationale Beziehungen Studierende mit Behinderung dabei, einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren. Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen der bisherigen international mobilen Stipendiat/innen hofft die Universität Graz auch künftig auf reges Interesse und zahlreiche Bewerbungen.

© Kirchberger

Das Lied von Wanda, welches ich mir erlaubt habe, etwas abzuändern, kennt mittlerweile fast jede(r) in Österreich. Für mich hat es aber eine ganz besondere Bedeutung , für mich ist es eine Hymne an meinen Erasmus+ Studienaufenthalt im Sommersemester 2017 geworden. Mit Beginn des Sprachunterrichts in der Unterstufe war für mich sofort klar, später einmal Italienisch studieren zu wollen: Ich hatte mich in diese Sprache verliebt. Manchmal fühle ich mich vom Klang des Italienischen richtig in den Bann gezogen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich neben meiner Gehbehinderung auch schwer sehbehindert bin und mir vor allem die verschiedenen Tonlagen der menschlichen Stimme als Interpretations- und Orientierungshilfe dienen. Italienisch ist eben eine Sprache, die meiner Meinung nach von ihrer Melodie lebt. Mit steigender Affinität wuchs auch der Wunsch, dieses schöne Land noch besser kennenzulernen. Dem tatsächlichen Erasmus-Abenteuer ging eine lange Recherche-, aber auch Übungsphase voraus. Da ich auf einen Rollstuhl angewiesen bin, war mir und meinen Eltern wichtig, dass ich im Notfall auch alleine zurechtkommen würde. An dieser Stelle möchte ich meinen Eltern danken, die mich tatkräftig unterstützt haben. Weiterer Dank gilt den Lehrenden des Romanistik/Italienisch-Studiums, die mich bei der Suche nach einer geeigneten Universität unterstützt haben. Ich nützte auch einen Sommerurlaub, um mich schon vorab auf die Stadt, aber vor allem auf die Universität einstellen zu können. Auch im Büro für Internationale Beziehungen der Uni Graz sowie beim OeAD fand ich sofort Unterstützung, um meinen Traum von einem Auslandssemester verwirklichen zu können. Gemeinsam konnten wir mein Lebensmotto »Geht ned? Gibt’s ned!« bestens umsetzen und alle Steine, die Outgoing-Studierende (mit Behinderung) auf ihrem Weg finden, aus den Weg räumen. Ich möchte Studierenden mit Behinderung, die gerne einen


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Rückblick: 4. Nationale Erasmus+ Jahrestagung am 7. Mai 2018

Einfach Mitmachen – (mein) Zugang zu Erasmus+

© Gianmaria Gava | OeAD

… und ein erster Blick auf die neue Programmgeneration. Wir befinden uns in der Halbzeit des Erasmus+ Programms, nationale Zwischenevaluierungen mit Verbesserungsvorschlägen wurden seitens der beteiligten Programmländer und der Europäischen Kommission erstellt und veröffentlicht. Auf europäischer Ebene wird bereits das Design für die neue Programmgeneration entwickelt. Ziel ist es, in Zukunft noch mehr Menschen durch diese Fördermöglichkeiten zu erreichen. Was braucht es, um dieses Ziel erfolgreich umzusetzen? Die vierte österreichische Erasmus+ Jahrestagung befasste sich mit dieser Frage. In ihrer Keynote informierte Barbara Nolan (Erasmus+ Koordinatorin, Europäische Kommission) über die Ergebnisse der europäischen Zwischenevaluierung des Erasmus+ Programms und gab einen ersten Einblick in die neue Programmgeneration. Elmar Pichl, Sektionschef im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, und Bernadette Humer, Sektionschefin im Bundeskanzleramt – Sektion Familien und Jugend, zeigten auf, welche Rahmenbedingungen auf nationaler

Ebene verbessert werden können, um den Zugang zu Erasmus+ für alle zu erleichtern. Anschließend diskutierten unterschiedliche Akteurinnen und Akteure aus dem Bildungsbereich und Jugendsektor, wie der Zugang zu Erasmus+ vereinfacht werden kann. Projektträgerinnen und Projektträger erzählten über ihre Erfahrungen, ihren Zugang und den Einfluss des Programms auf persönlicher und institutioneller Ebene. Knowhow und Tipps wurden zwischen den rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ausgetauscht, voneinander und miteinander lernen stand im Vordergrund. Ein wichtiger Output war neben dem Austausch, die Sammlung der verschiedenen Zugänge, die auch Newcomer inspirieren und unterstützen werden. Die Veranstaltung wird seit Jahren in enger Zusammenarbeit von der Nationalagentur Erasmus+ Bildung in der OeAD-GmbH und dem Interkulturellen Zentrum als nationale Agentur für den Bereich Jugend organisiert. www.bildung.erasmusplus.at/jahrestagung

Upskilling Pathways – Chancengleichheit und Partizipation durch Erwachsenenbildung EPALE und Erasmus+ Erwachsenenbildung Konferenz 2018 21. Juni 2018 | 12:00–18:00 Uhr | MAGDAS Hotel | Laufbergergasse 12 | 1020 Wien Erwachsenenbildung ist ein wirksames Instrument zur Förderung sozialer Inklusion, wenn sie auch gering qualifizierte und benachteiligte Erwachsene erreicht, Kompetenzlücken schließt und somit Chancengleichheit fördert. Sie unterstützt idealerweise dabei, an der sich stark im Wandel befindenden Gesellschaft und Arbeitswelt zu partizipieren. Die österreichischen und europäischen Weiterbildungspfade ebnen den Erwachsenen den Weg zur Aneignung von Fähigkeiten sowie zum Erwerb von Kompetenzen. Die Konferenz zeigt die Bedürfnisse, Hürden, aber auch die Möglichkeiten im internationalen Rahmen auf. Ziel der Konferenz ist es, reelle und virtuelle Begegnungsräume zu schaffen, die über Ländergrenzen hinweg den Austausch und das Lernen fördern. Die Konferenz bietet Vorträge sowie Ideen- und Networkingpools, in welchen Initiativen und Projekte aus unterschiedlichen Ländern Europas ihre Methoden aufzeigen und präsentieren können. Kontakt: EPALE Österreich | Nationalagentur Erasmus+ Bildung | epale@oead.at


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Clarissa Millwisch | Lothar Semper-Wang

Go. Learn. Share. Lehrlingsnetzwerk EuroApprentices – 50 ehemalige Erasmus+ Praktikant/innen trafen sich im Mai in Wien.

Jährlich wird es ein weiteres europäisches Treffen aller aktiven EuroApprentices geben. Seit 2014 wurden im Rahmen des Programms Erasmus+ Berufsbildung rund 2.600 österreichische Lehrlinge mobil. Mit durchschnittlich 20 Prozent aller Mobilitäten machen Lehrlinge (nach Schüler/innen berufsbildender Schulen) die zweitgrößte Zielgruppe im Bereich Erasmus+ Berufsbildung aus. Mit der Antragsrunde 2018 erhalten weitere 881 Lehrlinge aus Österreich die Möglichkeit, an einem geförderten Auslandspraktikum teilzunehmen. Weitere Infos: www.euroapprenticeship.eu/de https://bildung.erasmusplus.at/de/veranstaltungen/ detail/2018/03/08/euroapprentices-networkmeeting-go-learn-share/

Clarissa Millwisch und Lothar Semper-Wang arbeiten in der Abteilung Berufsbildung der Nationalagentur Erasmus+ bei der OeAD-GmbH.

EuroApprentices sind junge Menschen, die während ihrer dualen Ausbildung mit Erasmus+ im europäischen Ausland waren. Beim Netzwerktreffen 2017 in Köln waren auch zahlreiche österreichische Lehrlinge dabei.

© NA BiBB

EuroApprentices ist ein europäisches Netzwerk ehemaliger Erasmus+ Praktikant/innen. Das Netzwerk wurde im Jahr 2016 auf Initiative der Erasmus+ Nationalagenturen aus Dänemark, Deutschland, Finnland, Italien, Österreich und Tschechien gegründet. 2017 traten die Erasmus+ Nationalagenturen aus Großbritannien, Malta und Spanien dem wachsenden Netzwerk bei. Das Ziel der Initiative ist, mehr Lehrlinge auf die Möglichkeit von Erasmus+ Praktika aufmerksam zu machen, um die internationale Mobilität dieser Zielgruppe zu fördern und dem Programm Erasmus+ unter Lehrlingen »ein Gesicht zu geben«; die EuroApprentices sollen als Testimonials Erasmus+ bewerben. Zu diesem Zweck treffen sich die jungen Lehrlinge einmal jährlich in einem der beteiligten Länder, um ihre Erfahrungen auszutauschen und um Schulungs- und Trainingsaktivitäten zu absolvieren. Aufbauend auf dem erfolgreichen Kick-off des Netzwerks im Juni 2017 in Köln, fand das diesjährige Netzwerktreffen vom 28. bis 30. Mai 2018 in Wien statt. Im Rahmen der dreitägigen Veranstaltung bekamen 50 Lehrlinge aus den teilnehmenden Ländern die Möglichkeit, zu lernen, wie man andere Lehrlinge mit Informationen erreichen und Projekte durchführen kann. Workshops zu den Themen »Presentation Skills«, »Project Planning« und »Video Making for Social Media« sowie Aktivitäten wie Besuche an Schulen und in Unternehmen sollen den Lehrlingen die Möglichkeit bieten, sich zu vernetzen und Erasmus+ in ihrer Peergroup zu verbreiten. Darüber hinaus bot ein Besuch bei Dr. Alexander Van der Bellen den Jugendlichen die einmalige Gelegenheit, sich mit dem österreichischen Bundespräsidenten unter anderem über die Unterschiede der Lehrlings- und Berufsausbildung der beteiligten EU-Mitgliedstaaten auszutauschen. Der Spaß und die Vernetzung zwischen den Teilnehmer/innen aus verschiedenen europäischen Ländern kam dabei natürlich auch nicht zu kurz.


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Cathrine Seidelberger

praxis@oead-events Künftige Eventmanager/innen der VBS Hamerlingplatz organisieren OeAD-Veranstaltungen mit.

Mag. Cathrine Seidelberger ist Mitarbeiterin der Abteilung KIM (Kommunikation, Information, Marketing) bei der OeAD-GmbH.

© OeAD/APA-Fotoservice/Hörmandinger

OeAD-Geschäftsführer Stefan Zotti und VBS-Direktorin Monika Hodoschek umringt von Student/innen, der Pädagogin Bettina Samhaber (zweite von rechts) und Heinrich Wurzian (ganz rechts) vom OeAD-Veranstaltungsteam.

Die Mobilitätsagentur OeAD-GmbH bietet Schülerinnen und Schülern einer Wiener HAK die Möglichkeit, Berufserfahrung im Eventbereich zu sammeln. Bereits seit 2011 sind Schülerinnen und Schüler aus dem Ausbildungsschwerpunkt »Eventmanagement« der Vienna Business School (VBS) Hamerlingplatz bei der Vorbereitung und Durchführung der Konferenz »OeAD macht Schule« im Einsatz. Im März schlossen nun die OeAD-GmbH und die VBS eine Kooperationsvereinbarung ab, die Schüler/innen und Studierenden der Wiener HAK ermöglicht, Praktika beim OeAD zu absolvieren. Studierende des Kollegs »Eventmanagement und Städtetourismus« werden zur Unterstützung des OeAD-Veranstaltungsteams eingesetzt und

können so das im Unterricht Erlernte in die Praxis umsetzen. Als geringfügige Beschäftigte erhalten sie neben dem einschlägigen Praktikum auch eine finanzielle Entschädigung für ihren Einsatz. In den Lehrplänen kaufmännischer Schulen ist seit 2014 ein Pflichtpraktikum verankert. Schüler/innen der Handelsakademien müssen bis zum Abschluss ihrer fünfjährigen Ausbildung 300 Praktikumsstunden nachweisen, Studierende des Kollegs 150. Bisher waren vor allem Studierende aus dem Kolleg im OeAD im Einsatz. Die Anzahl der Stunden, die pro Event absolviert werden können, liegt zwischen acht und 15. Die bisherige Zusammenarbeit beurteilen die jungen Leute durchwegs positiv.


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Marina Fischer-Kowalski

Mit der BOKU und Citizen Scientists für ein nachhaltiges Samothraki

Das Projekt »CiSci Susaki« mobilisiert lokale Akteur/innen, griechische Forschende sowie Lehrende und Studierende aus aller Welt. Ernte verbleibt den Bauern. Erste Versuche liefen etwas chaotisch: Die Bauern hielten sich nicht an die Vorgaben und beschuldigten uns, ihnen Vorschriften machen zu wollen. Eine vom Vizebürgermeister eingeladene Gesprächsrunde brachte die Wende: Durchaus emotional erklärte ich den Bauern, dass es sich hier um ein Experiment handle; wer auf dessen Ausgang nicht neugierig sei, brauche nicht teilzunehmen. Im Fall der Teilnahme aber würden wir die Regeln bestimmen. Inzwischen bestürmen uns Bauern um das Saatgut und sind selber bereit, dafür zu zahlen. Ein anderes Beispiel von Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung bot unser Eingreifen in die Mülltrennung. In Kooperation mit den lokalen Schulen organisierten wir geeignete Kompostcontainer und kleine Sammelgefäße für die Schülerinnen und Schüler, um organische Abfälle von zu Hause mitzubringen. Mittlerweile gibt es eine lokale Initiative, die den Prozess der Kompostsammlung und -nutzung begleitet. Auch im Gesundheitsbereich entstand eine lokale Initiative, die nun über Facebook Betreuungsmöglichkeiten organisiert und Erfahrungen austauscht. Großes lokales Interesse gab es dafür, in den Bergen Bäume zu vermessen und damit wichtige Daten über die Regeneration des Waldes zu sammeln; junge Menschen, die noch nie diese Bergwälder betreten hatten, nahmen begeistert die Strapazen auf sich, für ein bisschen Geld täglich tausend Höhenmeter hinaufzusteigen und Bäume zu untersuchen – und damit ganz Neues über ihre Insel zu erfahren. Näheres unter http://sustainable-samothraki.net

Marina Fischer-Kowalski ist em. Professorin für Soziale Ökologie, vormals an der Alpen Adria Universität Klagenfurt, und nun an der Universität für Bodenkultur Wien. Sie ist Mitglied des MAB-Komitees an der ÖAW und dankt diesem für die langjährige Unterstützung des SamothrakiProzesses.

Dieses Projekt wird über die von BMBWF, FWF und OeAD getragene Initiative »Top Citizen Science« gefördert.

Beide Fotos © Sophie B.

In Ergänzung zum FWF-Projekt SUSAKI (Sustainable Samothraki), angesiedelt am Institut für Soziale Ökologie der BOKU Wien, erforschen wir das sozialökologische System der griechischen Insel Samothraki mit lokalen Partnerinnen und Partnern. Mit Unterstützung der Gemeinde und ziviler Initiativen wollen wir wissenschaftlich dazu beitragen, das einzigartige Natur- und Kulturerbe der in der nördlichen Ägäis gelegenen Insel für jetzige und zukünftige Generationen zu bewahren und die Insel zu einem UNESCO-Biosphären-Reservat zu machen. Von der wilden Berglandschaft dieser Insel mit ihrem Jahrhunderte alten Baumbestand, den unzähligen herabstürzenden Wasserfällen und den noch viel zahlreicheren halbwilden Ziegen waren nicht nur wir fasziniert; wir trafen auf Forschende aus griechischen Einrichtungen, und es war uns ein Leichtes, sie und Lehrende aus aller Welt für die von uns jährlich veranstalteten Summer Schools zu gewinnen. Für sechs anrechenbare ECTS konnten sich dort Studierende in forschendem Lernen üben: z. B. die Wasserqualität der Flüsse unter griechischer, die Energiequellen der Haushalte unter kanadischer, die Haltungsbedingungen der Ziegen unter norwegischer oder die lokale Gesundheitsversorgung unter österreichischer Anleitung recherchieren. Die daraus entstehenden Arbeiten werden in den Working Papers Social Ecology oder auch in Journals publiziert. Darüber hinaus erlaubte das Citizen-ScienceProjekt, die Bevölkerung in die Forschung zu involvieren. Eine unserer Bemühungen zur Bekämpfung der Schäden durch Überweidung stützte sich auf eine an der TU Lissabon entwickelte Saatmischung, die sich sowohl für die Fütterung der Tiere als auch die Regeneration des Bodens bewährt hatte. Wir boten Bauern einen Deal an: Sie präparieren ihre Böden in von den portugiesischen Entwicklerinnen und Entwicklern vorgesehener Weise, wir bringen das Saatgut und, so nötig, Dünger; wir (bzw. lokale Citizen Scientists) beobachten den Erfolg und die


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Michael Glatzl-Poss

Qualitätsvolle Internationalisierung Im Projekt CASEE-In wurde von einem internationalen Unikonsortium ein Handbuch zur Verbesserung der Internationalisierung erarbeitet. Michael Glatzl-Poss, MA ist Mitarbeiter beim Zentrum für Internationale Kooperation und Mobilität der OeAD-GmbH.

Bild 1: Das IMPULSE-Projekt wurde im Rahmen der Final Project Conference in Chisinau erfolgreich abgeschlossen.

© Grigore Batiru

© Lisa Kargl

Bild 2: Das Projektteam CASEE-In.

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Im März 2015 initiierten das BMBWF, damals noch BMWFW, und die OeAD-GmbH das Hochschulkooperationsprogramm IMPULSE. Anlass war das Jubiläum »25 Jahre Öffnung der Grenzen – Fall des Eisernen Vorhangs«. Ziel war die aktive Unterstützung bereits bestehender und auch zukünftiger Kooperationen in der CEE-/MOE-Region. IMPULSE-Fördernehmer war ein Projektkonsortium, bestehend aus der Universität für Bodenkultur Wien, der Szent István Universität Gödöllő, der Universität für Landwirtschaftswissenschaften und Tiermedizin Timișoara, der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Zagreb und der staatlichen Universität der Republik Moldawien. Alle genannten Hochschulen sind Mitglieder eines Netzwerks von Universitäten der Biowissenschaften aus Zentral- und Südosteuropa, kurz CASEE. Vor kurzem wurde das Projekt »CASEE-In« erfolgreich abgeschlossen. Die Projektkoordinatorin Dr. Margarita Calderón-Peter, Leiterin des Zentrums für Internationale Beziehungen an der Universität für Bodenkultur Wien, hat gemeinsam mit ihren Projektpartner/innen in den vergangenen zwei Jahren intensiv zu den Herausforderungen der eigenen Institutionen im Zusammenhang mit internationaler Mobilität geforscht. Ziel war einerseits die Verbesserung der Internationalisierung der Partneruniversitäten und des CASEE-Netzwerks (mit besonderem Augenmerk auf innovative Mobilitätsaktivitäten für Studierende) und andererseits die Erstellung von Instrumenten für einen qualitätsgesicherten Internationalisierungsprozess. Um die Qualität und den Grad der Internationalisierung der Partnerinstitutionen darstellen zu können, wurden zunächst eine Reihe von Indikatoren als Werkzeug zur Messung geschaffen. Die gemeinsam identifizierten qualitativen und quantitativen Indikatoren bildeten auch die Basis zur Erstellung eines Fragebogens zur Selbstevaluierung der einzelnen Hochschulen. Die daraus gewonnenen Evaluierungsergebnisse konnten

gemeinsame Schwachstellen in der Internationalisierung aufzeigen, unter anderem einen Mangel an Fremdsprachen und Didaktikkursen für Lehrende, einen Mangel an Geldmitteln für Anreize zur Internationalisierung und das Fehlen gesamtuniversitärer Strategien zur Anwerbung von internationalen Studierenden und Personal. Ratgeber für tertiäre Bildungseinrichtungen Um den gemeinsamen Herausforderungen entgegenzuwirken und um als Good-Practice-Beispiel dienen zu können, hat das Projektteam ein Handbuch entwickelt. Dieses Handbuch soll den involvierten Institutionen Informationen, Ratschläge und Richtlinien zur Überbrückung der zuvor identifizierten Schwachstellen liefern – sozusagen ein kleiner Ratgeber für tertiäre Bildungseinrichtungen, zu deren Kernaufgaben auch in Zukunft (noch stärker als bereits heute) Internationalisierung gehören wird. Durch das Projekt wurde außerdem ein E-Learning-Kurs etabliert, der durch eine Mischung aus »distance learning« und der Teilnahme an internationalen Konferenzen den etwa 40 Studierenden die Möglichkeit eröffnete, wertvolle Erfahrungen für ihre akademische und berufliche Laufbahn zu sammeln. Laut Calderón-Peter hat das »CASEEIn-Projekt« klar bewiesen, dass die Qualität der Bildung stark mit der Qualität der Internationalisierung verbunden ist. Das Handbuch und Empfehlungen für die Internationalisierung der CASEE-Netzwerkuniversitäten sind in mehreren Sprachen online als PDF verfügbar. http://casee-in.usab-tm.ro/wpkg3.html


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Nicole Rogaunig

Karriere im Doppelpack Um die besten internationalen Wissenschaftler/innen für eine Hochschule zu akquirieren und auch zu behalten, ist optimaler Dual-Career-Service dringend erforderlich.

Services für Partner/innen und Familien Zentraler Eckpfeiler ist die Unterstützung der Partner/innen im neuen Umfeld, damit diese möglichst bald nach dem Umzug ihren Karriereweg wieder aufnehmen bzw. fortsetzen. Dabei werden allerdings keine Anstellungsverhältnisse geschaffen (wie teilweise an Universitäten in Nordamerika oder Asien), sondern der Service dient primär der Stellensuche, der Vermittlung von Kontakten,

der raschen Überwindung von Sprachbarrieren (Sprachkurse) oder der Hilfe bei Nostrifizierungen. Das Angebot umfasst auch Jobcoachings und die Organisation von Social Events für DC-Paare, die zur direkten Vernetzung ermutigt werden. Darüber hinaus gibt es häufig Informationen und Serviceangebote für den Aufenthalt in Österreich, etwa zu Einreisemodalitäten, Wohnen, Sozialleistungen, Kinderbetreuung. Um Erwartungen bereits im Vorfeld aufeinander abzustimmen, erstellen auch immer mehr Hochschulen eine DC-Policy. In dieser wird klar und transparent erklärt, wo die Grenzen der Unterstützung liegen oder was gar nicht angeboten werden kann bzw. darf. Wissenschaftliche Institutionen in Österreich sind damit durchaus international konkurrenzfähig im Anwerben von »Karrieren im Doppelpack«.

Dipl.-Kff. Nicole Rogaunig arbeitet im Senior Faculty Recruitment and Welcome Services der WU Wien. Sie ist Mitglied des Netzwerks »Dual Career Service Wien, Niederösterreich, Oberösterreich« sowie der nationalen »Euraxess TOP III Dual Career and Social Integration Expert Group«.

Regionale Netzwerke Die DC-Servicestellen haben sich in den vergangenen Jahren regional sehr gut vernetzt, um vom Erfahrungsaustausch in der Beratungsarbeit zu profitieren. Das erste DC-Service-Netzwerk war jenes der fünf steirischen Universitäten, später folgte das DC-Service Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, zuletzt das DC-Service Oberösterreich, Salzburg, Tirol. Darüber hinaus gibt es auch weitere regionale Unterstützung, z. B. im Wiener Raum durch den DC Service Support des WWTF und die Vienna Business Agency, den Club International in der Steiermark oder den Carinthian International Club im Süden Österreichs. 2016 haben sich diese Akteur/innen zum ersten Mal getroffen, um eine gemeinsame österreichweite Vernetzung zum Erfahrungsaustausch auf Expert/innenebene und auch zur Weiterbildung zu etablieren.

© Werner Fulterer | OeAD-GmbH

»Das Angebot, mich bei der Fortsetzung meines Karriereweges zu unterstützen, hat unsere Entscheidung, den Lebensmittelpunkt mit unseren drei Kindern nach Wien zu verlegen, maßgeblich beeinflusst«, so eine Dual-Career-Partnerin, die im Herbst 2017 mit ihrem Mann, der einem Ruf an eine Universität folgte, nach Wien kam. Für viele Wissenschaftler/innen ist die Entscheidung für eine Anstellung in Österreich erst durch das Abschätzen einer möglichen Perspektive für die Partnerin/den Partner bzw. durch die Aussicht auf eine gute Betreuung der Kinder denkbar. Häufig wandert berufenes Personal nach einigen Jahren auch wieder ab, wenn die Partnerin/der Partner keinen adäquaten Job findet oder die Familie sich am neuen Lebensund Arbeitsort nicht wohl fühlt. Die Rückmeldung von bisher betreuten Partner/innen zeigt, dass eine solche Unterstützung schon im Vorfeld einer Berufung Sinn macht und einen wesentlichen Beitrag zur Internationalisierung und Professionalisierung von Wissenschaft darstellt. Um die Erfolgsquote bei den Berufungen von Professor/innen (bzw. anderen Rekrutierungen) zu steigern und auch den Karriereweg der Partner/in zu unterstützen, wurden in den letzten Jahren diverse Angebote aufgebaut. Viele international rekrutierende Institutionen, insbesondere die Hochschulen, haben inzwischen direkte Ansprechpersonen für Fragen zu Dual Career (DC). Wie diese Services strukturell verankert sind, hängt von hochschulinternen Faktoren ab.


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Marianne Toder

Neues OeAD-Gästehaus in Graz eröffnet Nach 18 Monaten Bauzeit freuen sich die Studierenden über ein neues Wohnheim mit zentraler Lage in der Nähe der Karl-Franzens-Universität.

© Paul Ott © Paul Ott © OeAD-WVGmbH

© Paul Ott

Mit dem Haus in der Zinzendorfgasse in Graz bietet die OeAD WohnraumverwaltungsGmbH internationalen Studierenden moderne Zimmer in einem wunderschönen historischen Gebäude in der Grazer Altstadt. Das Angebot reicht von Einzelzimmern bis hin zu Wohngemeinschaften.

Im September 2017 konnten die ersten Studierenden die neu renovierten Zimmer im OeADGästehaus Zinzendorfgasse in der Altstadt von Graz beziehen. Das historische Gebäude unter Denkmalschutz wurde komplett saniert: Die Hofgebäude wurden um- und zugebaut, das Dachgeschoß komplett ausgebaut und dadurch Wohnraum für 41 Bewohner/innen geschaffen. Die bewährten Services der OeAD-WohnraumverwaltungsGmbH, wie die komplette Ausstattung der Zimmer (inklusive Bettwäsche und Geschirr), Fahrradabstellplätze, Waschküche und Gemeinschaftsraum, stehen den Studierenden zur Verfügung. Als Ausgleich zum Studium können die Bewohner/innen den großen grünen Innenhof benutzen und auch die gemütliche Dachterrasse lädt zum Verweilen ein. Die OeAD-WohnraumverwaltungsGmbH bietet 12.000 internationalen Studierenden und Gastprofessor/innen jährlich eine Unterkunft in Österreichs Universitätsstädten. Angebote werden stets so zusammengestellt, dass sie den Bedürfnissen der Studierenden und Gastprofessor/innen bestmöglich gerecht werden. Auch unser Büro ist umgezogen: Seit November 2017 befinden sich das Grazer Büro der OeADWohnraumverwaltungsGmbH sowie der OeADGmbH im Erdgeschoß der Zinzendorfgasse.

© OeAD-WVGmbH

Marianne Toder ist Mitarbeiterin der OeAD-WohnraumverwaltungsGmbH.


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Neues Förderprogramm zur Erstellung digitaler Lehr- und Lernmittel

Die Überarbeitung digitaler Lehr- und Lernmittel mit Hilfe von Citizen-Science-Methoden wird von der Innovationsstiftung für Bildung gefördert. Es können Projekte eingereicht werden, die auf die Weiterentwicklung digitaler Lehr- und Lernmittel abzielen. Die Idee ist, dass Expert/innen diese gemeinsam mit Schüler/innen und Lehrpersonen modifizieren. Inhaltlich sollen die Unterrichtsmittel Querschnittsthemen mit fächerübergreifendem Charakter wie Migration, Klimawandel oder Demokratie abbilden. Einreichberechtigt sind Forschungseinrichtungen, Schulen, Bildungseinrichtungen, gemeinnützige Institutionen und Unternehmen. Pro Projekt können maximal 25.000 Euro beantragt werden. Insgesamt stehen für die Ausschreibung 200.000 Euro zur Verfügung. Abgewickelt wird das Programm von der OeAD-GmbH, Abteilung Public Science. Nähere Informationen stehen auf www.innovationsstiftung-bildung.at zur Verfügung.

The impact of internationalisation – putting together the puzzle ACA – European Policy Seminar, 11 June 2018, Brussels The value of internationalisation of higher education is widely contested in many parts of the world – quite often most unexpectedly. Proving the impact of our own activities seems more pressing than ever. This one-day event takes place in Brussels on 11 June 2018. It will facilitate an honest and informed discussion on impact assessment at different levels – European, national, institutional, and individual – and take stock of the existing body of knowledge, data and other evidence of internationalisation of higher education. The participants are invited to discuss and conclude what kind of impact-related questions can be answered with certainty, as well as to identify remaining gaps to be filled by relevant research and data collection. The programme features internationalisation as a comprehensive process and zooms in on key international activities from international student and staff mobility to joint programmes and curricular internationalisation, amongst others. More information and programme: http://www.aca-secretariat.be/index.php?id=1082

© Pixabay

Bis zu 25.000 Euro stehen pro Projekt zur Verfügung. Vom 1. Juni bis 7. September können Projekte eingereicht werden. Mindestens eine Bildungsinstitution muss involviert sein.


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Julia Lichtkoppler

Im Wald der Wissenskooperation OeAD-Mitarbeiterinnen besuchten im Rahmen eines Projektmonitorings ein Klimaschutzprojekt in Äthiopien. Bericht einer Reise, Teil 1. MMag. Julia Lichtkoppler ist Mitarbeiterin der Abteilung Bildung und Forschung für internationale Entwicklungszusammenarbeit in der OeAD-GmbH.

Julia Lichtkoppler und Nikoleta Nikisianli vom Austrian Partnership Programme in Higher Education and Research for Development (APPEAR) und von der Kommission für Entwicklungsforschung (KEF) besuchten im April ein Klimaschutzprojekt der Universität für Bodenkultur in der Amhara-Region.

Über Bahir Dar, der Hauptstadt der äthiopischen Region Amhara, dämmert der Morgen. Die von weitem hörbaren Gesänge und Klänge der betenden äthiopisch-orthodoxen Bevölkerung schieben sich zunehmend in unser Bewusstsein und drängen uns zum Aufbruch. Nach einem Schluck frisch gebrühtem Kaffee steigen wir in den Jeep und verlassen die Stadt, die uns mit großer Freundlichkeit in Äthiopien willkommen geheißen hat. Die Eindrücke, die wir mitnehmen, reichen von einem engagierten APPEAR-Projektteam über einen Empfang des Rektors der hiesigen Universität bis zu beeindruckenden Wasserfällen des Blauen Nils. Jetzt aber raus aus der Stadt und rein ins Land, in dem der Mangel an Geld immer sichtbarer wird. Samstag ist Markttag und es begegnen uns viele Menschen, die ihre Ziegen, Kühe und Güter zum lokalen Markt bringen. Wir überholen Eselkarren und fahren vorbei an Kindern, die oft barfuß ihrer Wege ziehen. Die Hütten, in denen sie wohnen, sind aus Eukalyptusstangen gebaut und teilweise mit Dung verputzt. Vereinzelt sehen wir Strommasten; Wasseranschluss und Kanalisation gibt es nicht. Die Weite der Landschaft beeindruckt, sie ist hügelig und steinig und mit Büschen und Bäumen bewachsen, aufgrund der aktuellen Trockenzeit

präsentiert sich die Gegend in Ockertönen. Vom 1.800 m hoch gelegenen Bahir Dar fahren wir Richtung Hochland auf über 2.000 Höhenmeter. Nach etwa drei Stunden Fahrt und kurz vor der Stadt Gondar treffen wir Yonas Worku. Yonas arbeitet für das Gondar Agricultural Research Centre (GARC) und hat zugesagt, uns die Projektorte des Klimaschutzprojekts »Aufforstung und Regeneration lokaler Wälder: partizipativer Klimaschutz in Äthiopien« zu zeigen. Mehr als 11.000 Tonnen CO2 werden dabei in den nächsten 25 Jahren durch Regeneration von Land und Rückführung in einen Mischwald gebunden. Begleitet von der Universität für Bodenkultur (BOKU) und GARC aus Mitteln des BOKU-CO2-Kompensationsfonds wird das Projekt gemeinsam mit den Dorfgemeinschaften der Projektorte durchgeführt. Für uns ist das Projekt in zweierlei Hinsicht interessant – einerseits kompensiert APPEAR alle durch Flüge verursachte CO2-Emissionen durch Einzahlungen in den CO2Kompensationsfonds der BOKU, andererseits hat sich das Projekt aus der KEF-Kooperation »The role of enclosures on the diversity and productivity of rural landscapes in North Gondar« zwischen der BOKU und dem Amhara Region Agricultural Research Institute (ARARI) entwickelt.


Alle Fotos der Doppelseite © Julia Lichtkoppler | OeAD

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Die Projektgruppe besucht mit Partnern vor Ort die Aufforstungsgebiete bei Gondar.

Yonas Worku nimmt einen Kollegen des lokalen Landwirtschaftsbüros mit, im vollen Auto fahren wir auf einer unbefestigten Straße landeinwärts. Mehr als einmal scheint ein Weiterkommen unmöglich, aber durch das Geschick des Fahrers und das gemeinsame Legen einer Brücke aus Steinen über einen kleinen Bach kommen wir schließlich ans Ziel. Am Fuße eines Hügels bleiben wir stehen und treffen einen älteren Mann, den uns Yonas als »forest guard« vorstellt. Gemeinsam beginnen wir den Hügel zu besteigen, der durch das trockene Gras gelblich wirkt, wo aber die Beforstung mit Bäumen bereits gut erkennbar ist. Fast unbemerkt stößt eine weitere Person zur Gruppe, ein Gewehr hängt ihr locker von der Schulter. Es ist der »community police officer«, wie Yonas meint. Wir gehen weiter und Yonas zeigt uns die gepflanzten Bäume – darunter Eukalyptus und Oliven. Die Baumarten wurden in Abstimmung mit der Dorfgemeinschaft ausgesucht, aus dieser habe sich auch ein »community forest committee« gebildet. Und da ist es auch schon, das »forest committee«, das in Form von zwei älteren Männern scheinbar aus dem Nichts auftaucht. Wir begrüßen einander und gehen weiter – in einer nun achtköpfigen Gruppe – den Hügel hinauf. An der Spitze angekommen, zeigt uns Yonas drei Gebiete von insgesamt ca. 30 Hektar Land, auf denen der Wald sich regenerieren kann bzw. wo er bereits aufgeforstet wurde. Der Wald setzt sich deutlich von der wenig bewachsenen Umgebung ab. Wir bewundern

die Aussicht auf die Umgebung, machen Fotos und interviewen Yonas, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Beim Auto angekommen verabschieden wir uns vom »forest guard«, dem »community police officer« und dem »forest committee« und fahren weiter nach Gondar. Wir sind beeindruckt von der Natur, die wir bewandern durften und dem Engagement der vielen Menschen, die in das Projekt involviert sind. Der zweite Teil des Reiseberichts wird in der Ausgabe 107 der oead.news im Herbst 2018 erscheinen.

Dieser Reisebericht entstand im Rahmen einer APPEAR-Monitoringreise nach Äthiopien. APPEAR (www.appear.at) ist das Hochschulkooperationsprogramm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA). KEF-Projekt: The role of enclosures on the diversity and productivity of rural landscapes in North Gondar, Ethiopia. https://bit.ly/2HIZrG8 Aufforstung und Regeneration lokaler Wälder: partizipativer Klimaschutz in Äthiopien https://bit.ly/2HFeAbx


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Elke Stinnig

Leben nach dem Völkermord in Ruanda Wie kann Versöhnungsarbeit zwischen Opfern und Tätern aussehen und welche Bedeutung kommt dabei der Sozialarbeit zu?

Bild links: APPEAR-Projektpartner/innen und -Stipendiat/innen nahmen an der Konferenz teil. Bild rechts: Teilnehmer/innen beim Social March anlässlich des Weltsozialarbeitstages.

»Niemals wieder Genozid« – diese Worte vernimmt man oft in dem kleinen ostafrikanischen Land Ruanda. Doch wie kann so ein traumatisches Ereignis wie der Völkermord von 1994, bei dem innerhalb von 100 Tagen mehr als 800.000 Tutsi und moderate Hutu getötet und mehr als zwei Mio. Menschen zur Flucht gezwungen wurden, verarbeitet werden? Wie kann Versöhnungsarbeit zwischen Opfern und Tätern aussehen und welche Bedeutung kommt dabei der Sozialarbeit zu? Fünf Jahre nach dem Völkermord wurde das erste Institut für Sozialarbeit an der Universität in Ruanda auf Initiative von Prof. Mathilde Mukantaba gegründet. Sie lebte zu dieser Zeit in den USA und versuchte einen Weg zu finden, Überlebende und traumatisierte Menschen in ihrer Heimat zu unterstützen. Mit viel Engagement gelang es ihr, die Universität davon zu überzeugen, das erste und bisher einzige Institut im Bereich Sozialarbeit in Ruanda zu etablieren. Besonders in den ersten Jahren herrschte am Institut eklatanter Fachkräftemangel und die Studierenden wurden von Soziolog/innen und Psycholog/innen anderer Institute unterrichtet. Mittlerweile weisen mehrere Mitarbeiter/innen einen Master- oder PhD-Abschluss in Sozialarbeit auf. Am Department wurden im Rahmen des

Bachelorprogramms bisher über 800 Graduierte ausgebildet und derzeit wartet man auf die Akkreditierung des Master-Curriculums. Post-genozidäre Gesellschaft in Ruanda Trotz dieser Aufbauarbeit und der hohen Relevanz der Sozialarbeit für die post-genozidäre Gesellschaft in Ruanda ist die Disziplin noch wenig bekannt und wird oft unterschätzt. Daher war für das PROSOWO-Team, bestehend aus fünf ostafrikanischen Universitäten und der FH Kärnten, Kigali als Austragungsort der zweiten »International Social Work Conference« die logische Wahl. Die Konferenz zum Thema »Professionelle Soziale Arbeit und nachhaltige Entwicklung in Afrika« im März 2018 mit rund 500 internationalen Delegierten und der im Rahmen der Tagung organisierte »Social March« anlässlich des Weltsozialarbeitstages hatten daher auch zum Ziel, die Sozialarbeit in Ruanda zu stärken und sichtbar zu machen. Am Ende des »Sozialen Marsches« stand der Besuch des Kigali Genocide Memorials, dessen Leitgedanke »Erinnern und Lernen« ist. Dort befinden sich Massengräber von mehr als 250.000 Menschen sowie ein Museum, das die tragischen Ereignisse in Ruanda aufarbeitet, aber auch den

Alle Fotos der Doppelseite © Elke Stinnig | OeAD-GmbH

DI Elke Stinnig, BA ist Mitarbeiterin der Abteilung Bildung und Forschung für internationale Entwicklungszusammenarbeit bei der OeAD-GmbH.


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Eine Gruppe Studierender der FH Kärnten nahm an der International-SocialWork-Konferenz und am »Social March« teil. Die Konferenz wurde von der FH Kärnten gemeinsam mit Parteruniversitäten in Ostafrika organisiert.

Holocaust und den Genozid an der armenischen Bevölkerung thematisiert. Auf die laute und kraftvolle Demonstration für Sozialarbeit durch die Straßen Kigalis folgten bei der Gedenkstätte Minuten des Innehaltens, Gedenkens und der Reflexion. Janestic Twikirize, Lehrende an der Makerere Universität in Uganda und regionale PROSOWO-Koordinatorin beschreibt ihre Emotionen und Gedanken rund um den »Sozialen Marsch«: »Ich spüre die Aufregung in den Straßen und bin stolz, Sozialarbeiterin zu sein. Gleichzeitig beschäftigt mich die Frage, was jede/r von uns als Sozialarbeiter/in tun kann angesichts eines so tiefgehenden menschlichen Leids.« Welchen Beitrag kann die Sozialarbeit tatsächlich unter solchen schwierigen Voraussetzungen leisten? Twikirize unterstreicht, dass sich die Sozialarbeit von anderen wissenschaftlichen Disziplinen durch den Aufbau intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen unterscheidet. Die Menschen werden nicht einfach als Klient/innen oder Opfer wahrgenommen, sondern als Partner/innen in ihrem Heilungsprozess und in ihrer eigenen Entwicklung unterstützt. Durch diese Beziehungsarbeit wird versucht, Individuen wieder in die Gesellschaft zu integrieren und an ihr teilhaben zu lassen. Sozialarbeit muss daher immer an die soziokulturellen Rahmenbedingungen angepasst sein. »Im afrikanischen Kontext kommen oft westliche Methoden zum Einsatz, ebenso sind Lehrmaterialien und Inhalte nach wie vor stark westlich geprägt«, kritisiert Helmut Spitzer, Professor an der FH Kärnten und PROSOWO-Projektleiter. Er erzählt, dass alle am Projekt beteiligten Partnerinstitutionen einen besonderen Fokus auf empirische Forschung zum lokalen Kontext und auf die Erhebung indigener Methoden gelegt haben. Beispielsweise wurde für Ruanda ein Handbuch mit sogenannten »home grown solutions« erarbeitet. Darüber hinaus besteht die spezielle Qualität von PROSOWO darin, dass die Forschungsergebnisse nicht nur in die uni-

Janestic Twikirize (Lehrende an der Makerere Universität in Uganda und regionale PROSOWO-Koordinatorin), Helmut Spitzer (FH Kärnten, Leiter des Projekts PROSOWO) mit Studentinnen.

versitäre Curriculumsentwicklung und in Publikationen, sondern auch in die politische Praxis Eingang finden. Denn schließlich geht es in der Sozialarbeit auch darum, einen Anstoß zu geben für strukturelle und gesellschaftliche Veränderungen hin zu einer Welt mit mehr sozialer Gerechtigkeit. Das PROSOWO-Projekt bietet immer wieder Gelegenheiten für transnationalen Austausch, so auch im bevorstehenden Symposium »Global Challenges and International Social Work« am 29. Juni 2018 an der FH Kärnten, bei der afrikanische und europäische Sozialwissenschaftler/innen in einen Fachdialog treten werden.

Ruanda ist ein Binnenstaat in Ostafrika und grenzt an Burundi, die Demokratische Republik Kongo, an Uganda und Tansania. Wegen seiner hügeligen Landschaft wird Ruanda auch »Land der tausend Hügel« genannt.

»Professional Social Work in East Africa« (PROSOWO) Das PROSOWO-Projekt wird durch das Austrian Partnership Programme in Higher Education and Research for Development finanziert. APPEAR ist ein Programm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA). PROSOWO hat die Professionalisierung der Sozialarbeit in Ostafrika zum Ziel. Projektleiter ist Helmut Spitzer von der FH Kärnten. Partneruniversitäten sind die Makerere University in Uganda, die Universität von Nairobi in Kenia, die Hope Africa University in Burundi, die Universität von Ruanda und das Institute of Social Work in Tansania. www.appear.at/prosowo


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Michael Dippelreiter

Historisch betrachtet: Der Beginn der studentischen Selbstverwaltung Im Herbst 1945 wurde die Österreichische Hochschüler/innenschaft gegründet. Prof. Dr. Michael Dippelreiter studierte an der Universität Wien Geschichte und Kunstgeschichte. Er verfasste zahlreiche Publikationen zur Regional-, Zeitund Bildungsgeschichte und war bis 2017 Mitarbeiter der OeAD-GmbH.

© ÖH Wien

Ludwig Koller, der spätere Geschäftsführer des Österreichischen Austauschdienstes, war von 1959 bis 1961 Vorsitzender der ÖH.

Nach der nationalsozialistischen Diktatur und der Wiedereröffnung der österreichischen Hochschulen kam rasch die Idee einer demokratisch gewählten studentischen Vertretung ins Spiel. Die Initiator/innen und Akteur/innen der Wiedereröffnung der Universität Wien, der größten tertiären Bildungseinrichtung Österreichs, kamen weitgehend aus dem katholischen Umfeld, zu ihnen gesellten sich einige deklarierte Sozialist/innen und Kommunist/innen. Einige Studierende brachten bereits am 15. April 1945 das Haus Kolingasse 19, die ehemalige Gaustudentenführung Süd-Ost des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB), in ihren Besitz und stellten das noch vorhandene Vermögen sicher. Unter ihnen Friedlich Langer, der an die Türe eines Raumes einen Zettel mit der Aufschrift »Studententheater« klebte, um hier einen Traum aus der NS-Zeit zu realisieren. Die wichtigste Aufgabe dieser Tage war es, die Studierenden mit Lebensmitteln zu versorgen. Mit der Eröffnung des Hauptgebäudes der Universität kamen nun wieder die verschiedenen politischen Gruppen der Studierenden in Kontakt: Peter Feldl als Beauftragter des Zentralkomitees der kommunistischen Partei und Peter Rubel als Beauftragter der Sozialistischen Studenten. Mitte April konstituierte sich – nach Verhandlungen der Studentenschaft mit den durch die Besatzungsmacht drei anerkannten politischen Parteien – ein sogenannter Sechserausschuss, der die Leitung der provisorischen studentischen Selbstverwaltung übernahm. Diesem gehörten zunächst der Parteilose Rudolf Wengraf als Vorsitzender sowie Peter Feldl und Alice Melber, beide KPÖ, Hans Tuppy (ÖVP), Hoffmann-Ostenhoff (SPÖ) sowie Johannes Hurch (parteilos) an. Aufgrund der Zulassung von drei politischen Parteien – der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), der Sozialistischen Partei (SPÖ) und der Kommunistischen Partei (KPÖ) – wurde das Gremium erweitert. Recht bald hatte die kommunistische Studentengruppe unter Peter Feldl die Idee einer

Hochschulwahl. Diese Gruppe schien zwar nicht allzu groß zu sein, war aber hervorragend organisiert, sodass deren Anhänger auch zur Wahl gehen würden. Die Sozialisten vertrauten ihrer Anhängerschaft noch nicht und standen deshalb dem Plan einer Wahl ablehnend gegenüber. Auch der Kreis der katholischen Studierenden um den Geistlichen Karl Strobl war ursprünglich abwartend, es kam jedoch zu Verhandlungen zwischen den drei Gruppierungen. Strobl erklärte zu diesem Zeitpunkt, dass er selbst und die katholische Kirche sich nicht (mehr) politisch betätigen wolle und dürfe. Dadurch wandte sich diese Gruppierung der ÖVP zu, ohne sich als ÖVP-Studentenschaft bezeichnen zu lassen. Es wurde mit der Volkspartei ein Übereinkommen erzielt, wodurch diese auf die Bildung einer eigenständigen studentischen Gruppierung verzichtete und die FÖST (Freie Österreichische Studentenschaft) als ihre Vertretung an der Universität anerkannte. Schon die Namensgebung sollte das Bekenntnis zu Österreich und zur Freiheit im Allgemeinen dokumentieren. Auf die Attribute »christlich« und »sozial« wurde bewusst verzichtet. Engagierte Funktionäre der ersten Stunde waren u. a. Beroldingen, Tuppy, Schubert, Seliger oder auch Erika Fischer (verh. Weinzierl). Ein Programm der FÖST wurde vom Staatsamt für Unterricht, Kultus und Volksaufklärung genehmigt und von der sowjetischen Besatzungsmacht zugelassen. Das Sommersemester 1945 brachte viele Aufgaben für die Studentenvertreter. Es wurde ein »Hauptausschuss der Demokratischen Studentenschaft Wiens« gebildet, ein direkter organisationsund aufgabenmäßiger Vorläufer der Österreichischen Hochschüler/innenschaft (ÖH), nicht zu verwechseln mit den heutigen Hauptausschüssen der einzelnen Hochschulen. Dieses Gremium setzte sich aus fünf Fachgruppenleitern und je einem Vertreter der drei Hochschulparteien zusammen. Außerdem wurden verschiedene paritätisch be-


© Kristian Sekulic | iStock

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setzte Referate eingerichtet, welche die interne Arbeit der Studentenschaft verstärken sollten. Als Referenten wurden bestellt: Kurt Schubert als Einsatz- und Beratungsreferent, Heribert Husinsky (Presse), Peter Goetz (Sport), Friedrich Langer (Kultur), Hoffmann-Ostenhoff (Ausland), Oswald Langer (Wirtschaft) und Peter Feldl (Soziales). Der Kommunist Feldl agierte in der Vertretung teilweise diktatorisch, sodass er schließlich demokratisch abgewählt und durch Josef Staribacher (SPÖ) ersetzt wurde. Erste ÖH-Wahl im Herbst 1946 Schon im Herbst 1945 wurde die Österreichische Hochschüler/innenschaft gegründet und per Gesetz als Körperschaft öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit institutionalisiert. Im Herbst 1946 kam es zur ersten Wahl der ÖH. Im Vorfeld versuchten die Kommunist/innen, durch Demonstrationen – auch in den Universitätsgebäuden – zu provozieren. Die SPÖ wiederum sah ihre Chance in der strengeren Handhabung der »Nationalsozialistengesetze« und forderte die Entfernung von mindestens einem Drittel der Studierenden (Verdacht, ehemalige Nationalsozialisten zu sein). Damit wollten sie auch das brennende Problem der Raumnot lösen. Ein Vorschlag war, eine Bedarfserhebung für Akademiker/innen zu machen und Studierende nach folgender Reihenfolge zuzulassen: aktive Antifaschist/innen, durch den Faschismus Geschädigte, solche, die aktiv Aufbauarbeit geleistet hatten und erst dann sollten Unbelastete zugelassen werden. Faschist/innen waren nicht nur Nationalsozialist/innen. Die Wahl am 19. November 1946 endete mit einem überwältigenden Sieg der konservativen FÖST; sie erlangte 75 Prozent, der sozialistische VSStÖ kam auf 22 Prozent und die Kommunisten erreichten nur magere drei Prozent. Da die Universitäten durch die Ereignisse rund um die Wahl in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gekommen waren

und die Gefahr einer Schließung durch die Alliierten nicht ausgeschlossen war, ging die ÖH in die Offensive, gründete ein »antifaschistisches Referat« und erließ eine Resolution, in der u. a. die verstärkte Überwachung der Studierenden auf reaktionäre und faschistische Ideologien angekündigt wurde. In den ersten 15 Jahren gelang es der ÖH, ihre Aufgaben zu erweitern und ihre Stellung innerhalb der Institutionen Österreichs klar zu definieren. Zu Kriegsende waren rund 4.000 ausländische Studierende in Wien anwesend. Das Auslandsreferat klärte deren rechtlichen Status ab und half ihnen bei der Erlangung von Aufenthaltsbewilligungen. Mit anderen Hochschulen musste Kontakt aufgenommen werden, was Mitte 1945 noch schwierig war. Das für die heutige OeAD-GmbH wichtige Auslandsreferat erhielt neue Aufgaben. So gliederte es sich um 1960 in drei Bereiche: die Vertretung der Österreichischen Hochschülerschaft im Ausland auf hochschulpolitischer Ebene, der Auslandsstudentendienst (AStD) und ein Reisedienst. Der AStD war 1957/58 gegründet worden mit den Aufgaben der Zimmervermittlung für ausländische Studierende, Ausgabe von Theaterkarten, Vermittlung von Gelegenheitsarbeiten und Studienberatung. Ferner wurden Ausflüge organisiert, Exkursionen und Stadtführungen durchgeführt und zu Auslandsjobs beraten (beliebt, weil gut bezahlt, war Leichenwaschen in Schweden). Schließlich wurden auch Tanzparties organisiert, vor allem jene in den Räumlichkeiten der Technischen Hochschule (heute Universität) waren sehr beliebt. Der damalige Vorsitzende der ÖH, Ludwig Koller, war von der Bedeutung dieser Aufgaben so überzeugt, dass er die Gründung einer eigenen Institution vorschlug, die diese Aufgaben übernehmen sollte. In einer gemeinsamen Aktion der österreichischen Hochschulen und der ÖH wurde schließlich der Österreichische (akademische) Austauschdienst – heute OeAD-GmbH – unter der Leitung von Ludwig Koller gegründet.

Die Geschichte der Österreichischen Hochschüler/innenschaft ist eng mit der Gründung des OeAD verbunden.


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Citizen Science Award 2018

© KLF

Sechs Forschungsprojekte laden Interessierte, vor allem aber Schulklassen, im Mai und Juni zum Mitforschen ein.

Knapp 10.000 Personen aus ganz Österreich forschten im Rahmen der Citizen Science Awards bereits um die Wette. Nach dem großen Erfolg der letzten drei Jahre lädt das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) auch 2018 interessierte Bürgerinnen und Bürger – insbesondere Schülerinnen und Schüler – von 1. Mai bis 30. Juni 2018 ein, bei insgesamt sechs ausgewählten Forschungsprojekten mitzuforschen. Fünf der Projekte eignen sich besonders für Schulklassen und lassen sich ideal in den Unterricht einbauen. Die Themen sind auch in diesem Jahr vielfältig: Brutplätze des Mauerseglers suchen, Graugänse, Waldrappen sowie Raben beobachten und melden, Hummelarten bestimmen, die Entwicklung

des Schwarzen Holunders und des Wiesen-Knäuelgrases dokumentieren, historisches Material wie Fotos oder Erzählungen sammeln oder Forschungsfragen im Bereich Unfallverletzungen formulieren. Die engagiertesten Citizen Scientists werden im Rahmen einer feierlichen Festveranstaltung im Herbst in Wien mit Sach- und Geldpreisen von bis zu 1.000 Euro belohnt. Jene Schulklasse, die mit einem besonders kreativen Video ihre Mitarbeit an einem der teilnehmenden Projekte dokumentiert, erhält einen Sonderpreis von 3.000 Euro für die Klassenkassa. Weitere Informationen: www.zentrumfuercitizenscience.at/de/award


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Rita Michlits | Barbara Sutrich

OeAD-Jahresbericht 2017 Der Jahresbericht der OeAD-GmbH präsentiert ausgewählte Projekte und liefert Zahlen, Daten und Fakten zu Internationalisierung und nationalen Programmen. OeAD-Fördermittel 2017

€ 49,44 Mio.

Verteilung der Auslandsaufenthalte aus dem tertiären Sektor nach Geschlecht

Alle Bildungsbereiche

16.264 Outgoings (ins Ausland) 2.289 Incomings (nach Österreich) 1.554 Projekte

62 %

16.264 Österreicher/innen waren im Vorjahr im Ausland, um zu lernen, lehren, forschen oder zu arbeiten. Knapp 2.300 internationale Forscher/innen und Studierende kamen mit OeAD-Programmen 2017 nach Österreich. 1.554 länderübergreifende Projekte hat der OeAD unterstützt. Die Fördermittel in der Höhe von 49,44 Mio. Euro kommen zu 65 Prozent von der EU und zu 23 Prozent vom BMBWF. Je sechs Prozent entfallen auf Programme der Entwicklungszusammenarbeit sowie Drittmittelprogramme. Die Zahlen im Detail und die Möglichkeiten im Rahmen von Erasmus+ und Sparkling Science über APPEAR und KEF bis zu CEEPUS und den bilateralen Aktionen finden Sie auf 20 Seiten Sonderbeilage »Think internaThink international! tional!«.

In welche europäische Länder gehen österreichische Studierende, Forscher/innen, Lehrende und Hochschulpersonal? Top-10 Top-10 Zielländer Europa (2017) Deutschland Deutschland Spanien Spanien Vereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich Frankreich Frankreich Italien Italien Schweden Schweden Finnland Niederlande Niederlande Finnland Dänemark Dänemark Norwegen Norwegen

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BILDUNG · WISSENSCHAFT · FORSCHUNG

In welche Länder außerhalb Europas gehen österreichische Studierende, Forscher/innen, Lehrende und Hochschulpersonal? Top-5

W I S S E N S C H A F T W E LT W E I T: 5 ERFOLGSGESCHICHTEN Seite 10

HOUSING: EIN GRÜNES DACH ÜBER DEM KOPF Seite 18

Top-5 Zielländer außerhalb Europas (2017)

Israel Israel Russland USA USA Thailand Thailand China China

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Russland

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Ab ins Ausland! Erasmus+ wird weiter ausgebaut Seite 6

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Der Jahresbericht ist auf www.oead.at/ jahresbericht-2017 abrufbar. Printexemplare können Sie unter kim@oead.at bestellen. Foto: Cover (© Egger & Lerch/Reinhard Lang)


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Regina Aichner

Anerkennung früherer Lernerfahrungen »Strategien – Empfehlungen – Modelle«, das war der Bologna-Tag 2018 an der FH Burgenland. Regina Aichner ist Leiterin der BolgonaServicestelle bei der OeAD-GmbH.

Bild 1: Die Diskussion rund um »Recognition of Prior Learning«, dem Generalthema des Bologna-Tages 2018, verfolgten 160 Interessierte aus ganz Österreich. (v.l.n.r.): Begrüßung durch Georg Pehm (FH Burgenland), Astrid Eisenkopf (Landesregierung Burgenland), Stefan Zotti (OeAD-GmbH), Josef Wiesler (FH Wiener Neustadt) und Heribert Wulz (BMBWF). Bild 2: Die beiden Bologna-Koordinator/innen Michael Roither (FH Burgenland) und Karin Dobernig (FH Wiener Neustadt) luden zum Thema »Anerkennung früherer Lernerfahrungen« ein. Heinz Kasparovsky (ENIC Naric Austria, rechts im Bild) skizzierte die Rechtslage. Bild 3: Besonderen Anklang fand das Forum »Akademisches Potenzial (er-)heben«. Der Erfahrungsbericht des geflüchteten Studenten Ara Badrtarkhanian ermöglichte es den Anwesenden, sich nicht nur über, sondern auch mit Betroffenen auszutauschen.

Inwieweit ist beruflich erworbenes Know-how für ein Studium anrechenbar? Wo liegen die Chancen und Risiken für Quereinsteigende, wo für die Hochschulen? Wie können Kompetenzen Geflüchteter, deren Diplome verloren gegangen sind, überprüft werden? Was verstehen wir unter formalen, nonformalen und informellen Kompetenzen? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt des diesjährigen Bologna-Tages »Anerkennung früherer Lernerfahrungen: Strategien – Empfehlungen – Modelle« des Österreichischen Austauschdienstes (OeAD) an der FH Burgenland, die gemeinsam mit der FH Wiener Neustadt Gastgeber der Jahreskonferenz war. Besonderes Augenmerk lag auf Modellen zur Qualitätssicherung von Anerkennungsprozessen früherer, beruflicher oder nicht zertifizierter Lernerfahrungen. Die Kernfrage dabei lautete: Inwiefern ist es möglich, nicht akademische, aber für das Studium fachlich relevante Vorkenntnisse transparent abzuprüfen, zu dokumentieren und mit ECTS-Credits zu bewerten, um somit die Studienzeit insgesamt zu verkürzen? Internationale Gäste aus Schweden und Deutschland stellten gemeinsam mit hiesigen Gästen deren Expertise in puncto Transparenz, Beratung, Datenbankabwicklung und Kulturwandel zur Verfügung. Ziel war eine Diskussionsplattform, wie zu einem Umdenken an den Hochschulen motiviert werden kann, welche proaktive Rolle betroffene Studierende im konkreten Anerkennungs-

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prozess einnehmen sollten und wie eben diese geschult werden können, um ihre bestehenden Kompetenzen zu artikulieren und zur Schau zu stellen. Die Anerkennungspraxis an Hochschulen hadert mit individuell und nicht immer transparent nachvollziehbaren Entscheidungen und mit der Befürchtung, das (wissenschaftlich-akademische) Gesamtniveau an der Hochschule zu beeinträchtigen. Bestehende Empfehlungen der AQ Austria zur Gestaltung von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren bieten einen ersten Rahmen, um qualitätsgesicherte Verfahren zu entwickeln und dadurch das Vertrauen in extern erworbene Kompetenzen zu stärken. Mittels Smartphone-Voting äußerten die Anwesenden im einleitenden Abgleich zum Wissensstand insbesondere den Wunsch nach einer Kulturveränderung, Ressourcen für individuelle Betreuung, nach mehr Vertrauen und nach einer österreichweiten Anerkennungsdatenbank. Dabei gilt es, u. a. Curricula so zu gestalten, dass sie diverse Zugänge zulassen und dennoch nicht beliebig werden, und Vertrauen zu »neuen« Verfahren zu fassen. In den einzelnen Hochschulsektoren zeigen sich eklatante Unterschiede in den Rahmenbedingungen: Während Regelungen unter der Pädagog/-innenbildung Neu aktuell zusätzliche Stolpersteine in der Anerkennungspraxis nach sich ziehen, tun sich Fachhochschulen wie auch Privatuniversitäten durch kompetenzorientierte und modulare Curricula sowie durch die Berufs-

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Alle Bilder der Doppelseite © OeAD-GmbH | APA-Fotoservice/Juhasz

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orientierung leichter. An den öffentlichen Universitäten zeichnen sich zwischen den Disziplinen naturgemäß große Unterschiede ab. »Man muss althergebrachte Denkmuster auch mal loslassen können«, so Vizerektor Detlef Heck (TU Graz) zur Öffnung der Hochschulen zu Gunsten der Anerkennung von (außer-)hochschulisch erworbenem Know-how. Der Vorteil liegt auf der Hand: Hochschulen gewährleisten somit eine diversere Studierendenschaft mit unterschiedlichen (beruflichen) Vorkenntnissen, die im Idealfall positiv auf den Unterricht einwirken können. Dass in diesem Kontext insbesondere Geflüchtete und Studierende mit Migrationshintergrund neue Perspektiven öffnen, unterstrichen die Keynote von Patricia Staaf und der intensive Austausch in Forum 1. Die weiteren Foren stellten bestehende Beispiele zur Diskussion, wie zweckangemessene, transparente, qualitätsgesicherte Verfahren entwickelt, in der Praxis gehandhabt und schlussendlich dokumentiert werden können. Im abschließenden Streitgespräch »Anerkennung und Anrechnung zu Ende gedacht: (Aus-) Bildungsstätten als Patchwork?« zeigte Sektionschef-Stellvertreter Heribert Wulz weiterhin offene Fragen in der Anerkennung im formalen Bereich auf, so z. B. bei der Durchlässigkeit bei Studienwechsel oder im Übergang zwischen Bachelor und Master, hier sei ein Umdenken der Institutionen wünschenswert. Auch unterschieden die Diskutant/innen zwischen den Ansprüchen im Regelstudium und im Weiterbildungssektor – im Letzteren zeigen sich laut Friedrich Faulhammer, Rektor der Donau-Universität Krems, die Vorzüge der modularen Angebote bei einem Quereinstieg ins Studium. Barbara Bittner, Rektorin der FH Campus Wien, betonte die Komplexität von transparenten Anerkennungsverfahren, insbesondere bei informell

erworbenen Kompetenzen. Gleichzeitig bedauerte sie, dass »der Geist an Hochschulen enger« geworden sei – je genauer institutionell definiert werde, desto kleinteiliger offenbarten sich die Gedankengänge. Eine offenere Haltungsfrage und abstrakter definierte Curricula könnten dem Abhilfe schaffen – gerade auch im Anerkennungsprozess.

Bild 1: Der einleitende Abgleich zur Tagung zeigte die jeweiligen Herausforderungen in den einzelnen Hochschulsektoren auf. (v.l.n.r.): Andreas Breinbauer (FH bfi Wien; FHK), Berta Leeb (Private PH der Diözese Linz), Bernhard Kernegger (Universität für angewandte Kunst Wien; uniko), Anna Klampfer (ÖH), Heinz Kasparovsky (ENIC NARIC Austria), Barbara Birke (AQ Austria), Christian Werner (Privatuniversität Schloss Seeburg) und Moderator Michael Roither (FH Burgenland).

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Bild 2: Best Practice aus Schweden: Patricia Staff, Leiterin des Teaching Centers der Malmö Universität, befasste sich mit dem Thema »Recognition of prior learning, inclusion and alternative routes to Higher Education in the light of increased migration«. Bild 3: Christina Paulus – hier im Bild mit Andreas Breinbauer (FH des bfi Wien) und Edith Winkler (BMBWF) – stellte das BOKU-Modell zur Dokumentation von Verfahrensschritten und den damit einhergehenden notwendigen Kriterien vor.

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Bild 4: Stephan Dulmovits (BMBWF), Berta Leeb (Private PH der Diözese Linz), Axel Benning (FH Bielefeld) und Tilman Dörr (HRK) behandelten in Forum 3 die strategische »Entwicklung von zweckangemessenen, qualitätsgesicherten Verfahren«. Bild 5: Das Forum 2 gestaltete sich als »Austausch mit Werkstattcharakter«. Die Anwesenden spielten unter der Anleitung von Bernhard Fügenschuh und Christina Raab (2.v.r.) – beide Universität Innsbruck – Szenarien zur Anerkennung von informell erworbenen Kompetenzen nach.

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OeAD-Events

Veranstaltungskalender Der OeAD bietet Plattformen zur öffentlichen Diskussion rund um Mobilität und Internationalisierung. Details und Infos zur Anmeldung finden Sie unter www.oead.at/events.

26. September 2018 | Wien Haus der Europäischen Union | Wipplingerstraße 35 | 1010 Wien Tag der Sprachen und eTwinning-Preisverleihung 2018 2018 feiern die Nationalagentur Erasmus+ Bildung, der Stadtschulrat für Wien und die Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich wieder gemeinsam den Europäischen Tag der Sprachen – heuer zum Schwerpunkt Europäisches Kulturerbe. 8.–9. Oktober 2018 | Istanbul, Türkei Europäisches Hochschulkontaktseminar für Zentralasien Die Europäische Kommission lädt zum Kooperations- und Kontaktseminar für die Region Zentralasien (Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan) für Hochschulen aus den Erasmus+ Programmländern. 12. Oktober 2018 | Österreich Erasmus+ Tag 2018 Europaweit finden am 12. und 13. Oktober 2018 die #erasmusdays statt. Die Nationalagentur Erasmus+ Bildung unterstützt diese Initiative auch in Österreich und lädt am Erasmus+ Tag zu Events und Aktivitäten in allen Bundesländern. 18. Oktober 2018 | Wien OeAD-Haus | Ebendorferstraße 7 | 1010 Wien Welcome & Alumni Talks Bei der OeAD-Willkommensveranstaltung für neue Stipendiat/innen erzählen ehemalige OeAD-Stipendiat/innen von ihren persönlichen und beruflichen Erfahrungen vor, während und nach dem Stipendienaufenthalt.

18.–19. Oktober 2018 | Bratislava , Slowakei Erasmus+ Infoseminar für internationale und zentrale Aktionen Die Erasmus+ Nationalagenturen im Bereich Hochschulbildung aus Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Österreich organisieren ein gemeinsames Informations- und Kontaktseminar zu den zentralen und internationalen Aktionen »Capacity Building in Higher Education«, »Erasmus Mundus Joint Master Degrees« und »Jean Monnet«. Neben Vorträgen werden Beispiele guter Praxis und vertiefende Workshops angeboten. 23.–25. Oktober 2018 | Split, Kroatien Erasmus+ Fachseminar Praktika im Hochschulbereich Bei diesem Seminar der österreichischen, kroatischen, slowenischen und rumänischen Nationalagenturen zum Thema »Connecting Higher Education Institutions and Business Community: Increasing the Quality of Erasmus+ Traineeships« stehen die Qualitätsaspekte von hochschulischen Praktikumsangeboten aus Sicht der Studierenden, der Hochschuleinrichtungen und der aufnehmenden Unternehmen im Zentrum. 13. November 2018 | Wien | Austria Center Vienna | 1220 Wien Konferenz »Wissenschaft im Wandel« Die Konferenz der »Allianz Nachhaltige Universitäten« wird in Kooperation mit der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE), dem »Runden Tisch Hochschulbildung Global«, der Österreichischen Fachhochschulkonferenz und der Abteilung Bildung und Forschung für Entwicklungszusammenarbeit (OeAD) durchgeführt.

Save the date: OeAD-Hochschultagung und Erasmus+ Hochschulbildung | 20.–21. November 2018 | FH Campus Wien


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