oead.news 110 | Kompetenzen für die Zukunft – 10 Jahre OeAD-GmbH

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1 Nummer 110 | November 2019

Kompetenzen fĂźr die Zukunft

10 Jahre OeAD-GmbH


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Inhalt

Calice 03 Jakob Editorial

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OeAD in Zahlen 2009 | 2018

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Interviews mit Stipendiatinnen und Stipendiaten Gelebte Mobilität

Kompetenzen für die Zukunft Jakob Calice 04 Shaping Competencies for our Future

OeAD - Programme und Instrumente

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Harry Gatterer Willkommen in der neuen Wissenskultur!

Söser 08 Kurt Analog oder digital? Nein. Phygital!

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Regina Aichinger | Elke Gornik Von der Wissens- zur Kompetenzgesellschaft

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oead.news im Gespräch mit Ernst Gesslbauer Erasmus+ Der Superkleber für Europa

Riegler 28 Silvia 50.000 Studierende und Lehrende profitierten

von CEEPUS

Obrecht 30 Andreas Entwicklungsforschung – ein transdisziplinäres

Teresa Torzicky 14 Bildung braucht Innovation – Innovation

Forschungsfeld

Hilmar 16 Ursula Kompetenzzentrum KulturKontakt Austria

Funken sprüht

10 Jahre OeAD-GmbH

in der (beruflichen) Bildung

braucht Bildung.

Hörmann 18 10Ulrich Jahre OeAD-GmbH

Michlits 20 Rita Vier von fünf Sternen für den OeAD

Andreas Kurz 32 Das OeAD-Lektoratsprogramm –

Kontinuität im Wandel

Pirker | Petra Siegele 34 Heidemarie Sparkling Science. Wenn Wissenschaft

Franz Gramlinger 36 Meilensteine der Entwicklung von Qualität Andrew Müllner 38 Karl NQR: Das (Lern-)Ergebnis zählt

40 Veranstaltungskalender


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Jakob Calice

Mit dem Titel dieses Hefts »Kompetenzen für die Zukunft« sprechen wir eine zentrale Entwicklung in der Bildung über alle Sektoren hinweg an. Seit einigen Jahren in aller Munde und durch die Digitalisierung stark forciert stehen wir vor einer substanziellen Veränderung im Bildungsbereich. Denn nun genügt es nicht mehr, rein Fachliches und Fakten zu vermitteln – auch wenn ein Basiswissen immer unerlässlich sein wird. Aber Details und Jahreszahlen kann heutzutage jede/r Interessierte im Internet in Sekundenschnelle googeln. Worauf es jetzt ankommt, sind andere Kompetenzen, die unter dem Schlagwort »21st Century Skills« zusammengefasst werden können. Was im hochschulischen Kontext schon einige Jahre als handlungsleitend angesehen wurde, hat mittlerweile Eingang in die Gestaltung der Schul-, der Elementar- und der Erwachsenenbildung gefunden. Das beweist der OeAD mit seiner Vielfalt an Programmen bereits seit Jahren. Mit ihnen fördert er für seine Auftraggeber Kinder, Jugendliche und Erwachsene bei ihrem individuellen Kompetenzaufbau ebenso wie er Bildungseinrichtungen in- und außerhalb Österreichs dabei unterstützt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eben diese geforderten Kompetenzen vermitteln. Mit anderen Worten: Der OeAD fördert »capacity building«. Dazu gehören auch die Fähigkeit zur Internationalisierung, genauso wie Supportleistungen, um gut international arbeiten zu können. Mit der WohnraumverwaltungsGmbH oder der Fremdenrechtsberatung des OeAD wird eine Basisarbeit geleistet, ohne die die hohe Internationalität des öster-

reichischen Hochschulstandorts nur schwieriger möglich wäre. Anders ausgedrückt: Der OeAD steht selbst für »Shaping Competencies for our Future«. 2019 feiert der OeAD nun sein 10-jähriges Bestehen als GmbH des Bundes. Diese Umwandlung des 1961 gegründeten Vereins in eine GmbH war ein entscheidender Meilenstein für die Organisation. Sein Auftrag ist es seither, den gesetzlich verankerten Unternehmenszweck umzusetzen und damit die »Politik des BMBWF (im Sinne von Policies)« zu unterstützen. Nun steht der OeAD ein weiteres Mal vor fundamentalen Veränderungen. Mit dem bereits begutachteten Forschungsrahmengesetz werden Finanzierungstruktur und Governance des OeAD auf völlig neue Beine gestellt. Mit der Integration des Vereins KulturKontakt Austria ab 2020 erfährt der OeAD zusätzlich eine starke inhaltliche Erweiterung. Das alles sind nachhaltige Veränderungen, die länger wirken werden als nur in den kommenden zehn Jahren. Das diesjährige Jubiläum bietet uns daher nicht nur die Möglichkeit, zurückzublicken, sondern auch auf zukünftige Herausforderungen zu schauen. Jakob Calice

Impressum: Medieninhaber & Herausgeber: OeAD (Österreichische Austauschdienst)-Gesellschaft mit beschränkter Haftung | Austran Agency for International Cooperation in Education and Research (OeAD-GmbH) | 1010 Wien, Ebendorferstraße 7 | T +43 1 534 08-0 | F DW 999 | info@oead.at | www.oead.at | Sitz: Wien | FN 320219 k | Handelsgericht Wien | Chefredaktion und für den Inhalt verantwortlich: Eva Müllner, KIM – Kommunikation, Information, Marketing | Schlussredaktion: Christian Jahn, Irmgard Schmoll, Barbara Sutrich | Mitarbeiter/innen dieser Ausgabe: Regina Aichinger, Jakob Calice, Harry Gatterer, Elke Gornik, Franz Gramlinger, Ursula Hilmar, Ulrich Hörmann, Andreas Kurz, Rita Michlits, Karl Andrew Müllner, Andreas Obrecht, Heidemarie Pirker, Silvia Riegler, Petra Siegele, Kurt Söser, Teresa Torzicky, Karin Tzschentke | Grafisches Konzept: Fineline, erweitert Rita Michlits & Eva Müllner | Layout: Eva Müllner | Coverfoto: © Eti Ammos, Adobe Stock | Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH, Bad Vöslau | Finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung | Hinweis: Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider und müssen sich nicht mit der des Herausgebers decken. | P.b.b. | Erscheinungsort Wien | Verlagspostamt 1010 Wien | GZ: 02Z032 994M | Wien, November 2019 OFFENLEGUNG GEMÄSS § 25 MEDIENGESETZ: Unternehmensgegenstand: Unternehmensgegenstand ist die Durchführung von Maßnahmen der europäischen und internationalen Kooperation im Bereich der Wissenschaft und Forschung sowie der Erschließung der Künste, der Hochschulbildung, der Bildung und der Ausbildung (§3. (2) OeAD-Gesetz) | Geschäftsführer: Jakob Calice | Prokurist: Ulrich Hörmann | Mitglieder des Aufsichtsrates: Edeltraud Hanappi-Egger, Hanspeter Huber, Teresa Indjein, Kurt Koleznik, Marlies Krainz Dürr, Julia Lichtkoppler-Moser, Bernhard Mazegger, Bernhard Muzik, Elmar Pichl, Franz Salchenegger, Jean-Robert Tyran, Eva Weixler | Die OeAD-GmbH steht zu einhundert Prozent im Eigentum des Bundes (§1.(2) OeAD-Gesetz) | Grundlegende Richtung: Information zu Bildungsmobilität & Bildungskooperation – national und international

© Klimpt; OeAD

Editorial


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Jakob Calice

Shaping Competencies for our Future

© Sabine Klimpt

Mit neuen Portfolios und der Integration von KulturKontakt Austria baut der OeAD seine Position als Kompetenzzentrum für die Entwicklung aller Bildungssektoren aus.

»Mit unseren Programmen und Maßnahmen fördern und stärken wir sowohl individuelle Kompetenzen als auch institutionelle Kapazitäten.«

Wir stehen heute vor enorm großen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und materiellen Herausforderungen. Diese sind nicht regional geprägt, sondern global. Und damit sind sie nur gemeinsam mit anderen Ländern zu meistern. Die Vereinten Nationen haben das erkannt und genau aus diesem Grund 2015 die »Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung« verabschiedet. Auch Österreich zählt zu den Unterzeichnerstaaten, die sich zu den sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs) bekannt haben. Die Digitalisierung aller gesellschaftlichen Bereiche bedeutet dabei Potenzial und Bedrohung gleichzeitig. Die Anforderungen an viele Tätigkeiten unterliegen einem grundlegenden Wandel. Diese Dynamik und Geschwindigkeit der Veränderung fordern vom Bildungs- und Wissenschaftssystem neue Kompetenzen und Qualitäten, damit Menschen und Standort eine sichere Zukunft haben. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist daher ein offener, innovationsorientierter Umgang Österreichs mit anderen Wissens-, Forschungs- und Kulturräumen. Die weitere Internationalisierung fördert nicht nur Spitzenleistungen, sondern auch gute, lösungsorientierte Kontakte und Kooperationen mit anderen Staaten und Regionen. Der OeAD wurde vor knapp 60 Jahren als Auslandsstudentendienst gegründet und hat sich in seiner Geschichte mit der Internationalisierung vorwiegend der Hochschulen beschäftigt. Grenzenloses Studieren und Forschen war damals noch ein vergleichsweise ferner Traum. Die Situation ist heute ganz anders: Ein Semester im Ausland zu verbringen ist mit Erasmus+ niederschwellig möglich, publizieren auf Englisch gehört genauso zu den Standards für angehende Wissenschaftler/innen wie internationale Vernetzung. Es geht daher jetzt darum, diese Internationalität des Standorts als Basis weiter zu stärken, gleichzeitig aber auf die neuen Herausforderungen zu reagieren. Fachwissen alleine ist für die Gestaltung der

Zukunft nicht mehr genug. Für jede Einzelne und jeden Einzelnen werden Kommunikation, Kollaboration, Kritisches Denken und Kreativität (»21st century skills«) als Zukunftskompetenzen immer wichtiger. Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben, Rechnen etc. wird es immer brauchen. Aber sobald Google und das WorldWideWeb vielerorts Zugriff zu Daten und Fakten erlauben, treten andere Kompetenzen in den Vordergrund. Der OeAD fördert seit Jahren Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit zukunfts- und kompetenzorientierten Programmen Die Auftraggeber des OeADs, insbesondere die Europäische Kommission und das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten auf diese Entwicklungen reagiert. Wer ins Ausland geht, hat damit die Möglichkeit, eine fremde Sprache und Kultur kennenzulernen und zu erfahren, wie es ist, sich in einem unbekannten Land zurechtzufinden. Erasmus+ erweitert Horizonte, um für die Gegenwart und Zukunft gerüstet zu sein – und zwar in einem gemeinsamen Europa. Das gilt im Übrigen auch für die Programme, die der OeAD für das Bildungs- und Wissenschaftsministerium bearbeitet. Ein Beispiel ist Sparkling Science, das Schüler/innen ermöglicht, wissenschaftliches Arbeiten zu verstehen, indem sie selber gemeinsam mit Wissenschaftler/innen forschen, statt nur zuzuschauen oder zuzuhören. Auf der anderen Seite ermöglicht das MariettaBlau-Stipendienprogramm Doktorand/innen, internationales Forschungsterrain zu entdecken. Und auch die Aktivitäten im Bereich der kulturellen Bildung, die ab Jänner 2020 im OeAD durchgeführt werden, erweitern Horizonte für jede Einzelne und jeden Einzelnen. Einem Lehrling, der sich mit kulturellem Schaffen in seinem Unternehmenskontext


5 Kompetenzen für die Zukunft

© Sabine Klimpt

»Unser Ziel ist es, mit unseren Impulsen Bildungssysteme fit für die Zukunft zu machen.« Jakob Calice, OeAD-Geschäftsführer

auseinandersetzt, wird sich wahrscheinlich eine ähnlich neue Welt eröffnen, wie wenn er ein Praktikum im Ausland über Erasmus+ machen würde. Fokus institutionelle Entwicklung: »Capacity Building« für das System Um die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu meistern, genügt es aber nicht, nur beim Einzelnen anzusetzen. Auch Institutionen müssen an ihrer Entwicklung arbeiten. Erasmus+ nimmt genau diese institutionelle Entwicklung seit einigen Jahren in den Fokus und wird es in der kommenden Programmperiode ab 2021 noch mehr tun. Durch europäische Zusammenarbeit soll die Qualität des Bildungssystems über alle Bildungsstufen hinweg gesteigert werden. Europaweit fließen alleine im Jahr 2019 immerhin 911 Millionen Euro in entsprechende Projektförderschienen, bei der in allen erdenklichen inhaltlichen Feldern der Bildung eine Entwicklung vorangetrieben werden kann. So gibt es in Österreich beispielsweise Erasmus+ Projekte zu Fragen von Bildung und Klimawandel, Begabtenförderung oder Wirtschaftsbildung, um nur einige wenige zu nennen. Erasmus+ ist daher das Bottomup-Programm für Bildungsinnovatorinnen und -innovatoren schlechthin. Neue Portfolios lassen den OeAD zur Agentur und zum Kompetenzzentrum für die Entwicklung aller Bildungssektoren werden Mit der Integration des Vereins KulturKontakt Austria wird der OeAD ein neues Kapitel aufschlagen. Sein Portfolio wird breiter, aber auch runder. Denn die Kulturvermittlung im schulischen Kontext zielt genauso auf die Entwicklung der 21st Century Skills ab wie Public Science oder das Erasmus+ Programm. Seine unterstützende Tätigkeit im Bereich der Wissenschaftsdiplomatie – etwa in Form

des CEEPUS-Programms mit seinem speziellen Fokus auf den Westbalkan und Osteuropa, in dem Österreich traditionell eine starke Präsenz zeigt und etablierter internationaler Partner ist – wird durch Maßnahmen von KulturKontakt Austria noch ergänzt werden. Denn KulturKontakt Austria bringt ein Netzwerk von fünf Projektbüros in Osteuropa und am Westbalkan in den OeAD ein, die zum Ziel haben, durch gemeinsame Projekte die Entwicklung der Bildungssysteme vor Ort zu unterstützen. Individuelle Kompetenzen und institutionelle Kapazitäten fördern und stärken Die OeAD-GmbH setzt als Einrichtung des Bundes zwar keine Maßnahmen um, mit denen die jeweilige Basisbildung der einzelnen Bildungssektoren sichergestellt wird. Der OeAD bietet weder selbst Unterricht in den Regelfächern an noch vermittelt er Studierenden, wie das wissenschaftliche Arbeiten funktioniert. Die Maßnahmen, die wir für unseren Eigentümer – das BMBWF – und unsere Auftraggeber wie BMBWF und Europäische Kommission – umsetzen, zielen darauf ab, über diese Grundkompetenzen hinaus die Kompetenzvermittlung zu ermöglichen und institutionelle Entwicklung bis hin zur Entwicklung ganzer Bildungssysteme zu unterstützen. Wir fördern und vernetzen damit Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Institutionen mit zukunftsorientierten Programmen aus Bildung, Kultur und Wissenschaft. Wir sind dabei selbstverständlich sowohl in Österreich, als auch in Europa und in internationalen Schwerpunktländern tätig. Wir glauben daran, dass nur durch eine starke internationale Vernetzung Österreich und Europa in der Welt eine positive Rolle spielen können. Wir arbeiten dabei eng mit unseren Partnern aus Wissenschaft und Bildung zusammen. Denn unser Ziel ist es, mit unseren Impulsen Bildungssysteme fit für die Zukunft zu machen.


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Harry Gatterer

Willkommen in der neuen Wissenskultur! Das Ziel von Bildung ist, sich bestmöglich für die Zukunft zu rüsten.

Harry Gatterer ist geschäftsführender Gesellschafter des Zukunftsinstituts mit Sitz in Frankfurt am Main und Wien. Seine Kernkompetenz liegt in der Verknüpfung von gesellschaftlichen Trends und unternehmerischen Entscheidungen. In der von ihm entwickelten Future-Room-Methode stecken 20 Jahre Erfahrung als Unternehmer und Zukunftsforscher. Heute arbeiten sowohl kleine und mittlere als auch international renommierte Unternehmen sowie öffentliche Institutionen mit dem Future Room.

Das Verständnis von Wissen und Bildung befindet sich in einem drastischen Wandel. Dabei rücken technologische Entwicklungen ebenso in den Vordergrund wie zutiefst menschliche Kompetenzen. Das alles mit dem Ziel, sich bestmöglich für die Zukunft zu rüsten. Waren Menschen jahrhundertelang daran gewöhnt, sich Fakten einzubläuen, sind die Anforderungen in einer Welt, in der gigantische Datensammlungen innerhalb weniger Sekunden durchsucht werden können, andere. Heute reicht ein Griff in die Jackentasche, um auf das gesammelte Wissen der Menschheit zuzugreifen. In unserer komplexen Welt kann es nicht mehr darum gehen, eine richtige Antwort auf eine Frage zu kennen, sondern Kompetenzen zu erlangen, die den Umgang mit der unsicheren Zukunft ermöglichen.

© Wolf Steiner

Offenheit und Kollaboration schlagen einzelne Disziplinen Probleme können in unseren komplexen Systemen nicht mehr allein bewältigt werden. Das erfordert einen neuen Umgang mit Wissen, der auf offenen Austausch, Kollaboration und Anti-Disziplinarität setzt. Wissen ist heute teilweise frei zugänglich, Open-Knowledge-Lizenzen wie Creative Commons ermöglichen jeder und jedem, Wissensgüter unentgeltlich zu nutzen und zu modifizieren. Es entstehen angewandte und anti-disziplinäre Wissensnetzwerke abseits der etablierten Institutionen. Die Verbindung von Kollaboration und Anti-Disziplinarität stellt etablierte Strukturen auf den Kopf. Die Forschung bewegt sich hinaus aus dem Elfenbeinturm. Die Grenze zwischen Wissenschaftler/innen und forschungsfreudigen Bürger/ innen verwischt zunehmend. Diese Entwicklung sollte Potenzial, Fachwissen und alltagspraktisches Handlungswissen miteinander verknüpfen. Denn komplexe Probleme können nicht aus einer ein-

zigen Disziplin heraus gelöst werden – es braucht die Kollaboration von Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft. Digitales Lernen als Treiber der Wissenskultur Die Prinzipien von Open Knowledge und der kollaborativen Wissensgenerierung prägen auch die Lernformate im Bereich der digitalen Bildung, von Online-Studiengängen bis hin zu sogenannten Massive Open Online Courses (MOOC). Inzwischen haben sich MOOCs als Lernformat fest etabliert, dabei wurden die MOOCs den Erwartungen gar nicht gerecht: hohe Abbrecherquoten in den OnlineVorlesungen, enorme Produktionskosten und teils mangelnde Qualität. MOOCs waren technologisch aktuell – didaktisch jedoch wirkte der reine Frontalunterricht antiquiert. Einer der Gründe: fehlender Austausch. Dieser funktioniert etwa unter YouTubeTutorials besser, wo sich Kommentare und Fragen formulieren lassen. Solche Funktionen binden daher auch immer mehr Anbieter von Online-Bildung ein. Künstliche Intelligenz unterstützt und demokratisiert Ein vielversprechendes Projekt, das deutlich macht, wie Online-Lernen auf Universitätslevel funktionieren kann, wurde an der Shanghai Business School (SBS) implementiert. Die neue Qualität liegt dabei in der Verbindung von Multichannel Learning Environments und Chatbots, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Die Vorlesungen »Grundlagen der Informatik« und »Grundlagen der KI« wurden von Shanghai aus überall ins Land übertragen, dabei konnten die Rückfragen der Studierenden von der KI in 98 Prozent der Fälle eigenständig verstanden und beantwortet werden. Für die Bearbeitung der restlichen Fragen wurden nur zwölf Tutor/innen benötigt. 2017 konnte somit mehr als ein Drittel der


© Wolf Steiner

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Studierenden an der SBS komplett online studieren, und die Universität hat nun eine Reichweite bis in entfernte Provinzen. Digitales, KI-unterstütztes Lernen ist eine Zukunftsperspektive, die vor allem für Schwellenländer, große Flächenstaaten und strukturschwache Räume interessant ist. Die Entkoppelung der Lehre von Ort und Zeit ermöglicht jenen Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände kein Präsenzstudium aufnehmen können, Zugang zu Hochschulbildung. So bietet digitales Lernen eine große Chance, Bildung weiter zu demokratisieren und zu internationalisieren. Neue Lernrealitäten Eine weitere Dimension des praxisbezogenen Lernens eröffnet das Lernen in komplett oder teilweise virtuellen Lernumgebungen, durch Virtual Reality bzw. Augmented Reality. In der medizinischen Ausbildung beispielsweise können Lernende in jede Zelle hineinzoomen und sich detaillierte Informationen einblenden lassen. Im Idealfall resultiert daraus nicht nur eine anschaulichere Vermittlung, sondern auch ein tieferes Verständnis körperlicher Funktionsweisen.

einzigartig machen – und kaum mehr miteinander vergleichbar. Standardisierte Qualifikationen wie Note oder Abschluss sagen künftig weniger über die Kompetenzen einer potenziellen Mitarbeiterin/ eines potenziellen Mitarbeiters aus als individuelle Fähigkeiten und das spezifische Wissensportfolio.

Digitales, KI-unterstütztes Lernen ist eine Zukunftsperspektive, die vor allem für Schwellenländer, große Flächenstaaten und strukturschwache Räume interessant

In der Wissenskultur von morgen … ÆÆ zählt nicht das Allgemeine, sondern das Besondere ÆÆ ist der Maßstab nicht länger der Durchschnitt, sondern das spezifische, individuelle Potenzial ÆÆ kann das Lernen nicht mehr an Ort und Zeit gebunden sein ÆÆ eröffnen die Möglichkeiten der Konnektivität ganz neue Potenziale

Der einzelne Mensch konzentriert sich zunehmend auf seinen individuellen Lernverlauf. Mittels SelfTracking und Learning-Analytics-Software können Lernfortschritte genau analysiert und Lehrinhalte auf individuelle Fähigkeiten und Potenziale zugeschnitten werden. Durch granulare Informationen über den Lernenden kann das richtige Maß zwischen Unter- und Überforderung getroffen werden, sodass Lernen als befriedigende Erfahrung erlebt und der Erfolg maximiert wird. Individualisiertes Lernen wird Bildungsbiografien zunehmend

© Pixabay

Lernen wird individueller


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Kurt Söser

Analog oder digital? Nein. Phygital! Die Digitalisierung eröffnet dem Bildungsbereich viele Chancen. Aber sie müssen auch ergriffen werden.

Kurt Söser ist Mathematik- und Sportlehrer an der Bundeshandelsakademie Steyr. Sein Engagement gilt den neuesten Trends aus dem IKTBereich. 2014 wurde er zum Microsoft Expert Educator ernannt, 2015 zum Microsoft Innovative Educator Fellow. Er selbst bezeichnet sich als Teacherpreneur. www.kurtsoeser.at

Emilia ist vierzehneinhalb Jahre alt und hat heuer im September in der Bundeshandelsakademie Steyr ihr 9. Schuljahr begonnen. In den fünf bevorstehenden Jahren soll sie laut Lehrplan viele »Kompetenzen« erwerben, die ihr helfen sollen »… als Unternehmerin, Arbeitnehmerin, Konsumentin aktiv und verantwortungsbewusst zu agieren und damit Wirtschaft und Gesellschaft mitzugestalten«1. Emilia – geboren 2005 – wird oft als »Digital Native« bezeichnet, sie hat angeblich das »Digitale schon mit der Muttermilch aufgesogen«. Nein! Es gibt aus meiner Sicht keine »Digital Natives«, wörtlich »digital Eingeborene«, genauso wenig wie es »Digital Immigrants«, also »digitale Einwanderer« gibt! Emilia ist vielleicht mit anderen »Werkzeugen« als ihre Eltern und Lehrkräfte groß geworden, doch das bedeutet nicht automatisch, dass sie sich im Prozess der Digitalisierung zurechtfindet. In diesem Beitrag soll anhand der fiktiven Schülerin Emilia ein Blick auf die Welt der Jugendlichen gemacht werden, darauf wie ihre Lebenswelt aussieht und welche Konsequenzen sich daraus für Schule und Bildung ergeben und warum die Digitalisierung ein zutiefst »menschlicher Entwicklungsprozess« ist.

Die Grafik2 zeigt eindrucksvoll die Aktivitäten, die 2019 in einer Minute in der (digitalen) Welt stattfinden. Durch diese Technologien werden schier unvorstellbare Datenmengen erzeugt und es kommt zu einer unglaublichen Beschleunigung vieler Prozesse.

is what happens in an 2019 This internet minute

Beschleunigung vs. Entschleunigung Emilia ist in ihrem jungen Leben schon mit einer Vielzahl von digitalen Tools in Berührung gekommen, sie kann sich ein Leben ohne Smartphone gar nicht mehr vorstellen und ist tagtäglich auf Snapchat, Instagram und WhatsApp unterwegs. Die Entwicklungen dieser elektronischen Gadgets, die unser aller Leben mehr und mehr beeinflussen, sind geradezu revolutionär und die Geschwindigkeit dieser Entwicklungen nimmt exponentiell zu. 1 Lehrplan HAK 2014, Allgemeines Bildungsziel

Was bedeutet das nun für die Schule? Erstens: diese »Beschleunigung« ist da und darf von der Schule nicht negiert werden. Hier hilft auch kein »Früher war alles besser« weiter. Zweitens: Wir können im Bildungssystem nicht mehr mithalten, zu träge sind viele Strukturen in Schulen. Das ist be2 www.visualcapitalist.com/what-happens-in-an-internetminute-in-2019/


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© Pixabay

© Rainer Sturm, Pixelio

20 Jahre Bologna-Prozess Kompetenzen für die Zukunft

dauerlich, aber daraus ergibt sich auch eine Chance: Schule soll und kann auch ein »Ort der Entschleunigung« sein. Es gilt hier nicht, dem olympischen Motto »citius, altius, fortius« (mit digitalen Mitteln) zu folgen und immer mehr in immer weniger Zeit reinzupacken. Schule darf auch wieder Platz für Muße (wie die altgriechische Wortherkunft von Schule schon vorschlägt) sein und dem Lernenden Zeit geben.

auseinandersetzt und der Kampf um »Likes und Follower« treibt diese Welt an. Auch hier zeigt sich eindrucksvoll, wie weit weg Schule und Bildung von diesem Kontext sind. Selbst Wirtschaftsschulen fehlen oft Rüstzeug und Know-how, um diese Entwicklungen aus wirtschaftlichen Standpunkten heraus zu betrachten, geschweige denn, die dahinterliegenden Mechanismen im Lehrplan zu verankern.

Influencer – nein, keine Krankheit!

Analog oder digital?

Ein anderes Beispiel führt zu einem weiteren Aspekt der Digitalisierung: Das zurzeit erfolgreichste Spiel »Fortnite – Battle Royale« schaffte es innerhalb von zwei Jahren eine Gemeinschaft von über 250 Mio. Spielerinnen und Spieler weltweit aufzubauen. Die dahinterstehende Firma kann sich über Milliarden-Gewinne freuen, die Hollywood-Blockbuster-Dimensionen annehmen. Und damit sind wir bei den Influencern. Wer früher noch Schüler/innen belächelt hat, wenn sie von einer Profi-Computerspieler- oder YouTuberKarriere träumten, dem zeigen Menschen wie »Ninja«, »Aqua« oder Österreichs (ehemals) erfolgreichster YouTuber »ksfreak«, dass hier ein riesiger Markt und sehr viel Geld dahinterstecken. In den letzten zehn Jahren hat sich eine enorme Szene entwickelt, die vielen Erwachsenen unverständlich ist. Aber diese Welt ist »real life«. Das ist die Welt, mit der sich Emilia tagtäglich aktiv

Während Emilia mit 14 höchstens dann noch offline ist, wenn sie keinen Handy-Empfang hat, unterscheidet die Elterngeneration noch zwischen online und offline. Jugendliche wie Emilia leben in einer »phygitalen« Welt; ein Begriff, der aus dem Marketing kommt, um die »Verschmelzung zwischen physischer und digitaler Welt« zu beschreiben. Aus Jugendstudien (wie z .B. der OÖ-JugendMedien-Studie 20193) geht hervor, dass zwar immer noch »mit Freunden treffen« die beliebteste Freizeitbeschäftigung ist, doch hier ist natürlich das Smartphone mit dabei. Auch beim »Musik hören« oder »Sport treiben« ist das Smartphone dabei. Es geht hier nicht um Wertungen, es geht um eine bloße Beschreibung des Status quo. 3 z. B. www.edugroup.at/innovation/forschung/jugend-medienstudie/detail/6-ooe-jugend-medien-studie-2019.html


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Auch wenn ein Blick in die Zukunft immer schwierig ist, so ist es absolut klar, dass digitale Technologie ein nicht mehr wegzudenkendes Element unserer Gesellschaft ist, und unsere Emilia wird bis zu ihrer Pensionierung (voraussichtlich in 50 Jahren) in dieser phygitalen Welt leben und arbeiten. Im Hinblick auch auf die oben genannte Beschleunigung ist es unvorhersehbar, in welcher technologisierten Welt Emilia 2069 in Pension gehen wird. Und das rückt die Aussage »In der Schule bereiten wir auf das Leben vor!« in ein etwas anderes Licht. 21st Century skills = Human skills

Digitalisierung der Mensch und das Menschliche ins Zentrum des Interesses rücken. So wie Jack Ma, Gründer des Internet-Riesen Alibaba es formulierte: »Everything we teach should be different from machines. If we do not change the way we teach, thirty years from now we will be in trouble.«6 Das bedeutet nicht, dass Wissen im 21. Jahrhundert obsolet geworden ist, es hat einfach einen anderen Stellenwert im Zeitalter von ubiquitärem Wissen, das nur einen Mausklick entfernt ist. Es bildet immer noch die Basis, um Dinge einzuordnen, abzuschätzen und bewerten zu können. Bildungs(r)evolution = Bildungstransformation

Was ist es nun, was unsere Emilia in der Schule lernen muss, was wir ihr mitgeben können, damit sie ihr digitales Leben selbstbestimmt gestalten kann? Seit einiger Zeit sind die mit 4Ks beschriebenen 21st Century skills (Kollaboration, Kreativität, Kommunikation und kritisches Denken) in aller Munde. Wissen rückt gegenüber anderen Kompetenzen/ Skills in den Hintergrund? Etwas erweitert hat diese das World Economic Forum bereits 2015 im Bericht »New Vision for Education«4 5 dargestellt (siehe Grafik oben). All diesen Betrachtungen ist gemeinsam, dass es sich bei den Kompetenzen immer um zutiefst menschliche Skills handelt. Es wird immer klarer, dass mit einer vermehrten und schnelleren

Es muss zu einer Bildungsrevolution kommen: Es geht nicht darum, mit neuartigen, digitalen Tools den Lern- und Lehrprozess zu optimieren und den Schülerinnen und Schülern mit Apps und Lernprogrammen nur doch wieder alten Wein in neuen Schläuchen aufzubereiten. Es bedarf auch neuer didaktischer Konzepte. Das Ziel ist eine ganzheitliche Transformation des Bildungsprozesses, um die Möglichkeiten neuer (digitaler) Werkzeuge und ihrer Inhalte sinnstiftend, aber auch kritisch für eine zeitgemäße Bildung einzusetzen. Dabei ist oft weniger mehr und wir müssen Emilia unterstützen, sich zu einer »Persönlichkeit« zu entwickeln, um die zukünftigen Herausforderungen zu meistern.

4 www.weforum.org/reports/new-vision-for-education-fosteringsocial-and-emotional-learning-through-technology 5 www3.weforum.org/docs/WEF_New_Vision_for_Education.pdf

6 www.youtube.com/watch?v=rHt-5-RyrJk


11 Kompetenzen für die Zukunft

Regina Aichinger | Elke Gornik

Von der Wissens- zur Kompetenzgesellschaft Die Hochschule als Partner auf dem Weg von der Wissens- zur Kompetenzgesellschaft oder einfach: Panta rhei …

Das Konzept des lebenslangen Lernens (LLL)1 wird an Hochschulen strategisch geplant, implementiert und umgesetzt, jedoch auch mit einem neuen Zugang: nämlich der Kreation einer neuen LLL-Kultur. Dazu zählen die Öffnung gegenüber Studierenden mit alternativen Zugängen, die Erhöhung von Durchlässigkeit, die Gestaltung von Übergängen mit unterschiedlichen Kompetenzen und Erfahrungen sowie zielgruppenspezifische, flexibel organisierte (möglichst modular aufbauende, berufsbegleitende) Formate. Zusätzlich sollten die Angebote, die bereits in der Planung auf diese Bedürfnisse eingehen, professionell geplant, serviceorientiert, didaktisch abgestimmt, medientechnisch unterstützt und qualitätsgesichert ausgerichtet sein. Dies birgt für Hochschulen Herausforderungen auf struktureller, organisatorischer, finanzieller und inhaltlicher Ebene. Lernen, Wissen, Kompetenzen … alles gleich? Die Aneignung von Wissen ist mit der Bereitschaft, zu lernen und sich neue Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten aneignen zu wollen, verbunden. Lernen stellt eine aktive Position dar, im Rahmen 1 Zusammengefasst aus den Dokumenten Memorandum on Lifelong Learning, der EUA Universities‘ Charter on Lifelong Learning und LLL:2020.

Regina Aichinger ist Geschäftsleiterin der FH Oberösterreich und Leiterin der Abteilung Hochschulforschung und -entwicklung. Expertisefelder: Hochschulforschung zu den Bereichen Governance, strategische Positionierung, Organisationsentwicklung und Lerntheorien, Qualitätsmanagement und Diversity Management.

© FH OÖ

Hochschulen als Orte des Lebenslangen Lernens

derer Denkschemata und Handlungsmöglichkeiten erworben, verändert und/oder erweitert werden. Wenn Lernen als die »erprobte Verbindung von Erfahrung und Kompetenz« (Wilke, 2001, S. 17) verstanden wird, bedeutet dies, dass sich die Lernenden Kenntnisse über ein Praxis- und Handlungsfeld aneignen und dabei die darin festgelegten Leistungsregeln kennen, verstehen und anwenden können. Besonders deutlich zeigt sich dies im Kontext der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen. Die Weiterbildungsstudierenden und -teilnehmer/innen bringen unterschiedliche Lernerfahrungen, Lernmotivationen und -motive mit und verfügen gleichzeitig über unterschiedliches Lernvermögen. Ergänzend dazu stellen sie auch neue Ansprüche an die Art der Wissensvermittlung und die Rahmenbedingungen an Hochschulen. Es geht also um den viel besprochenen »shift from teaching to learning« und einer damit verbunden Veränderung der etablierten Lehr- und Lernkultur an Hochschulen, was durchaus einen Paradigmenwechsel darstellt. Gleichzeitig geht es in einer modernen Wissensgesellschaft darum, sich »Identifikationskompetenz« anzueignen und mittels des erforderlichen fachlichen Wissens – insbesondere durch soziale und personale Fähigkeiten –, situativ und kontextuell »richtig« und verantwortungsvoll zu handeln. Angesichts dieses Anforderungskatalogs gestaltet sich die Konzeption von Studien- und Lehrangeboten als herausfordernd.

Elke Gornik leitet den wissenschaftlichen Bereich Lifelong Learning an der FH Oberösterreich. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen wissenschaftliche Weiterbildung, Lebenslanges Lernen, Hochschulforschung und -entwicklung, Organisationsentwicklung, Qualitätsmanagement und Weiterbildungsforschung.

Umsetzung der Kompetenzorientierung an Hochschulen Aufgabe bei der Konzeption moderner und innovativer Curricula der Hochschulen ist es, die Dimensionen der Kompetenzaneignung entsprechend zu berücksichtigen. Dabei müssen ausgewogene Sets an Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz ermöglicht werden, die die Lernenden befähigen, reflektiert zu agieren und in komplexen Kontexten in Arbeits- und Lebenswelten zu bestehen. Denn

© FH OÖ

Europas Hochschulen haben sich in den vergangenen 20 Jahren Veränderungen gestellt, die sich nicht nur in Form einer neuen Studienstruktur auswirkten, sondern auch die Auseinandersetzung mit neuen/anderen Zielgruppen nach sich zogen. In welcher Form spielen Lifelong Learning, Kompetenzorientierung, Durchlässigkeit, neue Lern- und Lehrformate und Digitalisierung diesbezüglich eine Rolle? Und wie können/müssen Hochschulen darauf reagieren?


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Es geht darum, Lernende nicht nur für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden für bestimmte Berufe auszubilden, sondern für breite Einsatzbereiche in den Berufsfeldern vorzubereiten, um Probleme zu lösen oder Anforderungen von Innovation und Transformation zu erfüllen.

schließlich besteht der grundsätzliche Bildungsauftrag von Hochschulen darin, fundiertes (tiefes) Fachwissen »I-shape knowledge« zu vermitteln, und dieses mit personalen und sozialen Kompetenzen und weiterem Breitenwissen »T-shaped skills« zu kombinieren. Bildungsinstitutionen sind damit aufgefordert, Lernende nicht nur für die Anwendung wissenschaftlicher Methoden für bestimmte Berufe auszubilden, sondern für breite Einsatzbereiche in den Berufsfeldern vorzubereiten, um Probleme zu lösen oder Anforderungen von Innovation und Transformation zu erfüllen. Dies erfordert flexible, individualisierbare Lernpfade, um sich ergänzende oder auch erweiternde Expertise (durch Fachwissen und/oder zusätzliche Kompetenzen) im Sinne eines »pi-shaped« Wissens- und Kompetenzportfolios anzueignen. Der rasche Wandel in den Bildungs-, Arbeits- und Lebenswelten erfordert darüber hinaus inter- und transdisziplinäre Orientierung, sodass letztlich eine lebensbegleitende fachliche wie persönliche Weiterentwicklung ermöglicht und damit ein »comb-shaped« Profil gebildet wird. Dieses befähigt Menschen dazu, Wissensgebiete zu kennen und entsprechend State-of-the-Art anzuwenden (vgl. Abbildung unten, Bildquelle: devopsinstitute.com). Dabei spielen Relationen zwischen Lernaufwand und Lernergebnis, die Anwendbarkeit und Umsetzbarkeit des Erlernten in der Praxis sowie die Zufriedenheit der Lernenden mit Art und Umfang sowie Geschwindigkeit in der Lernzielerreichung (Hanft 2013) eine entscheidende Rolle. Kompetenzorientierung bedeutet für die neue Form des Studierens, insbesondere jedoch im Kontext des lebenslangen Lernens und der wissenschaftlichen Weiterbildung ein grundsätzliches Umdenken in der hochschulischen Struktur. Es geht nicht mehr um die Überprüfung von Wissen, sondern um eine Rückkopplung in Hinsicht auf die Lernziel-Erreichung für die Lernenden, die Konzeption von didaktisch angepassten, die Etablierung von

lernfördernden Rahmenbedingungen und Supportstrukturen (wie studienbegleitende Beratung), und kompetenzorientierte Evaluierungen und Erhebungsmethoden zum eigenen Lernfortschritt (wie Selbsteinschätzungsverfahren, Fragebögen zur Erfassung von kompetenzorientierten Lernaktivitäten und objektive Kompetenztests, Lerntagebücher) (Scharper et al. , 2012, S. IV ff). Dies immer unter der Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebens- und Bildungsbiografien der Studierenden. Vielfach ist in der hochschulischen Praxis allerdings zu beobachten, dass die Vermittlung von Disziplinen- und Fachwissen nach wie vor einen besonders umfänglichen Stellenwert einnimmt und Sozial- und vor allem Selbstkompetenz wenig beachtet bleibt. Zielgruppen hochschulischer Aus- und Weiterbildung Das »Phänomen« der nichttraditionellen Studierenden findet speziell im Zusammenhang mit Kompetenzorientierung in der curricularen Gestaltung noch wenig Beachtung (AQ Austria, 2018). Als diesbezüglichen Motor zur Erhöhung von Durchlässigkeit und die Erweiterung des lebenslangen Lernens kann die Einführung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) und den Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) beschrieben werden. Dieser soll in erster Linie dazu dienen, Qualifikationen anhand der Beschreibung von Kompetenzen nachvollziehbar und damit auch vergleichbar(er) zu halten. Es gibt verschiedene Definitionen, wie die Gruppe von sogenannten nichttraditionellen Studierenden definiert bzw. charakterisiert werden kann, wobei der Begriff »nichttraditionelle Studierende« durchaus kontroversiell zu sehen ist. Eine Typologie


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© FH OÖ

Kompetenzen [Higher] Education für die matters. Zukunft

der erwachsenen Lernenden (nach Schuetze/Slowey 2012) beschreibt diese in sechs Unterkategorien, nämlich als »Second Chance Learners«, »Deferrers«, »Recurrent Learners«, »Returners«, »Refresher« und »Learners at a later life«. Wenn neue Zielgruppen in den Blick von Hochschulen genommen werden (vgl. (Wolter/Geffers, 2013, S. 16), dann bedeutet dies, Lernende in ihren unterschiedlichen Lebensphasen (beruflich, privat) und ihren divergenten Lern- und Sozialerfahrungen (und zum Teil auch nichttraditionellen Zugängen) in den Fokus zu nehmen und diese – anhand zielgruppenspezifischer Studienformate und Unterstützungsstrukturen – in ihren Bildungsbestrebungen zu unterstützen. The next challenge: der Bedarf der Generationen – Digitalisierung Eine zunehmend heterogene Studierendenschaft stellt Hochschulen vor die Anforderung, diese in demografischer, kognitiver, fachlicher und funktioneller Hinsicht anzusprechen und entsprechende Studien- und Lernangebote sowie -formate zur Verfügung zu stellen (Gaisch/Aichinger 2016)2. Ergänzend dazu stellt sich angesichts des gesellschaftlichen wie demografischen Wandels die Frage, wie generationenspezifische Anforderungen berücksichtigt werden können bzw. sollen. Dabei ist eine Öffnung der Hochschulen im Sinne einer »offenen Hochschule« oder einer »Lifelong Learning University« die Basis. Es geht bei den neuen Zielgruppen auch um den Umgang mit der sogenannten Generation Z (1993– 2007), die sich durch eine »Always on«-Mentalität beschreiben lässt – der Umgang mit digitalen Medien und die Nutzung derselben erfordert rasche und unmittelbare Kommunikation, rasches und authentisches Feedback auf Augenhöhe, Akzeptanz der Individualität und der damit verbundenen Bedürfnisse sowie die Gestaltung einer Work-/Study-LifeIntegration anstatt Work/Study-Life-Balance. Die Hochschule entwickelt sich zu einer Erlebniswelt, zu einem inspirierenden Habitat aus Kommunikationsinseln und variablen Möglichkeiten des Lernens, unterstützt von spielerischen Elementen und künstlerischen Designs (Blank et al. 2018, Moore et al. 2017, Tavolato 2016). 2 Vgl. www.youtube.com/watch?v=TIenqW8cssg

Vor dem Hintergrund der Globalisierung, Flexibilisierung, zunehmend agilerer Arbeitsbereiche, dynamischer Wissensveränderung und Digitalisierung bedarf es eines veränderten Zugangs zum Lernen. Für das berufliche Professionalisierungsverständnis ergeben sich neue Bedarfe im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Bildungsangebote an Hochschulen sollten daher nicht nur durchlässig gestaltet werden, sondern Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen und mit diversen Bildungsbiografien ermöglichen, ihre Kompetenzen lebenslang zu erweitern. Eine wahre Herausforderung! Literatur AQ Austria (2018): Durchlässigkeit in der Hochschulbildung. Beiträge zur 5. AQ Jahrestagung 2017. Wien, Facultas. Blank, Jennifer, et al. (2018): Digitalisierung von Weiterbildung im Spannungsfeld zwischen den Anforderungen der Zielgruppen und den Lehrgewohnheiten an Hochschulen, Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung, Jg. 1, Nr. 1, S. 17-22. Gaisch, Martina/Aichinger, Regina (2016): Das Diversity Wheel der FH OÖ: Wie die Umsetzung einer ganzheitlichen Diversitätskultur an der Fachhochschule gelingen kann. 10. Forschungsforum der Österreichischen Fachhochschulen. Wien, Österreich, S. 1-10. Hanft, Anke (2013): Lebenslanges Lernen an Hochschulen – Strukturelle und organisatorische Voraussetzungen. In: Hanft, Anke / Brinkmann, Katrin (Hrsg.): Offene Hochschulen: Die Neuausrichtung der Hochschulen auf Lebenslanges Lernen. Münster, Waxmann, S. 13-29. Moore, Kevin, et al. (2017): Engineering Education for generation Z, American Journal of Engineering Education, Jg. 8, Nr. 2, S. 111-126. Republik Österreich (2011) LLL: 2020 – Strategien zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich. Juli 2011. Abgerufen unter: www.qualifikationsregister.at/wp-content/uploads/ 2018/11/Strategie1.pdf. Scharper, Niclas, et al. (2012): Editorial: Kompetenzen, Kompetenzorientierung und Employability in der Hochschule, Zeitschrift für Hochschulentwicklung, Jg. 7, Nr. 4, S. I-X. Schuetze, Hans/Slowey, Maria (2012): Global perspectives on higher education and lifelong learners. London, Routledge. Tavolato, Peter (2016): Aktives Generationen-Management. Ressourcen nutzen – Mitarbeiter führen – Teams entwickeln. Stuttgart, Schäffer-Poeschl. Willke, Helmut (2001): Systemisches Wissensmanagement. Stuttgart, UTB, Lucius & Lucius. Wolter, Andrä/Geffers, Johannes (2013): Zielgruppen lebenslangen Lernens an Hochschulen. Ausgewählte empirische Befunde. URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-129787.


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Teresa Torzicky

Bildung braucht Innovation – Innovation braucht Bildung. Welche Kompetenzen brauchen wir heute, um morgen innovativ sein zu können? Teresa Torzicky ist Mitarbeiterin der Innovationsstiftung Bildung.

Bildung und Innovation sind in den letzten Jahren Begriffe, die aus dem gesellschaftlichen Diskurs nicht mehr wegzudenken sind. Die Frage welche Art der Bildung Jugendliche von heute brauchen, um in unserer Gesellschaft partizipieren zu können, wird auf Podien und in Artikeln in vielen Varianten diskutiert. Die Antwort jedoch bleibt oft eher vage und die Antwort auf die Frage, wie ein Bildungssystem aussehen muss, das diesem Anspruch gerecht wird, fällt meistens noch viel abstrakter aus. Bildung soll zukunftsfit machen

© Stefanie Hofschlaeger, Pixelio

In der Regel wird bei diesen Debatten Bildung hauptsächlich als Allgemeinbildung definiert. Dabei dreht sich die Diskussion um einen breiten Kanon aus wissenschaftlicher, humanistischer und künstlerischer Bildung, wobei je nach Kontext die Stärkung des einen oder des anderen Aspekts ge-

fordert wird. Gerade wenn die Diskussion Richtung allgemeine Lebenskompetenzen – sprich Kompetenzen, die für die Bewältigung des Alltags nötig sind – geht, erweitert man um Begriffe wie Wirtschaftskompetenz, soziale Kompetenzen, digitale Kompetenz etc. In eher humanistisch geprägten Runden wird oft Ethik oder politische Bildung als besonders wichtig empfunden. Diese große Anzahl an thematischen Schwerpunkten versucht man nun in einem formalen Bildungssystem abzubilden, in dem die Zeit zur Vermittlung von Inhalten und dem Erwerb von Kompetenzen beschränkt ist. Klarerweise ist dann die Diskussion, welche Inhalte nun wirklich wichtig sind und worauf man im formalen Bildungssystem verzichten kann, vorprogrammiert. Einigkeit herrscht selten, denn alle Bereiche haben ihre Berechtigung, um unsere ständig an Komplexität zunehmende Welt zu verstehen und in ihr als mündige Bürger/innen agieren zu können. Somit drehen sich diese Diskussionen meist im Kreis. Leider bleibt dabei eine wichtige Zielsetzung von Bildung oft außen vor – die die gleichzeitig auch den Bogen zum Thema Innovation spannt. Als gebildet hat man von jeher Personen angesehen, die in der Lage waren, mit dem was sie wussten ein tieferes Verständnis für Zusammenhänge zu entwickeln. In welcher Disziplin, war dabei immer sekundär und wird es auch in Zukunft bleiben. Die Fähigkeit zu erwerben eine bessere Zukunft zu gestalten, neue Erkenntnisse zu generieren und damit letztendlich einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen, wird mehr denn je eine weitere Zielsetzung von Bildung werden. Welche Kompetenzen brauchen wir? Dass Innovation vonnöten ist, um aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen zu begegnen, die von Klimawandel über gesellschaftliche Ungleichheit bis zu gesellschaftlicher Teilhabe aller Individuen reichen, ist inzwischen offensichtlich. Dazu


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© Bernd, Kasper Pixelio

Kompetenzen für die Zukunft

Um »niemand zurückzulassen«, müssen alle Akteure im Bildungsbereich und darüberhinaus zusammenarbeiten.

braucht es jedoch Innovationskompetenz, sprich die Fähigkeit, Probleme zuerkennen und für diese breitenwirksame Lösungsansätze zu generieren – in der breiten Bevölkerung. Wie sieht ein Bildungssystem aus, das neben der Allgemeinbildung auch genau diese Innovationskompetenz beim Individuum stärkt und in welche Richtung muss sich unser Bildungssystem entwickeln? Mit diesen Fragestellungen setzt sich die Innovationsstiftung für Bildung seit ihrer Gründung im Jahr 2017 auseinander und entwickelt gemeinsam mit verschiedensten Partnern Ansätze, damit innovative Vorhaben, die das Bildungsniveau heben und die Innovationskompetenz steigern, Eingang in das formale Bildungssystem finden.

zugutekommen. Weiters wird sichergestellt, dass die systemische Perspektive nicht aus den Augen verloren wird. Durch die Positionierung der Stiftung als neutraler Intermediär entstehen auch neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, bei der die Innovationsstiftung für Bildung über unterschiedliche Kooperationsansätze die Stärken beider Welten zum bestmöglichen gemeinsamen Wirken bringt. Die größere Flexibilität, mit der private Stiftungen und Initiativen agieren können, erlaubt eine schnellere Reaktion auf Veränderungen und eröffnet damit die Möglichkeit, innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Bildungsinnovation braucht Kooperation

Die Innovationsstiftung und ihre Aktivitäten Dabei setzt die Innovationsstiftung für Bildung auf möglichst breite Einbindung der Bildungsund Innovations-Community, um durch Bündelung bestehender innovativer Ansätze und Initiativen Synergien zu schaffen und durch Zusammenarbeit mit allen Stakeholder-Gruppen am Puls der Zeit zu sein. Angebote für Schulen und andere Bildungseinrichtungen werden hierbei mit diesen und gemeinsam mit Dritten, insbesondere privaten Initiativen, (weiter)entwickelt, umgesetzt und gefördert. Auch die Wissenschaft wird über das Netzwerk der Innovationsstiftung für Bildung miteingebunden, was einerseits die wissenschaftlich belegte Wirkung der innovativen Ansätzen erlaubt und andererseits langfristig einen faktenbasierten Bildungsdiskurs fördert. Um eine bestmögliche Anschlussfähigkeit dieser Ansätze an das bestehende Bildungssystem zu unterstützen, wird gezielt mit Organisationen und Personen aus dem formalen Bildungssystem zusammengearbeitet. Das gewährleistet, dass innovative Ansätze langfristig Teil des regulären Bildungssystems werden und den Schüler/innen

Kooperationen dieser Art werden über die Gründung von Co-Stiftungen verwirklicht. Durch die Gründung der Sinnbildungsstiftung und der motion4kids-Stiftung konnten bereits erste innovative Projekte gefördert werden. In Zukunft wird die Innovationsstiftung für Bildung weitere Co-Stiftungen mit anderen thematischen Schwerpunkten unterstützen und gleichzeitig noch andere Kooperationsmodelle entwickeln. Hierbei orientiert man sich besonders an Ansätzen für Public-Private-Collaboration, die in anderen Ländern Erfolg gezeigt haben und mit Adaptierungen nach Österreich geholt werden können. Zusammengefasst bleibt es spannend, wie sich die Aktivitäten der Innovationsstiftung für Bildung weiterentwickeln werden, denn als im Innovationsbereich tätige Organisation, ist man auch selbst eine lernende Organisation. Mit den Themen Innovation und Bildung, die nicht nur uns, sondern auch den breiteren gesellschaftlichen Diskurs in nächster Zeit beschäftigen werden, ist man allerdings am Puls der Zeit und arbeitet an Themen, die viel Potenzial für gesellschaftlichen Mehrwert haben.


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Ursula Hilmar

Kompetenzzentrum KulturKontakt Austria Mit der Integration von KulturKontakt Austria in die OeAD-GmbH werden der Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsstandort Österreich und die internationale Position Österreichs gestärkt. Ursula Hilmar ist Leiterin der Abteilung Strategie und Kommunikation bei KulturKontakt Austria.

© Paul Bauer

© Karen Oldenburg

KulturKontakt Austria hat zahlreiche innovative, maßgeschneiderte Projekte im Kunst-, Kultur- und Bildungsbereich ins Leben gerufen, die nachhaltige Ergebnisse erzielten.

30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs blickt auch der Verein KulturKontakt Austria (KKA) heuer auf sein 30-jähriges Bestehen zurück. Gründungziel war, einen neuen Kulturaustausch mit den Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas in Gang zu setzen. KKA hat sich in den 30 Jahren zu einem europäischen Kompetenzzentrum mit den Kernbereichen Kulturvermittlung mit Schulen in Österreich, internationale Bildungskooperation und dem Artists-in-Residence-Programm für Kunstschaffende aus dem Ausland entwickelt. Der Verein fördert den Austausch und die Kooperation zwischen Bildungsinstitutionen in Ost- und Südosteuropa und Österreich zur nachhaltigen Unterstützung von Bildungsreformen. In Österreich unterstützt KKA die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen und betreut internationale Kulturschaffende im Rahmen des Artists-in-ResidenceProgramms (AIR) in Österreich. KKA hat sich in seinen Aufgabenfeldern einen ausgezeichneten nationalen und internationalen Ruf erarbeitet. Mit 1. Jänner 2020 wird nun der Betrieb von KulturKontakt Austria – mit Ausnahme des »AIR-Programms« – an die OeAD-GmbH übergehen. Change Management – Lernen von- und miteinander Das Kompetenzzentrum KKA hat zahlreiche innovative, maßgeschneiderte Projekte im Kunst-, Kultur- und Bildungsbereich ins Leben gerufen, die nachhaltige Ergebnisse erzielten. So öffnet KKA national und international Entwicklungsräume und setzt sowohl auf Systemebene als auch auf persönlicher Ebene wertvolle Bildungsprozesse in Gang. Seine Arbeit richtet KKA dabei nach strategischen Überlegungen aus: Sei es die geografische Ausrichtung, die kontinuierliche Auseinandersetzung mit den bildungs- und kul-

turpolitischen Strömungen und Herausforderungen in Österreich, seinen Partnerländern und auf europäischer Ebene, seien es die Förderung und Vernetzung von Kooperationen zwischen Kultur und Bildung oder innovative Schnittstellenarbeit wie zur Wirtschaft, zur Zivilgesellschaft oder zum tertiären Bildungsbereich. Der Verein nützt seine starke Präsenz und die hohe Anerkennung bei seinen unterschiedlichen Stakeholdern, um die vielfältigen Erfahrungen in seiner Arbeit möglichst für alle nutzbar zu machen. Dialog und Servicebereitschaft kann man durchaus als die DNA von KKA bezeichnen. Stärkung von Entwicklungs- und Innovationskompetenz Österreich unterstützt den EU-Beitrittsprozess der Westbalkanländer und hat ein großes Interesse an der Förderung von Wirtschaftswachstum und regionaler Kooperation zum Abbau interethnischer Spannungen. Ebenso von geopolitischer Bedeutung sind die EU-Nachbarländer im Osten. KKA hat im Programmbereich »Bildungskooperation mit Ost- und Südosteuropa« langjährige Erfahrung in der Etablierung nachhaltiger Kooperationen in geopolitisch wichtigen Regionen und ist ein bestens vernetzter Partner für Bildungskooperation im voruniversitären Bereich. Die Schwerpunkte der Programme der Bildungskooperation liegen in zentralen Bereichen der Stärkung von Entwicklungsund Innovationskompetenz in Bildungssystemen, wie die Einführung innovativer Lehr-/Lernansätze, die Unterstützung neuer Kooperationsmodelle zwischen Betrieben und Schulen in der Berufsbildung oder dem Erfahrungsaustausch in der Einführung effektiver Qualitätsentwicklungssysteme. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Erhöhung der Chancengerechtigkeit in Bildungssystemen gelegt. Das Netzwerk von fünf Projektbüros in Ost- und


17 Kompetenzen für die Zukunft

© Hanno Kautz und Felix Eder

Die Klassen 2k und 3k der NMS Hasnerschule erarbeiten unter der Anleitung der Lehrer/innen Birgit Paintner und Felix Eder sowie begleitet vom Klagenfurter Lichtkünstler Hanno Kautz Lichtbilder für die Aktion Kunst-Licht-Viertel im Kardinalviertel Klagenfurt.

Stärkung von Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritischem Denken Der KKA-Programmbereich »Kulturvermittlung mit Schulen in Österreich« beschäftigt sich mit aktuellen Tendenzen der Kulturellen Bildung und unterstützt im Auftrag des BMBWF Schulen in ganz Österreich bei der Umsetzung partizipativer Projekte und Aktivitäten gemeinsam mit Kultureinrichtungen und Kunstschaffenden aller Kunstsparten. Diese Projekte bieten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zur aktiven Teilhabe an Kunst und Kultur sowie zur konstruktiven Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen und stärken individuelle Bildungsprozesse. Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken sind die vier zentralen Kompetenzen für Lernende im 21. Jahrhundert. Angesichts der Herausforderungen, die die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts an Schülerinnen und Schüler stellt, sind das Schlüsselkompetenzen, die nicht nur für die Persönlichkeitsbildung, sondern auch für den Einstieg in die Arbeitswelt wichtig sind. Gerade kulturelle Bildung in der (Berufs-) Schule kann einen wesentlichen Beitrag leisten: Lernen durch Kunst und Kultur stärkt die Kreativität, Phantasie und Innovationskraft der Kinder

und Jugendlichen. Lernen wird dabei als offener Bildungsprozess verstanden, der verstärkt Synergien zwischen Wissen, Fertigkeiten und kreativen Fähigkeiten herstellt. Schule als Lern-, Sozial- und Kulturort öffnet sich dabei immer stärker nach außen und kooperiert mit Kunstschaffenden und Kunstvermittler/innen oder geht Kooperationen mit Kultureinrichtungen ein. Diese unterstützen gemeinsam mit Lehrpersonen Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung individueller Ausdrucksfähigkeit, beim Verstehen der Zusammenhänge und damit verbunden der Reflexion und Kritikfähigkeit. Zusammenarbeit findet somit sowohl zwischen Schule, Kunst und Kultur als auch auf Klassenebene statt. Kulturelle Bildung bietet zudem für individuelle und gemeinsame Lern- und Bildungsprozesse zahlreiche Möglichkeiten und Arbeitsweisen: Musizieren und Experimentieren mit Klang, theatrale und tänzerische Darstellungsformen, Umgang mit Sprache und Ausdruck, Literatur- und Schreibwerkstätten, forschendes Lernen zum kulturellen Erbe, zu Geschichte und Architektur, kreativer Umgang mit digitalen Kunstformen und vieles mehr.

Bei all unseren Projekten wird besonderes Augenmerk auf die Erhöhung der Chancengerechtigkeit in Bildungssystemen gelegt.

Mehrwert der Integration Mit der Integration der beiden KKA-Tätigkeitsfelder wird das Portfolio des OeAD im voruniversitären Bereich erweitert und abgerundet. Der Mehrwert liegt auch in der Wirksamkeit: Gebündelte Angebote für Stakeholder in der Kultur- und Wissenschaftsvermittlung, in der Erwachsenenbildung und im Themenfeld Sprache tragen ebenso dazu bei wie ein konzertierter, gemeinsamer Auslandsauftritt mit den vielfältigen Kooperationsangeboten Österreichs. Damit werden der Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsstandort Österreich und die internationale Position Österreichs gestärkt.

© Bernhard Stecher

Südosteuropa, geleitet durch österreichische Beauftragte für Bildungskooperation, direkt entsandt durch das BMBWF, stellt sicher, dass Projekte maßgeschneidert auf den Bedarf der Projektpartner eingehen. Sie pflegen laufend Kontakte zu allen relevanten Stellen vor Ort, arbeiten zu generellen Fragen der Entwicklung der Schulsysteme eng mit den jeweiligen Ministerien zusammen und erhöhen damit die Nachhaltigkeit der Projektergebnisse. Sie identifizieren somit Veränderungsbedarf in den Bildungssystemen und unterstützen dabei, Veränderungsprozesse nachhaltig zu gestalten.


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Ulrich Hörmann

10 Jahre OeAD-GmbH Vom Generalsekretariat eines Vereins zu modernen Managementinstrumenten einer Non-Profit-Organisation

Ulrich Hörmann ist seit 2009 Leiter der Finanzabteilung und seit 2016 Prokurist der OeAD-GmbH. Studium der Handelswissenschaft an der WU Wien.

© APA-Fotoservice, Teres Zötl| OeAD

28. Jänner 2011: Wissenschaftsministerin Beatrix Karl überreicht dem ersten Geschäftsführer der OeADGmbH, Hubert Dürrstein, den Schlüssel für das Haus in der Ebendorferstraße 7.

Brauchen Non-Profit-Organisationen (NPOs) und staatliche Agenturen dieselben modernen Managementinstrumente wie Industrieunternehmen oder Institutionen in der Privatwirtschaft? In NPOForen immer wieder aufgegriffen, hat sich in den letzten zehn Jahren die Diskussion eindeutig in die Richtung entwickelt, dass auch der öffentliche Bereich in seinen Managementinstrumenten professionell aufgestellt sein muss. Wie kann aus Sicht des OeAD diese Frage beantwortet werden? Fast 50 Jahre lang war der OeAD als Verein organisiert. Wie in Vereinen üblich, wurde die interne Verwaltung mit den Agenden der Öffentlichkeitsarbeit, des Personals, der IT, der Infrastruktur und der Finanzen in einem Generalsekretariat organisiert. Während der Vorbereitungen zur OeADGmbH stellte sich 2008 rasch heraus, dass umfang-

reiche Maßnahmen und Weiterentwicklungen der bisherigen Systeme notwendig sein werden, um den gesetzlichen und weiteren Anforderungen einer GmbH gerecht zu werden. So entstanden aus dem früheren Vereins-Generalsekretariat mit 1. Jänner 2009 – dem Start der OeAD-GmbH – die drei internen Serviceabteilungen Öffentlichkeitsarbeit, Personal / Recht / Infrastruktur und Finanzen. Die Öffentlichkeitsarbeit konzentrierte sich in der Anfangsphase vor allem auf die Entwicklung des neuen Corporate Designs und damit verbunden auf die erste »OeAD-Gesamtwebsite«. Es war eine kleine Sensation, dass alle Abteilungen mit ihren Programmen unter dem Dach www.oead.at zusammengefasst wurden. 2009 waren wir auf die 23.500 monatlichen Zugriffe auf unsere Website stolz, 2018 waren es bereits mehr als 45.500. Die Professionali-

oead.news im Gespräch mit Hubert Dürrstein oead.news: Was war 2009 der Hauptgrund für die Umwandlung des Vereins ÖAD in eine GmbH? Hubert Dürrstein: Veränderungen sind in der Regel das Ergebnis einer ganzen Reihe von internen und externen Einflussfaktoren, die zusammenspielen müssen. Diese haben seinerzeit gut gepasst und der ÖAD hatte die große Chance, sich als DIE österreichische Internationalisierungsagentur, in der alle relevanten Agenden gebündelt werden sollten, zu positionieren. Erhöhte Planungssicherheit durch mehrjährige Budgets und die räumliche Integration in einem Haus der internationalen Kooperation waren weitere wichtige Gründe.

oead.news: Inwieweit hat sich der OeAD dadurch gewandelt und haben sich die dahinterliegenden Intentionen erfüllt? Hubert Dürrstein: Der 2009 eingeleitete Entwicklungsprozess war jedenfalls der richtige Schritt und insbesondere zu Beginn von viel Innovationskraft geprägt. Die fachliche und räumliche Arrondierung sowie die Professionalisierung der internen Abläufe sind rasch gelungen. Mit neuen Initiativen und der Mitwirkung in internationalen Projekten konnten die nationale aber ganz besonders auch die Sichtbarkeit auf der europäischen und internationalen Ebene permanent verbessert werden, was auch dazu beigetragen hat, das Budget innerhalb von sechs Jahren nahezu zu verdoppeln.


© APA-Fotoservice, Kolarik | OeAD

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sierung zeigt sich auch durch den Einsatz von Webinaren als Standardinstrument für Programminformationen, den Versand von 30.000 elektronischen Newslettern pro Jahr und den Auftritt des OeAD in allen bedeutenden Social-Media-Kanälen. Das Personalwesen im Verein war weitgehend auf Ausstellung der Dienstverträge und die Lohnverrechnung beschränkt. Mitarbeiter/innen wurden von den einzelnen Abteilungen intern bzw. mit klassischen Stelleninseraten gesucht. 2010 begann die Entwicklung eines OeAD-weiten Human-Resources-Konzepts mit den Bereichen Personalplanung, Personalrekrutierung, Onboarding, Weiterbildung, Ausgliederung und Personalcontrolling. Hinzu kamen das neue jährliche Mitarbeiter/innengespräch und ein umfassendes Projekt zur betrieblichen Gesundheitsförderung (heute: betriebliches Gesundheitsmanagement). Besonderes Augenmerk in der Weiterentwicklung des Personalwesens legten wir darauf, Menschen mit Behinderung bei Stellenausschreibungen gezielt anzusprechen und für sie ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. In den Aufgabenbereichen Recht und Infrastruktur wurden viele Aufgaben gebündelt. Die Änderung der Rechtsform und die damit verbundenen gesetzlichen Vorgaben erforderten im Rechnungswesen eine Neuaufstellung, dies bot aber auch die Chance einer Professionalisierung. Wichtigster Schritt war die Umstellung auf eine neue Rechnungswesen-Software, die in der Kostenrechnung und Budgetplanung neue Dimensionen eröffnete. Seit 2009 werden rund 4.000 Rechnungen pro Jahr elektronisch erfasst und in einem papierlosen Workflow geprüft, genehmigt, verbucht und bezahlt. Neu für uns waren die Erstellung eines Jahresabschlusses nach den Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuches und der Übergang von gemäß Vereinsgesetz bestellten Rechnungsprüfer/innen auf die externe Wirtschaftsprüfung durch eine große Wirtschaftsprüfungsfirma.

Die Weiterentwicklung des Rechnungswesens bildete die Basis dafür, dass der OeAD auch Instrumente zur Überprüfung der Einhaltung strategischer Zielsetzungen einführen konnte. Die Reform des österreichischen Haushaltsrechts mit der verpflichtenden Umsetzung der Wirkungsorientierung passte sehr gut zur Initiative des OeAD, nicht nur die notwendigen Ressourcen, sondern auch die erbrachten Leistungen und erzielten Wirkungen sowohl auf Programm- als auch auf der Gesamtebene zu erfassen. Für die Darstellung in Form des Wirkungs-, Leistungs- und Kostenberichts wurde der OeAD 2013 mit dem österreichischen Verwaltungspreis ausgezeichnet. In den nächsten zehn Jahren werden neben dem OeAD-Gesetz die Bestimmungen des Forschungsrahmengesetzes große Bedeutung für den OeAD haben. Der Beitrag des OeAD zur Umsetzung der Ziele des Forschungs-, Technologie- und Innovationspaktes (FTI-Pakt) muss mit Indikatoren, die den Grad der Zielerreichung und der Wirkungen messen, belegt werden. Die Erfahrungen, die wir seit 15 Jahren aus unserem nach ISO Norm 2009:2015 zertifizierten Prozess- und Qualitätsmanagementsystem gewonnen haben, werden uns bei der für den FTI-Pakt notwendigen Weiterentwicklung des Indikatorensystems sowie bei der Ziel- und Wirkungsmessung von großem Nutzen sein. Die Antwort auf die Eingangsfrage ist demnach ein klares »Ja«. Der OeAD benötigt moderne Managementinstrumente zur Unternehmenssteuerung, für unsere internen Abläufe und Informationssysteme und auch, um die zahlreichen Berichtserfordernisse der staatlichen Verwaltung zu erfüllen. Der Aufwand der Umstellung und die zahlreichen Weiterentwicklungen in den letzten zehn Jahren haben sich gelohnt und sind Voraussetzung dafür, dass der OeAD den nächsten Entwicklungsschritt gut gestalten kann: die Integration von KulturKontakt Austria in den OeAD ab 1. Jänner 2020.

Der Beitrag des OeAD zur Umsetzung der Ziele des Forschungs-, Technologie- und Innovationspaktes (FTI-Pakt) muss mit Indikatoren, die den Grad der Zielerreichung und der Wirkungen messen, belegt werden.


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Rita Michlits

Vier von fünf Sternen für den OeAD Das Marktforschungsinstitut Ipsos Austria führte im Auftrag des OeAD eine Imageerhebung durch.

Rita Michlits leitet seit September 2013 die Kommunikationsabteilung der OeAD-GmbH. Sie hat Publizistik und Kunstgeschichte an der Universität Wien studiert.

Der OeAD wollte wissen, wie ihn seine wichtigsten Anspruchsgruppen sehen. Aus diesem Grund befragte Ipsos Austria im Zeitraum 26. Juni bis 17. Juli 2019 in einer Online-Umfrage die Vertreter/innen des österreichischen Bildungssystems, wie sie Image und Relevanz der OeAD-Services anhand definierter Faktoren beurteilen. 59 Prozent der Stichprobe entfielen auf Projektträger und Bildungseinrichtungen aus dem tertiären Bereich, 30 Prozent aus dem nichttertiären und elf Prozent auf Auftraggeber und sonstige Anspruchsgruppen. Insgesamt sind die Imagewerte des OeAD sehr gut. Die Gesamtnote beträgt 4,2 von fünf Sternen. Die Befragten sehen den OeAD als professionellen (Mittelwert 1,45), kundenorientierten (Mittelwert 1,58) und zukunftsorientierten (Mittelwert 1,62) Partner, allerdings als wenig unternehmerisch (Mittelwert 2,36). Personen, die regelmäßig Kontakt mit dem OeAD haben und Personen aus dem nichttertiären Bereich bewerten die erhobenen Eigenschaften besser.

Welche Eigenschaften verbinden Sie mit dem OeAD?

OeAD entlang der gesamten Bildungskette Die Kernthemen und besonders relevant aus Sicht der Anspruchsgruppen sind »Vernetzung und Abwicklung nationaler und internationaler Bildungskooperationen« (75 Prozent), »Abwicklung europäischer Bildungsprogramme« (72 Prozent), »Unterstützung der Internationalisierungsaktivitäten der Bildungsinstitutionen« (63 Prozent), »Abwicklung von Stipendien für Incomings und Outgoings« (61 Prozent) und die »Information zu Mobilität von Forscher/innen« (56 Prozent). Dieses Bild korreliert mit dem Leitsatz, der aus Sicht der Anspruchsgruppen am besten zum OeAD passt, demnach »unterstützt der OeAD internationale Kooperationen und Mobilität entlang der gesamten Bildungskette, um Horizonte zu erweitern«. Gesehen wird das Unternehmen vor allem auf europäischer und internationaler Ebene, die Tätigkeit auf nationaler Ebene wird noch nicht durchgehend wahrgenommen. Die wichtigsten Informationsquellen sind Newsletters (71 Prozent), gefolgt von persönlichen Einladungen (61 Prozent) und Websites (53 Prozent). Diesen Services des OeAD werden folgende Eigenschaften zugesprochen: Professionalität, allem voran in der persönlichen Beratung und Information (71 Prozent) und in der Abwicklung der Stipendienprogramme und Förderungen (67 Prozent). Am Puls der Zeit sind vor allem die Social-Media-Auftritte mit 47 Prozent und das Magazin oead.news mit 46 Prozent. Das Magazin wird, wie die Websites, als besonders informativ bezeichnet (77 bzw. 67

Alle Grafiken © Ipsos Austria | Imageerhebung OeAD, 2019


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© APA-Fotoservice, Dominik Angerer | OeAD

10 Jahre OeAD-GmbH

Die persönliche Beratung von Studierenden, Forscherinnen und Forschern wird von den Anspruchsgruppen des OeAD besonders positiv hervorgehoben. (Quelle: OeADImageerhebung 2019)

Prozent. Potenzial besteht darin, die gesamte Bildungskette auch im Magazin umfassender abzubilden. Traditionell fokussiert es stark auf den Hochschulsektor. Die Anspruchsgruppen wünschen sich weiters, dass die Stipendienprogramme und Förderungen auf neue Gegebenheiten angepasst werden. Zum Schluss ein schönes Attest und gleichzeitig ein Anspruch, den es gilt, ständig im Auge zu behalten: Unkompliziert und partnerschaftlich unterstützt der OeAD bei jeglichen Anforderungen und Fragen, stellt eine Proband/in fest. Die gute Zusammenarbeit täglich zu verbessern, hat sich der OeAD fest vorgenommen. Zustimmungswerte höher als 50%

Wie erfahren Sie von den Aktivitäten des OeAD? (Mehrfachantworten möglich)


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OeAD in Zahlen 2009 | 2018

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2009 | 2018

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OeAD

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Logo 2009 | 2018

43 Mio. €

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Pr o j ek t

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Fördermittel 2009 | 2018

OeAD

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Budget 2009 | 2018

Zugriffe auf

www.oead.at

2009 | 2018

23.500

Personen/Monat

45.500

Personen/Monat


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Gelebte Mobilität Das sagen unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten.

© Noor Jahan

Interviews: Rita Michlits Tanushree Gupta Staff member at the Institute of Conservation, University of Applied Arts Vienna Scholarships: Technologiestipendien Ost-/Zentral-/Südasien (Doktorat); Technologiestipendien Ost-/Zentral-/Südasien (TOZS Doktorat); Ernst Mach Grant, Ernst Mach – worldwide 10/2011 – 03/2012; 10/2013 – 01/2014; 10/2015 – present

with your research proposals. Also, consider contacting the Austrian embassy in your country to find out about the latest programmes concerning your field of interest. Last but not least, it is an added advantage if you are acquainted with the local language, knowing the basics of the German language will help you integrate with your surroundings faster.

How have you been able to benefit from the OeAD scholarships for your profession? For your personality? I was a PhD fellow in art conservation at the National Museum Institute of History of Art, Conservation and Museology, India, when I did internships at the University of Applied Arts Vienna, with three OeAD scholarships. During my stay I focussed on performing analytical studies and preparing publications. Amazingly, the outcomes are way beyond the successful completion of my doctoral research. The institute provided me with the possibility to be part of its various ongoing projects for which I was often part of the team of students, interns and staff. In many ways this experience influenced my decision-making skills and helped me to develop a better approach to my discipline. During my stay in Austria I met some exceptionally wonderful people who always made me feel at home. In addition to the perfectly planned, precisely punctual and passionately proficient work atmosphere, Austria provided me with an opportunity to experience a unique culture where art and music form the lifelines of every day. That being said, it is because of the OeAD scholarships that today I am able to contribute to the field of art conservation. The motivation that this experience has given me continues to inspire me, and always will. What would you advise other researchers (or students) who want to come to Austria? The research environment of Austria nurtures talent. Therefore, think of developing long-term associations with your institutions. When required, various organisations will collaborate to carry out inter- and multi-disciplinary projects; so you can be quite creative

© Jeannine Dirnberger

OeAD means … to me: A door to a new world Jürgen Maierhofer Lehre zum Mechatroniker bei Siemens Österreich Praktikum bei Droide in Valencia

Erasmus+ ist für mich … eine wundervolle Möglichkeit, um neue Dinge erleben und erlernen zu dürfen. Ein Auslandsaufenthalt stellt eine Bereicherung für mich persönlich und auch für das Unternehmen dar. Ich konnte dabei wunderbare neue Bekanntschaften knüpfen. Was hat Ihnen Ihr Auslandaufenthalt in Valencia konkret für Ihre Arbeit bei Siemens gebracht, was in persönlicher Hinsicht? Ich denke, ich habe mich in Bezug auf Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, Teamfähigkeit und Aufgeschlossenheit sehr weiterentwickelt. Im Unternehmen kommt es natürlich auch sehr gut an, wenn man sagen kann, man hat als Lehrling bereits Auslandserfahrung sammeln dürfen. Was würden Sie anderen Lehrlingen empfehlen, die auch ein Praktikum im Ausland absolvieren möchten? Nicht zögern, sondern einfach durchziehen, sobald man mit dem Gedanken spielt.


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10 Jahre OeAD-GmbH

Johannes Hahn, EU-Kommissar für Erweiterungsverhandlungen und Europäische Nachbarschaft »Die Internationalisierung des österreichischen Bildungssystems zu fördern und damit die Mobilität unserer jungen Menschen zu erhöhen waren die zentralen Ziele der GmbH-Gründung, die ich als Wissenschaftsminister unterstützt habe. Denn eine nachhaltige Bildung für morgen muss international ausgerichtet sein. Dies eröffnet nicht nur neue Karriere-Chancen für unsere Jugend, sondern trägt auch zum besseren gegenseitigen Verständnis in Europa bei. In diesem Sinne herzliche Glückwünsche und weiterhin viel Erfolg!« Foto: Europäische Kommission

Barbara Weitgruber leitet die Sektion Wissenschaftliche Forschung; Internationale Angelegenheiten im BMBWF »Die OeAD-GmbH fördert – als zentraler Akteur in Österreich und attraktiver Partner für Agenturen weltweit – Lernen, Lehren und Forschen durch Mobilität und Kooperation – europäisch und international – entlang der gesamten Bildungskette sowie in Wissenschaft und Forschung, unterstützt partizipative Prozesse und bietet Expertise für nationale Bildungs- und Wissenschaftssysteme an. Durch die laufende Integration des Vereins KulturKontakt Austria gewinnt die OeADGmbH zusätzliche Expertise in den Bereichen der internationalen Bildungskooperation und Kulturvermittlung und startet damit noch gestärkter in die nächste Dekade.« Foto: Petra Spiola

Anna Lammel und Marian Mitterstrasser, Pierre de Coubertin BORG Radstadt »Am meisten beeindruckt haben uns die vielfältigen Möglichkeiten und Anwendungsfelder der Nanotechnologie. Das Projekt ‚Nan-O-Style‘ bot uns die einmalige Gelegenheit, diese Technologie gemeinsam mit der Universität Salzburg auch experimentell und praktisch zu erforschen. Aber auch der soziale Aspekt kam nicht zu kurz: Die Zusammenarbeit mit israelischen Schülerinnen und Schülern hat uns besonderen Spaß gemacht. Trotz der geografischen und kulturellen Unterschiede ist es uns gelungen gemeinsam zu forschen und Freundschaften zu schließen.« Foto: BORG Radstadt


25 10 Jahre OeAD-GmbH

Sophia Eriksson Waterschoot, Director for Youth, Education and Erasmus+, European Commission

Stefan Zotti war von 2016-2018 Geschäftsführer der OeAD-GmbH

»Die Nationalen Agenturen müssen ein größeres, inklusiveres und umfassenderes Programm mit neuen Aktionen und Teilnehmern durchführen, Brücken zu anderen Programmen bauen und sicherstellen, dass die Programmergebnisse in die nationalen Politiken einfließen. All dies erfordert, dass die Nationalen Agenturen, mit Unterstützung der Kommission ihre Kapazitäten ausbauen und noch effizienter werden. Der OeAD hat über die vergangenen Jahrzehnte große Erfahrung erworben, wachsende Programme erfolgreich zu managen.«

»Die OeAD-GmbH ist breiter und bunter geworden. Zu den vielfältigen Internationalisierungs-Programmen sind neue Aufgaben dazugekommen, von Public Science über die Entwicklungsforschung bis hin zur Innovationsstiftung. Der OeAD hat damit als die Bildungsagentur Österreichs eine neue Aufgabe gefunden: durch eine Vielzahl an Förderprogrammen und Initiativen einen Beitrag zur Reform des österreichischen Bildungssystems und seiner Institutionen zu leisten.« Foto: S. Klimpt

Foto: European Commission

Kamilla Trubicki leitet das International Office der FH OÖ/Wels

Armin Graf, Projektkoordinator an Landwirtschaftlichen Fachschule Litzlhof (LFS)

»Neben zahlreichen Kooperationsprojekten mit Partnerhochschulen, die vom OeAD tatkräftig unterstützt werden, stellt auch die Internationalization@Home einen großen Schwerpunkt an der FH OÖ dar. In diesem Zusammenhang gewinnt besonders die Anziehung internationaler Regulärstudierender zunehmend an Bedeutung, hier wären gezielte Vermarktungsaktivitäten sowie vor allem Stipendien wünschenswert.«

»Beim Erasmus+ Projekt zum Thema Nationalpark bzw. Biosphärenpark arbeiteten Schüler/innen aus Österreich, Tschechien, Polen und Finnland zusammen. Meine Schüler/innen meinten, sie haben in diesen Tagen mehr Englisch gelernt wie in sieben Jahren Unterricht zuvor. Sie erzählten mir, dass sie nach drei Tagen sogar Englisch träumten. Die Projekte sind von Lehrerprojekten zu wirklich schülerzentrierten Projekten geworden. So macht Schule Spaß.« Foto: LFS Litzlhof

Foto: FH OÖ


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oead.news im Gespräch

Erasmus+ Der Superkleber für Europa Warum das EU-Programm nicht nur für Bildung wichtig ist – ein Gespräch mit Ernst Gesslbauer, Leiter der Nationalagentur

© Sabine Klimpt, OeAD

Interview: Karin Tzschentke

»Wenn mich jemand auf der Straße anspricht, ob für ihn/sie Erasmus denn auch in Frage komme, ich einfach sagen kann: Ja!«, Ernst Gesslbauer

Ernst Gesslbauer leitet in der OeAD-GmbH seit 2004 die Nationalagentur für das europäische Bildungsprogramm, kennt die Details des in Österreich seit 1992 laufenden EU-Förderprogramms quasi wie seine Westentasche. Auf die Frage, was für ihn denn die bisherigen Highlights waren, muss er aber erst einmal nachdenken. Dann schüttelt er den Kopf. Bei mittlerweile 600 Projekten pro Jahr, lasse sich das einfach nicht sagen. »So platt es sich anhören mag«, fährt er fort, »Erasmus+ hat Türen in andere Länder, aber vor allem Herzen geöffnet.« Und meint damit nicht nur die vielen Paare, die sich während eines Austauschaufenthaltes gefunden haben. Nach mehr als 30 Jahren sind Erasmus+ und seine Vorläuferprogramme aus der europäischen Bildungslandschaft nicht mehr wegzudenken. In vielerlei Hinsicht: »Erasmus ist im Grunde ein großes Reformprogramm, das stabile Brücken zwischen

den europäischen Bildungssystemen gebaut hat«, sagt Gesslbauer, und verweist dabei unter anderem auf die Vergleichbarkeit und Anrechnung von Bildungsabschlüssen auf EU-Ebene (siehe Beitrag Seite 26). Die Bedeutung von Erasmus+ reicht aber mittlerweile noch wesentlich weiter. Bezogen auf die politischen Entwicklungen der vergangenen Jahre, Stichwort wachsende nationalistische und populistische Strömungen in vielen Ländern Europas, hat das Bildungsprogramm eine neue Dimension erhalten. »Erasmus ist in den vergangenen zehn Jahren zum Superkleber für Europa geworden«, bringt es der Jurist auf den Punkt. Von Anfang an habe man das Programm so ausgelegt, dass es sich aktueller Fragen annimmt. In ihrer Pariser Erklärung von 20151 hätten die EUBildungsminister erneut ausdrücklich vereinbart, mit Programmen wie Erasmus antidemokratischen Tendenzen entgegentreten zu wollen. »Mit Erasmus allein kann man Europa zwar nicht zusammenhalten. Aber Umfragen zeigen immer wieder, dass das Programm in der Wahrnehmung der Bürger/innen neben Friedensstiftung und Personenfreizügigkeit zu den wichtigsten Werten gehört, die für ein gemeinsames Europa sprechen.« Für dieses Ziel wird auch viel Geld in die Hand genommen. In den Jahren 2014 bis 2019 standen allein für Österreich 200 Millionen Euro zur Verfügung. »Und wir haben es mit einer bunten Vielfalt an Angeboten geschafft, alle EU-Mittel zu verwenden und sinnvoll einzusetzen«, bemerkt Gesslbauer. Schon längst beschränkt sich Erasmus nicht mehr nur auf die Förderung universitärer Studienaufenthalte im Ausland. Das Programm bietet unter anderem auch Praktika für Schüler/innen und Lehrende, ermöglicht Lehrlingen Auslandsaufenthalte in Partnerbetrieben, fördert Lehr- und Lernaufenthalte von Personen, die in der Erwachsenen1 Erklärung zur Förderung von Politischer Bildung und der gemeinsamen Werte von Freiheit, Toleranz und Nichtdiskriminierung


27 10 Jahre OeAD-GmbH

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Fördermittel Österreich

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Erasmus+ Bildung in Österreich

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2019

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770

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2019

bildung tätig sind oder hilft bei der Entwicklung von länderübergreifenden Lehrmaterialien. Nach Deutschland und Spanien ist Großbritannien eines der beliebtesten Ziele für österreichische Erasmus+ Teilnehmer/innen. Die Frage liegt auf der Hand: Ob mit oder ohne Brexit-Abkommen, welche Folgen ergeben sich daraus für die Erasmus+ Mobilität von Einzelpersonen? Dazu Gesslbauer: »Ob so oder so: Alle, die zum Stichtag mit Erasmus dort sind, werden auch bis zum Ende verweilen können.« Ob das Land auch in der neuen Programmperiode 2021–2027 mit von der Partie sein wird, sei noch offen. Es gebe starke Signale seitens der Briten, sich weiterhin zu beteiligen. »Wir wünschen uns das sehr«, betont der Leiter der österreichischen Nationalagentur. Die Europäische Kommission schlägt vor, die Mittel für die nächsten sieben Jahre des europäischen Bildungsprogramms EU-weit auf 30 Milliarden Euro zu verdoppeln und zwölf Millionen Menschen daran teilnehmen zu lassen. Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht sogar von Verdreifachung. Auch wenn man bei Erasmus von einer jahrzehntelangen Erfolgsgeschichte sprechen kann, gibt es noch viele Potenziale zu heben. »Wir haben es zwar geschafft, viele Menschen zu motivieren, ins Ausland zu gehen. Für manche Gruppen ist es aber nach wie vor schwierig. Hier wollen wir Hürden abbauen«, betont Gesslbauer. Etwa für Menschen mit Behinde-

23.000

Österreicherinnen und Österreicher

Schülerinnen und Schüler

2.660

Lehrerinnen und Lehrer

8.470

Studierende

rung, junge Menschen mit Kindern und Student/innen, die berufsbegleitend studieren. Oder für Interessent/innen, wo der soziale und finanzielle Hintergrund es nicht zulassen, sich zu beteiligen. Denn Erasmus zahle nur Zuschüsse und sei kein kostendeckendes Programm, erläutert er. Auch für Menschen, die sich mit Sprache und Bürokratie bei der Antragstellung schwer täten, soll der Zugang einfacher werden. »Wir kommunizieren vieles noch zu technisch. Hier müssen wir offener und direkter werden«, merkt er selbstkritisch an. Generelles Ziel sei es, das neue Erasmus+ Programm benutzerfreundlicher und integrativer, besser zugänglich und fairer für alle Gruppen von Jugendlichen und Erwachsenen zu gestalten, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation und anderen Umständen. Für Gesslbauer wäre damit auch ein eigener Wunsch erfüllt: »Dass, wenn mich jemand auf der Straße anspricht, ob für ihn/sie Erasmus denn auch in Frage komme, ich einfach sagen kann: Ja!«.

mit Erasmus+ unterwegs

TOP-3-Zielländer 1

Deutschland

2

Vereinigtes Königreich Spanien 3


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Silvia Riegler

50.000 Studierende und Lehrende profitierten von CEEPUS CEEPUS hat seit mehr als 25 Jahren einen großen Einfluss auf den Kapazitätsaufbau im Bereich der Hochschulbildung in Zentral- und Südosteuropa.

© Universität Pécs

Silvia Riegler arbeitet seit 2007 beim OeAD. Seit 2012 ist sie als Programme Officer zuständig für CEEPUS und betreut das National CEEPUS Office.

Dass auch von einem kleinen Land aus in der europäischen Bildungslandschaft große Brücken gebaut werden können, zeigt das 1993 von Österreich initiierte Central European Exchange Programme for University Studies (CEEPUS). Wenige Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs vor 30 Jahren war es das erste akademische Programm, das zunächst die Gründungsmitglieder Bulgarien, Ungarn, Polen, Slowakische Republik, Slowenien und Österreich unter- und miteinander verbunden hat. Dass nach und nach auch südosteuropäische Länder beigetreten sind, die noch in den 90erJahren durch Kriege getrennt waren, zeugt für den auch friedensstiftenden Beitrag des Programms in der Region. Heute arbeiten Universitäten aus 16 zentralund südosteuropäischen Ländern zusammen. Seit 1995 haben mehr als 50.000 Studierende und Lehrende sowohl in wissenschaftlicher als auch kultureller und sprachlicher Hinsicht von CEEPUS profitiert.

Ein besonderer Mehrwert an dem Programm ist, dass EU-Mitgliedsländer, Beitrittswerber und Drittstaaten als gleichberechtigte Partner kooperieren. Somit wird auch jenen Staaten, die aktuell nicht an Erasmus+ teilnehmen können, eine europäische Dimension eröffnet. Das multilaterale Austauschprogramm umfasst mittlerweile folgende Länder: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Moldawien, Montenegro, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn. Teilnahmeberechtigt sind außerdem die kosovarischen Universitäten Prishtina, Prizren und Peja. Von Anfang an haben die Initiatoren Wert darauf gelegt, dass alle Länder auf Augenhöhe beteiligt sind, jeder entsprechend seiner eigenen Wirtschaftskraft. Dafür wurde eine ebenso effektive wie effiziente »Währung« geschaffen: Jedes Mitgliedsland stellt so genannte Stipendienmonate für Incoming-Studierende und Incoming-Lehrende zur Verfügung. Incoming-Studierende werden von der Gastinstitution von den Studienbeiträgen befreit und erhalten vom Gastland ein von den Lebenshaltungskosten abhängiges Vollstipendium. »Eine beinahe geniale Konstruktion«, sagt die langjährige CEEPUS-Generalsekretärin Elisabeth Sorantin. »Die Länder vertrauen einander, dass der Austausch funktioniert – und er funktioniert immer.«

Studierende der Universität Pécs bei einem gemeinsamen Ausflug. Die Universität Pécs beteiligt sich sehr aktiv am Mobilitätsprogramm CEEPUS .


10 Jahre OeAD-GmbH

CEEPUS – Central European Exchange Programme for University Studies – ist ein multilaterales Austauschprogramm mit Zentral- und Südosteuropa, das 1993 von Österreich initiiert wurde. Es fördert die akademische Mobilität und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Hochschulraum der Region.

Bewährt hat sich auch die Austauschstruktur innerhalb von Netzwerken, die aus mindestens drei Hochschuleinrichtungen verschiedener Länder bestehen. Dies fördert gezielt die fachbezogene Zusammenarbeit, bei der sich die Universitäten auch zum Beispiel technische Geräte untereinander ausleihen. Einige CEEPUS-Netzwerke bieten sogar gemeinsame Studiengänge an. Aktuell gibt es 106 CEEPUS-Netzwerke (mit Umbrellas), davon werden 14 von Österreich koordiniert und an 63 ist Österreich beteiligt. Das alles funktioniert mit einer extrem schlanken Verwaltung. Das gesamte Programm wird von nur 16 nationalen Büros (je ein bis zwei Personen) und zwei Personen im Generalsekretariat in Wien koordiniert. Unkompliziert ist auch das Prozedere für die Antragsteller/innen. Bewerbungen sind auch während des Semesters möglich. Anhand eines Online-Tools kann der Status der Bewerbung nachverfolgt werden. Die Zahl der Bewerbungen zeigt: Die Nachfrage nach CEEPUS steigt trotz Konkurrenz durch andere Programme. Das multilaterale Mobilitätsprogramm leistet nach wie vor einen wichtigen Beitrag zum europäischen Friedensprozess in Zentral- und Südosteuropa und hat sich als Best-Practice-Modell in der Region bewährt.

Beide Fotos © Universität Torun, Polen

106 CEEPUS-Netzwerke

Bild oben: Nicolaus Copernicus Universität in Polen: Ein zweisprachiger Wegweiser zeigt, wo es zu den Fakultäten geht. Bild unten: Zwei Studierende der Chemiefakultät in Torun/Polen. Im Rahmen des CEEPUS-Netzwerks stehen österreichischen Studierenden Austauschplätze an attraktiven Universitäten in Zentral- und Südosteuropa zur Verfügung.

© d-maps.com, Eva Müllner

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Andreas Obrecht

Entwicklungsforschung – ein transdisziplinäres Forschungsfeld Der OeAD trägt mit Kooperationen im Bereich der Entwicklungsforschung zur Internationalisierung heimischer Hochschulen und auch zu deren Weltoffenheit bei. Andreas Obrecht leitet die Abteilung Bildung und Forschung für internationale Entwicklungszusammenarbeit im OeAD.

Entwicklungsforschung ist anwendungsorientierte Forschung, deren Ergebnisse zur Verbesserung der Lebensbedingungen von durch absolute Armut betroffene Menschen beitragen. Einwicklungsforschung ist keine Disziplin, sondern ein transdisziplinäres Forschungsfeld, das von Tropenmedizin über Agrar- und Wasserökologie bis hin zur Stadtanthropologie und der Rechtswissenschaft reicht, sofern diese die Menschenrechtssituation oder die oft fehlende politische Partizipation von marginalisierten Gruppen adressiert. Der Referenzrahmen für die Entwicklungsforschung waren zwischen 2000 und 2015 die Millennium Development Goals, die 2016 von den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) und deren 169 Unterzielen abgelöst wurden. Unter Ziel 1 der SDGs »Eliminierung der absoluten Armut bis zum Jahr 2030« – wobei absolute Armut durch ein Tagesprokopfeinkommen von weniger als 1,25 US$ definiert ist –, lassen sich alle Themenfelder der Entwicklungsforschung subsummieren. Ob Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung lebensnotwendiger Ökosphären, ob sauberes Wasser, Ernährungs- und Rechtssicherheit, die Senkung der Kinder- und Müttersterblichkeit, der Einsatz von ICT (Information and Communications Technology) zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität etc. – all diese Forschungsfelder verfolgen das Ziel, gemeinschaftlich mit den südlichen Partnern auf wissenschaftlicher Grundlage praxisorientierte Lösungen für existenzielle Probleme zu erarbeiten, von denen nach wie vor rund zehn Prozent der Weltbevölkerung, eben jene die unter der absoluten Armutsgrenze leben, betroffen sind. Die Abteilung Bildung und Forschung für internationale Entwicklungszusammenarbeit versteht sich als Informationsplattform der Entwicklungsforschung in Österreich und als Vermittler und Förderer von Forschungsinitiativen zwischen österreichischen Hochschulen und Universitäten,

bzw. wissenschaftlichen Einrichtungen in Less und Least Developed Countries. Im Rahmen des Austrian Partnership Programme in Higher Education and Research for Development (APPEAR), das von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit finanziert und vom OeAD implementiert wird, konnten in den letzten zehn Jahren 43 Hochschulpartnerschaften in den Bereichen Forschung, Lehre und Management mit Schwerpunkt in Ländern des subsaharischen Afrika realisiert werden. 64 vorbereitende Projekte haben die hohe Qualität dieser Kooperationen maßgeblich beeinflusst. Zudem konnten 184 Studierende aus den Partnerländern mit Master- und PhD-Stipendien im Rahmen von APPEAR ihre akademische Ausbildung in Österreich absolvieren. Auch das Netzwerk »AfricaUniNet«, das derzeit gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur Wien vorbereitet und ab Jänner 2020 operativ tätig werden wird, referenziert auf die nachhaltigen Entwicklungsziele und stellt eine solide Basis für weitere Forschungsinitiativen dar. Seit zwei Dekaden wird im internationalen entwicklungspolitischen Diskurs die Entwicklung von Kapazitäten im tertiären Bildungssektor in Entwicklungsländern als mittelfristig effizientes Instrument zur Bekämpfung der Armut angesehen. Forschungs- und Lehrkooperationen mit wissenschaftlichen Institutionen in Entwicklungsländern stärken aber nicht nur deren Forschungs- und Problemlösungskompetenz, sondern bereichern auch heimische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Zusammenarbeit über die Grenzen der Länder, der Kontinente, der Sprachen, der Kulturen, der Rechtsräume und der politischen Systeme hinweg erfordert Engagement, Flexibilität, auch methodologische, theoretische und empirische Offenheit. In offenen Räumen der Begegnung wird gemeinsam neues kreatives und innovatives Wissen generiert – mit dem Anspruch, soziale Realität auch zu verändern. Zudem tragen Kooperationen im Bereich der


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© Moses Irungu

20 Jahre Bologna-Prozess

»ICT (Information and Communications Technology) zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität«. Andreas Obrecht (Zweiter von links) mit Teilnehmer/innen eines abschließenden Workshop des Appear-Projektes SCARA am 28.09.2019 in Nakuru/Kenia

Entwicklungsforschung zur Internationalisierung heimischer Hochschulen und auch zu deren Weltoffenheit bei. So ist es besonders erfreulich, dass 19 der 21 öffentlichen Universitäten in Österreich an APPEAR beteiligt waren und teils noch sind. Um die Bedeutung der Entwicklungsforschung für die Realisierung der SDGs in armen Ländern noch stärker an österreichischen Universitäten zu verankern, engagiert sich die Abteilung Bildung und Forschung für internationale Entwicklungszusammenarbeit auch insbesondere im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Neben wissenschaftlichen Veranstaltungen, Round Tables, Artikel- und Buchveröffentlichungen, werden für einen breiteren Interessentenkreis auch jährlich Filmtage abgehalten und im Rahmen einer Kooperation mit ORF Ö1 Campusradio auch zweimal im Monat einstündige Radiosendungen ausgestrahlt, die teils live, teils dokumentarisch die Arbeit der Projekte und die relevanten entwicklungspolitischen Diskurse zum Inhalt haben (www.oead.at/weltimohr). Zudem organisiert die Abteilung jedes zweite Jahr die Vergabe des Österreichischen Entwicklungsforschungspreises aus Mitteln des BMBWF. Der Hauptpreis ergeht an Persönlichkeiten für außerordentliche Leistungen im Bereich der Entwicklungsforschung oder als Würdigung ihres wissenschaftlichen Lebenswerkes, bzw. an Institutionen, die sich besonders um diesen Forschungsbereich verdient gemacht haben. Der Nachwuchspreis wird für einen qualitativ besonders gehaltvollen Text junger wissenschaftlicher Autorinnen und Autoren vergeben, wobei es

hier auch thematische Vorgaben gibt. So wird der Nachwuchspreis 2019 für eine wissenschaftliche Arbeit verliehen, welche die Bedeutung indigener Sprachen und Kulturen für die Realisierung der SDGs analysiert. In der Entwicklungsforschung geht es nicht nur um wissenschaftliche Exzellenz – die wird vorausgesetzt –, sondern um genuine Werthaltungen, die einseitigen Wissenstransfer, der von den südlichen Partnern als paternalistische Fortschreibung der Hegemonie »westlichen Wissens« erfahren wird, verunmöglicht: Partizipation, gemeinsames Formulieren der Forschungsfragen und der Methodologien, kulturelle und epistemologische Offenheit, Respekt vor Diversität und den Wissenswelten anderer Kulturen, Gendersensitivität, die nicht nur in der Förderung von Wissenschaftlerinnen besteht, sondern die Ergebnisse und deren Konsequenz in der sozialen Realität nach geschlechtsspezifischen Kategorien analysiert und von vornherein in die wissenschaftliche Arbeit miteinbezieht, die Förderung von Menschen mit speziellen Bedürfnissen in wissenschaftlichen Kontexten und die unbedingte Bereitschaft, sich auf mitunter schwierige soziale und institutionelle Rahmenbedingungen einzulassen – all das sind wichtige qualitative Kriterien einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Das transdisziplinäre Feld der Entwicklungsforschung erweist sich somit als ziemlich herausfordernd, aber für Wissbegierige – gleich ob sie nun im globalen Norden oder im globalen Süden leben – als umso faszinierender.

Im internationalen entwicklungspolitischen Diskurs wird die Entwicklung von Kapazitäten im tertiären Bildungssektor in Entwicklungsländern als mittelfristig effizientes Instrument zur Bekämpfung der Armut angesehen.


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Andreas Kurz

Das OeAD-Lektoratsprogramm – Kontinuität im Wandel OeAD-Lektorinnen und -Lektoren fungieren weltweit als österreichische Bildungs- und Kulturbotschafter/innen. Andreas Kurz war OeAD-Lektor in Budapest und Moskau, danach leitete er zwischenzeitig das OeADKooperationsbüro Shanghai. Seit September 2018 arbeitet er als Programme Officer in der OeAD-GmbH und betreut in dieser Funktion sowohl das FranzWerfel-Stipendienprogramm als auch das OeAD-Lektoratsprogramm, letzteres gemeinsam mit Dr. Arnulf Knafl.

© Andreas Kurz, OeAD

Neue Teilnehmer/innen des OeADLektoratsprogramms müssen vor Antritt ihrer Tätigkeit ein Einführungsseminar besuchen, in dem es u. a. um Lehrwerkkunde geht.

Das OeAD-Lektoratsprogramm ermöglicht Absolventinnen und Absolventen österreichischer Universitäten mit geistes- und kulturwissenschaftlichem Studienhintergrund Unterrichtsaufenthalte bis zu fünf Jahren an Universitäten im nicht-deutschsprachigen Ausland. Im Zentrum der Lektoratstätigkeit stehen der Unterricht von Deutsch als Fremdsprache und eine damit intendierte Stärkung der internationalen Präsenz Österreichs als deutschsprachiges Land. Ebenso ist es Aufgabe der Lektorinnen und Lektoren, ihren Studierenden ein zeitgemäßes Österreichbild zu vermitteln und die Sichtbarkeit Österreichs als Kunst-, Kultur- und Wissenschaftsstandort zu unterstützen. Derzeit arbeiten 99 Lektorinnen und Lektoren in 32 Ländern von Mexiko bis Japan, wobei die Mehrheit der Lektoratsstellen in West- und Ostmitteleuropa liegt. Seit Etablierung des Lektoratsprogramms, dessen Verwaltung 2010 von der OeAD-GmbH übernommen wurde, konnten hunderte junge Akademiker/innen internationale Lehrerfahrung sammeln und die im Rahmen ihrer Tätigkeit erworbenen Fähigkeiten für spätere Berufslaufbahnen nützen. Ehemalige Lektorinnen und Lektoren arbeiten heute als Lehrer/innen, Universitätsdozent/innen, Leiter/innen internationaler Institutionen und Programme, Schriftsteller/innen, Diplomat/innen et cetera. Unterricht, Projektarbeit, Vermittlung Dass sich das Wesen eines solchen Programms mit den Jahren wandelt, ist evident. Mit steigender Internationalisierung von Forschung und Lehre wird heute an Lektorinnen und Lektoren – neben ihrer Funktion als muttersprachliche Lehrende – zunehmend auch die Aufgabe

herangetragen, Bildungs- und Kulturbotschafter/innen, Mittler- und Auskunftspersonen zu sein und mit ihrer über die Tätigkeitsjahre hinweg angesammelten Erfahrung jenen Institutionen zur Seite zu stehen, die über solche Erfahrung nicht verfügen. Da sich der Lebensmittelpunkt der Programmteilnehmer/innen für die Zeit ihrer Tätigkeit im jeweiligen Gastland befindet, wird ihre Arbeitserfahrung zusätzlich jeweils mit individuellem Einschätzungs- und vor Ort geschultem Unterscheidungsvermögen unterfüttert. Diese Kenntnisse für österreichische (Bildungs-)Institutionen strukturiert verfügbar zu machen, ist eine der großen Herausforderungen für die Zukunft und eines der größten Potenziale des Programms. Schon jetzt bringen sich Lektorinnen und Lektoren intensiv in internationale Projektarbeit ein, beteiligen sich an der Organisation von Konferenzen, initiieren und begleiten bilaterale Austauschprogramme, unterstützen punktuell auch österreichische Hochschulen bei der Suche nach Partnern (z. B. in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Nationalagentur Erasmus+) und kooperieren mit Botschaften, Kulturforen, Österreich-Bibliotheken wie auch mit dem ÖSD (Österreichisches Sprachdiplom), der ADA (Austrian Development Agency), dem IDM (Institut für Donauraum und Mitteleuropa), Bio-Austria und vielen weiteren Institutionen. Ein Projekt, das eine gelungene Verknüpfung von Unterrichts- und Projektarbeit zeigt, ist beispielsweise der großbritannien- und irlandweite Schreibwettbewerb »writeAUT«, der jährlich als Gemeinschaftsprojekt von eben jenen Lektor/innen organisiert wird, die in diesen beiden Ländern tätig sind. Da österreichische Themen in den Curricula ihrer Gastuniversitäten schwer unterzubringen sind, entschlossen sich die Lektor/innen, diesem Umstand mit extracurricularer Arbeit zu begegnen. Dabei nützen sie das stark kompetitive Setting der lokalen Hochschullandschaft, um Studierende zu einem freundschaftlichen literarischen Wettbewerb zu animieren, im Zuge dessen die Teilnehmer/-


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© Universität Pécs

10 Jahre OeAD-GmbH

OeAD-Lektoratsprogramm: Standorte und Schwerpunktregionen

Wandel und Professionalisierung Neben einer Veränderung des Tätigkeitsprofils unterliegt aber auch der Unterrichtsgegenstand selbst einem merklichen Wandel. Stieg beispielsweise in Osteuropa das Interesse an der deutschen Sprache nach dem Fall des Eisernen Vorhangs stark an, so ist nun ein Rückgang zu verzeichnen, insbesondere in der traditionellen deutschen Philologie. Nachgefragt werden vermehrt Sprachausbildungen für konkrete Berufsziele wie Wirtschaftsdeutsch. Derartige Tendenzen zu beobachten und mit entsprechenden Programmentwicklungsmaßnahmen zu beantworten, ist eine fordernde Aufgabe, sowohl für eine Bildungsagentur wie die OeAD-GmbH als auch für ihren Auftraggeber das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, das den strategischen Rahmen des Programms vorgibt. Als Reaktion auf veränderte Ansprüche im Sinne einer Professionalisierung des Lektorats-

programms, wurde 2012 eine berufsbegleitende Weiterbildungsmöglichkeit für OeAD-Lektorinnen und -Lektoren etabliert. Dieser Zertifikatskurs, der vom Postgraduate Center der Universität ausgerichtet wird, ist auf die Tätigkeitsfelder der Programmteilnehmer/innen maßgeschneidert und vermittelt diesen in drei aufeinander aufbauenden Modulen umfassende Kenntnisse im Bereich Methodenkompetenz und Unterrichtsdidaktik, sowie in Fragen von Projektplanung und internationaler Kulturarbeit. Konkrete Erfahrung durch konkrete Arbeit vor Ort Kreativität, Motivation und Neugier von rund 100 jungen Akademiker/innen, die weltweit in unterschiedlichsten kulturellen und Bildungskontexten tätig sind – das ist ein großes Potenzial, welches wir uns zu verwalten und entwickeln glücklich schätzen. Zwar ist der große Wert eines solchen Programms noch viel mehr in seinen Langzeitwirkungen zu sehen als in seinen unmittelbaren Ergebnissen. Ganz konkret aber zeigt sich, dass, bei aller Begeisterung für die Chancen weltweiter Vernetzung und digitalisierter Bildungsmöglichkeiten, eines durch sie nicht ersetzt werden kann: physische Mobilität, die konkrete und vor Ort akquirierte Arbeits- und Lebenserfahrung zeitigt. Dafür wird es auch in Zukunft – vielleicht mehr denn je – Programme wie das OeADLektoratsprogramm brauchen, damit der virtuellen Internationalisierung ein manifester internationaler Austausch entgegengesetzt werden kann.

99 Lektorinnen und Lektoren in 32 Ländern sind im Einsatz, um ein zeitgemäßes Österreichbild zu vermitteln und die Sichtbarkeit Österreichs als Kunst-, Kultur- und Wissenschaftsstandort zu unterstützen.

© Andreas Kurz, OeAD

innen landesweit Workshops besuchen, sich mit österreichischer Geschichte und Kultur auseinandersetzen und so unserem Land näher kommen können. »Servus Tschechien!« und »Ahoj Rakousko!« sind zwei große Austauschprojekte, die von unserem in Pilsen/Tschechische Republik an der Westböhmischen Universität arbeitenden OeAD-Lektor in Zusammenarbeit mit der PH Steiermark organisiert werden. Es finden sowohl in Pilsen als auch in Graz »interkulturelle Tage« statt: Tschechische und österreichische Studierende arbeiten gemeinsam in Workshops, einmal an diesem, einmal an jenem Hochschulstandort. Gefördert werden die Projekte von der (ebenfalls im OeAD verwalteten) »Aktion Österreich – Tschechische Republik«. Konkrete Folgewirkungen des Vorhabens sind u. a. Auslandssemester von tschechischen Studierenden in Österreich und vice versa, sowie weitere Kooperationen, wie eine Radiopartnerschaft mit Radio Igel, dem Campusradio der PH Steiermark.


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Heidemarie Pirker | Petra Siegele

Sparkling Science. Wenn Wissenschaft Funken sprüht Sparkling Science begeisterte Jugendliche für Wissenschaft und Forschung und schuf Anreize zur dauerhaften Vernetzung von forschenden mit schulischen Institutionen. kennen. Die jungen Forscherinnen und Forscher konzipierten Forschungsvorhaben mit und erhoben anhand gültiger Methodenstandards qualitative und quantitative Daten im Rahmen von Beobachtungen, Befragungen, Messungen und Experimenten in Labor- und Feldforschungssituationen. Wissenschaftliche Vorgehensweisen und Erfahrungen wurden gemeinsam reflektiert, Daten analysiert, interpretiert und bei schulischen und wissenschaftlichen Veranstaltungen präsentiert. Jugendliche gingen auf Spurensuche und lieferten u. a. in zahlreichen aus den Projekten hervorgegangenen vorwissenschaftlichen Arbeiten und Diplomarbeiten kreative Anregungen und wertvolle Erkenntnisse für die Forschung. So öffnete das Programm Sparkling Science den beteiligten Kindern und Jugendlichen einen besonders frühen Zugang zu wissenschaftlichen Arbeitsweisen, weckte Interesse für die Arbeit in den Wissenschaften, machte Forschung für junge Menschen greifbar und als möglichen Karriereweg vorstellbar.

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Von Apfelmikrobiom bis zu Zwischen WeltenÜberSetzen Insgesamt wurde seit 2007 in 245 Forschungsprojekten mit einer durchschnittlichen Projektlaufzeit von 25 Monaten und 54 Schulforschungsprojekten mit einer durchschnittlichen Projektlaufzeit

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© KiP3

© Making art – taking part

Petra Siegele leitet die Abteilung Public Science im OeAD.

Sparkling Science hat als thematisch offenes Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Österreich 2007 einen außerordentlich erfolgreichen Weg der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung eingeschlagen. In den letzten zwölf Jahren einte Sparkling Science 483 österreichische und 46 internationale Schulen mit 137 österreichischen sowie 63 internationalen Forschungseinrichtungen. Mehr als 95.000 Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen und Schultypen beantworteten in 299 Projekten gemeinsam mit 4.300 Forscherinnen und Forscher unterschiedlichster wissenschaftlicher Einrichtungen ungeklärte Fragen verschiedener Forschungsdisziplinen. Dabei wurden sie von 2.600 Lehrenden und zahlreichen Kooperationspartner/innen aus Wirtschaft und Gesellschaft unterstützt. Europaweit war und ist diese Form der Forschungsförderung mit einem Gesamtvolumen von fast 35 Mio. Euro einzigartig. Der dem Programm übergeordnete Citizen Science-Forschungsansatz involvierte Kinder und Jugendliche aktiv in Forschungsvorhaben und setzte auf das intellektuelle und kreative Vermögen junger Menschen, sich selbst in Forschungsprozesse einzubringen und zu verwirklichen. Schülerinnen und Schüler erweiterten ihre Fähigkeiten und lernten in den neu geschaffenen Erfahrungsräumen wissenschaftliche Denk- und Sichtweisen

© TeaTime4Schools

Heidemarie Pirker ist promovierte Agrarökologin der Universität für Bodenkultur Wien. Sie ist seit August 2019 als Projekt-Managerin im Bereich Public Science beim OeAD tätig.


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© Making art - taking part

© Regeneration bei freilebenden Plattwürmern

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Bild 1: Tea-Bag-Index-Methode zur Messung der biologischen Aktivität in Böden Bild 2: Digitales Musizieren mit Gruppen in Echtzeit

von 15 Monaten ein breites Spektrum neuartiger Fragestellungen aus Natur- und Sozialwissenschaften, Technik, Lehr- und Lernforschung, Informatik, Geisteswissenschaften sowie Medizin und Gesundheit bearbeitet. Der Forschungssektor gewann dadurch fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse, der Bildungssektor profitierte von neu entwickelten Unterrichtsmaterialien sowie innovativen didaktischen Konzepten und Zukunftsmodellen. Dies setzte systemische Veränderungen innerhalb der institutionellen Einrichtungen in Gang, zahlreiche nationale und internationale Kooperationen zwischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren entstanden und entwickelten sich weiter. Funken sprühende Erfolge Sparkling Science begeisterte Jugendliche für Wissenschaft und Forschung, lieferte neue Erkenntnisse für die Forschung, baute gleichzeitig strukturelle Barrieren ab und schuf Anreize zur dauerhaften Vernetzung von Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Schulen. Festgefahrene Gewohnheiten des Wissenschafts- und Bildungssystems wurden aufgebrochen, Änderungen angeregt, Strategien entwickelt, neue Einrichtungen und Initiativen gegründet. Der initiale Zündungsgedanke von Sparkling Science für eine Öffnung und Vernetzung von Wissenschaft mit Bildung unter Einbindung einer breiten Öffentlichkeit wird nun durch das beim OeAD angesiedelte Zentrum für Citizen Science mit dem Schwerpunkt zur Zusammenarbeit von Wissenschaft und Schule – Young Science – weitergetragen. So baute und baut das Programm Sparkling Science viele Brücken und änderte bzw. ändert in den Systemen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft nachhaltig individuelle und strukturelle Wirklichkeiten.

Bild 3: Fachliches Lernen in authentischen Lernumgebungen Bild 4: Untersuchung des Regenerationsvermögens von Plattwürmern Bild 5: Aushandeln von Freiheit, Gleichheit und Solidarität unter Jugendlichen

Facts & Figures

Gesamtlaufzeit Fördermittel

2007 bis 2019 insgesamt 34,9 Mio. Euro

Geförderte Projekte 299 insgesamt, davon Forschungsprojekte 237 Fellowship-Projekte 4 Strategieprojekte 4 Schulforschungsprojekte 54 Beteiligte Personen 95.217 Schülerinnen und Schüler 4.251 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende 2.593 Lehrpersonen und angehende Lehrpersonen Beteiligte Einrichtungen 200 Forschungseinrichtungen, davon 64 internationale 529 Schulen bzw. Schulzentren, davon 46 internationale 185 Partner aus Wirtschaft und Gesellschaft, davon 9 internationale


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Franz Gramlinger

Meilensteine der Entwicklung von Qualität in der (beruflichen) Bildung Das ARQA-VET-Team arbeitet an einem QualitätsmanagementSystem für alle 5.700 Schulen in Österreich.

Franz Gramlinger ist Leiter der Referenzstelle für Qualität in der Berufsbildung ARQA-VET im OeAD.

Vor zehn Jahren war ARQA-VET, die beim OeAD angesiedelte Österreichische Referenzstelle für Qualität in der Berufsbildung, gerade einmal zwei Jahre »alt«, und wir hatten noch richtig viel damit zu tun, unseren Stakeholdern zu erklären, warum es uns gibt und welche Ziele wir verfolgen. Und auch das Thema Qualität, Qualitätsentwicklung und Qualitätsmanagement in der beruflichen Bildung war noch ein ziemlich »junges«. Zwar gab es die Qualitätsinitiative Berufsbildung (QIBB) bereits für fast alle berufsbildenden Schulformen, aber rückblickend standen wir noch relativ am Anfang. Es hat sich sehr viel getan in diesen zehn Jahren: QIBB ist längst in den meisten der knapp 700 berufsbildenden Schulen (BMHS und Berufsschulen) »angekommen«, Qualitätsmanagement (QM) wird in den Schulen, der Schulaufsicht und der Bildungsadministration betrieben, es gibt Qualitätsmanager/innen in den Schulen, die Schulleiterinnen und -leiter wissen, dass sie nicht nur für das QM, sondern auch für die Qualität und die Qualitätsentwicklung ihrer Schulen Verantwortung tragen und im internationalen Vergleich ist QIBB ein Vorzeigemodell. ARQA-VET hat dazu nicht ganz unwesentlich beigetragen. Wir haben in einer Reihe von EUbzw. EQAVET1-Projekten viel Know-how eingebracht, aber auch viel Neues gemeinsam mit den Referenzstellen anderer Länder und internationalen Expert/innen entwickelt und so auch viel »zurückbekommen«. Mit Peer Review in QIBB haben wir ein Verfahren der externen Evaluation »auf Augenhöhe« für die österreichischen Schulen entwickelt, implementiert und in der Durchführung betreut. Rund 60 Schulen haben dieses Verfahren, das auf Frei1 ARQA-VET ist als nationale Referenzstelle ein Netzwerkknoten im EU-Netzwerk EQAVET – European Quality Assurance in Vocational Education and Training www.eqavet.eu.

willigkeit und hoher Eigeninitiative basiert, durchlaufen und uns sehr gute Rückmeldungen dazu gegeben. (www.peer-review-in-qibb.at ) Im Projekt Q-KULT (www.q-kult.eu) – Qualitätskultur in berufsbildenden Schulen – sind wir relativ früh (ab 2012) dem Thema Qualitätskultur mit Kolleg/innen aus Deutschland, Dänemark und Holland nachgegangen und haben ein Online-Analysetool entwickelt, das nun Schulen in vier Sprachen zur freien Verfügung steht. Ebenfalls mit EU-Mitteln finanziert wurde das Projekt VET-CERT – Qualifizierung als Weg zur Qualität. Daraus haben wir eine Ausbildungsschiene entwickelt, die unter dem Namen QUALI-QIBB (Qualifizierung in und für QIBB) seit sechs Jahren sehr erfolgreich mit zwei PH-Lehrgängen pro Jahr eine nicht unbedeutende Wirkung auf das Qualitätsmanagement der österreichischen berufsbildenden Schulen gezeigt hat. Mit den QUALI-QIBB- Lehrgängen wurden Multiplikatorengruppen geschaffen, die viel Wissen und Know-how ins System gebracht und sich über Ländergrenzen sowie über verschiedene Schulformen hinweg vernetzt haben. Nicht nur in der Schule, sondern auch in »angrenzenden Bildungsbereichen« hat sich einiges weiterentwickelt, die Themen Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung sind wichtiger geworden. So hat die Wirtschaftskammer gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium für den betrieblichen Teil der dualen Ausbildung, also der Lehre, mit QML (Qualitätsmanagement in der Lehrlingsausbildung) begonnen, einerseits ein Monitoringsystem über die Ausbildungsberufe hinweg und für ganz Österreich einzurichten. Andererseits wurden viele unterstützende Informations- und Schulungsmaterialien als Angebote für die Betriebe neu entwickelt, um die Qualität der Ausbildung zu sichern und zu verbessern. Für die Erwachsenenbildung gibt es mit Ö-Cert seit einigen Jahren ein österreichweit gültiges Zertifikat, das Qualitäts-


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10 Jahre OeAD-GmbH

standards sichert und dokumentiert und damit nicht nur die Transparenz erhöht, sondern auch für die Bildungsanbieter in der Erwachsenenbildung die Förderanträge vereinfacht. Mit all diesen Entwicklungen ist es gelungen, die Berufsbildung in Österreich auf hohem Niveau zu sichern und gleichzeitig die Qualität der Bildung und Ausbildung beständig zu prüfen und zu hinterfragen. Das kleine ARQA-VET-Team ist in den vergangenen Jahren gerade innerhalb der EU auch gleichsam zum Botschafter unseres Berufsbildungssystems geworden. In Österreich ist es uns in der Berufsbildung gelungen, den Qualitätsregelkreis als Selbstverständlichkeit zu verankern. Viele Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich bereits für ihren Unterricht in ih-

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In Österreich ist es uns in der Berufsbildung gelungen, den Qualitätsregelkreis als Selbstverständlichkeit zu verankern.

rer Klasse und für die Qualität der gesamten Organisationseinheit zuständig und mitverantwortlich. Sie haben sich weg vom Denken »Ich und meine Klasse« hin zu »Wir und unsere Schule« entwickelt – das klingt so einfach und selbstverständlich, ist es aber nicht. Mit einer neuen Governance-Struktur im österreichischen Schulsystem haben sich auch unsere Aufgaben verändert. Wir sind jetzt als SupportStruktur nicht mehr nur für die berufsbildenden Schulen zuständig, sondern für alle rund 5.700 Schulen und arbeiten gerade intensiv an der Entwicklung eines neuen, gemeinsamen Qualitätsmanagement-Systems, in das die bestehenden Systeme in zwei Jahren übergeführt werden. Das ist eine spannende Herausforderung – und noch viel Arbeit.


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Karl Andrew Müllner

NQR: Das (Lern-)Ergebnis zählt Mit dem Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) können Ausbildungen verglichen werden.

Mit dem Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) wird auf europäischer und internationaler Ebene klar und vergleichbar, auf welchem Niveau in Österreich ausgebildet wird. Maßgeblich an der Ausarbeitung (und Umsetzung) beteiligt ist die NQR-Koordinierungsstelle in der OeAD-GmbH. 41 Qualifikationen wurden bereits im NQR-Register veröffentlicht. Das aus den Medien bisher wohl bekannteste Beispiel: Der Meisterabschluss steht auf demselben NQR-Niveau wie der Bachelor. In Europa gibt es unterschiedliche, historisch gewachsene Bildungssysteme und eine Vielzahl an Qualifikationen. Da die Mobilität der Menschen in Europa immer mehr steigt, sei es während der Ausbildung oder im Berufsleben, entstand der Wunsch nach mehr Klarheit und Vergleichbarkeit. Erreicht werden soll dies durch den Aufbau eines Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) in jedem EU-Mitgliedsland und 11 Nichtmitgliedstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Island, Kosovo, Liechtenstein, Montenegro, Norwegen, Serbien, die Schweiz und die Türkei). Über den Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) werden alle national zugeordneten Qualifikationen referenziert und so vergleichbar gemacht.

und im NQR-Register veröffentlicht worden (www.qualifikationsregister.at). Die Prozesse und Strukturen für die Zuordnung von Qualifikationen aus dem nicht-formalen Bereich sind fertig ausgearbeitet. Für diesen Bereich wurden aufgrund der heterogenen Angebotsvielfalt NQR-Servicestellen implementiert, die im Herbst 2019 operativ tätig geworden sind. Erste Zuordnungsersuchen werden 2020 erwartet. Der Wert (m)einer Qualifikation Durch den Nationalen Qualifikationsrahmen wird die Wertigkeit einer Qualifikation nicht mehr durch die Dauer oder den Ort definiert, wo diese erworben wurde, vorgegeben sondern basiert auf den Lernergebnissen. Dies ist ein Paradigmenwechsel mit Auswirkungen auf die gesamte Bildungslandschaft. Ohne Lernergebnisse ist eine Zuordnung zum NQR nicht möglich – daher unterstützt der NQR diesen bedeutenden Prozess der Umstellung

Erhöhung der Transparenz Ziel und Aufgabe der NQR-Koordinierungsstelle in der OeAD-GmbH ist es, nationale Qualifikationen und das österreichische Bildungssystem auf europäischer Ebene verständlich zu machen, dadurch die grenzüberschreitende Mobilität von Lernenden und Beschäftigten zu fördern sowie deren Teilnahme am lebenslangen Lernen zu unterstützen. Weitere Ziele sind die Erhöhung der Transparenz von Qualifikationen und die Weiterentwicklung der Lernergebnisorientierung. Die Arbeit der NQR-Koordinierungsstelle geht zügig voran. Per August 2019 sind bereits insgesamt 41 Qualifikationen aus dem formalen Bereich dem NQR erfolgreich zugeordnet

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Karl Andrew Müllner ist in der OeAD-GmbH für die Nationale Koordinierungsstelle zuständig.


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Mithilfe des NQRs können auch Österreichische Firmen bei internationalen Ausschreibungen das Wissen, die Fähigkeiten und Kompetenzen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser darstellen.

auf Lernergebnisorientierung. Dieser erfolgt in den verschiedenen Bildungsbereichen unterschiedlich schnell. Im Hochschulbereich durch Bologna – aber auch im formalen Bildungsbereich, z. B. durch das kompetenzorientiere Unterrichten. Eine Beschreibung der Lernergebnisse erleichtert dem/der Einzelnen bereits die Auswahl einer passenden Qualifikation aus der Vielfalt des Angebotes. Es ermöglicht die Reflexion, was kann ich und was will ich nach der Qualifikation können? Passt die Qualifikation zu mir? Was muss ich können, um eine bestimmte Position am Arbeitsmarkt zu erreichen?

Dank Bologna sind die Studienangebote in Europa qualitätsgesicherter, transparenter und vergleichbarer. Bologna und der Europäische Qualifikationsrahmen Um die Anerkennung von Studienleistungen und in letzter Konsequenz die auf deren Basis erlangten Qualifikationen möglich zu machen, braucht es gegenseitiges Vertrauen in die Qualität der hochschulischen Angebote. Darum war Qualitätssicherung von Beginn an ein zentrales Thema des Bologna-Prozesses. Herausforderung heute David Crosier, einer der Autor/innen des Bologna Implementation Report 2018 zum Thema Anerkennung, zeigte beim Bologna-Tag 2019 in Wien ein mögliches Problem in der Implementierung in Österreich auf: Die Verantwortung für die Anerkennung gemäß dem Lissabonner Anerkennungsübereinkommen in Österreich bei den Hochschulen. Hier ist es wichtig, dass die diesbezüglichen Prozesse auch im Rahmen der externen Qualitätssicherung überprüft werden, damit faire und transparente Verfahren durchgeführt werden.

Wirkung über Europa hinaus

Zukunftsthemen

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Das österreichische Bildungssystem kann mit dem NQR verständlicher dargestellt werden. Im europäischen Vergleich können durch den NQR nationale Besonderheiten wie zum Beispiel der HAKAbschluss oder der neue Ingenieur-Titel aufgezeigt werden. Nun reicht ein Blick auf das Zeugnis und durch das NQR- bzw. EQR Niveau kann sich jeder rasch ein Bild machen. Ein großer Vorteil, der nicht nur in Europa, sondern auch darüber hinaus immer mehr genutzt wird. Ob Australien, Neuseeland – derzeit wird an mehr als 150 nationalen Qualifikationsrahmen weltweit gearbeitet – dies erleichtert einen Vergleich der Qualifikationen – auch außerhalb Europas. Auch die heimischen Unternehmen profitieren davon: Österreichische Firmen können nun Mithilfe des NQR bei internationalen Ausschreibungen das Wissen, die Fähigkeiten und Kompetenzen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser darstellen. Bisher konnten österreichspezifische Qualifikationen wie HTL und Ingenieur in den Ausschreibungen nicht entsprechend dargelegt werden. Das führte zu einem Wettbewerbsnachteil. Der NQR leistet hier einen wertvollen Beitrag und zeigt auf, was Qualifikationsinhaber/innen wissen, können und in der Lage sind zu tun.

Für die Zukunft sehe ich Herausforderungen vor allem bei Durchlässigkeitsthemen im Zusammenhang mit der Idee des lebenslangen Lernens. Dabei geht es beispielsweise darum, wie Weiterbildungslehrgänge an Hochschulen im Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) eingestuft werden. Darüber hinaus wird das Thema der Anerkennung von Kompetenzen aus nicht- und informellem Lernen (Stichwort: recognition of prior learning) in diesem Zusammenhang sicher noch mehr an Bedeutung gewinnen. Damit verbunden ist die Notwendigkeit der Entwicklung neuer Prozesse zur Überprüfung dieser Kompetenzen im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens. Relevant wird auch die Frage nach der Anerkennung von MOOCs (offenen Massen-OnlineKursen) und so genannter Micro-Credentials wie Badges und deren Integration in größere Studienangebote und Curricula. Zu diskutieren sind auch noch Überlegungen, ob und inwieweit Blockchaintechnologie für das Beglaubigen, Ausstellen und Speichern von Bildungsnachweisen in Frage kommt. Beate Treml leitet die Bologna-Servicestelle bei der OeAD-GmbH.


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OeAD-Events

Veranstaltungskalender Der OeAD bietet Plattformen zur öffentlichen Diskussion rund um Mobilität und Internationalisierung. Details und Infos zur Anmeldung finden Sie unter www.oead.at/events.

21. November 2019 | Wien Billrothhaus | Frankgasse 8 | 1090 Wien Mit Berufsbildung ganz nach oben. Weiterentwicklung der Höheren Berufsbildung in Österreich Die Nationalagentur Erasmus+ Bildung lädt gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur 4. nationalen ECVET Konferenz ein. Die Etablierung der Europäischen Transparenzinstrumente ECVET und NQR in Österreich hat das Thema »Höhere Berufsbildung« in den Fokus der bildungspolitischen Diskussion gerückt. Noch ist der Begriff in Österreich nicht formal etabliert. Ziel der Konferenz ist es, über mögliche Umsetzungsszenarien für Höhere Berufsbildung in Österreich nachzudenken. 3. Dezember 2019 | Wien Studio 44 | Rennweg 44 | 1038 Wien Erasmus+ Award 2019 Bildung Bei der Verleihung des Erasmus+ Award werden die herausragendsten Mobilitätsprojekte und strategischen Partnerschaften des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Außerdem werden auch heuer wieder die österreichischen Erasmus+ Botschafter/innen und die Gewinner/innen des Erasmus+ Tagebuch-Wettbewerbs in den vier Bildungsbereichen gekürt.

6. Dezember 2019 | Wien Alte Kapelle der Universität Wien, Universitätscampus | Spitalgasse 2 | 1090 Wien 3. Richard-Plaschka-Tagung Die 3. Richard-Plaschka-Tagung ist dem 100-jährigen Jubiläum der Pariser Friedenskonferenzen 1919 und der historischen Bedeutung von Friedenskonferenzen und Friedenschlüssen gewidmet. Die Tagung ermöglicht Plaschka-Stipendiat/innen, ihre vielfältigen und interessanten Forschungsprojekte zu präsentieren. Zudem bietet die Tagung den idealen Rahmen für Vernetzung und Austausch mit Kolleg/innen. 26. März 2020 | Wiener Neustadt FH Wiener Neustadt City Campus | Schlögelgasse 22-26 | 2700 Wiener Neustadt Bologna-Tag 2020 Der jährlich stattfindende Bologna-Tag bietet ein Forum für die Leitungen der Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen sowie alle mit dem Themen »BolognaProzess und Europäischer Hochschulraum« befassten Schnittund Stabsstellen, die Bologna-Koordinator/innen aber auch die hochschulischen Interessensvertretungen und die ÖH, sowie die Mitglieder der nationalen Bologna follow-up Gruppe, Bildungsberatungseinrichtungen und Sozialpartner/innen. Darüber hinaus gibt er Medienvertreter/innen und Hochschulforscher/innen Einblicke in Stand und Umsetzung des Bologna-Prozesses in Österreich.


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