Holzbulletin 114/2015

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Holzbulletin 114/2015 Holzbau im Tessin Gasthof ‹Fior di Campo›, Campo Vallemaggia | Umbau und Sanierung eines Rustico in Bi­desco, Bodio | Das schwebende Haus, Pregassona | Villa in Lugano-Besso | Wohn-Raumkörper, Bellinzona | Residenza Sirio, Lugano | Residenza Pegaso, Pregassona | ‹temporary living›, Mendrisio | Kindergarten ‹Girasole›, Carona | Umbau ex-Tobler, Lugano | Radwegbrücke über den Brenno, Dongio | Tribüne ‹Siberia›, Ascona

Die Residenza Sirio positioniert das Bauen mit Holz in einer typischen städtischen Wohngegend in Lugano über die Vorzüge Ökobilanz, Erneuerbarkeit des Baustoffs und CO2-Neutralität als Alternative zu anderen Bauweisen. Architektur: Ecoedil SA, Arch. Maurizio Marzi, Lugano


Das Tessin hat der Schweiz etwas zu sagen Rund neun Jahre nach der Publikation des Holzbulletins 81/2006 unter dem Titel ‹Kanton Tessin› erscheint nun erneut eine Ausgabe, welche den Holzbau in der Südschweiz aufnimmt. Hintergrund dieser Themenwahl ist der am 22. Mai 2015 stattfindende S-WIN-Fortbildungskurs ‹Holzbau heute – eine Lösung für moderne Architektur und anspruchsvolle Tragwerke› in Mendrisio. S-WIN ist das ‹Swiss Wood Innovation Network›, hervorgegangen aus der Verbindung der früheren Arbeitsgemeinschaft für Holzforschung SAH – bekannt für ihren jährlichen Fortbildungskurs in Weinfelden – mit dem Netzwerk Holz, das für einen so regelmässigen wie fruchtbaren Austausch zwischen Industrie, KMU und insbesondere der angewandten Forschung besorgt war. Das Netzwerk S-WIN stärkt gemäss seinen Statuten den durch KMU geprägten schweizerischen forst- und holzbasierten Sektor national wie international, indem es mit Leistungen in Forschung und Entwicklung sowie im Wissenstransfer zukunftsorientierte, konkurrenzfähige Produkte, Prozesse und Know-how fördert. Nachdem der Fortbildungskurs im Oktober 2014 zum 46. Mal in Weinfelden stattgefunden hat, wird er im Mai 2015 zum zweiten Mal im Tessin in italienischer Sprache durchgeführt. Die Holzbulletin-Ausgabe von 2006 zum Bauen mit Holz in der Südschweiz wurde nicht nur wie üblich zweisprachig deutsch und französisch, sondern ausnahmsweise auch in italienischer Sprache veröffentlicht. Dreisprachig zeigt sich auch die aktuelle Ausgabe des Holzbulletins – als Handschlag über den Gotthard sozusagen, der seinen rund 140 Empfängern auf der Alpensüdseite gilt. Des weiteren haben wir recherchiert, welche Objekte im Kanton Tessin bereits im Holzbulletin der Lignum publiziert worden sind. Die neben­ stehende Karte fasst die Ergebnisse zusammen. Sie zeigt die sieben voll­ ständig vorgestellte Objekte aus dem Holzbulletin 81/2006, zwölf Bauten aus verschiedenen Ausgaben des Holzbulletins sowie die zwölf Dokumentationen des aktuellen Heftes. Die Botschaft ist deutlich: Der Aufschwung des neuen Bauens mit Holz ist keine Erscheinung, die sich auf die Alpennordseite beschränkt. Die Darstellung kann auch online unter den Tools von Lignum oder den Link www.lignum.ch/tools/holzbulletin_online konsultiert werden. Wissenstransfer in der Südschweiz geht nicht ohne die federlegno-ticino. Sie bringt als Plattform der Wald- und Holzwirtschaft in der Südschweiz Organisationen und Verbände im Tessin und im Misox zusammen, um die Akteure der Holzbranche zu fördern und ihre Interessen zu verteidigen. Der federlegno-ticino gebührt in diesem Editorial ein besonderer Dank: Der S-WIN-Fortbildungskurs in Mendrisio wie auch dieses Holzbulletin sind mit ihrer tatkräftigen Unterstützung entstanden.

Objekte aus diesem Holzbulletin

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Roland Brunner Technische Kommunikation Lignum

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Gasthof ‹Fior di Campo›, Campo Vallemaggia

Seite 2556

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Umbau und Sanierung eines Rustico in Bidesco, Bodio

Seite 2562

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Das schwebende Haus, Pregassona

Seite 2566

4

Villa in Lugano-Besso

Seite 2570

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Wohn-Raumkörper, Bellinzona

Seite 2574

6

Residenza Sirio, Lugano

Seite 2578

7

Residenza Pegaso, Pregassona

Seite 2584

8

‹temporary living›, Mendrisio

Seite 2590

9

Kindergarten ‹Girasole›, Carona

Seite 2596

10 Umbau ex-Tobler, Lugano

Seite 2602

11 Radwegbrücke über den Brenno, Dongio

Seite 2606

12 Tribüne ‹Siberia›, Ascona

Seite 2610

Objekte aus bereits erschienenen Holzbulletins 1

Residenza Villa Lugano

107/2013

2

‹Rifugio›, Frasco

100/2011

3

Altes Hospiz, St. Gotthard

98/2011

4

‹Casa Montarina›, Lugano

88/2008

5

Umnutzung, Iragna

83/2007

6

Stallung, Campo Blenio

82/2007

7

Passerelle, Valle di Muggio

81/2006

8

Unterhaltswerkstätte FART, Ponte Brolla

81/2006

9

Ausstellungspavillon für Autos, Cureglia

81/2006

10 Arbeitsstätte für Behinderte, Origlio

81/2006

11 Ausbau der Berghütte ‹Motterascio Michela›

81/2006

12 Zwei Einfamilienhäuser, Aranno

81/2006

13 Verwaltungs- und Entwicklungsgebäude Hugo Boss, Coldrerio

81/2006

14 Gewerbezentrum Blenioart, Dongio

75/2005

15 Atelier Pedro Pedrazzini, Lavertezzo Piano

71/2004

16 Cristallina-Hütte, Bedretto

70/2004

17 Casa minima, Gerra Gambarogno

69/2003

18 Wochenendhaus, Campo Vallemaggia

60/2001

19 Verkaufsräume, Bellinzona

29/1992


Satellite Image © CNES / Spot Image / swisstopo, NPOC

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Gasthof ‹Fior di Campo›, Campo Vallemaggia In der Gemeinde Campo Vallemaggia, auf 1300 Metern über Meer im oberen Maggiatal gelegen, wurde das Gebäude eines ehemaligen Gasthofs zu neuem Leben erweckt. Die Baute liegt an der Kantonsstrasse, welche den Ortsteil Campo durchquert, in einer erweiterten Kernzone gemäss Richtplan. Das ursprüngliche Gebäude stammt aus dem Jahr 1889. Bis 1943 erfuhr es zahlreiche Um- und Anbauten, bevor es zu einem Gasthof mit Übernachtungsmöglichkeiten umgenutzt wurde. So gibt es drei Hauptetappen, welche die Geschichte dieser Liegenschaft markieren. Ursprünglich beherbergte das aus massivem Mauerwerk und einem Steindach aufgebaute Haus ausschliesslich Schlafzimmer. Anschliessend wurde ein Anbau erstellt. Dieser bestand teilweise aus Stein, teilweise aus Holz und beherbergte unter einem Wellblechdach das Restaurant und ein kleines Ladengeschäft. Die letzte Etappe bestand aus einem weiteren Anbau. Dieser war vollständig aus Holz erstellt und diente Wohnzwecken. Für das aktuelle Projekt waren sich Eigentümer und Architekten einig darüber, dass der ursprüngliche Steinbau als Zeugnis einer einfachen und würdevollen Architektur beibehalten, die übrigen, im Laufe der Zeit errichteten Anbauten hingegen abgerissen werden sollten. Der ursprüngliche Körper aus Stein, der auch auf der Aussenseite vollständig verputzt war, weil man wohl seine Dichtheit in der Höhenlage noch verstärken wollte, wurde im wesentlichen mit einem Parallelepiped in Holz ergänzt und mit einem Flachdach versehen. Dieser Anbau hebt sich deutlich vom ursprünglichen Gebäude ab und schafft dank

Situation

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seiner nüchternen und schnörkellosen Linienführung sowie seines modernen Ausdrucks eine klassische Gegenüberstellung der Elemente der Tessiner Bergwelt: Stein und Holz. Im Untergeschoss befinden sich die alten Steinkeller mit ihren Gewölbedecken, welche besonders wegen ihrer natürlichen Kühlfähigkeit sehr beliebt sind. Ein halb unterirdisch gelegenes Zwischengeschoss beherbergt die Diensträume des Gasthofs sowie einen Wellnessbereich. Das Erdgeschoss umfasst den Empfangsbereich, das Restaurant, die Küche mit der dazugehörigen Vorratskammer sowie eine weitläufige Terrasse. In den Obergeschossen sind die komfortablen Gästezimmer sowie eine geräumige Dachsuite untergebracht. Auch diese verfügen über gedeckte Balkone, von denen aus die Gäste das herrliche Bergpanorama des oberen Maggiatales geniessen können. Diktiert wurde die Wahl von Holz als Baumaterial für den neuen Anbau nicht zuletzt von den schwierigen Baustellenverhältnissen in der gegebenen Höhenlage, wo die Saison für derartige Bauvorhaben sehr kurz ist. Verbaut wurde ausschliesslich Holz aus der Region: Für die Tragkonstruktion Vollholz und Lamellen zur Brettschichtholzherstellung, für die Fassaden Schalungen in Lärche. Im Innern bestehen die Bekleidungen der Räume aus unbehandelten Lärchenholzplatten. Alle Fenster und Türen sind aus Lärchenholz, die Fussböden aus geräuchertem Eichenholz. Für die wenigen Anpassungen und Verbesserungen ausserhalb des Gebäudes gelangten ebenfalls natürliche, einheimische Materialien wie Holz und Steine zur Anwendung.


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Querschnitt

Untergeschoss

1. Obergeschoss

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20 m


Erdgeschoss

2. Obergeschoss

3. Obergeschoss

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Dachaufbau von aussen: Substrat 80 mm Wasserdichtung Dämmung 160–220 mm Dampfsperre Dreischichtplatte 27 mm Balkenlage 360 mm Aufbau Aussenwand von innen: Gipsfaserplatte 15 mm Lattung 40 mm/Dämmung OSB 18 mm, luftdicht abgeklebt Ständer 160 mm/Dämmung Holzfaserdämmplatte 60 mm Lattung 40 mm Fassadenschalung in Lärche 21 mm

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Fassadenschnitt


Ort Case Pedrazzini 1, 6684 Campo Vallemaggia Bauherrschaft Pedrazzini SA, Campo Vallemaggia Architektur Studio darch. Flavio Moro e Associati, Locarno-Solduno, und Arch. Diego Generelli, Tegna Bauingenieur Andreotti & Partners SA, Locarno Holzbau Giacomazzi e Ruffini SA, Avegno (Montage, Fassadenbekleidung), neue Holzbau AG, Lungern (Brettschichtholz, schichtverleimtes Vollholz), und Eros Biadici, Cevio (Innenbekleidungen, Fenster, Türen) Materialien Brettschichtholz 26 m3, schichtverleimtes Vollholz 6 m3 Grundstücksfläche 1887 m2 Gebäudevolumen 3900 m3 Bauzeit April 2013 – Juli 2014 Fotograf Diego Generelli, Tegna

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Situation

Umbau und Sanierung eines Rustico in Bidesco, Bodio Das kleine Rustico im Weiler Bidesco oberhalb der Gemeinde Bodio liegt auf 900 Metern über Meer. Das erste Umbauprojekt beschränkte sich auf ein absolutes Minimum und sah den Einbau eines einzigen Einrichtungselementes vor, welches den grossen, offenen Raum des Erdgeschosses in verschiedene Zonen unterteilt hätte. Realisiert wurde ein etwas weniger radikales Projekt. Der unauffällige und kostengünstige Eingriff nimmt Rücksicht auf die vorhandene Struktur des in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts leicht aufgestockten Rusticos. Insbesondere verzichtete man auf jegliche äussere Veränderung. Einzig das Dach wurde bei gleichbleibender Neigung ersetzt und gedämmt.

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Da es nicht erlaubt war, neue Fensteröffnungen anzubringen, bestimmte die Position der bestehenden Fenster die Anordnung der neuen Innenräume. Im Erdgeschoss sind dies der Eingangsbereich mit Garderobe, die Dusche, die Küche und der sich über zwei Geschosshöhen hinweg erstreckende Wohnraum. Im Obergeschoss ist es das offene Schlafzimmer, angeordnet über den Nebenräumen. Das Untergeschoss erfuhr keinerlei Veränderung. Die innere Oberfläche der Aussenwände ist mit Kalkputz beschichtet. Die Innenwände, das Dach und die Decke bestehen allesamt aus Dreischichtplatten in verschiedenen Stärken. Schliesslich vermittelt die Kombination der beiden Materialien ein angenehmes Wohngefühl.


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Erdgeschoss

Querschnitt

Obergeschoss

Untergeschoss

5 m

Ort Bidesco, 6743 Bodio Bauherrschaft Leda und Sandro Leoncini, Morcote Architektur Roberto Briccola, Giubiasco Holzbau Omar Bernasconi, Biasca (Rohbau), und Dilegno, Giornico (Innenausbau) Materialien Dreischichtplatten in verschiedenen Stärken Baukosten BKP 2 CHF 0,18 Mio. davon BKP 214 CHF 60 000.– Gebäudegrundfläche 53 m2 Geschossfläche SIA 416 65 m2 Gebäudevolumen SIA 416 350 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 510.– Bauzeit Februar–Juli 2008 Fotograf Roberto Briccola, Giubiasco

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Das schwebende Haus, Pregassona Das leicht terrassierte Grundstück wurde jahrhundertelang als Acker bewirtschaftet. In den vergangenen Jahren darum herum gebaute Einfamilienhäuser haben die ursprüngliche Landschaft durch Aufschüttungen, Stützmauern, Strassen mit Garageneinfahrten und Umzäunungen weitgehend zerstückelt, wodurch sich das Kontinuum der ehemaligen Agrarlandschaft zu einer Ansammlung von Restflächen wandelte. Die ‹Casa al Ronco› geht noch einen Schritt weiter: Sie löst sich buchstäblich vom Boden und dessen Geschichte. Die ‹Casa al Ronco› schafft eine autonome Welt: Sämtliche Wohnfunktionen befinden sich innerhalb eines Volumens, das vom Boden abgehoben ist. Das zum Gelände hin verbindende Element ist der gedeckte Parkplatz, ein Betonkörper, der auch die technischen Räume und einen kleinen Keller umfasst. Das Haus wird über diesen Körper wie über einen Steg erschlossen. Etwas Gemüse in einem Beet, einige Obstbäume und Rebstöcke sind die einzigen ausserhalb des Hauses hinzugefügten Pflanzen. Der eigentliche bewohnte Garten liegt im Inneren des Hauses. Innerhalb des Gebäudevolumens liegen die verschiedenen Wohnbereiche. Sie folgen dem Gelände, berücksichtigen die Aussicht, sind halbgeschossig versetzt und bilden eine räumlich kontinuierliche, terrassierte Wohnlandschaft. Das Licht dringt durch verschiedene in das Volumen eingelassene Raumkörper, so durch die doppelgeschossige Terrasse, einen kleinen, als Trennwand im Schlafbereich eingefügten Lichthof und ein Oberlicht entlang der Nordfassade des ganzen Wohnbereiches. Der kleine Innenhof schafft ein Mikroklima ähnlich einem Gewächshaus und ermöglicht eine besondere, das Haus durchdringende Bepflanzung. Das Oberlicht im Wohnbereich ermöglicht die Auf-

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nahme der Sonnenwärme in das Haus und sorgt damit für einen niedrigen Energieverbrauch. Das Haus besteht vollständig aus Holz, einschliesslich der konstruktiven Elemente wie auch der Verkleidungen und Bodenbeläge. Der Holzbau punktet nicht nur mit geringem Gewicht, einer raschen Montage dank Vorfertigung und mit seinem ökologischen Profil. Hier kommen auch die besonderen statischen Eigenschaften des Holzes zum Tragen, dank denen sich der Bau vom Boden und dessen Feuchtigkeit in einer schwebenden Konstruktion abheben kann.

Situation


Ort Via San Gottardo 16, 6963 Pregassona Bauherrschaft Eliana Fuchs und Renzo Viganò Architektur Jachen Könz und Ludovica Molo Architetti FAS, Lugano Bauingenieur Geo Viviani, Lugano Elektroingenieur Riva Elettroprogress SA, Ponte Tresa Sanitärplaner Copas e Co SA, Viganello Lüftungsplaner Aircond Service SA, Bioggio Holzbau Xilema der Veragouth SA, Bedano Baukosten BKP 1–9 CHF 0,85 Mio. Baukosten BKP 2 CHF 0,81 Mio. Grundstücksfläche 714 m2 Geschossfläche 179 m2 Kubatur SIA 116 1096 m3 Kubikmeterpreis SIA 116 (BKP 2) CHF 740.– Bauzeit Januar–Juni 2007 Fotograf Walter Mair, Zürich

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Grundriss Ebenen 0/-1

Grundriss Ebenen 0/+1

Längsschnitt

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10 m


Querschnitt Wohnen und Terrasse

Querschnitt Schlafen und Wohnen

Axonometrie der tragenden W채nde

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Villa in Lugano-Besso Eine Besonderheit der Planung dieses Hauses bestand in den im Vergleich zum vorhandenen Platz sehr hohen Anforderungen seitens der Bauherrschaft. Einerseits galt es nämlich, ein sehr grosses Raumvolumen in einen energetisch leistungsfähigen Holz-Baukörper zu bringen. Andererseits war das verfügbare Grundstück in Hanglage nicht nur verhältnismässig klein, sondern seine Umgebung war auch dicht bebaut. Das gewählte Konzept basiert auf der Idee einer viereckigen, mitten in der Parzelle plazierten Betonplatte, welche aus einem ‹Kiesmeer› auftaucht und als Fundament für den Holzbau dient. Die Böschung der Parzelle wird durch Betonmauern vom Gebäude fern gehalten, so dass die Holzkonstruktion von den Zwängen der Parzelle gelöst werden kann. Eine winkel­ förmige Betonmauer auf dem Abdruck des früheren Gebäudes schafft die Verbindung des Neubaus in der Umgebung und bildet so einen introvertierten Aussenraum aus. Das bestehende Schwimmbassin wurde teilweise übernommen und in ein ‹Naturbecken› umgewandelt. An den Grenzen der knappen Aussenräume erfährt das Konzept der Umgebungsmauer eine Ergänzung in Form einer hohen und dichten Grünfläche, welche, einem Wald gleich, die effektiven Grenzen des Grundstückes verbirgt. Auf dem unteren Niveau bildet der neue Holzbau noch einen rechtwinkligen Grundriss, den er aber weiter oben zugunsten von Auskragungen gegen aussen aufgibt. Eine dieser Auskragungen verwandelt sich in eine Brücke, welche die Verbindung zur oberhalb des Grundstücks liegenden Strasse bildet. Die Brücke führt von der Strasse zum Eingangsbereich des Hauses. Sobald der Besucher hier eintritt, kann er mit einem einzigen Blick alle Haupträume erfassen und durch die gezielt in den Gebäudekörper eingebrachten Öffnungen auch einen Blick auf die Aussenräume erhaschen. Vom Niveau des Eingangs, wo sich auch die Schlafzimmer befinden, führt eine Treppe zu einem Zwischengeschoss mit dem grossen Wohnraum hinunter, dessen Fenster auf alle vier Seiten zum Garten hinaus gehen. Vom Eingang her lässt sich aber auch ein darüberliegender Raum ausmachen: Eine Lichtkuppel, welche

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Umgebungsplan

sich über die ganze Gebäudefläche erstreckt und die mit dem Dachgarten im dritten Geschoss verbunden ist. Dieser Dachgarten ist lediglich vom Schlafzimmer der Bauherren aus zugänglich. Das ganze Gebäude ist mit einer vertikalen Lattung aus Zedernholz bekleidet. Auf der Zugangsbrücke und der Terrasse besteht der Bodenrost aus Lärche. Im Schlafzimmergeschoss und auf den Treppen finden sich Parkettböden aus geölter Eiche, während der Boden im Wohnraum der gefärbte Zementunterlagsboden ist. Die Türen sind ebenso aus Holz und Aluminium wie die dreifach verglasten Fenster. Für die Verdunklung und den Sonnenschutz sorgen Lamellenstoren. Im Innern bestehen die Bekleidungen, fixen Einrichtungen und Türen zum grössten Teil aus wasserbasiert lackierten Holzwerkstoffen.


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10 m

Querschnitt

0DVVLYKRO]SODWWH PP 0DVVLYKRO]SODWWH PP

Längsschnitt

Ort Via Soldino 17, 6900 Lugano-Besso Bauherrschaft Alma und Giacomo Veragouth Architektur Bruno Keller, Architekt ETH FAS, Lugano; Mitarbeit: Martino Keller, Giulia Benatti, Florence Breguet, Andrea Bernardelli, Leonardo Caporale, Yana Rubaniak Bauingenieur Geo Viviani, Lugano Energieberater Ecosinergie Sagl, Cureglia Holzbau Xilema der Veragouth SA, Bedano Materialien Bauholz 50 m3; Platten: OSB 670 m2, Dreischichtplatten 27 mm 370 m2 und 57 mm 50 m2, mitteldichte Faserplatten 300 m2; Fassade: Schalung in Zeder 25 x 65 mm 410 m2 Baukosten BKP 1–9 CHF 2,15 Mio. Baukosten BKP 2 CHF 1,69 Mio. GrundstĂźcksfläche 547 m2 Geschossfläche 254 m2 Gebäudevolumen SIA 416 1144 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 1480.– Bauzeit Mai 2011 – Oktober 2013 Fotograf Roberto Nangeroni, Varese (I) 2572


Gartengeschoss

Zugangsgeschoss

Terrassengeschoss

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Wohn-Raumkörper, Bellinzona Das Projekt sah vor, den Neubau so zu gestalten, dass eine optimale Nutzung erneuerbarer Energiequellen möglich ist. Gleichzeitig sollte der architektonische Bezug zu den umliegenden Spekulationsbauten auf ein Minimum beschränkt werden. Der Wohnbereich des Neubaus, der sich an der Baulinie der Via Monte Crenone ausrichtet, ist gegen Süden orientiert, was eine wunderbare Aussicht nach Südwesten ergibt. Konzeptionell ist das Gebäude aus einem einzigen zusammenhängenden Element aufgebaut. Dessen Krümmung entwickelt die Innenräume und schafft gleichzeitig fliessende Übergänge zur Umgebung. Unterstrichen wird das Widerspiel zwischen Innen und Aussen noch von der Durchdringung des Tagesbereichs-Volumens durch die primäre Gebäudestruktur. Das Projekt lässt Spielraum für Weiterentwicklungen. Dies ist die logische Konsequenz eines kreativen Prozesses, welcher sein Prinzip schliesslich in der Verwendung von möglichst widerstandsfähigen Materialien gefunden hat. Dieses Prinzip führte zur Ausgestaltung der einzelnen Räume. Es ging nicht darum, etwas Geschlossenes zu komponieren, sondern eine Idee dergestalt in die Tat umzusetzen, dass ein Prozess der Selbstgestaltung in Gang kommen

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konnte. Alles, was die Syntax der traditionellen architektonischen Sprache betrifft, wird dadurch überwunden und reduziert sich auf das Vorhaben selbst: Die zusammenhängenden Bänder entwickeln und krümmen sich, um schliesslich im Dauerzustand eines Hohlraums aufzugehen, welcher gleichzeitig durchdringt und durchdrungen wird, wobei Innen- und Aussenräume oftmals sowohl definiert werden als auch ineinander verschmelzen. Die Veränderungen beziehen sich nicht nur auf die Form als solche. Vielmehr betreffen sie auch die Schwingungen des Lichts, des Windes, der sich bewegenden Körper und der Zeit, in welcher sich die lebendige Materie umwandelt. So sind sie Teil der Lebenszyklen, wo der Körper aus der Welt abgeleitet wird und sich die Welt vom Körper ableitet. Das neue Wohnhaus ist aus vorfabrizierten Elementen auf der Basis von Brettsperrholz aufgebaut, denn die vorgeschlagene Gebäudestruktur nutzt in optimaler Art und Weise die Tragfähigkeit dieses Baumaterials aus. Die diagonal zum Baugrund angebrachte Wand fungiert gleichzeitig als Stützmauer für den höher liegenden Garten und definiert zudem die Drehung des Wohnbereichs, des gedeckten Parkplatzes und des gedeckten Eingangsbereichs.


Ort Via Monte Crenone 4, 6500 Bellinzona Architektur DCA – Diego Caramma Architecture, Stabio Holzbauingenieur Borlini & Zanini SA, Lugano Holzbau Legnami Mattarei Srl, Montorio (I) Materialien Brettsperrholz 120 m3, Brettschichtholz 8 m3 Grundstücksfläche SIA 416 513 m2 Geschossfläche SIA 416 165 m2 Gebäudevolumen SIA 416 1082 m3 Bauzeit Juni 2010 – September 2011 Fotograf Ikon Swiss SAGL, Lugano

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Längsschnitt

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10 m


Erdgeschoss

1. Obergeschoss

2. Obergeschoss

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Residenza Sirio, Lugano Die Residenza Sirio entstand im Luganeser Quartier Cassarate, einer typischen städtischen Wohngegend mit fast ausschliesslich freistehenden mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern. Mit diesem Bau zeigt das Planerteam, dass Holzarchitektur ihre Berechtigung in diesem städtischen Umfeld hat und als Vorbild für weitere Bauvorhaben in einem ähnlichen urbanen Kontext zu dienen vermag. Der Architekt setzte den Neubau in Holz nicht unter einem ästhetischen Imperativ um, sondern eher im Versuch, einen alternativen Prototyp zu herkömmlichen Bauten aus Mauerwerk und Beton zu definieren. Er soll die günstige Ökobilanz, die Erneuerbarkeit des Rohstoffs und die CO2-Neutralität dieser Bauweise in den Vordergrund stellen. Die Holzstruktur ist aus Brettsperrholz-Platten aufgebaut und erstreckt sich über sechs Geschosse, wobei sie hinter einer 19 m hohen, verputzten Aussendämmung verborgen bleibt. Weder im Innern, beplankt mit Gipsfaserplatten, noch gegen aussen weist das Gebäude sichtbare Holzbauteile auf, sondern präsentiert sich als nüchterner und regelmässiger Baukör-

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per, der sich diskret in den Kontext der umliegenden Häuser einfügt. Ausschlaggebend für die Wahl dieses Konzeptes war die Überlegung, dass der Aufbau der Tragstruktur eines Holzbaus ebensowenig an seiner Fassade sichtbar sein muss, wie das bei Gebäuden aus anderen Materialien der Fall ist. Auf diese Art und Weise wird die Frage der Fassadendekoration gleich wie bei einem konventionellen Bau behandelt und ausschliesslich in Form einer feinen Differenzierung der Körnigkeit des Verputzes zwischen dem Gebäudesockel, den oberen Geschossen und dem farblich leicht veränderten Attikageschoss beantwortet. Die tragende Struktur des Gebäudes ist als Raumtragwerk aus Brettsperrholz-Wänden und -Decken erstellt. Die einzelnen Elemente sind am zentralen, massiven Treppenhauskern ver­ ankert, welcher wegen einer Glaswand an der Treppenaussenseite und vieler Installations­ aussparungen nur eine geringe Steifigkeit und Festigkeit aufweist. Die Gebäude­stabilisierung wird deshalb vom Tragwerk in Holz über­ nommen. Die Anwendung des Brettsperrholzes in der Modulbauweise erlaubt eine gleichmäs­ sige Verteilung der Lasten auf alle tragenden

Wandelemente. Die Dicken des Brettsperrholzes in den Wänden variieren je nach Belastung und Position zwischen 98 und 240 mm. In den Decken kommt 165 mm starkes Brettsperrholz zur Anwendung, welches in den Bereichen der Balkone und Terrassen über die Fas­saden auskragt. Die einzelnen Platten sind mittels ein­ gelassener Bleche, Stabdübel und Vollgewindeschrauben kontinuierlich untereinander verbunden. Von Anbeginn der Planung wurde dem Brandschutz besonderes Augenmerk geschenkt. Mit der gewählten Bauweise konnte das bauliche Brandschutzkonzept relativ einfach umgesetzt werden: Der massive Treppenhauskern ist an sich nicht brennbar; das Brettsperrholz der Wände und Decken ist beidseitig mit nichtbrennbaren Materialien bekleidet. Die positiven Erfahrungen des Architekten mit diesem Bau bewegten ihn dazu, als Bauherr selbst ein ähnliches Projekt im Quartier LuganoPregassona mit dem Namen Residenza Pegaso zu realisieren.


Situation

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Querschnitt

Regelgrundriss

10 m

Attikageschoss

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Ort Via Molinazzo 8, 6900 Lugano Bauherrschaft Andrea Serta und Jozo Terzic Architektur Ecoedil SA, Arch. Maurizio Marzi, Lugano Bauingenieur Geo Viviani, Lugano Holzbauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Brandschutz Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Haustechnikplaner Studio di progettazione, Sandro Gilardi, Giubiasco Holzbau Service Legno CH SA, Lugano Materialien Brettsperrholz 330 m3 Baukosten BKP 1–9 CHF 4,39 Mio. Baukosten BKP 2 CHF 3,71 Mio. davon BKP 214/222/224/225/226 CHF 755 000.– Grundstücksfläche SIA 416 665 m2 Geschossfläche SIA 416 1620 m2 Gebäudevolumen SIA 416 5161 m3 Kubatur SIA 116 6069 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 720.– Bauzeit November 2010 – Juli 2012 Fotograf Tommaso Giunchi, Mailand (I)

Deckenaufbau von oben: Bodenbelag 5 mm Zementunterlagsboden 80 mm Trittschalldämmplatte 8 mm Brettsperrholz-Platte 165 mm Lattung 30 mm, mit Federbügeln befestigt/ Dämmung 60 mm Gipsfaserplatte 12,5 mm Aufbau Aussenwand von innen: Gipsfaserplatte 15 mm Lattung 60 mm/Dämmung Brettsperrholz-Platte 120 mm Dämmung 100 mm Aussenputz mineralisch 10 mm

Detailschnitt

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Residenza Pegaso, Pregassona Die durchwegs positiven Erfahrungen des Architekten mit der Residenza Sirio, einem mehrgeschossigen Wohnhaus aus Holz in Lugano-Cassarate, waren Ansporn für ihn als Bauherrschaft, im ruhigen Luganeser Wohnquartier Pregassona ein weiteres derartiges Gebäude aus Brettsperrholz-Platten zu realisieren. Bereits zum zweiten Mal wurde so in Lugano ein Massivholzbau realisiert, der sich nahtlos ins urbane Umfeld einfügt. Der fünfgeschossige Holzbau beherbergt 13 Wohneinheiten unterschiedlicher Grössen und Grundrisse, welche jedoch alle von der Tessiner Sonne durchflutet werden. Das Gebäude präsentiert sich als kompakter Block mit beinahe quadratischem Grundriss und Seitenlängen von je 19 m sowie mit grossen, nach Südwesten ausgerichteten Loggien. Lediglich das Dach­ geschoss mit den Dachwohnungen entzieht sich dieser architektonischen Regelmässigkeit. Die Wahl der Baustoffe für die Fassaden basierte auch bei diesem Bau auf der Überlegung, dass ein Holzbau die Natur seiner Tragstruktur ebensowenig nach aussen kundtun muss, wie das beispielsweise ein Backsteingebäude tut.

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Die Wahl von Holz als Baustoff erfolgte nicht in erster Linie aus ästhetischen Gründen, sondern im Bestreben, eine alternative Möglichkeit des Hausbaus aufzuzeigen, die sich durch Umweltverträglichkeit und eine hervorragende Ökobilanz auszeichnet. Den Abschluss nach aussen macht ein einfacher mineralischer Verputz, der die Wärmedämmung schützt. Auf der Innenseite sind die elektrischen und sanitären Leitungen in einer gedämmten Installationszone geführt. Auch wenn auf eine energetische Zertifizierung verzichtet wurde, legten die Architekten bei diesem Neubau grosses Gewicht auf die Energieeffizienz. Die geringe Wärmeleitfähigkeit von Massivholz ermöglichte gleichzeitig eine optimale energetische Leistung der Gebäudehülle und wegen der reduzierten Dicke der Aussenwände auch eine Optimierung der Innenräume. Die geräumigen Loggien auf der Südostseite des Gebäudes tragen viel zu einem optimalen Solarertrag bei. Im Sommer verringern sie die direkte Sonneneinstrahlung in die Innenräume, und im Winter sorgen sie für viel natürliches Licht. Besondere planerische Aufmerksamkeit wurde dem Aufbau der Geschossdecken geschenkt. Schliesslich entschied man sich für

zwei voneinander getrennte Schichten aus Spritzbeton. Das ermöglichte das Einlegen von Installationsleitungen und verbessert gleich­ zeitig die Schalldämmung zwischen den Wohnungen. Die Konstruktion und insbesondere das Tragwerk orientieren sich fast gänzlich am Vor­ gängerbau, der Residenza Sirio: Die tragende Struktur ist ebenso als Raumtragwerk aus Brettsperrholz-Wänden und -Decken erstellt. Die einzelnen Elemente sind am zentralen, massiven Treppenhauskern verankert, welcher aufgrund seiner relativ geringen Abmessungen und der vielen im Beton eingebetteten Leitungen und Installationen lediglich sich selbst trägt. Deshalb wird die gesamte Gebäudestabilisierung vom Tragwerk in Holz übernommen. Die Anwendung des Brettsperrholzes erlaubt eine gleichmässige Lastverteilung auf alle tragenden Wand­elemente. Die Dicken des Brettsperrholzes in den Wänden variieren je nach Belastung und Position zwischen 98 und 180 mm. In den Decken, welche in den Bereichen der Loggien über die Fassaden nach aussen durchgehend verlaufen, kommt 165 mm starkes Brettsperrholz zur Anwendung. Die einzelnen Platten sind


mittels eingelassener Bleche, Stabdübel und Vollgewindeschrauben kontinuierlich miteinander verbunden. Auch bei den Brandschutzmassnahmen lehnten sich die Planer vollständig am Vorbild an: Im Rahmen des baulichen Brandschutzkonzeptes ist der massive Treppenhauskern nichtbrennbar ausgeführt, und das Brettsperrholz der Wände und Decken ist beidseitig mit nichtbrennbaren Materialien bekleidet. Wegen der Grösse des Gebäudes war auch die Installation einer Blitzschutzanlage notwendig.

Situation

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Regelgrundriss

Attikageschoss

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Querschnitt

10 m

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Ort Via alla Bozzoreda 28, 6963 Pregassona Bauherrschaft Ecoedil SA, Lugano Architektur Ecoedil SA, Arch. Maurizio Marzi, Lugano Bauingenieur Geo Viviani, Lugano Holzbauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Holzbau Service Legno CH SA, Lugano Materialien Brettsperrholz 400 m3, Brettschichtholz 15 m3, OSB 10 m3 Baukosten BKP 1–9 CHF 5,21 Mio. Baukosten BKP 2 CHF 4,34 Mio. davon BKP 214/222/224/225/226 CHF 994 000.– Grundstücksfläche SIA 416 1401 m2 Geschossfläche SIA 416 2318 m2 Gebäudevolumen SIA 416 6811 m3 Kubatur SIA 116 7675 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 640.– Bauzeit Oktober 2012 – Juli 2014 Fotograf Tommaso Giunchi, Mailand (I)

Deckenaufbau von oben: Bodenbelag Zementunterlagsboden 65 mm Trittschalldämmplatte 5 mm Beschwerung mit Leitungsführung 90 mm Trennlage 7 mm Brettsperrholz-Platte 165 mm Lattung 30 mm, mit Federbügeln befestigt/ Dämmung 30 mm Gipsfaserplatte 12 mm Aufbau Aussenwand von innen: Gipsfaserplatte 15 mm Lattung 60 mm/Dämmung Brettsperrholz-Platte 120 mm Dämmung 100 mm Aussenputz mineralisch 10 mm

Detailschnitt

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‹temporary living›, Mendrisio Mendrisio ist bekannt für seine verkehrsgünstige Lage an der Autobahn A2, für seine historische Altstadt, das Einkaufszentrum ‹Foxtown› mit seinen 160 Markenläden, Casino und etlichen Restaurants sowie natürlich für die Architekturakademie von Mario Botta, Teil der Tessiner Universität USI mit internationalem Ruf. Für die nahe Zukunft sind weitere Bauten geplant, welche Mendrisio als Arbeits- und Wohnort noch attraktiver machen sollen: Der Neubau der Fachhochschule für Architektur und Design SUPSI, der neue Bahnhof im Zentrum sowie Direktverbindungen mit der Bahn zum inter­ natio­nalen Flughafen Malpensa in Mailand und mit dem Alptransit nach Zürich mit noch kürzerer Fahrzeit. Die heute schon bestehenden und absehbaren künftigen Standortvorteile bewogen die Bauherrschaft, den Projektvorschlag der Architekten ‹temporary living› auf dem Grundstück anzunehmen, das nur je 200 m vom Bahnhof und der künftigen Fachhochschule entfernt liegt. Das Gebäude mit dem Namen ‹RIME36› verfügt über 36 Miniappartements, jeweils 18 auf beiden Obergeschossen. Die Wohnungen sind allesamt modern und komfortabel möbliert. Zudem ist ein interner Service für Wäsche und Reinigung verfügbar. Das Erdgeschoss dagegen ist mit öffentlichen Räumen und Services ausge-

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stattet und bietet so alle Annehmlichkeiten für die Bewohner: Die Lounge-Bar ‹con Tempo› mit einer Terrasse nach Süden, einem voll eingerichteten Fitnessraum und Atelierräumen. Im Untergeschoss, das rund die Hälfte der Gebäudegrundfläche belegt, sind Parkplätze und Kellerräume angeordnet. Das Untergeschoss und die Bodenplatte auf Niveau des Terrains sind in Beton erstellt. Die dreigeschossige Konstruktion darüber ist vollständig in Holz ausgeführt. Die Wände einschliesslich des Liftschachts bestehen aus 120 bis 140 mm starken Brettsperrholz-Platten, die Decken und das Dach bauen auf mit OSB beplankten Balkenlagen auf. Dabei ist die Tragrichtung der Balkenlagen so gewählt, dass mit ihnen gleichzeitig die südliche Auskragung für Balkone und Überdachung ausgeführt werden konnte. So wird nicht nur die Lastabtragung, sondern auch die gesamte Stabilisierung vom Tragwerk in Holz übernommen. Bezüglich Brandschutz wurde das Gebäude mit einem baulichen Konzept umgesetzt. Dem Wunsch des Architekten folgend, konnte bei vielen Wandelementen die hölzerne Platten­ oberfläche sichtbar belassen werden, indem der geforderte Widerstand von der BrettsperrholzPlatte erbracht wird. In den Fluchtwegen und im Treppenhaus waren nichtbrennbare Bekleidungen erforderlich.

Dass der Bau in Holz ausgeführt wurde, ist der Vorliebe des Architekten für den Baustoff zu verdanken: Das Projekt war von Beginn an integral als Holzbau entwickelt worden. Der zen­ trumsnah gelegene Bau soll nicht nur den Bewohnern hohe Wohnqualität bieten, sondern auch einem breiteren Publikum, zu dem etwa die Studenten der Architekturakademie und der Fachhochschule zählen, den modernen Holzbau vermitteln und sie so für den Baustoff sensibilisieren.


Ort Via Rime 36, 6850 Mendrisio Bauherrschaft Tellco Anlagestiftung, Schwyz Architektur Axel Middeke & Associati, Agno Bauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Holzbauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco TU Three & Tree SA, Mendrisio Holzbau Gandelli Group, Turin (I) Materialien Brettsperrholz 300 m3, Brettschichtholz 180 m3, OSB 90 m3 Baukosten CHF 5,26 Mio. Grundstücksfläche 2078 m2 Bruttogeschossfläche 1664 m2 Kubatur 8050 m3 Kubikmeterpreis CHF 650.– Bauzeit September 2013 – November 2014 Fotografin Ivana De Maria, Gordola

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Querschnitte

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20 m


L채ngsschnitt

Erdgeschoss

Obergeschoss

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Anschlüsse Wand–Decke: In den Stockwerksübergängen sind die oberen Wände mit im Abstand von 300–400 mm gekreuzt angeordneten Paaren von Vollgewindeschrauben mit der Decke kraftschlüssig verbunden. Rechtwinklig eingebrachte Vollgewindeschrauben verbinden die Decke mit den unteren Wänden wiederum kraftschlüssig.

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Anschlüsse Wand–Wand: Die Anschlüsse in Ecken, die T-förmigen Anschlüsse von zwei Wänden oder deren Kreuzungen sind mit gekreuzt angeordneten Paaren von Vollgewindeschrauben im Abstand von 200 mm kraftschlüssig verbunden.

Zugverankerungen: Die Brettsperrholz-Platten sind mittels Stahlwinkeln auf Zug verankert. Abhängig von ihrer Position und der dementsprechenden Belastung sind sie einfach oder doppelt ausgeführt.

Schubverankerungen: Die Brettsperrholz-Platten sind mittels Stahlplatten auf den Betonsockel auf Schub verankert. Diese Schubverankerung ist im Abstand von 800 mm an allen Wänden angebracht.

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Kindergarten ‹Girasole›, Carona Der neue Kindergarten ‹Girasole› befindet sich im kleinen Dorf Carona und bietet Platz für 25 Kinder. Er ersetzt einen am selben Standort abgerissenen, veralteten Kindergarten. Die Vorgabe für den Neubau bestand darin, dank der Verwendung von vorfabrizierten Holzelementen eine möglichst kurze Bauzeit zu erreichen. Die einzelnen Räume des eingeschossigen Gebäudes sind so angeordnet, dass eine maximale Nutzungsflexibilität gewährleistet ist. So lässt sich etwa der grosse Spielraum einfach in einen Mehrzweckraum umwandeln. Auf seiner Südseite ist das Gebäude mit einem grossen Vordach versehen, so dass sich ein Teil des Aussenraumes auch bei Regenwetter nutzen lässt. Die der Witterung ausgesetzten Fassaden sind in einem Terrakotta-Farbton verputzt und schaffen so einen deutlichen Bezug zu den lokal anzutreffenden Gesteinen. Die Fassade unter dem Vordach des Eingangsbereiches sowie entlang der Loggia, welche zum Garten führt, ist hinterlüftet und mit Lärchenholz bekleidet. Während die Innenräume ebenfalls vorwiegend mit Massivholzplatten bekleidet sind, wurden für die Bekleidungen der Toilettenräume und der Fussböden synthetische Materialien in lebhaften Farben gewählt. Der Gebäudekörper ruht auf Streifenfundamenten in Beton, welche wegen der schlechten Qualität des Baugrundes und eines unterirdischen Baches, welcher die ganze Parzelle durchquert, wiederum auf Mikropfählen aufbauen. Der unter den Bodenelementen, den Streifen-

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fundamenten und dem Terrain liegende, bis zu 800 mm hohe und belüftete Hohlraum nimmt die Leitungen der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsanlagen auf. Zwischen der Holzkonstruktion und den Streifenfundamenten befinden sich auf der Höhe des Bodens vorfabrizierte Betonelemente, welche dazu dienen, die Unebenheiten der Baustelle auszugleichen. Sie erlaubten zudem ein schnelles und genaues Montieren der Holzelemente. Der eigentliche Holzbau ist in Holzrahmenbauweise ausgeführt, insbesondere aus Vollholz in Tanne. Für den Boden sind Kastenelemente mit Beplankungen aus Dreischichtplatten auf den Streifenfundamenten gelagert. Die Dachkons­ truktion des nichtbegehbaren Daches besteht aus Rippenelementen, welche aus einer Balkenlage in Brettschichtholz mit dem Querschnitt 120 x 440 mm und 20 mm starken Dreischichtplatten bestehen. Um den Minergie-Standard zu erreichen, sind alle Holzelemente ausreichend gedämmt. Die Wärmeversorgung des Gebäudes wird von einer Wärmepumpe besorgt, welche der Umgebungsluft Wärme entzieht. Dank der kontrollierten Lüftung mit Wärmerückgewinnung erreicht das Gebäude eine hohe Energieeffizienz. Angesichts der eingeschränkten Zugänglichkeit des Standortes für Schwertransporter musste für die Montage der vorfabrizierten Elemente die Hilfe des Helikopters in Anspruch genommen werden. Dafür betrug die Bauzeit vom Aushub bis zur Inbetriebnahme lediglich fünf Monate.


Situation

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Längsschnitt

Querschnitt

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20 m


Grundriss

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Dachaufbau von aussen: Dachhaut wasserdicht Holzfaserdämmplatte 22 mm Rippenelement: Rippen 220 mm/Dämmung Dreischichtplatte 20 mm Balkenlage 120 x 440 mm Aufbau Aussenwand von innen: Massivholzplatte 19 mm Lattung 60 mm Dampfbremse Ständer 160 mm/Dämmung OSB 19 mm Lattung horizontal 40 mm/Dämmung Lattung vertikal 40 mm Dreischichtplatte in Lärche 27 mm Aufbau Aussenwand von innen: Massivholzplatte 19 mm Lattung 60 mm Dampfsperre Ständer 160 mm/Dämmung OSB 19 mm Dämmung 60 mm Aussenputz 10 mm Bodenaufbau von oben: Bodenbelag OSB 20 mm Lattung 60 mm Dampfsperre Kastenelement: Dreischichtplatte 20 mm Rippen 240 mm/Dämmung Dreischichtplatte 20 mm

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Fassadenschnitt


Ort Piazza dellOrto, 6914 Carona Bauherrschaft Gemeinde Carona Architektur Volpatohatz AG, Marco Volpato und Nicole Hatz, Birsfelden Bauleitung Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Bauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Holzbauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Elektroingenieur Elettro Studio Nicoli SA, Lugano Haustechnikplaner Studio Tecnico Mauro Micheli, Manno Minergieberater Atelier dArchitettura e Consulenze Tecniche Wullschleger Sagl, Cadro Holzbau Laube SA, Biasca Materialien Brettschichtholz und schichtverleimtes Vollholz 80 m3, Dreischichtplatten und OSB 1880 m2 Baukosten BKP 1–5 CHF 1,44 Mio. Baukosten BKP 2 CHF 1,05 Mio. davon BKP 214 CHF 455 000.– Geschossfläche 370 m2 Gebäudevolumen 1500 m3 Kubikmeterpreis CHF 900.– Bauzeit Dezember 2009 – März 2010 (Projektierung und Vergabe), April–Dezember 2010 (Realisierung) Fotograf Luciano Bignotti, Massagno

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Umbau ex-Tobler, Lugano Gegenstand des Eingriffs waren zwei Bereiche der ehemaligen, im Jahre 1914 erstellten Schokoladenfabrik Tobler in Lugano: Das Lagerhaus mit innenliegendem Hof und der Verladeraum. Die Reduktion auf die strukturellen Elemente durch Entfernung aller raumtrennenden Bauteile und der Gipsbekleidungen legt die grossen räumlichen Qualitäten der typologisch verschiedenen Bereiche frei. Die beiden Bauten der Verladehalle und des Lagerhauses sind dem ehemaligen, grossvolumigen Produktionsgebäude im Südosten vorge­ lagert. Das U-förmige Lagerhaus besteht aus einer Umfassungsmauer und einer innenliegenden, sich vom Erd- zum Obergeschoss ziehenden Stützen-Balken-Struktur aus Beton. Hier wird die grob geschalte Betonkonstruktion unterm Gipsverputz freigelegt und von den weis­ sen, innen isolierten Mauern zu einem einzigen kontinuierlichen Ausstellungsraum gefasst. Die Fassade bleibt unverändert. Um den Dachstock des Lagerhauses in Ausstellungsräume und Büros umzunutzen, wurde die Dachkonstruktion angehoben und auf eine ei­gene Struktur gestützt, so dass um das ganze Gebäude eine Fensterkrone entsteht. Dieser Eingriff legte wiederum die Holzbalkenkon­s­ truktion frei, wodurch sich mit dem beidseitig einfallenden Licht ein offener Raum ergibt. Der Verladeraum ist von einer Binderkonstruk­ tion in Brettschichtholz der ersten Generation (ca. 1900) geprägt. Zur Verstärkung der be­ stehenden Dachkonstruktion auf die aktuellen Anforderungen wurden die Bogenbinder mit weiteren, innenliegenden Lamellen von bis zu 160 mm Stärke durch Pressverklebung ergänzt und mit einer Zugstange verbunden.

Querschnitt Dachraum mit Büros

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Da über die Umfassungsmauern kein Licht in den Raum eindringen konnte, wurden in der Dachhaut neue, transluzente Elemente eingebaut. Das hier eintretende Tageslicht erhellt nun die gesamte Tragstruktur. Der Raum entfaltet sich sozusagen aus der Struktur, durch Licht und Materialität.


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Querschnitt ehemaliger Verladeraum

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Ort Via al Nido 3, 6900 Lugano-Besso Architektur Jachen Könz architetto FAS, Lugano Bauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Holzbau Laube SA, Biasca Materialien Lamellen zur Verstärkung des Brettschichtholzes 2 m3, Vollholz für Dachstuhlausbau 18 m3 Baukosten CHF 8,0 Mio. Geschossfläche 3400 m2 Gebäudevolumen 15 000 m3 Bauzeit 2008–2009 Fotograf Jachen Könz, Lugano

Schnitt ehemalige Bereiche Lagerhaus und Verladeraum

Ansicht Süd und Schnitt ehemaliger Verladeraum

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Radwegbrücke über den Brenno, Dongio Der durch das Bleniotal verlaufende Radweg führte zwischen Dongio und Corzoneso über eine Autobrücke. Um diesen Abschnitt für die Radfahrer sicherer zu gestalten, initiierten zwei Privatpersonen den Bau einer daneben erstellten Radwegbrücke. In den siebziger Jahren wurde die alte Brücke demontiert und wenige Meter flussaufwärts die aktuelle Strassenbrücke erstellt. Die alte Brücke und eine ehemalige nahegelegene Eisenbahnbrücke der Linie zwischen Biasca und Acquarossa waren Fachwerkbauten. In Anlehnung an diese Tradition nahm der Entwurf der neuen Passerelle die Ausführung als Fachwerk in zeitgemässer Form auf. Der Neubau der Radwegbrücke erfolgte am Standort der alten Strassenbrücke, womit deren noch bestehende Widerlager wiederverwendet werden konnten. Ergänzt wurden diese nur durch beidseitig paarweise angeordnete Betonsäulen, welche die Kräfte der Stabilisierung aus dem Dach ins Lager ableiten. Das Tragwerk besteht aus zwei um 120 mm überhöhten Fachwerkträgern mit einer Höhe

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von 3,84 m. Die Ober- und Untergurten weisen jeweils Querschnitte von 240 x 440 mm auf, wobei oben Brettschichtholz der Festigkeitsklasse GL28h, unten solches der Klasse GL36k zum Einsatz kam. Die Fachwerkknoten sind mit eingeklebten Gewindestangen ausgeführt. Die Fahrbahn baut auf Querträgern und Diagonalen in Brettschichtholz mit einem Querschnitt von 120 x 200 mm auf. Darüber sind Längsbalken in Vollholz mit 100 x 180 mm Abmessung und letztlich eine Schalung von 40 mm Dicke aufgebracht. Für das Dach sind schichtverleimte Vollholzbalken der Abmessung 80 x 140 mm zwischen die Fachwerke gespannt und mit einer 27 mm starken Dreischichtplatte beplankt. Über diese Dachscheibe werden die Kräfte aus der Windeinwirkung in die Betonsäulen bei den Portalen abgetragen. Eine Dichtungsbahn und eine 50 mm hohe Kiesschicht schliessen das Dach ab. Die nordseitige Bekleidung besteht über die gesamte Höhe aus Lärchenholzlamellen. Südseitig bildet bis auf 1,50 m Höhe eine Dreischichtplatte in Lärche die Bekleidung aus. Die Fachwerkträger wurden aufgrund ihrer Ab-

messungen jeweils zweiteilig transportiert. Der mittige Anschluss beider Teile wurde mit eingeschlitzten Blechen und selbstbohrenden Stabdübeln ausgeführt. Vor Ort wurden die Fachwerkträgerteile zusammen gebaut, die Träger der Fahrbahn montiert und die Dachkonstruktion aufgesetzt. So gelangte das gesamte, maximal 22 Tonnen wiegende Tragwerk in die Widerlager. Anschliessend erfolgten die Dacheindeckung, das Verlegen der Fahrbahnbeläge und die Befestigung der seitlichen Bekleidungen.


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Detailschnitt quer

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Detailschnitt l채ngs


Ansicht

10 m

Grundriss

Längsschnitt

Ort Passarella, 6715 Dongio Acquarossa Bauträgerschaft Kanton Tessin Initianten Fabrizio Conceprio, Dongio, und Giorgio Ceresa, Dongio Entwurf Studio d’architettura Giorgio Ceresa SA, Dongio Bauingenieur Studio Ingegneria Lucchini Mariotta e Associati SA, Dongio Holzbauingenieur Laube SA, Biasca Holzbau Laube SA, Biasca Materialien Brettschichtholz 35 m3, Stahlbauteile 2100 kg Gesamterstellungskosten CHF 350 000.– Baukosten Holzbauteile CHF 220 000.– Charakteristik Radweg- und Fussgängerbrücke, Länge und Spannweite 42 m, Fahrbahnbreite 2,5 m Bauzeit April 2008 (Widerlager), Mai–Juni 2008 (Herstellung), Juli 2008 (Montage) Fotografie Laube SA, Biasca

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Tribüne ‹Siberia›, Ascona Mit der Sanierung der Sportanlage ‹Siberia› – Tribüne, Eisfeld, Infrastruktur, Beleuchtung – sollte die Anlage in einen Zustand gebracht werden, der eine Homologation durch den Schweizerischen Eishockey-Verband ermöglicht. Bei einer ersten Zustandserfassung des neu beigezogenen Planerteams zeigte sich, dass die Hauptbalken der alten Tribüne bereits augenfällige Schäden aufwiesen und auf der Höhe der Auskragung auch schon mit provisorischen Stützpfeilern gesichert werden mussten. Zudem hatte ein Brandschutzgutachten gezeigt, dass die Schaffung eines zweiten Fluchtweges sowie eines Brandabschnittes zwischen der Tribüne und der darunter installierten Kälteanlage des Eisfeldes erforderlich war. In einer wirtschaftlichen Gegenüberstellung der drei sich anbietenden Lösungen Sanierung, Teilersatz oder Gesamtersatz sowie unter Beachtung des Baustellenbetriebs beschloss der Stadtrat von Ascona, die alte Tribüne vollständig zu erneuern. Analog der Formsprache des früheren Baus sollte eine Struktur in Holz die alte Tribüne ersetzen. Kennzeichnend für die neue Tribüne sind die

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gekrümmten und sich verjüngenden Bogenbinder der Abmessung 240 x 740 mm, welche über eine Tiefe von rund 6,60 m auskragen und auf eine Höhe von rund 5,50 m hinauslaufen. Die Binder sind in der Fundamentplatte verankert und zusätzlich über als Streben angeordnete Tribünenträger in der Neigung der Sitzplätze stabilisiert. Zur Querzugverstärkung der Binder sind in deren Krümmung Vollgewindeschrauben eingedreht. Die formausbildenden Ergänzungsträger tragen die Pfetten und Riegel, auf welchen eine 27 mm dicke Dreischichtplatte mit Wasserdichtungsbahn das Dach sowie eine Zementfaserplatte die Fassade ausbilden. Die Sitzreihen werden von einem geschraubten Verbundquerschnitt getragen, bestehend aus Tribünenträgern mit Querschnitten von 240 x 320 mm und 140 mm starkem, fünfschichtigem Brettsperrholz. Die Tribünenträger sind wie die Bogenbinder in der Fundamentplatte verankert. Die Querstösse des tragenden Verbundquerschnittes sind mit HEB-Profilen schubfest verschraubt sowie im Fundament und am Bogenbinder verankert. Die Form der Stufen bildet Brettsperrholz der Stärke 140 mm aus, welches über ein T-Profil auf dem tragenden

Verbundquerschnitt verschraubt ist. Die Stufen sind mit Dreischichtplatten in Lärche bekleidet, die Sitzflächen bestehen aus Tannenschalung auf Metallwinkeln. Die seitlichen Abschlüsse der Sitzreihen werden von einer Brüstung in Brettsperrholz der Stärke 80 mm gebildet. Unterhalb der Sitze ist die Brüstung durch eine Rahmenkonstruktion stabilisiert. Zur Schaffung eines Brandabschnitts unterhalb der Tribüne zum Raum mit der Kälteanlage wurde der Verbundquerschnitt der Tribüne unten mit Gipskartonplatten bekleidet.


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Isometrie

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Ort Via San Michele, 6612 Ascona Bauherrschaft Gemeinde Ascona Architektur Maple Leaf Stadiums AG, Lindau Bauingenieur Pianifica Ingegneri Consulenti SA, Locarno Holzbauingenieur Borlini & Zanini SA, Lugano Holzbau Laube SA, Losone Materialien Bauholz: schichtverleimtes Vollholz 15 m3, Brettschichtholz 22 m3, Brettsperrholz 28 m3; Platten: Dreischichtplatten 27 mm 340 m2 und 42 mm 40 m2; Schalung in Lärche 370 m2 Baukosten BKP 2 356 000.– davon BKP 214 CHF 235 000.– Gebäudevolumen SIA 416 1100 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 360.– Bauzeit August–Oktober 2014 Fotografin Ivana De Maria, Gordola

Ansicht

Grundriss

10 m

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Querschnitt Binder

Querschnitt Sitzreihen in Feldmitte

Die Sitzreihen werden von einem geschraubten Verbundquerschnitt getragen, bestehend aus Tribünenträgern der Festigkeitsklasse GL28h mit Querschnitten von 240 x 320 mm und 140 mm starkem, fünfschichtigem Brettsperrholz.

Die Form der Stufen bildet Brettsperrholz der Stärke 140 mm aus, welches über ein T-Profil auf dem tragenden Verbundquerschnitt verschraubt ist. Die Stufen sind mit Dreischichtplatten in Lärche bekleidet, die Sitzflächen bestehen aus Tannenschalung auf Metallwinkeln.


Querschnitt Sitzreihen beim BSP-Stoss

Querschnitt Seitenabschluss

Die Stösse des tragenden Verbundquerschnittes sind mit HEB-Profilen schubfest verschraubt sowie im Fundament und am Bogenbinder verankert.

Die seitlichen Abschlüsse der Sitzreihen werden von einer Brüstung in Brettsperrholz der Stärke 80 mm gebildet. Unterhalb der Sitze ist die Brüstung durch eine Rahmenkonstruktion stabilisiert.

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Lignum Holzwirtschaft Schweiz Economie suisse du bois Economia svizzera del legno Mühlebachstrasse 8 CH-8008 Zürich Tel. 044 267 47 77 Fax 044 267 47 87 info@lignum.ch www.lignum.ch

Holzbulletin, März 2015 Herausgeber Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich Christoph Starck, Direktor

Redaktion Roland Brunner, Lignum, und Audanne Comment, Lignum-Cedotec Gestaltung BN Graphics, Zürich

Das Holzbulletin erscheint viermal jährlich in deutscher und französischer Sprache. Jahresabonnement CHF 48.– Einzelexemplar CHF 20.– Sammelordner (10 Ausgaben) CHF 140.– Sammelordner leer CHF 10.– Preisänderungen vorbehalten.

Administration, Abonnemente, Versand Andreas Hartmann, Lignum

Lignum-Mitglieder erhalten das Holz­bulletin und die technischen Informationen der Lignum, Lignatec, gratis. Die Rechte der Veröffentlichung für die einzelnen Bauten bleiben bei den jeweiligen Architekten. Alle Angaben stammen von den Bauplanern.

ISSN 1420-0260

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Druck Kalt Medien AG, Zug


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