Jewish Museum Berlin: JMB Journal Nr 2

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Einer Volkszählung im Jahr 2008 zufolge wurden ungefähr 38 Millionen Einwohner der USA im Ausland geboren, das sind 12,5 Prozent einer Bevölkerung von insgesamt 304 Millionen. According to the U.S. Census, in 2008 about thirty-eight million of the nation’s residents were foreign-born, 12.5 percent of the population of 304 million.

Geschichte der Vorurteile, die Immigranten aufgrund ihrer Rasse oder Ethnie entgegengebracht werden, weit zurück. So galten vor hundert Jahren die jüdischen und italienischen Einwanderer nicht in der gleichen Weise als weiß wie heute jene Menschen, deren Wurzeln in Nordoder Westeuropa liegen; vielmehr wurden sie als minderwertige „Mischlinge“ angesehen, die die angelsächsischen bzw. nordischen Erbanteile im Volk „verunreinigten“. Man glaubte, dass jüdische und italienische Einwanderer über spezifische biologische Merkmale, geistige Fähigkeiten und Charaktereigenschaften verfügten und auch anders aussähen – bei Juden meinte man, bestimmte Gesichtsmerkmale auszumachen, während für Italiener ein dunkler Hauttypus als einschlägig galt. Auch der Transnationalismus, die Pflege des Kontakts zum Herkunftsland, ist nichts Neues. Viele Einwanderer der letzten großen Zuzugswelle hielten transnationale Verbindungen aufrecht, indem sie den Angehörigen in der Heimat Geld und Briefe schickten oder Geld beiseite legten, um zu Hause Grundbesitz oder Häuser zu erwerben. Für damalige Verhältnisse stellten die Juden eine Ausnahme dar, weil sie sich weitgehend dauerhaft in den Vereinigten Staaten niederließen, aber viele Italiener waren „Zugvögel“, die alle paar Jahre oder saisonbedingt wieder in das Dorf, aus dem sie stammten, zurückkehrten. Heute ist die Befürchtung, dass Immigranten und ihre Kinder kein Englisch lernen, weit verbreitet, und man glaubt, dies sei anders als früher. Aber gerade wenn es um die Sprache geht, stechen die Ähnlichkeiten zwischen damals und heute deutlich hervor, und das Dreigenerationen-Modell der sprachlichen Assimilation ist nach wie vor gültig: Die erste Generation der Immigranten (die als Erwachsene ins Land kommen) macht zwar gewisse Fortschritte beim Spracherwerb, bevorzugt aber in der Regel die Muttersprache, die zweite Generation ist oft zweisprachig und in der dritten Generation beherrscht die überwältigende Mehrheit nur eine Sprache, und zwar Englisch. Laut einer neueren Umfrage unter Lateinamerikanern der zweiten Generation sprachen 88 Prozent von ihnen sehr gut Englisch (im Gegensatz zu Angehörigen der ersten Einwanderergeneration, bei denen es ungefähr ein Viertel war). Nahezu zwei Drittel der Mexikaner der dritten Generation sprechen ausschließlich Englisch; unter Asiaten liegt die entsprechende Zahl sogar bei 90 Prozent. Die Tatsache, dass sich zwischen heute und damals Parallelen aufzeigen lassen, heißt natürlich nicht, dass Immigranten zeitlos die immer gleiche Story durchleben. Viele Aspekte der Zuwanderung unterscheiden sich heute deutlich von früher. Während vor hundert Jahren die überwältigende Mehrheit der Einwanderer aus Europa stammte, 1920 waren es sage und schreibe 87 Prozent, kommen Immigranten in die USA heute aus einer größeren

It is often said that a major distinction between today’s immigrants and those a hundred years ago is that then they were white Europeans and today most are people of color. However, prejudice against immigrants on the basis of race and ethnicity has a long history. Jewish and Italian immigrants a century ago were not viewed as white the same way that people with origins in northern and western Europe were: They were seen as belonging to inferior “mongrel“ races that were “polluting” the nation’s Anglo-Saxon or Nordic stock. Jewish and Italian immigrants were thought to have distinct biological features, mental abilities, and innate character traits and even to look different—facial features often noted in the case of Jews, “swarthy“ skin in the case of Italians. Transnationalism, or maintaining ties to the home country, is also not new. Many immigrants in the last great wave of immigration maintained extensive transnational ties, sending money and letters to relatives back home and putting away money to buy land and houses in the home country. Jews were unusual for their time in the degree to which they were permanent settlers in the United States, but many Italians were “birds of passage“ who went back to their home village seasonally or every few years. In general, immigrants in a variety of groups then, like immigrants today, often followed news and remained actively involved in home-country politics. A common fear is that today’s immigrants and their children are not learning English, and that this is different from the past. But when it comes to language, the similarities with the past stand out. The standard three-generation model of linguistic assimilation still holds: The immigrant generation (arriving as adults) makes some progress but is usually more comfortable and fluent in the native tongue; the second generation is often bilingual; and the third generation is overwhelmingly monolingual in English. According to a recent study, eighty-eight percent of second-generation Latinos eighteen and older spoke English very well (vs. about a quarter of first-generation Latino immigrants). About two-thirds of the Mexican third generation is monolingual in English, and the figure is as high as ninety percent for Asian groups.

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