Jewish Museum Berlin: JMB Journal Nr 3

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Gesichtswasser der Vor- und Nachkriegszeit. Schenkung von Irene Alice Scherk. Facial tonics from before and after the war. Gift of Irene Alice Scherk.

Despite financial success, it remained nonetheless difficult for Fritz Scherk to take on his father’s place. The role of executive, as bequeathed him in his father’s will, did not fit him and he never had the sense that he truly filled his father’s shoes. Instead, he slipped easily and joyfully into the role of pater familias—and not only in his private life. “We were all sort of like his children and his wives,” recounted a former employee. In his memoir, he glances back jovially at the toil of the new beginning: However now I must report, Though he was meant to be the boss, Fritz longed for nothing of the sort And felt, with loud complaints, his loss. The heaps of things he had to know And conduct—manners finely graded— That bosses always ought to show Made him feel a bit degraded. In this regard Fritz Scherk attended, even more than his very engaged father had, to the well being of his employees. At each company anniversary his staff would receive generous gifts. On the feast of St. Nicholas, Christmas bonuses would await them, accompanied by a special feast-day poem, written by the boss and presented in a new form every year. By the end of the 1960s, the company’s permanent workforce had reached 165 people. The 1966 annual sales figure was over 13 million Deutschmark. Until 1969, the year that Scherk was bought by the American company Alberto Culver, all Scherk products were manufactured at the Berlin factory. In 1980, after long drawn-out litigation between Fritz Scherk and Alberto Culver, the trademark rights for Scherk went at last to the Baden company Lingner+Fischer. In his later years Fritz Scherk turned his attention to his own interests again, studying psychology and working as a consultant. Scherk products were still on the market at this time—the brand having outlived the company by more than two decades. Iris Blochel-Dittrich is an art historian and scientific officer at the Jewish Museum Berlin. Leonore Maier is curator at the Jewish Museum Berlin and responsible for the collection of quotidian culture. The two authors curated the exhibition “Welcome to the perfumer’s.”

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Vor dem Krieg war Scherk eine Marke des gehobenen Bedarfs gewesen; noch in den 1960er Jahren, als die Verpackungen längst dem Geschmack der Wirtschaftswunderjahre angepasst waren und neue Produktlinien entworfen wurden, wurde der Kompaktpuder in Handarbeit hergestellt. Rentabel, so erinnerte sich Fritz Scherk in späteren Jahren, sei dies nicht gewesen, aber man habe dem Ruf der Firma treu bleiben wollen. Die Stelle seines Vaters einzunehmen, fiel Fritz Scherk trotz des wirtschaftlichen Erfolgs schwer. Die Rolle des Chefs lag ihm nicht und er hatte wohl nie das Gefühl, die Position, für die ihn das väterliche Testament vorgesehen hatte, so recht auszufüllen. Stattdessen schlüpfte er mit Freuden in die Rolle des Familienvaters – und das nicht nur im Privatleben. „Wir waren ja alle so seine Kinder und seine Frauen“, berichtet eine ehemalige Mitarbeiterin. In seiner Lebensrückschau wirft Fritz Scherk einen heiteren Blick auf die Mühen des Neubeginns: „Jedoch muß ich auch nun berichten, / Daß Fritz, zu dieser Zeit, mit Nichten / Dran dachte, einmal Chef zu werden. / So hatte er auch viel Beschwerden, / Sich all das Wissen zu erraffen, / Sich das Verhalten anzuschaffen, / Das man von einem Chef erwartet, – / Er war und fühlte sich entartet.“ Um das Wohlergehen seiner Mitarbeiter kümmerte sich Fritz noch stärker als sein in dieser Hinsicht schon sehr engagierter Vater. Zu den Betriebsjubiläen erhielten die Angestellten großzügige Geschenke; am Nikolaustag erwartete sie eine Weihnachtsgratifikation, die von einem – vom Chef verfassten – Gedicht des Nikolauses begleitet und jedes Jahr in neuer Form präsentiert wurde. Ende der 1960er Jahre war der Mitarbeiterstamm wieder auf 165 angestiegen; der Jahresumsatz der Firma betrug 1966 13 Mio. DM. Bis zum Verkauf der Firma im Jahr 1969 an den amerikanischen Konzern Alberto Culver, wurden die Scherk-Produkte in der Berliner Fabrik hergestellt. Nach langwierigen Gerichtsprozessen zwischen Fritz Scherk und Alberto Culver gingen die Markenrechte 1980 schließlich an die badische Firma Lingner+Fischer über. Fritz Scherk wandte sich in fortgeschrittenem Alter wieder den eigenen Interessen zu, studierte Psychologie und arbeitete als Berater. Scherk-Produkte waren zu dieser Zeit noch immer auf dem Markt – die Marke überlebte die Firma um mehr als zwei Jahrzehnte. Iris Blochel-Dittrich ist Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Jüdischen Museum Berlin. Leonore Maier ist Kuratorin am Jüdischen Museum Berlin und verantwortlich für den Sammlungsbereich Alltagskultur. Gemeinsam kuratierten die Autorinnen die Ausstellung „Du bist bei den Parfümören angekommen“.


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