Intro #262

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#Pop #Kultur #Life #Style

Aus der Tiefe des Raumes

ARCTIC MONKEYS

Jon Hopkins — Courtney Barnett — DJ Koze — Beach House — Bruce Dickinson

— Frank Turner — Mode: Girl Squad — Drangsal — Jeff Goldblum — TT — International Music

#262 Mai 2018 gratis www.intro.de


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#Intro Editorial

Collage: Tyler Spangler

#Intro

»Eben war ich noch in der Indie-Disco und habe zu den Strokes getanzt – und plötzlich stehe ich selbst auf solchen Bühnen.« So beschreibt Alex Turner von den Arctic Monkeys die rasante Entwicklung ihrer Karriere. Intro hat diese von Anfang an begleitet: Christian Steinbrink zog den gelangweilten Teenagern 2005 nach ihrem Konzert im Kölner Underground ein paar O-Töne zum Debüt aus der Nase, ich traf sie 2009 als Volontär zum »Humbug«-Release und attestierte Turner »eine Arroganz, für die ich ihm nur im ersten Moment eine in die Schnauze hauen möchte«. Dass wir den Monkeys die Treue halten, liegt vor allem daran, dass sie es in all den Jahren geschafft haben, uns immer wieder mit neuen Einflüssen zu überraschen. Sie sind also quasi »alte« Helden, denen man nicht anmerkt, wie lange sie uns schon begleiten – und das sind uns ja immer noch die liebsten. Außerdem haben wir diesmal Gespräche mit Courtney Barnett, Jon Hopkins, Beach House und unser aller Guru DJ Koze geführt. Dass Musik aber nicht nur auf Bühnen passiert, sondern auch auf der Straße, wo sie nicht Karriere-Option, sondern die Inspiration zum Überleben ist, erfahrt ihr in Christian Schlodders intensiver Reportage über den Berliner Straßenmusiker Tom Brasket. Viel Spaß beim Lesen! Daniel Koch (im Namen der Redaktion)

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Das Leben der Anderen

DAS LEBEN DER ANDEREN

Torsten Groß war einer der wenigen Journalisten, die ein Interview mit Alex Turner ergattern konnten. Nicht nur deshalb freuen wir uns sehr, dass er mal bei uns an Bord ist: Er war Spex-Chefredakteur, prägte das von uns heiß geliebte unclesally’s Magazin und teilte in seiner Zeit als Redakteur beim Rolling Stone eine Weile das Büro mit unserem aktuellen Chefredakteur. Mittlerweile kann man Torsten regelmäßig in Berlin bei radioeins hören. Außerdem schreibt er ebenso regelmäßig für die Süddeutsche Zeitung, Spiegel Online, Rolling Stone und Musikexpress.

Die knalligen Bilder auf unseren RessortSeiten stammen vom kalifornischen Künstler und Grafikdesigner Tyler Spangler. Ähnlich wie wir auf unserem Covermotiv nimmt er Fotos und verfremdet oder verbessert sie durch ergänzende Illustrationen und Collagen. Seinen Anfang nahm das, als er noch aktiver Part der heimischen Punkszene war, für die er Flyer und Cover gestaltete. Viele seiner Kunstwerke könnt ihr auf tylerspangler.com in Postergröße kaufen – wir sind aber auch nur ein bisschen sauer, wenn ihr sie aus diesem Heft schneidet. Ein Interview mit ihm gibt’s auf intro.de!

Die Fotos zu unserer Reportage über den Berliner Straßenmusiker Tom Brasket stammen von Maria Sturm, deren Arbeiten sich oft mit Menschen beschäftigen, die zu selten im Mittelpunkt stehen: Für ihre Reihe »Be Good« portraitierte sie zum Beispiel Teenagerehepaare in ihrem Geburtsland Rumänien, für »You Don’t Look Native To Me« junge amerikanische Ureinwohner des Lumbee Indian Tribe. Autor und Initiator der Reportage war Christian Schlodder, der aber auf dieser Seite schon so oft gezeigt wurde, dass wir heute mal Maria den Vortritt lassen.

»Scream for me, Carsteeeen!« Unser Quoten-Metaller Carsten Schumacher erlebte die Erweckung 1987 mit dem Erscheinen von Iron Maidens »Live After Death« als blutjunger Teenager und lümmelte fortan in der Subkultur rum. Maiden-Sänger Bruce Dickinson kann er gar nicht genug dafür danken – was er bei seinem Interview auch tat. Allein wegen der Maiden-Alben-Cover gab es zu Hause bei den Schumachers regelmäßig Streit, von der Lautstärke aus den Boxen ganz zu schweigen. Ohne Maiden hätte seine Pubertät definitiv einen schaleren Verlauf genommen.

Aus der Redaktion Şermin: »Ey! Wir haben Wichtigeres zu besprechen als Geld: Es geht um Kommas!« Daniel: »Da hilft auch der Duden nicht weiter … Heißt es ›sich auf sein Gitarrensolo einen abwichsen‹ oder ›mit seinem Gitarrensolo einen abwichsen‹?« Wolfgang: »Schön hier, die Tasten knistern wie ein offenes Feuer im Kamin.«


Inhalt

INHALT #Intro

#Pop

Bilder von Richard Corman, Bob Carlos Clarke,

Radikaler Kurswechsel (mit Bart): Arctic Monkeys 36

Alexandra Leese, Lucile Boiron

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Eine eins a Songkuratorin: TT 12 Ferdinand Lutz: Handbremse locker

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Verzweifelt, aber schön verquer: Daniel Blumberg 16 Auftakt mit Scott Matthew, Frank Turner, Alexis Taylor, Blossoms, Middle Kids, Pish

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Gute Laune und kein Hall: Drangsal 42 Beach House: Ein Hoch aufs Alter! 44 Haben einfach geklingelt: International Music

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Jon Hopkins nimmt ganz legale Drogen 48 Courtney Barnett ist Spotlight-Vermeiderin 50 Noch viel verquerer: Chris Carter 54 DJ Koze schmatzt und mixt 56

#Kultur Weder tot noch auf Bärenjagd: Bruce Dickinson

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Jeff Goldblum über »Isle Of Dogs« 64 »System Error«: Von Marx bis Rinderfarm 66 Neu auf DVD: »Fikkefuchs«, »The Killing Of A Sacred Deer« 68 Neue Games: »Ni No Kuni II« und »A Way Out« 72

#Life Reportage: Euphorie und Asphalt 76 First World Problems: »Friseurbesuche« 82 Popküche: »Die fabelhafte Welt der Amélie« 83

#Style The Girls Are Back In Town 86 Foto: Jasmine Deporta

#Review Platten vor Gericht 94 Neue Platten 96

#Preview Impressum / Dein Intro 6

Intro empfiehlt 118

Abo 7

Kalender 120

Katz & Goldt / Demnächst 130

Festivals 122

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Das Leben der Anderen

DEIN INTRO Und wo warst du im Mai 2008? Intro #160

IMPRESSUM Verlag Intro GmbH & Co. KG, Oppenheimstraße 7, 50668 Köln Fon +49 221 94993-0, Fax +49 221 94993-99 verlag@intro.de, vorname.nachname@intro.de, www.intro.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann Managing Director Digital, Sales & Operations Matthias Fricke Director Publishing & Projektleitung Intro Martin Lippert Chefredakteur Daniel Koch (V.i.S.d.P.) Stellv. Chefredakteur Wolfgang Frömberg Artdirector Holger Risse

Covergeschichte Kann uns in dieser Rubrik nicht ver-

dammt noch mal eine Band begegnen, die schlicht und ergreifend nicht mehr existiert? Auch The Notwist waren vor zehn Jahren schon – na ja, hot wäre das falsche Wort, sagen wir: im Geschäft –, und sie sind es bis heute. Seit »The Devil, You + Me« haben sie noch vier weitere Alben aufgenommen. Storys The Notwist, Death Cab For Cutie, MGMT, Jamie Lidell, Portishead, Kettcar / Gisbert zu Knyphausen, dEUS Wichtige Alben The Raconteurs »Consolers Of The Lonely«, 1000 Robota »Hamburg brennt«, Elbow »The Seldom Seen Kid«, Bodi Bill »Next Time«, Destroyer »Trouble In Dreams«, Isobel Campbell & Mark Lanegan »Sunday At Devil Dirt«, Gnarls Barkley »The Odd Couple«, Guz »Mein Name ist«, JaKönigJa »Frozen Souls«, Ja, Panik »The Taste And The Money«, MGMT »Oracular Spectacular«, The Last Shadowpuppets »The Age Of Understatement«, The Notwist »The Devil, You + Me« Platten vor Gericht Sieger: MGMT – 7,10 / Letzter: Navel – 4,05 Besondere Vorkommnisse The Notwist sind zum dritten Mal auf dem Cover, so oft haben es sonst bis dahin nur Tocotronic und Blumfeld geschafft (endlich mal eine Band, die immerhin als aufgelöst gilt, auch wenn sie in diesem Jahr auf Revival-Tour geht). Schlagzeile des Monats Silvio Berlusconi wird zum dritten Mal in 14 Jahren Ministerpräsident +++ Bundestag beschäftigt sich mit Gregor Gysis Stasi-Verstrickungen +++

Stellv. Artdirectorin Frederike Wetzels Redaktion Chiara Baluch (#Style), Senta Best (Textchefin, #Life), Kristina Engel (Lektorat), Wolfgang Frömberg (#Kultur), Daniel Koch (#Pop), Christian Steinbrink (CvD, #Review), Sermin Usta, Frederike Wetzels (Foto) Live-Redaktion Henrike Schröder (Volontariat), Carsten Schumacher Layout Jörn C. Osenberg (osi) Online- & News-Redaktion (news@intro.de) Julia Brummert, Philip Fassing (Leitung Produktentwicklung), Bastian Küllenberg (Leitung Social Media) Terminredaktion termine@intro.de Texte Lena Ackermann, Aida Baghernejad, Hannah Bahl, Benni Bender, Kristof Beuthner, Fionn Birr, Jan Bojaryn, Annett Bonkowski, Andreas Brüning, Dominik Bruns, Lukas Diestel, Rami Eiserfey, Valentin Erning, Miriam Fendt, Lars Fleischmann, Lisa Forster, Nina Gierth, Steffen Greiner, Claudius Grigat, Elisabeth Haefs, Henrik Hamelmann, Dirk Hartmann, Patrick Heidmann, Paula Irmschler, Lennart Itzler, Sebastian Jegorow, Madleen Kamrath, Kerstin Kratochwill, Mario Lasar, Julia Maehner, Konstantin Maier, Jan Martens, Mathias Meis, Sarah Neuhaus, Katja Peglow, Verena Reygers, Henje Richter, Philipp Röttgers, Nils Schlechtriemen, Christian Schlodder, Simone Schlosser, Leonie Scholl, Michael Schütz, Silvia Silko, Christian Steigels, Till Stoppenhagen, Thorsten Streck, Gabriele Summen, Karola Szopinski, Klaas Tigchelaar, Tobias Tißen, Stephan Uersfeld, Nisaar Ulama, Oliver Uschmann, Annette Walter, Timo Weber, Kai Wichelmann, Katrin Wiegand, Gregor Wildermann, David Winter, Marius Wurth, Lena Zschirpe Cover Zackery Michael (Foto), Holger Risse (Illustration) Illustrationen Shay Yacinton Ariely, Peter Hoffmann, Alexandra Ruppert, Tyler Spangler Fotos Carmen Catuti, Lucas Christiansen, Jasmine Deporta, Ina Drobisz, Viktoria Grünwald, Kathrin Leisch, Maria Sturm, Lukas Vogt, Miriam Marlene Waldner, Hella Wittenberg und Pressebildfreigaben Personal & Organisation Rebecca Wast (Leitung), Svenja Bender PraktikantInnen Leonie Becker, Anne-Christina Donohoe, Mika Gehlen, Viktoria Grünwald, Johanna Lübke, Carolina Tidelski Vertrieb Dominik Raulf (Leitung – Fon +49 221 94993-41) Abo Svenja Bender (abo@intro.de) Brand & Media Cooperations Büro Köln Fon +49 221 94993-Durchwahl: Martin Lippert -17 (Musik, Film, Marken), Josipa Balić -70, Sabrina Esser -33 (Marken & Media), Simon Cappell -75 (Marken & Media), Michael Petersen -71 (Marken & Media, Musik & Film), Géraldine Schleder -19 Büro Berlin Sebastian F. Dudey (Live Entertainment & Kleinanzeigen) Fon +49 30 403670511 Auftragsannahme & Administration Eva Sieger (Leitung) -14, Florian Schuster -16 Fax +49 221 94993-88 Aktuelle Anzeigenpreisliste Mediadaten 2018 (Nr. 28 aus 11/2017) Download Mediaunterlagen hoerstmann.de/mediadaten Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G., BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900 Termine für Nr. 263 / Juni 2018: Redaktionsschluss: 02.05.2018; Termin-

Wir freuen uns immer, wenn Teile unseres Heftes auf Instagram-Fotos als Wohndeko auftauchen. So wie bei Userin @only.revolutions, bei der unser Katz & Goldt aus Intro 259 an der Pinnwand hängt – in guter Gesellschaft von kommunistischer Propaganda. Das ist nicht ganz so beeindruckend wie die mit Intro-Covern tapezierte Wand letztens, aber gut …

Über die Nachricht, dass die geschätzte Konkurrenz von Neon ihre Printausgabe einstellt, freuen wir uns hingegen so gar nicht. Schon wieder ein schönes, gedrucktes Heft weniger! Julia Brummert hat für deshalb einen schönen Abschiedsbrief mit dem Titel »Wir sind einfach erwachsen geworden« geschrieben. Findet ihr auf intro.de unter #Medien.

& Anzeigenschluss: 09.05.2018; Druckunterlagenschluss: 14.05.2018; Erscheinungstermin: 28.05.2018 Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen Bezugsquellen erhältlich an ausgewählten Auslagestellen im gesamten Bundesgebiet sowie im Abonnement Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, 100% Altpapier. Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos!


#Intro Dein Intro

Abonnier uns: 10 × Intro, 1 × Festivalguide, 1 × Film auf Blu-ray. Für nur 30 Euro. www.intro.de/abo Abo-Preise: Inland 30 €, Ausland 35 €. Abo-Dauer: ein Jahr, danach automatische Verlängerung. Vorzeitige Abo-Kündigung berechtigt nicht zur Erstattung etwaiger Restbeträge. Bestellwiderruf bis 14 Tage nach Bestelldatum möglich. Alle Details: intro.de/abo.

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Wer auch immer seit den 80ern versucht hat, ihr nachzueifern: Madonna ist und bleibt Pop-Ikone Nummer 1. Dementsprechend entzĂźckend ist diese Aufnahme von Richard Corman aus der Zeit kurz vor ihrem Durchbruch. So nah kam der Pop-Queen danach vermutlich keiner mehr. Diese und andere Aufnahmen kann man noch immer Ăźber weisskatz.gallery kaufen.


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In den 1990ern trieb sich der britische Fotograf Bob Carlos Clarke oft auf Schulbällen herum. Hier fotografierte er die mehr oder weniger schüchternen Annäherungsversuche von Teenagern. Klingt irgendwie creepy. Trotzdem verbindet man die Bilder seiner Ausstellung »The Agony & The Ecstasy« unweigerlich mit eigenen Erinnerungen. Läuft noch bis zum 26. Mai in der Little Black Gallery London.


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Als Alexandra Leese für ihren neuen Bildband »Boys Of Hong Kong« nach Fernost reiste, war das ein Trip in ihre Kindheit. Wahrscheinlich wirken ihre Arbeiten deshalb so unmittelbar, vielfältig und Stereotypen-brechend. Analog zu ihrem Zine entstand auch eine von Luke Casey gefilmte Dokumentation, die Leeses Heimkehr begleitet.


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Das Bild entstammt der 2016 entstandenen Serie »Young Adventurers Chasing The Horizon«, in der sich die 1990 geborene Lucile Boiron mit Flüchtlingscamps in Paris beschäftigt. Zu sehen gibt es ihre mal dokumentarischen, mal künstlerischen Arbeiten noch bis zum 6. Mai auf dem Fotofestival »Circulations« in Paris.


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#Pop #Daniel Blumberg

Daniel Blumberg

»WAS IST SCHON EIN ECHTER NAME?« Tode, Trennungen und weitere Schicksalsschläge hat der einstige Yuck-Frontmann Daniel Blumberg auf seinem Soloalbum verarbeitet. »Minus« klingt dementsprechend verzweifelt schön. Im Gespräch mit Silvia Silko klingt Blumberg hingegen kaum verzweifelt, sondern vielmehr herrlich verquer. Foto: Kathrin Leisch

B

lumberg ist blass und wirkt abgekämpft, er hat viel gearbeitet in den letzten Wochen. Das Artwork zu »Minus« musste gefertigt werden, es standen Interviews an und Aufnahmen für andere Projekte. Na ja, und dann diese ganzen Sachen, die einen irgendwie auch noch beschäftigen: Blumberg bekam in den letzten Monaten vom Leben ganz gut auf die Fresse – Tode, Trennungen, Aufenthalte in der Psychiatrie. Etwas Blässe ist da wohl angemessen. Blumberg zerrupft eine Serviette, baut seinen Vaporizer auseinander, stopft das Papier in die einzelnen Teile. »Das Ding läuft aus, wenn ich es mit in den Flieger nehme.« Seine erste Zigarette rauchte Blumberg mit 14 Jahren, hörte aber wieder auf, als Auftritte mit seiner ersten »Meine Stimme die stets ein wenig nach Absturz Londoner Band Cajun Dance brach bei sehnsüchteln? Party anstanden. »Meine Blumberg zerreißt eine weiteAuftritten immer Stimme brach bei Auftritten re Serviette, der Vaporizer leckt immer ab. Also habe ich auf- ab. Also habe immer noch. »Bei Yuck hat mich gehört zu rauchen und kei- ich aufgehört genervt, dass alles auf die große nen Käse mehr gegessen.« In zu rauchen und Karriere ausgerichtet war. Also was für einer Beziehung das habe ich das hinter mir gelassen. keinen Käse mehr Bei Hebronix war das viel besser. Singen mit Käse steht, erklärt er auch auf Nachfrage nicht. gegessen.« Jetzt mache ich solo Musik unter Dafür erzählt er, dass er nach meinem echten Namen. Wobei: der Pubertät wieder beherzt habe rauchen und Was ist schon ein echter Name?« Blumberg singen können. Ein Glück – wer sonst hätte blickt auf die Serviettenfetzen vor ihm und den verschwurbelten Indie-Pop Yucks derart scheint abzudriften. Unser gesamtes Gespräch prägen sollen? Wer hätte uns solo als Hebronix besteht aus Sätzen, die wirken, als hätte Blummit in die Weiten dieser Melodien genommen, berg sie aus Versehen laut gesagt, als seien

sie eigentlich nur für seinen eigenen Kopf bestimmt, der noch einiges zu verarbeiten hat. »Minus« ist da erst der Anfang – ein Album, das den Weird-Folk feiert, indem es sich in Harmonien verliebt, nur um sie im nächsten Moment mutwillig an die Improvisation zu verschenken; ein Album, das schrecklich traurig ist und Blumbergs geschundene Seele offenlegt, die einerseits Destruktion glorifiziert und andererseits Erlösung möchte. Es ist ein Album, das zu allen Seiten absteht und deshalb so faszinierend ist. Auf die Frage, ob Blumberg sich erklären könne, warum der Begriff »radical« immer wieder mit seiner Musik in Verbindung gebracht wird, antwortet er indirekt: »Mein Freund Brady Corbet schrieb seiner dreijährigen Tochter kürzlich eine SMS, in der stand: ›Be radical.‹ – Das fand ich wahnsinnig hübsch.« Blumberg nimmt einen tiefen Zug aus seinem Vaporizer. — Daniel Blumberg »Minus« (Mute / PIAS / Rough Trade / VÖ 04.05.18)


Promotion

FESTIVAL-FEELING ZUM SELBERMACHEN

Natürlich gibt es auf Festivals viel zu erleben und zu entdecken. Aber gibt es etwas zum Selbermachen? Dank OBI auf dem Donauinselfest in Österreichs Hauptstadt Wien jetzt ja! Das Donauinselfest ist das kunterbunte Wunderland unter den Sommerfestivals: Insgesamt tummeln sich auf der Donauinsel an drei Tagen im Juni über drei Millionen Menschen und erleben Shows und Aufführungen verschiedenster Couleur. Dieses Jahr treten hier Acts von Portugal. The Man über die Antilopen Gang und Fedde Le Grand bis hin zu der Münchener Freiheit auf. OBI ist auch vor Ort und versucht, die Besucher nicht nur zum Erlebnis, sondern unter dem Motto »Mach was aus deinem Sommer« auch zum Selbermachen zu motivieren. Etwa durch die »OBI MachBar Mariahilfer«, die Kreativwerkstatt in der Wiener Innenstadt, in der man schon ab dem 11. Juni in kurzen Workshops Tipps zu Selbstbaumöbeln oder Urban Gardening erhält und selbst an seinen DIY-Projekten werkeln kann. Aber natürlich ist OBI auch für diejenigen da, die das Festival einfach nur genießen wollen: Der »OBI FlowerTower« bietet einen einmaligen Ausblick auf Flussufer, Festivalgelände und eine der Hauptbühnen. Und beim »OBI RRRRodeo« zähmt man keine Bullen oder Mustangs, sondern einen

Gewinne Dein Wien Wochenende.

wildgewordenen Akkuschrauber, und kann sich danach auf stylishen Selbstbaumöbeln wie dem Himmelbett Frieda oder der Wellenliege Lena davon ausruhen. Zumindest solange, bis die nächste Band oder Selbstbau-Aktion ruft.

Zusammen mit OBI verlosen wir vier Reisen vom 21. bis 25. Juni für je zwei Personen zum Donauinselfest inklusive An- und Abreise, Übernachtung im 25hours Hotel und einem Platz auf dem »OBI FlowerTower«. Alle Infos ab dem 15. Mai auf intro.de/machbar und obi.at/machwasausdeinemsommer. Viel Glück! Das Gewinnspiel startet ab dem 17. Mai.


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#Pop #TT

TT

DER EIGENE WILLE #Pop — Theresa Wayman, Sängerin und Gitarristin von Warpaint, veröffentlicht unter ihrem Spitznamen TT ihr erstes Soloalbum »LoveLaws«. Anderthalb Jahre hat sie daran gearbeitet, die Vision von einem eigenen Musikprojekt abseits der Band trug sie jedoch schon viel länger mit sich – wie sie Leonie Scholl erklärte. Foto: Jasmine Deporta

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tilistisch betrachtet hat TT wenig mit Warpaint gemein. Wie kam es dazu?

2009 habe ich gelernt, wie man mit einem Computer Beats macht. Diese technische Seite hat mich sehr interessiert, und ich wusste, dass ich einmal Musik machen möchte, die sich eher an der Art orientiert, wie man HipHop produziert. Björk war definitiv ein g­ roßer Einfluss für mich, nicht nur als Sängerin, sondern als Musikerin. Selbst wenn sie Leute anstellt, die einen Song für sie machen, ist sie die kreative Person und die Kuratorin dahinter. Das ist eine gute Bezeichnung: Song-Kuratorin, so sehe ich mich auch als TT. »LoveLaws« scheint eine persönliche Angelegenheit zu sein. Du hast es mit deinem Bruder produziert und sonst kaum Hilfe gehabt.

»Ich musste lernen, wann es wichtig ist, für meinen eigenen Willen einzustehen und wann nicht.«

Es gab so viel, das ich ausdrücken und ausprobieren wollte. Wenn du mit anderen Menschen arbeitest, bringen sie immer ihre eigenen Meinungen und Erfahrungen mit. Das führt unweigerlich dazu, dass sie an irgendeinem Punkt etwas anderes wollen als man selbst. Ich musste lernen, wann es wichtig ist, für meinen eigenen Willen einzustehen und wann nicht. Ich verstehe mittlerweile, warum manche Leute solche Kontrollfreaks sind und gar nicht mehr kollaborieren können. Aber das will ich auch nicht, ich möchte nicht in einem Vakuum arbeiten. Die Liebe ist das bestimmende Thema des Albums. Sie ist natürlich das große Thema der Popmusik. Aber warum hat sie dich persönlich in dieser Zeit so beschäftigt?

Ich kam gerade aus einer Beziehung, als ich »I’ve Been Fine« schrieb. Ich hatte bereits damit abgeschlossen, aber dann kommen immer diese kleinen Dinge zurück, die dich daran erinnern, wie es damals war. Zur gleichen Zeit entstand auch »Love Leaks«, aber der Song wurde aus einer anderen Perspektive heraus geschrieben. Es war bei beiden Liedern so, dass sie aus der Emotion heraus gelenkt wurden. Gerade diese kurze Zeitspanne, wenn etwas Altes vorbei und immer noch der Schmerz da ist, aber auch die Spannung auf das, was jetzt kommt, bietet sehr viel kreatives Potenzial. Bist du ein Beziehungsmensch?

Ich weiß nicht. Im letzten Jahr wurde mir klar, wie abhängig ich mich manchmal davon gemacht habe, eine Beziehung zu führen, und wie viel ich bereit war, dafür zu opfern. Ich bin eine unabhängige Frau, dennoch ist da dieser Teil in mir, der einen Partner sucht. Ich muss lernen, beides auszubalancieren. — TT »LoveLaws« (LoveLeaks / Caroline / Universal / VÖ 18.05.18)


Foto: Neda Navaee

Francesco Tristano presents: P:anorig feat. Derrick May

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Samstag 02.06.2018 20:00


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#Kultur #Ferdinand Lutz

Ferdinand Lutz

KINDER VERSTEHEN NIE NICHTS E Seit fünf Jahren zeichnet Ferdinand Lutz Comics für Kinder. Sein Comic »Q-R-T« ist Teil des diesjährigen Gratis Comic Tags am 12. Mai. Julia Brummert sprach mit dem Zeichner über einen Auftrag, der sein Leben verändert hat. Foto: Frederike Wetzels

ine Geschichte erzählen, die Kinder und Erwachsene gleichzeitig fesselt? Das ist die hohe Kunst, die Ferdinand Lutz beherrscht. Er steckt hinter den Abenteuern vom außerirdischen Jungen »Q-R-T« und denen von »Rosa und Louis«, einem Geschwisterpaar, das mit seinen Eltern und der Oma im Spukschloss wohnt, wo es mit Geistern plaudert. »Ich habe in Kindercomics oft beobachtet, dass sie mit angezogener Handbremse erzählt werden«, erklärt Lutz und hält dagegen: »Die Handlung muss keine komplexen Wendungen haben, aber die Emotionen der Figuren in Kindercomics können komplex sein.« Kinder und Erwachsene entdecken vielleicht andere Details

in derselben Geschichte, aber genau das macht für Lutz den Reiz aus: »Wenn ich an meine Kindheit denke, erinnere ich mich, dass ich selten etwas gar nicht verstanden habe, auch wenn ich andere Dinge darin gesehen habe als die, die ich heute als Erwachsener sehe, wenn ich die alten Geschichten noch mal lese.« Als Künstler schafft er in seinen knallbunten Welten Raum für ernste Themen: Rosa und Louis sind zum Beispiel zur Oma gezogen, weil diese an Demenz leidet. Mit Hilfe der Schlossgeister erkennt die achtjährige Rosa, dass es durchaus Vorteile haben kann, wenn Oma sich nicht mehr an ihre Dummheiten erinnert – aber auch, dass es sehr traurig ist, wenn Omas gute Erinnerungen verblassen. Kinder sind nicht doof und können einen eigenen Weg finden, mit solchen Situationen umzugehen. »Ich denke fünfmal darüber nach, welche emotionalen Reaktionen meine Figuren haben, und nur halb so viel darüber, ob ich eine Mütze nun blau oder rot koloriere«, »Ich habe so Lutz. immer die Riege Dass er für Kinder der Sprecher zeichnet, kam durch eine Anfrage des aus den alten Spiegel, dem er vom Europabefreundeten Zeich- Hörspielen im ner Flix empfohlen Kopf, wenn ich worden war. Schon seit seiner Kindheit schreibe.« zeichnet Lutz, studierte dann aber erst mal VWL und Soziologie. »Der Spiegel-Auftrag war, jeden Monat fünf Seiten zu machen. Das klingt überschaubar, aufs Jahr gerechnet ist das aber so viel wie eineinhalb Bände von ›Asterix‹. Da war klar, dass ich entscheiden muss, das ganz oder gar nicht zu machen.« Mit dem Musiker Dominik Müller macht er Musik-Lesungen, bei denen die beiden Comics mit verstellten Stimmen vorlesen und dazu Geräusche und Musik machen, denn auch Hörspiele gehören zu Lutz’ großen Leidenschaften: »Ich habe immer die Riege der Sprecher aus den alten Europa-Hörspielen im Kopf, wenn ich schreibe.« Ihr Spektakel ist erfolgreich, viele Eltern freuen sich darüber, dass ihre lesefaulen Kinder dadurch Interesse am Comic-Lesen bekommen. Neben der Arbeit am zweiten Band von »Rosa und Louis« tüftelt der Zeichner und Autor bereits am nächsten Projekt. Anfang Juni erscheint die erste Ausgabe von »Polle«, einem Comic-Kindermagazin, das Lutz mit Freunden über Startnext realisiert hat. Darin sollen andere Zeichnerinnen und Zeichner die Chance bekommen, ihre Arbeiten zu präsentieren. Und vielleicht kann er damit noch mehr Kinder aus der Lesefaulheit ziehen. — Ferdinand Lutz’ Comic »Q-R-T« (Reprodukt) ist Teil des diesjährigen Gratis Comic Tags. Am 12. Mai 2018 gibt es neben vielen anderen Comics ein Heft mit einem Auszug kostenlos in teilnehmenden Comicbuchläden.



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#Pop

TOP 7

SCHRÄGE PLAYLISTEN #Pop — Playlisten sind ja bekanntlich oder angeblich das neue Mixtape. Nicht nur deshalb sind wir mal in die beiden größten Streamingplattformen Apple Music und Spotify eingetaucht und haben dabei ein paar schräge Sammlungen gefunden. Text: Daniel Koch, Foto: Viktoria Grünwald

01 Make It Stop! http://bit.ly/makeitstopintro

Die Playlist als Mutprobe oder Saufspiel. Ich kann mich jedenfalls nur schwer in eine Stimmung hineinversetzen, in der es angebracht wäre, erst einen Furzbeat-EDM-Song über Narwale, dann den »Hamster Dance Song«, »Cotton Eye Joe« und am Ende Michael Bolton zu hören, der mich übergriffig schmachtend fragt: »Can I Touch You ... There?« Ich habe nur fünf Lieder am Stück durchgehalten. Dazu drei Schnäpse. Wer bietet mehr?

02 Burning Churches

03 Sexy Masturbation Playlist

04 Punk Songs Under 30 Seconds

http://bit.ly/burningchurchesintro

http://bit.ly/sexymintro

http://bit.ly/30secondspunkintro

Diese Liste wird sogar regelmäßig aktualisiert. Man will ja nicht immer nur Behemoth und Goatwhore hören, wenn man mal wieder durch norwegische Dörfer zieht, um ein paar Kirchen abzufackeln. Wie so häufig im Black Metal darf man natürlich nicht alles ernst nehmen, was da so gesungen und gebrüllt wird, aber Burzum muss man ja nun wirklich nicht mehr supporten, weiß man doch, wes Geistes Kind deren Sänger Varg Vikernes ist.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele User Playlisten zum Masturbieren kompilieren – und diese öffentlich zugänglich machen. Diese Liste ist allerdings tatsächlich eine sehr geschmackvolle, vermutlich von kundiger Frauenhand kompiliert. Künstlerinnen wie Kehlani (»Gangsta«), Emmalyn (»#FreeTitties«), Ciara (»Body Party«) und Beyoncé (»Me, Myself And I«) singen darauf von einer, äh, gesunden Einstellung zur Lust am eigenen Körper.

»I like short songs!« brüllten schon die Dead Kennedys. Punks wissen schließlich, dass es manchmal nur eine halbe Minute braucht, um seine Wut loszuwerden. Für den InstantWutausbruch empfehlen wir diese schöne Sammlung: Kopfhörer auf, Shuffle-Mode an und nach jedem Song einmal gegen eine Wand treten. Die Entspannteren hören dann eben nur zwei Songs, die Aggressiven alle 17 Titel dieser rund sechs Minuten langen Playlist.

05 Cozy knitting – Stricken für kalte Tage

06 Psychedelic Folk aus der Türkei

07 Mac ‘N Cheese

http://bit.ly/knittingintro

http://bit.ly/turkishfolkintro

http://bit.ly/macnplaylistintro

Ich weiß gar nicht, was erschreckender ist: die Tatsache, dass es eine Playlist mit diesem Namen gibt oder die Erkenntnis, dass die entsprechende Musik ziemlich gut ist. Also Charlie Cunningham, Birdy, Feist, Agnes Obel, Damien Rice, Ben Howard und José González, ihr müsst jetzt sehr stark sein: Eure Musik taugt nicht nur zum melancholischen Weintrinken und stilvollen Kuscheln, sie hat auch viele schlecht gestrickte Schals auf dem Gewissen.

Es ist ein wenig fies, diese Liste hier abzubilden, weil sie ein spannendes Genre auf sehr kundige Weise einfängt und in keiner Weise lächerlich ist. Schräg sind diese Klänge für intolerante Ohren natürlich trotzdem. Dennoch sei jeder eingeladen, in Genres abzutauchen, die einem bisher noch nicht untergekommen sind – zum Beispiel dieses, das in den 60ern und 70ern westlichen Psychedelic-Pop mit türkischen Texten und einheimischem Folk verband.

»Eat ‘em up, eat ‘em up, eat ‘em up, yum yum yum yum yum yum yum, eat ‘em up«, rät Biz Markie in seiner Raphymne auf »Pancakes & Syrup«. Trout Fishing In America wiederum warnen vor dem »Curse Of The Spinach«, während The Wiggles auf eine »Hot Potato« abswingen. Eine Playlist, die noch etwas origineller hätte ausfallen können, aber dafür gibt es hier viele kindgerechte Schwachsinnssongs über gesundes und ungesundes Essen.


Scott Matthew

»WIR WERDEN DIE WELT REGIEREN, BABY!« »Liebe ist nicht mehr der Meilenstein, den es für mich im Leben zu erreichen gibt«, sagt Scott Matthew. Hella Wittenberg hat er erzählt, wie er weg vom Herzschmerz, hin zum Feiern von Familie und Freunden gelangte – und auf seinem sechsten Studioalbum »Ode To Others« sein politisches Engagement entdeckte.

W

Foto: Hella Wittenberg

o drückt diesmal der Schuh? Ganz einfach: nirgends. Scott Matthew kann sich gerade nicht beklagen. Ihm geht es gut. Als ich ihn im Atelier Oblique in Berlin zwischen zig Duftkerzen, eingekuschelt im XL-Schal sitzen sehe, strahlt er. Keine grauen Wolken mehr, einzig ein breites WerbegesichtGrinsen. »Ich bin eigentlich ein lustiger Typ«, erklärt er mir mit einer Stimme, die genauso wie die auf dem Album klingt. »Nur konnte man das bisher eher bei meinen Konzerten sehen und nicht auf Platte hören.« Nun hat sein Produzent Jürgen Stark es geschafft, diese Unbeschwertheit auch auf Albumlänge zu bannen. Aber auch Scott hat für eine veränderte Fahrtrichtung gesorgt. »Über meinen romantischen Schmerz zu singen wurde zur Bürde. Es entzog mir jegliche Kräfte, Tag für Tag meine schlechten Gefühle offenzulegen.« Jetzt errichtet er für die Leben der anderen musikalische Denkmäler. Freunden und sogar seinem Vater habe es Tränen der Rührung in die Augen getrieben, als sie die Stücke hörten, die Scott für sie geschrieben hat. Auch die Politik hat ihren Weg in seine Songs gefunden: »Mit der Präsidentschaftswahl hat sich etwas gewandelt. Hasserfüllte Menschen haben jetzt eine Plattform, was ihnen das Gefühl gibt, sie seien im Recht.« Selbst vor einer Metropole wie New York würde die Entwicklung nicht haltmachen. »In meiner Wahlheimat sind die Verbrechen aus Hass

angestiegen.« Als bekennender Homosexueller ist der Gang aus der Haustür für ihn zu einem höheren Risiko geworden. »Es ist mir deutlicher denn je bewusst, dass es Leute da draußen gibt, die mein Blut sehen wollen«, sagt er und wirkt dennoch gefasst. Statt den Kopf in den Sand zu stecken und das Negative gewinnen zu lassen, ist bei Scott der Aktionismus geweckt. Die Herzschmerz-Tage sind tatsächlich gezählt! Schon der erste Song des Albums, »End Of Days«, ist ein politisches Statement: »Ich möchte sagen, dass ich und meine Freunde bleiben werden. Egal, wie sehr man auch versucht, uns loszuwerden. Wir haben Stimmen, und wir werden die Welt regieren, Baby!« — Scott Matthew »Ode To Others« (Glitterhouse / Indigo) Auf Tour vom 09. bis 26.05.


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#Pop #Kultur

Frank Turner

HALTUNG, BITTE! #Pop — In dieser Interviewreihe sprechen wir mit Künstlerinnen und Künstlern über das Minenfeld zwischen Popmusik und Politik. Diesmal trifft es Frank Turner, der sich durch die Stimmung in England und Amerika an das Jahr »1933« erinnert fühlt – und deshalb einen Song mit diesem Namen schrieb. Trotz der Wut und der Ratlosigkeit, die das in ihm auslöst, rät Frank Turner schon im Titel seines neues Album: »Be More Kind«. Sei nett.

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ls ich dich vor zehn Jahren zum ersten Mal live sah, dachte ich: »Aha, wieder so ein politischer Songwriter.« Inzwischen weiß ich, dass es nicht so einfach ist und deine Gedanken eben manchmal Politisches streifen. Das fällt bei »1933« wieder auf. Ultrapolitischer Titel, aber eigentlich gestehst du darin ja nur, dass du überhaupt keine Ahnung hast, was mit der Welt gerade los ist. War es deine Intention, diese Verwirrung auszudrücken?

Haha – klingt komisch, aber ich nehme das jetzt mal als Kompliment, denn das trifft die Sache. Diese Verwirrung ist sozusagen der Kern meines Albums. Ich hoffe, du findest darauf keine Zeile, in der ich mit dem Finger auf irgendwen zeige – außer auf mich. Wir könnten hier natürlich eine Diskussion darüber führen, dass sich einige Leute sozial benachteiligt fühlen oder so, aber meine Reaktion auf die Weltlage ist gerade ein permanentes »Was zur Hölle ist da eigentlich los?«. Damit lässt sich schwer ein Rage-Against-The-Machine-Song machen. Es ist hart, eine dieser Faust-in-dieLuft-Hymnen zu schreiben, wenn deine Message ist: »Keine Ahnung, was los ist.« »1933« ist der Versuch, diese Misere auszudrücken. Mich überrascht immer, wie gut sich auf Facebook alle bei komplexen Themen wie der Russland-Politik oder dem Nahostkonflikt auskennen. Viele klingen, als hätten sie die Weltlage geblickt und Lösungen parat, die bloß keiner von »denen da oben« hören will.

Genau. Und wer das anzweifelt, wird angebrüllt. Es gibt zwei Statements auf meinem Album, die ich wieder salonfähig machen möchte: »I don’t know« und »I am changing my mind«. Wir leben in einer Gesellschaft, in der du auf Facebook gekreuzigt wirst, wenn du von deinem Standpunkt abweichst. In einer aufgeklärten, erwachsenen Gesellschaft sollte der Weg aber doch sein: Du hast ein Argument, sammelst Informationen oder Meinungen, die das belegen oder eben nicht, und justierst dann deinen Standpunkt. Aber Twitter und Facebook befeuern, dass dieser grundsätzliche Prozess sabotiert wird: Die Erregungskurve ist durch die Verkürzung dieser komplexen Themen eh permanent hoch, du hast keinen

persönlichen Kontakt zu den Leuten, die du anschreist, und so wird alles zum Drama.

Deine Platte heißt »Be More Kind«. Im Kontext von Punk, wo du ja herkommst, eigentlich ein Unding. In diesen Zeiten kann man das aber schon fast als radikalen Ansatz lesen. Ist das die Antwort auf diese Probleme? Nett sein? Auch zu rechten Arschlöchern?

Ja. Und das geht tatsächlich zurück auf Billy Bragg, mit dem ich seit damals gut befreundet bin. Vor gut einem Jahr veröffentlichte ich den Song »The Sand In The Gears«, in dem es viel um Trump und seine schädliche Wirkung auf die amerikanische Gesellschaft geht. Ich bekam haufenweise beleidigende, aggressive, übergriffige Mails von Trump-Supportern. Da ich meine »Fanpost« gerne beantworte, fragte ich Billy um Rat. Der kennt das ja nur zu gut. Er sagte mir: »Wenn du dabei Ruhe bewahrst und deine Manieren, kannst du nur gewinnen.« Ich nahm mir also Mails vor, die ungefähr so losgingen: »Fick dich, du dreckiger Wichser ...« Und schrieb: »Hey, schade, dass wir da anderer Meinung sind, aber lass mich kurz erklären, was ich zum Ausdruck bringen wollte.« Dann bat ich darum, mir noch mal ihre Sicht zu erklären. Gut, das macht die Welt nicht besser, aber für mich hat es funktioniert: Ich komme besser damit klar, und es passiert immer wieder, dass ich Leute beruhigen kann, wir uns auf meiner Show verabreden und bei einem Bier hitzig, aber fair diskutieren. Daniel Koch — Frank Turner »Be More Kind« (Polydor / Universal / VÖ 04.05.18) — Auf Tour vom 23.10. bis 23.11.


#Kultur — Man glaubt ja immer, alle Australier seien surfende Sonnyboys und hätten überhaupt keinen Grund, deprimiert zu sein. Auf Damien Rudd scheint das nicht zuzutreffen. Er betreibt den wundervollen Instagram-Account »Sad Topographies«, auf dem er die deprimierendsten Orte der Welt als Google-Maps-Bilder vorstellt. Los ging es mit dem australischen Mount Hopeless. Von da waren es nur noch ein paar Mausklicks zur »Camp Suicide Road«, zum »Massacre Island« und in die Kleinstadt »Sad«. Auch wenn er sein schönes Hobby bereits als Buch herausgebracht hat, sagt Damien: »Es ist ganz einfach. Ich gebe nur Synonyme ein bei Google Maps und schaue, was ich finde. Das könnte jeder tun.«

MOGWAI. LUCKY CHOPS MIGHT Y OAKS. FABER THE JESUS AND MARY CHAIN

GISBERT ZU KNYPHAUSEN

SLOWDIVE. BLUMFELD. PARCELS MOGLI. LOTTE. MARTIN KOHLSTEDT LOW. LILLY AMONG CLOUDS. LÙISA WOMAN. MATT GRESHAM. HUGO HELMIG. SAM FENDER

JAGUWAR. NORDMANN. THE GREAT FAULTS. LUKE NOA. U.V.A.

W W W.T R AUM Z EI T-F E S T I VA L .DE VERANSTALTER

— instagram.com/sadtopographies

PARTNER

HAUPTSPONSOR


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#Pop

3 FRAGEN AN

ALEXIS TAYLOR #Pop — Mit Genregrenzen hat es Alexis Taylor nicht so – er kann und macht alles. Hot Chip klingen, als hätten Weezer den Schalter zur Elektronik gefunden. Mit der About Group frönte Taylor bluesigem Gitarrenrock, und als Solo-Künstler verfolgt er seinen Electro-Pop eher weltvergessen am Piano. Nun erscheint das neue Werk »Beautiful Thing« – zwar solo, aber mit Produzent Tim Goldsworthy als bedeutsamem Sidekick. Text: Silvia Silko Deine letzte Veröffentlichung ist noch nicht mal ein Jahr her, »Beautiful Thing« ist dein fünftes Soloalbum. Bist du einfach ein Workaholic, oder brauchst du den Output für deinen Seelenfrieden?

Ich muss zugeben: Ich arbeite einfach recht schnell. Was allerdings zu »Beautiful Thing« geführt hat, ist Folgendes: Ich arbeite meistens gleichzeitig an verschiedenen Projekten. Im Moment nehmen wir parallel neue Sachen für Hot Chip auf, außerdem war ich mit meinem letzten, sehr pianolastigen Album auf Tour. Ich hatte einfach das dringende Bedürfnis, sehr schnell etwas ganz anderes zu machen. Ich habe gelesen, dass es inhaltlich auf »Beautiful Thing« für dich persönlich darum ging, die letzten Jahre als Musiker Revue passieren zu lassen. Muss man sich sorgen, dass du bald aufhörst?

So ist es natürlich nicht gemeint. Aber es stimmt schon – ich war plötzlich etwas rührselig, habe darüber nachgedacht, wie wunderschön es ist, dass ich mit meinen Mitmusikern diese Songfragmente und kleinen Aufnahmen teilen kann, wir an ihnen arbeiten und da irgendetwas Großartiges draus entsteht. Dann bin ich aber abgedriftet und dachte darüber nach, wie viele großartige Dinge es in unserem Leben gibt. Eine schöne Sache muss ja nicht

Musik sein, es kann ein Kind sein, das auf die Welt kommt, oder eine bereichernde Liebesbeziehung oder so. Glaubst du, dass wir in politischen und gesellschaftlichen Zeiten wie diesen eine Konzentration auf die positiven Seiten des Lebens anstreben sollten?

Ich denke schon. Ich sage nicht, dass man alles, was negativ ist, ignorieren sollte, aber es ist einfach nie alles nur schlecht. Manchmal kann es einem das Herz beflügeln, wenn man sich erinnert, wie schön die Dinge sein können. Also, worauf ich abziele, ist nicht Ignoranz, sondern Integration von allen Aspekten des Lebens. — Alexis Taylor »Beautiful Thing« (Domino / GoodToGo)

»Ja, ist ein netter Gimmick, ein paar Gestalten, die mit Metal kein Geld verdienen konnten und nun von so einem Kunst­hoch­ schul-Typen gesteuert werden.« Bruce Dickinson hatte in unserem

Interview eine deutliche Meinung über die Sex Pistols (ab Seite 60)


#Life

#Life — Laktoseintoleranz hier, Glutenverächtung und Fruktoseunverträglichkeit dort. Dazwischen ein bisschen Sojamilch, aber einfach nur weil! Ja, warum eigentlich? Schon klar: Unverträglichkeiten nerven und scheinen sich halbjährlich exponentiell zu vermehren. Das

Kochbuch »Und was isst du dann?« nimmt sich der diversen neumodischen Essformen an. »Nicht schon wieder«, denkt man im ersten Moment. Aber dann schlägt man das Ding auf. Und ist entzückt! Es ist 1. äußerst amüsant geschrieben und erklärt 2. beispielsweise

Bilderbuch • Alle Farben • Kygo • Bastille • Milky Chance Parov StelAR • Liam Gallagher • Lykke Li • The War On Drugs Nick Murphy fka Chet Faker • Asaf Avidan • Borgore • FEVER RAy Stormzy • MØ • Above & Beyond • Gogol Bordello • Kaleo KETTCAR • Seasick Steve • Little Dragon • Goo Goo Dolls BØRNS • Nothing But Thieves • Shame • Desiigner • Fink Cigarettes After Sex • Slaves • Wolf Alice • LABRASSBANDA The Living End • KSHMR • WhoMadeWho • u.v.m.

Tickets sind bei Reservix erhältlich

elementare Dinge wie die Vorgänge im Darm bei Unverträglichkeiten. Letztlich überzeugt hat uns vor allem Punkt 3: die putzigen Illustrationen von Felix Bork.

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#Pop #Life

Blossoms

SALZEN NACH #Pop — Große Gefühle brau­ chen Platz, viel Pathos und vor allem: Synthies. Blossoms übertreiben auf ihrem zweiten Album maßlos. Da es um Liebeskummer geht, sei es ihnen verziehen – und weil sie einen Sinn für Humor haben.

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ie ersten Takte auf »Cool Like You« könnten von den Flippers stammen. Auch der Beat passt – ein schöner Discofox wäre hier angebracht. Aber dann setzt Tom Ogdens Stimme ein, die Keyboards weichen in den Hintergrund, und das Spektakel entpuppt sich als lupenreiner Pop. Große, ausladende Popsongs liegen Blossoms am Herzen, wie Tom erklärt: »Wir haben uns an den Plattensammlungen unserer Eltern bedient, außerdem lieben wir Videospiele, vor allem den Soundtrack von ›GTA: Vice City‹. Meine Messlatte sind euphorische Songs, die Menschen zum Mitsingen und Tanzen bewegen.«

Blossoms Songs haben bereits auf dem nach der Band benannten Debüt für Aufsehen gesorgt. In Großbritannien landete »Blossoms« auf Platz #1 der Albumcharts. Die fünf Bandmitglieder waren danach unentwegt auf Tour. Entsprechend blieb kaum Zeit für den Proberaum, so Tom: »Ich schreibe die meisten Songs am Keyboard. Wir sind dazu übergegangen, dass wir dann erst im Studio alle anderen Parts schreiben.« Gitarrist Josh Dewhurst ergänzt lachend: »Tom ist der Eintopf, wir sind die Gewürze. Wir salzen nach.« Dass dabei kein Streit aufkommt, läge vor allem am Humor der Bandmitglieder, der schweiße zusammen, so Tom. Dazu kommt, dass sie alle aus demselben englischen Städtchen stammen, sie sind sogar im gleichen Krankenhaus zur Welt gekommen. Schlagzeuger Joe Donovan erklärt: »In unserem Ort gab es nichts zu tun, wir hatten viel Zeit, es war stinklangweilig. Musik war das, was man gegen die Langeweile gemacht hat, dahinter steckte erst mal kein Plan.« Das wiederum hört man ihren großen Popsongs nun wirklich nicht an. Julia Brummert — Blossoms »Cool Like You« (EMI / Universal)


»Wir müssen uns insgesamt wieder trauen, mehr Pop zu sein! Wenn du das neue Album von Die Nerven auf iTunes hörst, ist das auch als Pop getaggt. Das ist wichtig: dass wir nicht immer Punk oder Noise-Pop sind, sondern dass wir die deutschen PopMusiker werden!«

COLIN FARRELL

BARRY KEOGHAN

NICOLE KIDMAN

Drangsal im Interview auf Seite 56

Das Unbehagen in den Städten #Life — Der Illustrator Peter Hoffmann hält absurde Szenen fest, die wahrscheinlich in jeder Großstadt vorkommen.

Ein Film von YORGOS LANTHIMOS (THE LOBSTER)

„Absolutely FUCKING BRILLIANT“ The Playlist

„Eine unfassbar IRRE RACHEGESCHICHTE” Rolling Stone

TRAILER ANSCHAUEN:

Ab 4. MAI 2018 als DVD, BLU-RAY, limitiertes MEDIABOOK und DIGITAL. www.TheKillingOfASacredDeer-Film.de /SacredDeer.film


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#Pop #Style

Middle Kids

GAR NICHT LOST #Pop — Mit dem Song »Edge Of Town« tauchten Middle Kids 2016 auf und lösten nach Starthilfe von Elton John einen kleinen Hype aus. Nun steht mit »Lost Friends« endlich das Debütalbum des australischen Trios in den Startlöchern. Jenny Schnabel hat mit Hannah Joy, Tim Fitz und Harry Day telefoniert.

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ls Middle Kids ihre erste Single »Edge Of Town« veröffentlichten, hatte das australische Trio noch kein einziges Konzert gespielt. Der Song landete aber irgendwie auf der Playlist von Elton Johns Radiosendung auf Beats 1. »Das war für uns etwas ganz Besonderes. Wir sind alle große Fans von Elton John, und daher hat es uns natürlich sehr gefreut, dass er unseren Song mag«, erzählt Hannah. Das Lied bescherte der Band nicht nur Auftritte in der legendären Conan O’Brien Show und beim SXSW, sondern wenig später auch einen Plattenvertrag. Wenn man sich das Debütalbum »Lost Friends« anhört, wird schnell klar, warum das Trio Begeisterungsstürme auslöst. Sie können hymnischen Indie-Pop im Stile der Stars ebenso wie Coldplay’eske Pop-Hymnen – oder eben Pianoballaden, mit denen man Elton John bezirzt. Harry erklärt: »Wir haben alle unterschiedliche musikalische Backgrounds und hören

Musik aus allen Richtungen. Das alles kommt auf der Platte zum Vorschein.« Hannah zum Beispiel ist klassisch ausgebildete Pianistin und fing schon ziemlich früh an, Klavier zu spielen. »Als ich drei Jahre alt war, brachten mir meine Eltern bei, wie man ›Pachelbel’s Canon‹ auf dem Klavier spielt, und kurz darauf bekam ich Klavierunterricht«, erzählt sie. »Später habe ich Musik-Komposition studiert.« Aufgenommen haben Middle Kids das Album in Eigenregie zu Hause in Australien. Das Material gaben sie anschließend in die Hände von Peter Katis, der unter anderem mit The National und Interpol zusammengearbeitet hat. »Er hat das Album gemixt und dem Sound die eigentliche Form gegeben«, erklärt Tim begeistert. »Er ist großartig. Wir hatten eine tolle Zeit mit ihm in seinem Studio in Connecticut.« — Middle Kids »Lost Friends« (Lucky Number / Rough Trade / VÖ 04.05.18)

#Style – Es gibt Gelegenheiten, bei denen ein schnödes High five einfach nicht mehr ausreicht. Weil aber jede händische Geste schon für eine schwachsinnige Aussage in Gebrauch ist, sind wir in Sachen High-fiveVerstärkungseffekt eingeschränkt. Also behaltet doch die Geste einfach bei und legt euch diesen praktischen High five Shooter zu! Damit muss man sich für krassere Erfolgserlebnisse keine neue Geste draufschaffen und sorgt trotzdem für einen Superspecial-Effekt. — fiesta5.com


#Style

Modelabel des Monats

SHANGHAI TOFU #Style — Genau genommen müsste man Shanghai Tofu als Accessoire-Label bezeichnen. Doch die bunten Mützen mit den ironischen Stickereien haben überzeugt und dem Label seine Daseinsberechtigung auf dieser Seite geebnet.

Die beiden Schwestern Lina und Inga Zangers sind in Berlin geboren. Ihr Label hingegen lebt von asiatischen Einflüssen und trägt daher den Titel Shanghai Tofu. Was klingt wie der Name eines Schnellrestaurants, hat statt mit Wan Tans und Reisnudeln vor allem mit farbenfrohen Baretten zu tun – und auf einmal sind wir modetechnisch in Frankreich. Ganz schön verwirrend, aber wer verbietet, dass Stil nicht ganz unterschiedliche Einflüsse haben darf? Auf den Pariser Mützen finden sich aufgestickte

chinesische Schriftzeichen, die übersetzt so viel wie »Sojasoße kaufen« bedeuten – eine Floskel, mit der man seinem Gegenüber zu verstehen geben kann, dass ihn etwas absolut nichts angeht. Sie sind also ziemlich frech, diese Mützen. In Deutschland bemerken diese Frechheit allerdings die wenigsten. Passend zum Hütchen gibt es noch Klimbim für die Ohren. Der »Forbidden Tassel Earring« ist inspiriert von antiken asiatischen Holzgitterfenstern. Gegossen wird er in einer kleinen Schmiede in Deutschland, in Sterlingsilber oder Gold. Für den ultimativen Asia-Spirit sorgt eine elf Zentimeter lange Quaste. Fazit: Dieses Modelabel ist an vielen Orten der Welt zu Hause, in Berlin, Paris und eben Shanghai. — shanghaitofu.com

Franz Rogowski

Jan Henrik Stahlberg

Ein Film von Jan Henrik Stahlberg

„Fikkefuchs ist ein Knaller!“ Süddeutsche Zeitung

„Jetzt schon Kult!“ Deutschlandfunk Kultur

JETZT ALS DVD, BLU-RAY UND DIGITAL. www.fikkefuchs.de

/fikkefuchs

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#Life #Kultur

#Life — Cover-Kitchen

Jamie xx & Gil ScottHeron: »We’re New Here«

Foto: Viktoria Grünwald

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#Kultur — »Street Fighter« ohne Bildschirm und Controller? Aber gerne! Das Team von Jasco Games werkelt gerade an einer Brettspiel-Version. In Sachen Optik und Gameplay orientiert sich »Street Fighter: The Miniatures Game« an klassischen Rollenspiel-Vorbildern wie »Warhammer« und bietet neben detaillierten Figuren zum Spielen und Sammeln auch die obligatorischen Würfel und Aktionskarten. Ab einem Mindestbetrag von 80 Dollar (zuzüglich Versandkosten) gehört das Spiel euch. Die Kickstarter-Kampagne mit dem Namen »Street Fighter: The Miniatures Game« war schon vor ihrem offiziellen Ende erfolgreich finanziert.

Für »We’re New Here« 1 Packung tiefgekühlten Rahmspinat in einem Topf aufwärmen, dann in eine quadratische Schale füllen. Ein passend zugeschnittenes Stück Seelachsschnitzel darüber arrangieren – fertig. Und lecker! Ihr habt auch Ideen für Cover, die man mit Essen nachstellen kann? Her damit! Schickt einfach eine Mail mit dem Betreff »Cover-Kitchen« und eurem Vorschlag an verlosung@intro.de. Wir wählen aus, kochen nach und versorgen den Gewinner mit einem Überraschungspaket mit aktuellen Alben und Filmen.

Anna von Hausswolff Dead Magic

Anna von Hausswolff »Dead Magic«

Wird oft zusammen gekauft:

+

The God Machine »One Last Laugh In A Place Of Dying«

Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch: IKEA-Holzstuhl IVAR, Kiefer massiv

Baumwollseil Natur mit Kern, 10m

Briefblock »Inspiration«, 40 Blatt, blanko

Parker Kugelschreiber, IM Gunmetal


#Life

#Kratzen & Beißen

Gegen Sneaker-Schlangen

Illustration: Alexandra Ruppert

#Life — Es ist das Objekt der Begierde: Ein Turnschuh, pardon, Sneaker der Güteklasse »Exklusiv« geht in Shops in den USA, Europa, Japan regelmäßig für mehrere hundert Scheine über die Ladentheken. So weit, so gut, findet Şermin Usta. Aber was veranlasst die Leute dazu, sich für Schuhe so ins Zeug zu legen?

Es ist nur eine Version des Wahnsinns, der uns täglich begegnet: Menschen, die draußen in der Kälte campieren, um ihre Namen auf eine Liste setzen zu lassen. Während die einen für überlebenswichtige Dinge wie Schlafplätze oder Krankenscheine gezwungen sind, stundenlang Schlange zu stehen, campieren Sneaker-Freaks für ein paar Schuhe im Auto oder in Bushaltestellen. Ich weiß, ich werde mir mit diesem Text die Wut jener Frauen und Männer aufhalsen, die solche Aktionen organisieren, im Sammeln von Schuhen ihre große Leidenschaft sehen oder vielleicht einfach darin ein großes Geschäft wittern, aber das muss jetzt leider sein. Als Kind und Anhängerin der HipHop-Kultur weiß ich nur zu gut, was ein paar Turnschuhe für eine Jugendkultur bedeuten können, wie man sich mit einem gewissen Style von anderen abgrenzt und sich gleichzeitig einer Gruppe zugehörig fühlt. Aber geht es hier überhaupt darum? Ich höre von den Kids immer nur: »Den will ich haben.« Oder: »Der wird eine Menge wert sein.« Einfach mitmachen, auf den Hype aufspringen, sammeln und horten scheint hier das Motto. Fast noch schlimmer als die systemische Komponente ist der Auftritt derjenigen, die sich bei solchen Verkäufen vor besagten Shops tummeln: Zugemüllte Bordsteine,

zugeparkte Radwege und Polizeibewachung, die man selbstverständlich auf sich nimmt, zeigen ihren wahren Charakter. Es könnte ja jemand den Platz in der Schlange einnehmen oder gar drängeln, schubsen. Wir leben schließlich in Deutschland, Ordnung muss sein! Und wenn es der bezahlte Obdachlose ist, der sich für jemanden in die Schlange stellt. Tja, und all das nur, um eines der begehrten Paare zu ergattern. Was viele mit »lass ihnen doch ihren Spaß« oder »ich gebe an anderer Stelle unnötig Geld aus« abtun, verursacht bei mir weiterhin Bauchschmerzen. Immer dann, wenn ich in Kreuzberg über besagte Schlafsäcke steige, einigen wirklich dummen Gesprächen lausche oder Tage nach dem exklusiven Sneaker-Happening an Bergen von Müll vorbeigehe. Das sind die Momente, in denen ich mich wütend frage: Wie viele von euch Schlangestehern sind schon mal für eine gesellschaftlich relevante Sache auf die Straße gegangen? Wem von euch ist bewusst, was Weltmarken damit verdienen, dass Kids wie ihr auf den Zug aufspringen? Aber, ey, wie heißt es so schön: Don’t hate the player, hate the game! Ich halte mich also weiter an den Wunschtraum, dass es euch allen nur darum geht, mal für eine Sache auf die Straße zu gehen, auch wenn ihr noch nicht ganz begriffen habt, wofür ihr eigentlich die Ellenbogen ausfahrt.

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#Kultur #Pop

[laut] Die Welt hören

NEULICH AN DER WACHSWALZENAUSLAGE #Kultur — Noch bis Mitte September kann man in der Humboldt-Box in Berlin die Ausstellung »[laut] Die Welt hören« anschauen. Ein faszinierender Blick in die Geschichte der Klangaufnahme, die einen weiten Weg zurückgelegt hat – von volkstümlichen Gesängen auf Wachswalzen bis zum komprimierten Hochleistungspop, den man sich heute als MP3 runterlädt oder nur noch streamt.

S

eit rund 140 Jahren ist es technisch möglich, Klänge aufzunehmen – die Medien, die seitdem zum Einsatz kamen, waren zum Beispiel Wachswalzen, Schellack und Magnetbänder. Wer dabei zuerst an Musik denkt, liegt zwar nicht ganz falsch, hat aber nur einen Teil dieser Aufnahmen im Blick. Der 1877 erfundene Phonograph wurde zwar auch genutzt, um volkstümliche und klassische Musik zur Unterhaltung auf Wachswalzen zu bannen, kam aber vor allem in der Ethnologie zum Einsatz. Zum Beispiel wurden diverse Akzente aufgenommen und katalogisiert. Was in geschriebener Form ein wenig staubig klingt, wirkt spätestens in der Ausstellung greifbar und faszinierend: Dort kann man dem Klang der Walzen lauschen oder einen Phonographen von Nahem betrachten. »[laut] Die Welt hören« ist aber nicht nur für Technik-Nerds und Musikinteressierte spannend. Die Ausstellung hat durchaus auch eine politische Ebene. Denn damals wie heute spielten Überlegungen, die wohl heute unter dem Begriff Copyright zusammengefasst werden, ebenso eine Rolle wie die Frage nach der kulturellen Aneignung. Träger der kostenlosen Ausstellung ist die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss in Zusammenarbeit mit dem Ethnologischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Stiftung Stadtmuseum Berlin und der Kulturprojekte Berlin GmbH sowie mit der AMAR Foundation in Beirut und der Arab Fund For Arts and Culture AFAC. Alle Informationen, auch zu den geplanten Themenabenden und Live-Events, gibt es auf www.smb.museum. Michael Schütz — Intro empfiehlt: noch bis 16.09. »[laut] Die Welt hören«

#Kultur — Die Fotografin Tereza Mundilová liefert uns nicht nur immer wieder wundervolle Bilder, sie ist gleichzeitig auch Chefredakteurin des XZY Magazins. Die Anfang des Jahres veröffentlichte erste Ausgabe widmet sich einem Schlagwort, das auch Die Nerven als Inspiration für ihr neues Album genommen haben: Fake. Tereza und ihr Team widmen sich dabei vor allem dem elektronischen Bild in der Ära der Post-Fotografie. Klingt theoretisch, versteht aber jeder, der sich minimal über die Möglichkeiten informiert, wie man heutzutage Fotos und Videos verfremden kann ... — xzy-magazine.com

Bild: Huguenin Meyer

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Herzensläden

BAHNHOF LANGENDREER A

ußenstehende mag es verwundern, aber in den seligen Jahren während und kurz nach Punk war Bochum ein popkulturelles Epizentrum. Mit diversen Discos und Live-Clubs zog die stolze Ruhrgebietsstadt ein Szene-Publikum aus ganz Westdeutschland an. Allerdings hatten Läden wie das Appel nur eine kurze Lebensdauer, und auch dessen Nachfolger Zwischenfall brannte irgendwann ab. Damals dabei und bis heute aktiv ist nur noch das Kulturzentrum BahnhofLangendreer, wie das in ebenjenem Stadtteilbahnhof beheimatete soziokulturelle Zentrum mit vollem Namen heißt. Natürlich hat sich der Bahnhof Langendreer nach über 30 Jahren längst von dem Anspruch gelöst, subkulturellen Trends hinterherzulaufen. Sein Programm und seine Bedeutung hat das aber nur stärker gemacht. Denn schon lange dominieren

nicht mehr nur die stilistisch äußerst breitgefächerten Konzerte den Veranstaltungsplan – im Langendreer gibt es fast alles: Kabarett und Tanz, Szene-Partys und politische Diskussionen und sogar das hauseigene Endstation.Kino. Damit ist der Bahnhof im besten Sinne demokratisch, er zeigt sich ohne jeden Szene-Dünkel offen für Neues und ist dazu noch anspruchsvoll und standhaft. Man vergisst leider viel zu oft, wie wichtig solche Läden für kulturell Interessierte und natürlich ein Magazin wie Intro sind.

LIMITED COLLECTOR´S EDITION

#Pop — Jeden Monat stellen wir einen Club vor, der uns am Herzen liegt. Diesmal den Bahnhof Langendreer in Bochum, der trotz zunehmenden Alters immer vielseitiger geworden ist.

Christian Steinbrink

JETZT ALS DVD, BLU-RAY UND DIGITAL! WWW.ARTHAUS.DE


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#Pop

Too Slow To Disco Brasil

FEINES I AUS DER MOTTAKISTE #Pop — Wir haben nie e ­ inen Hehl daraus gemacht, dass wir Marcus Liesenfeld alias DJ Supermarkt und seine »Too Slow To Disco«-Reihe sehr schätzen. Auf der neuen Compilation geht es um die Soul-, Funk- und AORSchätze brasilianischer Musik, für die er sich Unter­ stützung von einem ganz Großen geholt hat: Ed Motta.

n seiner Heimatstadt nennt man Ed Motta den »Koloss von Rio«, eine Beschreibung, die nicht nur körperlich zutrifft: Der kräftige Kerl bekam diesen Spitznamen vor allem wegen seiner Bedeutung für die brasilianische Musik. Seit den späten Achtzigern hat der Sohn italienischer Vorfahren als Sänger, Keyboarder, Komponist und Arrangeur einen festen Platz auf den Bühnen und in den Herzen seiner Fans. Motta ist ein ruheloser kreativer Geist, der sich in Jazz, Funk, Soul und Blues gleichermaßen bewiesen hat. Für die »Too Slow To Disco«-Reihe ist Motta jedoch vor allem erste Wahl, weil er selbst Connaisseur und Schatzsucher ist, wenn es um Musik geht. Seine über 30.000 Stück umfassende Plattensammlung ist legendär. Die Songs dieses Doppelalbums legt er uns mit viel Liebe ans Herz. Zum Beispiel das zart groovende »Guarde Minha Voz« von Sandra Sá, über die er sagt: »Sie ist die unbestrittene Königin des brasilianischen Soul, ich hörte diesen Track in den 80erJahren ständig auf meinem Walkman.« »Maré« von Carlos Bivar wiederum ist ein echter Nerd-Schatz: »Dieser Komponist veröffentlichte seine eigene Musik auf privat gepressten 7-Inch-Singles, von denen ich glücklicherweise einige zu meiner Sammlung zähle.« Von den 19 Songs, die auf »Too Slow To Disco Brasil« gelandet sind, dürften die wenigsten bekannt sein. Aus dem Kopf gehen sie trotzdem nicht – aber das war ja schon immer die Stärke dieser Compilation-Reihe. Daniel Koch — Diverse »Too Slow To Disco Brasil – Compiled By Ed Motta« (How Do You Are / City Slang / Rough Trade / VÖ 04.05.18)

#Pop #Wer Wir Sind

BLOODHYPE

Herkunft Berlin Genre Skinny-Jeans-Indierock Mitglieder 4 Besondere Vorkommnisse Alle Mitglieder

haben schon hinter den Kulissen des Musikbusiness’ gearbeitet, beispielsweise als Roadies, Manager oder Werbemusikproduzent. Aktuelle EP »Wolves« (Bloodhype) Bei euch ist eine WG das Zentrum des kreativen Schaffens. Wie sah das aus? Elmar Weyland: Na ja, diese Nachbarn hat

doch jeder schon mal gehabt, die bis spät in die Nacht rumklimpern, mischen und produzieren. Der Vorteil war, dass es drei Wohnungen auf einer Etage gab. Alle voll mit Freunden, die Musik machen. Was sind eure musikalischen Vorbilder? Erik Laser: Wir sind alle in den 80ern und

90ern aufgewachsen. Talk Talk, Huey Lewis und New Order im Radio, »Blade Runner«, »E.T.« und »Alien« im Kino. Von da an: Punkrock-Bands, nach Berlin gezogen, dort mit Elektro in Berührung gekommen, HipHop entdeckt und letztendlich im Proberaum gelandet – mit verzerrter Gitarre und Drumkit. Elmar: Also einmal im Kreis gegangen und die guten Sachen eingesammelt. Und 80erSynthies hören sich einfach an wie das normalste Ding der Welt, weil sie immer da waren. Auch wenn es nur zwei Sekunden von einem vertrauten Song sind, den man aus dem Radio eines vorbeifahrenden Autos aufschnappt. Wir haben musikalisch alle eine Menge ausprobiert und ich glaube, das war nötig, damit Bloodhype jetzt so klingen, wie es klingt. Der Name ist ja schon ziemlich aufs Maul. Was hat es damit auf sich? Elmar: Erik hat ein Buch aus den 70ern von ei-

nem Typ namens Alan Dean Foster gefunden. Erik: In dem Buch geht es um Bloodhype, die gefährlichste Droge der Galaxie. Das beste High, das du dir denken kannst, sofortige Abhängigkeit und – wie könnte es anders sein – ein nicht verhinderbarer, schmerzhafter, langsamer Tod. Eine Menge Trouble in der Galaxie. Interview: Daniel Koch


#Pop

#Pop #Wer Wir Sind

IAN LATE

#Pop #Wer Wir Sind

#Pop #Wer Wir Sind

DURAND PISH JONES & THE INDICATIONS Herkunft Indiana Genre Klassischer Soul mit modernem

Wumms

Mitglieder 5 Besondere Vorkommnisse Diese Band und

vor allem diese Stimme muss man live hören. Am 7. und 8. Mai hat man in Berlin und Köln die Chance dazu – zur Tour erscheint ihr Debüt in einer Deluxe-Version zum ersten Mal in Deutschland. nen Song (»Hey Girl«) seiner EP »II« tat er Aktuelles Album »Durand Jones & The Indisich 2014 mit Deep-House-DJane Pretty Pink cations« (Dead Oceans / Cargo) zusammen. Aktuelles Album »Choices« (Listen Collective) Wer eine Soulband hat, wird oft gleich an Herkunft Berlin Genre Singer/Songwriter-Pop Mitglieder 1 Besondere Vorkommnisse Stilbruch: Für ei-

Du hast für die Aufnahmen die Landflucht angetreten: Kannst du uns kurz erzählen, wie es in dem Haus aussah, in dem du und dein Band »Choices« aufgenommen habt?

Ich habe für zwei Wochen ein ehemaliges Forsthaus nahe Stettin angemietet. Wir hatten ein Wohnzimmer mit Kamin, in dem wir unseren Hauptaufnahmeraum eingerichtet haben. In der großen Küche haben wir jeden Abend zusammen gegessen und uns bei einem Schluck polnischem Wodka die Zwischenstände der Aufnahmen angehört und besprochen. Im ganzen Haus waren Dinge aus der Zeit verteilt, als es noch kein Ferienhaus war: Geweihe, Tierfelle und alte Bilder an den Wänden sowie ein imposantes Ritterkostüm, haha.

Herkunft Bergen Genre Indie-Synth-Pop Mitglieder 1 Besondere Vorkommnisse Pish ist das Solo-

projekt von Pål Vindenes, der bei Kakkmaddafakka für Gitarre, Gesang und Cello verantwortlich ist. Aktuelles Album »Pish« (Bergen Mafia / Rough den ganz Großen gemessen. Ich frage mich Trade / VÖ 04.05.18) dann immer (und jet z t euch), ob einem das bewusst ist als Künstler? Aaron Frazer: Wenn ich

Wenn Musiker mit etablierten Bands ein Soloprojekt starten, fragt man sich oft, was sie abseits ihrer gewohnten Musik ausdrücken wollen. Was willst du als Pish anders machen?

Musik schreibe, will ich es nicht mit einem Genie wie Stevie Wonder aufnehmen. Wenn ich mal zweifle oder nicht weiter weiß, höre ich eher obskure Soulplatten. Bands wie Sunny & The Sunliners oder The Brothers Of Souls – die haIm Song »Magic« beschäftigst du dich mit ben wunderschöne, seltsame Alben, bei denen dem Leben in Berlin, oder? manchmal die Gitarre völlig neben der Spur Ja, es geht um Berlin aber auch allgemein um ist. Und trotzdem hat es eine Aura und eine das Leben in einer Großstadt. Die Metropolen eigene Schönheit. werden immer voller, verändern sich rasend Durand, du stammst aus einer sehr ländlischnell, und manche bleiben da auf der Stre- chen Gegend am Mississippi, die sehr vom cke. Die Schere Arm/Reich wird immer größer. Gospel geprägt ist. Erklärt das deine mächDeshalb frage ich mich in meinem Song, ob tige Stimme? ich da vielleicht bald mal aussteigen möchte ... Durand Jones: Haha, mächtig? Danke. Aber Du hast viele Erfahrungen als Straßenmusi- du hast recht: Ich habe als Kind schon viel ker gemacht. Was war die schönste und was gesungen, und meine Oma – eine sehr liebedie schlimmste? volle, aber strenge Frau – sorgte dafür, dass Es gab sehr viele schöne Erfahrungen, zum Bei- ich jeden Sonntag in die Kirche ging. Da ich spiel, dass Leute anfingen, auf verschiedenste oft während der Messe einschlief, meinte Arten zu tanzen, oder ich beim Spielen und in sie irgendwann: »Ich werde deinen müden Gesprächen mitbekam, dass ich sie mit meiner Hintern in den Chor hieven!« Bei den ersMusik berühren konnte. Ich bin danach oft ten Proben fiel dem Organisten dann meine sehr glücklich und euphorisiert nach Hause laute und wohl schöne Stimme auf. Er gab gefahren. Klar gab es auch ein paar unschö- mir einen Solosong – und die Leute flippten ne Momente – es passiert, dass man beklaut aus. Da war mir irgendwie klar: Das sollte ich wird oder auch mit aggressiven Menschen in öfters machen. So richtig gekickt hat es mich noch mal, als ich die Jungs hier kennenlernte. Kontakt kommt.

Kakkmaddafakka gibt es seit 13, 14 Jahren. Das ist toll, aber irgendwann kommst du an den Punkt, an dem du auch mal dein eigenes Ding machen willst. Keine Kompromisse mehr eingehen, einfach nur deinen eigenen Regeln folgen. Total egozentrisch!

Interview: Michael Schütz

Interview: Johanna Lübke

Interview: Daniel Koch

Was ist die Geschichte hinter dem Namen?

Ich weiß, was er auf Englisch bedeutet. »Piss«. Das heißt, ich habe jetzt zwei Bands mit schlecht gewählten Namen. Das ist nicht sehr praktisch für eine Karriere in den USA oder im UK. Der Name Kakkmaddafakka funktioniert dort nicht, Pish wird auch schwierig. Der Name kommt aber eigentlich von meinem allerersten Spitznamen als Jugendlicher, der sich wiederum von meinem eigentlichen Namen ableitet, Pål. Auf dem Album sind drei Interludes, die den Eindruck erwecken, dass du ab und zu durchatmen und reflektieren willst. Woher kam das?

Ja, das stimmt. Ich wollte eine Art Leitmotiv für das Album. Ich mag einfache Songs, ich versuche nicht, prätentiös zu klingen, aber ich wollte sie miteinander verbinden. Die Interludes waren dafür ein natürlicher Weg. Ich habe versucht, das Album mehr wie ein einziges großes Bild erscheinen zu lassen, statt viele verschiedene Bilder zu erzeugen.

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#Das Quiz

Jeden Monat neu

DAS QUIZ Das Titelthema des Heftes ist gleichzeitig immer auch Hauptthema unseres monatlichen Quiz-Spaßes. Diesmal dreht sich natürlich alles um die Sheffielder Rock-Dandys Arctic Monkeys. Los geht’s …

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1 Wo müsste das »Tranquility Base Hotel« zu finden sein? F

hinter Sheffield die erste rechts

A

auf dem Mond

Q

im Fledermausland

2 Das Album klingt wie Turner solo? Wie hieß seine richtige Solo-EP? P »Sea Of Tranquility« I

»Aquarium«

L

»Submarine«

3 AM-Drummer Matt Helders wurde unlängst an wen ausgeliehen? E

Iggy Pop

F

Bruce Dickinson

A

Lou Reed

4 Über welche Plattform kamen AM eigentlich an ihren ersten Plattenvertrag? P

Snapchat

X

MySpace

P

SchülerVZ

Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben das Lösungswort. Teilnehmen könnt ihr unter intro.de/quiz, per Mail mit dem Betreff »Das Quiz #262« an verlosung@intro.de oder per Post an Intro GmbH & Co. KG, Das Quiz, Oppenheimstr. 7, 50668 Köln. Teilnahme ab 18 Jahren, Einsendeschluss ist der 28. Mai. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

6 Städte, 10 Künstler, 1 Auto und jede Menge Rap: Niko Hüls von »Backspin« hat sich mit Porsche auf einen Roadtrip zu den Wurzeln deutscher Hip–Hop–Geschichte begeben und dabei Samy Deluxe, Moses Pelham, Curse & Co. getroffen. Wir verlosen exklusiv 5 Blu– rays der Video–Dokumentation »Back to Tape«.

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Collage: Tyler Spangler

#Pop

#Pop 35


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#Pop #Arctic Monkeys


#Pop #Arctic Monkeys

Sie waren frühe Internet-Stars und veröffentlichten das am schnellsten verkaufte Debütalbum der britischen Popgeschichte. Nach einer spektakulären Karriere sind die Arctic Monkeys heute eine der letzten großen Rockbands überhaupt.

Arctic Monkeys

KLASSENFAHRT WAR GESTERN Sie waren frühe Internet-Stars und veröffentlichten das am schnellsten verkaufte Debütalbum der Experimentierfreudig waren sie stets, nun fällt der Kurswechsel radikaler aus: Das neue Album »Tranquility Base Hotel & Casino« ist eine Hommage an Lounge, Jazz, hohe Brill-Building-Schule. Torsten Groß traf Sänger Alex Turner in London.

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#Pop #Arctic Monkeys

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er sich jemals gefragt haben sollte, wie ein mögliches Soloalbum des Arctic-Monkeys-Sängers Alex Turner klingen könnte, hier ist die Antwort: »Tranquility Base Hotel & Casino« bringt Turners Crooning-Leidenschaft, angedeutet bereits in Songs wie »Cornerstone« oder »No. 1 Party Anthem«, vor allem aber auf den beiden Alben seines Nebenprojekts The Last Shadow Puppets, konsequent auf den Punkt. Einziges Problem: »Tranquility Base Hotel & Casino« ist gar kein Soloalbum, sondern die neue Arctic-Monkeys-Platte. Die anderen Musiker kamen allerdings erst hinzu, nachdem Turner die neuen Songs zu Hause in Los Angeles eingespielt hatte. Nach einer konstituierenden Session in L.A. trafen sich Matt Helders, Jamie Cook, Nick O’Malley und Turner Ende vergangenen Jahres in den La Frette Studios in Brill Building dem kleinen französischen Dorf La Frette-sur-Seine in der In dem Bürogebäude am Nähe von Paris. Außerdem dabei waren Stammproduzent New Yorker Broadway saßen zu Hochzeiten im James Ford, der auch der Arctic-Monkeys-Tourbesetzung Jahr 1962 insgesamt 165 angehörende Gitarrist Tom Rowley sowie andere alte Musikverlage – aus diesem Freunde aus Sheffield. »James Ford ist vor einigen Mona- Grund sprach man vom »Brill Building Sound«, der ten Vater geworden, und von uns haben auch schon einige sich oft durch ausgefeilte Kinder«, sagt Alex Turner an einem schönen Märztag in Produktionstechnik und London. »Wir haben das Album in Europa aufgenommen, eine Professionalisierung in Aufnahme und weil die Familienväter so zwischendurch immer schnell Songwriting auszeichnete. nach Hause konnten.« Songbeispiele wären Man hört es der neuen Musik an, und es klingt in diesem »You’ve Lost That Loving Feeling« (geschrieben von Zitat mit: Die Arctic Monkeys sind erwachsen geworden. Phil Spector, Barry Mann Die Band, die vor zwölf Jahren mit pickligen Teenager- und Cynthia Weil), »Don’t gesichtern, stürmischem Indie-Rock und nordenglischen Make Me Over« von Burt Bacharach und Hal David Adoleszenzgeschichten ein Millionenpublikum eroberte, oder »Up On The Roof« von gibt es nicht mehr. Turner ist im Januar 32 Jahre alt gewor- Gerry Goffin und Carole den. Die wenigen Interviews zum Album gibt er alleine. King. So hat es die Band entschieden, es sind vor allem seine Songs. Trotzdem geht es in dem einstündigen Gespräch auch darum, inwiefern die anderen schließlich doch ihre Spuren auf dem neuen Album hinterlassen haben. Dass sie Tin Pan Alley das getan haben, merkt man erst nach einigen Durchläufen: So wird in Manhattan die Die elf Songs des Albums folgen einem durchgehenden 28. Straße zwischen Fifth und Sixth Avenue genannt, Tempo und einer ähnlichen Stimmung. Es ist eine Art in der zwischen 1900 moderne Lounge-Musik, Jazz-inspiriert, absolut klassisch, und 1930 ein Großteil der man denkt an Brill Building und Tin Pan Alley, der letzte amerikanischen Musikverlage residierte. Dort waren Song heißt »The Ultracheese« und erinnert an »Blueberry zahlreiche Komponisten Hill« von Fats Domino. und Texter beschäftigt, die Trotz dieser Referenzen klingt das Album frisch, mo- vor allem populäre Schlager schrieben. Die sogenannte dern, mitteilungskräftig, durch Verweise auf Trump und »Sheet Music« wurde andere gesellschaftliche Entwicklungen in Teilen sogar zuerst in Notenheften zeitgeistdiagnostisch. Neben den clever zwischen Realität veröffentlicht. Bekannte Songwriter dieser Zeit und Traumwelt changierenden Texten Turners bezieht waren Cole Porter, George diese Musik ihre besondere Magie aus O’Malleys auf sanfte Gershwin, Irving Berlin und Weise dominanten Basslinien, dem akzentuierten, aber Sid Robin. effektvollen Spiel des vormaligen Brachialdrummers Matt Helders und aus den hochmelodiösen, mit Meisterhand arrangierten Gitarrenlinien von Jamie Cook. Wobei die Zuständigkeiten nicht immer so klar definiert halbe Kinder waren: »Während der Aufnahmen haben wir die InstruAls Intro die Arctic Monkeys zum Release ihres mente getauscht«, sagt Turner. »Nick hat Gitarre gespielt, dritten Albums »Humbug« Matt Keyboards, Jamie und ich Bass, andere Freunde haben interviewte, das war bereits ebenfalls etwas beigetragen – so ergab sich ein gemein- unser drittes Gespräch mit ihnen, stand das Thema samer Geist.« Turner gibt sich im Interview große Mühe, auch schon im Raum. Nick die Zusammenhänge genau zu erklären. Eine ZitatschleuO’Malley sagte damals: dermaschine wird aus ihm nicht mehr werden, aber die »Man wird älter, man hört andere Musik, liest andere Schüchternheit früherer Interviews gehört der VerganBücher – und all das findet genheit an. Die letzten zwölf, 13 Jahre hat er im Zeitraffer natürlich den Weg in die durchlebt, jeden Tag eine neue Bühne, ein anderes Studio, Musik. Aber davon abgeeine weitere Stadt. Nun ist er nach London gekommen, sehen sind wir immer noch sehr jung, durchaus auch um seine bislang persönlichste Musik zu erklären. Er trägt kindlich.« lockere Freizeitgarderobe, lange Haare – und einen Bart. Dieser bietet gleich einen perfekten Einstieg ins Interview:

Alex, auf change.org gibt es eine hoffentlich nicht ganz ernst gemeinte Petition, mit der erreicht werden soll, dass du dir den Bart abrasierst. Wirst du diesem Aufruf folgen?

Es gibt eine Petition? Ich hatte keine Ahnung. Aber es amüsiert mich. Es ist wirklich abgefahren, dass sich die Leute so sehr für Frisuren und solches Zeug interessieren. Man könnte diese Petition als Metapher auf deinen heutigen Celebrity-Status lesen. Dabei wolltest du angeblich einfach nur einer von den Strokes sein, wie du in der ersten Zeile des neuen Songs »Star Treatment« singst.

Stattdessen sitze ich hier mit einer verdammten Petition, in der es um mein Aussehen geht! Die Strokes sind übrigens immer noch die Größten, ich habe sie vor zwei Jahren live gesehen. Und dieses neue The-Voidz-Album ist auch klasse.

Zwölf Jahre nach dem Debüt seid ihr erfolgreicher, als die Strokes es je waren. Das neue Album »Tranquility Base Hotel & Casino« wirkt wie eine Reflexion dieser sehr öffentlich abgelaufenen Entwicklung. Am Anfang wart ihr im Grunde noch halbe Kinder.

Als ich im Januar 32 geworden bin, hat meine Mutter gratuliert und gefragt, ob mir überhaupt bewusst sei, dass ich nun schon die Hälfte meines Lebens in dieser Band verbringe. Sie wollte wissen, ob es nicht langsam an der Zeit für etwas anderes sei, etwas Vernünftiges zum Beispiel.

Die alte Elternfrage. Dabei haben deine Eltern dich doch in deinen musikalischen Ambitionen unterstützt, oder?

Sogar sehr. Seit ich als Kind begonnen hatte, Gitarre zu spielen. Später konnten wir in unserer Garage proben, und ich durfte ein Jahr in der Schule aussetzen, um mich auf die Band zu konzentrieren. Meine Mutter hat diese Geburtstagsfrage nicht ganz ernst gemeint, aber sie hat einen Prozess bei mir in Gang gesetzt. Muss man sich Sorgen machen?

Das nicht. Aber mit der Tour zum letzten Album ist für uns etwas zu Ende gegangen. Keiner hätte danach sagen können, wie es weitergeht. Bis dahin war alles wie eine ewige Klassenfahrt. Nun aber hatten einige von uns geheiratet, es gab die ersten Kinder, Schwangerschaften. Veränderungen lagen in der Luft. Und so kam es dann auch: Wir haben uns in den vergangenen fünf Jahren viel seltener gesehen als irgendwann sonst in unserem Leben. Während Matt Helders und du weiterhin Musik gemacht haben, hat man von den anderen beiden in der Pause fast gar nichts gehört.

Jamie Cook ist vor einiger Zeit Vater geworden. Er genießt es, sich in den Pausen ganz um seine Familie kümmern zu können.

Am spektakulärsten hat Matt Helders die Pause genutzt: In der Band von Iggy Pop spielt man nicht alle Tage.

Das ist immer noch vollkommen surreal für mich. Ich habe mir zwei Shows angesehen, das war wahnsinnig emotional. Am besten war es in New York. Eigentlich wollten wir gar nicht gehen, weil wir tagsüber einen Dreh mit den Last


#Pop #Arctic Monkeys

Shadow Puppets hatten und einfach nur platt waren. Mit den ersten Akkorden von »Lust For Life« war die Müdigkeit aber wie weggeblasen. An dem Abend fühlten wir uns, als wären wir wieder sieben Jahre alt. Ich war so unglaublich stolz, meinen Freund da oben auf dieser Bühne zu sehen! Er hat das so wahnsinnig smart gemacht, er war so cool. Der Bastard hat beim Spielen sogar noch Kaugummi gekaut. Ihr kennt euch in der Tat seit frühester Kindheit.

»Als ich im Januar 32 geworden bin, hat meine Mutter gratuliert und gefragt, ob mir überhaupt bewusst sei, dass ich nun schon die Hälfte meines Lebens in dieser Band verbringe. Sie wollte wissen, ob es nicht langsam an der Zeit für etwas anderes sei, etwas Vernünftiges zum Beispiel.«

Matthew kenne ich länger als alle anderen. Wir waren zusammen in der Schule, und er hat direkt bei uns um die Ecke gewohnt. Aber die anderen wohnten auch nicht viel weiter entfernt, die kamen kurz danach in unsere Clique. Seitdem ist viel passiert, unter anderem seid ihr längst keine Nachbarn mehr.

Das stimmt natürlich. Aber so viel hat sich auch wieder nicht geändert: Als wir Ende letzten Jahres ins Studio gingen, war auf Anhieb alles wie eh und je. Die Pause hat uns gutgetan. Vorher hatte ich Bedenken, es könnte anders sein. Der Vorteil an alten Freundschaften: Man braucht keine Aufwärmphase.

Helders ist vermutlich der lustigste Typ, den ich kenne, wir hatten so viel Spaß wie lange nicht mehr. Als wir uns zum ersten Mal wiedertrafen, legte irgendjemand das erste Streets-Album auf. Es lief dann bestimmt fünfmal hintereinander, und plötzlich war alles wieder so wie mit 16. War das ein Meeting nach der Pause, um die nächsten Schritte zu besprechen?

Das hätten wir tun sollen, aber irgendwie ist es nicht so gelaufen. Nach der Iggy-Tour und unserer mit den Shadow Puppets haben wir uns getroffen, hatten aber nicht die geringste Ahnung, was wir machen sollten. Dabei ist nicht viel herausgekommen – außer der Erkenntnis, dass wir uns immer noch alle mögen und irgendwann weitermachen wollen. Zunächst seid ihr weiterhin eurer eigenen Wege gegangen?

Ich steckte damals mitten in einer Produktion mit der amerikanischen Sängerin Alexandra Savior. Sie und ich haben viel für dieses Album geschrieben und auf einem kleinen Acht-Spur-Recorder jede Menge Demos gemacht. Diese Bedroom-Producer-Nummer war neu für mich, so haben wir mit der Band nie gearbeitet. Ich habe diese Methode sehr genossen und wollte auch das nächste MonkeysAlbum auf ähnliche Weise angehen. »Tranquility Base Hotel & Casino« begann also mit einem Klavier, einem Aufnahmegerät und mir in einem Raum. Das Album eröffnet musikalisch ein neues Arctic-Monkeys-Kapitel und wirkt in Teilen wie eine Zwischenbilanz eurer bisherigen Geschichte.

Im Grunde haben wir bereits mit einem Rückblick angefangen: Auf unserem Debüt ging es vor allem um unsere frühe Jugend. Aber klar, das neue Album ist eine Reflexion in Unkenntnis der Zukunft. Ich habe zu Hause gesessen und darüber nachgedacht, wie die Dinge sich entwickelt

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#Pop #Arctic Monkeys

haben. Eben war ich noch in der Indie-Disco und habe zu den Strokes getanzt – und plötzlich stehe ich selbst auf solchen Bühnen. Zwischendurch hatte ich nie Zeit, das vernünftig zu reflektieren, es ging ja immer weiter. Ich habe das dringende Bedürfnis verspürt, über diese Dinge zu schreiben. Gleichzeitig habe ich lange keine Poesie in diesen Gedanken gefunden und wusste nicht, wie ich sie musikalisch umsetzen sollte. Kannst du erklären, wie du dann vorgegangen bist?

Das fällt mir immer sehr schwer. Vielleicht muss man sich einen Bildhauer vorstellen, der einen Block Marmor so lange bearbeitet und immer weiter verfeinert, bis eine Skulptur dabei herauskommt. Allerdings ist dieses Bild unglaublich kitschig ... Ich habe jedenfalls versucht, Tranquility Base mich selbst auszutricksen. Mich irgendwie in die Lage zu So heißt übrigens der versetzen, diese Musik und Texte schreiben zu können. Landepunkt der ersten beWie hast du das angestellt?

Der Durchbruch war die Verwendung des Klaviers. Das hat mich an meinen Vater erinnert, diese jazzartigen LoungeAkkorde haben mich ganz von selbst in eine Stimmung versetzt, in der ich eine Art Charakter für diese Texte kreieren konnte. Eine Kunstfigur, wenn man so will. Dein Vater ist Jazz-Musiker. Du hast bereits mit sieben Jahren zu Hause Sinatra-Songs am Klavier gespielt, insofern ist das Album also auch eine Rückkehr zu deinen ganz frühen Wurzeln.

Nein, das kann man nicht sagen, so gut war ich damals noch nicht, ich konnte keinen dieser Songs vernünftig spielen. Aber ja, mein Vater spielte Saxofon und Trompete und ein bisschen Klavier. Er selbst würde sich vielleicht als Pianist bezeichnen. Tatsächlich habe ich viel über ihn und sein Spiel nachgedacht, als ich das Album geschrieben habe. Einige der Klavierparts erinnern mich an die Sachen, die ich als Kind aus dem Nebenzimmer gehört habe. Die Texte sind für mich im Grunde wie Rap-Texte. Sie stehen somit in einem interessanten Kontrast zu der sehr klassisch angelegten Musik.

Das wäre das größte Kompliment, das man mir machen könnte. Ich bin während der Produktion zu der Überzeugung gelangt, dass die Texte modern genug geschrieben sind, um ein gewisses Gegengewicht zur Musik erzeugen zu können. Das Album sollte insgesamt klassisch angelegt sein, aber nicht wie eine Retro-Veranstaltung wirken, das war mir sehr wichtig. Da haben wir auch mit der Produktion sehr bewusst entgegengesteuert.

Die Texte leben von präzisen, beinahe journalistischen Beobachtungen, vermischt mit surreal anmutenden Metaphern und authentischen dialogischen Sequenzen wie zum Beispiel in dem Song »One Point Perspective«. Die Zeile »This stunning documentary that no one else unfortunately saw / Such beautiful photography, it’s worth it for the opening scene / I’ve been driving ‘round listening to the score« könnte einem prätentiösen Klischee-Smalltalk bei einer Vernissage entnommen sein. Notierst du so etwas eins zu eins, oder entspringt das deiner Fantasie?

Ich schreibe immer und ständig alles auf, was mir gefällt. Du hast zum Beispiel vorhin Matt Helders als Physical

mannten Mondfähre »Eagle«, die am 20. Juli 1969 dort landete. Der Name Tranquility Base bezieht sich auf das Mare Tranquillitatis, also das »Meer der Ruhe«, wie diese Ebene des Mondmeeres genannt wird. Neil Armstrong bestätigte die Landung mit den Worten: »Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed.«

Monster bezeichnet, das habe ich gleich notiert. Und dieser dialogische Ansatz ist ein überaus effektives Mittel, meine Themen in Szene zu setzen.

Hinzu kommt ein spezieller Humor: Der Song endet sehr abrupt. Beinahe könnte man denken, mit der Anlage stimme etwas nicht. Machst du so was extra?

Die Idee war, den Text musikalisch zu unterstreichen. Du kennst das doch sicher auch von Partys. Wenn alle betrunken sind, sinnloses Zeug durcheinander quatschen und ständig den Faden verlieren, das wollte ich mit diesem Ende illustrieren: Plötzlich reißt die Unterhaltung ab. Beim ersten Hören klingt das Album so, wie man sich ein mögliches Alex-Turner-Soloalbum vorstellen könnte. Wie haben die anderen Monkeys in dieser Musik ihren Platz gefunden?

Ich hatte nie Interesse daran, ein Soloalbum zu machen. Ich bin ein Teil dieser Band und fände das respektlos den anderen gegenüber. Trotzdem wollte ich diese Musik machen, sie war in mir. Wenn man am Klavier komponiert, kommt man automatisch zu anderen Ergebnissen als auf der Gitarre. Und es war mir wichtig, mich ein bisschen vom Realismus der meisten Arctic-Monkeys-Sachen zu verabschieden. Insgesamt entwickelte sich das so in eine Richtung, von der mir relativ bald klar wurde, dass sie absolut nichts mit dem zu tun hatte, was die Leute von einer Monkeys-Platte erwarten würden. Zu welchem Zeitpunkt hast du die anderen an den neuen Songs teilhaben lassen?

Relativ früh. Als ich die ersten Demos fertig hatte, lud ich Jamie ein, sich alles anzuhören und gemeinsam an den Songs zu arbeiten. Er spielte ein paar Gitarren ein, hatte ergänzende Ideen und war insgesamt ziemlich begeistert. Sein Enthusiasmus hat mir meine Unsicherheit genommen. Nach einer Weile holten wir Nick ins Studio und spielten ihm unser Demo von »The Star Treatment« vor. Er war ebenfalls begeistert, und so habe ich nach und nach von allen grünes Licht bekommen. Du wohnst seit einigen Jahren in Los Angeles. Ist die Stadt zu einer zweiten Heimat für dich geworden?

L.A. ist natürlich ziemlich genau das Gegenteil von Sheffield, wo ich wiederum nichts verpasse, weil sich absolut nichts geändert hat, seitdem ich dort weggezogen bin. Trotzdem weiß ich nicht mehr so genau, warum ich überhaupt weggezogen bin. Ich habe tolle Freunde in L.A., aber sonst? Was hält mich in dieser Stadt? Vor allem das viele Equipment, das ich dort inzwischen angehäuft habe. Ziemlich billige Erklärung, oder? Hast du noch eine bessere?

Als ich acht Jahre alt war, bin ich mit meiner Oma und ein paar anderen Verwandten nach San Francisco gefahren. Wir fuhren die Küstenstraße runter und übernachteten in Los Angeles bei Freunden, die meine Oma von einer ihrer vorangegangenen Reisen kannte. Das ist für mich eine der prägendsten Erinnerungen meiner Kindheit geblieben. Arctic Monkeys ist ein etwas alberner Name, der auf dem Cover des neuen Albums ebenso wenig abgedruckt ist wie auf den drei Alben davor. Wie oft bereut ihr den Namen?

Jeden einzelnen Tag! — Arctic Monkeys »Tranquility Base Hotel & Casino« (VÖ 11.05.18) — Live in Berlin am 22. und 23.05.


fb.com/sound.of.berlin

D O C U M E N T A R Y a journey through the capital of electronic music

interviews w/ juan atkins+pan-pot+monolink+marc houle n de ka s a hi at +m nn ma ge he ri t i m i +d te dr.mot o u t 4 t h m ay On


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#Pop #Drangsal


#Pop #Drangsal

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ls er Ende Februar seine neue Single veröffentlichte, saß man vielerorts mit offenem Mund vorm Lautsprecher: Drangsal, der Pop-Pöbler, der seinen Weltschmerz auf dem 2016er-Debüt »Harieschaim« in diffus hallenden Klanglandschaften aus dem Hintergrund schallen ließ, trällert nun auf »Turmbau zu Babel« ein fröhliches »Es geht mir gut«. Ohne Echo. Ohne gefilterte Gitarre. Ohne großes AntiDrumherum (man erinnere sich an diverse Nörgel- und Knutsch-Aktionen). Doch Max Gruber wäre nicht ein Meister der Überraschungen, wenn er nicht noch weiter gehen würde. Mit seinem zweiten Album »Zores« präsentiert der Wahlberliner nun zwölf knallende Gitarren-Songs – einer eingängiger als der andere. Inklusive plüschiger Endreime, bei denen sich »muss« ruhig auf »Kuss« und »Schluss« reimen darf, und catchy Schlager-Refrains fast ausnahmslos auf Deutsch. Ist das jetzt mutig? Kitschig? Albern? Oder alles auf einmal? Zumindest eins dürfte klar sein: Dass dieser musikalische Wandel aneckt, ist Drangsal durchaus bewusst, wenn nicht sogar recht. »Auf ›Turmbau zu Babel‹ habe ich etwas mehr Abscheu-Reaktionen erwartet«, sagt er beim Interview. »Der Song sollte der größtmögliche Schocker sein.« Provokant ist das allemal. Der Album-Opener »Eine Geschichte« haut so gesehen noch mehr die Schalter raus: Zaghaft-leise Klavier-Akkorde hört man hier, dazu pathetisch-säuselnden Gesang (ja, Gruber singt jetzt richtig) – bis ein Schrei und eine laute Gitarre ertönen. Was ist los mit Max Gruber alias Nach genau zwei Minuten Drangsal? Vorbei sind die Tage ist der Taumel auch schon wieder vorbei, und man fragt der düster-verhuschten Wavesich, ob das jetzt schön oder Songs. Radikal eingängiger verstörend war. »Ein schöPop mit Schlager-Tendenz ist ner Aufwachen-es-geht-losdas neue Ding seines zweiten Moment ist das«, meint hingegen Gruber. »Die Leute, Albums »Zores« – am liebsten auf die noch gar nichts von der Deutsch. »Hallo, geht’s noch?« Platte gehört haben, gehen möchte man da fragen. Carina davon aus, dass es wieder mit Hartmann hat genau das getan. Drums losgeht. Und dann kommt das! Tatsächlich klang Foto: Lucas Christiansen meine Stimme auch noch nie so. Ich wusste vorher einfach nicht, wie man singt. Jetzt habe ich es verstanden, und es war mir wichtig, das zu zeigen. Es klingt immer ganz nah dran. Überhaupt ist diesmal alles sehr direkt!« Das ist wohl die passende Beschreibung für all das, was auf »Zores« folgt. Ein direktes Album, das – gemessen am musikalischen Überschwang von Songs wie »Nur du«, »Sirenen« oder »Laufen lernen« – wie ein einziges euphorisches »Ja!« klingt. Pop in Reinform eben. »Wenn wir über Pop sprechen, muss man sagen, dass die Songs definitiv ein komprimiertes Skelett haben, während ›Harieschaim‹ ein Puzzle aus Versatzstücken war«, stimmt er zu. »Ich nenne es kompromisslos kompromissbereit.« Fragende Blicke. »Damit meine ich: Wo das letzte Album nischig war, öffnet das neue bewusst die Arme.« Ja, in der Tat: Titel wie »Magst du mich (oder magst du bloß noch dein

Drangsal

REIBUNG IST WICHTIG

Zores

altes Bild von mir)« – uff – schreien in der Hook geradezu: Ach, kommt, nehmt euch doch einfach alle in den Arm! Und dann, genau in dem Moment, in dem alles ein wenig zu affig zu werden droht, kehrt Gruber die Schemata doch noch um. Dann lässt er auch mal schräge Refrains auf lupenreine Strophen folgen, presst so viel Text in die Songs, dass es schwerfällt, zu folgen, und verwendet Worte, die die Turmbau zu Babel Unsere Autorin war bereits Kids aus den Kommentarspalten beim Videodreh zu diesem in die Verzweiflung treiben. »Ich Song. Ihren Studiobericht lieb dich so«-Zeilen werden dann findet ihr auf unter von purer Resignation und Todesbit.ly/IntroBabel. Max Gruber erklärte: »Der Song wünschen abgelöst und Songs auf sagt auf tragische Weise: halber Strecke von Metal-mäßigen Was auch immer noch pasGitarren-Breakdowns gebrochen. siert, es ist egal, denn ich habe eh nichts mehr von So ist »Zores« zwar ein weitaus Wert. Ich glaube, es geht gefälligeres Album geworden, auf in dem Song darum, das clevere Gegensätze wird aber denPositive in der Resignation zu finden.« noch nicht ganz verzichtet. »Genau deshalb halte ich das Album für bipolar«, fügt Gruber hinzu. »Es ist ja auch eine Bipolarität, die von meiner Person ausgeht, die sich im Songwriting widerspiegelt. So entsteht Reibung. Wir müssen uns insgesamt aber wieder trauen, mehr Pop zu sein! Wenn du das neue Album von Die Nerven auf iTunes hörst, ist das auch als Pop getaggt. Das ist wichtig: dass wir nicht immer Punk oder Noise-Pop sind, sondern dass wir die deutschen Pop-Musiker werden!« Reibung durch Pop statt Gemotze – das ist also das Drangsal-2.0-Prinzip. Doch woher der Wandel? »Ich habe die zwei letzten Jahre damit verbracht, zu stänkern.« Gruber hält kurz inne. »Ehrlich gesagt habe ich 20 Jahre lang einen exorbitanten Geltungsdrang gehabt, aber niemanden, der mir zuhört. Als ich es dann endlich geschafft hatte, dass mir jemand ein Mikrofon hinhält, ist alles auf einmal explodiert, was sich an Teenager-Frust angesammelt hatte. Ich habe so viel Energie damit verschwendet, über Dinge zu reden, die ich nicht gut finde. Also lasst uns doch jetzt über das sprechen, was ich mag! Das ist ein geilerer Vibe.« Ganz neue Worte also. Allzu geläutert darf man das am Ende dann aber doch nicht lesen. Für den größten Zores hält sich Gruber natürlich immer noch selbst: »Ich bin ein jähzorniger Querkopf, klar. Aber vielleicht ist es trotzdem geil, mit dem Album mal dahinterzugucken und zu sehen, dass ich eigentlich auch ein ziemlich liebliches Gemüt habe – vor allem musikalisch.« Kann sein, dass es ebenjene Lieblichkeit ist, bei der man sich zunächst die Haare rauft, bevor es ganz langsam, aber ganz sicher ans Herz geht. So lange, bis man sich doch dabei erwischt, wie man genussvoll im Takt schunkelt. In seiner Heimat – der Südpfalz – bedeutet das Wort Ärger, Wut, Streit. Zores kann beispielsweise eine Gruppe von Asozialen machen, von der man sich lieber fernhält. Max Gruber fand es sehr passend, weil man sich mit ihm besser nicht abgeben solle und er immer wütend sei.

— Drangsal »Zores« (Caroline / Universal)

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#Pop #Beach House

Beach House

DANKE, ALTER! Seit ihrer Gründung vor 13 Jahren gelten Beach House als Dream-PopDuo par excellence. Jedes ihrer sieben Studioalben schafft es, Zeit und Raum für einen Moment in eine Art Schwebezustand zu versetzen. In diesem Zustand können Victoria Legrand und Alex Scally innehalten, das äußere Chaos absorbieren und sich vergleichsweise leichtfüßig den Weg aus der Dunkelheit bahnen. Ihr neuestes Werk »7« macht da keine Ausnahme, wie sie Annett Bonkowski erklärten.

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unkle Regenwolken begrüßen die beiden Musiker aus Baltimore, als sie in Berlin aus dem Taxi steigen. Schnell wischen sie die Last der Koffer und die leichte Morgenmüdigkeit mit einem kurzen Wuscheln durch die Haare weg und werfen einen prüfenden Blick in Richtung Himmel: »Das ist das perfekte Wetter, um die eigenen Gedanken ein wenig nach innen zu richten«, begrüßt uns Victoria Legrand mit einer herzlichen Umarmung. Fast drei Jahre sind seit unserer letzten Begegnung vergangen, bei der noch niemand den Überraschungscoup der 2015er-Veröffentlichung ihres letzten regulären Studioalbums »Thank Your Lucky Stars« ahnte. Vielleicht auch, weil die Freude über »Depression Cherry« noch in vollem Gange war. Im Zuge ihrer siebten LP mit dem passenden Titel »7« zieht Gitarrist Alex Scally Bilanz: »Ich habe definitiv das Gefühl, dass wir als Band älter werden. Auf subtile Art und Weise wird unsere Intuition spürbar Überraschungscoup größer und erlaubt uns, mehr Risiken einzuDer Herbst des Jahres gehen – beispielsweise mit ›7‹. Wie bei einem 2015 war eine schöne Baum wird der Stamm dicker, die Krone streckt Zeit für Fans von Beach weiter und weiter ihre Zweige aus, und die House. Ende August kam Anzahl der Jahresringe nimmt zu. Älter zu »Depression Cherry«, Mitte Oktober folgte »Thank Your werden ist cool.« Seine Bandkollegin Victoria Lucky Stars«. Und auch stimmt zu: »Ich habe schon immer eine große das noch: Beide Alben sind Dankbarkeit gespürt, was das Älterwerden verdammt gut.

angeht. Falten sind wunderschön und erzählen ihre eigene Geschichte. Die Jugend an sich ist längst nicht so tiefgründig und spannend.« Auch in musikalischer Hinsicht verließen sich Beach House aufs Alter und wählten für die Aufnahmen von »7« eher antikes Equipment wie zum Beispiel eine alte Orgel aus den 60ern. Alex schwärmt: »Wir stießen in einem Secondhand-Shop auf diese kaputte Orgel, die später eine große Rolle auf dem neuen Album spielte, obwohl sie nie das tat, was man von ihr erwartete.« Bevor die eigenwillige Orgel viele der neuen Songs prägte, machte das Duo aber erst einmal Platz für neue Ideen und veröffentlichte als künstlerische Katharsis ihre »B-Sides And Rarities«. Erst dann war für sie überhaupt ein neues Kapitel in der


#Pop #Beach House

langjährigen Bandgeschichte möglich. »Es fühlt sich gut an, unsere Musik und Gedichte zu bündeln, auf verschiedene Stapel zu türmen und dadurch Raum für etwas Neues zu schaffen«, sagt Victoria. »Es hat uns dabei geholfen, musikalisch mit der Vergangenheit abzuschließen, was sehr wichtig für uns war.« Ausmisten auf hohem Niveau? Ganz sicher, wenn wir uns die Raritäten-Sammlung an Songs ansehen, die dabei zustande kam. Gitarrist Alex erinnert sich belustigt zurück: »Das alles hatte fast schon Flohmarkt-Charakter. Über die Jahre hatten sich viele Songs angesammelt, die zum Wegwerfen zu schade waren. Wir wollten sie lieber jemandem geben, bei dem sie gut aufgehoben sind.« Davon befreit fackelten Beach House nicht lange und

widmeten sich anschließend in ihrer Heimatstadt Baltimore den Grundpfeilern von »7«. Verteilt auf fünf MiniSessions, nahmen sie die neuen Stücke im eigenen Studio und später in Connecticut und L.A. auf – eine Erfahrung, die ihre altbewährte Arbeitsweise und einige bekannte Muster in musikalischer Hinsicht aufbrach, bestätigt Alex: »Ein Aspekt, den wir schon immer frustrierend fanden, ist die lange Zeit, die zwischen der ursprünglichen Idee und der Fertigstellung eines Songs vergeht. Dieses Mal beschleunigten wir diesen Prozess immens, indem wir alles statt in einer langen in fünf kurzen Sessions aufnahmen. Jedes unserer Alben hatte seine Tücken und dunklen Momente, aber keines hat bisher so viel Spaß gemacht wie ›7‹.« Ohne selbst auferlegte Reglementierungen rückten Beach House den Groove in den Vordergrund und ließen sich ausgehend von Rhythmen und subtilen Beats den Weg weisen. Ein Novum für die beiden kreativen Köpfe, gibt Victoria zu: »Wir haben uns zwar schon immer von der Textur und dem Klang eines Beats inspiriert gefühlt, aber diesen meist nicht so konsequent weiterverfolgt oder ihn gar die Richtung vorgeben lassen.« Alex stimmt dem zu: »Rückblickend betrachtet haben wir den Beat nie das Wesen des Songs bestimmten lassen, auch wenn wir das eher unbewusst entschieden haben. Jetzt rücken der Rhythmus und die Beats dagegen sehr in den Fokus. Die Songs sind davon ausgehend entstanden. Natürlich immer noch innerhalb unseres ästhetischen Empfindens, aber auf der Basis einer anderen Saat.« Für das amerikanische Duo steht der Albumtitel »7« sinnbildlich für einen zugleich transparenten wie spirituellen Ort. Die große unbekannte Albumtitel »7« Zahl am Horizont, deren Form Sehnsucht und Der Zahl Sieben wird in die Suche nach mehr verspricht: »Wir wollten Sprache, Literatur, Religion und Geschichte eine besoneinen Albumtitel, der Offenheit ausstrahlt und dere Bedeutung zugenicht alles fest abgrenzt, sodass der Inhalt da- sprochen. Zum Beispiel in von zerdrückt wird. Die Kreativität lebt doch Grimms Märchen mit ihren sieben Zwergen, Geißlein von immer neuen Möglichkeiten. Vollendung oder Raben. Der jüdische ist ein anderer Begriff für das Ende, und daran Menora-Leuchter hat sieben Arme, es gibt im Chrissind wir als Künstler nicht interessiert.« — Beach House »7« (Bella Union / PIAS / Rough Trade / VÖ 11.05.18)

tentum sieben Todsünden – ganz zu schweigen vom siebten Himmel und der Wolke Sieben.

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#Pop #International Music

International Music

FÜR

Alles kann, alles muss. International Music sind brandheißer Scheiß. Mit DadaLyrics, unprätentiöser RuhrpottBescheidenheit und musikalischer Reduktion erleben sie gerade »Die besten Jahre«. Ob das wirklich stimmt und wie die Band überhaupt ins Labelbusiness gestolpert ist? Benni Bender hat es sich bei einem Bierchen im Probekeller der Band erzählen lassen. Foto: Lukas Vogt

H

öher als die Reihenhäuser sind in Essen-Frohnhausen nur die Funkmasten und Fabrikschornsteine, die in die graue Wolkendecke hineinragen. Der Frühling hat einen großzügigen Bogen um die Stahlbau-Metropole gemacht. Bordsteine sind mit pfandfreien Flaschen gepflastert. Vom Regen vergilbte Etiketten bestimmen das Bild. Schon irgendwie sympathisch. Hier, zwischen Industrie-Ästhetik und Ruhrpott’scher Schmucklosigkeit, treffe ich International Music. International Music? International Music! Die Türen Die sind ungooglebar, heißt es. Weil die 2002 gegrünVon wegen. Was zugegebenerma- dete Band Die Türen kein Plattenlabel finden ßen nach weltmusikalischem Es- konnte, gründeten Maurice peranto-Sampler klingt, wird von Summen und seine Bandder Suchmaschine gleich mit dem kollegen einfach selbst eins: Staatsakt. Die Türen neuesten und vielversprechenden sind allerdings nur eine Signing beim Label Staatsakt in von Summens zahlreichen Verbindung gebracht. Und nein, Bands. Nein, sie haben sich nicht in Anlehnung an The an meinem Algorithmus liegt es Doors so genannt. nicht. Staatsakts Staatschef Maurice Düsseldorf Summen, selbst klamaukiger FunDüsterboys punk-Feingeist, hatte der Band Zum Einstieg ins Oeuvre – Vorsicht Wortwitz – Die Türen dieser so genial benannten zum Label persönlich geöffnet. Band empfehlen wir die Die Geschichte, wie Staatsakt auf »Alkoholgedanken«-EP aus dem Jahre 2016. Vor Peter (Gitarre, Keyboard und Ge- allem der schunkelige Folksang), Pedro (Bass und Gesang) Gassenhauer »Teneriffa« und Joel (Schlagzeug) gestoßen erwärmt jedes Bier und Herz: »Und willst du mir die ist, beginnt so: »Wir haben auf uns Beichte sagen / Hol ich uns aufmerksam gemacht«, erzählt ‘nen Leichenwagen / Und Peter. »Pedro und ich spielen ja der fährt non stop nach Teneriffa.«

ALLES ZU

auch als Düsseldorf Düsterboys zusammen. Wir sind nach Berlin und wollten beim Label vorbei, um ‘ne CD einzuschmeißen. Maximal verkatert haben wir dann gemerkt, dass der Briefkasten drin ist. Kamen wir also nicht ran. Wir haben dann einfach geklingelt. Maurice hat uns aufgemacht und versprochen, sich noch am selben Tag zu melden.« Pedro, der das traumhafte und vom Zufall determinierte Skript um einen weiteren Twist ergänzt, fügt hinzu, dass Maurice, seitdem er das Label habe, selbst erst zum zweiten Mal an einem Samstag dort gewesen sei. »Mann, was haben wir da gestammelt, so aufgeregt waren wir.« Ihr Album »Die besten Jahre«, das zwischen entpolitisiertem Ton-Steine-Scherben-Update, kabarettistischem Udo-Lindenberg-Pastiche, sinnzertrümmerten KryptoLyrics und der legitimen Fortschreibung des GoldenenZitronen-Kanons liegt, weist auch Einflüsse aus DadaSchlager, Country und Shoegaze auf. Als ich dem Trio, das von Schlagzeuger Joel nach gemeinsamen Kneipentouren vervollständigt wurde, dann »Just Like Honey« von The Jesus And Mary Chain vorspiele, weist niemand die Ähnlichkeit zu ihrem Song »Für alles« von der Hand. »Stimmt, das klingt ähnlich. Auch ›Be My Baby‹ von den Ronettes fängt so an. Der Rhythmus ist aber auch einfach der Knaller«, meint Peter. Dass es International Music jedoch nicht um Copy-Paste-Production geht, bezeugt allein ihr künstlerisches Credo, bei dem Makel, Reduktion und Einfachheit im Vordergrund stehen. Ihre Texte entstehen aus Improvisationen, bei denen einzelne Sätze zerhackt, hin und her geschoben und dann so lange collagiert werden, bis sie »einfach schön« sind, wie Pedro meint. Der sitzt mir mit Joel auf einer dunklen Couch gegenüber, die super zu seinem grünen Tweed-Jackett passt und garantiert mehr Brandflecken hat als der gesamte Helmut-SchmidtNachlass. Tatsächlich verdichten sich bei diesem etwas nebulösen Prozess die Lyrics von International Music zu schwindelerregenden Wahrheiten: »Keine Ahnung / Von Gegenüber kommt das Licht / Eine Warnung / Als Tarnung färbst du dein Gesicht / Für alles kennst du Wörter / Die beschreiben, was du siehst / Für alles andre fehlt das Repertoire«, heißt es im Song »Für alles«, den die Band neben »Mama, warum?« und »Cool bleiben« als VorabRelease über Streamingdienste unters Volk gebracht hat. Gerade in »Cool bleiben« wird das minimalistische Konzept noch mal deutlich: Der Song besteht aus einem repetitiven Klangmuster mit zwei Akkorden, unermüdlich schlurfendem Bass, wenig Text und einem bewusst abwechslungsdepressiven Drumlauf – was Drummer Joel,


#Pop #International Music

wie Pedro verrät, anfangs durchaus in den Kragen passte: »Peter und ich sind ja schon lange Freunde, dementsprechend lange machen wir auch schon Musik. Irgendwann wollten wir aber jemanden ans Schlagzeug setzen. Joel passte halt voll ins Mojo, hat aber eigentlich gar kein Schlagzeug gespielt.« Als er mir alte Aufnahmen zeigen will, insistiert Joel: »Dann machst du aber das Diktiergerät aus!« Peter erzählt weiter: »Er muss ja gar nicht so viel spielen. Einfache Rhythmen kriegt er hin, dachten wir. War dann auch so.« Freundschaft vor Schönheit vor Sinnerzeugung also. Diesen Probekeller-Schelmen frisst man jedes noch so absurde Faszinosum aus der Hand. Ob sie denn gerade wirklich ihre besten Jahre hätten? Pedro: »Kann sein. Also, meine Mama versteht den Albumtitel

HABEN

eher im Kontext des Ruhrpott-Prunks der 70er und 80er.« »Vielleicht kommen die besten Jahre aber noch – oder sind schon vorbei?« grätscht Peter grübelnd dazwischen und setzt dann noch mal an: »Wir mögen einfach diese drei Wörter. Klingt nach was Offenem. Irgendwie schon konkret, aber es kann ja doch recht viele Bedeutungen haben. Vor allem im Zusammenhang mit dem Cover spielt da natürlich auch was Lustiges mit rein. Das kommt schon wie ein Best-of-Artwork rüber. So ‘ne LP würde man ja auch ›Die Besten Jahre‹ nennen.« Lokaler Pott-Chic, die damit verbundene Außenseiterrolle abseits der gehypten Ballungszentren und ihr Hang zur dilettantischen Verschrobenheit stehen auf der Fahne des Trios. Kein Wunder also, dass sich jetzt schon alle die Finger nach International Music lecken. Yay, endlich wieder eine dieser Bands, die Coolness über das Uncoole bezieht und dabei ihre souveräne Selbsterniedrigung affirmiert. Diese Jungs sollten jedoch unter keinen Umständen in die Fänge der hippen Großstadtgesellschaft geraten, schon gar nicht in die des Kulturfeuilletons, das sie schon jetzt als Ruhrpott’schen Gegenspieler zur schwäbischen PostPunk-Party um Lokalmatadore wie Die Nerven begreift. »Klar hat der Ruhrpott Einfluss auf unsere Musik, er hat ja auch Einfluss auf unser Leben«, stellt Peter klar, ehe auch die beiden anderen nachschieben, dass sie stolz auf dieses Alleinstellungsmerkmal seien. Was sich auf »Die besten Jahre« an optimistischer Tristesse nicht nur zwischen den Zeilen, sondern vor allem in den ungeschliffenen Halbtonlagen ablagert, hat dann auch weitaus mehr zu sagen als alle Selbsthilfe-Podcasts und Zeitgeist-Kolumnen zusammen. Bleibt also nur noch die Frage, ob das Album eine der besten Platten des Jahres wird. In diesem Punkt sind sich die drei einig: »Wir glauben, wir haben ein gutes Album gemacht.« Anmerkung der Redaktion: Es ist sehr gut geworden. — International Music »Die besten Jahre«

(Staatsakt / Caroline / Universal)

— Auf Tour vom 27.04. bis 19.05.

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#Pop #Jon Hopkins

Jon Hopkins

DAS LEBEN, DAS UNIVERSUM UND DER GANZE REST Jon Hopkins’ neues Album »Singularity« beginnt wie ein Burnout samt Nerven­zusammenbruch und endet in meditativer Erhabenheit – mit einem Stück, das passenderweise »Recovery« heißt. Es funktioniert wie eine Reise, die der britische DJ und Produzent uns allen ans Herz legen will. Wie? Das verriet er Daniel Koch. Foto: Carmen Catuti


#Pop #Jon Hopkins

Ist »Singularity« also ein Statement zur Ent­schleu­ nigung?

Könnte sein. Auch hier gilt: So was passiert eher instinktiv als intendiert. Aber ich teile diese Interpretation. Wenn ich allein auf mein eigenes Leben in den letzten 20 Jahren schaue, kommt es mir vor, als seien alle diesem unsinnigen Zwang der Beschleunigung verfallen. Wir arbeiten mehr, erholen uns seltener – und trotzdem hat man nicht das Gefühl, dass unsere Gesellschaft dadurch besser funktioniert oder wir uns zufriedener fühlen. Eher im Gegenteil. Elektronische Musik bietet als Antwort darauf oft eskapistische Hymnen, denen man sich im Club sehr einfach hingeben kann, um alles andere zu vergessen. Du aber scheinst tiefer schürfen zu wollen.

D

as klingt jetzt kitschig, aber deine Musik funktioniert für mich zuerst auf emotionaler Ebene. Vor allem »Immunity«, aber auch deine EPs mit King Creosote und selbst deine »Late Night Tales«Compilation zeigen direkte Wirkung auf meine Gefühlswelt. Sagt man dir so was öfter?

Danke schön. Das freut mich. Und ja, hin und wieder sagt oder schreibt mir jemand Ähnliches. Vielleicht überträgt sich in meiner Musik, wie ich arbeite: Ich lasse mich komplett von meinen Instinkten und Gefühlen leiten. Sobald eine Melodie, ein Beat oder ein Sound etwas in mir auslöst, versuche ich dem nachzuspüren und arbeite weiter daran. Technische oder handwerkliche Dinge laufen dabei eher instinktiv ab. Wenn ich dann einen Song in Ableton vor mir habe, nehme ich mir die einzelnen Parts vor. Ich weiß nicht, ob man das Handwerk nennen kann – ich sehe es als eine Reihe intuitiver Entscheidungen. Manchmal starre ich so lange auf all diese Frequenzen und Graphen, dass sie wie in der Matrix in kleinen grünen Zahlenreihen verschwimmen.

Die Gefühle, die »Singularity« in mir auslösten, waren zuerst: Stress, Anspannung, Hektik, Aggression. Auf der Hälfte der Spielzeit ziehst du den Hörer dann langsam raus, und es wird sphärisch. Vor allem durch diesen Kontrast fühlte ich mich am Ende fast selig. Oder gar – komisches Wort – therapiert. Hattest du diese Wirkung im Sinn?

Ich wollte, dass die erste Hälfte des Albums destruktiv und unheilverkündend klingt. Es sollte vor Anspannung beben und dich dann tatsächlich langsam herausziehen – ich mag diese Wortwahl. Dieser Spannungsbogen ergab sich recht früh, aber trotzdem würde ich nie sagen, dass ich ihn als Konzept im Sinn hatte. Ich mag die Vorstellung, dass ich mich von meinem Unterbewusstsein leiten lasse, anstatt einen fixen Plan zu haben. Die Platte durchläuft einen Prozess der Reinigung: von schmutzigen, knirschenden Sounds hin zu akustischer Klarheit. Ich habe das Album als Metapher für ein Burn-out samt Therapie gelesen. Vermutlich, weil ich so was im Freundeskreis erlebt habe.

Diese Lesart passt tatsächlich gut. Vielleicht war das meine Intention. Ich selbst strebe immer wieder dem Zustand entgegen, den die zweite Hälfte des Albums symbolisiert. Das ist ein permanenter Kampf zwischen meinem sehr arbeitsintensiven und kräftezehrenden Leben in der Stadt und meinem inneren Drang, dem allen den Rücken zu kehren und in den Bergen in einer Hütte am See zu leben, wo ich die Tage mit Schwimmen, Sinnieren und dem Sammeln von Nahrung verbringe.

Es ist mir sehr wichtig, meine Musik – selbst die schnelleren Stücke wie »Emerald Rush« oder »Neon Pattern Drum«, die durchaus im Club funktionieren würden – nicht als Eskapismus zu verstehen. Ich möchte die Menschen im Idealfall zu der Erkenntnis führen, dass es eine Realität gibt, die tiefer geht als jene, die wir uns erschaffen haben. Die Strukturen, die unser Leben beeinflussen und uns Zwänge auferlegen, sind zu einem Großteil von Menschen gemacht. Die Mühle des »Late Night Tales« Finanzsystems ist da nur ein Beispiel – und Die Compilation-Reihe sie ist eine Illusion, der wir kollektiv verfal- gibt es seit 2001 und sei an dieser Stelle dringend len sind. Die tiefere Realität erschließt sich, empfohlen. Die Kuratoren wenn wir uns nachts die Sterne anschauen stellen dafür einen ultimatiund diesen winzigen Teil des Universums vor ven Nacht-Mix zusammen. Dabei ist es Tradition, Augen haben. Diese simple, aber weitreichende den Sampler mit einem Erkenntnis kam mir, seitdem ich regelmäßig Spoken-Word-Lesestück zu meditiere. Und ich hatte einige psychedelische beenden. Hopkins wählte unter anderem Tracks von Erfahrungen, die sie vertieften – und die ich David Holmes, Four Tet, in meiner Musik, im »Singularity«-Artwork School Of Seven Bells, Nils und zum Beispiel im Video zu »Emerald Rush« Frahm, Health und Peter Broderick. Der Dichter Rick transportieren will. Mir geht es um die Idee, Holland liest am Ende »I bis zum größtmöglichen Bild herauszuzoomen Remember«. – um zu erkennen, dass die Dinge viel simpler sind, als wir sie haben werden lassen. All die Arbeit, die wir Menschen jeden Tag auf der ganzen Welt verrichten, wird von der schieren Größe des Universums überstrahlt. All die Dinge, die uns Sorgen bereiten, sind im Vergleich bloß ein winziges Staubkorn. Wenn ich mir das bewusst mache, erfüllt es mich mit Ruhe und diesem Gefühl des Staunens, das ich vermitteln will. Bei »psychedelischen Erfahrungen« werde ich natürlich hellhörig. Kannst du uns eine beschreiben?

Haha, das klang jetzt illegaler, als es ist. Ich habe tatsächlich in Holland eine Kur besucht, Kur in Holland bei der man diese Erfahrungen mit medizi- Dass eine solche Kur in nischer und psychologischer Betreuung ma- Holland angeboten wird, könnte daran liegen, dass chen kann. Das sind sehr ernste, zeremonielle dort Magic Mushrooms leEvents, gar nicht so hippieesk, wie ich mir das gal sind – Psilocybin-haltige vorgestellt hatte. Man sitzt dabei in betreuten Trüffel zum Beispiel. Gruppen zusammen, bekommt legale bewusstseinserweiternde Pilze und kann relativ sicher in die tiefsten Seen seiner Psyche eintauchen, um hoffentlich mit der einen oder anderen substanziellen Wahrheit zurückzukehren. Bei mir war das die eben beschriebene Erkenntnis, die nun das Herz meines Albums ist. Ich erinnere mich, wie ich auf meine Hände blickte, die von Lichtstrahlen durchzogen pulsierten, und dabei dachte: »Heilige Scheiße! Warum mach ich mir Sorgen über all diesen Kleinkram? Warum sind wir nicht alle viel glücklicher mit dieser wundervollen Erfahrung, Mensch zu sein?« — Jon Hopkins »Singularity« (Domino / GoodToGo / VÖ 04.05.18) — Live auf dem Melt Festival

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#Pop #Courtney Barnett


#Pop #Courtney Barnett

Courtney Barnett

EINFACH SITZEN UND FÜHLEN Wie kann man als introvertierter Mensch im Jahrzehnt der übersteigerten Selbstdarstellung noch gehört werden? Indem man verdammt gute Songs schreibt. Courtney Barnett hat den Alternative Rock mit ihrem zweiten Album »Tell Me How You Really Feel« verfeinert und feministisch beschwert. Verena Reygers war geduldig genug, um den uneinsehbaren Ecken in Barnetts Werk die verdiente Beachtung zu schenken. Foto: Miriam Marlene Waldner

He said »I could eat a bowl of alphabet soup And spit out better words than you« But you didn’t Man you’re kidding yourself if you think The world revolves around you

Für introvertierte Menschen ist es ein Albtraum: Gerade hat man irgendeine Art von Coup gelandet, schon umschwirren einen auf der nächsten Party alle und nerven mit hirnrissigen Fragen. So muss es Courtney Barnett ergangen sein, als sie von der australischen Singer/Songwriter-Indieszene ins Mainstream-Spotlight der Grammy Awards katapultiert wurde. 2016 als Best New Artist nominiert, musste die Australierin damals den Spießrutenlauf auf dem roten Teppich mitmachen und dem hohlen Schnellsprechergrinsen eines zappeligen Youtubers standhalten. Das tat sie, ganz Barnett, mit unerschütterlicher Ruhe. Schließlich trägt das Album, das ihr die Grammy-Nominierung eingebracht hatte, den entschleunigten Titel »Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit« – ein Zitat des »Pu der Bär«-Schöpfers A.A. Milne, das mindestens so gut auf den gelassenen Bären passt wie auf die stets etwas abwesend wirkende Barnett. Your vulnerability is stronger than it seems You know it’s okay to have a bad day

So richtig aufgeräumt ist die Musikerin beim Interviewtermin in Berlin auch nicht. Unruhig rutscht sie auf ihrem Stuhl hin und her, sucht konzentriert nach Antworten, kommt aber selten über ein paar Sätze hinaus. Starke Statements gibt es hier kaum zu holen. Ganz anders auf

ihrem zweiten Album »Tell Me How You Really Feel« – da zitiert sie statt Milne die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood. »Men are scared that women will laugh at them / Women are scared that men will kill them«, heißt es in »Nameless, Faceless« – einem vermeintlich poppigen Slackersong mit scheppernd verzerrter Hook, den Barnett Mitte Februar als erstes Lebenszeichen des neuen Albums veröffentlichte. »Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet diesen Song als erste Single ausgesucht habe«, sagt Barnett und ergänzt nach einem tonlosen Seufzen: »Es macht aber in den gegenwärtigen Debatten auf jeden Fall Sinn.« Unsympathisch wirkt die Musikerin durch ihre Einsilbigkeit nicht, und ihre Songtexte sagen Songtexte alles, was man wissen muss. In den vom Label vorab I’m not your mother, I’m not your bitch

ausgehändigten Lyrics findet sich in einer Ecke der freundliche Hinweis: »Please don’t change spelling or grammar.« Barnetts Schreibweise und Grammatik sind also keinesfalls undurchdacht. Die kursiven Einschübe im Text sind Textzeilen vom aktuellen Album. Während die Künstlerin im Interview bisweilen etwas wortkarg ist, wenn es um ihre Empfindungen geht, geben diese Zeilen einen guten Einblick in ihr Seelenleben.

Auf »Tell Me How You Really Feel« kratzt Barnett an der Oberflächlichkeit inszenierter Befindlichkeiten und stellt sich der ernsthaften Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen. Nicht dass sie das zuvor nicht auch schon getan hätte. Ein Song wie »Nobody Really Cares If You Don’t Go To The Party« zeugt von Barnetts Talent, ungeschminkte Wahrheiten mit Ironie zu flankieren. »Sarkasmus ist doch nur die bequeme Abwehrreaktion auf etwas, das dich wirklich aufregt«, entzaubert Barnett eins ihrer bevorzugten Stilmittel. »Und obwohl das einen gewissen Humor in sich trägt, habe ich versucht zu gucken, wo ich mit Sarkasmus etwas maskiere, mit dem ich mich eigentlich

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#Pop #Courtney Barnett

näher beschäftigen sollte.« Die eigenen Unsicherheiten und Unzulänglichkeiten gehören genauso dazu wie die Auseinandersetzung mit ihrer Partnerschaft Jen Cloher zu Ehefrau und Musikerkollegin Jen Cloher Australische Musikerin, oder mit der Frage, wie sehr eine sexistische deren Heimat nicht nur und homophobe Welt einen geprägt hat, ohne vom Alternative Folk der 44-Jährigen profitiert, das so benennen zu können. »Irgendwann sondern auch von ihrem wird dir genau das aber doch bewusst, und es feministischen Engage- ist Zeit, sich dagegen zu positionieren.« Das ment. Mit Courtney Barnett verbindet Cloher auch eine Atwood-Zitat ist wie gemacht für die hintermusikalische Partnerschaft: gründige Schonungslosigkeit von Barnetts Barnett begleitet ihre Frau Songs. Man muss eine Sekunde lang lachen, auf Tour und spielte auf dem 2017 erschienenen und in dem Moment, in dem man den Sinn Album Gitarre. begreift, bleibt einem genau dieses Lachen im Hals stecken. Barnett nickt: »Dieses Innehalten und Nachdenklich-Machen ist genau das, was ich mit meinen Lyrics versuche. Es steckt mehr dahinter, als auf den ersten Blick offensichtlich ist.«

entgegentritt. Dass »Tell Me How You Really Feel« auf den ersten Durchlauf hin geschmeidiger klingt, liegt auch an den Produktionsmöglichkeiten: »Meine früheren EPs sind an einem Tag mit wenig Zeit und Geld entstanden«, erzählt Barnett, während ihre Band für die neuen Aufnahmen etwas mehr Muße hatte. Das sollte sich allerdings nicht negativ auf die Spontaneität auswirken: »Wir wollten diese Atmosphäre auf der Platte haben, in der man spürt, dass ein paar Menschen in einem Raum gemeinsam Musik machen.« Die Songs hat Barnett erstmals nicht nur an der Gitarre, sondern auch an anderen Instrumenten geschrieben. Klavier, Schlagzeug und ein bisschen Bass hat sie sich selbst beigebracht. Die Kombination aus schweren Gitarrenläufen und lässigen Klavier- und Bassakkorden perfektioniert die Musikerin einmal mehr und macht dies zu ihrer individuellen Stärke: rough, aber melodisch; lärmend, aber harmonisch. Die Songs auf »Tell Me How You Really Feel« beherrschen den Wechsel zwischen konzentrierter Energie und durchatmender Weite, vor allem, wenn sich It’s vicious in winter, you never say what you mean. die Anspannung des Openers im finalen Song »Sunday Rost« in versöhnliche Unbeschwertheit entlädt. Barnett Friends treat you like a stranger and Strangers treat you like their best friend, oh well. nickt und nennt den Rahmen, den die beiden Songs für die Platte bilden, einen glücklichen Zufall. »Es ist gut, die So wie in dem wunderbar doppeldeutigen »Hopefuless- Unsicherheit, Unruhe und Orientierungslosigkeit, die den ness«, mit dem Barnett die Platte eröffnet und für das die Beginn des Albums prägen, am Ende in dieses positive deutsche Übersetzung natürlich nur »nicht verhandelbare Gefühl münden zu lassen.« Hoffnungslosigkeit« bietet. Pointierte, wie zufällig angeschlagene Gitarrenakkorde, ein bisschen Geplänkel, bevor Just bring yourself sich der Sound zu Barnetts abschätzend taktierendem You know your presence is Gesang bis ins Noisige steigert, ganz so, als zerre man Present enough ein wildes Tier aus der Tiefe. Aus dem Ärmel geschüttelt hat die Musikerin die zehn neuen Songs jedenfalls nicht. Auf »Tell Me How You Really Feel« klingt die 30-Jährige Zwischendurch machten gar Gerüchte von Schreibblo- nicht so, als habe sie sich gefunden und wisse nun, wo es ckade und Kreativtief die Runde. Auch weil statt einer zuverlässig langgehe im Leben, aber sie bewegt sich sicheneuen Soloplatte im vergangenen Jahr ein rer in dieser Suche. Einen Moment lang lässt Barnett diese Kurt Vile gemeinsames Album mit Kurt Vile erschien – Einschätzung auf sich wirken, bevor sie hervormurmelt: Auch das einstige The-War- »Lotta Sea Lice« als vernuschelt-gemächliches »Es geht eher darum, sich mit der Unsicherheit wohler On-Drugs-Mitglied Kurt Zwiegespräch zweier Songwriter-Kauze an zu fühlen«, und dann – entschiedener – ergänzt: »Ich bin Vile gehört zur Barnett/ Cloher-Gang. Nach einem einem relaxten Sonntagmorgen. Auf die Fra- weit davon entfernt, mich gefunden zu haben oder gar Gastauftritt auf Clohers ge, ob es tatsächlich so gewesen sei, dass sie angekommen zu sein. Dafür braucht man wohl das ganze letztem Album und der sich lieber auf die Arbeit anderer Leute als die Leben. Aber den damit einhergehenden Stress loszulassen gemeinsamen US-Tour haben Vile und Barnett in- eigene Songschreibpraxis konzentriert habe, hilft ganz gut.« nerhalb von zwei Jahren die winkt Barnett ab: »Es tut mir einfach gut, an gemeinsame Platte »Lotta verschiedenen Dingen zu arbeiten. Das hält You got a lot on your mind Sea Lice« aufgenommen – und ihre Band mit Musike- mein Gehirn auf Trab.« Mit unterschiedli- You know that half the time rinnen von Sleater-Kinney chen Musikern zu arbeiten, sei auch immer It’s only half as true und Warpaint besetzt. ein Lernprozess, erklärt sie. Und es bewahre Don’t let it swallow you vor lähmender Routine. Denn auch wenn keine direkte Verzweiflung den Weg für »Tell Me How You Dass der Erfolg vieles für sie verändert hat, verneint Barnett. Really Feel« geebnet hat, gab es durchaus eine gewisse Er habe eher die Beurteilung ihrer Musik durch andere Orientierungslosigkeit: »Ich war ziemlich unschlüssig, verändert als ihre Eigenwahrnehmung. Da ist sie wieder, in welche Richtung das neue Album gehen sollte«, räumt diese Uneitelkeit, die mit wenigen Worten nüchterne Barnett ein. »Es gab kein Konzept, also habe ich einfach Wahrheiten auf den Punkt bringt. So wie in der Begeggeschrieben, geschrieben und geschrieben. Ganz anders nung auf dem roten Teppich der Grammys. Barnett lacht beim Sound. Da wusste ich von Anfang an, was ich wollte: und verdreht nicht mal die Augen, als sie zugibt, dass es mehr Gitarre. Außerdem sollte die Platte schwerer und eine interessante Erfahrung gewesen sei, aber nichts für dunkler werden.« jemanden wie sie: eine introvertierte Person in einer extrovertierten Welt. You don’t have to pretend you’re not scared Everyone else is just as terrified as you Medication just makes you more upset I bet you got a lot to prove I know you’re still the same

Düsterer ist das Album nur bedingt. Tatsächlich hat Barnett ihren von Garage- und Alternative-Folk geprägten Grunge weiterentwickelt, hin zu einem nuancierten Rock’n’Roll, der – statt den Verstärker bis zum Anschlag aufzudrehen – den eigenen Dämonen mit Wachsamkeit

— Courtney Barnett »Tell Me How You Really Feel«

(Marathon Artists / Rough Trade / VÖ 18.05.18)

— Live in Berlin am 11.06.



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#Pop #Chris Carter

Chris Carter

STÖREN UND VERSTÖREN Chris Carter war einer der Köpfe der Band Throbbing Gristle, deren bekannteste und wahrscheinlich einflussreichste Platte »20 Jazz Funk Greats« heißt – aber keine einzige Jazz-Funk-Nummer enthält. Stattdessen hört man verstörenden Avantgarde- und Industrial-Sound, der seiner Zeit mindestens 15 Jahre voraus war. Lars Fleischmann telefonierte mit Carter und sprach über neue Einflüsse, alte Zeiten und über »Chemistry Lessons Volume One« – sein erstes Soloalbum seit 1999. Illustration: Shay Yacinton Ariely


#Pop #Chris Carter

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evor ich zu meinem Gespräch mit Chris Carter komme, muss ich von Throbbing Gristle und deren 1979er-Album »20 Jazz Funk Greats« erzählen. Daran lässt sich vielleicht am besten erklären, wie diese Band es liebte, ihr Publikum hinters Licht zu führen. Schon das Cover war eine gezielte Fehlleitung. Die vier Gestalten – Cosey Fanny Tutti, Genesis P-Orridge, Peter »Sleazy« Christopherson und eben Chris Carter – sehen aus wie Hippies auf einer Blumenwiese in der englischen Landschaft. Doch beschaulich ist hier wenig, immerhin stehen sie neben Beachy Head, der berüchtigtsten Selbstmord-Klippe des ganzen Königreichs. Throbbing Gristle lag nie etwas an Betulichkeit, das genaue Gegenteil war und ist der Fall: verstören und stören, schmerzen, die wunden Stellen der Gesellschaft nicht nur zeigen, sondern mit einer scharfen Kante darüber reiben, bis es blutet. Aber auch ihr musikalischer Einfluss ist von größter Bedeutung für die Popgeschichte. Throbbing Gristle beeinflussten mit ihrem Industrial-Sound den Postpunk von Bands wie Joy Division, aber auch Geniale Dilletanten und Einstürzende Neubauten – später dann Nine Inch Nails und Marilyn Manson. Selbst extreme Bands wie Craddle Of Filth zehren von jener in Form gegossenen Zerstörung, die Carter und seine Bandmitglieder erschufen. Nach der Trennung der Band im Jahr 1981 schlossen sich Genesis und Sleazy zu Psychic TV zusammen – einer ähnlich legendären Band, die sich in den letzten 35 Jahren von Rock zu Techno und wieder zurück gespielt hat. Chris Carter bildete mit seiner Partnerin Cosey Fanny Tutti das Duo Chris & Cosey. Die beiden testeten Synthesizer aus und klangen dementsprechend mal nach Wave, mal nach elektronischer Avantgarde und Soundtracks. Dieses Duo fand in den letzten Jahren in Blogs größere Aufmerksamkeit. In Zeiten, in denen die elektronische Tanzmusik droht, sich nicht weiterzuentwickeln und zum Mainstream zu verkommen, interessieren sich die selbstgewählten Randbereiche für Sperriges. »Chemistry Lessons Volume One« ist seine erste Soloplatte seit 1999. »In meinem Ansatz bin ich dann vielleicht noch ein wenig verquerer«, überlegt Carter, mit dem ich per R-Gespräch nach England verbunden bin. »Ich spiele mit den Erwartungen. Bei einigen Nummern auf der Platte sagte Cosey, dass wir das für das Duo verwenden sollten. Bei einigen lehnte sie es sehr bestimmt ab.« Chris telefoniert vom Studio aus. »Ich bin Workaholic und sitze hier jeden Tag acht Stunden, wenn wir nicht auf Tour sind«, erzählt er. Es ist noch recht früh in der Promo-Phase und Carter eher aufgeregt als genervt. »Bei mir kamen bisher wenige Rückmeldungen zum Album an: Wie fandest du es denn?« fragt er mich. Ich sage ihm, dass mich vor allem die somnambulen Qualitäten beeindruckt hätten und es schon mutig sei, auf 25 Stücken so konsequent nichts zu erzählen, sondern zu einem bunten Mix aus Gedanken einzuladen. »Mein Ziel war es, viele Gedankenspiele unterzubringen. Ich wollte meine Experimente offenlegen.« Auf die Frage, ob der Titel wörtlich gemeint sei, antwortet Carter trocken: »Ich bin ein Laborarbeiter. Klar. Ich probiere sehr viel aus beim Mixen von Sounds. Wir hatten sogar überlegt, mich in einem Laborkittel auf dem Cover abzubilden, aber das fand ich zu cheesy.« Das Soundspektrum des Albums ist entsprechend breit gefächert: Experimentelle Miniaturen treffen auf verspielte Melodien, aber auch Krach und Störgeräusche. Insgesamt

gibt es eher zu viele Ideen als zu wenige. Man könnte fast schon von einer Zeitreise reden – immerhin gibt es auch immer wieder Trademark-Sounds aus allen Phasen seiner Karriere. »Tatsächlich war meine Auseinandersetzung mit den BBC Radiophonic Workshops aus den 60ern ein Motor für die Platte. Diese Studios, die versucht haben, Musik für Radio und TV zu erfinden, haben mit ihren benutzten Geräten und Geräuschen die Avantgarde mit der populären Musik vereint. Commercials, Teaser, Trailer – alle für den Markt geschaffen, als Hintergrundmusik für Hörspiele. Ein wahnwitziges Spektrum. Wie die Imagination einer Zukunft – die jedoch so nie eingetreten ist.« Das ist aber nicht alles, was sich mit der Vergangenheit verbinden lässt – man denke nur an die aktuellen politischen Entwicklungen in England. Carter sieht wenig Unterschiede zwischen den 80ern und der Jetztzeit: »Thatcher und Reagan unterscheiden sich kaum von May und Trump. Ich sehe da dieselben Probleme und dieselben Ängste in großen Teilen der Cover Bevölkerung. Wir haben auch immer Musik Das dritte Album der Band gemacht, um Protest zu vermitteln. Das ist erschien im Dezember 1979. Es ist das erste, das heute mindestens so wichtig wie damals. Ich komplett im Studio aufvermisse Demonstrationen – davon gibt es genommen wurde. Zuvor hatte die Band Live- und zu wenig!« Studio-Aufnahmen miteinTrotz all der Wut, die er vermitteln möch- ander kombiniert. te, sind seine Stücke frei von Parolen. Wahre politische Kraft lasse sich fast unmöglich in BBC Radiophonic Parolen ausdrücken, so Carter. Zu Zeiten von Workshops Throbbing Gristle habe man noch daran geDiese Abteilung der BBC glaubt. Doch gerade das Feedback, das er über saß in den berühmten die letzten Jahrzehnte bekommen habe, sei ein Maida Vale Studios in der anderes gewesen: Die sprengende Kraft der Delaware Road in London und existierte von 1958 bis musikalischen Entscheidungen habe Throb- 1998. Dort entstand zum bing Gristle und Chris & Cosey erst zu dem Beispiel der Filmscore für gemacht, was sie waren: Soundtrack für ein die Serie »Doctor Who« und für die Radio- und TVDagegensein, für ein Unzufriedensein mit den Serie zu »The Hitchhiker’s vorherrschenden Zuständen. Dieser Antrieb Guide To The Galaxy«. für das eigene künstlerische Selbst sei bei ihm noch lange nicht gebremst, im Gegenteil – er produziere jetzt mehr denn je: »25 Stücke sind zwar viel, aber es gibt auch noch ein Volume Two. Ich glaube, dass das gerade gebraucht wird.« — Chris Carter »Chemistry Lessons Volume One«

(Mute / PIAS / Rough Trade)

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#Pop #DJ Koze

DJ Koze

»POP OHNE REFRAIN IST W DAS!«

Schräges, Poppiges und illustre Gäste: DJ Koze gönnt sich auf seiner neuen Platte »Knock Knock« die Freiheit, zu mixen, wie er will und mit wem er will – völlig ungeachtet von Trends und dennoch den Nerv treffend. Wie kann das sein? Carina Hartmann traf sich mit dem Hamburger PampaChef zum Gespräch über eine echte Rarität: zeitlose Musik. Foto: Iga Drobisz

er da? Ewig her, dass Stefan Kozalla alias DJ Koze ein Album veröffentlicht hat! Auf »Knock Knock« – Nachfolger des großartigen »Amygdala« Dancefloor-Albums »Amygdala« – mussten Für diese LP bekam Koze Elektronik-Liebhaber mal wieder ganze fünf neben Nennungen in Jahre warten. Zeit, die sich Koze genommen hat. HerausJahresbestenlisten auch den Kritikerpreis beim Echo 2014: gekommen ist ein wahres Klangmonument aus 17 (!) Songs, »Das ist mein Schritt ins in denen der Produzent aus dem Norden Deutschlands Establishment. Mein nächster alle erdenklichen musikalischen Verzweigungen seiner Echo wird an Verkaufszahlen gekoppelt sein, der danach bisherigen Karriere streift, ohne sich an einer von ihnen ans Lebenswerk. Die Polls festzuklammern. sind mir natürlich wichtiger, da Klar, man hört Disco, Soul, Techno und die abstraksie überwiegend von Lesern bestimmt werden. Generell ten HipHop-Beats heraus, die er wie gewohnt psychedehalte ich solche Jahrescharts lisch miteinander verrührt. Doch als sei das nicht genug, nur für relevant, wenn ich eine wirft er jetzt auch noch Indie-Rock und Deep House Top-Position einnehme.« mit rein. Sogar ein Hauch von Easy Listening lässt sich


#Pop #DJ Koze

herausfiltern. Obendrauf hat sich eine beachtliche Schar von Gästen eingefunden, die mit ihren Vocals die Songs verzieren. So singt die irische Ausnahmekünstlerin Roísín Murphy auf »Illumination« hypnotische Textzeilen über ein psychedelisches Instrumental – irgendwo zwischen Club-Sound und 70er-Jahre-Folkrock. Sophia Kennedy, die letztes Jahr ebenfalls eine LP auf Kozes Label Pampa Records veröffentlicht hat, klingt auf »Drone Me Up, Flashy« hingegen wie die abgespacte Version einer 20erJahre-Sängerin. Außerdem vertreten: Mano Le Tough, José González, Lambchop-Frontmann Kurt Wagner und ein Bon-Iver-Sample von »Calgery«, das sich auf »Bonfire« mit synthetischen Strukturen verknotet. Eine ungewöhnliche Feature-Liste also – und ein ungewöhnlicher Spagat zwischen Neu und Alt, Pop und Underground, mit dem sich in Koze-Manier verschiedene Sphären miteinander verbinden. Der Welten-Erschaffer hat mal wieder zugeschlagen! »Ich habe das Gefühl, dass ich mir fast manisch meine eigene Welt ausmale«, grübelt Koze abgehetzt von den zahlreichen Fotoshootings und Interviews der letzten Tage. Schnell stopft er sich einen Keks in den Mund, bevor er schmatzend weiterredet. »Und dann ist da dieser Hang, mir auch noch Leute in die Welt zu holen, die gar nicht hineinpassen«, führt er weiter aus. Lambchop und Roísín Murphy auf einem Album – das ist zweifelsohne kurios. Und dennoch: Am Ende klingt das alles unglaublich smooth und logisch. »Weil es einen gibt, der sie durchführt.« Koze schmatzt nun noch zufriedener. »Wo wir schon bei Welten-Erschaffen sind: Mir ist aufgefallen, dass ich gerne HipHop-Beats hören will. Aber ohne Rap. Lieber mit Gesang aus einer anderen Welt. Aber das gibt es ja gar nicht. Also baue ich mir das alles selbst zusammen. Ich würde diese Musik gerne woanders hören, dann müsste ich sie nicht selbst machen. Aber auch gut, so ist eben meine Lebensplatte entstanden! Alle Einflüsse aus meiner Jugend und die Anfänge meiner Musik bis heute stecken da drin. Das ist wie eine kleine Reise!« Man muss dazu sagen: Koze verarbeitet all das nicht nur, weil er ein verdammter Liebhaber von Klang-Reminiszenzen ist. Das wilde Wandern durch die Jahrzehnte bringt auch einen entscheidenden Vorteil mit sich: Geschaffen wird ein Raum, in dem quasi alles erlaubt ist und losgelöst vom aktuellen Kontext der Musiklandschaft erscheint. Gerade weil er sich nicht auf ein bestimmtes Genre und erst recht keinen Trend festnageln lässt. »Ja, ich wollte so etwas wie zeitlose Musik erschaffen! Zeitlos ist für mich vor allem, was heruntergestrippt ist. Weil nichts daran nervig ist. Wenn man Layer aufträgt, fette Schichten und große Gefühle, dann kann man über die Zeit nur scheitern. Aber wenn du es herunterkochst auf wenige Zutaten, die in sich knackig und organisch sind, dann habe ich automatisch das Gefühl: Das ist zeitlos.« Entstanden ist »Knock Knock« ohne den Druck, überhaupt ein Album vorlegen zu müssen. Wie schon bei »Amygdala« wurde ein Großteil der Platte in einem Fischerdorf im nordspanischen Galizien, in dem der Tag nur von Hell und Dunkel bestimmt wird, sowie in Hamburg nach und nach justiert. »Das war ein Flicken-Teppich, den ich hin und her getragen habe. Ich denke in Spanien immer: Irgendwie hätte ich es gern, dass die nette Schlachterin oder der nette Tischler etwas damit anfangen kann. Also versuche ich, in meiner komischen Welt folkloristisch zu sein – und so poppig wie möglich. Wenn ich in Hamburg bin, passiert das Gegenteil. Am Ende gucke ich, ob beides an jeweils beiden Orten funktioniert.« Abwechselnd wurden so Gesangsspuren zurechtgeschnitten, mit Klangschichten unterlegt und collagierte Soundschnipsel hinzugefügt. »Danach habe ich die Songs in allen Zuständen getestet:

morgens, abends, besoffen, nüchtern, depressiv, euphorisch. Die Hälfte hat das nicht überstanden und musste rausfliegen.« Dennoch haben es stolze 79 Minuten auf die Platte geschafft. In Zeiten von Skip-freudigen Spotify-Hörern, für die die Zeit nicht schnell genug vergehen kann, durchaus Sophia Kennedy mutig. Doch auch über die »ADHS-kranke Gesellschaft« Miss Kennedy ist sozuhat sich ein Koze natürlich ausreichend Gedanken gemacht. sagen eine Schwester im Geiste. Als wir letztes Jahr Das Ergebnis: »Dafür bin ich nicht verantwortlich! Ich setze mit ihr über ihr selbstbemich über so ein Hörverhalten hinweg und mache meinen titeltes Debüt sprachen, Kram.« Trotzdem, und das ist tatsächlich überraschend, sagte sie zum Thema stilistische Freiheiten: »Man pendelt sich fast jeder Song auf kurzlebige vier Minuten kann doch alles machen, ein. »Und das aus guten Gründen: Früher habe ich mich oft wenn man nicht nervt und in Acht-Minuten-Stücken mit bekifften Sounds versteckt nicht scheiße dabei ist.« Das Interview findet ihr und dachte, ich komme so damit durch. Wenn ich mir das auf intro.de unter #Sophia heute anhöre, denke ich: Das hat keine Essenz und eiert Kennedy. unnötig rum. Ich habe das Gefühl, das hier ist alles sehr viel kondensierter.« Neu ist auch, dass es dabei bewusst Pampa Records in Richtung Song gehen sollte: »Ich mache meine krude Koze betreibt das Label Musik gerne, und trotzdem will ich Hooks anbieten, damit mit Marcus Fink bereits seit 2009 und nutzt es für Leute sich einhaken können. Pop ohne Refrain ist das. eigene Releases und für Ich mache alles – bis der Refrain kommt. Und dann lasse elektronische Musik, die ich ihn ohne Vocals stehen. Ich liebe das! Das muss man zwar im weitesten Sinne tanzbar ist, aber wenig von können«, befindet Koze gar nicht bescheiden. Aber nun gängigen Klangkonvenja, er sei eben auch ein »komischer Hybrid«. tionen hält. Koze selbst Bei diesem Stichwort kommt Kozalla zum Ende des nannte es zum Release des ersten Labelsamplers 2016 Interviews dann auch nicht umhin, noch eine komische »zeitlose Musik von AusGeschichte zu erzählen. Die geht folgendermaßen: »Im nahmekünstlern, die auch Hauptbahnhof steht immer ein Jesus-Freak, der die ganze in 20 Jahren noch Bestand haben wird. Musik, die uns Zeit schreit. Ein Wahnsinniger, denke ich immer. Aber die berührt und hoffentlich Wahrheit ist: Wenn ich ihm länger zuhören würde, würde auch den Rest der Welt.« ich begreifen, dass das in seinem System alles total Sinn macht. Der muss sich nur nicht beweisen, und dem ist es auch egal, ob ihn andere für verrückt erklären. Für mich ist das eine Form von Freiheit.« Fragt sich nur noch: Darf man jetzt Parallelen ziehen? Ist DJ Koze der schreiende Jesus-Freak der elektronischen Musik? »Weiß ich nicht, aber ich freue mich auch über mein geschlossenes System, in dem man sich zurechtfinden muss. Es macht nicht alles sofort Sinn auf der Platte, aber nach einer gewissen Zeit schon.« Zeit, die sich jeder nehmen sollte. Dann entpuppt sich das verschrobene Gemisch aus Club-Sozialisation und Pop-Affinität schnell als wahrlich hinreißend. Ob »Knock Knock« damit tatsächlich die Jahrzehnte überlebt, wird die Zukunft zeigen. Im Hier und Jetzt kann es allerdings nicht viel Aufregenderes geben. — DJ Koze »Knock Knock« (Pampa / Rough Trade / VÖ 04.05.18)

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What happens auf’m Festival stays auf’m Festival. Von wegen: Am 28. Mai kommt der Festivalguide. Ihr könnt euch auf was gefasst machen!


Collage: Tyler Spangler

#Kultur

#Kultur

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#Kultur #Literatur #Bruce Dickinson

Er lebt ja noch Autobiografien werden meist hastig veröffentlicht und selten im Vorfeld der begleitenden Interviews gelesen. Warum auch, bei einer der weltgrößten Metalbands reicht es ja wohl, die Anekdoten abzuklappern und das Selfie mit Bruce einzusacken, von dem man geträumt hat, seit man Teenager war. Und so kommt es, dass der rastlose MaidenSänger ausgerechnet zur literarischen Leistungsschau Lit. Cologne eingeflogen wird, um auch noch die Welt der Elke Heidenreichs und Frank Schätzings als Exot zu durchtanzen. Statt »Scream for me, Long Beach!« also »Scream for me, Lit.Cologne!«, doch davor hatte das Schedule eine Mütze Schlaf gesetzt, die ihm ein Trupp Hamburger Kanalarbeiter jedoch wegsabotierte. Dickinson sitzt entsprechend übernächtigt in einer grauen Jogginghose mit Micky-Maus-Aufdruck in einem Kölner Hotel und wartet ungeduldig auf das Tagesprogramm. Wenn der Ablauf stoppt, flitzt er schnell zu einem Tisch voller Bücher und signiert schon Bruce Dickinson ist fast 60. Seine Band Iron Maiden hat ihn nie mal ein Kontingent weg, das Leben ist kurz. Beim Schreiben dieser Autobiorichtig ausgelastet, und in seinem Leben häuften sich Geschichten grafie, wird er später auf der Lesung bis unters Dach. Wer seine Autobiografie »What Does This erzählen, habe er vor einem einzigen Button Do?« liest, kann sich davon überzeugen. Einen köstlichen Pint Bier im Pub gesessen und sei immer wieder angesprochen worden; einAppetithaben serviert Carsten Schumacher, der Dickinson auf dem mal auch, wer er denn sei, er sähe so Kölner Festival Lit.Cologne traf. Foto: Frederike Wetzels prominent aus. Als er dann aufklärend mit seinem Namen aushalf, sei einmal ein spontan-überraschtes »Ich dachte, Sie wären tot?!« zurückgekommen. Das klingt nach einem ockstar, Fechter, Pilot. Ehrendoktor in Musik, Ed Force One unendlich viele Platinscheiben und eine golde- Ehemals eine Boeing 757, verschollen geglaubten Afrika-Forscher oder anderer hunne Himbeere (für »Bring Your Daughter To The ist die neue Ed Force One dertjähriger Geschichte, hat aber vermutlich eher etwas nun eine 747-400. Berühmt mit Dickinsons (überwundener) Krebserkrankung zu tun. Slaughter«). Er hat den Krebs besiegt, ein Ge- wurde die nach der Air schichtsstudium absolviert, hat mehrere Bücher Force One des US-Präsiverfasst und ein halbes Jahr in der Armee ihrer Majestät denten benannte Maschine, als der Spiegel-Redakteur gedient. Er ist in zweiter Ehe verheiratet, dreifacher Vater Mathieu von Rohr im Juni Punk ist ein Schwein und wahrscheinlich jetzt schon wieder dabei, die Boeing 2016 ein auf dem Flughafen 747-400 (Kosename »Ed Force One«) durchzuchecken, Zürich aufgenommenes Genug der Hemingway’schen Vergleiche, dieser umtriebige Foto twitterte. Dort sah weil es seine Hauptlebensaufgabe, die Band Iron Maiden, man die im Vergleich winMann entstammt keiner konservativen Bürgerfamilie der nie lange zu Hause hält. Allein die Aufzählung stresst und zigen Jets von Bundeskanz- Mittel- oder gar Oberschicht, sondern einer nordenglischen ließe noch unerwähnt, dass er eine Sendung des Discovery lerin Merkel und Präsident Arbeiterfamilie; und die musikalische Epoche, für die er Hollande im Schatten der Channel und eine des Radiosenders BBC 6 moderiert hat, übergroßen Iron-Maidenberühmt ist, ist die New Wave Of British Heavy Metal, andas Drehbuch für einen Film über Aleister Crowley verfasst Maschine. geblich im Sound vom zeitgleich explodierenden Punk der und auch noch als Experte für Eisenbahntechnologie gilt. späten 70er, frühen 80er beeinflusst. Tatsächlich aber sitzt Die meisten Geschichten und Interviews, die jetzt beglei- Aleister Crowley er hier, schwärmt vom jazzy Groove eines Ian Paice oder der tend zur Veröffentlichung seiner Autobiografie »What Does Der britische Exzentriker Stimme Leonard Cohens und indirekt von Kirchenmusik This Button Do?« erschienen, haben nur einen Bruchteil und Okkultist Aleister (»Ich hab eine Schwäche für Musik, die klingt, als könne Crowley war Kokain- und man sie auch in einer Kirche spielen wie beispielsweise davon aufgezählt und waren doppelt so beeindruckend. Heroinsüchtig, gründete »Let It Be«. Oder Gospel mit diesen großen Stimmen, Den Fans war das meiste davon eigentlich schon bekannt, angeblich auf Anweisung des altägyptischen Gottes uh yeah ...«). Sind Iron Maiden nicht diese Band mit den Dickinson hält damit überhaupt nicht hinterm Berg. Horus eine Religion und Fußball-Chören, also jenen Passagen in den Songs, die das Aus der legendären Tour, bei der er die Crew, die Band erklärte sich schließlich Publikum weltweit in bummsvollen Stadien voller Inbrunst und das Equipment in der Ed Force One von Kontinent selbst zum Gott. Laut (meist auf dem Vokal »O«) mitsingt? »Steve schreibt die zu Kontinent flog (323 Tage, 154 Konzerte auf fünf Konti- Dickinson hat ihm L. Ron Hubbard die Idee für SciFußballchöre«, stellt er klar. Aber waren Punk und Menenten, 4,3 Millionen Besucher), wurde »Flight 666«, der entology gestohlen. Mick tal in diesen Tagen des brodelnden Untergrunds nicht Film. Alles rund um Maiden lässt sich verwerten, und Jagger, Jimmy Page und Dickinson ist zudem absoluter Profi – eloquent, sympa- Ozzy Osbourne haben sich Geschwister, zumindest Cousins? Dickinson ist entsetzt. neben vielen anderen mit Okay, sein Bassist und Bandkopf Steve Harris hatte in einer thisch, emsig. Aber niemand fragt, warum. Warum lebt seinen Schriften beschäfer sein Leben, als sei der Teufel hinter ihm her? Er ist tigt. Sein Konterfei findet Dokumentation schon einmal klargestellt, dass er Punk Jahrgang 1958, eigentlich sollte er eine Villa in der Toskana sich ebenso auf dem Cover hasse ... »Wir alle! Ich hab mir die Sex Pistols angesehen von »Sgt. Pepper’s Lonely besitzen, mit Lars Ulrich Kunst sammeln, vielleicht mit Hearts Club Band«. und gedacht: Ja, ist ein netter Gimmick, ein paar GestalJames Hetfield auf die Bärenjagd am südlichen Ende des ten, die mit Metal kein Geld verdienen konnten und nun nördlichen Polarkreises gehen und alle Jahre wieder mal von so einem Kunsthochschul-Typen gesteuert werden.« Und in Absicht einer Differenzierung hebt er an zu einem eine Abschiedstour mit Maiden geben.

Bruce Dickinson

SCREAM FOR ME, KÖLN!

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#Kultur #Literatur #Bruce Dickinson

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#Kultur #Literatur #Bruce Dickinson

Rant: »Was ich so an dem frühen Metal liebe: Es war kein Dokumentation Metal, es war nur Musik, die einfach hart war. Und ich glau- Im vierten Teil der Reihe be, dass dieses Metal- und Punk- »Metal Evolution« (2011) des kanadischen AnthropoDing ein kleines Missverständnis logen und Metal-Fans Sam darüber ist, was damals passiert ist. Dunn wehrt sich Bandkopf Als das Punk-Ding losging, gab es Steve Harris gegen jeden Einfluss von Punk auf Iron viele Journalisten, die keine Musi- Maiden. Dunn hatte 2009 ker waren. Musiker wollen immer schon die Dokumentation über Musik reden, Journalisten »Iron Maiden: Flight 666« über die legendäre »Someüber alles andere. Und für sie war where Back In Time«-WeltPunk eine großartige Entwicklung, tournee gedreht, bei der denn im Punk ging’s hauptsächlich Dickinson die Band rund um den Globus geflogen um Politik und Gesellschaft. Es hat- hatte. te nicht viel mit Musik zu tun, es nutzte die Musik nur zum Event, als Medium. Und das war auf gewisse Weise auch das Problem von Punk, das war das Ende von Punk als Musikform, denn es war keine Musikform. Eine Menge Leute sind auf den Zug aufgesprungen, die überhaupt nicht an Musik interessiert waren. Die dachten: ›Hey, ich schnall mir ‘ne Gitarre um, wir stellen uns vor Leute und reden Scheiße.‹ Was in Ordnung ist, aber nicht ausreichend für eine musikalische Karriere, an der sie eh kein Interesse hatten. Das Medienecho auf Punk war gewaltig. Eine Menge MetalKids dachten sich: ›Wir rackern uns hier ab, was ist mit uns?‹ Sie fühlten sich ausgeschlossen. Die Entwicklung schuf ein Ghetto. Vor Punk gab es nur Musik, und du konntest Fan sein von Lou Reed, Pink Floyd, Jethro Tull und Iggy Pop – völlig ohne Problem. Danach kam die Zeit der Barrikaden, und du musstest dich für eine Seite entscheiden. Das ist so dumm. Ich mache Punk dafür verantwortlich, die Musik zerstört zu haben.« Bruce Dickinson ist working class, aber kein Punk. Er ist der Errol Flynn der Bühne, aber kein Hallodri. Er ist kritisch, aber kein Defätist. Gegen die EU, aber für die europäische Idee. Pilot, aber im Dienst einer Airline und nicht als Roter Baron. Und wenn man »What Does This Button Do?« liest, erfährt man auch die Antwort auf seine Rastlosigkeit: »Im Leben ging es um Bildung, es ging darum, der Arbeiterklasse zu entkommen,

aber trotzdem mehrere Jobs zu haben. Die einzige Sünde bestand darin, sich nicht wirklich anzustrengen«, beschreibt er die Welt seiner Eltern, die letztlich auch ihn prägte. Niemals aufgeben.

Aus den Kriegstagebüchern Die beeindruckendste Geschichte im Buch seines Lebens ist (neben der Krebserkrankung) jene, in der er während seiner Maiden-Pause mit den Musikern seiner Solo-Phase nach Sarajevo aufbricht – mitten im Jugoslawien-Krieg. Die bosnische Stadt ist von den Serben eingekesselt, Scharfschützen lauern überall, Metallica und Motörhead hatten abgelehnt – trotz Einladung und Schutz der UN. Als Dickinson mit Band aus der Militärmaschine steigt, fünfhundert Pfund Equipment im Schlepp, sollen sie direkt wieder einsteigen und nach Hause fliegen, man wolle bei den Serben nun doch nicht unnötig für Unruhe sorgen, es herrsche jetzt Appeasement-Politik, die britischen Rockmusiker würden nur stören. Dickinson ist bereits dreifacher Vater, aber eben auch einer, der nicht aufgibt und ein Humanist gegen Tod und Teufel. Ein bosnischer Kameramann, der für die Nachrichtenagentur Reuters vor Ort ist, bietet Kontakte an, um die Band durch den Belagerungsring zu schmuggeln; und »auf die Gefahr hin, dass unsere Angehörigen nie einen Penny aus unseren nicht vorhandenen Lebensversicherungen bekommen würden« gehen sie auf das Angebot ein. Die dann folgende Geschichte unterscheidet sich massiv von dem, was andere Bands nach einer Auslandsreise auf Einladung des Goethe-Instituts berichten könnten. Und natürlich wurde sie später Gegenstand eines Films. Die bosnischen Jugendlichen von damals haben ihm das nicht vergessen, haben 20 Jahre später eine Dokumentation darüber gedreht und diesen Husarenstreich für unsere, vor allem aber ihre Nachwelt festgehalten. Natürlich heißt der Film »Scream For Me, Sarajevo«. Danach gefragt, ob er das heute wieder tun würde, meint der übernächtigte Mann in den grauen Jogginghosen nur grinsend: »Wahrscheinlich.« In seinen Songtexten geht es so häufig um Sagengestalten, um Zitate aus der Kulturgeschichte, um die süffigsten Storys des klassischen Altertums. Als welche mythologische Figur sieht er sich denn selbst? »Du kennst die Tarot-Karte ›The Hanged Man‹? Ein Mann, kopfüber hängend, ein Bein über Kreuz, aber mit einem Lächeln im Gesicht, und niemand weiß, warum er lächelt? Dieser Mann bin ich.« — Bruce Dickinson »What Does This Button Do?«

(Heyne Hardcore, 448 S., € 22)



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#Kultur #Kino #Jeff Goldblum #Isle Of Dogs

Jeff Goldblum über »Isle Of Dogs«

ERST DAS KLAVIER, DANN DIE KINDER

Jeff Goldblum ist seit über 40 Jahren auf der Leinwand – und sein Gesicht neuerdings als Tattoo auf Instagram zu sehen. Aktueller Hingucker oder besser Hinhörer ist seine Rolle als einer der Hunde in Wes Andersons StopMotion-Wunder »Isle Of Dogs – Ataris Reise«. Patrick Heidmann sprach mit dem passionierten Jazz-Pianisten über Glanz und Elend des Lebens in der Traumfabrik.

Zweck, um von Verlust, Abschied und bittersüßer Kindheit zu erzählen – wie in »Isle Of Dogs«.

Haben Sie einen Lieblingsfilm von Wes Anderson?

Ich liebe jeden einzelnen, aber für mich sind sie trotz aller Ähnlichkeiten auch sehr unterschiedlich. »Die Tiefseetaucher« und »Grand Budapest Hotel« hre Sprecherrolle in »Isle Of Dogs – Ataris Reise« liegen mir besonders am Herzen, weil ich in ihnen mitist schon die dritte Kooperation mit Wes Anderson. spiele und viele gute Erinnerungen an die Dreharbeiten Warum arbeiten Sie so gerne mit ihm? habe. Aber ich mag auch »Die Royal Tenenbaums« und Wes ist wie seine Filme: liebenswürdig, zutiefst mensch- »Der fantastische Mr. Fox« sehr gerne. lich, bescheiden und brillant. Er ist jemand, der sich Sie sind 65 Jahre alt, Ihr Debüt spielten Sie 1974 neben ernsthaft mit Themen auseinandersetzt, zu denen jeder Charles Bronson in »Ein Mann sieht rot«. von uns einen Bezug hat. Als Boss am Filmset nutzt er Wenn man sich jetzt in sozialen Netzwer- »Ein Mann sieht rot« niemanden aus und will auch keinen übervorteilen. Das ken umguckt, sind Sie beliebter denn je. Das Umstrittener Film des Regisseurs Michael Winner, nennt man wohl Kultstatus, oder? empfinde ich als ebenso wunderbar wie selten. in dem Jeff Goldblum die Manche Kritiker finden Wes Andersons Filme oberfläch- Ich bekomme das natürlich am Rande mit, Rolle eines Kleinkriminellich. Gibt es für Sie neben einer gewissen Ästhetik et- aber ich weiß auch, dass Ruhm flüchtig ist. len spielte. Die Story des was, das all seine Filme verbindet? Wer heute in ist, kann schon morgen wieder Revenge- und SelbstjustizThrillers dreht sich um Man darf nicht denken, seine Filme seien wegen ihrer vergessen sein. So ist das Geschäft. einen Mann, dessen Frau Verspieltheit, Künstlichkeit und Formalität leichte Kost. Macht der Ruhm Ihnen manchmal Angst? und Tochter Opfer eines Wes legt nicht bloß Wert auf eine wunderschöne Ober- Manche Schauspieler haben Schwierigkei- Gewaltverbrechens wurden, woraufhin er nachts mit fläche, seine Genialität zeigt sich darin, dass es in diesen ten damit. Aber ich habe es nie als Belastung großem Erfolg auf Verbrefantastisch anzusehenden Kleinoden immer eine tiefere empfunden, Fans zu haben und Aufmerk- cherjagd geht. Ebene gibt. Das vermeintlich Schräge ist nur Mittel zum samkeit auf mich zu ziehen. Inzwischen bin

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#Kultur #Kino #Jeff Goldblum #Isle Of Dogs

ich selbst auf Instagram und freue mich nicht nur, wenn den Leuten meine Postings gefallen, ab und zu suche ich auch nach #JeffGoldblum. Das ist natürlich albern, und meine Frau schüttelt dann immer den Kopf. Aber es ist so bemerkenswert, was man da alles findet. Nicht nur Fans, die ihre Selfies mit mir posten, sondern auch herrliche kleine Zeichnungen von mir. Neulich entdeckte ich sogar jemanden, der sich mein Gesicht hatte tätowieren lassen. Faszinierend! Das fänden sicher auch Ihre Kinder interessant. Wie hat sich Ihr Leben dadurch verändert, dass Sie im Jahr 2015 Vater wurden und 2017 Ihr zweiter Sohn geboren wurde?

Allein die Tatsache, dass plötzlich diese beiden kleinen Knirpse da sind, macht alles anders. Auch die Beziehung zu meiner Frau Emily Livingston ist noch einmal gewachsen. Kinder sind eine Belastungsprobe für ein Paar, aber sie schweißen zusammen. Seit Charlie Ocean, der jetzt zweieinhalb ist, und River Joe, der zehn Monate alt ist, auf der Welt sind, bin ich ein deutlich emotionalerer Mensch geworden.

Liegt es auch daran, dass Sie seither zu wenig schlafen?

Stimmt. Mein Energiehaushalt ist seither ein anderer. Aber ich bin ein disziplinierter Typ, mir ist Schlaf wirklich wichtig. Also keine Sorge, ich gehe jetzt meistens zwischen 21 und 22 Uhr ins Bett, damit mein Ruhebedürfnis nicht zu kurz kommt. Dann stehe ich gegen sechs Uhr wieder auf, um entweder Klavier zu spielen oder ein bisschen Sport

zu machen. Und ab sieben Uhr wecken wir die Kinder. Bislang würde ich sagen, dass die Kinder mich in Sachen Kraft und Energie eher beflügeln als auslaugen. Sie haben eingangs erwähnt, wie wichtig Ihnen Wes Andersons anständige Art am Set ist. Wie erleben Sie die Enthüllungen und Diskussionen, die im Zuge des Weinstein-Skandals und der #MeToo-Bewegung Hollywood und die Filmbranche erschüttern?

Ich verfolge das sehr aufmerksam. Leider bin ich nicht überrascht – aber erschüttert. Insgesamt finde ich es sehr gut, dass eine dringend nötige Veränderung einsetzt. Männer sollten in allererster Linie zuhören und verstehen lernen. Wir müssen die Frauen fördern und unterstützen, die so mutig sind, ihre schlimmen Erfahrungen öffentlich zu machen. Wir müssen aufmerksam und wachsam sein, sowohl was das Umfeld als auch das eigene Verhalten angeht. Gegenseitiger Respekt, Anstand und Sensibilität müssen wir so groß wie möglich schreiben. — »Isle Of Dogs – Ataris Reise« (USA 2018; R: Wes Anderson; S: Bryan Cranston, Koyu Rankin, Edward Norton, Greta Gerwig, Bill Murray, Jeff Goldblum; Fox; Kinostart: 10.05.18)

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#Kultur #Kino #System Error

System Error

DER HORIZONT DES KAPITALS Florian Opitz’ Dokumentarfilm über die Welt unter den Bedingungen des Kapitalismus beschäftigt sich mit der Religion des Wachstums.

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b in TV-Gesprächsrunden, in Magazinen oder Tageszeitungen: Es fällt auf, dass sogenannte Experten oft mittelmäßige oder gar keine Kenntnisse von Karl Marx’ Werk besitzen. Sie legen dem Trierer Worte in den Mund, die nicht in dessen Schriften zu finden sind. Dann wieder dienen vorgeblich kommunistische Staaten wie zum Beispiel die DDR als Advokaten des Teufels. Dabei darf man sogar als konservativer Wirtschaftswissenschaftler »Das Kapital« in die Hand nehmen. Die meisten Texte von Marx sind eher von beschreibender Natur. Das macht einige Sätze zu hervorragenden Bonmots, die in einer Diskussionsrunde meist Kopfnicken provozieren. Auch 150 Jahre nach Erscheinen behalten viele Beobachtungen aus den blauen Bänden ihre Gültigkeit. Florian Opitz nutzt die Kraft dieser Sätze, wenn er in seinem neuen Dokumentarfilm »System Error« an passenden Stellen Marx-Zitate Weiß auf Schwarz einblendet,

um Übergänge zwischen Erzählsträngen zu gewährleisten. Als Aufhänger reicht ein Begriff: Wachstum. Opitz, der sich in den Filmen »Der große Ausverkauf« und »Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« Themen wie »Krieg und Öl« oder »Beschleunigung« annahm, spielt verschiedene Szenarien, Orte und geschichtliche Momente durch, um immer wieder bei diesen Fragen zu landen: Was ist Wachstum, und wohin führt es? Welche Arten von Wachstum kennen wir? Opitz besucht beispielsweise Rinder- und Hühnerfarmen in Brasilien, deren Ausmaße außerhalb des Vorstellungsvermögens liegen. Doch die Farmer wollen noch größer werden. Sky is the limit, baby ...! Neben dem dezent kommentierenden Regisseur gibt es nur eine weitere kritische Stimme: Der Nachhaltigkeits- und Wirtschaftsforscher Tim Jackson beschreibt die Entwicklungen der letzten 100 Jahre. Er darf den Kapitalismus mit Krebs oder Viren vergleichen und führt die

Absurdität der Wachstumsgläubigkeit vor, die auch nach dem Crash von 2008 vorherrscht. In »System Error« wird jedoch weitestgehend nicht agitiert, Opitz lässt die Jünger des Wachstums selbst sprechen. Die angesprochenen Farmer und den Chefinvestor der Allianz-Gruppe, der locker mit 600 Milliarden jongliert. Den chinesischen Airbus-CEO, der im Smog die Zahlen verliert, die ihn antreiben, und Donald Trump mit einer Interviewpassage aus den 1980ern. Die präsentierte Welt zeigt sich als ganz schön angeschlagen. Opitz’ »System Error« ist präapokalyptisch und wirft die Frage auf, ob es noch lange gut gehen kann, was wir hier fabrizieren. Mehr kann und will der Film gar nicht leisten. Lars Fleischmann — »System Error« (D 2018; R: Florian Opitz; Kinostart: 10.05.18; Port au Prince)


THE XX ▂ FLORENCE + THE MACHINE FEVER RAY ▥ TYLER, THE CREATOR ▁ NINA KRAVIZ ▀ MURA MASA ▂ ODESZA ▃ JON HOPKINS LIVE ▄ BEN KLOCK ▌ MODESELEKTOR DJ ~ APPARAT DJ ▂ CIGARETTES AFTER SEX ◊ LITTLE DRAGON ▄ THE INTERNET ▃ BADBADNOTGOOD ▄ PRINCESS NOKIA ▀ THE BLACK MADONNA ▂ ELLEN ALLIEN ▥ MOUNT KIMBIE ~ RIN ▁ ALMA ▀

KALI UCHIS ▁ ZHU ▃ FATIMA YAMAHA ▥ PARCELS ▄ FISCHERSPOONER ▃ THE BLAZE ◊ WESTBAM ▀ WHOMADEWHO ▂ AMELIE LENS ~ SEVDALIZA ▄ IAMDDB ▥ REX ORANGE COUNTY ∞ ANDHIM ▁ ADANA TWINS ▥ ADRIATIQUE ▃ HUNDREDS ▄ GEORGE FITZGERALD LIVE ◊ TUNE-YARDS ▄ EROBIQUE ▀ ROMAN FLÜGEL ◊ ROBAG WRUHME ▂ NASTIA ▁ HONEY DIJON ▥ THE HACKER PRESENTS AMATO LIVE

ANNA HALETA ▂ ANSWER CODE REQUEST LIVE ▥ ANTIGONE ~ BINH ▀ CARLOS VALDES ▁ CEM ◊ CLAIRE MORGAN ▂ CLEVELAND ▄ COELY ~ CORMAC ∞ DANA RUH ▂ DJ SEINFELD ◊ EFDEMIN ▁ FAKA LIVE ▃ FATIMA AL QADIRI ▥ GURR ▁ HAAI ▃ INGA MAUER ▀ JAYDA G ◊ JON HESTER ▂ JUNGLEPUSSY ▃ KEDR LIVANSKIY ◊ KID SIMIUS ▁ KIM ANN FOXMAN ▥ KLEE ▄ KUSO GVKI ▂ LA FLEUR ▃ LANARK ARTEFAX LIVE ▀ LAYTON GIORDANI ~ LEO POL LIVE ◊ LUCY ▁ MARC MIROIR ▥ MAVI PHOENIX ∞ MIRELLA KROES ◊ MOSCOMAN ▁ MOSES SUMNEY ~ OLIVER HAFENBAUER ▀ OR:LA ∞ ORSON WELLS ▥ Ø [PHASE] LIVE ▂ PROJECT PABLO ▄ RONE ▂ SEDEF ADASI ◊ SIRIUSMO ▃ SMERZ ~ SOMEWHEN ▀ SUPERORGANISM ▂ TIJANA T ▄ TOMMY CASH ~ VICTOR ▥ VINCENT NEUMANN ▀ YELLOW DAYS ▂ ZENKER BROTHERS ∞ AND MORE

13—15 JULY 2018 FERROPOLIS, GERMANY GET YOUR TICKETS NOW: WWW.MELTFESTIVAL.DE

#melt2018


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#Kultur #Kino

7 Tage in Entebbe

WENN DIE ZEIT NICHT WIE IM FLUG VERGEHT In den 1970er-Jahren gab es zahlreiche palästinensische Terroraktionen gegen israelische Zivilisten. Bei der Entführung eines Flugzeugs wurden die Palästinenser von zwei deutschen Terroristen unterstützt. Der Thriller rekapituliert das Drama.

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Tage in Entebbe« ist ein Thriller nach wahren Begebenheiten. Die Handlung spielt sich im Jahr 1976 zwar größtenteils auf ugandischem Boden ab, hat in Wirklichkeit aber viel mit der deutschen Geschichte zu tun. Jene Entführung einer Air-France-Maschine auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris, um die es geht, betraf viele israelische Passagiere, während sich unter den Geiselnehmern neben zwei palästinensischen auch zwei deutsche Terroristen befanden. Sie entstammten den linksextremen Revolutionären Zellen, verhinderten aber nicht, dass im Laufe der eine Woche währenden Entführung jüdische Geiseln selektiert (!) wurden. Die Juden mussten im Terminal des Flughafens der ugandischen Hauptstadt Entebbe ausharren, während andere Geiseln gehen durften. Regisseur José

Padilha (»Tropa De Elite«, »Narcos«) besetzt Daniel Brühl in der Rolle des RZ-Kämpfers Wilfried Böse, der mit seiner Genossin Brigitte Kuhlmann (Rosamunde Pike) ursprünglich RAF-Mitglied Ulrike Meinhof hatte freipressen wollen, die allerdings zwei Monate vor der Aktion tot in ihrer Zelle aufgefunden worden war. Die Geschichte inszeniert er als Thriller im Stile der 1970er-Jahre, fügt der Erzählung hier und da eine menschliche Komponente hinzu – und erfindet noch dazu eine fiktive Rahmenhandlung. Bis heute halten sich Geschichten über eine »kritische« Beteiligung Böses, der bei der Stürmung des Terminals durch ein israelisches Spezialkommando den Geiseln geraten haben soll, in Deckung zu gehen, bevor er auf die Soldaten schoss. Wie schnell man in Deutschland zum Helden werden kann! Aber die Nazis waren schließlich auch nur Menschen, und sogar ganz schön viele. Padilha gelingt ein spannender Film über die politischen Wirrungen im Kalten Krieg, in denen auch die deutsche Linke, ob militant oder harmlos, nicht selten die Orientierung verlor. Eine Zeit, die nachhallt. Paula Fuchs — »7 Tage in Entebbe« (GB/USA 2018; R: José Padilha; D: Rosamunde Pike, Daniel Brühl, Eddie Marsan; Kinostart: 03.05.18; eOne/Fox)

Der Dokumentarfilm »Sympathisanten: Unser Deutscher Herbst« (D 2018; Kinostart: 24.05.18; NFA) beschäftigt sich mit einer Zeit, in der die Bundesrepublik Deutschland sich nicht nur in den ausführenden Staatsapparaten für den Kampf gegen den Terrorismus wappnete – und Terrorismus meint die Aktionen der Rote Armee Fraktion (RAF) –, auch propagandistisch legte man sich ins Zeug. So wurde jeder, der die Handlungen der RAF analysieren statt bloß verteufeln wollte oder gar die herrschende Politik und ihre Haltung den linken Militanten gegenüber hinterfragte, zum Sympathisanten erklärt. Es war ein paranoisches gesellschaftliches Klima, in dem auch Prominente wie der Schriftsteller Heinrich Böll öffentlich an den Pranger gestellt wurden. In Felix Moellers Film kommen Betroffene verschiedener Couleur in Interviews und historischen Aufnahmen zu Wort.


#Kultur #DVD

The Killing Of A Sacred Deer

FALSCHES LEBEN IM RICHTIGEN FILM Manche Horrorfilme schocken mit Blut, andere halten einfach den Boden der Realität schräg und sehen den Figuren beim Absturz zu. Filmautor Giorgos Lanthimos (»The Lobster«) wählt in seinem jüngsten Meisterwerk die zweite Methode.

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uerst zum Bücherwissen: Wer Euripides’ Bühnenstück »Iphigenie in Aulis« neulich zu Gesicht gekriegt hat, weiß angeblich sofort mehr über den cineastischen Albtraum, den der Regisseur mit uns teilen möchte, schließlich basiert der Film auf Motiven des Dramas. Es geht um Opfer, die man zu bringen bereit ist, zum Beispiel für die Familie, für die geistige Gesundheit oder für das Seelenheil. Lanthimos sorgt mit seinem eiskalten, verstörenden und merkwürdig zwanghaften Film dafür, dass diese Opfer erbracht werden. »The Killing Of A Sacred Deer« handelt von einem arrivierten Chirurgen namens Steven Murphy (Colin Farrell), der ein erfolgreiches Berufs- mit einem leicht sterilen Privatleben verbindet. Im Ehebett ist ebenfalls fetischisierte Routine angesagt – damit ihr Mann auf Touren kommt, muss Murphys Frau beim Sex Bewusstlosigkeit vortäuschen. Tagsüber trifft sich der Arzt manchmal heimlich mit einem derangiert wirkenden Teenager (Barry Keoghan), dem er teure Geschenke macht, als gelte es, eine schicksalhafte Balance wiederherzustellen. Offenbar vergeblich, denn eines Tages erkrankt sein Sohn an einer mysteriösen Lähmung, für die selbst die Experten keine Erklärung haben. Die Logik des Films scheint nach einer drastischen Maßnahme zu verlangen, was zunächst weder der Protagonist noch das Filmpublikum wahrhaben möchte. Die Landschaft, in der »The Killing Of A Sacred Deer« spielt, ist eine, die man auf der Leinwand für gewöhnlich nicht zu Gesicht bekommt. Zwar sind die Kulissen der Handlung vertraut, doch den agierenden Figuren scheint mindestens eine menschliche Dimension zu fehlen. Regisseur Lanthimos lässt sein Personal mit einer roboterhaften Emotionslosigkeit sprechen, die von Anfang an für Beunruhigung sorgt: Etwas ist falsch in dieser vermeintlich aufgeräumten Welt, und diese Falschheit wird allmählich zur Bedrohung, die auf den Zuschauer überspringt. Noch schlimmer: Beim Versuch, die Symbolik der gleichnishaft anmutenden Erzählung zu entschlüsseln, gleitet das Publikum in dieselbe Leere ab, die sich auch

in Steven Murphys hilflosen Aktionen spiegelt. So gut wie alle inszenatorischen Stellschrauben spielen sich auf einer formalen Ebene ab, wodurch dem Regisseur etwas Faszinierendes gelingt: ein Horrorfilm, dem unterwegs alle traditionellen Genre-Koordinaten wegbrechen, bis am Ende nur noch instinktive Ängste übrig bleiben. Schwer zu sagen, was »The Killing Of A Sacred Deer« letztlich bedeutet und aussagt – doch als Diskussionsmunition wird der innovative und effiziente Film seinem künstlerischen Anspruch mehr als gerecht. Alexander Dahas — Intro empfiehlt: »The Killing Of A Sacred Deer« (IRL/ GB 2017; R: Giorgos Lanthimos; D: Colin Farrell, Nicole Kidman, Barry Keoghan; Alamode)

»Wim Wenders drehte 1993 mit ›In weiter Ferne, so nah!‹ ein Sequel zu ›Der Himmel über Berlin‹ – und fünf Jahre später gab es ein US-Remake mit Nicolas Cage und Meg Ryan: ›Stadt der Engel‹. Bis heute wirkt das schwermütige Märchen jedoch im Original am eindrucks­ vollsten: Man wähnt sich in einem Werk von Jim Jarmusch, dessen Figuren Tranquilizer geschluckt haben und einen Traum von sich selbst träumen.« Paula Fuchs in der letzten Ausgabe zur 4-K-restaurierten Kinofassung von »Der Himmel über Berlin«. Ab 17. Mai als Special Edition auf DVD und Blu-ray via StudioCanal.

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#Kultur #DVD

»Essentials wie Laser-Martial-Arts, Weltraum-Battles, Hangar Porn sowie Droiden- und SonstigeWesen-Freakshow und die ganz besonders berührenden Carrie-Fisher-Momente mal beiseitegenommen, entdeckt man plötzlich eine Art Kapitalismuskritik und ein aufblühendes Matriarchat in der Galaxie – jenseits von Jedi. Selbst der Biologismus des Auserwählt-Seins kommt in die ›Star Wars‹-Mottenkiste.« Wolfgang Frömberg auf intro.de über Rian Johnsons »Star Wars – Die letzten Jedi«. Wer das glaubt, wird Jedi oder überzeugt sich selbst. Auf DVD und Blu-ray via Disney.

Fikkefuchs

AKTENZEICHEN XY R Für Rocky und Thorben ist das Leben eine fortlaufende Brunftzeit. »Skandal-Regisseur« Jan Henrik Stahlberg schickt zwei Männerschweine auf die Balz.

ocky ist etwa 50 Jahre alt, leicht ungepflegt und in einem nebulösen Berufsverhältnis. Aber er hat Schlag bei den Frauen. Sagt Rocky. Zu Thorben, seinem Sohn, an den er sich irgendwie nicht erinnern kann und der gerade aus der Psychiatrie entlassen worden ist, nachdem er eine Frau vergewaltigt hat. Thorben möchte vom Besten lernen, wenn es um die Anbahnung von einvernehmlichem Sex geht, und Rocky ist stolz auf seine eingebildete Expertise. Die geht sogar so weit, dass er genau weiß, wer schuld ist, wenn’s mit der Baggerei nicht klappt. Die Frauen nämlich. Zugegeben: »Fikkefuchs«, das Lovechild von Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Jan Henrik Stahlberg, ist etwas grob gehackt, der Humor krass, die Dialoge pornös und alles immer schön an der Grenze zur Geschmacklosigkeit. Der Unterhaltungs- und Wiedererkennungswert liegt jedoch in der satirischen Genialität des Films, und auch jenseits davon hat »Fikkefuchs« noch etwas Tröstliches zu sagen: Es gibt Männer, die sich mit ihrem Verständnis von Sex demnächst selbst aus dem Genpool dividieren. Alexander Dahas — Intro empfiehlt: »Fikkefuchs« (D 2017; R: Jan Henrik Stahlberg; D: Franz Rogowski; Alamode)


#Kultur #DVD

Network

DIE DE-EVOLUTION KOMMT IM FERNSEHEN The revolution will not be televised? Vor gut 40 Jahren drehte Sidney Lumet eine Mediensatire, die im heutigen TV-Programm längst Realität geworden ist.

1977

gab es vier Oscars, einen Eintrag in die Liste der relevantesten US-Filme aller Zeiten und eine zeitgemäße Erinnerung daran, dass Kino schon deswegen besser ist als Fernsehen, weil man dafür immerhin zwischendurch seinen Hintern hochkriegen muss. Sidney Lumets »Network« hatte damals die Tagline: »Television will never be the same«. Und was sich früher wie eine Drohung anhörte, geht heute als Prophezeiung durch. Der Film handelt von einem Nachrichtensprecher namens Howard Beale (Peter Finch in seiner letzten Rolle), der auf seine bevorstehende Entlassung so verschnupft reagiert, dass er seinen Selbstmord vor laufender Kamera ankündigt. Statt den live übertragenen Freitod erwartet die Schaulustigen beim nächsten Sendetermin

dann aber eine Hasstirade, die es in sich hat. Beale zieht über seinen Arbeitgeber und dessen Quotenhörigkeit her. Damit trifft er einen Nerv beim Publikum, das sich daraufhin für seine Weiterbeschäftigung einsetzt. Doch sowohl der zornige Anchorman als auch die zynische Sendeanstalt sind über die Aktion, was grenzüberschreitende Fernsehformate angeht, auf den Geschmack gekommen. Wie Drehbuchautor Paddy Chayefsky wohl fände, dass man 40 Jahre nach seiner bissigen Mediensatire jede Menge Frauentausche, Armuts-Pornografie und Kamelhodenesserei im Abendprogramm zu sehen bekommt, ist nicht überliefert, fällt aber auch nicht ins Gewicht, denn »Network« bleibt auch so brandaktuell. Und zwar weniger durch seine smarte und mit laut herausgebrüllten Attacken garnierte Gehässigkeit, sondern vor allem durch deren Zielrichtung. Wo das Fernsehen heute oft als Entrüstungsinstrument und Schadenfreudemaschine funktioniert, die medienunerfahrene Typen gegeneinander ausspielt, benutzt »Network« die Mattscheibe als Spiegel unserer eigenen hässlichsten Eigenschaften. Alexander Dahas — Intro empfiehlt: »Network« (USA 1976; R: Sidney Lumet; Faye Dunaway, William Holden; StudioCanal)

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#Kultur #Games

Als der junge Prinz Evan nach dem Ableben seines Vaters die Thronfolge antreten will, zwingt ihn ein Putsch zur Flucht aus dem eigenen Königreich. Das muss nun an anderer Stelle von Grund auf neu errichtet werden und ist der Ausgangspunkt für zahlreiche Abenteuer. Im Kern ist »Ni No Kuni II« ein klassisches Rollenspiel japanischer Machart, doch es experimentiert erstaunlich viel mit unterschiedlichen Systemen: Aufbaustrategie, Mikromanagement und taktische Manöver werden schnell ein integraler Bestandteil des Gameplays und bieten immer wieder willkommene Abwechslung, ohne allzu sehr in den Vordergrund zu rücken. Ni No Kuni II Die große Stärke von »Ni No Kuni II« ist allerdings die Geschichte mit all ihren liebenswerten Figuren. Wenn sich nach einigen Stunden das grundlegende Charakter-Ensemble zusammengefunden und auf ein gemeinsames Ziel geeinigt hat, ist es Liebenswerter wird’s nicht mehr: »Ni No Kuni II« ist das perfekte Japan- um den Spieler oder die Spielerin längst geschehen. Dazu trägt natürRollenspiel für Menschen, die normalerweise nichts mit Kulleraugen lich auch die umwerfende Präsentaund sprechenden Katzen anfangen können. tion bei, hat man hier doch endlich den spielbaren Trickfilm vor sich, ls vor fünf Jahren mit »Ni No Kuni« und dem Debüt dementsprechend Bestwertun- den man sich schon seit der Kindheit wünscht. der erste Teil von Level 5s charman- gen einbrachte. In den Credits des nun erschie- Und das lässt auch Kritiker der japanischen tem Rollenspiel erschien, war das eine nenen Nachfolgers steht der Name des japani- Exzentrik über gewisse kauzige Eigenarten kleine Sensation: Für die Produktion schen Trickfilmstudios dagegen nicht mehr. hinwegsehen. des Spiels sind die renommierten Ge- Dafür konnte Level 5 eine ganze Reihe von Philip Fassing schichtenerzähler von Studio Ghibli nämlich ehemaligen Beschäftigten für das neue Projekt erstmals eine umfangreiche Kollaboration mit gewinnen, die mit ihren Animationen, Kom- — »Ni No Kuni II: Schicksal eines Königreichs« für PlayStation 4 und PC (Bandai Namco / Level 5) einem Entwickler eingegangen. Eine Zusam- positionen und Charakterdesigns den Zauber menarbeit, die in fast jeder Hinsicht aufging des Originals mühelos wiederaufleben lassen.

MÄRCHENSTUNDE

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Far Cry 5

PREPPER UNTER SICH D Mit »Far Cry 5« bricht das ewige Chaos der Serie erstmals aus den exotischen Kulissen vergangener Tage aus und verlagert sich in den US-Bundesstaat Montana.

as Ächzen ist kaum zu überhören: Ähnlich wie der namenlose Protagonist von »Far Cry 5« nach einem ordentlichen Sprint außer Atem gerät, ist auch die altersbedingte Müdigkeit dieser populären Shooter-Serie deutlich zu vernehmen. Seit fast 15 Jahren existiert die Reihe nun schon, verändert hat sich mit den letzten Inkarnationen nur noch wenig. Auch mit dem fünften Teil bleibt man der altgedienten Formel treu: Als Teil des Widerstands gilt es einmal mehr, Land und Leute von einer hoffnungslos überlegenen Macht zu befreien. Die tritt diesmal in Form einer wahnsinnigen Prepper-Sekte in Erscheinung, die dank des vermeintlich nahenden Weltuntergangs völlig außer Kontrolle geraten ist und ein komplettes County mit Waffengewalt in ihre Gewalt gebracht hat. Die Präsentation dieser fiktiven

Region in Montana ist mit ihrer Liebe zum Detail ein absoluter Höhepunkt. Wer sich hier die Zeit nimmt, auch mal abseits der gängigen Pfade einen genauen Blick in die Bunker, Bars, Tankstellen oder Jagdhütten zu werfen, wird mit Details belohnt, die bisweilen ganz eigene Geschichten erzählen. Das ist Environmental-Storytelling auf höchstem Niveau. Wer »Far Cry 5« aber vor allem geradlinig durch die Hauptgeschichte folgen möchte, wird schnell auf die großen Schwächen von Missionsdesign und Story stoßen. Am enttäuschendsten bleibt allerdings, dass das Spiel trotz seines patriotisch und religiös aufgeheizten Klimas wirklich gar nichts über den politischen Zeitgeist aussagen möchte. Philip Fassing — »Far Cry 5« für PC, Xbox One und PlayStation 4 (Ubisoft)


#Kultur #Games

A Way Out

PER GLEICHSCHRITT IN DIE FREIHEIT Spannendes Experiment: ein packendes Fluchtdrama, das sich nur mit der Unterstützung eines echten Mitspielers bewältigen lässt.

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s gibt gute Gründe dafür, dass das Gefängnis-Genre bevorzugt im Film zu finden ist und im weiten Feld der Videospiele keine große Rolle spielt. Entwickler werben schließlich gerne mit der weitläufigen Freiheit, die ihre Produkte bieten, und nicht mit engen Einzelzellen und dreimal täglich Freigang. Trotzdem bleiben die ersten Stunden von »A Way Out«, dem neuen Adventure von Hazelight Studios, im Gedächtnis. In der Rolle von Vincent Moretti und

Leo Caruso müssen wir uns erst mal in der neuen Situation hinter schwedischen Gardinen zurechtfinden. Es herrschen die Siebzigerjahre, die Umgangsformen sind dementsprechend rau. Nachdem die beiden Protagonisten zunächst eher unfreiwillig aufeinandertreffen, werden schnell gemeinsame Fluchtpläne geschmiedet. Der große Ausbruch lässt sich in diesem Spiel tatsächlich nur mit einem realen Mitspieler bewerkstelligen. Denn während

der kooperative Modus in vielen anderen Spielen nicht zwingend bedeutet, wirklich zusammenarbeiten zu müssen, geschweige denn überhaupt einen echten Menschen neben sich sitzen zu haben, funktioniert »A Way Out« nur per Splitscreen – und nutzt diesen sogar immer wieder als cineastisches Stilmittel. So muss man sich von Ablenkungsmanövern über die Prügeleien im Hof bis hin zur Räuberleiter wirklich konstant mit dem Partner oder der

Partnerin abstimmen. Während die Geschicklichkeitspassagen und Rätsel dabei eher keine Hürde darstellen, wird die Kommunikation zur eigentlichen Herausforderung – ein reizvolles Spielprinzip. Philip Fassing — »A Way Out« für PlayStation 4, Xbox One und PC (Electronic Arts / Hazelight Studios)

Keine Skills am Controller aber La Paloma pfeifen

Illustration: Alexandra Ruppert

Endlich mal ein Egoshooter, den das Leben programmiert hat. Fernab von bedrückenden Kriegsszenarien oder abseitigen Science-FictionSettings spielt sich das Grauen im »Bahn Simulator 2018« nämlich in den Abteilen deines überfüllten ICE ab. Carsten Schumacher hat sich auf die Suche nach der Bordtoilette begeben. Eigenartig, irgendwie hatte ich »Doom« ganz anders in Erinnerung. In dieser merkwürdig vertrauten Interpretation der Hölle fehlt aber ganz klar der stimmungsvolle Auftakt: Wieso kann ich vorher keine überteuerten Snacks am Bahnhof kaufen oder trotz Sitzplatzreservierung an den geschlossenen Zugtüren drängeln und Hektik verbreiten? Das gehört doch zum authentischen Erlebnis dazu. Immerhin startet man mit einer ordentlichen Waffe: dem Bahn-Magazin (womit geklärt wäre, wozu es überhaupt da ist). Wenn das hier aber wirklich eine deutsche Allmachtsfantasie sein soll (eine weitere), fehlen ganz klar die Infos zur geänderten Wagenreihung. Und wann kommt eigentlich die Zugteilung in Hamm? Die

trockenen Croissants mögen hier ja ganz gut als Wurfwaffe gegen Fußballfans, angetrunkene Junggesellenabschiede und rücksichtslose Yuppies aus der erste Klasse funktionieren, aber wissen die nicht, wie viel so ein Ding im Bordbistro kostet? Sagen wir es so: Mit herkömmlichen Luft-Boden-Raketen vom Typ Hellfire würde man vermutlich noch was sparen. Für Pendler dürfte das alles aber eine sehr therapeutische Erfahrung sein, daher vergebe ich 7 von 10 reservierten Sitzplätzen (bei denen aber leider die Reservierungsanzeige ausgefallen ist). — »Bahn Simulator 2018« ist unter bahn-simulator.com spielbar (Bohemian Browser Ballett)

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Unterwegs mit einem Straßenmusiker

EUPHORIE UND ASPHALT Tom ist einer von unzähligen Straßenmusikern der Hauptstadt. Lange lebte er selbst auf dem Asphalt. Nun soll die Musik ihn aus all dem herausführen und ein neues Leben ermöglichen. »Das ist ein Alles-oder-nichts-Ding«, sagt er selbst über seine vielleicht letzte Chance. Christian Schlodder hat Tom über seine Musik kennengelernt und ihn sechs Monate lang begleitet. Fotos: Maria Sturm


#Life #Reportage #StraĂ&#x;enmusiker

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#Life #Reportage #Straßenmusiker

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Dreißig Stufen trennen den Bahnsteig des schmucklosen S-Bahnhofs Storkower Straße von der noch schmuckloseren Fußgängerbrücke, die auf zwei Seiten über die Gleise der Ringbahn führt. Bis heute suche ich die Stufe, auf der ich kurz innehielt und am Ende entschied, zurück nach oben auf diese Brücke zu laufen.

»Heul nicht rum, reiß dich zusammen! Lass nicht zu, dass sie dich so sehen! Steh wieder auf und lebe! Mehr kann keiner von dir verlangen, Du kannst nur deine Kreise ziehen. Die Frau von der Caritas riecht nach Chanel Und, Bruder, du riechst nach Berlin.« So schallte es die Treppe hinunter. Kratzig, rau und echt vorgetragen, wurden die Worte ebenso kompromisslos von einer verstimmten Gitarre begleitet. Die Bahn fuhr ohne mich ab. Ein rotgeflecktes Gesicht mit rotem Bart, eine weite, ausgetragene Hose und ein schwarzes Kopftuch nahm ich als erstes wahr; dann erst sah ich sein Lächeln. »Hallo, ich bin Tom«, sagte er fast schon förmlich und spielte weiter. Menschen, die an ihm vorbeigingen, hielten inne und drehten sich manchmal sogar um, um zu sehen, wer da von der Schwere des Lebens und dem Licht am Ende des Tunnels sang. »Das wird mein letzter Winter auf der Straße«, sagte er, lange bevor der Winter begann.

Tom spielt regelmäßig auf der Fußgängerbrücke, die man auch als den Langen Jammer kennt. Auch wenn er das Der Lange Jammer nicht wusste, hätte er sich keinen besseren Ort aussuchen Rund um das Gebiet des können: Kurz nach seiner Geburt in Texas wurde er zur S-Bahnhofs Storkower Straße befand sich früher Adoption freigegeben. Ein Ehepaar aus Bayern nahm sich der Berliner »Central Viehseiner an. Es folgten Umzüge zwischen den südlichen und Schlachthof«. In den USA und dem südlichen Deutschland und zurück. Doch 1930er-Jahren wurde die Fußgängerbrücke errichtet, Tom kam nirgends richtig an, schmiss mit 15 die Schule, um den Zugang zur S-Bahn hielt sich mit Jobs über Wasser, traf die eine oder andere zu ermöglichen, ohne den schlechte Entscheidung und erreichte schließlich an Ostern Schlachthof durchqueren zu müssen. Im Volksmund 2016 Berlin für eine Umschulung, aus der nichts wurde. taufte man sie Langer Ohne Wohnung und ohne Geld landete er am Ende auf Jammer. Sie war mit 420 der Straße, und das Einzige, was ihm laut eigener Aussage Metern die längste Fußgängerbrücke Europas, 2002 blieb, war die Musik. Vielleicht hätte er es besser wissen wurde allerdings ein Großkönnen. Berlin war schon immer die Stadt der Unver- teil der Brücke abgerissen. bindlichkeit. Für hoffnungslose Fälle gibt es hier kaum Eine Straße in der Nähe trägt noch den Namen Zum was zu gewinnen. Und oftmals muss man fürs Verlieren Langen Jammer. nicht einmal zu den hoffnungslosen Fällen gehören. Toms Hoffnung war einfach und doch so schwierig zu erreichen: der musikalische Durchbruch, mit dem, so wiederholte er anfangs mantraartig, er seine Kinder, sechs und 13 Jahre alt, aus Bayern zu sich holen würde, sobald er es geschafft habe. Ich teilte diese Hoffnung mit ihm und glaubte, dass er es schaffen könnte, weil er eine Präsenz hatte, die vielen anderen Straßenmusikern fehlte, und seine Lieder eine eigene Kraft hatten, die er immer weiterentwickelte und die auf viele, die an ihm vorbeizogen, übersprang. Lieder, die Leute stehen bleiben und umdrehen ließen. Lieder vom Leben und von all seinen Problemen, in denen man sich wiederfinden konnte, auch wenn diese Probleme im


#Life #Reportage #Straßenmusiker

Vergleich zu denen vieler anderer nahezu nichtig waren. Rund um Weihnachten und Silvester waren die mit Kleingeld am großzügigsten, für die das Jahr am beschissensten lief. Touristen gaben in der Regel nichts und machten eher Handyvideos, was Tom respektlos fand und weswegen er sie routiniert mit Fluchtiraden überzog. Dabei spielte es nicht einmal eine Rolle, ob man Kleingeld, Bier oder Kippen daließ. Einige bezahlten einfach mit Applaus oder einem Lächeln oder einfach nur damit, dass sie umdrehten, zuhörten und sich in all dem wiedererkannten. »Alle Leute sollten mal auf der Straße leben«, sagte Tom. »Ich hab gelernt, dass Menschen eigentlich gut sind. Selbst hinter der größten Arschlochfassade steckt oft etwas Gutes; ganz klein, aber es ist da.«

»Irgendwo da draußen hab ich einen Teil von mir verloren. Ich hab so lang danach gesucht, ich wär dabei fast erfroren. Immer wenn ich am Boden lag, Half mir irgendjemand auf und Ich lief immer nur der Nase nach Und nahm den Schmerz dabei in Kauf.« Man kann die Straße trotzdem sehr leicht verklären und den Abstieg romantisieren, allein schon, weil dort oben auf dem Langen Jammer nicht nur viele Geschichten über Drogen, Gewalt und Obdachlosigkeit erzählt wurden, sondern für viele, Tom inbegriffen, zur Vita gehörten. »Ich dachte, du seist tot«, gehörte zur gängigen Begrüßung. Und doch ließ sich alles auf zwei bekannte Probleme herunterbrechen: das Geld, das nie reichte, und die Liebe, die enttäuschte. Toms Unerschütterlichkeit war ansteckend und euphorisierend. Im Katermonat Januar wurde diese erstmals strapaziert. Wir tänzelten stundenlang frierend von einem Bein aufs andere. Die Kälte des Betons fraß sich durch die Schuhsohlen, doch Toms Interesse galt nur dem nahezu leeren Gitarrenkoffer. Wenn überhaupt entlockte seine Coverversion von Chris Isaaks »Wicked Game« Passanten ein Lächeln, im besten Falle ein paar Münzen. Manchmal wünsche er sich, dass das sein Song sei, sagte Tom, weil er Tiefe hat – und solide Kleingeld brachte. Er spielte ihn nun im Akkord, sodass ich ihn nach zwei gemeinsamen Stunden mit Tom sechsmal hörte – mindestens. »Ich spiele einfach ums Überleben«, sagte er. Toms Musik lockte all die anderen Überlebenskünstler förmlich an. Und nicht nur die. Der aufgeklappte Gitarrenkoffer auf dem Langen Jammer wurde mit der Zeit zum Treff- und Fixpunkt für alles und jeden: Verrückte Frauen mit Hunden, die ihr ganzes Hartz-IV-Geld für sinnloses Hundeequipment ausgaben. Durchgedrehte, die mit Klappmessern in der Luft darstellten, warum sie in einer Woche in die JVA Tegel einfahren sollten. Punks, die vorm Rewe um die Ecke schnorrten. Studenten aus dem nahen Wohnheim. Der Chor des nahen Gymnasiums, der regelmäßig montags nach der Probe mit Tom zusammen sang. Toms Freund Alex, der auch seit Jahren auf der Straße lebte, mit einer dreisaitigen Gitarre Lieder über das falsche Leben sang und der alle mit dem edelsten Wodka versorgte, den man im nahe gelegenen Supermarkt klauen konnte. Spitznamen wie Pogo oder Gabba. Ole ohne Kohle. Typen, die halbgerauchte Zigarren vom Asphalt sammelten und dennoch ihre letzten 20 Cent in Toms Gitarrenkoffer warfen. Nachtschwärmer, die schon vor der

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Party bedrohlich Richtung S-Bahn torkelten. Leute wie du und ich. An manchen Abenden ließen sie alle den Langen Jammer leise zu Toms Musik tanzen und das Drumherum vergessen, was die einen Leben und die anderen einfach Scheiß nannten. Irgendwo dort oben auf dem Langen Jammer verwischte an diesen speziellen Abenden eine unsichtbare Grenze. Dort oben, wo das Dosenpfand oftmals wertvoller als der Doseninhalt war, Amphetamin die Konsistenz von Fugenmasse hatte und die einzige Währung neben Kleingeld Vertrauen war, trafen an diesen Abenden die traurigsten Geschichten auf die hoffnungsvollsten. Tom lächelte. »Bald beginnt der Frühling«, sagte er. »Die Zeit, in der man draußen ein König ist und alles, was man braucht, ein Stück Holz mit sechs Saiten ist.« Doch vorerst wurde der Winter härter, und Tom begann in kleinen alternativen Läden sein Glück zu suchen, in denen eher Münzen als Scheine in der Wechselgeldkasse lagen und man den Blick nur dann vom Tresen oder dem Billardtisch abwandte, wenn es sich partout nicht vermeiden ließ. Hier hieß Tom nur Tex – meist für die, die auf der Straße lebten. An seinem 38. Geburtstag, einem Samstag im Februar, spielte er wieder in einem dieser kleinen Läden. Ein paar wenige seiner Bekannten waren da, und auch sein Freund Alex wartete auf seinen Einsatz. »Jeder in Berlin glaubt, dass er Musik machen kann«, sagte Alex genervt. Auf der kleinen Bühne improvisierte ein Trio ein Ohreninferno mit Elektroorgel und E-Gitarre. Tom schaute sich das Schauspiel verstört an, spielte drei seiner Lieder mit ihnen. Dann brach er ab, weil das Impro-Trio begann, ihn konzeptlos auf der E-Orgel zu begleiten. Er trug eines seiner vielleicht drei Shirts, in denen ich ihn je gesehen hatte, auf dem »The Anti-Heroes Hero« stand. An diesem Abend sah ich zum ersten Mal Zweifel in seinen Augen. Und auch ich zweifelte. Die Euphorie begann sich zur Routine abzuschleifen. Nichts ging wirklich voran. Tom redete seit Monaten von einem Durchbruch, der nicht kam, Obdachlosigkeit und je öfter ich seine Songs hörte, umso eher erinnerten 2016 gab es knapp 30.000 sie mich an radiotauglichen Pop und nicht mehr an eine obdachlose Menschen in Berlin. Aktuelle Schätzunraue Autobiografie der Straße. »Wicked Game« begann zur gen liegen bei etwa 50.000 Folter zu werden. Tom hingegen träumte von Plattendeals und mehr. Dabei muss mit Universal. »Ich habe angefangen, groß zu träumen, als nicht immer eine tragische Geschichte hinter diesem ich nichts mehr zu verlieren hatte«, sagte er – und fragte Zustand stehen. Auch tramich kurz darauf, ob ich ihm Geld leihen könne. gisch: Zunehmend erreicht

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»Ein neuer Tag, ein neues Glück. Das Leben ruft, ich schrei zurück. Ich hab kein’ Plan, ich hab kein Geld. Ich bin der reichste Mann der Welt!«

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Seit einer Weile wohnte er nun in einer betreuten Wohngruppe in der Nähe des S-Bahnhofs. Ein kleines Zimmer mit Matratze auf dem Boden und einem Stuhl waren alles, was er hatte. Er war froh darüber, ohne dass ihm diese vier Wände sonderlich viel bedeutet hätten. Sein Platz war auf der Brücke. Doch der hatte sich langsam rumgesprochen, und immer öfter wartete Tom mit dem Gitarrenkoffer in der Hand darauf, dass die anderen Straßenmusiker das Feld räumten. Ab und an trafen wir uns in einer der Kaschemmen zwischen dem S-Bahnhof Frankfurter Allee und dem U-Bahnhof Samariterstraße, wo man entweder den langweiligsten oder den aufregendsten Abend seines Lebens verbringen konnte. Lieblos eingerichtete Sportbars mit schalem Fassbier, wo man schon am frühen Nachmittag nicht weiß, was und wen die Kneipentür als Nächstes von der Frankfurter Allee in

die Obdachlosigkeit auch schon den Mittelstand.

Chris Isaak »Wicked Game« Isaak machte sich in der 1980ern einen Namen mit 50s-Rock, bevor er »Wicked Game« aufnahm. David Lynch wählte den Song für seinen Soundtrack zum Film »Wild At Heart«. Danach wurde »Wicked Game« unzählige Male gecovert. Eine der bekannteren Versionen ist die der finnischen Band HIM.

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#Life #Reportage #Straßenmusiker

die Gemeinschaft der 24-Stunden-Leben spucken würde. Straßenmusik Wo niemand einen Plan für morgen, geschweige denn für Wie viele Straßenmusiker es in Berlin gibt, lässt sich nächste Woche hat. schwer schätzen. Die Zahl Tom redete hier oft über seine Familien. Die in Bayern. dürfte über die letzten Die in Texas. Von seinen sechs Halbgeschwistern in der Jahre aus unterschiedlichen Nähe von Houston, seiner drogenabhängigen Mutter und Gründen zugenommen haben. Es gibt zwar das seinem Vater, der wegen Totschlags im Knast saß und von Berliner Straßengesetz, dem er sein musikalisches Talent geerbt hatte. Davon, wie das auch Straßenmusikern er mit 18 über den Atlantik gereist sei, um seine eigene Sondernutzungserlaubnisse erteilt, die Auslegung ist Geschichte zu verstehen. »Ich verstand, dass ich süchtig allerdings sehr frei. Am 21. auf die Welt gekommen bin«, sagte Tom – oder Natha- Juni findet in Berlin regelniel Daniel Brasket, wie sein Name gelautet hätte, wenn mäßig die »Fête de la Musique« statt, die größte und er nicht sofort zur Adoption freigegeben worden wäre. bekannteste Veranstaltung, Am Ende blieb er zehn Jahre in den USA, hatte Jobs mal bei der unzählige Musiker hier, mal da, lernte die Mutter seiner Kinder kennen und umsonst im öffentlichen Raum auftreten. rutschte von kleinen und großen Problemen in kleinere und größere Lösungen und zurück. 2012 kehrte er als Getriebener mit seiner neuen Familie nach Deutschland zurück. »Irgendwann kann man nicht mehr vor sich selbst wegrennen, nur noch vor anderen«, sagte Tom. Er sollte recht behalten. Zu einem Zeitpunkt, an dem er schon lange nicht mehr darüber geredet hatte, wie er mit der Musik seinen Kindern ein neues Leben ermöglichen wollte, erreichte ihn ein Anruf seines Adoptivvaters aus der bayrischen Provinz. Es ging um das Sorgerecht seiner Kinder, das er unbedingt vor Ort klären musste. Also fuhr ich mit Tom bis fast an die österreichische Grenze. Auf der Fahrt hörten wir viel Trettmann und redeten wenig. Je näher wir kamen, umso in sich gekehrter wirkte er. In Bayern hatten einige spätere Erinnerungen ihren Anfang genommen. Viele davon hat er längst begraben. Dort, wo man ihn Thomas nannte und wo niemand jemals etwas vom S-Bahnhof Storkower Straße gehört hatte, begannen und endeten auch viele falsche Entscheidungen. Nun, so sagte er, wolle er alles besser machen. Ein paar Tage später spazierte Tom mit seinem Sohn durch den niederbayrischen Wald an einer kleinen Holzkapelle vorbei zu einem Gestell, an dem verschiedene Hölzer hingen, auf denen man trommelnd den Klang des Waldes kennenlernen konnte. Der Sechsjährige, um dessen Zukunft im Hintergrund gerungen wurde, hämmerte melodisch darauf ein. Tom lächelte stolz. Doch das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er nach einem halben Jahr Abwesenheit sichtlich mit der Rolle fremdelte, die er nun hier zu erfüllen hatte: die des Vaters. »Ich baue meinen Kindern ein Zuhause auf, und dann hole ich sie zu mir. Ich bin so nah dran«, sagte er, bevor ich alleine nach Berlin zurückfuhr. Im Inneren hatte er sich wahrscheinlich dennoch schon längst für die Freiheit der Straße entschieden – oder für die Freiheit der Musik. Ich fragte ihn, warum er nicht einfach hierher zurückgekehrt sei, als vor zwei Jahren in Berlin alles so richtig schiefzulaufen begann. Er hatte erst keine Antwort – und sagte dann, dass es die Musik gewesen sei.

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#Life #Reportage #Straßenmusiker

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Irgendwann im März zog ein Reinigungstrupp mit ohrenbetäubenden Hochdruckreinigern über den Langen Jammer. Tom und sein Kumpel Alex beobachteten die Aktion ungläubig mit ihren Gitarren in den Händen. Sie standen in einem schmalen Film aus Dreckwasser, der sich über die gesamte Brücke erstreckte und an beiden Enden den Schmutz und auch die eine oder andere Geschichte der letzten Monate die Treppen hinunterspülte. Vom Betonboden wurden mühevoll die fast schon fossilen Kaugummis abgekratzt. Die vergilbten Scheiben verloren etwas von ihrer Straßenpatina. Die Graffiti überdauerten zwar, doch ließ das Reinigungsteam in seiner Vehemenz keinen Zweifel daran, dass es mit dem Langen Jammer nach vorne gehen sollte. Und das tat es auch für Tom. Leute, die ihm versprochen hatten, ihn groß und erfolgreich zu machen, tauchten nun im Wochentakt vor dem aufgeklappten Gitarrenkoffer auf, weil sie entweder vor Ort von seiner Musik bewegt wurden oder extra seinetwegen auf die Brücke kamen. Er besorgte sich ein neues gebrauchtes Paar Schuhe und eine neue gebrauchte Hose. Zu den Konzerten in diesen kleinen, alternativen Läden gesellten sich immer mehr Menschen: Freunde, Freunde von Freunden, sonstige Interessierte und die üblichen Punks, die nicht unbedingt das einfachste Publikum sind. Der Frühling klopfte leise an, und Tom bekam seinen Moment. Er schrieb innerhalb von ein oder zwei Nächten neue Songs, und die erste EP stand in den Startlöchern. Er hatte mittlerweile einen YouTube-Kanal und einen Facebook-Auftritt. Leute fragten nach Interviews, die er bereitwillig gab. Erste Auftritte in »richtigen« Läden mit »richtigen« Konzerten standen an. Er nannte sich nun Tom Brasket. »Der Trick ist, eine Legende zu kreieren, bevor sie um dich herum entsteht«, sagte er mir schon einmal, lange bevor der Winter begann. Der dramatische Alles-oder-nichts-Moment, den er so herbeigesehnt hatte, begann. Nachdem die Uhren vorgestellt wurden und sich langsam etwas wie ein Leben nach dem Winter abzeichnete, traf ich Tom wieder auf der Brücke. In seinen Augen blitzte keine Hoffnung mehr, sondern ansteckende Euphorie. Diese Brücke, so sprachen die Pupillen, würde bald hinter ihm liegen. Es würde aufwärts gehen, besser werden und wenn nicht besser, dann zumindest anders. Ich hetzte zur Bahn und tippte nur im Vorbeigehen entschuldigend an meinen imaginären Hut. Die Sonne schien durch die nicht mehr ganz so vergilbten Scheiben und blendete alle auf ihrem Weg zum Bahnsteig. Ich suchte meine eigene Euphorie des Anfangs, die ich vor Monaten dort auf der Fußgängerbrücke gespürt hatte, wo rund um einen Gitarrenkoffer die individuelle Hoffnung auf ein besseres Leben einen Soundtrack der Straße bekam. Ich fand sie nicht. Und die, die ich schließlich fand, war nicht die gleiche.

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»Wenn Schafe sich mit Wölfen paaren und das letzte Herz zerbricht, Und wenn du mal am Boden bist, alleine bist du nicht. Dass wir überhaupt noch leben, ist ein Wunder. Ich glaub, irgendwo brennt für uns ein Licht.«

So schallte es die Stufen herunter, als die Bahn gerade einfuhr. In diesem Moment erinnerte ich mich an einen Abend mit Tom in einer dieser unzähligen Spelunken im Nordkiez von Friedrichshain, als ein Bekannter von ihm in den Laden platzte, der noch immer auf der Straße lebte. Er wirkte verwirrt, bekam kaum ein gerades Wort heraus, und wenn er es doch schaffte, blieb wie als Trophäe Sprechkäse in seinen Mundwinkeln zurück. Sein Alter zu schätzen war unmöglich. »So sehen 13 Jahre Straße aus, wenn man im Alter von 13 auf ihr landet«, sagte Tom. Erbarmungslos. Die Straße verzeiht nicht. Es schien in diesem Moment schwer vorstellbar, dass dieser Bekannte seinen 30. Geburtstag noch erleben würde. Nur Tom hatte den Glauben noch nicht aufgegeben, viel mehr glaubte er sogar daran, dass er den Absprung von der Straße hin zu diesem »richtigen« Leben schaffen könne. »Ich habe schon größere Wunder gesehen«, sagte er an diesem Abend. Von oben unterbrach ein »Danke, Mann!«, das Tom jemandem entgegenwarf, der ihm soeben Geld in den Koffer geworfen hatte, den nächsten Refrain. Die eingefahrene S-Bahn hielt nur wenige Schritte entfernt mit noch immer geöffneten Türen. Ich wischte mir die Sonne aus dem Gesicht und nahm die verbliebenen Stufen – zurück nach oben.

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#Life #First World Problems

First World Problems

Friseurbesuch Einmal im Leben umgehört und schnell wird klar: selbiges ist kein Zuckerschlecken! Es folgt eine neue Ausgabe viel diskutierter First World Problems. Irgendwas ist doch immer, findet Lukas Diestel vom Blog Worst Of Chefkoch. Zum Beispiel Friseurbesuche.

Wer schön sein will, muss leiden, heißt es. Ob man nun versucht, sich rechtzeitig zur Strandsaison in eine schmalere Form zu hungern oder sich morgens schon die Laufschuhe unter die müden Füße spannt. Ob man, mit Pinzette und Trimmer bewaffnet, gegen die zunehmende Nasenbehaarung vorgeht oder der Geldbeutel blutet vom Kauf der nicht enden wollenden Flut an Lotionen, Tinkturen, Cremes und Peelings. Es stimmt: The pain is real. Doch alles so herbeigeführte körperliche und finanzielle Leid kommt nicht annähernd an den psychologischen Terror, den Wahnsinn, die innere Zerstörungskraft eines Besuches im Friseursalon heran. Allein die Überwindung, in diese Geschäfte einzutreten, mit ihren Namen, diesen unsäglichen Namen. »Haarbracadabra«, »Vier Haareszeiten«, »Haireinspaziert«, »Haarakiri«, »Einfach hairlich«. Kein anderes Gewerbe hat sich das schlechte Wortspiel so zu eigen gemacht wie das der fleißigen Haarabschneider*innen der Nation. Wahrscheinlich alles Absicht: Haare, die zu Berge stehen, lassen sich schließlich leichter abschneiden. Ist das Wortspiel erst mal verdaut, geht es hinein, in den Haarproduktetempel. Nach einer meist freundlichen Begrüßung nimmt man unter Umständen noch kurz Platz. Eine kleine Verschnaufpause, die meistens dafür draufgeht, panisch nach Anweisungen zu suchen, die über »Ich würde mir gerne die Haare schneiden lassen« hinausgehen. Wirklich Mutige haben ein Foto einer Frisur dabei, in der Hoffnung, dass diese irgendwie mit ihrem

Gesicht korrespondiert. Ob dass der Fall ist, erfährt man meist leider erst, wenn es zu spät ist. Genau da liegt natürlich die Krux des Haareschneidens. Vorhair weiß man nicht, wie es aussieht, nachhair kann man nichts mehr machen. Denn wenn der oder die Hairstylist*in fragend ein Büschel meiner Haare nach oben zieht, mit den Fingern eine Stelle anzeigt und »so viel?« fragt, dann tut sich in mir ein riesiges Fragezeichen auf. Der einzige Grund, warum ich an dieser Stelle nicht einfach in Tränen ausbreche, ist die Nachwirkung der beruhigenden Kopfmassage beim Haarewaschen. Ein bisschen mehr, ein bisschen weniger, die Seiten kürzer, die Ohren frei, ich weiß es doch auch nicht. Das Zeug muss ab, sag du mir wo, du bist doch der Profi von uns beiden! Wenn mein Bein amputiert werden müsste, möchte ich auch nicht gefragt werden, ob ich es lieber ober- oder unterhalb des Knies abgetrennt haben möchte. 20 Minuten später sitze ich inmitten meiner zu Boden gebrachten Ex-Haarpracht und soll anhand zweier Spiegel erkennen, ob mir mein Hinterkopf gefällt. Alle Anwesenden wissen, dass ich sowieso wieder nur ein achselzuckendes »Ja, passt« herausbringe. Danach stehe ich auf und zahle. Bloß weg hier! Weg von den ganzen Spiegeln, aus denen mir eine Person entgegenblickt, die nicht mehr aussieht wie ich noch vor einer halben Stunde. Und das Schlimmste an all dem? Wenn man sich erst mal an die neue Frisur gewöhnt hat, wird es langsam schon wieder Zeit für den nächsten Besuch. Bleibt nur zu hoffen, dass von dem ganzen Stress bald alle Haare ausfallen – dann hat sich das Thema endlich erledigt.


#Life #Rezepte der Popküche

Rezepte der Popküche: »Die fabelhafte Welt der Amélie«

Crème brûlée

Illustrationen: Alexandra Ruppert

Ob die Welt der Amélie tatsächlich fabelhaft ist? Wir wissen es nicht. Genauso wenig, wie wir wissen, ob sie Crème brûlée auch wirklich isst oder ständig nur die bunsenverbrannte Oberfläche mit dem Löffel knackt. Fest steht aber: Das Zeug ist verdammt lecker! Die Welt der Französin Amélie ist skurriler, bunter und einfach ein bisschen anders als unsere. Bei ihr sind Wolken weiße Kaninchen, Nachttischlampen werden lebendig, und ein Gartenzwerg geht auf Weltreise. Dass besagter Zwerg regelmäßig Fotos seiner Abenteuer per Post schickt, wundert den Empfänger – Amélies Vater – irgendwann auch nicht mehr. Amélie arbeitet im »Café des 2 Moulins«. Hier treffen sich die unterschiedlichsten Pariser Gestalten. Sie lieben und sie streiten sich. Manche mögen sich sogar so sehr, dass sie gemeinsam in der Vorratskammer des Cafés verschwinden. Und Amélie weiß genau, wann es angebracht ist, die Kaffeemaschine anzustellen und den Milchaufschäumer zu betätigen, um von der Geräuschkulisse nebenan abzulenken. »In Amélies Leben gibt es keinen Mann. Sie hat es ein, zwei Mal versucht. Aber das Ergebnis entsprach nicht ihren Erwartungen«, beschreibt es der Erzähler im Film, der vielleicht auch die Stimme in Amélies Kopf

ist. Dafür hat sie einen besonderen Sinn für die kleinen Freuden des Lebens. Dazu gehört neben dem Hüpfenlassen von Steinchen über Wasser und dem Eintauchen ihrer Hand in einen Getreidesack auch das Knacken der karamellisierten Oberfläche von Crème brûlée. Als Werkzeug nutzt Amélie die Spitze eines Kaffeelöffels, dessen Geräusch beim Zerbrechen der Zuckerkruste in ihr eine ähnliche Befriedung auszulösen scheint wie bei manch anderem der Klang beim Öffnen einer guten Flasche Wein. Vielleicht ist Amélies Schwäche für das französische Dessert auch nur eine Methode, mit dem zermürbenden Weltschmerz klarzukommen, der sie in vielen Situationen überkommt. Ob man die Crème brûlée nun aus Frust oder aus purem Genuss verzehrt: Wir finden, es ist an der Zeit, den Bunsenbrenner anzuwerfen und dem französischen Klassiker eine Renaissance zu bereiten. Chiara Baluch

Das Rezept Zutaten für 6 Dessertgeile: 250 ml Milch 250 ml Sahne 1 Vanilleschote 4 Eigelbe 40 g feiner Zucker 60 g brauner Zucker zum Karamellisieren Und so geht’s: Die Milch mit der Vanilleschote in einem Topf kurz aufkochen, von der Herdplatte nehmen und circa zehn Minuten mit geschlossenem Deckel ziehen lassen. Danach die Sahne dazugießen und alles zusammen nochmals bis zum Siedepunkt erhitzen. Den Backofen auf 120 Grad vorheizen. Nun die Eigelbe mit dem weißen Zucker cremig schlagen und schließlich die Vanillesahne unterrühren. Die Creme anschließend in sechs Förmchen füllen und circa 25 Minuten im Ofen stocken lassen, bis sich eine leichte Haut gebildet hat. Diese sollte jedoch nicht braun werden. Die Creme nun abkühlen lassen und im Anschluss mindestens zwei weitere Stunden im Kühlschrank kaltstellen. Zum Karamellisieren die Vanillecreme mit dem braunen Zucker bestreuen. Die Creme in den Ofen unter den Grill stellen oder, so machen es die Franzosen, die Oberfläche mit einem Bunsenbrenner bearbeiten. Sobald der Zucker sich in eine schöne braune Karamellkruste verwandelt hat, sind die Crèmes brûlées fertig. Sofort servieren und à la Amélie mit einem Kaffeelöffel die Kruste knacken.

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Collage: Tyler Spangler

#Style

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#Style #Modestrecke Dilan Lederjacke: Ganni, T-Shirt: Tezenis, Schmuck & Brille: Model’s own

THE GIRLS ARE BACK IN TOWN Mit den ONYGIRLS Meriel, Dilan und Ana feiern wir auf der Kirmes das Trend-Revival der Nullerjahre. Wir begleiten die Gang bei ihrem Streifzug vorbei an flackernden Lichtern und tosenden Fahrgeschäften, bei dem sie von Sneakern getragen werden. Ihre Outfits sind wie die Kirmes: bunt, schrill und laut! Fotos: Frederike Wetzels, Viktoria Grünwald (Assistenz) Styling: Chiara Baluch, Anne-Christina Donohoe (Assistenz) Haare/Make-up: Sabine Högerl ONYGIRLS: Meriel Jonas, Dilan Kolkilic, Ana Romas Alle gezeigten Schuhe findet ihr online unter onygo.com und in den ONYGO Stores. Meriel Hoodie: Tezenis, Latzkleid: Urban Outfitters, Tasche: Georg Gina & Lucy, Sneaker: Buffalo via ONYGO, Socken: ONYGO Ana T-Shirt: Asos, Hose: Asos, Tasche: Georg Gina & Lucy, Sneaker: Nike Air Max 1 via ONYGO


#Modestrecke #Style

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#Style #Modestrecke Meriel Jacke: Cheap Monday, Oberteil: Levi’s, Hose: Wood Wood, Tasche: Georg Gina & Lucy

Dilan Latzhose: Kings of Indigo, T-Shirt: Champion × Wood Wood, Jacke: P.E Nation, Tasche: Georg Gina & Lucy, Sneaker: Fila Disruptor via ONYGO


#Modestrecke #Style

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#Style #Modestrecke Ana T-Shirt: Asos, Schmuck: Model’s own

Ana Longsleeve: Asos, Hose: Ellesse, Sneaker: Fila Disruptor via ONYGO Dilan Lederjacke: Ganni, T-Shirt: Tezenis, Hose: Asos, Sneaker: Converse One Star Platform via ONYGO Meriel Jacke: Cheap Monday, Shirt: Levi’s, Hose: Wood Wood, Sneaker: Vagabond via ONYGO, Socken: ONYGO, Tasche: Georg Gina & Lucy


#Modestrecke #Style

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PRESENTED BY

MITMACHEN & GEWINNEN

MIT DEM GOLDEN FESTIVAL TICKET ZU DEN BESTEN FESTIVALS DES SOMMERS Ab dem 28. Mai verlosen wir gemeinsam mit Coleman zehn Wochen lang jeweils 1×2 Golden Festival Tickets für das besondere VIP-Erlebnis. Ein Teammitglied vom Festivalguide wird schon vor dem Gewinner vor Ort sein und ihn mit einem bereits aufgebauten Zelt von Coleman – inklusive Equipment aus der »Festival Collection« – und einem eiskalten Bier in Empfang nehmen. Gemeinsam seid ihr dann auf dem Festival als Reporter unterwegs und erzählt unter dem Hashtag #GFT2018 eure ganz persönliche Festivalgeschichte. Um diese angemessen zu dokumentieren werdet ihr außerdem von Google mit Google Pixel 2 Smartphones ausgestattet.

SO KÖNNT IHR GEWINNEN:

FÜR DIESE FESTIVALS VERLOSEN WIR TICKETS:

Am 28. Mai um 12:00 Uhr mittags beginnen wir online mit der Verlosung für das Summerjam, eine Woche später startet zur gleichen Zeit die nächste Verlosungsrunde für das darauffolgende Festival, usw. Alle weiteren Infos findet ihr auf

SUMMERJAM SPLASH! MELT PAROOKAVILLE JUICY BEATS A SUMMER’S TALE APPLETREE GARDEN WATT EN SCHLICK TAUBERTAL SPACK!

festivalguide.de/goldenfestivalticket

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#Review

# Review Spalter Frank Turner Be More Kind Polydor / Universal / VÖ 04.05.18

Mit seinem Albumtitel »Be More Kind« mag Frank Turner seine Mitmenschen gemeint haben, musikalisch aber auch sich selbst: Seine siebte LP zeigt den Briten poppig-freundlicher denn je. Doch beeinträchtigt das seine altbekannten Qualitäten, oder stellt es sie sogar noch deutlicher heraus? Noch mehr battle unter: www.intro.de/spezial/spalter

»Ich wollte aus meiner Komfortzone herausgehen und etwas anderes machen«, sagt Turner über die Entstehungsgeschichte seines mittlerweile siebten Albums »Be More Kind«. Aber schon »1933«, der zweite Song, zeigt: So richtig aus seiner Haut kann der gute Frank dann doch nicht. Abgesehen davon, dass hier eventuell ein bis zwei Instrumente hinzugekommen sind, ist das schon ein typischer Song, der auch prima auf die vorherigen sechs LPs gepasst hätte. Ein kleines bisschen anders klingt »Be More Kind« zwar schon: anders arrangiert, größere Instrumenten- und Effekt-Auswahl. Dazu Streicher, die man sich hätte sparen können, und an vielen Stellen etwas mehr Pop und etwas weniger Punk. Aber einen deutlichen Schritt aus der Komfortzone tut Turner mit dem Album trotzdem nicht. Doch was spricht denn dagegen, dass man das, was man gut kann, eben »Be More Kind« – mit diesem Ansinnen hat Frank Turner zweinur ein bisschen felsohne recht. Und so gerne man ihn dabei auch unterstützen variiert und keine möchte, bringt es doch nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. allzu großen ExpeDabei haben wir uns ja schon längst damit abgefunden, dass sich rimente wagt? Dabei dem bodenständigen britischen Folk-Rocker mit dem Herz am rechten von abgesehen ist Fleck eigentlich gar nichts ändert, und können seine Qualitäten goutieren: das Markanteste an ein verdammt eingängiges Songwriting, ein paar verdammt wahre Ansichten. Frank Turner eben Auf seinem siebten Studioalbum »Be More Kind« folgt zum Beispiel ein »By auch seine Stimme, making racists ashamed again« auf ein »Let’s make America great again« – so und selbst mit viel einfach, so treffend. Damit kann Turner zweifelsohne weiter der die Guten gutem Willen kann ermutigende Live-Act am Festivalnachmittag oder im Konzertsaal bleiben, und man daran ja nun niemand müsste ihm böse sein. Trotzdem driftet »Be More Kind« im Laufe wenig ändern. Und der Spielzeit zu sehr in Richtung einer Schlichtheit ab, die man einfach nicht ehrlich: warum mehr so stehen lassen möchte. Beim Einstieg mit der Außenseiter-Hymne auch? »Don’t Worry« und dem astreinen »1933« ist noch alles in Butter, und auch David Winter erwähntes »Make America Great Again« besitzt Kraft. Aber im weiteren Verlauf geraten zu viele seiner potenziell guten Songs zu windelweich und einfach, manchmal muss man gar einen Coldplay-Effekt befürchten. »There She Is« oder »Common Ground« verspielen ohne Not und erkennbaren Grund ihr Potenzial und bauen auch textlich ab. So bleibt es leider auf mehr als der ganzen zweiten Hälfte der LP, nur die bedrückt klingende Folk-Ballade »The Lifeboat« bildet eine Ausnahme. »Be More Kind« zeigt, dass Turner ein großartiger Emo- oder auch Folk-Sänger sein könnte, wenn er wollte, er aber zu sehr in Richtung einer blank geschliffenen Eingängigkeit tendiert. Das ist für sein SoloWerk zwar keine neue Einsicht, hier tritt sie aber eindeutiger denn je zutage. Christian Steinbrink

Unsere liebsten Platten 01 Arctic Monkeys Tranquility Base Hotel & Casino 02 Jon Hopkins Singularity 03 DJ Koze Knock Knock 04 Beach House 7 05 Die Nerven Fake 06 International Music Die besten Jahre 07 Marsimoto Verde 08 Courtney Barnett Tell Me How You Really Feel 09 Drangsal Zores 10 Daniel Blumberg Minus

Eure liebsten Platten 01 Eels The Deconstruction 02 Editors Violence 03 Jack White Boarding House Reach 04 Tocotronic Die Unendlichkeit 05 George Ezra Staying At Tamara’s 06 The Decemberists I’ll Be Your Girl 07 Goat Girl Goat Girl 08 Cosmo Sheldrake The Much Much How How And I 09 Yo La Tengo There’s A Riot Going On 10 Feine Sahne Fischfilet Sturm & Dreck

Schickt eure Top 10 an charts@intro.de. Alle Einsender nehmen an unseren Ver­losungen teil!

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#Review #Platten vor Gericht

Platten vor Gericht Intro-Leserinnen und -Leser: Mittippen und via intro.de Juror werden!

1

Die Nerven Fake Glitterhouse / Indigo

2

Her Her Barclay / Universal

3

Goat Girl Goat Girl Rough Trade / Beggars / Indigo

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Hinds I Don’t Run Lucky Number / Rough Trade

5

Unknown Mortal Orchestra Sex & Food Jagjaguwar / Cargo

6

Eels The Deconstruction E Works / PIAS / Rough Trade

7

Wye Oak The Louder I Call, The Faster It Runs

Clara Luzia

Scott Matthew Ode To Others Glitterhouse / Indigo

9

Tom Misch Geography Beyond The Groove / Kobalt / Rough Trade

10

George Ezra Staying At Tamara’s Columbia / Sony

All Time Faves

Moonbootica

Bad Stream

KoweSix & Tobitob

Ø 4,90

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Ø 5,70

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Electrelane The Power Out

Tool 10,000 Days

J Dilla Donots

Radiohead OK Computer

PJ Harvey To Bring You My Love

Paul Simon Graceland

Den Sorte Skole Lektion III

Nine Inch Nails The Fragile

Hole Live Through This

Marilyn Manson Mechanical Animals

Marvin Gaye What’s Going On

Sneaker Pimps Bloodsport

Bass, Gitarre, Drums — nach gefühlten 1.000 Jahren gibt’s da immer noch was zu holen, wenn man’s richtig macht. Die Nerven machen’s richtig. Brav gemachter, zigfach gehörter Synthie-Pop, von dem wenig hängen bleibt. Okay, aber nicht dringlich. Zu ein paar Nummern lässt sich tanzen. New-Favourite-Band-Material! Waghalsige Mixtur aus Surf, Shoegaze, Punk und Goth, die so spannend bleibt, dass man auch ein 19-TrackAlbum durchhält. Wunderbar hingeschlanzte Vocals, zuckersüße Melodien, zackige Schrammel-Gitarren, und alles treibt nach vorne. Sonne ohne Sonnenbrand!

Hier werden sämtliche Genres beackert, was leicht beliebig wird, aber durchaus kurzweilig. Nachhallen wird’s aber halt auch nicht lange.

Die Eels sind eigentlich immer gut und nie wirklich aufregend. Lediglich die cheesy Streicher regen mich ein bissl auf.

Erfordert Arbeit, da kaum Hooks da sind, die gleich fesseln. Umso größer aber die Chancen, dass die Platte gekommen ist, um zu bleiben.

Merge / Cargo

8

Drangsal

Eine Stimme, die man immer gleich erkennt. Da sich aber auch der Gesamtsound über die Jahre nicht wirklich verändert hat, wird’s langsam etwas fad. Musik von und für Popularmusik-Studierende. Handwerklich sicher okay, für einen nachhaltigen Eindruck aber zu slick. Reißbrettmusik.

Weil sich langsam rumgesprochen hat, dass Mumford & Sons nerven, gehen sie als George Ezra erneut auf Rattenfang.

In puncto Songwriting, Text und Produktion zweifelsohne deren stärkstes und für mich bereits jetzt eines der Alben 2018.

Ich höre lieber HIM.

Ein weiterer Beweis dafür, dass der Menschheit die akzeptablen Bandnamen ausgehen. Trotzdem ein wirklich sehr gutes Album. Überhaupt nicht meine Tasse Tee, trotzdem ein verdammt solider Sound und astreine Songs.

Auch hier gilt: Name bekannt, Musik bloß teilweise. Spiel und Produktion durchaus interessant. Ich weiß nur nicht so recht, ob ich mir das öfter anhören werde.

Eels haben ein üppiges Oeuvre, von dem ich allerdings (noch!) rein gar nichts kenne. Habe hier demnach (noch!) keinerlei Kontext, diese LP allerdings mag ich. Die kannte ich bloß durch ihr tolles Cover von Danzigs »Mother«. Ihre Platten sind mir unbekannt, diese finde ich ganz gut. Als Hintergrundmusik allemal. Erinnert dann und wann an das erste Lightspeed-ChampionAlbum, das ich sehr liebe. In meinem Herzen habe ich viel Platz für solche Musik. Zumindest in mir findet sich nie eine Stimmung, zu der diese Musik passen könnte. Ich bin mir sicher, dass sehr viele Leute das toll finden. Ich war mir sicher, ich würde das doof finden, aber ich find’s total geil. Das erinnert mich enorm an Paul Simons »Graceland« — und ich liebe »Graceland«!

K: Die nerven mich nicht so, weil die Texte gehen, die Attitüde sowieso. Aber der Sound ist überhaupt nicht meiner!

K: Her sind großartig. Lyrics und Harmonien treffen voll meinen Geschmack. Kein einziger Ausfall auf dem Album. Klasse.

K: Ich will das unbedingt gut finden, allein schon wegen des Bandnamens, berührt mich aber leider nicht. Guter Gesang eigentlich, aber unterm Strich nix für mich. T: Hmm ... »I Don’t Run« ... Sie nicht, ich schon. Weit weg.

T: Was ist das? Geiler Freakshit. Unglaublich Lo-Fi, aber so viel Sonne ...

K: Starkes Album, kauf ich. Geiler analoger Sound, deeper Vibe. Muss mal wieder ‘nen Roadtrip machen ...

T: Trance-Rock. Oder so. Kann ich nicht schlecht finden.

T: Ein paar Lieder berühren mich, aber insgesamt zu viel gebrochener Mann und sein Schnaps.

T: Endlich neue Musik für Hotellobbys und Cappuccinobars.

K: Sein happy Vibe gefällt mir sehr gut, das Ganze kommt aber irgendwie jiggy daher, ich fühl’s nicht!

Eine meiner Lieblingsbands aus Deutschland. Rau, wütend, zynisch. Wichtiger Gitarren-Soundtrack zu unseren Post-Everything- und Breakdown-Zeiten. Electro-Pop mit fresher Klangästhetik und wundervoll singenden Gitarren. Macht live sicher Spaß, trotzdem fehlt mir etwas Mut zum Ausbruch aus Schema A/B.

Rotziger, kompromissloser Lo-Fi-Blues aus dreckigen Garagen mit PJ-Harvey- und The-Kills-Anleihen. Erfrischend und verspielt. Ein Hoch auf Acid und Gitarre! Is this it (again)? Fuzz! Lo-Fi! Distortion! Joints! Runde Platte, aber mir dann doch oft zu zahm und zu nah an bereits Gehörtem. Macht trotzdem Spaß zu hören! Aufregender, unkonventioneller Mix an Styles. Psych-Pop, der mich an MGMT erinnert. Liebe die Gitarren und den dünnen, trashigen Drumsound. »Souljacker« von Eels in meinen TeenageHaschisch-Jahren rauf und runter gehört. Stimme unverwechselbar vertraut wie ein alter, manischer Freund. Kriegt mich wenig bis gar nicht. Leider schon zu oft gehört. Schöne Stimme. Die Platte kommt aber zu keinem Moment auf den Punkt, und es plätschert und nieselt. Schwierig. Gute, minimal instrumentierte Songs, aber in einem aus der Zeit gefallenen 1990er-Gewand. Ein großartiger Sänger, aber Stimmfarbe nicht mein Ding. Verspielte, funky HonigSchmelz-Platte. Get lucky, easy und »Miami Vice«Moods. Wunderschönes Gitarrenspiel. Im Gesamten fehlt mir die Homogenität. Perfekt geschulter Stadion-SonnenuntergangsFolk für Eltern auf Festivals mit dem zweiten Gin Tonic intus. Ich persönlich finde keinen Zugang. Keine Kanten.


#Review #Platten vor Gericht

Alpentines

Akua Naru

Fuck Yeah

Sonae

Markus, Rainer, Kevin

Mareike Kroll

Şermin Usta

Leserin

Intro

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Ø 6,60

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8

Alles nervt, nur die Nerven nicht.

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Unvorstellbar, wie bleischwer der Verlust von Simon Carpentier auf Victor Solf lasten muss. So traurig es klingt: die Liaison mit dem Tod hat Her nicht geschadet.

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Zita Swoon A Song About A Girls

Roberta Flack Chapter Two

Pixies Doolittle

Aphex Twin Drukqs

The National High Violet

Sade Diamond Life

Joni Mitchell Blue

Robert Glasper Experiment Black Radio

The Cure Seventeen Seconds

Holly Herndon Platform

Johnny Cash With His Hot And Blue Guitar

Gang Starr Moment Of Truth

Talk Talk Laughing Stock

Michael Jackson Off The Wall

Sonic Youth Washing Machine

James Holden The Inheritors

Pinegrove Cardinal

Pet Shop Boys Actually

Spitzenmomente und das Suchende wechseln sich ab. So muss es sein. Immer noch eine der interessantesten deutschen Bands.

Traurige Geschichte. Schönes Vermächtnis. Warm und gut.

Dicker Batzen, 19 Lieder. Schreckt erst mal ab, macht dann aber doch Spaß. Schöne Brüche in den Liedern, collagenhafte Interludes. Geteilte Meinung in der Band. Gemeinsamer Nenner: Viele klingen so, trotzdem kurzweilig. Man muss die Musik nicht mögen, aber der Geist dahinter macht Spaß. Vorgängerplatte war toll. Diese auch. Wieder einmal sehr spannend komponiert und produziert. Stimme, Drum- und Gitarren-Sounds: klasse! Toll. Immer schon. Vor allem die »verletzlichen« Stücke. Diesmal noch zerfaserter.

Oft live gesehen. Immer geliebt. Freude auch über »The Louder I Call ...«. Bei Jenn Wasner auch nicht imstande, negativ zu denken.

Musikalisch für uns zu brav. Teile der Band können mit der Stimme überhaupt nichts anfangen. Gruseliges Cover von »Do You Really Want To Hurt Me«. Fantastisch gespielt, die Referenzen offensichtlich. Auf Dauer zu seicht, zu wenige Ausbrüche in der Stimme.

Radioformat. Völlig okay dafür. Besser als der Kram, der da sonst so läuft.

Some nice pop/rock music, some elements of punk. Interesting arrangements.

Intimate. Smooth. Deep. Dope contemporary soul. Love it.

Cool to listen to. Rock with a punk twist. Record is a variety of sounds drawing upon diverse moods across genres.

Vibes!

Close your eyes and tune out to this. Rock with a psychedelic edge. Distinct. Strong.

Laid back rock music just a tinge melancholy. Singer has a Peter Gabriel vibe.

Indie rock. Cool vocal arrangements. Looped guitars.

Songs that touch folk ... a lot of strings ... like a quiet cloud. Melancholy. Thought provoking.

UK vibes that reach across hiphop to include r’n’b and funk.

The voice draws you in, very deep, baritone. Happy music.

M: Und es hat Wu m m s g e macht. R: So muss deutscher Rock heute klingen. K: Wie erhofft: groovig, krakeelig und mit einer guten Portion Hass! M: Minimal SoulPop. Mir taugt’s aber. R: Der Soul ist im Studio auf der Strecke geblieben. K: Mir zu glatt. Aber »On & On« ist ‘ne tolle Nummer! M: Vier Girls fahren in Schlangenlinien. Toll! R: Southern Trash meets British Underground. K: Herrlich verdreht mit innovativem Sound!

M: Lustiger Akzent. R: Guter Girlgroup-Schrammelrock mit Strokes-Produzenten-Upgrade. K: Kaum Groove, wenig Abwechslung im Sound. M: In Portland gibt es billig Drogen, hört man. R: Eklektischer Psychedelic von genial bis nervig, aber interessant. K: Überdrehte, vielseitige Sounds, tolle Produktion! M: Wirksame Einschlafhilfe. R: Bittersüße Melancholie mit Beats. K: Schöne Atmosphäre und tolle Drums, aber zu viele Lückenfüller. M: Hängt in der Luft, kommt nirgendwo an. R: Vom Americana-Folk zum Noise-DreamPop. K: Schöne Songs, etwas überproduziert. M: Kann das Gejammer kaum ertragen. R: Bowie, Cohen, Walker, Matthew: große Songs, wunderbare Produktion. K: Leider zu schnulzig. M: In die Bar könnt ihr alleine gehen. R: Jazz- und YachtRock mit Club- und LoungeSounds. R: Disco-Funk für große Schiffe und kleine Bars. M: Links rein, rechts raus. R: Erträglich an der Beachbar, sonst überflüssig. K: FeelGood-Music. Für meinen Geschmack etwas zu feel.

Melancholisch-rotzige Gitarrenband, um Unabhängigkeit ringende Texte. Like! Nur: etwas zu konservativ für echte Freiheit. Gerne mutiger. Pop, der nicht größer tut, als er ist. Down-to-earth produziert, Soul-Gesang im natürlichen Spektrum. Fällt nicht unangenehm auf, ein bisschen egal, Pop darf das. Instrumental-Opener, Bravo! Es rauscht , dröhnt und groovt. Ein Gitarrenalbum, klingt im Ansatz aufrichtig, doch für Indie zu glatt. Gerne wilder. Freischnauze-Gitarrenband. Gemütlich hingeschlürft, angenehm faul, passt.

Sound steht im Vordergrund, Gesang schön unprominent, musikalisch rund, aber arg referenziell. War das Rockbusiness schon immer so gestrig? Oh-oh. Ein Mann und seine Gitarre, mittels ein bisschen Studioopulenz auf groß produziert. Ganz schlimm.

Im Intro verheißungsvoll undefiniert, dann brave Liedstrukturen. Aufgeräumter Indie-Pop mit Synthie-Geplöckel, plätschert emotionslos vor sich hin.

Jammern, heulen, säuseln, zehn Songs lang. Ich möchte Matthew seine Gitarre entreißen und ihn damit erschlagen.

»You have to do this because you love it ... Art is a mirror of society«. Word! Doch dann: Gesäusel. Sweetness. Wohlklang. »Isn’t She Lovely« — poah, seriously? Junge-mit-Gitarre-Musik, Melodien mit MitsingGarantie. So brav und langweilig, bin überrascht: So was beschäftigt Intro?

Das war überhaupt nichts für mich. Irgendwie pseudo-elitäres Gejammer.

Von sanften Tönen bis Songs mit richtig Druck ist hier alles dabei. Gute Texte und entspannte Beats — klare Hörempfehlung!

Die Kompositionen sind ... sagen wir interessant. Jeder Song ist ein buntes Durcheinander — ich bin nur schwer reingekommen.

Das macht richtig Spaß! Die gewohnt rotzige Hinds-Attitüde macht einfach gute Laune. Klasse Erinnerung, manchmal einfach weniger F*cks zu geben! Aufstehen. Tanzen. Jetzt. Meiner Meinung nach nicht ihr bestes Album, aber definitiv gut hörbar!

In fröhliche Tunes verpackte melancholische Texte — sozusagen eine tanzbare Depression.

Hier habe ich mich ein bisschen verliebt. Sehr stimmiges Album, dem weder emotionale Texte noch starke Gitarrenriffs fehlen.

Soulfood par excellence: Man wird von einer samtigen Stimme umarmt und bis zum letzten Song nicht losgelassen. Schön ist das!

Spannende Mischung aus HipHop und fast schon funkigen Elementen. Mitreißende Tunes, die echt Spaß machen!

Solides Pop-Album mit wenig Tiefgang; perfekt, wenn man einfach mal abschalten mag.

Girls Class of 2018 — inspiriert von Lou Reed, PJ Harvey, Johnny Cash. Diese vier sollte man sich merken.

Noch so eine starke Damenmannschaft, die ihren ganz eigenen Sound hat. Hab ich nichts gegen, aber kickt mich auch nicht.

Abseitiger Pop Schrägstrich Soul mit funky Retro-Gitarren, irgendwie überkonstruiert.

Konsequente Schwermut und Popsensibilität mit süßen Ausreißern.

»Suffering, I remember suffering.« Scherz. Dream-Pop-Klischee mit schöner Stimme, Gitarren à la St. Vincent und der nötigen Melancholie. Es scheint, als hätte Scotty seine Feelings langsam mal aufgebraucht. Fühlt sich nicht so deep an, wie er zu klingen versucht. Trotzdem ein guter Songschreiber. Frühstückswerbung, Fahrstuhlmusik, Jamiroquai. Ich bin für Leichtigkeit, aber das geht definitiv besser, Tom.

Liefert, was er kann: belanglosen Folklore-Rock für Fritz- und 1Live-Hörer.


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#Review Keenans Humor, dass derjenige, der dem Tool-Comeback die höchste Messlatte auflegt, natürlich er selbst sein muss. Jan Martens

Spektakel

Die Nerven Fake Glitterhouse / Indigo

Ihr könnt jetzt alle schon mal nach Hause gehen: Das beste deutsche Album des Jahres kommt von den Nerven.

»Wo willst du hingehen, wenn du überall schon warst? Wo gehst du hin, wenn dich überall was stört?« fragt Julian Knoth in »Niemals«. Die Nerven haben eine Antwort: weiter, rein, durch. Von der ersten Sekunde an gräbt sich die vierte Platte der Stuttgarter in den postadoleszenten Schmerz und die allgemeine Verdrossenheit. Unmittelbarer und wütender als in der brachialen Single »Frei« (Song des Jahres) geht es nicht. »Lass alles los, gib alles frei, nichts bleibt.« Hier wehrt sich Max Rieger mit allem, was er hat. Gegen alles. Verweigerung ist bei ihm immer Flucht nach vorne. Das ist immer noch dein Leben, auch wenn du selbst nichts mehr entscheidest. »Fake«, das muss man so simpel schreiben, ist das beste deutsche Album des Jahres 2018. Und das wird auch so bleiben. Rieger prügelt und streichelt seine Gitarre im steten Wechsel, Knoth am Bass und Kevin Kuhn am Schlagzeug legen unter Riegers Postpunk-Attitüde das gewohnt ultrapräzise Fundament. »Alles falsch« zitiert in Haltung und Sound EA80, »Skandinavisches Design« kommt direkt aus der Garage, »Dunst« zieht alleine schon mit seinem energisch treibenden Ende den Stecker. Bei aller musikalischen Fertigkeit sind Die Nerven auch deshalb so gut, weil sie sehr organisch miteinander agieren. Nichts drängt sich auf, nichts ist eitel. »Fake« endet nach einer intensiven Dreiviertelstunde mit dem kathartischen Titelsong und bietet zum letzten Mal Hilfe an: »Her mit euren Lügen, her mit eurem Leid.«

A Place To Bury Strangers Pinned Dead Oceans / Cargo

Mit neuer Drummerin finden die NoiseGrenzgänger den Weg zu einem etwas »geordneteren« Chaos. Aber kein Grund zur Sorge: Der obligatorische Gehörschutz bleibt weiterhin dringend empfohlen. Schon die vergangenen vier A-PlaceTo-Bury-Strangers-Alben waren nicht unbedingt Freudenspender, sondern eher von Hoffnungslosigkeit dominierte, apokalyptische Gitarrengewitter. Wie schlimm sollte es dann erst nach der Schließung von Mastermind Oliver Ackermans Hardware-Schmiede Death By Audio im Jahr 2014 und der unerträglichen präsidialen Schmierenkomödie im Weißen Haus kommen? Die Antwort fällt überraschend moderat aus: Natürlich geht Ackerman auf »Pinned« wie gewohnt mit überladener Effektbatterie zu Werke, und das Gerüst aus Cold-Wave-Bassläufen, mechanisch-krautigen Drums und Distortion bis zum Abwinken fühlt sich sofort vertraut an. Dennoch hat man das Gefühl, dass infernalische Lärmeskapaden wie etwa in »Never Coming Back« nicht mehr uferlos wüten, sondern ein Stück weit im Zaum gehalten werden. Es finden sich deutlich postpunkigere Elemente als noch auf den Vorgängern, sogar vergleichsweise cleane Gitarrenlinien wie etwa in »Was It Electric«. Gerade auch die häufigen Gesangsparts der neu installierten Drummerin Lia Simone Braswell lassen das Klangbild der Band deutlich nuancierter erscheinen und verleihen dem Album einen neuen, fast schon vitalen Spirit. Vielleicht besteht zumindest doch ein Funken Hoffnung in all dem Chaos. Man muss einfach nur durchhalten. Thorsten Streck

Christian Steigels

A Perfect Circle Eat The Elephant BMG / Warner

Auf ihrem ersten Album seit anderthalb Jahrzehnten werfen A Perfect Circle die Frage auf, warum sie eigentlich immer noch nicht als mittlerweile wichtigstes Projekt Maynard James Keenans gelten. Perfektes Timing geht anders. In jedem anderen Jahr wäre das Release eines neuen Albums von A Perfect Circle wohl wie Geburtstag und Weihnachten für jeden, den härtere Gitarrenmusik nicht schon beim ersten Taktwechsel überfordert. 2018 allerdings verblasste die Vorfreude auf »Eat The Elephant« angesichts des sich konkretisierenden Gerüchts,

dass der mittlerweile längste Running Gag der Musikgeschichte mit dem Erscheinen des neuen Tool-Albums wohl tatsächlich bald beendet sein wird, schon etwas. Dabei zeigt Keenans »Nebenprojekt« auch mit seinem dritten regulären Album, dass A Perfect Circle eigentlich seit jeher prädestiniert waren, noch erfolgreicher zu werden als der vermeintliche große Bruder. Wie sehr sie nämlich ebenfalls zwischen den Polen Alternative, Prog, Rock, Metal und neuerdings (wie auf »Hourglass«) Industrial oszillieren, von klaviergetragenem Ambient und orientalischen Klängen in harte Riffs und Soli gleiten, wie sehr Keenans Gesang mal einem Engel, mal dem Beelzebub zu entspringen scheint – jeder Song von A Perfect Circle bleibt im Kern kompakter und oft auch fokussierter als die der oft gar zu handwerklich angeberischen Tool. Ganz davon abgesehen, dass denen ein Song wie »So Long And Thanks For All The Fish«, das süffisanteste Stück musikalischer Zivilisationskritik seit Father John Mistys letzter Platte, wahrscheinlich zugleich zu albern und zu inhaltlich konkret gewesen wäre. Aber es ist wohl ganz im Sinne von Maynard James

Alpentines Silence Gone Take That Turn / Cargo

Auf ihrem Debütalbum haben die Alpentines ihre Erfahrungen aus der Indie-Szene gebündelt und mit einem kreativen Großwerk des Indie-Rock die Tür zu den großen Bühnen aufgestoßen. Jahrelang, sogar Jahrzehnte, haben sich die Mitglieder der Alpentines in den Untiefen des Indie-Underground abgemüht. Tulp, Voltaire oder Lichter hießen oder heißen ihre Bands, in denen sie Hoffnungen, kleine Erfolge und größere Enttäuschungen erlebten, alles in dem eng gesteckten Rahmen, der für solche Bands hierzulande eben den Erwartungshorizont bildet. Mit dem Debütalbum als Alpentines scheint es nun so, als könnten sie diesen Horizont sprengen. Und das sogar, ohne sich dafür an den Teufel zu verraten. Denn »Silence Gone« kann als Großwerk des Indie-Rock im besten Sinne beschrieben werden. Ewig hat das Quartett daran getüftelt, seine Songs aus der Eingängigkeit in die Abstraktion gehoben und Harmonien

und Versatzstücke ausprobiert und integriert, die an die Größten dieses Fachs erinnern: hier Elbow, da Radiohead. Die Alpentines haben nicht weniger getan, als die Tür hinter ihrer Komfortzone verschlossen und den Blick auf den großen Pop gewendet zu haben. Es ist erstaunlich, wie gut ihnen das gelungen ist: Die zehn Songs sind genauso komplex wie kraftvoll und besitzen nachvollziehbare und dabei immer substanzielle Spannungsbögen. Dem Alter ihrer Urheber entsprechend enthalten die Stücke keine Konzessionen an Trends, sondern einen reichhaltig arrangierten Gitarren-Rock, der zeitlos und nachdenklich ist und aufgrund seiner Distinktion trotzdem als cool durchgeht. Es ist lange her, so was aus dem deutschsprachigen Raum gehört zu haben. Christian Steinbrink

Altin Gün On Bongo Joe / Broken Silence

Nicht nur am Bosporus feiert man türkischen Psych-Pop, auch in Amsterdam tut sich eine neue Zelle auf. Kleine Story: Als ich letztens beim Auflegen auf die verruchte Idee kam, zwei türkische Psych-Rock-Lieder hintereinander zu spielen, kam ein junger Mann auf mich zu. Er musterte mich, schaute auf die Platten und stellte folgende Frage in den Raum: »Ist es jetzt in für Kartoffeln, türkische Musik aufzulegen?« Entwaffnet nickte ich. Er erzählte, dass er gerade aus zwei anderen Bars herausgegangen sei, weil es ihn nerve, mit der Musik seiner Jugend »gefoltert« zu werden. Geschichten aus dem multikulturellen Paulaner-Garten, die mehr erzählen als nur von DJs, die Trends hinterherjagen. Tatsächlich sind spätestens seit 2012, als der türkische DJ Baris K mit Edits und Compilations türkischen Psych-Rock auf die europäischen Tanzflächen brachte, Re-Issues und Originale aus den 1970ern und 80ern aus der Region hochgefragt. In Bars wird zumindest musikalisch in Deutschland oder auch den Niederlanden die gelebte Multikulti-Gesellschaft gefeiert. Und auf ganz natürliche Weise gehen Altin Gün aus Amsterdam den Weg konsequent weiter. Die Band, bestehend aus Merve Dasdemir, Erdinc Yildiz Ecevit, Jasper Verhulst und Nic Mauskovic (Jacco-Gardnerbzw. The Mauskovic Dance Band-Fame), verknüpft beschwingt Funk und Psych-Rock mit einer modernen Produktion. Sie covern Erkin Koray, Neşet Ertaş oder auch Bariş Manço (allesamt Helden der türkischen Rockmusik) und klingen dabei kein wenig anbiedernd, sondern richtig gut. So meint zumindest eine Kartoffel zu urteilen. Lars Fleischmann

Arms And Sleepers Find The Right Place Pelagic / Cargo

Loungen mit Haltung: Arms And Sleepers untermauern ihren Status als unaufgeregte Groove-Forscher und lassen sich von impulsiven Gästen die Sporen geben. Wusst ich’s doch, dass da was war: Vor ungefähr vier Jahren fiel mir mit »Swim Team«


#Review schon einmal eine Arms-And-Sleepers-Platte zum Rezensieren in die Hände. Warum ich mich erst jetzt erinnere? Nun, als die damalige Plattenkritik abgeschickt war, verfuhr ich mit ihr wie nach einem schlechten Date und wählte das Vergessen, so wie auch Max Lewis und Mirza Ramic das Nichts dem Alles vorziehen würden, wenn es um alles oder nichts ginge – so jedenfalls das eher klägliche Bild, das das vorletzte Album der zwei Musiker abgab. Liebe Arms And Sleepers: Das kann ich so nicht stehen lassen. Vielleicht war ich einfach noch nicht reif genug – oder ihr wart es nicht. So oder so: »Find The Right Place« trifft den dereinst verfehlten Nerv und kann »einschläfernd« und »hypnotisch« klar auseinanderhalten. Mehr noch: Diese Platte leuchtet und erfrischt, wimmelt und wischt, pluckert und pulsiert, macht und tut. Harte Arbeit, die nach hartem Chillen klingt. Genau deshalb lassen sich ihre in Watte gepackten Tracks auch so vorzüglich in einer überschrillen Medienlandschaft verstecken – oder aber als akustischer Schlabberlatz im rappenden oder singenden Freundeskreis verteilen, wie die leutselige zweite Albumhälfte zeigt. Schön habt ihr’s hier jedenfalls – dass ich das noch mal schreiben würde! Valentin Erning

Auf durchzechte Nächte folgen diesige Morgen. Getreu dieser Chronologie entwickelt sich Daniel Avery mit seinem zweiten Album klanglich weiter. Ob das »Alpha« im Albumtitel für Neuanfang steht? Der Gedanke nimmt Formen an, als sogar beim dritten Song von Daniel Averys neuer LP noch keine Beats mit aggressiver Stoßkraft eingesetzt haben, Vocals komplett ausbleiben und auch die köstlichen Verarbeitungen von klassischem 2000er-Rave auf sich warten lassen. Averys Debüt »Drone Logic« reichte 2013 aus, um ihn in die Techno-Elite zu hieven, anhand seines Follow-ups lernt man ihn nun auch als einen ausgefuchsten Ambient-Avantgardisten kennen. Daran Gefallen zu finden, erfordert zunächst Muße: Die sphärischen Stücke dehnen sich aus, verlieren abrupt an Tempo und basieren größtenteils auf unbarmherziger Repetition. Löst man sich jedoch von dem Gedanken, dass der in London residierende Produzent Hymnen für Bunker-Partys statt für die Bahnfahrt am nächsten Morgen schreibt, findet sich in »Songs For Alpha« ein konzeptioneller Reiz, der seinem Vorgänger noch fehlte. Acid-Synthies und dämmrige Atmosphären lassen immer durchdringendere AphexTwins-Reminiszenzen aufkommen, bis das Mittelstück »Diminuendo« überraschend und gnadenlos auf den Hörer einprügelt, um von dem sanften »Days From Now« ausgelöscht zu werden. Averys meditative Momente und euphorisierende Sentenzen stehen sich dabei nie als Kontrahenten gegenüber, sondern entpuppen sich als wunderbare Achse zwischen Club- und Couch-Musik. Leonie Becker

Aisha Badru Pendulum Nettwerk / ADA / Warner

Ausgerechnet der Werbespot eines umstrittenen Autokonzerns ermöglichte es Aisha Badru, ihre Songwriter-Karriere zu forcieren. Das Debütalbum der New Yorkerin ist trotzdem ein großer Wurf: intimer Pop, ganz ohne Skandal. Ich weiß gar nicht genau, was mich an »Pendulum« zuerst für sich eingenommen hat: das florale Gebilde, das auf dem Cover Aisha Badrus Kopf entwächst? Oder ihre Fähigkeit zu schwermütigem Pop à la Lykke Li oder A Fine Frenzy? Oder war es eher die dahinterliegende Unbeugsamkeit einer Bat For Lashes? Womöglich ist es der Kammerpop, der sich großen Effekten verweigert, aber nicht auf orchestrale Paukenschläge verzichtet, genauso wie die sparsame, aber mitten ins Herz treffende Poesie von Zeilen wie »Are you happy or do you pretend?«. Und schließlich ist da noch diese Stimme, die erstickt wispert, aber ungebrochen erhaben voranschreitet. Die New Yorker Singer/Songwriterin vereint auf ihrem Debüt Gegensätze, die plötzlich überhaupt nicht mehr widersprüchlich wirken. Gerade noch knarzen die Saiten von Badrus Akustikgitarre in schönster Folk-Manier, schon überschwemmt Orchesterklang die Szenerie. »Pendulum« ist werbetauglicher Pop, der keinen Zweifel an seinen Indie-Wurzeln lässt. Tatsächlich verdankt die Musikerin ihren ersten Karriereschub dem Einsatz ihres Songs »Waiting Around« in einem TV-Spot. Ihr letztendlicher Durchbruch aber wird dieser Platte geschuldet sein. Verena Reygers

Daniel Avery Songs For Alpha Phantasy / PIAS / Rough Trade

Black Moth Super Rainbow Panic Blooms Rad Cult / VÖ 04.05.18

Die Album gewordene Antwort auf alle Fragen deines Kulturpessimismus’: Nach dem Genuss der neuen BMSR-Scheibe laufen die Dinge nach Plan, stehen die Zeichen auf Sonne und ist Ignoranz Trumpf. Eigentlich geht’s uns doch gut! Der Himmel ist klar, die Weltmeisterbrötchen vom Bäcker schmecken hervorragend, und wer Arbeit hat, kann meistens gut davon leben. Die Demokratie blüht unter ihrer Technokratisierung auf, und die beiden Klingen der Schere zwischen Arm und Reich nähern sich einander konsequent an. Der Tag ist strukturiert, das gibt Halt und wirkt sinnstiftend. Nicht nur der Chef sieht das so. »Hinterher fühlst du dich zwar ausgezehrt«, sagt er, doch das sei der Ernst des Lebens. Man verbringt seine Zeit, muss nicht hungern und kann ja verdammt noch mal froh sein, dass es hier nicht wie in einem Krisengebiet im zerschossenen Rest der Welt zugeht. Erklingt dann am Abend ein Album wie »Panic Blooms«, verschwindet etwaiger Missmut über was auch immer gänzlich. Dieser schummrige Indietronica-Sound wirkt ähnlich beruhigend wie das Lexotanil, das der Arzt letzte Woche verschrieben hat. Tobacco und die fünf anderen Leute, deren Namen jetzt zu cringy für eine Aufzählung wären und mit denen er seit gut 15 Jahren als Black Moth Super Rainbow auftritt, kennen das Gefühl. Ihr Sound ist nicht einfach nur unter Drogeneinfluss entstanden. Das vielgestaltige Lo-Fi-Getöse auf ihrem Zweitwerk »Start A People« musste beinahe zwingend stark sediert gehört werden, um überhaupt von Anfang bis Ende genießbar zu bleiben. »Dandelion Gum« entfaltete sich dank verstärktem Flöteneinsatz und zart zerlaufenden

Synthesizern aber als vollwertiger Sommertagstraum und ist wohl bis heute so etwas wie ein Referenzwerk im Bereich des NeoPsychedelic. Doch egal, ob beim verschlafenen »Baby’s In The Void«, dem fast schon melancholischen »Permanent Hole« oder dem Einkaufszentrum-Sound von »Backwash«: »Panic Blooms« tönt durchgehend gedämpfter, matter als seine Vorgänger, wie unter einer Käseglocke eben. Der Tranquilizer, den es braucht, um morgen wieder frisch und munter aufzustehen. Nils Schlechtriemen

Songwriter-Entwurf verbindet sich mit der Spiel- und Experimentierfreude seiner Mitmusiker. »Minus the intent to feel I’m here«, singt er im Titeltrack, der sich von einem simplen Klavierthema in Richtung einer wilden Improv-Nummer vorwärtsschraubt – und damit die Blaupause für den Rest festlegt. Im Zwölf-Minuten-Epos »Madder« treibt er dem Wahnsinn entgegen und kommt in einem finalen Gitarreninferno abhanden. Der Schlusssong »Used To Be Older« bringt dann die ganz große musikalische Erlösung und unterstreicht das Sakrale der Platte: Schließlich stellt auch in der Messe der Chor den Höhepunkt dar. Christian Steigels

Blossoms Cool Like You EMI / Universal

Keine zwei Jahre nach der Veröffentlichung ihres für den Mercury Prize nominierten Debüts wenden sich die Briten nun den 1980ern zu, ohne dabei ihre Wurzeln zu verleugnen. Nachdem Sänger und Songschreiber Tom Ogden die Songs für die erste Blossoms-LP noch überwiegend auf der Gitarre komponiert hatte, entstanden die Songs für »Cool Like You« nun größtenteils am Keyboard. Aber auch textlich unterscheidet sich die neue Platte von ihrem Vorgänger, wie Ogden ausführt: »I used to hide behind grand metaphors a bit. But now I feel more comfortable being really personal and literal.« Ungeachtet aller dezenten 1980er-Einflüsse und lyrischen Entwicklungen entwirft das Quintett aus Stockport auch auf seiner zweiten LP melodieverliebten Indie-Pop. Folgerichtig wirft »Cool Like You« auch nicht wenige großartige Songs ab, aus denen neben dem melancholischen »Between The Eyes« die mitreißenden »Unfaithful« und »Lying Again« hervorstechen. Da fällt es auch nicht besonders ins Gewicht, dass einzelne Stücke wie die erste Single »I Can’t Stand It« nicht restlos zu überzeugen wissen. Denn insgesamt haben Blossoms mit »Cool Like You« ein mehr als gefälliges Album aufgenommen, das sicherlich ebenfalls die Spitze der britischen Charts erklimmen wird. Dirk Hartmann

Daniel Blumberg Minus

Leon Bridges Good Thing Columbia / Sony / VÖ 04.05.18

Leon Bridges’ tolles R’n’B-Debüt »Coming Home« wurde zum Überraschungserfolg. Auf seinem Zweitwerk versucht er die immer noch tollen Songs mittels tadelloser Produktion zu perfektionieren. Dabei wünscht man sich eigentlich das Gegenteil. Zwei Grammy-Nominierungen, Auftritt im Weißen Haus, Top-Ten-Platzierung in den Charts: nicht die schlechteste Bilanz für das Debütalbum »Coming Home«. Das muss man erst mal toppen. Dafür hat Leon Bridges leider den Weg des geringsten Widerstandes gewählt. Während das Debüt auch wegen der authentischen und damit auch mal krachigen und knarzigen Produktion überzeugen konnte, klingt das neue Werk »Good Thing« einfach zu sauber. Vor allem bei Bridges’ Mixtur aus Rhythm’n’Blues, Soul, Gospel, Funk und Jazz – die allesamt häufig auch von musikalisch Unvorhergesehenem, klanglichen Ungenauigkeiten und sozialen Ungemütlichkeiten zehren – wird das augenfällig und schnell abgedroschen. Diese forcierte Massentauglichkeit und übermäßige Perfektion schmälern zwar den Gesamteindruck, generell ist der Texaner aber immer noch ein begabter Songwriter. Deswegen müssen auch Highlights hervorgehoben werden: Die Single »Bad Bad News« wird mit funky Bassline, Jazz-Gitarre und Gospel-Vibe zum Meisterstück. »If It Feels Good, Then It Must Be« schielt mit mehr als nur einem Auge auf den Dancefloor, und »Mrs« ist eine überaus ansehnliche R’n’B-Ballade. Blendet man die fehlende klangliche Reibung aus, wird »Good Thing« seinem Namen tatsächlich gerechnet. Marius Wurth

Mute / PIAS / Rough Trade / VÖ 04.05.18

Der einstige Yuck-Songwriter verbindet auf seinem Solodebüt Songwriting-Pathos und musikalische Experimentierfreude. Das Londoner Café Oto ist einer der aktuell wichtigsten Orte für experimentelle und improvisierte Musik. Hier verbrachte Daniel Blumberg in den vergangenen Jahren einen großen Teil seiner Zeit. Mit »Minus« erscheint nun ein Überblick darüber, was dieser Ort mit ihm und was er mit diesem Ort gemacht hat. 27 Jahre ist Blumberg alt – und blickt auf einen beeindruckenden Katalog zurück: Unter anderem gründete er als Teenager Cajun Dance Party, später schrieb er maßgeblich am tollen Debüt von Yuck mit. Innerhalb von nur fünf Tagen wurde nun »Minus« in der walisischen Abgeschiedenheit mit Musikern wie dem Kontrabassisten Tom Wheatley oder der Cellistin Ute Kanngiesser, die er von gemeinsamen Sessions aus dem Oto kennt, live eingespielt. Blumbergs großer, trauriger

Chrome Sparks Chrome Sparks Counter / Ninja Tune / Rough Trade

Endlich liefert Jeremy Malvin auf Albumlänge ab. Hypnotische Synthie-Soundscapes und HipHop-Bruchstücke sind nur zwei Stärken dieses höchst vielschichtigen und kreativen Musikrausches. Gerade bei elektronischer Musik lohnt sich die Suche nach Zuckerstückchen noch richtig. Obwohl der in Brooklyn lebende Jeremy Malvin in den Staaten vereinzelt schon

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BECK

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als das nächste große Ding in der Sparte Electronic Music gehandelt wird, muss man hierzulande schon kundiger VinylSammler oder gewiefter Spotify-Abonnent sein, um seine ersten EPs auf dem Schirm zu haben. Nun legt er auf einem Sublabel von Ninja Tune sein Debüt vor, das vor kreativer Perfektion förmlich übersprudelt. Allem voran breiten sich die knisternd-warmen Analog-Synthesizer-Flächen aus, Malvins Spielwiese, die wahlweise mit Electro-Pop, HipHop oder leichtfüßigem House dekoriert wird. Sehr eingängig und doch mit entsprechendem Tiefgang glättet er die Kanten zwischen detailverliebter Studioarbeit und herbsüßer Popmusik. Das ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit in seinem eigenen Brooklyner Studio und in einer abgelegenen Hütte am Stadtrand. Zudem holte er sich das australische Duo Kllo, Angelica Bess (Body Language) und Graham Ulicny (Reptar) für ein paar GastFeatures, was die Vielschichtigkeit noch mal erhöht. So wurde »Chrome Sparks« zu einem überzeugenden Debüt jenseits von verkopfter Electronica-Komplexität, das trotzdem jede Menge Entdeckungen parat hält. Klaas Tigchelaar

SOLD OUT

er offenbar aus guten alten Zeiten, wo es sich mit Gruppen wie Oasis zu duellieren galt, herübergerettet. Die Musik ist von Soul beeinflusst, wie auch bei Richard Ashcroft in dessen besten Momenten kann sich Coombes in seinen Stücken verlieren. Die leicht psychedelische Schlagseite kommt den Liedern dabei gut zupass, sodass groovende und karge Gospelnummern wie »Walk The Walk« entstehen. Die Platte ist cool, weil der Brite eben ein cooler Kauz ist. Die tatsächlich hörbaren HipHop-Referenzen und ein paar dezent gestreute Synthie-Beats verleihen ihr zusätzlich das nötige Maß an Gegenwärtigkeit. Kai Wichelmann

Mo’s Ferry / Rough Trade

Asinella / Broken Silence

Auf ihrem siebten Album überrascht Clara Luzia abermals mit neuen stilistischen Wendungen und einer großen Portion Rock. Clara Luzia hat mit Sicherheit schon stürmischere Phasen in ihrem Leben verbracht. Um das zu überprüfen, muss man nur auf die nachdenklichen bis kritischen Zwischentöne ihrer tollen ersten Alben »Railroad Tracks« und »The Long Memory« vor nun auch schon mehr als zehn Jahren achten. Heute, mit etwas mehr Routine, wirkt ihr Songwriting unverkrampfter und freier, wobei ihre musikalische Wendung eigentlich eine andere Sprache spricht: Während die Österreicherin früher noch weitgehend dezenten Folk und Pop schrieb, zeigt sie sich heute stilistisch vielseitiger und oft auch lauter. Gerade der Einstieg in ihr neues, siebtes Album »When I Take Your Hand« gerät mit den kratzigen Songs »On The Street« und »Bold Move« für ihre Verhältnisse sehr rockig und erinnert an die Breeders. Dabei bleibt es im weiteren Verlauf der neun Songs zwar nicht, Clara Luzia findet auch wieder zurück zu sachter Stimme und allein gelassener Gitarre, dennoch unterstreicht sie so deutlich wie noch nie ihre stilistische Spannbreite und auch Güte: »When The Streets« ähnelt mit Hall und Chören dem Surf-Rock eines Chris Isaak, und mit dem düster-dringlichen »Survival« geht Clara Luzia sogar noch konsequenter in Richtung des Black Rebel Motorcycle Club. Neben ihrer Vielfalt macht aber auch die ausnahmslose Klasse ihrer Songs »When I Take Your Hand« zu einer großen LP, die zeigt, dass Clara Luzia selbst nach vielen Jahren und Alben noch zu Fortentwicklung in der Lage ist. Christian Steinbrink

special guest __Frank & Friedrich

Schnitzel / Indigo

Caroline / Universal / VÖ 04.05.18

04.05.18 KÖLN

06.05.18 BERLIN

07.05.18 HAMBURG

JUNGLE CLUB

MAZE

NOCHTSPEICHER

*€ 0,20 / Anruf aus dem Festnetz, Mobilfunk max. € 0,60 / Anruf

Es ist wieder einmal Zeit für ein Soloalbum von Niklas Worgt alias Dapayk. Ohne seine Frau und musikalische Partnerin Eva Padberg wirkt die karge Mischung aus Minimal, Detroit- und Deep-House noch deutlich kompromissloser. Klar, den clever verschraubten Electropop von Dapayk & Padberg haben wir längst und für alle Zeit ins Herz geschlossen. Aber der Berliner Produzent, Labelbetreiber und Musiker tobt sich manchmal auch alleine aus, hier auf dem mittlerweile fünften Soloalbum, dem ersten Alleingang seit »#nofilter« aus dem Jahr 2015. Die Brücke zu den Alben mit seiner Supermodel-Ehefrau sind auch diesmal wieder die kreativen Ansätze bei der Klanggestaltung. Mit großer Eleganz gelingt es Worgt, frische Sounds und Rhythmen zu dekonstruieren und umzuschichten. Analog geprägte Tonhöhenschwankungen mischen sich mit ungehörten Bleeps, beruhigende Electro-Flächen zappeln im kreativen Dusel, meilenweit entfernt von den sonstigen, vergleichsweise lahm erscheinenden 303- und 909-Techno-Schablonen vieler Nebenbuhler. Aus jedem Sequencer holt Worgt wie selbstverständlich immer noch ein Quäntchen mehr Forscherdrang heraus. Schmeichelnd, tanzbar und knackig sinnierend blättern sich Stücke wie »Aurora« oder »Tinitus« für diejenigen auf, die bereit sind, hinter den Beat zu hören. Dazu gibt es noch Vocal-Features von Komplement, Vars und Mental Bend. Klaas Tigchelaar

Pop mit psychedelischer Schlagseite dominiert auch auf dem dritten Soloalbum des Briten. Moderner als zuletzt. Die Inspirationsquellen für den dritten Solostreich des ehemaligen Vorstehers von Supergrass lesen sich bemerkenswert. Neben musikalischen Vorlagen wie Neu! und HipHop sei der Musiker diesmal auch von kalifornischem Cannabis, britischen Wäldern und – aufgepasst! – unkontrollierter Männlichkeit beeinflusst gewesen. Was soll das denn nun heißen? Ist der Pop-Psychedeliker, der mit seiner ehemaligen Hauptband die quirligsten Stücke zum Britpop beisteuerte, nun zum aggressiven Rocker mutiert? Glücklicherweise nein, nur steht er nun offenbar selbstbewusst wie nie auf Solofüßen, quasi als Selbstvergewisserung: »I’m the world’s strongest man.« Die charmante Großspurigkeit hat

Stoisch führt Dean Ween das Werk fort, das er vor Jahrzehnten mit Ween begann. Sein Witz ist mit dem Alter aber fast zwangsläufig ein wenig onkeliger geworden. Einer ganzen Generation von jungen, aufrichtigen GrungeFans haben Ween in den 1990ern den heiligen Ernst ausgetrieben und sie mit dem humorvollen Regelbruch vertraut gemacht. Viele dieser Musikliebhaber haben beim »Boogie Boogie Boogie«-Refrain in »Voodoo Lady« das erste Mal in ihren harten Teenager-Jahren zu Rockmusik lustvoll gegluckst. Heute, fast 25 Jahre später, ist mit Dean Ween immerhin noch ein Teil des Duos regelmäßig aktiv. Auf »Rock2«, dem zweiten Album der nach ihm benannten Gruppe, ist Weens Humor weiterhin allgegenwärtig, der Regelbruch hingegen nicht. Denn »Rock2« konzentriert sich auf das, was auf dem Album draufsteht: Der Rock der Jahrzehnte wird in Jack-Black-Manier voller Lust durchexerziert, besonders die 1970er stehen im Fokus, allerdings in seiner Garage-Variante. Das muss man mögen oder darüber hinweghören können, um den irren Witz Weens noch erkennen und goutieren zu können. Denn das ist es, worum es auch auf »Rock2« ausschließlich geht: Vorführung und Persiflage, keine ernsten Anliegen. In dieser Disziplin zählt Dean Ween auch nach so vielen Jahren immer noch zu den Besten, krass oder subversiv ist er mittlerweile aber nicht mehr. Nur schenkelklopfend allerdings auch nicht. Christian Steinbrink


LOVE ATTACK MIT FIONN BIRR

Love Attack begrüßt die ersten Sonnenstrahlen mit BenzinschleuderBeats, beschwipstem Millennial-Blues und entdeckt die Eleganz des Zwischentons.

Wir schreiben das Jahr 2018: Die Call&ResponseRaps der aktuellen HipHop-Generation beschallen neonfarbene Synthesizer-Melodien, umsäumt von rumorenden Tieftönern, als wäre Musik nichts anderes als ein Marketing-Tool. Rap turned Reklame? Irgendwie schon. Für sein Debüt auf GOOD Music, dem Label von Kanye West, hat sich Rapper Valee vermutlich auch deswegen für ein Statement der Zurückhaltung entschieden. Echte Gangster bewahren eben Ruhe. Die sensiblen Downtempo-Beats der EP »GOOD Job, You Found Me« (Universal) balancieren zwischen dem meditativen Software-Soul seiner Heimatstadt Chicago und dem bedrohlichen Atlanta-Bombast eines Ronny J. Statt Vollspeed geht es hier mit Tempo 30 durch die Hood. Natürlich wird der großen Kunst des ästhetischen Nichtsagens mit Bekleidungsmarken, Betäubungsmitteln und Benzinschleudern trotzdem gehuldigt. Doch die EP besticht einmal mehr damit, um was es hier eigentlich geht: die Eleganz des Zwischentons.

Ebenfalls auf Kanyes Imprint hat sich 070 Shake vom Internet-Geheimtipp zum Lieblings-Newcomer gemausert. »Glitter« (GOOD Music) ist aber nicht nur trappiger Ambient-Pop im R’n’B-Fahrwasser, sondern eine schonungslose Rap-Reise zu den eigenen Dämonen. »I Laugh When I’m With Friends But Sad When I’m Alone« ist der sperrige Titel des Openers, der auch gleich die Marschroute aus Selbstzweifeln, Rastlosigkeit und überhaupt allen Monstern der Ungewissheit vorgibt. »I think I gotta end ‘em«, nuschelt/singt Shake in zerbrechlicher Pose auf »Mirrors« ihren Depressionen entgegen. Der puristische MillennialBlues der 19-Jährigen durchdringt in brutaler Ehrlichkeit seelische, genrespezifische und melodische Barrieren, die in bittersüßen Ohrwurm-Melodien die Dunkelheit fast greifbar machen und zehn Jahre nach »Day ‘N’ Nite« als eine Art Update von Kid Cudis Offenbarungseid durchgehen.

Life From Earth, die frühen Förderer von RIN und Yung Hurn, bleiben Geschmacksradar für die hippen Teenies und Berufsjugendlichen. Das neueste Signing ist Naru, dessen Album »Rudeboii« (Life From Earth) sich aus computerisierten Romantik-Raves, kitschigem Schmuse-Trap und verknalltem Wohlfühl-Hop zusammensetzt. Schon nach den ersten Minuten wird klar, dass Naru ein unwiderstehlicher Schlawiner ist. »Schreie in den Wald mit lauter Bäumen. Shorty, komm, wir teilen unsere Träume«, schnappatmet er auf »Iwnbds«, während er mit Plastikrosen und Billigsekt grinsend zum Picknick einlädt. Auf den 14 Songs dichtet der Dortmunder augenzwinkernde Aufreißer-Anekdoten, die vor allem mit Zweideutigkeiten und beschwipstem Charme um die Herzensdame scharmützeln. Ein Release, das kaum pünktlicher als zum Frühling erscheinen könnte: der Hauptsaison des Verliebtseins.

Als Pop-Weirdo hat sich Kali Uchis spätestens seit ihrer Kollabo »After The Storm« mit Funk-Legende Bootsy Collins und Rap-Ikone Tyler, The Creator in die Herzen von Airplay und Auskennern geschummelt. Doch nicht nur sonniger Bossanova-Boogie zeichnet die kreative Bandbreite der Grammy-Preisträgerin aus: Ihre stilistische Performance auf »Isolation« (Virgin) leichtfüßelt wie Minnie Riperton, beschwört Schwermut wie Amy Winehouse und boastet wie Sister Nancy. »My pussy is a hell of an addiction«, bekennt sie dann auch ungestüm im hinteren Drittel und bestätigt damit die Vermutung, dass sich diese GenreMelange so unverschämt betörend in die internationalen Dauerschleifen räkeln könnte, als hätten Gwen Stefani und OutKast Urlaub in Kingston gemacht.

Pop ist kein Versprechen, sondern eine Verheißung, auch wenn die Rap-Newcomerin Eunique seit zwei Jahren mehr oder weniger öffentlich das Gegenteil beweisen will. Ihr Debütalbum »Gift« (Kobra Militär) ist das Ergebnis eines knallharten Bootcamps von Mentor und Producer Michael »Bazz« Jackson aus Songwriting-Unterricht, Interview-Training und Fotoshooting-Übungen. Der Versuch, eine Karriere am Reißbrett zu erschaffen, zugänglich über Social Media für die Welt dokumentiert. Das hätte »Gift« abgeschmackt werden lassen können, hat es tatsächlich aber nur nahbarer gemacht. Euniques romantische Aufsteigerstory birgt trotz üblicher Trivia-Tracks über Durchhaltevermögen, Verräter und Tiefschläge tatsächlich sogar ein paar Überraschungsmomente, auch wenn nicht jeder Reim einem mitteilungsbedürftigen Seelenschmerz entspringt und der poppige Synthesizer-Trap, den die Hamburgerin mit slicker Rap’n’B-Performance an der Seite von Veysel, Xatar oder auch Adel Tawil eingängig und stilsicher bedient, mehr Mittel zum Zweck als subversive Neulandentdeckung ist. Am Ende ist »Gift« wie ein Hollywood-Film: Plot, Figuren und Ende sind längst durchschaut – doch unterhaltsam und packend erzählt kann auch das noch unterhalten. Nennt es Blockbuster-Rap.

CD/LP/LPX/DLD 18.05.2018 LIVE: 29.10.2018 BERLIN, LIDO 30.10.2018 KÖLN, STADTGARTEN


#Review problemlos nicht nur um ein bis zwei Songs, sondern auch um ein bis zwei selbstverliebte Soli kürzen lassen. Ist man eine der wichtigsten jungen Blues-Bands Europas, darf man sich allerdings auch etwas Selbstverliebtheit erlauben. Jan Martens

DeWolff Thrust Mascot / Rough Trade / VÖ 04.05.18

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Infectious / PIAS / Rough Trade

Sie hätten zur neuen Britpop-Hoffnung vom anderen Ende der Welt werden können. Stattdessen gehen die DMA’s einen holprigen, aber kreativeren Weg. Die DMA’s sind zu nett. Anders kann man es sich eigentlich nicht erklären, warum sie nach ersten EP-Releases und Festivalauftritten im Jahr 2015 nicht noch offensiver als australische Reinkarnation von Oasis gehypet wurden. Melodieseliger Britpop und ein unscheinbarer Sänger, der trotzdem alle Coolness der Welt auf sich vereint, ragen als Wiedererkennungsmerkmale dann eben doch nicht an Tiraden gegen die halbe Musikwelt heran. Wie dem auch sei: Mit »For Now« machen die DMA’s sowieso erste große Schritte, sich vom offensichtlichen Vorbild aus Manchester zu emanzipieren. »The End« ist dank Elektronik- und SynthieElementen so tanzbar wie ungewohnt düster; dem ähnlich ausgerichteten »Do I Need You Now« fehlt nur noch etwas mehr Timbre in Tommy O’Dells Stimme, um als DepecheMode-Song durchzugehen. Am gefälligsten

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Johannes Sigmond arbeitet als Musiker wie ein Baumeister. Als Blaudzun errichtet er die großen, sphärentiefen Kathedralen der Popmusik des 21. Jahrhunderts, die gleichfalls Orte von Wonne und Laster sind. Lange war der umtriebige Niederländer Blaudzun ein Geheimtipp, lediglich eine Empfehlung szenekundiger Besucher einschlägiger Festivals. Denn seine ersten drei Alben wurden nicht in Deutschland veröffentlicht. Doch dann traten die Macher des Delikatessenladens Glitterhouse Records aus dem Weserbergland auf den Plan: Blaudzun wurde Teil der Familie. Nach seinem bundesrepublikanischen Debüt »Promises Of No Man’s Land« sowie »Jupiter, Pt. I« und »Jupiter, Pt. II« ist nun der dritte und letzte Teil seiner »Jupiter«-Trilogie da, der auf den Tag genau

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Drangsal hadern weiter, aber nicht mehr in Schwarz-Weiß, sondern in Farbe. Damit bietet die Band der Popmusik eine Chance, an die sie selbst schon nicht mehr geglaubt hat. Die Wirklichkeit wird von dieser Platte enorm überrascht sein. Drangsal kultivieren auf diesem zweiten Album eine Pop-Sensibilität, die überdeutlich mit einem Habitus der Abgeklärtheit verschränkt ist. In den Texten schaut Frontmann Max Gruber auf sich selbst, sieht Konstruiertes und Zwiespälte (»ich bin jung und ich bin alt«) und leitet daraus ein Pathos ab, das aber immer leicht und angenehm flüchtig wirkt. Diese Konstellation harmoniert mit Melodien und Arrangements, deren Ursprünge sich im ästhetischen Programm von Bands wie Haircut One Hundred oder Prefab Sprout verorten lassen. Dem Bezug auf New-WavePop der frühen 1980er, der Drangsal noch

Glitterhouse / Indigo

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zehn Jahre nach seinem selbstbetitelten Debüt erscheint. Das Album ist voller süßlichgeleckter, fasslicher und aufrührerischer kleiner Pophymnen. Große Stadionmomente wechseln sich mit intimen Augenblicken ab, ganz so, als bildeten Anohni und Arcade Fire eine betörende Supergroup, um 16 Horsepower chartstauglich zu interpretieren. Dave Eugene Edwards und Ryan Adams tanzen dazu ausgelassen. Mathias Meis

GRA

DeWolff bleiben die vielleicht amerikanischste Band der Niederlande. Ihr Blues-Rock macht auf dem neuen Album »Thrust« wenig anders, aber auch kaum etwas falsch. Ob es nun am holländischen Einfluss auf die ersten Kolonien oder am schmuddeligen Nieselwetter in unserem Nachbarland liegt: Kaum irgendwo in Europa erfreut sich klassisch amerikanisch geprägter, rückwärts gerichteter Blues-Rock einer solchen Beliebtheit wie in den Niederlanden. Dies zeigt sich nicht nur an den überproportional vielen Tour-Stopps, die internationale Blues-Bands dort einlegen, sondern auch an dem rasanten Aufstieg, den DeWolff in den zehn Jahren seit ihrer Gründung erfuhren. Auch auf ihrem mittlerweile sechsten Album springen die drei immer noch blutjungen Limburger mit dem Kopf voran in das tiefe Becken der Classic-Rock-Referenzen. Sie lassen Gitarre und Keyboard um die Wette gniedeln (SpoilerWarnung: Es endet unentschieden) und die simple Schubkraft, die der Albumtitel suggeriert, nur an wenigen Stellen wie der Single »California Burning« ausbrechen. Der amerikanische Einfluss zeigt sich in SouthernRock-Songs wie »Outta Step & Ill At Ease«, den Texten zwischen Working-Man-Habitus und Trump-Kritik sowie ganz allgemein dem Hang zur Übertreibung: »Thrust« hätte sich

bleiben dennoch rohe, kraftvolle Songs wie die Single »Dawning« oder »Break Me«, die wieder einmal sowohl unplugged bei RadioAuftritten als auch – mit der Lautstärke eines landenden Düsenjets abgemischt – auf den großen europäischen Festivalbühnen funktionieren sollten. Auf »For Now« zünden diese Stücke zwar nur selten so sehr wie manche der ersten musikalischen Duftmarken der Australier. Aber es kann schließlich nicht jede Band schon in ihren Anfangsjahren ihr »Definitely Maybe« schreiben. Jan Martens

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3 Days − 4 Stages − 70 Artists

MASCHINENRAUM MIT PHILIP FASSING

Die spannendsten Neuveröffentlichungen aus dem Techno-, House und ElectronicaFach nehmen sich mal wieder Zeit. Heißt: viele Alben und nur eine richtige Single.

Scott Monteith alias Deadbeat war mit seinem Gefühl für Klang und Raum schon immer eine Ausnahmeerscheinung. Mit seinem jüngsten Album »Wax Poetic For This Our Great Resolve« (BLKRTZ) teilt der Kanadier nun Botschaften der Hoffnung, die er zunächst von seinen Freunden rund um den Globus ohne jeglichen musikalischen Input eingefordert und dann vertont hat. Mal hochpolitisch, mal philosophisch entfalten die in verschiedenen Sprachen aufgenommenen Botschaften stets einen meditativen Sog, der von Deadbeats dubbiger Handschrift respektvoll unterstrichen wird. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Beständigkeit Paul Rose alias Scuba über all die Jahre verlässlich abliefert. Nun erscheint also ein komplettes Album unter seinem Alias SCB. Natürlich gelingt auch das in so ziemlich jeder Hinsicht, schließlich produziert Rose unter diesem Namen bereits seit vielen Jahren düsteren wie einprägsamen Techno. Auf »Caibu« (Hotflush) demonstriert er einmal mehr, dass das nicht immer aggressiv stampfende Kickdrums implizieren muss, sondern bisweilen auch komplett ohne Rhythmus auskommen kann. Eine freie Interpretation des Genres, von der auch dieses Album ungemein profitiert. Es ist immer wieder höchst erfreulich, zu sehen, welch verschlungene Wege die Affiliates des Berliner Labels Money $ex Records nehmen. Diese führen sie mit »Turquoise Tortoise« (Apollo) nämlich plötzlich zu R&S Records beziehungsweise dessen Sublabel. Am Steuer: Glenn Astro & Hodini. Die denken gar nicht daran, ihre kunstvoll verpeilten Beat-Studien auch nur im Entferntesten den Umständen anzupassen. Passen tut es natürlich trotzdem, weil Apollo Recordings schon immer ein Herz für Jazz und Freigeist hatte – ganz egal, ob es am Ende eher im HipHop- oder House-Fach landet. Erst im vergangenen Jahr hat Armand Jakobsson alias DJ Seinfeld mit »Time Spent Away From U« ein phänomenales Album abgeliefert, nun gibt es neue Tracks im EP-Format. »Sakura« (Deep Sea Frequency) fällt im Vergleich zu dem Output des letzten Jahres leider stark ab und kann sich nur stellenweise über das Mittelmaß hieven. Das dürfte vor allem daran liegen, dass alle vier Titel fast rein funktional angelegt sind und sich dementsprechend eher wie DJ-Tools statt wie richtige Songs anfühlen. Alexandre Mouracade alias Sonns mag seine Wurzeln in Paris haben, seine Musik atmet dagegen mit jedem Takt den Vibe seiner derzeitigen Heimat Los Angeles. Das unterstreicht seine jüngste Single »Tame« (Kompakt) einmal mehr in aller Deutlichkeit. Bereits der titelgebende Eröffnungstrack lässt seine Hörer mit warmen Flächen und funky köchelnder Bassline das Fenster runterkurbeln. Die B-Seite »Across The Pond« drängt sich fast genauso für Spritztouren gen Sonne auf, kommt dabei aber ein

wenig verträumter und weniger lasziv daher. Ob man den Remix von Marvin & Guy danach noch wirklich braucht, sei mal dahingestellt, der kann dem Original nämlich eher gar nichts Neues abgewinnen.

Aleksandar Grozdanovski alias Herzel fiel bereits vor einigen Jahren mit einer umwerfenden EP für Hivern Discs auf und hat seitdem beständig neue Musik veröffentlicht. Mit »Arp Surfer« (Biological) steht nun schon die nächste EP an und demonstriert über eine Länge von gerade mal vier Tracks eine stilsichere Bandbreite. Der Titeltrack verknüpft atmosphärischen Deep House mit einer treibenden Hi-NRG-Bassline, »Spark Loop« und »Nexus« huldigen klassischen Acid-Formeln, und »Ulysses« gehört fast schon in die Ambient-Schublade. Eine runde Sache. Um Felix Weatherall alias Ross From Friends scheinen sich die Labels derzeit zu reißen. Anders lässt es sich kaum erklären, dass der Londoner nach einigen viel beachteten Veröffentlichungen für Labels wie Magicwire oder Lobster Theremin plötzlich von Flying Lotus höchstpersönlich unter Vertrag genommen wurde. Hört man sich obskurere Titel wie »Xoxoxo« oder »Suzinak« genauer an, ergibt das aber durchaus Sinn, schließlich eint beide der freigeistige Hang zum Eigenartigen. Der dominiert nun auch die EP »Aphelion« (Brainfeeder), wenn auch etwas verspielter und nicht ganz so gradlinig interpretiert, wie man es von dem Londoner Produzenten eigentlich kennt.

Waajeed ist vor allem als HipHop- und R’n’BProduzent aus dem Umfeld von Slum Village und J Dilla bekannt. Auf »Mother« (Planet E) zeigt er sich allerdings von seiner technoiden Seite. Erstaunlich ist daran vor allem, wie routiniert dem Produzenten aus Detroit dieser Fachwechsel gelingt. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, er habe nie etwas anderes gemacht. Ganz in der Tradition seiner Heimatstadt finden hier nämlich Jazz, Soul, Techno und House auf eine ganze eigene Art und Weise zueinander. Will DiMaggio dürfte dem einen oder anderen schon vor einigen Jahren unter dem Alias Jaw Jam begegnet sein, als der er sich recht erfolgreich an der seinerzeit stark präsenten Verschmelzung von House und Post-Dubstep versuchte. Das war Musik, die man heute immer noch gut hören kann. Unter seinem bürgerlichen Namen pflegt DiMaggio einen weitaus spleenigeren House, der mit seiner Liebe für den Retrofuturismus der 1980er und 90er auf »At Ease« (Future Times) eher an Konzeptkünstler wie James Ferraro oder Oneohtrix Point Never erinnert. Sehr gelungen.

EDITORS − EELS NILS FRAHM

THE WOMBATS − THE KILLS BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB JON HOPKINS Live − RHYE DEERHUNTER − NEUROSIS YOUNG FATHERS − IBEYI GEORGE FITZGERALD Live TANK AND THE BANGAS ALL THEM WITCHES − KAT FRANKIE WOLVES IN THE THRONE ROOM KID SIMIUS − HINDS − ALEX CAMERON DÄLEK − GUS DAPPERTON THIS IS THE KIT − SUDAN ARCHIVES GOLDEN DAWN ARKESTRA TAMINO − KLANGSTOF GOLDROGER − KREISKY $ICK: SHORE, STEIN, PAPIER − FENNE LILY LEYYA − SAM VANCE-LAW MIKAELA DAVIS − WARMDUSCHER WICCA PHASE SPRINGS ETERNAL GREAT NEWS − TRISTAN BRUSCH EMIRSIAN − COCAINE PISS YAMATAKA // SONIC TITAN LASSE MATTHIESSEN − CHOCOLAT 5K HD − V.O. − SIND − ÄTNA − FIBEL & viele mehr...

verlost für 2 Personen ein

VIP-MAIFELD DERBY WOCHENENDE im Wert von 600€

2 Übernachtungen inkl. Frühstück im Hotel STAYTION in Mannheim 2 Festivaltickets inkl. freier Fahrt im VRN-Netz Derby Dollar im Wert von 150 € Mitmachen auf facebook.de/mannheimer.imsound Deadline: 21. Mai 2018

15. / 16. / 17. Juni 2018 Mannheim www.Maifeld-Derby.de


GUS DAPPERTON 12.06. Köln, Yuca 18.06. Berlin, Bi Nuu

ANIMAL SLEAFORD MODS COLLECTIVE 03.05. Berlin, Columbiahalle 05.05. München, Muffathalle 11.05. Hamburg, Docks 17.05. Dresden, Beatpol 18.05. Köln, Live Music Hall

ANNA BURCH

12.05. Offenbach, Hafen 2 13.05. Berlin, Monarch 14.05. München, Unter Deck

LIL SKIES

21.05. Berlin, Lido 01.06. Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld

BONOBO

VERY SPECIAL GUESTS: HVOB, GRANDBROTHERS 26.05. Berlin, Ufo im Velodrom

SAINT JHN

26.05. Berlin, Burg Schnabel 30.05. Frankfurt, Zoom 31.05. Kön, Yuca

MANU CROOK$

26.05. Berlin, Kantine am Berghain

CHROMEO

28.05. Berlin, Festsaal Kreuzberg

J.I.D. + EARTHGANG

02.06. Hamburg, Schanzenzelt (splash! Pre-Party) 04.06. Berlin, Kantine am Berghain 08.06. Frankfurt, Zoom 09.06. Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld

14.06. Berlin, Heimathafen

MOGWAI

23.06. Dusiburg, Traumzeit Festival 18.07. Dresden, Alter Schlachthof

PARQUET COURTS 04.07. Berlin, Festsaal Kreuzberg 05.07. Hamburg, Molotow

BOMBA ESTEREO 05.07. Köln, Kantine 06.07. Berlin, Huxleys

BIG BOI

05.07. Hamburg, Uebel & Gefährlich

GLASS ANIMALS 04.08. Leipzig, Parkbühne

DIRTY PROJECTORS 14.08. Berlin, Heimathafen

RHYE

14.08. Berlin, Astra 15.08. Köln, Gloria

ROMANO

20.07. Wiesbaden, Schlachthof 21.09. Leipzig, Täubchenthal

JON HOPKINS 25.10. Berlin, Columbiahalle

THE INTERNET

SUPERORGANISM

ROY WOOD$

NIGHTMARES ON WAX

05.06. Köln, Gloria 06.06. Hamburg, Uebel & Gefährlich

05.06. Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld 11.06. Frankfurt, Zoom 12.06. Berlin, Yaam

SPARKS

05.06. München, Freiheiz 06.06. Köln, Gloria 10.06. Hamburg, Mojo Club

meltbooking.com facebook.com/wearemeltbooking

auf dem ersten Album bestimmte, wird hier die Tendenz zu einer unverhohlen poppigen Stil-Variante desselben Jahrzehnts zur Seite gestellt. Das funktioniert so gut, dass die halbakustisch jangelnden Gitarren echte Euphorie auslösen. In einigen Momenten ist selbst Johnny Marr nicht weit. Dazu tragen auch die auf diffuse Weise wissend unwissenden Texte bei, in denen sich ein lyrisches Ich tastend auszuprobieren scheint. Drangsal gelingt es so, eine Popsprache zu etablieren, die jenseits des menschelnden Mindestkonsens’ liegt, von dem Pop hierzulande zunehmend geprägt wird. Vielleicht vollzieht Gruber auf seinem neuen Album die Entwicklung nach, die The Cure nahmen, als sie von schwarzweißem Depri-Pop auf die farbenfrohe Willkommensgeste von »Love Cats« umschalteten. Dabei ist hier, analog zur Zerrissenheit des lyrischen Ichs, musikalisch längst nicht alles aus einem Guss: Auf »Sirenen« etwa nimmt sich die Band das Recht zu rocken. Wohin sollen die jungen Leute auch sonst mit der Energie? Mario Lasar

10.11. Berlin, Säälchen 13.11. München, Technikum

14.11. Köln, Luxor 15.11. Berlin, Kesselhaus 16.11. Hamburg , Mojo Club

TOM MISCH

24.11. Frankfurt, Gibson 25.11. München, Muffathalle

Drinks Hippo Lite Drag City / H’art

Auf was für verspielte Ideen man kommt, wenn das W-LAN ausfällt, zeigen Drinks auf »Hippo Lite«. So klingt Musik, wenn man keine Erwartungen mehr an sie hat – und das ist keinesfalls despektierlich gemeint. Ist das Art-Pop oder Mittelfinger-Gleichgültigkeitskonzept? Mit der Flucht in eine Mühle inmitten der südfranzösischen Provinz therapieren Cate Le Bon und Tim Presley den Selbstverwirklichungswahnsinn der multimedialen Wirklichkeit. Irgendwo zwischen Anti-Folk, Weirdo-Gedudel, dubbigen Nadelstichen und repetitiven Klangmustern ist Drinks ein Lo-Fi-Trip gelungen, für den die Einheimischen von St. Hippolyte ihnen wohl hin und wieder Märchenwald-Narkotika durch den Briefschlitz geschubst haben – vielleicht hat digitale Enthaltsamkeit mittlerweile aber auch einfach denselben Effekt wie LSD. Fest steht, dass man hören kann, wie sich auf »Hippo Lite« die großstadtverklebten Synapsen des Duos in aller Formlosigkeit entfädeln. Dabei dauert es keine zwei Minuten, bis der Opener »Blue From The Dark« erste Hallo-wach-Rufe an die offenbar zum Vorbild genommene Feinfühligkeit von Nico und The Velvet Underground zulässt. Doch es sind gerade die wahllos zusammengesponnenen Kakofonien aus Grillenzirpen, Froschquaken, Schifferklavier, tonverfehlenden Streichern und vereinzelten Postrock-Riffs, die das improvisatorische Moment des Vorgängers »Hermits On Holidays« noch einmal steigern, gleichzeitig aber auch einen überraschend hypnotischen Groove auf den Plan rufen. Da lässt die Naivität von »Ducks« wiederum vermuten, ein Kindergarten habe das Porzellanservice von Oma Gerda zum Studioequipment auserkoren. Ohne Erwartungen an sich selbst steckt in den banausischen Disharmonien dieses Albums eine schlichtweg geniale Botschaft: Anstatt im Mantra des »You Could Be Better« zu verwässern, verflüssigen sich Le Bon und Presley in der Genügsamkeit ihres bloßen Seins, beispielsweise, wenn das ausgeleierte Kassetten-Sample in »When I Was Young« den Weg in die sakrale Klarheit einer andächtigen Basilika findet, oder wenn »Pink Or Die« weit über seine stilisierte Einfältigkeit hinausragt: Entweder Drinks dürfen rosarot leben oder eben gar nicht. Benni Bender

Die Fantastischen Vier Captain Fantastic Columbia / Sony

Ihrem Stil haben die Fantas 2018 nicht viel Neues hinzuzufügen. Ihr sympathischprovinzieller Verve ist längst einem aufgebauschten, billig glitzernden Klangkostüm gewichen. Heißt die nächste Haltestelle vielleicht sogar »Eurovision Songcontest«? Sir Elton Johns »Captain Fantastic« ist ein wirklich fantastisches Konzeptalbum über Fluch und Segen des Lebens junger Musiker. Und Matt Ross’ gleichnamiger IndependentFilm eine tragisch-schöne Aussteiger-Utopie. Wer aber ist dieser ominöse »Captain Fantastic« der Stuttgarter HipHop-Formation? Das wird auch nach den 16 Tracks des Albums nicht wirklich deutlich. Ist es einfach alter Wein in neuen Schläuchen? In jedem Fall bieten die Fantas 2018 chartstauglich aufgenommene, nicht wehtuende Wortspiele und Arrangements, die eher an James Last als an heißen Scheiß erinnern. Sie stehen für weitgehend saturierte Popmusik, erlauben sich keine Urteile, sondern ergehen sich in Zustandsbeschreibungen. Dabei gäbe es doch so viel zu sagen und zu so vielem Stellung zu beziehen. Sexismus und Antisemitismus innerhalb der selbst ernannten »relevantesten Jugendkultur« zum Beispiel. Stattdessen dreht sich die Welt der Fanta 4 weiter um sich selbst. Und damit das auch glamourös klingt, bedient man sich einschlägiger Erfüllungsgehilfen der guten Laune: Clueso, Flo Mega und Tom Gabel. Mathias Meis

Isaac Gracie Isaac Gracie EMI / Universal

Dunkle, samtweiche Folk-Pop-Perlen, die von Liebe und ihrer zerstörerischen Macht erzählen: Der Brite Isaac Gracie macht nichts anders als andere sensible Songwriter, aber sehr viel richtig. Es sind immer die gleichen Geschichten, die uns die warmherzigen Singer/Songwriter erzählen: Liebe, Verlust, daraus folgernd Einsamkeit, zu viel Alkohol und traurige Gedanken. Aber immer wieder hören wir diese Geschichten auch gerne, weil sie so zeitlos sind – und erst recht, wenn sie jemand so interpretiert wie Isaac Gracie, dieser blutjunge, langhaarige Brite, der aussieht, als hätte er das Ende der 1990er nicht mitbekommen. Seine Qualität liegt in der ungeheuren Reife, die aus den Songs seines Debütalbums spricht. Sie alle haben ihre Mitte im folknahen Gitarren-Pop, in »The Death Of You & I« nimmt man Gracie sogar die Grunge-Mähne mühelos ab. Das Album glänzt mit toller Produktion und Isaac Gracie mit mal kräftiger, mal brüchiger Jeff-Buckley-Stimme. Wenn man der Platte überhaupt etwas vorwerfen kann, dann, dass sie gegen Ende ein wenig ausplätschert, weil Gracie seine besten Songs (darunter die Single »Last Words«) schon am Anfang verbraten hat. Trotzdem: Egal, wie oft man diesen alten Wein in neuen Schläuchen serviert – mit dieser Rezeptur schmeckt er immer wieder vorzüglich. Kristof Beuthner


25.-27. Oktober18

Kauft Disney belgischen Black Metal? Wie sauber darf die Garage von Metallica sein? Und was hat die Geisterstadt neben Tschernobyl mit Kölner Thrash zu tun?

Hölle betritt den Underdog Recordstore, erstarrt, wendet den Kopf zur Theke und fragt entgeistert: Habe ich was verpasst? Ist heute Musical-Tag? F: Konzeptalbum nennt man so was. Und das ist ein Handwerk, das nur von den Größten der Zunft wirklich beherrscht wird. So wie Derek Smalls einer ist. In der Tradition eines Frank Zappa rockt sich der Tieftöner der legendären und real existierenden Metal-Legende Spinal Tap frei. H: Du meinst den Mann am Langholz, den besten Freund des Fellgerbers? [schüttelt sich bei so vielen Rockismen] Dann muss das »Smalls Change (Meditations Upon Ageing)« (Twanky) sein, sein Traktat über das Altern. Toll, vom Narrativ her geradezu Alicecooper’esk! F: Exakt. Wäre die Platte ein Auto, würde ich sagen: »So was wird heutzutage gar nicht mehr hergestellt.« Und auch Qualität und Länge der Gästeliste lesen sich wie ein Fanal aus längst vergessenen Tagen. H: Die Gäste verbergen sich auf angenehme Weise hinter dem Konzept, und das Orchester ist tatsächlich viel besser eingesetzt als bei 99% der anderen Rockalben, die sich dadurch aufzuwerten versuchen.

Aber hast du die »Dust To Gold« (Steamhammer) von Bullet? Ich brauch mal Stoff. F: Fuß aufs Gaspedal und ab die Post. Ich muss bei Bullet immer an das magische Dreieck im Kölner Club Luxor denken. Egal, wie voll der Laden ist – da ist immer diese Ecke, aus der man gut sehen kann, schnell am Bier ist und trotzdem problemlos zum Klo kommt. Bullet sind dieses Dreieck im Metal-Luxor dieser Welt mit den Eckpfeilern AC/DC, Judas Priest und den 1980er-Maiden. Und die perfekte Positionierung zwischen diesen Pfeilern macht die Band zu etwas Eigenem. Wenn man dann noch den Sänger auf der Bühne sieht, ist das wie der Missing Link zwischen James Brown und Ronnie James Dio. Die könnten sich sofort in »The Best Of Metal« umbenennen. H: Stelle mir seine Sprechstimme ähnlich der von Zed aus »Police Academy« vor.

Aber vielleicht können wir jetzt was anderes hören. Wenn ich noch länger so breitbeinig im Raum stehe, denken die Kunden noch, ich hätte ne Geschlechtskrankheit. F: Hier, »Eonian« (Nuclear Blast) von Dimmu Borgir, das zehnte Album der Sympho-Black-Metal-Choir- und Tralala-Band. Ich muss gestehen, dass ich nicht der größte Fan der Band bin. Aber das hier geht erstaunlich gut rein. Etwas experimenteller, ja, regelrecht proggig in manchen Momenten. H: Aber auch derart geschmeidig perlend produziert, dass es zum Sonntagsfrühstück mit Frau Mama taugt. Dazu noch dieser fast griechische Chor, der dem Ganzen eine majestätische Tragweite alter Hochkultur verleiht. Ich versuche noch, die Stimmen zu zählen, um zu klären, ob hier eine Komödie oder eine Tragödie vorliegt.

F: Definitiv so weit von einer Komödie entfernt wie Jack Black von ebenjenem Metal ist unsere nächste Platte auf dem Teller: »De Doden Hebben Het Goed III« (Century Media) von Wiegedood. H: Wir müssen gerade einen Drainage-Graben gekreuzt haben – der Sound ist ja plötzlich furztrocken. Damit beschließen die Belgier ihre Trilogie über die glücklichen Toten, nicht wahr? F: Nur wenn Disney sie nicht einkauft und für Ostern eine Fortsetzung plant. Apropos Disney und Furz: Metallica veröffentlichen ihre legendäre Garagen-EP »The $5.98 EP – Garage Days Re-Revisited« (Mercury) noch mal neu. Remastert. H: War die EP nicht mal dazu da, um zu sagen: Du kriegst die Jungens aus der Garage, aber nicht die Garage aus den Jungens? F: Die Garage ist auch noch in den Burschen, nur ist sie mittlerweile eben mit Roadstern und Minivans gefüllt. H: Aber deswegen direkt die Garage derart aufräumen, sodass man vom Boden essen kann? Tsts, leg mal lieber »Knee-Deep In The Dead« (Violent Creek) von Traitor auf, das ist lupenreiner Oldschool-Thrash. F: Die haben sich in der alten Garage von Metallica eingemietet. Das Riffing atmet für mich schwer »Kill Em All«, nur der Sänger bellt mehr im Stakkato darüber. H: Also, dafür müsste ich der Band noch einen Sack Hall spendieren und einen guten Haufen Venom-Räude darüber kübeln. Nix gegen diesen Traitor-Sound, aber die »Kill Em All« rumpelt da doch um einiges mehr. Dennoch: In Sachen Tightness, High-SpeedRiffing und Bay-Area-Attitüde hat die Band einiges auf dem Kasten. Und das, obwohl die aus’m Ländle kommen!

F: Was in den letzten Jahren an jungen heimischen Thrash-Pflänzchen aus dem Boden gewachsen ist, beeindruckt ungemein und führt die internationale Szene eher an, anstatt nur auf demselben Level zu stehen. Die aktuellen Thronanwärter kommen direkt hier aus Köln: Pripjat. H: Ah, die »Chain Reaction« (Noiseart), die du schon seit Wochen abfeierst? Bemerkenswerte Band. Der Sänger hat eine ähnlich dringlich aufpeitschende Attitüde wie Bobby Blitz. F: Kannst auch gleich Mille mit in den Topf der Offensichtlichkeiten werfen. Das hier ist perfekter 1980er-Thrash, aber eben nicht die überzogene, comichafte Variante mit viel Bier und Augenzwinkern. Das Quartett um die beiden Kiewer Eugen Lyubavskyy und Kirill Gromada ist hörbar sauer, und das zu Recht. Der Bandname ist der nach der TschernobylKatastrophe zur Geisterstadt verkommenen ukrainischen Stadt entlehnt, und das zeigt schon zu Beginn, dass hier keine ironischen Brüche für ein Neo-Thrash-Revival bedient werden. H: Der Cliffhanger aus der letzten Kolumne war absolut berechtigt: was für ein nukleares Riffgewitter, dazu extreme Aggression. Hach, da werden Erinnerungen wach! F: Erinnerung und Wut.

La Brass Banda / Heisskalt (DE) All The Luck In The World (IRL) Spinvis (NL) / Kat Frankie (AUS) Alabaster DePlume (GB) / Charles Watson (GB) Lisa Morgenstern (DE) / Marius Bear (CH) stargaze (EU) / Cantus Domus (DE) The Lytics (CAN) / Ferbeg y? (IT) Me + Marie (IT/CH) / And The Golden Choir (DE) Nele Needs A Holiday (BE) / Postcards (LBN) DJ St. Paul (NL) and some more ... w w w.k a lternpop.com

Our 35 th Edition

9 . - 11 . A u g u st 2 018 Re e s - Ha ld e r n a m Nie d e r rhein G e r ma ny

King Gizzard &The Lizard Wizard (AUS) Lisa Hannigan (IRL) & stargaze (DE) Wood River & Cantus Domus (US/DE) Gisbert zu Knyphausen (DE) Hannah Williams & The Affirmations (GB) Mario Batkovic and friends (CH) Public Service Broadcasting (GB) Reverend Beat-Man and the New Wave (CH) Rolling Blackouts Coastal Fever (AUS) Schnellertollermeier (CH) Seun Kuti & Egypt 80 (NG) stargaze & guests: Hip Hop Orchestral The Barr Brothers special appearance (CAN) Adam French (GB) Kettcar (DE) Alabaster dePlume (GB) Kevin Morby (US) Aquilo (GB) Landlady (US) Ariel Pink (US) Lewsberg (NL) Astronautalis (US) Love A (DE) Big Thief (US) Marius Bear (CH) Broen (NOR) Marlon Williams (NZ) Bruno Major (GB) Matteo Myderwyk (NL) Cantus Domus (DE) Money For Rope (AUS) Canshaker Pi (NL) Nilüfer Yanya (GB) Chad Lawson (US) Nils Frahm (DE) Curtis Harding (US) Philipp Poisel (DE) Das Paradies (DE) Phoebe Bridgers (US) Deerhoof (US) Protomartyr (US) Dirty Projectors (US) Rival Consoles (GB) Fabrizio Cammarata (IT) Sampa the Great (AUS) Fink (GB) Seamus Fogarty (IRL) Fortuna Ehrenfeld (DE) Sleaford Mods (GB) Hatis Noit ( JP) Someday Jacob (DE) Hope (DE) Terra Profonda (HUN) Housewives (GB) The Inspector Cluzo (FR) Infidelix (US) The Lemon Twigs (US) Jade Bird (GB) The Lytics (CAN) Jake Bugg acoustic (GB) Tinpan Orange (AUS) Jenny Lewis (US) Tristan Brusch (DE) John Maus (US) Villagers (IRL) Jonas David (DE) White Wine (US/DE) Jordan Mackampa (GB) #hpf18 Julian Sartorius (CH) WWW.HALDERNPOP.COM grafik: martina liebig

ZIEGENBLUT IM DOSENBIER MIT FRIESE UND HÖLLE

Kaltern am See (DE)


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#Review

Grouper Grid Of Points

und Dualismen findet sogar noch Sozialpsychologe Erich Fromm mit seinen zwei Arten des menschlichen Daseins seine Wiederbelebung. Haben oder Sein? Hearts Hearts zeigen sich auf »Goods / Gods« klar fokussiert, aber wesentlich experimentierfreudiger und bewegen sich so (nach Fromm) leichtfüßig dem Sein-Idealzustand entgegen. Miriam Fendt

Kranky / Cargo

»Grid Of Points« hat Grouper lediglich mit Gesang und Klavier instrumentiert. So klingt das Album vor allem minimalistisch und skizzenhaft, melancholisch und ätherisch. Nach zehn mit Gitarre und Electronics eingespielten Grouper-Alben zwischen Ambient und Drone hat Liz Harris nun einen Gang heruntergeschaltet. »Grid Of Points« ist nur knapp 20 Minuten lang und enthält acht äußerst minimalistisch gehaltene Tracks mit sparsamen Klavier-Arrangements und verhallten Chorgesängen. Kompositorisch hat sich die Musikerin aus Portland, Oregon auf das Wesentliche reduziert, sie arbeitet viel mit der Stille und den Pausen zwischen den Tönen als wichtigem Stil-Element. Dadurch gleichen die Stücke manchmal eher Skizzen als kompletten Songs und fühlen sich an wie Momentaufnahmen oder flüchtige Gedanken. Wie eben ein Raster aus Punkten, ein »Grid Of Points«. Dementsprechend gefühlvoll klingt die Musik, verletzlich, ätherisch und melancholisch, aber auch verlassen, leer und kühl. Das Album hat einen natürlich fließenden Charakter; Emotionen, Klangereignisse sowie Erinnerungen an Chanson oder Jazz kommen und gehen, mäandern hin und her und scheinen irgendwie verloren und auf der Suche. Andreas Brüning

Hearts Hearts Goods / Gods

PISH

(KAKKMADDAFAKKA) DAS NEUE ALBUM AB 4. MAI ERHÄLTLICH

SCAN ON SPOTIFY

Tomlab / Indigo

Menschliche Zwiespalte sind zwar ganz natürlich, aber doch irgendwie unschön. Gut, dass das sanfte Indietronica-Dickicht der zweiten Hearts-Hearts-Platte keinen Raum für Fehlentscheidungen lässt. Der Startschuss für ein zweites Album der österreichischen Electro-Pop-Band Hearts Hearts wurde bereits an Neujahr 2016 gegeben, schon kurz bevor ihr Debütalbum »Young« das Licht der Welt erblickte. Im MailPostfach von Sänger Daniel Österle fanden sich zwei grundlegend unterschiedliche Sound-Schnipsel: ein eleganter Piano-Loop von Bassist Peter Paul Aufreiter (»Phantom«) und ein unruhig trabendes Drum-File von Schlagzeuger Johannes Mandorfer (»Island«). Österle setzte sich sofort daran, die beiden scheinbaren Gegensätze mit seinem hauchdünnen, verträumten Kopfstimmengesang zu verbinden. Was mit dem Doppeltitel »Phantom / Island« seinen Anfang nahm, zieht sich jetzt thematisch wie ästhetisch durch die ganze Platte. Seinen sanften, grundmelancholischen Electro-Pop erweitert das Quartett durch Blechbläser und Streicher zu eindringlichem, lebendigem und durchweg elegantem Art-Pop, der mit Experimentierkünstlern wie Son Lux oder Everything Everything mithalten kann. Ganz im Sinne der Widersprüche, die sich nicht nur in Form der kryptischen Songtitel ausdrücken, treffen sich Genre-Kontraste im spannungsvollen Spiel mit Laut/LeiseVariationen. Dabei fehlt es den dichten Popsongs keinesfalls an Trance-Tanzbarkeit. In den Abhandlungen moralischer Zwiespälte

Jon Hopkins Singularity Domino / GoodToGo / VÖ 04.05.18

Der Produzent und DJ aus England ist ein cineastischer Musiker. Das Vorgängeralbum »Immunity« geriet zum imposanten Blockbuster, mit dem Nachfolger ist Jon Hopkins nun ein ähnlich berauschendes Sequel gelungen. Neben Produzententätigkeiten für Coldplay und King Creosote sowie Remixen für weitere Künstler ist Hopkins vor allem mit einer Filmscore-Kollaboration mit Brian Eno bekannt geworden. Aus dieser Schnittmenge hat er ein eigenes Oeuvre erschaffen, mit dem letzten Album »Immunity« als definierendem Opus magnum, auf welchem er Techno-Beats mit ambienten Klangkulissen, klassisch anmutenden Pianomelodien und tief greifenden Songstrukturen kunstvoll zu verbinden verstand. Die Hochglanzästhetik wurde dabei von clever eingestreuten Glitches gebrochen, was der cineastischen Atmosphäre seiner Musik keinen Abbruch tat, im Gegenteil. Mit dem neuen Album verfolgt er nun keinen grundlegend neuen Ansatz, Hopkins wählt die gleichen Elemente und setzt sie marginal anders zusammen. Die Glitches sind nicht mehr so präsent, dafür sind die Beats um einige Nuancen cluborientierter geraten. Das Album beginnt und endet mit dem gleichen Ton, dazwischen lässt Hopkins seine Tracks immer wieder spannungsgeladen anschwellen und sanft abschwellen. Stotternde Beats wie in »Emerald Rush« und auslöschende Filtereffekte wie in »Neon Pattern Drum« lassen den 4/4-Takt immer wieder auseinanderfallen, bis mit »Everything Connected« der stampfende Höhepunkt des Albums erreicht ist. Dann setzt die zweite Hälfte zur ausschweifenden Ambient-Meditation und einem sachte abgefederten Coming-down an. »Singularity« sagt »Ja« zum Kopfkino: raus aus der rauschvoll-vernebelten Clubnacht, rein in die nächtliche Fahrt durch die Natur. Das Album ist vom Innovationsgesichtspunkt her zwar keine Sensation wie sein Vorgänger, aber eine Fortsetzung ohne Substanzverlust. Timo Weber

Iceage Beyondless Matador / Beggars / Indigo / VÖ 04.05.18

Iceage entdecken langsam, aber sicher den Song für sich – als ob die brachiale Energie ihres Postpunk noch nicht mitreißend genug wäre. Gemein hatten Iceage-Alben bislang vor allem, dass ihr angemessener Konsum ein Vermögen kostete: 20 Euro für die LP und ein paar Tausend, um sich das Wohnzimmer mit genügend Verstärkern vollzustellen, um all die Energie und den Sex dieser Band möglichst kraftvoll wiederzugeben. Wo jedoch die reine


HEIMSPIEL MIT KRISTOF BEUTHNER

Geneigte Interessengemeinschaft Pop: Das Heimspiel serviert heute wieder zehn Platten, von denen ihr sagen werdet, dass ihr sie schon vor allen anderen gemocht habt.

»I Liked Them Before Anyone Else« (Kick The Flame) – wie oft wolltet ihr das schon über eine Band sagen? Ich ständig. Da ich nun noch niemanden kennengelernt habe, der die Cereals aus Leipzig mag – geschweige denn kennt –, übernehme ich liebend gerne die Pionierfunktion und rufe: Garage! Indie-Rock! Strokes! Fünf Songs für den Tanzboden! Ich mochte die schon, bevor irgendjemand von euch ... wobei: Eigentlich ist das gar nicht wichtig. Diese EP taugt, sogar sehr. Ebenfalls mit einem herrlichen Gitarren-Feedback startet die zweite LP der Österreicher The Crispies, die sich teils aus Spaß, teils aus Perspektivlosigkeit gegründet haben (eine gute Prämisse, wie ich finde). »Fake Leather« (Seayou) entert den Dancefloor ähnlich ungestüm wie die Cereals-EP, klingt sehr Lo-Fi und rumpelnd, durch die gebellten, beinahe gerappten Vocals von Tino Romana aber sogar noch ein gutes Stück fordernder und bissiger. Sehr rau, aber tatsächlich ziemlich unwiderstehlich. Ähnlich Lo-Fi kramen The Shadow Lizzards mit ihrem selbstbetitelten Debüt (Tonzonen) noch tiefer in der Mottenkiste. Das Trio wäre sehr gerne schon in den 1960ern aktiv gewesen, jeder Riff und jeder hochoktanige Groove atmet den Geist großer Vorbilder wie Doors oder Hendrix. Das klingt infolgedessen bei aller handwerklich starken Stiltreue sehr aus der Zeit gefallen. Mancher Hipster wird sich an seinem Matcha Latte verschlucken, während der jung gebliebene Alt-Rocker neues Futter findet. Wie viele Epigonen der 1960er klingen auch Simon & Jan ziemlich stark nach Simon & Garfunkel. Die wunderbaren zweistimmigen Gesangsharmonien zur akustischen Gitarre, die stark augenzwinkernd von den Seltsamkeiten der Gesellschaft erzählen, sind ihr Markenzeichen. Mit »Halleluja! Live« (Sofa Sounds) hat das mit dem Prix Pantheon geehrte Duo, das eher musikalisches Kabarett als LiedermacherPop ist, nun eine Live-CD am Start, die gestochen scharfe Alltagsbetrachtungen neben Zeilen wie »wenn du onanierst, dann stirbt ein Kätzchen; ich hab die Leichen nie gezählt« stellt. Aber keine Angst: Ist alles nur gelogen! »Bonjour Tristesse, da bist du ja! Ich warte schon die ganze Zeit auf dich!« Tante Polly aus St. Pauli sind wieder da, im Gepäck ihre dritte LP. »Tristesse Totale« (Off Ya Tree) ist natürlich überhaupt keine traurige Angelegenheit. Die Melancholie ist eher theatralisch sinnlich, und der Sound-Clash zwischen Kneipenjazz, IndiePop und Chanson macht vor allem Spaß. Aber Frankophilie wäre ohne die Träne im Knopfloch nur halb so gut, also lassen wir ein starkes Album ein starkes Album sein: »Nimm mein Herz mit, es ist sowieso deins.«

Kraftklub in gut, geht das? Klar, frag mal bei Kafvka nach. Denn treibenden Indie-Rock hat die Band auf ihrem Album »2084« (Dodo Beach Originals) genauso gut drauf, sie ist textlich aber deutlich relevanter und teilt mit wirklich starken Raps gegen Idioten, Faschos und Mitläufer aus. Okay, Kraftklub schreiben sicherlich die größeren Hits. Aber »egal, was du machst, du bist Teil dieser Zeit«, und Kafvka haben sich mit ihrer teilweise ganz schön düsteren Dystopie politisch definitiv stabil gemacht. Acht Eimer Hühnerherzen. Bitte? Ja, so heißen die. Und das Debütalbum (Destiny) heißt einfach auch so, dann muss man sich nicht zwei Kuriositäten merken. Klar, der Bandname lässt aufhorchen. Und dann sind die nicht mal Punk, was man ja durchaus hätte erwarten dürfen! Also, vom Spirit her zwar schon, klanglich steht das Trio aus Berlin-Kreuzberg mit seinem organischen Fuzz-Folk aber eher zwischen NDW, Gurr und Schnipo Schranke. Die Platte lässt ihre Hörer schön mitschnippen und hat Ohrwürmer im Gepäck, ist auf der vollen Spielzeit in ihrer Rotzigkeit aber etwas zu affektiert. Sebastian Lee Philipp alias Die Wilde Jagd spielt im Übrigen auch keinen Punk, sondern zum zweiten Mal überaus fein ziselierten ArtPop mit Drum-Computer, Bass- und Gitarrenloops und allerlei exotischem Beiwerk von Qarqaba-Schellen bis hin zu mittelalterlicher Kirchenmusik. »Uhrwald Orange« (Bureau B) heißt wie das Tonstudio, in dem es entstanden ist, und ist eine Ode eben daran: an die unbegrenzten Möglichkeiten, die man in diesen vier Wänden hat, um seine klanglichen Bilderwelten zu einem illustren Soundfaszinosum wie diesem hier zusammenzufügen. Die Wiener Naked Cameo enterten mit ihrer Debüt-Single »Luddite« umstandslos die Spotify-Viral-Charts, in Deutschland auf Platz 6, in ihrer Heimat direkt auf der Pole Position. Kann man nachvollziehen, denn der sehr einnehmende Mix aus Pop, R’n’B und Electronica der dazugehörigen LP »Of Two Minds« (Futuresfuture) paart Drive mit Dramatik und Facettenreichtum mit künstlerischer Finesse. Gleichzeitig warm und futuristisch, tanzbar und träumerisch – da hat das Quartett um Lukas Maletzky definitiv ein heißes Eisen im Feuer. Beim Achtungserfolg muss es aber nicht bleiben. Schließen wir mit There Will Be Tranquility aus Aschaffenburg. Deren selbstbetiteltes Debüt (Backbite) findet die Mitte aus wunderbaren analogen Piano-Parts, verfrickeltem Prog, krachendem Post- und hymnischem Alternative Rock; letzteres erinnert an Bands wie Incubus (die frühen) und Muse (auch die frühen). Es ist ziemlich erstaunlich, mit welcher Grandezza es diesen Jungspunden gelingt, so komplexe Genres zu einem mal sphärisch andächtigen, mal ausufernd brachialen eigenen Sound zu verbinden. Diese Band muss man sich merken.

SOLD OUT

01.06 KÖLN E-Werk SOLD OUT 06.06 BERLIN Admiralspalast Tickets available at www.benhowardmusic.co.uk


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#Review Wucht der ersten beiden Alben noch kaum Platz für Melodien, schönen Gesang oder irgendeine Form von Ordnung ließ, entdeckte »Plowing Into The Field Of Love« 2014 die Eingängigkeit für sich. Die ist spätestens jetzt endgültig zum Komplizen der Kopenhagener geworden. Auf unorthodoxe Art gelingt dies auf »Thieves Like Us« durch ein wildes Wechselspiel zwischen Bremse und Gaspedal, an anderer Stelle sorgen die Gastbeiträge von Posaune, Trompete und Saxofon für Atmosphäre: »Showtime« beschwört den Bar-Jazz der 1920er herauf, »Pain Killer« wiederum hätte vor 30 Jahren das Thema einer US-Krimi-Serie mit einer Menge furchtbarer Frisuren sein können. Dass Frontmann Elias Rønnenfelt auf ebenjenem Track zum ersten Mal Unterstützung am Gesang – von der amerikanischen Synthie-Pop-Sängerin Sky Ferreira – erfährt, zeigt dann endgültig, dass Iceage bald kein Horizont mehr zu weit sein dürfte. Wetten, dass die Dänen ihren Albumtitel »Beyondless« bald genau so erklären werden? Jan Martens

treten die Musiker gerne auf der Stelle, die klassische Form der Binnendynamik einer Platte interessiert hier nicht, das Schlagzeug wird im Anti-Takt angeschlagen, die Musiker bleiben nahezu stehen. Doch egal: Was an Dynamik fehlt, wird durch die charmante Spelunkenatmosphäre wettgemacht – der letzte Mann an der Theke (so ein passendes Assoziationsbild) ist eben kein proaktiver Zeitgenosse. Ob wohlige Passivität das Mittel für Erfolg ist, darf angezweifelt werden, doch sie können ja auch anders: So was wie Hitmaterial befindet sich vor allem im ersten Teil der Platte, wo International Music mit kleinen, aber schönen melodischen Einfällen (die Gitarren in »Du Hund«!) aufwarten und mit dem Schmiss von »Cool bleiben« auch mal aus den Sesseln aufstehen. Die eigensinnigen Texte fügen dem skurrilen Gesamtbild jedenfalls den letzten Schliff hinzu. »Du Hund, hast mich an der langen Leine« wird dem imaginären und verhassten Schulleiter mit auf den Weg gegeben, im besagten »Cool bleiben« wird dann, ohne viel Worte, die Selbstoptimierungsmanie der oberen Mittelschicht verhandelt. Too cool for school sind die Musiker (die mit The Düsseldorf Düsterboys auch noch eine tolle Schubidu-Zweitband in der Pipeline haben) definitiv. Wir sind nicht wie die anderen und wollen es auch nicht sein, diese Haltung kommt rüber. Eine Haltung, auf deren Boden schon große nationale Karrieren (siehe Tocotronic) möglich waren. Kai Wichelmann

International Music Die besten Jahre

L.A. Salami The City Of Bootmakers Sunday Best / PIAS / Rough Trade

Staatsakt / Caroline / Universal

Spelunkenmusik mit Haltung, die sich nicht um Binnendynamik und Anschlussfähigkeit schert und gerade deshalb gehört werden muss. Da tut sich gerade einiges im Sektor deutschsprachiger Rockmusik. Das war nicht immer so, aber nun stehen mit Swutscher und eben International Music zwei äußerst interessante Gruppen in den Startlöchern. Nicht zu vergessen sind dabei befreundete und sich nachhaltig etablierende Bands wie Isolation Berlin. Was International Music gerade mit dem letztgenannten Musikerkollektiv eint, ist die bis an die Schmerzgrenze austarierte Eigenständigkeit. Zwar haben die Essener ihr musikalisches Diplom vor allem bei Avantgarde-Bands wie Velvet Underground gemacht, doch ist es die Lethargie der Inszenierung, die hier zwangsweise und spätestens ab Albummitte auffällt. Da

bereits zur Genüge. Und doch hält King Tuff jeglichen Erwartungshaltungen süffisant den blanken Hintern hin, wenn er »The Other« mit dem schwerflüssigen wie tieftraurigen Titeltrack beginnt, bevor er doch noch zeigt, dass auch sein Drittwerk wieder eine bunte Tüte voll LSD-versetzter Süßigkeiten ist: »Raindrop« schert sich einen feuchten Kehricht darum, seit wann Disco-Pop und Saxofone eigentlich uncool sind, und »Infinite Mile« mixt frech Power-Pop mit Western-Groove inklusive Mundharmonikasolo. Mitmischen darf dabei von Mikal Cronin bis zu Tour-Partner Ty Segall jeder Zweite, der sich schon mal beim Aufnehmen in der Garage ein Tütchen angesteckt hat. Auf den letzten drei Stücken gehen King Tuff dann zwar etwas die Ideen aus. Aber selbst wenn das jemanden an diesem Punkt noch stören sollte – Kyle Thomas wird das wahrscheinlich ziemlich egal sein: König der Lässigkeit eben. Jan Martens

King Tuff The Other Sub Pop / Cargo

Wer geliebt werden will, muss sich selbst lieben, das weiß jeder Lebensratgeber. Noch ein Argument dafür, dass man den Power-Pop von King Tuff eigentlich gar nicht hassen kann. Dass Kyle Thomas vielleicht nicht gerade der König der Zähigkeit, aber auf jeden Fall der lässigen Scheißegal-Haltung ist, hätte er nicht noch einmal beweisen müssen. Seine ersten beiden Alben voll von sich komplett ironiefrei selbst feierndem und, mit Verlaub, geilem Power-Pop und Classic Rock tun dies

Dank L.A. Salami bekommt die klischierte Idee vom urbanen Streuner-Songwriter eine ernst zu nehmende Kontur. »The City Of Bootmakers« vereint das vermeintlich Unvereinbare: Retromanie und Innovation. Was geht einem bei diesem Namen, L.A. Salami, nicht alles durch den Kopf: nahtlose Sonnenbräune am Venice Beach vs. verfettender Wurstkonsum als kunstgerechter Widerspruch sozial-medialer Scheinheiligkeit? Vielleicht auch ein Hinweis auf ein zu erwartendes Surf-Rock-Italo-Disco-Gemisch? Nope. Lookman Adekunle heißt wirklich so. Also Salami. Mit Nachnamen. Was für eine Persona steckt hinter dem Pseudonym, das eigentlich keines ist? Lookman, seines Zeichens Blues-Reanimator und Folk-Chronist, ist allen voran ein postmoderner Dandy. Seine Attitüde? Oszilliert. Zwischen der unverschämten Hipness eines Jean-Michel Basquiat und der Glaubwürdigkeit verehrter LiedermacherLegenden ehrte er bereits auf seinem mehr als gescheiten LP-Debüt »Dancing With Bad

Grammar« die ewige Idol-Trias Young/Dylan/ Cohen. Auf »The City Of Bootmakers« gelingen dem Londoner nun – ohne künstliche Aufregung – gesellschaftskritische Schellen gegen Heimatstadt, politische Desillusion und verkommendes Bildungsengagement. Umso glaubwürdiger erscheinen Tracks wie »England Is Unwell« oder »Terrorism! (The Isis Crisis)«, wenn Salami sein bis unter die schimmernden Pub-Lämpchen poetisiertes Songwriting zur Performanz-Logik erhebt. Denn es ist durchaus ein löblicher Clou, dass der Indie-Folk-Rock-Drive von Tracks wie »Generation L(ost)« oder »A Man; A Man Without Warning (Certified)« an die Lausbubigkeit der Babyshambles erinnert. Bei solch einer Coolness könnte man vermuten, dass dem Salami eigentlich alles wurscht ist. Im Vergleich zu Pete Doherty kippt er aber eben nicht vom Barhocker. Benni Bender

Les Trucs Jardin Du Bœuf Zeitstrafe / Indigo / VÖ 04.05.18

Hier zockt die performative Avantgarde auf ihrer C64-Konsole: Toben Piel und Charlotte Simon dekonstruieren die MenschMaschine, um das Mensch-MaschineKollektiv zu proklamieren! Fuck off Karlheinz Stockhausen, es lebe Deus Deceptor! Aus 8-Bit-Improvisationen, Fleisch, Draht und Hedonismus erschaffen Les Trucs einen Unhold, der durch seine atemberaubende, androgyne Schönheit verzaubert. Herkömmliche Hörgewohnheiten werden mittels einer herrlich abnormen Installation aus New-Wave-Melancholie, pushendem Taktschlag und geradezu aufrührerischen Vocals geohrfeigt. Kein gewollt lautstarker Electropunk, sondern dezidiert tanzbare Improvisation. Very catchy. Zwischen Perfektion und Dilettantismus, zwischen Galerie und Bahnhofsviertel tingelt dieser Unhold durch die Frankfurter Subkultur. Im Kopf stets ein nächster Kniff. Er ist eine Chimäre aus Kunsthochschule und White Trash. Konsumtive Sättigung trifft auf retrograden Minimalismus, der Zwiespalt von


Infos & Tickets: www.concertteam.de

03.05.2018 | Köln | Kulturkirche

Solomon GREY

IMMER NOCH INDIE? MIT CHRISTIAN STEINBRINK

Da ist aktuell eine Menge guter Indie. Deshalb bleiben wir ausnahmsweise mal ausschließlich auf unserem angestammten Spielfeld – zumindest fast.

Bevor die tollen Berliner Psych-Styler Fenster im Sommer wieder als Band auf den Plan treten, hat ihr Sänger Jonathan Jarzyna schnell noch ein Soloalbum als John Moods eingeschoben. Und diese LP namens »The Essential John Moods« (Mansions And Millions) ist ein wahres Schätzchen: Vor sonnendurchfluteten Yacht-Pop-Perlen führt Jarzyna all seine Schrullen und Kreativität vor und schwingt sich von perlendem Synthie-Pop über verträumten Hall hin zu wärmenden psychedelischen Sperenzchen. Trip und Urlaub vereinen sich hier auf allerhöchstem und dennoch spielend leicht ausgestelltem Niveau. Etwas reinrassiger interpretieren die Texaner Holy Wave den Psych-Pop der 1960er. Twang-Gitarren und Orgeln gehören selbstverständlich zu ihrem Handwerkszeug, natürlich auch Hall und die Informationen, die sie durch das Studium von Tame Impala, Stereolab und Broadcast erhielten. Ihr Songwriting und ein feines Händchen für Arrangements machen ihr neues Album »Adult Fear« (The Reverberation Appreciation Society) aber zu einer lohnenswerten Angelegenheit auch über Exegeten des Stils hinaus.

Der unwiderstehlichste und lakonischste Crooner der Ausgabe ist Mt. Davidson, Sänger der Band Twain. Deren neues Album »Rare Feeling« (BB*Island) wirkt wie eine Lo-Fi-Version der Fleet Foxes, evoziert mit dem unentwegten Jaulen Davidsons aber eine reizende Stimmung zwischen Sinnlichkeit und Hinterlist. Sein Vortrag ist so stark, dass er auch die teilweise recht dünnen Arrangements überstrahlt, mehr noch: Sie lassen ihm den nötigen Raum, um seine packenden Außenseiter-Geschichten in aller Erhabenheit auszubreiten. Dass es um Bart Davenport nach einer ereignisreichen Phase Ende des letzten Jahrzehnts zuletzt ziemlich still war, bedeutet nicht, dass der Songwriter nicht aktiv gewesen wäre. Er hat alles nur eine Liga kleiner gehalten und sich vornehmlich auf seine US-amerikanische Heimat konzentriert. Dort erscheint jetzt auch »Blue Motel« (Lovemonk) unter seinem aktuellen Projektnamen Bart & The Bedazzled und ruft wieder die herausragende Klasse des Musikers ins Gedächtnis: Das sind elf leichte und beschwingte Songs zwischen Yacht-Rock und Indie, hervorragend geschrieben und mit einem Hauch von Wehmut. Quasi eine erdigere Version von Real Estate.

Ähnlich bezaubernd verschlafen klingt »Longwave« (Woodsist), das zweite Album der USSlacker Bonny Doon: reduziert instrumentierter Lo-Fi-Indie von gemächlichem Tempo und mit hinreißenden Harmonien, die oft an Pavement und manchmal sogar an Bill Callahan erinnern. Zwar besitzt die Band noch nicht die prägend kantige Stilistik dieser Helden, ein warmherziger Spaß ist ihr Album aber dennoch.

Es wäre fahrlässig, als Pop-Chronist nicht auch immer mit wenigstens einem Auge nach Wien zu schielen – egal, ob trotz oder doch wegen Wanda und Bilderbuch. Denn dort wird man verlässlich fündig, aktuell etwa durch Nelio, einen weiteren unwiderstehlich charmanten Poeten mit Schmäh und Hinterlist. Sein Debütalbum »Neiche Wege« (Problembär) ist klug getexteter und blanker Pop zugleich, stilistisch erstaunlich breit angelegt und von einem schneidenden Style überlagert. Gewissermaßen die Schnittmenge von Bilderbuch und Der Nino Aus Wien. Schon seit Jahren sind Scraps Of Tape die vielseitigsten und besten Vertreter des schwedischen Postrock. Das unterstreicht abermals ihr sechstes Album »The Will To Burn« (Denovali), gerade auch, weil es sich ein gutes Stück von der reinen Postrock-Lehre wegbewegt und in Richtung von Noise-Rock und Grunge rückt. Besonders der Gesang ist enthusiastischer denn je und wird von dichten und treibenden Arrangements untermalt, die keinen internationalen Vergleich zu scheuen brauchen. Die klassischen Gefilde des Postrock beackern dafür Wess Meets West mit ihrem dritten Album »A Light Within The Fracture« (Hassle). Rein instrumental zelebrieren sie das Laut/ Leise-Spiel, gewinnen aber durch temporeiche Groove-Passagen und akkurat auf den Punkt gebrachtes Riffing. Sicher eine LP mitten aus dem Genre, aber darin mindestens überdurchschnittlich. Mit Jackie-O-Motherfucker ist ein weiteres Flaggschiff des Avantgarde-Indie nach Jahren der Stille und Mini-Releases mit einem vollen Album zurückgekehrt. »Bloom« (Textile) beginnt sachter als manche Vorgänger-LPs, nach und nach schält sich aber die gewohnte und geliebte Feedback-Kakofonie aus den zähen Slow-Rock-Stücken des losen Kollektivs heraus. Natürlich dringen JOMF auch wieder zu den Wurzeln des Rock’n’Roll vor und beweisen sich ein weiteres Mal als Vorreiter der freidrehenden US-Rock-Szene. »Let Go« ist nicht nur das Album, das die Longtail-Indie-Karriere Nada Surfs nach dem Teenie-Hit »Popular« final ins Rollen brachte, sondern auch in 15 Jahren außergewöhnlich gut gealtert. Deshalb ließen sich Matthew Caws & Co. wohl auch zu dem eigentlich etwas eitlen Schritt hinreißen, eine Cover-Compilation zusammenzustellen. Die heißt »Standing At The Gates: The Songs Of Nada Surf’s Let Go« (Mardev) und ist so gut, wie eine solche Zusammenstellung nur sein kann. Sie enthält nicht nur hittige Interpretationen von Rogue Wave und dem Manchester Orchestra, sondern auch eine große Bandbreite von Grenzgängen in andere Genres. So bleibt das Album vielfältig und spannend, auch wenn nicht jedes Cover ein großer Wurf ist.

04.05.2018 | Köln | Studio 672

JoSin

04.05.2018 | Köln | Jungle Basement

QuEEn KWonG 07.05.2018 | Köln | YUCA am CBE

BEttE Smith 08.05.2018 | Köln | YUCA am CBE

Gizmo vaRillaS 09.05.2018 | Düsseldorf | The Tube

ovE

10.05.2018 | Köln | YUCA

BRYDE

22.05.2018 | Köln | YUCA

GunDElach 24.05.2018 | Köln | Artheater

noW noW

25.05. | Düsseldorf | The Tube · 26.05. | Köln | Jungle Basment

JoEl SaRaKula 30.05.2018 | Köln | Gebäude 9

WE aRE SciEntiStS 01.06.2018 | Köln | E-Werk

BEn hoWaRD 02.06.2018 | Köln | Jungle

GRizzlY

min!

Nachhohlter

03.06.2018 | Köln | CBE

EulE

06.06. | Düsseldorf | The Tube · 22.11. | Köln | Jungle

niE unD nimmER 26.06.2018 | Köln | E-Werk

EElS

09.08.2018 | Köln | Live Music Hall

hilltop hooDS 20.09.2018 | Köln | Stereo Wonderland

FEE.

24.09. | Frankfurt | Batschkapp · 26.09. | Köln | Gloria · 27.09. | Bochum | Zeche

tim KamRaD 11.10.2018 | Köln | YUCA

KiDDo Kat 12.10.2018 | Köln | Studio 672

SamuEl hopE 05.11. | Köln | YUCA · 06.11. | Dortmund | FZW Club · 18.11. | Frankfurt | Nachtleben

KöRnER 27.11. | Frankfurt | Zoom · 29.11. | Dortmund | FZW · 30.11. | Köln | CBE

lionS hEaD

11.12.2018 | Köln | Tsunami Club

XaviER DaRcY


MEHR INFOS UND TICKETS UNTER FOURARTISTS.COM schön und hässlich, gut und schlecht, einfach und schwierig wird aufgelöst. So sind Les Trucs ein nur schwer zu beschreibendes, weil einzigartiges Ding. Eigentlich und ziemlich sicher ein namensloses Etwas, das sich allein durch Wort und Ton zu verstehen gibt, darin aber unmissverständlich. Die detaillierte Szenerie aus Rabatz, Terminus und Darbietung wird mit gleichgültiger, lautstarker Wollust niedergewalzt. »Jardin Du Bœuf« ist ein nihilistischer Abgesang auf das Anthropozän. Und dieser kunstvolle Griff in die Trickkiste zeitgenössischer elektronischer Tanzmusik gelingt vorzüglich. Mathias Meis

Jeffrey Lewis Works By Tuli Kupferberg (1923-2010) Don Giovanni / H’art

13.07. VÖLKLINGEN 17.08. HAMBURG • 18.08. DRESDEN 04.08. GIESSEN • 25.08. BEVERUNGEN 09.09. LOLLAPALOOZA • 30.11. NÜRNBERG 01.12. ERFURT • 03.12. MANNHEIM 04.12. HANNOVER • 06.12. DORTMUND 07.12. AMSTERDAM • 08.12. BREMEN

DIE FESTIVALZEIT IST DIE SCHÖNSTE ZEIT DES LEBENS

26.05. NEUSTRELITZ - IMMERGUT FESTIVAL 30.05. WIEN - ARENA 31.05. AUGSBURG - MODULAR FESTIVAL 29.06. DACHAU - DACHAUER MUSIKSOMMER 30.06. CHEMNITZ - KOSMONAUT FESTIVAL 14.07. MÜNSTER - NAH AM WASSER FESTIVAL 19.07. FREIBURG - ZELT-MUSIK-FESTIVAL 20.07. KASSEL - KULTURZELT 21.07. JENA - KULTURARENA 23.07. WÜRZBURG - HAFENSOMMER 03.08. ELEND - ROCKEN AM BROCKEN 04.08. DIEPHOLZ - APPLETREEGARDEN 17.08. MAINZ - ZITADELLE 18.08. LUXEMBURG - DEN ATELIER 19.08. HAMBURG - DOCKVILLE FESTIVAL 30.08. BERLIN - IFA SOMMERGARTEN

09.08. KÖLN - LIVE MUSIC HALL 14.08. HAMBURG - MARKTHALLE 15.08. BERLIN - SO36 17.08. MÜNCHEN - MUFFATHALLE 21.08. FRANKFURT - ZOOM

Jeffrey Lewis zollt auf charmant-dilettantische Art dem großen Folk-Provo Tuli Kupferberg Tribut. Die vielleicht berühmteste Geschichte von Tuli Kupferberg ist in Allen Ginsbergs Gedicht »Howl« beschrieben. Er ist der, der von der Brooklyn Bridge sprang »and walked away unknown and forgotten«. Stimmt natürlich nur zum Teil. Was stimmt: Kupferberg war Beatnik, Autor von Büchern wie »1001 Möglichkeiten, dem Wehrdienst zu entkommen« und Mitgründer der politischen Satire-Folk- und letztlich ProtoPunk-Band The Fugs. Der Anti-Folker Jeffrey Lewis widmet dem 2010 Verstorbenen mit »Songs By Tuli Kupferberg (19232010)« eine ganze Platte. Das passt, schließlich ist Lewis (der Spaß an kompletten Coveralben hat, 2007 spielte er auf »12 Crass-Songs« Titel der gleichnamigen Anarcho-Punker) eine Art moderner Wiedergänger Kupferbergs. Das DilettantischCharmante, das die Fugs in den 1960ern auszeichnete, ist auch Lewis’ Ansatz. Das nie aufgenommene »What Are You Going To Do After The Orgy?«, das hoffnungsvolle »Try To Be Joyful« oder der sehr komische Para-Song »I Wanna Hold Your Foot« klingen, als musizierten ein paar mehr oder weniger begabte Leute in irgendeinem Wohn- oder Badezimmer in der East Side. Man merkt Lewis an, wie sehr er Kupferberg – den er noch kennenlernen durfte, Kupferberg spielt im Video zum Lewis-Song »Williamsburg Will Oldham Horror« mit – verehrt. »I am dreaming now about Tuli, Sweet Tuli. For the thought of him is one that never dies.« Christian Steigels

Tom Liwa Ganz normale Songs Grand Hotel Van Cleef / Indigo

»Ganz normale Songs« zeigen Tom Liwa in all seiner Altersweisheit noch dezenter als früher, während er musikalisch weiter jede Trenddynamik hinter sich hat. »Ganz normale Songs« hat Tom Liwa sein 25. Album unter eigenem Namen genannt. Doch was heißt schon »normal« in diesem Kontext? Im HipHop wird der Begriff heutzutage in Bedeutungszusammenhängen von »stabil« bis »skurril« benutzt, doch verfolgt Tom Liwa HipHop? Immerhin ist er den 60 Jahren mittlerweile näher als den 50, und er hat sich mit seiner weiter anwachsenden Familie vom Duisburger Kaiserberg in die westfälische Provinz zurückgezogen. Was ist also »normal« für ihn? In den letzten Jahrzehnten merkte man ihm an, dass er seinem Künstler-Job weiter pflichtschuldig nachging, den großen Durchbruch nicht mehr herannahen sah und dass Spiritualität einen immer größeren Raum in seinem Leben einnahm. Die damit einhergehenden Attribute finden sich nun alle auch auf der neuen LP wieder, und sie unterstreichen: Wer im Zusammenhang mit Liwa in den letzten Jahrzehnten mit Klischees hantierte, kam damit nie sehr weit. Er windet sich geschickt aus allen ihm angedichteten Genres und Themenfeldern und verbindet lyrisch Transzendenz mit Schnoddrigkeit und zaudernder Nachdenklichkeit. Es gibt keinen Songwriter, der seine Einsichten und (Alters-)Weisheiten so dezent und unaufdringlich anbringt. Musikalisch geht bei ihm derweil von Folk über Lo-Fi-Spielereien bis hin zum exzessiven Einsatz einer Sitar alles, auch weil ihn hier wieder

praktisch die gesamte aktuelle Flowerpornoes-Besetzung unterstützt. In Kombination macht das Liwa gleichzeitig so unnahbar wie nahbar, authentisch und unkonventionell, aufrichtig und krude, gegenwärtig und immerfort spannend – trotz seiner riesenhaften Diskografie. Mit »Ganz normale Songs« scheint Liwa die Probleme des Alltags zu sehen und sie dennoch überwunden zu haben. Diese Lieder sind wieder einmal ein Schatz, den man heben muss, in diesem Sprachraum aber auch kein zweites Mal finden kann. Christian Steinbrink

Locust Fudge Oscillation Play Loud! / Al!ve​

Gemeinsam mit Gästen wie J Mascis oszillieren die beiden Indie-Pioniere um die Wette und drehen die Uhr zurück auf fünf Minuten vor 1994. Die 1990er-Comeback-Offensive hat sie alle – sofern sie noch atmen und sich zum Geburtstag SMS schicken – vereint. Alles Routine. Doch bei den ersten Anzeichen auf ein neues Locust-Fudge-Album ist hier trotzdem eine kleine Freudenträne das müde Auge heruntergekullert. Unvergessen bleibt die Geschichte, wie Ostwestfalen eine kleine Fußnote in der Indie-Landschaft der 1990er setzen konnte und Klüngelkreise wie Sharon Stoned oder Locust Fudge selbst bei den Evan Dandos dieser Welt auf dem Zettel standen. Und das Wunderbare an »Oscillation« ist die Ungezwungenheit, mit der Krite und Schneider wieder miteinander spielen und Schmuddel-Gitarren mit glasklaren Melodien auf einen Nenner bringen. Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Chikara Aoshima und Gästen wie Chris Brokaw (Codeine) legen sie diesmal mit einem elf Minuten langen Opener inklusive JMascis-Gitarre los, der trotz der Überlänge mehr Spaß denn Statement ist. Und auch sonst passiert im erhofften Rahmen viel Unerwartetes. Der Titeltrack erfindet sich immer wieder neu, und in »Something’s Wrong« glückt Locust Fudge noch einmal der perfekte Indie-Song mit leichten Anleihen an Neil Youngs »Mirrorball« und überraschenden Bläser-Parts. Und wenn wir schon bei Bläsern sind: Welch einen Wahnsinn »No Defense« da ablässt, passt wie einige andere Höhepunkte dieser Platte in keine Plattenbesprechung. Sebastian Jegorow

Lord Huron Vide Noir Whispering Pines / Republic / Universal

Das dritte Album der Indie-Rock-Band um Ben Schneider lädt zur kosmischen Suche nach einem smaragdgrünen Stern ein. Die Harmonien stimmen, der unaufdringlich ausgeklügelte Rhythmus auch. »Vide Noir« heißt so viel wie »schwarzes Nichts« und ist ein Konzeptalbum, das im Vorfeld schon mit einer Mischung aus trippigen Space-Videosequenzen und 1980er-Nostalgie beworben wurde. Das ist nicht das erste Mal, dass sich bei Lord Huron aus Los Angeles fürs Drumherum so viel Mühe gegeben wird. Um Ben Schneider herum spielen Mark Barry, Miguel Briseño und Tom Renaud. Der Titelsong ist stellvertretend für das ganze Album: In »Vide Noir« schweben Mysterium und leicht exotisierter Sound in einem stilvollen, rhythmisch versetzten Ganzen. Auch wenn sich manche der Songs ziemlich ähneln, sind Sound und die etwas affektierte Dunkelheit viel zu einladend, um sich davon stören zu lassen. Zu gespenstischen Themen wie Visionen in Kristallkugeln (»Ancient Names Part I«) ließ sich Sänger und Gitarrist Schneider von nächtlichen Autofahrten durch Los Angeles inspirieren, von der Mischung aus urbanen Lichtstraßen und den ringsum dunklen Gegenden. Das Mysterium löst sich im weniger düsteren Schlussstück »Emerald Star« auf, das textlich und klanglich irgendwo zwischen Hoffnung und Resignation versiegt. Elisabeth Haefs


auch oft vom Melancholischen ins Pathetische. Die Manics mögen eben weder Beats noch Hipness haben, aber sie haben etwas zu sagen – und die Autorität dazu. Zu Recht. Und sie haben die Melodien. Claudius Grigat

Yo La Tengo

08.05.18 Köln, Gloria 17.05.18 Schorndorf, Manufaktur

Mahlstrom Maeander

Bayuk

15.05.18 Berlin, Barkett 23.05.18 K, Wohngemeinschaft

Through Love / Indigo

»Maeander« ist kunstvoll gebauter Hardcore, der es schafft, bei voller Fahrt und in großer Rage dennoch die Fassung zu wahren. Es gibt eine Musik mit Sicherheitsgarantie. Mit der beruhigenden Gewissheit, dass man als ihr Anhänger immer zur Familie der Kenner gehören wird. Kenner, die ihre Bands in kleinen Clubs spielen sehen, wo der Zigarettenautomat im Vorraum mit dem schweren Windfang unter ausgelegten Gratismagazinen ächzt, der Barkeeper daheim Michel Foucault liest und die Spülknöpfe der alten Pissoirs mit »FCKAFD«Stickern kenntlich gemacht sind. Der streng gebaute, aber expressiv herausgeschleuderte Hardcore von Mahlstrom gehört in diese Welt. Seine Rhythmen leben gleichermaßen von Aggression und Symmetrie. Sie sind nicht so vertrackt wie bei Beecher oder The Hirsch Effekt, aber zugleich vital genug, um sogar Mucker zufriedenzustellen, die ihre Kumpels mit den Aufnähern von Converge und Dyse mal aus Spaß in den Kellerschuppen begleitet haben. Verzweiflung, Wut und Anflüge von Melodien erinnern an internationale Größen wie Thrice oder Poison The Well. Das poetische Unbehagen und die bei allem Holzen und Bolzen numinose Stimmung wecken den Geist der goldenen Zeiten von bluNoise Records. Besonders angenehm ist, dass Mahlstrom bei aller Zeitkritik immer lyrisch bleiben. Trotz eindeutiger Songtitel wie »Wertegemeinschaft« oder »Echokammer« werden sie niemals so platt wie die kleinen Sticker auf dem Klo des Clubs. Oliver Uschmann

Manic Street Preachers Resistance Is Futile

Johnny Marr

21.05.18 B, Festsaal Kreuzberg

Marsimoto Verde Green Berlin / Sony

Marsimoto kifft zwar immer noch, hat seinen Wahnsinn aber gezügelt. Dieser kleine Kniff reicht, um »Verde« spielend an der Spitze seines bisherigen Schaffens zu platzieren. Wenn Marteria in der Vergangenheit seine grüne Maske überzog und zu Marsimoto mutierte, schien dieser Ansatz genauso künstlerisch befreiend wie musikalisch problematisch: Live waren seine Marsi-Shows ein Smaragdwunderland der Entgrenzung, auf Platte war ebenjener entgrenzte Wahnsinn aber irgendwann todsicher enervierend. Doch damit ist nun vorerst Schluss: Mit seinem fünften Album »Verde« lenkt Marsimoto seinen üblichen Overkill an Ideen erstmals und endlich in etwas geordnetere Bahnen. Was bei ihm künstlerische Hemmungen hätte hervorrufen können, gelingt tatsächlich ganz großartig: Auch wenn der giftige Troll von seinen Geschichten aus dem beschwerlichen Alltag eines kiffenden HipHop-Fans nicht lassen wollte, sind die 14 Tracks eine Schatztruhe an überlegenem Humor, geschickten Formulierungen und gelungenen Storylines, die manchmal – gewollt oder ungewollt – sogar eine substanzielle Aussage bereithalten. Obendrein reizt Marsis gepitchte Stimme dieses Mal kaum noch an den Nervensträngen. Demgegenüber stehen eine Reihe von herausragenden Instrumentals und Features aus der ersten Liga des Deutschrap, wobei sich Lyricists wie Casper, Audio88 und Trettmann gemeinsam mit Marsimoto den Spaß erlaubten, ihre Auftritte als Cameo-Ratespiel für Fans zu gestalten. Das kann aber nicht davon ablenken, dass »Verde« erstmals weit mehr ist als ein Marteria-Insiderwitz. Ganz im Gegenteil hat es mit seiner spritzigen Klasse in vielen Teildisziplinen das Potenzial, in den Jahresbestenlisten des HipHop weit oben zu landen. Christian Steinbrink

Die Rückkehr der walisischen Tyrannosaurier des Gitarren-Hymnen-Indie: Stilistisch zwischen ihren Monumentalwerken »Generation Terrorists« und »This Is My Truth Tell Me Yours« angesiedelt, gibt es Geschichten von Verlust, Erinnerung, Widerstand – und Melodien. Da ist es also, das 13. Album, nach vier Jahren Pause – eine für die Manics ungewöhnlich lange Zeit. Aber in der Zwischenzeit mussten auch die bandeigenen Faster Studios in Cardiff der Gentrifizierung und einer Reihe LuxusWohneinheiten weichen und ein neues Studio in Newport aufgebaut werden. Und man musste einmal mehr versuchen, sich nach 30 Jahren Bandgeschichte nicht nur noch selbst zu zitieren. Eine komplette Neuerfindung erwartet da natürlich niemand, immerhin waren die wütenden jungen Männer nach dem Glam-Punk ihrer Anfangstage schon immer in einem wahnwitzig weiten Spannungsfeld zwischen The Clash und David Bowie unterwegs, gerne mal mit einem Hang zum Stadionrock und käsigen Synthies, aber auch zu wutglühenden Gitarren und tollen Slogans (eine Kunst, die im Pop viel zu selten gewürdigt wird). Bowie wird natürlich auch auf »Resistance Is Futile« gehuldigt. Aber auch sonst besingen die Manics alles, was ihnen lieb ist oder als Inspiration dient, wie so oft in kleinen Kultur-Lehrstunden: In »Vivian« geht es um die amerikanische Street-Fotografin Vivian Maier, in »Dylan & Caitlin« um die Beziehung des Dichters Dylan Thomas zu seiner Frau, in »International Blue« um den Maler Yves Klein und in »Liverpool Revisited« selbstredend um die aus Sicht der Band stolze Arbeiterstadt (und abermals um die Katastrophe von Hillsborough, bei der 96 Menschen im Fußballstadion starben). Gott sei Dank geht es auch wieder um Politik. So beißend in der Kritik und gleichzeitig so optimistisch texten können nur ganz wenige Künstler dieser Tage. Stilistisch wiederholen sich sowohl »Motorcycle Emptiness« (in »International Blue«) als auch »Everything Must Go« (in »People Give In«) und »A Design For Live« (in »Distant Colours«). Für den Trend ist das meiste natürlich zu bombastisch und straßenmittig produziert (tolle Ausnahmen: »Vivian« und »Broken Algorithms«) und kippt

09.05. - 20.05.18 Köln - Dresden Mannheim - Hamburg Berlin - Leipzig Münster - Frankfurt Schorndorf - München

The Handsome Family 24.05.18 25.05.18 26.05.18 27.05.18 29.05.18 30.05.18 02.06.18 05.06.18 06.06.18 07.06.18

Bielefeld, Forum Düsseldorf, Zakk H, Cafe Glocksee Berlin, Lido Dresden, Beatpol RE, Alte Mälzerei FR, Räng Teng Teng Reutlingen, franz.K Heidelberg, Karlstorbhf. Wiesbaden, Kesselhaus

Michael Malarkey

Nakhane

20.05.18 Köln 21.05.18 Berlin 23.05.18 Heidelberg

28.05.18 HH, Nochtspeicher 30.05.18 Frankfurt, Das Bett 01.06.18 München, Strom

Harrison Storm & Louis Baker

29.05.18 K, Wohngemeinschaft 30.05.18 Hamburg, Nochtwache 31.05.18 Berlin, Baumhaus Bar

Max Richter

05.06.18 Frankfurt, Alte Oper 06.06.18 Bremen, Die Glocke

Spoon

07.06.18 Schorndorf 08.06.18 Berlin 09.06.18 Leipzig

And You Will Know Us By The Trail Of Dead 09.06.18 10.06.18 11.06.18 12.06.18 13.06.18

Münster, Gleis 22 Hamburg, Knust Berlin, Bi Nuu München, Ampere Köln, Gebäude 9

The Americans

18.06.18 Berlin, Badehaus

Columbia / Sony

Scott Matthew

Low

Reggie Watts

28.06.18 München 29.06.18 Hamburg 01.07.18 Köln

25.06.18 München, Ampere 26.06.18 Dresden, Beatpol

Calexico

Scott Matthew Ode To Others Glitterhouse / Indigo

Der Herzschmerz hat mal Pause: Scott Matthew stülpt auf »Ode To Others« die Sensoren nach außen. Zum Glück warten auch vor der Türe große Gefühle für große Songs. Es gibt viele Gründe, Scott Matthew zu lieben. Wegen seiner Bowie’esken Stimme zum Beispiel. Aufgrund seiner ungeheuren Emotionalität. Oder auch für sein breit gefächertes Repertoire an Coversongs, das mit »Do You Really Want To Hurt Me«, »Flame Trees« und »The Sidewalks Of New York« jetzt um drei Perlen reicher ist. Er ist einer dieser Künstler, die auf ewig so weitermachen und mit jedem neuen Album ungestraft neue Klone im Dutzend hervorbringen könnten. Tut er aber nicht – jedenfalls nicht mehr. Denn obwohl Niederlagen ihm verdammt gut stehen, unternimmt Matthew auf »Ode To Others« den Versuch, die Finger zumindest zeitweise aus den Wunden zu nehmen und den Blick im nahen und fernen Umfeld schweifen zu lassen. So sehr das auch nach Abkehr klingen mag: Auseinanderleben wird man sich nicht – dafür klingt Scott Matthew immer noch viel zu sehr nach ihm selbst: Die neuen Songs sind gewohnt zartbesaitet, changieren zwischen vorsichtig beschwingt, bittersüß und todtraurig. Mit seiner unfassbar einnehmenden, sanften Stimmgewalt beleuchtet der chronisch melancholische Australier Orte, Geschehnisse, Verwandte und Freunde, das Ganze verpackt in rührselige Arrangements, die vormachen, wie man eine Musical-Kulisse auf Schlafzimmerformat faltet – und die eine Wärme in sich tragen, die selbst den taubsten Gefühlsklotz auftaut. Valentin Erning

06.07.18 18.07.18 10.08.18 14.08.18 15.08.18

L, Parkb. Geyserhaus Karlsruhe, Zeltival Hannover, Capitol Wiesbaden, Schlachthof Erlangen, E-Werk

Clap Your Hands Say Yeah 16.07.18 Köln, Gebäude 9 17.07.18 Dresden, Beatpol

The War On Drugs 21.08.18 Hannover 05.12.18 Hamburg 10.12.18 Berlin 11.12.18 Köln

Wovenhand

20.07.18 Frankfurt, Zoom

Fazerdaze

31.07.18 München, Unter Deck 01.08.18 Düsseldorf, Zakk

Ariel Pink

06.08.18 B, Festsaal Kreuzberg 07.08.18 HH, Uebel & Gefährlich

Get Well Soon Big Band 01.10.18 Berlin 12.10.18 Leipzig 17.10.18 Köln 28.10.18 Stuttgart 08.11.18 München

The Tallest Man On Earth 21.09.18 Dortmund, Konzerthaus

S. Carey

21.09.18 Berlin, Privatclub 24.09.18 München, Ampere 26.09.18 Köln, Gebäude 9

Okkervil River

26.09.18 Berlin, Lido 27.09.18 Köln, Gebäude 9

Novo Amor

25.10.18 Heidelberg 01.11.18 Hamburg 02.11.18 Berlin

Tickets & Infos: www.schoneberg.de


110

#Review

Melvins Pinkus Abortion Technician Ipecac / PIAS / Rough Trade

Spektakel

DJ Koze Knock Knock Pampa / Rough Trade / VÖ 04.05.18

Kosi ist eigentlich immer eine sichere Bank. Doch kann der deutsche Klangzauberer ein weiteres Mal mit namhaften Gästen den hohen Erwartungen gerecht werden?

DJ Koze haut bereits am Anfang seines neuen Albums einen Track raus, nach dem eigentlich alles gesagt ist. Das gemütlich vor sich hin räkelnde »Club der Ewigkeiten« vereint auch ohne Vocals bereits all den Spökes, den man an Kosi liebt: Abenteuerfreude, eine ulkige Hook und diese organische Vitalität, die elektronische Musik wie eine Naturdoku erscheinen lässt. Eigentlich ist Koze musikalisch bereits seit Jahren da angekommen, wo viele DJs hin möchten. Und doch hat er wieder Wege gefunden, sich zu steigern und bei all dem Pioniergeist eingängiger zu werden. Auf dem Rest des Albums lässt Koze den Club-Irrsinn von International Pony durchblitzen und bindet seine Gäste noch stärker ein als auf dem bereits gut bevölkerten »Amygdala«. Bon-Iver-Samples, Kurt Wagners Brummbär-Vocoder und Róisín Murphy glänzen im Koze-Klanggewand, und das von Jose González’ Stimme begleitete »Music On My Teeth« klingt nach der erhofften Lemon-Jelly-Reunion. Die ganz großen Highlights lässt er sich aber für seinen Label-Schützling Sophia Kennedy einfallen, die bei »Music Is My Rock« noch lasziv cool wirkt und im Scheinwerferlicht des Rausschmeißers »Drone Me Up, Flashy« zur großen Chanson-Königin wird. Hier zündelt es nicht nur, hier brennt die Rammelwolle nur so.

»Pinkus Abortion Technician« ist gehobene Unterhaltung für geübte Hörer, die zwischen schroffem Jam und übermütigem Cover alles mitmachen. Eines der schönsten Formate in der weiten Welt von YouTube ist »What’s In My Bag?«. In der Sendung geht das Kamera-Team mit verdienten Musikern aus Indie, Punk oder Metal in den Record Store einkaufen. Nach dem Shopping präsentieren die alternativen Stars die tonalen Schätze und erzählen ihre persönliche Geschichte dazu. Auf ihren frühen Schlüsselalben wie »Houdini« oder »Prick« spielten die Melvins einen Stil, mit dem womöglich sogar Kurt Cobain gerne alt und ruhmreich geworden wäre, ohne in Komplexe aufgrund Massenerfolgs zu verfallen. Dennoch schwärmt die Band in ihrem Auftritt bei »What’s In My Bag?« nicht etwa von gleich gesinnten Kollegen wie Helmet oder Chokebore, sondern von den Rolling Stones. »Exile On Main Street« sei ihr Werk des Jahrtausends. Größte Sympathie gilt Charlie Watts, der seit Jahrzehnten ungeachtet aller Neuerungen auf seinem Drumset aus den 1970ern spiele. Wer das neue Melvins-Album hört, versteht diese Wahl perfekt. Der Rock darauf ist nicht ernsthaft aggressiv oder abweisend, sondern lässt eine Menge Luft und Licht durch alle Ritzen. Einige Stücke haben den Charakter sorgloser Jams, aufgenommen von gelassenen Großmeistern der gepflegten Grenzenlosigkeit. Mit Zweitbassist Pinkus covert man dessen Butthole Surfers und puzzelt »I Want To Hold Your Hand« von den Beatles gemäßigt böse neu zusammen. An alte Großtaten erinnert »Don’t Forget To Breathe« mit seinem reduzierten, repetitiven, beschwörenden Sog. Oliver Uschmann

Sebastian Jegorow

Middle Kids Lost Friends Lucky Number / Rough Trade / VÖ 04.05.18

Das nächste große Indie-Pop-Ding? Eher nicht, denn anstelle der Vorschusslorbeeren internationaler Magazine werden die Middle Kids vor allem einem gerecht: ihrem Namen. Hannah Joy, Tim Fitz und Harry Day hatten noch nicht mal ein Konzert gegeben, schon ermächtigte sich Sir Elton John höchstselbst zum Ritterschlag und packte »Edge Of Town« in seine Beats-1-Radioshow-Playlist. Ein paar Streams später waren die Middle Kids plötzlich auf Tour: erst mit den Cold War Kids, anschließend mit Ryan Adams und zuletzt mit The War On Drugs. Bei solch einer Vita übersieht man gerne selbst die schwächsten Arbeitsproben. Die Aufgabe der Popkritik liegt

dann darin, die stilistische Fortschreibung offenbarer Vorbilder wie The Cranberries oder No Doubt zu erwähnen und Prognosen für die Zukunft zu treffen. Ohne jedoch an sich selbst gewachsen zu sein, veröffentlicht das Aussie-Trio nun zwölf Tracks, die trotz aller klickgenerierenden Fabeln im Adjektiv ihres Bandnamens herumdümpeln. Dem veritablen Hype, der dazu verdammt ist, wieder abzuflachen, muss man entgegenstellen, dass derart oberflächlich produzierte Alben maximal beim Debüt durchgehen. Alles ist auf Joys mal angesäuert vibrierendes, mal lechzend krächzendes, mal flehendes Storytelling zugeschnitten, das sich im resistenten Pop-Paradigma aus Slide-Riffs, Powerakkorden, lärmender Distortion und überreifem Mastering als unverzichtbare Konstante aufspielt. Die Middle Kids haben ihre musikalische Pubertät übersprungen. An den Kanten ihres von Stadien sinnierenden Alternative-Rock, Power-Pop und Alt-Country lässt sich nicht mal mehr ein Trockentuch aufhängen. Schade, denn eigentlich hätte »Lost Friends« ein solides Brett werden können, das in seinen besten Momenten wenigstens an Sunflower Bean (»Mistake«) oder Angel Olsen (»Hole«) erinnert. Benni Bender

freches Fingerschnippen zu hören ist? »Wir fanden einen Weg, einen Hybrid aus Country und dem zu machen, was ich meinen ›normalen Sound‹ nenne«, lässt sich Kylie zitieren. Dieses Album braucht tatsächlich niemand, nicht mal Kylie Minogue selbst. Irritierend ist am Ende aber vor allem, dass die greise Musik-Industrie-Maschinerie immer noch glaubt, mit Marketinggags aus der Steinzeit jede Menge Platten verkaufen zu können. Sorry an die A&R-Rollator-Gang, der Zug ist vor ungefähr 20 Jahren definitiv abgefahren. Klaas Tigchelaar

Moonbootica Future Embassy Of Music / Warner

Die Zukunft ist Moonbootica, weil sie alles, was gerade in Techno und Pop geht, ein Quäntchen weiterdenken. Damit hätten sie sich jedoch um ein Haar vergaloppiert. Die Zukunft? Nee, die beiden Hanseaten KoweSix und Tobitob wollen hier keine Dystopien in Techno gießen. Wenn das Doppel von der Zukunft spricht, geht es um den nächsten heißen Scheiß, der natürlich von Moonbootica kommt. Sonnenklar. Dafür wurde ausgelotet, was gerade in Techno und Pop so geht und eine fünfte Platte entworfen, die alle bestehenden und funktionierenden Ansätze noch ein wenig weiterdenkt und der Liebe zur Clubkultur Ausdruck verleiht. Was als Gedanke gut klingt, schafft es trotz illustrer Gäste wie Jack Beauregard, Bondi oder Nneka aber zunächst nicht über ein paar ganz nette Ideen zwischen Balearicund Vocal-House hinaus. Stücke wie »Lost & Found« und »Covered In Gold« sind fast schon unangenehm catchy und slick. Seine große Stärke offenbart »Future« erst ab Track #9: Da sind die Vocal-Features abgearbeitet, Stimmen werden jetzt nur noch gesampelt. Da kommen die starken, langen Clubnummern mit den spannenderen Rhythmik-Ideen und Verweisen auf Tribal House und Funk, unverschämt lässigen Grooves und drückenden Membranmassagen. Die Zukunft wurde gerade noch einmal gerettet. Kristof Beuthner

Kylie Minogue Golden BMG / Warner

Da kommt man sich natürlich ein bisschen verschaukelt vor: Im Vorfeld wurde keine Gelegenheit ausgelassen, Kylies neues Album als ihre Country-LP zu vermarkten, obwohl doch nur der übliche, abgelaufene Stampf-Pop drauf ist. Kylie macht jetzt Country – gibt es wirklich jemanden, der da Hoffnung schöpft? Klar, musikalisch ist das Oeuvre der ewigen Sympathieträgerin, charmant gesagt, eher blass. Abgesehen vielleicht von den frühen und mittlerweile irgendwie legendären cheesy Pop-Hits aus der Stock-Aitken-WatermanVorhölle der 1980er und dem gelungenen Duett »Where The Wild Roses Grow« mit Grummelbär Nick Cave aus den 1990ern, welches immerhin ihr größter Hit in dem Jahrzehnt war. Aber warum bitte muss es im Vorfeld zum Album »Making-of«-Videos regnen, in denen Kylie die authentische Produktion, das ehrliche Songwriting und die tolle Atmosphäre des legendären Aufnahmeortes Nashville lobpreist, wenn davon auf der Platte kaum mehr als ein zaghaftes Banjo und ein

Ed Motta Too Slow To Disco Brasil How Do You Are? / Rough Trade / VÖ 04.05.18

Die verlässlich starke Compilation-Reihe geht in die fünfte Runde: Ed Motta führt als Kurator einer Sonderausgabe gewohnt stilvoll in Brasiliens Jazz-Pop der 1980er. Nachdem sich die »Too Slow To Disco«Reihe zuletzt explizit den Ladys widmete, kann man auch die 2018er-Ausgabe wieder als »Special« bezeichnen: Es geht nämlich nach Brasilien. Natürlich verlangte dieses Konzept nach einem Kenner: Ed Motta, einer der wichtigsten zeitgenössischen Musiker vom Zuckerhut, übernahm das Zusammenstellen von 19 sanft flowenden Pop-Preziosen. Und weil er über eine illustre Plattensammlung, viel Insider-Wissen und ein gutes Gespür für Soul, Funk, Jazz und Bossa verfügt, ist auch »Too Slow To Disco Brasil« eine sehr runde und relaxte Angelegenheit. Der Sampler wirkt wie ein Trip durch die brasilianische


#Review Musikszene der 1980er, vielleicht einen kleinen Tick tanzbarer als die von Yacht-Rock geprägten Vorgänger. Der weiße Anzug, Hut und Sonnenbrille, Drink und Zigarre und das mondäne Nachtleben in Rio: Das Kopfkino funktioniert prächtig. Weil Motta sich vor allem an Raritäten von hierzulande eher unbekannten Künstlern wie Guilherme Arantes, Carlos Bivar oder Gelson Oliveira austobt, ist die Compilation eine ziemliche Schatzkiste. Wo »Too Slow To Disco« draufsteht, steckt eben verlässlich Stil, Style und Qualität drin. Kristof Beuthner

dem Kollaborationsalbum »21 Again« aus dem Jahr 2014, begegnet einem gleich auf Track drei die Stimme von Bon Ivers Justin Vernon, außerdem sind Mitglieder von Beirut und The National, aber auch das NeueMusik-Orchester Ensemble Musikfabrik, die House-Legende Eric D. Clark und der Rapper Spank Rock dabei. Dass das Album deutlich hörbar durchkonzeptualisiert ist, seinen Gästen viel Raum gab – vom »neuen konstruktivistischen Sozialismus« ist die Rede – und trotz Footwork-Beat-Gerüsten nicht wirklich tanzbar ist, ändert nichts daran, dass jeder Moment unterstreicht, wie einzigartig das Duo noch immer klingt. Merkwürdigerweise erinnern die Vibes, abzüglich Rap, oft an den dekonstruktivistischen Post-Gospel des letzten Albums der Young Fathers. Und wer wie ich deren meiner Meinung nach schlecht getarnten Antisemitismus nicht erträgt, kann bedenkenlos zu Mouse On Mars wechseln. Steffen Greiner

Mouse On Mars Dimensional People

Nach einer Minute unheilverkündendem Quietschen im atonal eingeleiteten »Easier« tropft die mal butterweiche, mal tiefdunkle Stimme Munks im Zusammenspiel mit sehr relaxten Percussions, feinen Gitarrenlicks und eleganten Piano-Passagen wie flüssiger Balsam in die Gehörgänge. So äußert sich das angekündigte Ausprobieren eines fraglos schwer talentierten Musikers im Verzicht auf Rock, im Zelebrieren von Downtempo und einer leichten Öffnung zum Jazz. Aber das bleibt im Rahmen der ohnehin engen Verwandtschaft mit Soul und Blues, die Munk auch auf den Vorgängern schon schwelgerisch pflegte. Auf Stücken wie »Happy When I’m Blue«, »Stranger« oder dem famosen »Line« gibt Munk den traditionsbewussten Crooner, und das können derzeit nur wenige so gut wie er. »Favourite Stranger« ist eine herrlich kaminwarme, samtblaue Nachtfantasie, zu der sich genüsslich mit halboffenen Augen an der Zigarettenspitze ziehen lässt. Kristof Beuthner

Vorfahren gewidmet, an der Küste vor Lomé einsame Fischerboote in den Atlantik setzt. Afro-Retromania, klar, aber Jesus, muss dieser White Boy hier jetzt wirklich schwarzen Conscious-Rap besprechen, wo doch alle anderen Platten auf diesen Seiten schon von ihm handeln? Absolut berechtigter Einwand – Akua Naru macht Musik als Empowerment für schwarze Frauen, bezieht sich auf schwarze Schriftsteller*innen wie Toni Morrison und James Baldwin und natürlich auf die Weltgeschichte schwarzer Musik. Denn so sehr das auch Rap sein mag, ist es eben mit dominanter Trompete und himmelweiten Chorsätzen doch auch Jazz und Gospel. Vor allem ist es aber Poesie, ein Sprachfluss, den die Musik mit den Vibes aus der Hochphase der Black Consciousness, den 1970ern, untermalt und verwickelt, vereinfacht und verkompliziert. Da mag ich keine Zielgruppe sein, sondern eher Zaungast bei der Party, aber ich lausche und staune mit offenen Ohren! Steffen Greiner

Akua Naru The Blackest Joy

Kate Nash Yesterday Was Forever

SPV

Girl Gang

Empowerment und Poesie: Auch das dritte Album von Akua Naru ist ein großer Wurf in der neuen Welle des Conscious-Rap. Bei Akua Naru, der in Köln lebenden HipHop-Poetin aus New Haven, kribbelt natürlich der Essenzialismus-Zeigefinger, wenn der Clip zu »My Mother’s Daughter«, den

Kate Nash ist auf ihrem neuen Album dann am besten, wenn sie wie die Wrestlerin Britannica klingt, die sie in der Serie »Glow« verkörpert. »Soll ich mich selbst wirklich so verformen, dass ich in eine Box passe, nur damit jemand im Anzug mir Geld gibt?« hat sich Kate Nash

Thrill Jockey / Rough Trade

Jesper Munk Favourite Stranger Warner

Keine (großen) Experimente: Das ehemalige Blues-Wunderkind stellt auf seinem dritten Album die E-Gitarre weg und gibt den Crooner in Smoking und Zylinder. Ausprobieren wollte er sich mit seiner dritten LP, der Everybody’s-Blues-Darling Jesper Munk, und hat Straßenstaub und Unterhemd gegen Smoking und Zylinder eingetauscht.

WWW.BEATSTEAKS.COM

Mouse On Mars dekonstruieren Elektronik unter Mitwirkung von Indie-Prominenz und sozialistischer Produktion zu Post-Gospel. Ein stoischer, beinahe hospitalistischer Maschinenbeat und Jazz, bevor alles in einen fast spirituellen Moment von Groove mündet – das titelgebende Triptychon »Dimensional People« beweist, dass Mouse on Mars auch im 25. Jahr ihres Bestehens dort arbeiten, wo Musik das Publikum fordert. Und, dass das auch außerhalb jener Szene wahrgenommen wird, für die Andi Toma und Jan St. Werner in ihren Anfangstagen standen: Leftfield’iger Theorie-Techno mit Bezügen zu Deleuze’ Rhizom und Vilém Flusser. Denn auch wenn die Prominenz der Features weniger wahnwitzig ist als auf dem Vorgänger,

06.06.18 AT-ARENA OPEN AIR AUSVERKAUFT 09.06.18 BERLIN WALDBÜHNE 28.06.-01.07.18 CH-OPEN AIR ST. GALLEN 30.06.18 VAINSTREAM ROCKFEST 03.07.18 AT-INNSBRUCK MUSIC HALL 06.07.-07.07.18 HAPPINESS FESTIVAL 04.08.18 AT-SZENE OPEN AIR 09.08.-12.08.18 TAUBERTAL FESTIVAL 09.08.-11.08.18 ROCCO DEL SCHLACKO 08.08.-12.08.18 OPEN FLAIR FESTIVAL 25.08.18 BERLIN KINDL-BÜHNE WUHLHEIDE

31.05.18 01.06.18 02.06.18 07.06.18 08.06.18

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09.06.18 13.06.18 14.06.18 15.06.18

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12.10.18 13.10.18 19.10.18 20.10.18 26.10.18 27.10.18 02.11.18 03.11.18 09.11.18 10.11.18

02.02.19 05.02.19 07.02.19 09.02.19 14.02.19 15.02.19 16.02.19

AUSSERDEM AUF TOUR DEINE FREUNDE · D!E GÄNG · DIE TOTEN HOSEN · DONOTS · FUNNY VAN DANNEN · MOUSE ON MARS · PARCELS SIND · SOOKEE · THE BABOON SHOW · TIM VANTOL · TOCOTRONIC · TURBOSTAAT KIKIS KLEINER TOURNEESERVICE KKT GMBH WWW.KKT.BERLIN

09.-11. MAI 2018 09. mai 2018

10. mai 2018

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11. mai 2018

11. mai 2018

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KAFVKA - 2084 / DAS NEUE ALBUM AB JETZT! PRÄSENTIERT VON: LAUT.DE UND VISIONS

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#Review

KUNSTFESTSPIELE HERRENHAUSEN 18.05.—03.06.2018 Robert Wilson / Sarah Neufeld / GrauSchumacher Piano Duo / Rabih Mroué / graindelavoix / BERLIN / Simon Steen-Andersen / Klaus Grünberg & Anne Kuhn / … Im Spiegelzelt: Damian Marhulets / Sebastian Plano / Girls in Airports / …

gefragt, diese Frage mit einem klaren »Nein« beantwortet und ihr viertes Album »Yesterday Was Forever« via Kickstarter finanziert und selbst veröffentlicht. Die daraus entkoppelten Vorabsingles »Drink About You« und »Life In Pink« klangen erfreulich patzig, Ersteres gar wütend. Neue Songs wie »Hate You« und »Karaoke Kiss« sind nun aber so glasklarer Pop, dass sie auch Taylor Swift gut gestanden hätten – wobei Swift nicht so ehrlich über das Betrunkensein singt und auch ihr Liebeskummer deutlich glatter wirkt als der von Kate Nash. Denn nach wie vor schafft es die Britin, ehrliche Worte für vielleicht alltägliche, aber schmerzhafte Gefühle zu finden: Sehnsucht, Herzschmerz, Unsicherheit. Sie spuckt ihren Fans ihr »I fucking miss you« (»Twisted Up«) vor die Füße, und genau dann ist sie richtig gut. Für diese Momente verzeiht man ihr dann auch den Zeichentrickfiguren-GebrüllAusrutscher, mit dem sie den wundervollen Anfang von »California Poppies« kaputtmacht. Kate Nash hat sich auf »Yesterday Was Forever« in alle möglichen Richtungen ausgetobt. Dass dabei nicht nur (aber auch) Volltreffer rauskommen, ist klar. Ihre Fans hätten ihr Geld aber sicherlich schlechter investieren können. Julia Brummert

kunstfestspiele.de The National Jazz Trio Of Scotland Standards Vol. IV Karaoke Kalk / Morr / Indigo

Hier gibt es weder Jazz noch musiziert ein Trio. Nur ein bisschen Schottland ist drin. Dafür hört man traurige Samples und wunderbaren Spieldosen-Pop. Tatsächlich ist der Schotte Bill Wells, der hinter dem NJTOS steckt, von Haus aus Jazzer, Autodidakt sogar. Allerdings ist er von der heimischen Jazz-Szene stets vernachlässigt worden. Ohnehin zog es ihn immer schon eher zu den Indie-Kollegen hin, gemeinsame Projekte mit Leuten wie Jad Fair, Aidan Moffat (Arab Strap), Isobell Campbell, Norman Blake (Teenage Fanclub), David Keenan (Telstar Ponies), John Hogarty (BMX Bandits), aber auch Barbara Morgenstern oder Stefan Schneider stehen zu Buche. Bei diesem Werk wird der Musiker, der seinen Minimal-Pop vor allem mit dem Sampler am Küchentisch zusammenbaut, hauptsächlich von Sängerin Kate Sudgen unterstützt. Sie gibt den klimpernden, verspielten, manchmal sacht groovenden Zuckerwatte-Pop-Perlen einen sauberen, kühlen und leicht melancholischen, aber auch glamourösen Touch im Stile einer Sarah Cracknell oder Nico. Das wirkt natürlich dezent distanziert und ist wohl auch so gewollt, strotzt aber auch nur so vor Ironie. Denn selbstverständlich sind die von Wells komponierten Popsongs keine »Standards« im Jazz-Sinne (und nicht mal im Pop, dafür sind sie zu eigen, verspielt und vertrackt), und sie sind auch nicht die vierte Folge: Die Zählung begann beim vorletzten Album »Standards Vol. II«, das Debüt war ein Album voller Weihnachtslieder. Vor allem sind die Texte von einer geradezu sarkastischen Ironie geprägt, wenn es zum Beispiel in »Tinnitus Lullaby« heißt: »Can’t you hear that singing, distant bells are ringing, distant sounds inside your head, to save your soul from sleep. Just for you they’re singing ... never ending ringing ...« Aber auch ohne Tinnitus dürfte man den einen oder anderen Song aus dieser kleinen Wundertüte so schnell nicht wieder aus dem Kopf bekommen. Claudius Grigat

Okkervil River In The Rainbow Rain ATO / PIAS / Rough Trade

Das an sich gute Songwriting der Amerikaner wird auf dem neuen Album ein ums andere Mal durch eine zu zuckrige Produktion neutralisiert. Zunächst die gute Nachricht: Es ist bemerkenswert, mit welcher Emphase Okkervil River versuchen, die Evolution ihrer Musik immer mitzudenken. Nachdem ihre auf Alternative Country und Indie-Folk fußende Musik immer schon Haken schlug, wurde sie zunehmend poppiger, zuletzt mit ihren zahlreichen 1980er-Referenzen sogar trendtauglich. Die kontinuierliche Transformation führt die Band nun weiter, wir hören Synthies und hie und da zuckrige und teilweise blutleere Streicherarrangements. Das ist schade, man möchte hinter vorgehaltener Hand gerne laut »Überproduktion!« rufen. Das Songwriting ist jedoch größtenteils intakt, mitunter wieder ganz fantastisch, wie im Opener »Famous Tracheostomies«, der sogar mit einer hübsch gesetzten »Waterloo Sunset«-Referenz der Kinks aufwartet. An anderer Stelle wird es jedoch zu süßlich, in »Love Somebody« wirkt die pathetische Emphase von Sänger Will Sheff schlicht deplatziert. Besser sind sie, wenn sie fast gänzlich auf Produktionstamtam verzichten, wie in der ersten Single »Don’t Move Back To L.A.«, wo ein kleiner Männerchor für die nahbaren Reize sorgt. Vielleicht ist es unfair, doch geht es mir mit der neuen Platte von Okkervil River ähnlich wie mit dem aktuellen Album der Decemberists: Auch dort wurde die alte Folk-Formel durch 1980er-Arrangements abstrahiert – mit durchwachsenem Erfolg. Der neue Anzug will bei beiden Werken nicht so recht passen, denn am Ende wird der Musik dadurch schlicht nur ein Teil ihrer Seele entzogen. Kai Wichelmann

Otzeki Binary Childhood Discophorus

In London ist nicht alles Rock, was glänzt. Das Elektronik-Duo Otzeki tritt hierfür den schlüssigen Beweis an. Der Londoner Süden ist für Gitarren-Rock derzeit zwar der angesagte Hotspot auf dem Planeten, aber auch sonst lohnt sich ein Blick auf die britische Hauptstadt: Die beiden Cousins Mike Sharp und Joel Roberts lösen mit ihrer ersten LP alle Versprechen der vorangegangenen Releases ein und überzeugen mit ihrem abgedunkelten, bluesigen ElectroSound auf ganzer Linie. »Binary Childhood« beschäftigt sich mit dem Aufwachsen in einer vernetzten Welt, in der sich die digitale Persönlichkeit längst etabliert hat, lange bevor sie im realen Leben eigentlich ausgereift ist. Dieser intellektuelle Ansatz im Songwriting wird getragen von Sharps reduzierter (Blues-) Gitarre und seinem souligen Timbre, das sich auch schon mal ins Falsett erhebt, wie etwa in »Sun Is Rising«. Roberts zeichnet derweil für den warmen, groovigen Unterbau aus hypnotischen Loops und knisternden, trickreichen Beats verantwortlich. Das erinnert vom Klangbild manchmal an die wunderbaren


Moderat oder auch an S O H N. Selbst notorische Skeptiker, die von Hause aus keinen Zugang zu elektronischer Dance-Music haben, müssen sich davon angesprochen fühlen. Kann man einer Band ein noch größeres Kompliment machen? Es bleibt weiterhin spannend auf der Insel. Thorsten Streck

sind, ist essenzieller Teil des Konzepts. Dass Pearson sich aber zu sehr in der Überzeichnung verliert, bricht dem Album das Genick. Während »A Love Song (You Set Me Straight)« noch sein Können als Songwriter klar erkennen lässt und »Loved Straight To Hell« beinahe schon an die Wucht seines Lift-To-Experience-Projekts heranreicht, hätte der ganze satirische Cowboy-Kokolores, der den Bärenteil der Platte ausmacht, an einem siebenten Tag vielleicht doch noch überdacht werden sollen. Sebastian Jegorow

DE IN FO @B UB AC K. TI CK ET S: EC HO .D E BU BA CK .E VE NT

BU BA CK .D E OP BU BA CK .D E/ SH NZ ER TE KO E/ .D CK BU BA

Palace Winter Nowadays Tambourhinoceros / Indigo / VÖ 04.05.18

Auch manche Dänen scheinen gerne The War On Drugs zu hören. Mit dem Americana ihres zweiten Albums holen Palace Winter langsam den Abstand zu dieser Band der Stunde auf. Wer sich im Kopf gerne musikgeografische Stereotype bildet, würde wahrscheinlich behaupten: Dänemark hat mit Americana ungefähr so viel zu tun wie Neil Young mit Neil deGrasse Tyson. Dem Sonnenuntergang mit dem Wind im Haar entgegencruisen geht auf den Highways eben doch besser als auf der Öresundbrücke – Pech gehabt, Palace Winter! Dennoch trifft das in Kopenhagen ansässige Duo, bestehend aus Carl Coleman und Caspar Hesselager, mit seinen weiten Synthie-Flächen und unaufdringlichen Klavier- und Gitarrenmelodien direkt den Punkt im Kleinhirn, der für Sehnsucht und Freiheitsdrang zuständig ist. Aber selbst wenn sich der Anteil analoger Instrumente im Vergleich zum viel gelobten Vorgänger »Waiting For The World To Turn« abermals erhöht hat, hinkt angesichts solch beeindruckend glasklar produzierter Songs wie »The Ballroom« der Vergleich mit den USIndie-Psych-Fürsten doch sehr. Von Adam Granduciels Kritikerlieblingen unterscheidet Palace Winter außerdem noch ein gewisses Einknicken der Spannungskurve durch das abschließende Schlaflied »Kenopsia« und die stets angenehm häppchengerechte Songlänge. Klar: Über die Öresundbrücke zu cruisen geht eben doch recht fix. Jan Martens

Josh T. Pearson The Straight Hits!

Perel Hermetica DFA / PIAS / Rough Trade

Annegret »Perel« Fiedler liefert ab. Dixon ist Fan, DFA auch. Was steht dann noch im Weg bis zur Welteroberung? Meist findet in der Popkritik der Umstand wenig Beachtung, dass selbst die lebensbejahendste Dance-Musik häufig von ihren melancholischen Melodien lebt. Die totale Glückseligkeit geht Hand in Hand mit dem Unwohlsein im Sonst des Lebens. Auch bei einem House-Power-Puff-Girl wie Perel ist das so. Die Wahl-Berlinerin bringt auf »Hermetica«, ihrem LP-Debüt, Höhen und Tiefen eng zusammen. Das konnte man auch schon auf den drei vorangegangenen EPs begutachten, auf Albumlänge nimmt es nun aber einen recht reifen Rahmen an. Fast schon nüchtern und gekonnt arrangiert wirkt »Hermetica«. Das mag erst mal gar nicht passen; vor allem nicht, wenn man ein Instagram-Abo bei Perel bestellt hat. Auf diesem Kanal wird man nämlich mit jugendlichem Wahnsinn und Hipster-Verrücktheit zugeballert – alles sehr cool aufgemacht. Ein Klick lohnt sich immer. Das Album hingegen ist eine Ansammlung melancholischer Pop-Hits im House-Gewand, die eindeutig auch vom Hype um Austro- und Germano-Wave der letzten Jahre geprägt ist. DJs und Digger*innen haben gerade in den letzten Monaten immer wieder tanzbare Absurditäten und Skurriles aus den 1980ern hervorgekramt, die einen ganz eigenen Twist zum englischen Wave mit sich brachten und die gute Seite der NDW ausmachten. In dieser Tradition darf man Songs wie »Si«, »Alles« oder auch »Die Dimension« sehen. Herumschwirrende Synthie-Hooks, stabile Bassläufe und Perels naiv-sexy Gesang sind die Zutaten, die »Hermetica« zum Hit-Album machen. Verschrobenes wie »PMS« oder »Signum Viridi« wiederum haben das Zeug zu modernen Klassikern. Was kann man da anderes tun, als viel Spaß zu wünschen? Lennart Itzler

Mute / PIAS / Rough Trade

D ​ er Songwriter Josh T. Pearson kehrt nach dem emotional aufreibenden Vorgänger nun ganz in Weiß mit einem an sechs Tagen entstandenen Schnellschuss zurück. Pearsons letztes Werk, auf dem er voller Pathos in langen Folk-Songs von Liebe und Verderben sang, hat Gemüter gespalten wie Axt das Holz. Entweder man kotzte im Strahl oder strahlte gerührt. Zwischen Epos und emotional aufgeblasenem Quatsch war da kein Zwischenraum. Sein neues Album ist eine ganz andere Geschichte: Bart weg, in Weiß gekleidet, Band angeschafft, und von nun an wird die Welt mit Hits zugeschüttet. In drei Tagen nach einem selbst proklamierten Fünf-Punkte-Dogma geschrieben und in drei Tagen aufgenommen, entpuppt sich Pearsons »The Straight Hits!« als ein Konzeptalbum, für das der Songwriter das Alter Ego des weißen Hit-Schreibers kreiert hat. Dass die Stücke um einiges sparsamer an Gefühlsausbrüchen

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BLUMFELDHEN (AUSVERKAUFT)

Pish Pish Bergen Mafia / Rough Trade / VÖ 04.05.18

Pål Vindenes lässt seinen Job als Sänger bei Kakkmaddafakka für sein verträumtes Soloprojekt Pish ruhen. Trotz Alleingang scheint der typische Sound der norwegischen Exportband Nummer eins weiterhin federführend. Moon Man, Space, Big P oder eben auch Pish, der Kakkmaddafakka-Frontmann Pål Vindenes hat viele Spitznamen und Letzteren jetzt zum Titel seines Solodebüts gemacht.

C 23.05._MÜN NGEN 24.05._ERLA RNDORF O H SC _ 25.05. FT) (AUSVERKAU 26.05._KÖLN FELD 27.05._BIELE BURG R A M _ 5. .0 29 NOVER 30.05._HAN AUFT) EN (AUSVERK EM R B _ 5. 3 1.0 FT) AU RK ZIG (AUSVE 0 1.06._LEIP T R NKFU 0 2.06._FRA G 6._DUISBUR .0 24 6. .0 22 AT. RN TE IN BURG 26 .08._HAM AGEL PN

STIVAL KAM

SOMMERFE

22

.09._BERLIN


Schwer zu glauben, dass der Norweger bei dem vollgepackten Tour-Terminkalender seiner Band und deren schweißtreibenden Abrisskonzerten überhaupt noch Zeit und Muße für eine eigene musikalische Reise findet. Vielleicht ist »Pish« genau deshalb grundsätzlich von einem stetigen KakkmaddafakkaEinfluss durchzogen. Trotz der grundlegenden Gemeinsamkeit, die darin besteht, dass sich Pish auch solo ganz dem gitarrenlastigen Indie-Pop verschrieben hat, verabschiedet sich die Platte ohne zu zögern von der Indie-Party-PlaylistTauglichkeit und liefert stattdessen den Soundtrack zum melancholischen Tagträumen. Musikalisch setzt Pish auf weiche, leichtfüßige Synthies und sanfte Surf-Pop-Gitarren. Das warme, bewusst antriebslos gehaltene Album fängt auf elegante und charmante Weise eine entspannte mediterrane Urlaubsstimmung ein. Ähnlich, wie wir es gerade in den langen Siesta-Sequenzen des Films »Call Me By Your Name« auf der Leinwand spüren konnten. Auch wenn Pål Vindenes diese Stimmung allein mit der Hilfe von Produzent und Young-Dreams-Sänger Matias Tellez auf sein Debüt gebracht hat, wurde dieses natürlich trotzdem vom KakkmaddafakkaKollegium abgesegnet. Schließlich erscheint die Platte beim »Hus«-eigenen Label Bergen Mafia. Solange die Norweger nichts anderes verbrechen als unbeschwerten FeelgoodIndie-Pop, gibt es zwar nichts zu meckern, aber eben auch keine Lobesergüsse. Miriam Fendt

21.07.18 LINGEN

zufolge werden von der dynamischen Produktion Hörprozesse in Gang gesetzt, an deren Ende das Ausheben neuer Emotionen steht. Einfach ausgedrückt: Der Typ hat noch mehr Effekte und noch mehr Spuren zusammengepackt, seinen Sound satter und tiefer gestaltet, dabei aber ein gewisses Understatement gewahrt. Das ist kein leichtfertiges Versprechen – kann man aber guten Gewissens so stehen lassen. »Persona« macht alles richtig, was schon 2015 auf »Howl« für Gänsehautmomente sorgte. Ineinandergreifende Texturen vom Kaliber eines »Phantom Grip« hört man im gegenwärtigen IDM-Sektor nicht alle Tage, während »I Think So« dank funkelnder Melodiebögen das Bedürfnis nach elektronischen Glückserlebnissen ähnlich zu stillen vermag wie »Dreamer’s Wake« mit seinem träge, fast schon traurig raunenden Tenor. Den Tracks mangelt es dabei weder an tonaler Ausdruckskraft noch an stimmungsvollen Atmosphären. Auf der Höhe seines Schaffens projiziert Ryan Lee West dann noch den entrückend räumlichen Techno von »Hidden« in brillanten Farben aufs Trommelfell und beschließt mit einem zarten »Fragment« sein bis dato bestes Album. Nils Schlechtriemen

Josh Rouse Love In The Modern Age Yep Roc / H’art

Prada Meinhoff Prada Meinhoff

Foto: Pascal Bünning

Freudenhaus / Rough Trade

03.11.18 LINGEN

FRANK turner & the sleeping souls

Der minimale Electro-Punk-Pop von Prada Meinhoff feiert den maximalen Luxus der Rebellion: Krawall trifft auf Kühle und Widerspruch auf Tanzwut. Hätten Ideal und DAF zusammen ein Kind gezeugt, hätten sie es wohl Prada Meinhoff genannt. Das Standesamt hätte den Namen abgelehnt, doch ist das entscheidend? Wer mit solch einem gegensätzlichen Begriffspaar als Namen durchs Leben spaziert, pfeift doch auf Behörden. Andererseits: Die 1980er sind vorbei, die RAF ist längst Teil der Popkultur, und Luxusmarken schmücken sich liebend gerne mit früheren Rebellen. Der Band-Name Prada Meinhoff ist also nicht mehr Provokation, sondern Pose. Doch gerade dadurch nimmt das Duo wiederum eine Haltung ein, wenn es die elf Tracks auf dem Album mit schnoddrigen und scharf gefassten EinWort-Labels betitelt: »Brand«, »Maske«, »Krieg«, »Cocktail«, »Express« oder tatsächlich auch »Eisbär« – natürlich eine Coverversion der schrägen Minimalisten Grauzone, deren Unterkühltheit sowieso oft in den Songs von Prada Meinhoff wiederzufinden ist. Doch dann rappt Chrissy Nichols mal unbekümmert wie Räuberhöhle los, ein anderes Mal rotzt René Riewer musikalisch etwas wie die sträflich unterschätzten Bärchen Und Die Milchbubis dahin, und auf »Komplizen« werden verschwörerisch Joy Division gegrüßt. Natürlich plündern Prada Meinhoff damit den kompletten Retro-Laden, aber mit ihrer Beute feiern sie einfach eine verdammt gute Party. Kerstin Kratochwill

Der Singer/Songwriter mit der Karamellstimme hat seine Gitarre gegen einen Synthesizer eingetauscht. Klingt dramatischer, als es ist, zeigt die Umschulung doch, dass gute Songs nicht von Instrumenten abhängig sind. Nach der ausgiebigen Tour zu seinem letzten, immerhin auch schon wieder elften Album »The Embers Of Time« war Josh Rouse nicht nur nach einer Pause, sondern auch nach einem Tapetenwechsel zumute. »Love In The Modern Age« ist nicht der Versuch, sich vom Songwritertum zu distanzieren, sondern eher eine souverän gemeisterte Herausforderung, um mit einem klanglich etwas verschobenen Ansatz den gleichen heimeligen Effekt zu erzielen, für den Josh Rouse bei Kennern geliebt wird. Als Einfluss dienten nicht nur die synthetischeren Alben von Leonard Cohen, sondern auch die Reisen zwischen seinen beiden Heimatorten Spanien und Nashville. Gitarren spielen hier tatsächlich eine Nebenrolle, die synthetischen Klänge betten sich in stoisches Bass- und Schlagzeugspiel und eine Fülle von charmanten Melodien. Der Bogen zum Disco-Pop der 1980er ist tatsächlich nicht allzu weit, vergessene Synthie-Presets und sogar ein jaulendes Saxofon finden ihren halbironischen Einsatz, dem jedoch stets die Songidee vorangestellt ist. »Love In...« ist das vielleicht folkigste Synthie-Pop-Album des Jahres, voller Ohrwürmer und erfüllt von einer sehr entspannenden Bescheidenheit. Klaas Tigchelaar

Cosmo Sheldrake The Much Much How How And I Transgressive / PIAS / Rough Trade

Rival Consoles Persona Erased Tapes / Indigo

10.11.18 LINGEN Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen, unter der Ticket-Hotline 0591 912950 oder 0591 9144144 sowie auf www.eventim.de und www.emslandarena.com

Der Synthesizer als Dolmetscher unerkannter Gefühle: Ryan Lee West möchte mit dem neuen Rival-ConsolesAlbum das Soundspektrum seiner Produktionen umgraben. Tatsächlich ist ihm das auf ganzer Linie gelungen. Beflügelt durch eine Szene in Ingmar Bergmans surrealem Existenzialismus-Drama »Persona«, erhielt der jüngste Output von Rival Consoles seinen Namen und seine inhaltliche Ausrichtung entsprechend der im Film thematisierten Dissonanz zwischen Selbstwahrnehmung und dem Bild, das die Welt von uns hat. Auch das Cover versucht dahingehend eine Zweiteilung deutlich zu machen, die zwar keinerlei tiefer gehende Bedeutung für den Klang dieser Scheibe birgt, wohl aber für ihren abstrakten Kern, ihre Mythologie. Dieser

Die Idee des verrückten Wissenschaftlers scheint bei dem Multiinstrumentalisten aus London gar nicht weit hergeholt. Seine bunte Folk-Kirmes sprüht vor Eingebungen, dem Wahnsinn mitunter näher als der Normalität. Die EP »Pelicans We« aus dem Jahr 2015 gab schon einmal einen Vorgeschmack darauf, was aus einem mittlerweile 27-jährigen Autodidakten an Kreativität heraussprudeln kann. Cosmo Sheldrake, Sohn des Wissenschaftlers und Autors Rupert Sheldrake, hat sich über 30 Instrumente (Gitarre, Schlagzeug, Bass, Banjo, aber auch Tin Whistle, Sousafon und Akkordeon) selbst beigebracht und setzt sie auf diesem Debüt auch ohne jegliche Scheu ein. Ein widerspenstigkünstlerisches Kirmes-Inferno aus Geräuschen, Stimmen, akustischen und elektronischen Melodiebögen, Rhythmen und Stimmungswechseln, das sich durch 14 Titel zieht. Vereinzelt fühlt man sich an das erste Album von The Coral aus dem Jahr 2002 erinnert, hin und wieder vielleicht auch


#Review an die letzten Handgriffe der Beatles für ihr Album »Abbey Road« aus dem Jahr 1969. Doch Sheldrake schießt mit seinen Collagen stets weit über die Grenzen der Popmusik hinaus und scheut konkrete musikalische Statements. Die pompösen Arrangements und ständig wechselnden Instrumente lassen die Frage aufkommen, ob das nun schlichtweg ironische Musikalität oder doch nur manischer Kunstquatsch ist. Klaas Tigchelaar

Spanish Love Songs Schmaltz Uncle M / Cargo

Besser hätten Spanish Love Songs ihre zweite Platte nicht benennen können. Mit ordentlich »Schmaltz« hauen die Kalifornier mal eben die Punk-Platte des Jahre raus. Vielleicht hätte sich die Band aus Los Angeles einen Namen aussuchen sollen, der sie bei Suchmaschinen schneller ausspuckt und mit dem man sich nicht erst durch Dutzende Videos der Gypsy Kings oder von Ricky Martin kämpfen muss. Denn allerspätestens »Schmaltz« sollte jeder gehört haben, der sich auch nur im Entferntesten für melodischen Punkrock interessiert. Das zweite Werk der Band, die sich selbst als »Grouch Punks« bezeichnet, ist ein ziemlich großer Wurf. Das beginnt bei wunderbaren Songtiteln wie »El Nino Considers His Failures« oder »The Boy Considers His Haircut« und Texten, die sich oft mit Verlusten und einem positiven Weg, damit umzugehen, beschäftigen. Und es endet darin, dass eben nicht nur die Titel einfach Spaß machen. Liebevoll, rumpelnd, mit leicht knödelndem Gesang und eben auch mit ordentlich Schmal(t)z liefern Spanish Love Songs zehn wirklich große Punk-Songs ab, die sich in jedem Moment mit aktuellen Szenegrößen wie The Menzingers oder Iron Chic messen lassen können. Eher visuell veranlagten Menschen sei dazu gesagt: Auch die Videos sind ein ziemlicher Kracher. David Winter

Speedy Ortiz Tweep Verse Carpark / Indigo

Nicht jedes Riot Grrrl braucht einen Holzhammer. Speedy Ortiz’ Indie-Rock verpackt seine Aussagen in Wortwitz und übergießt sie mit ganz viel Zuckerguss.

Eintritt fre

Es gibt Mädchen, die sich besonders energisch gegen aufgedrängte Geschlechter-Klischees wehren, sich das rosa Kleidchen vom Leib reißen, die Puppe die Action-Figuren des großen Bruders verprügeln lassen. Speedy Ortiz klingen, als wäre dies ihrer Sängerin und Songschreiberin Sadie Depuis nicht nur ein Mal passiert. Auf der einen Seite erzeugen ihre bissigen, gegen mangelnde Chancengleichheit in der Musikindustrie und übergriffige Männerbekanntschaften gerichteten Texte, die noch mehr als durch ihre Schärfe durch ihren Wortwitz funktionieren, diesen Eindruck, auf der anderen die typische Songstruktur ihrer Band, in der zuckriger Power-Pop immer wieder von kratzigen Gitarrenriffs und gelegentlichem Noise und Punk geschreddert wird. Wäre »Tweep Verse«, auf dem das Quartett aus Massachusetts diesen giftig-süßen Mix im dritten Anlauf perfektioniert, bereits Mitte der 1990er erschienen, hätte es wohl sogar Sleater-Kinney zu einer Randnotiz der Indie-Rock-Geschichte deklassieren können. Im zweiten Jahr nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl jedoch, deren Implikationen auch das Songwriting von »Tweep Verse« beeinflussten, sollte es Speedy Ortiz zur Speerspitze des modernen Riot-Grrrl-Revivals machen können, das verstanden hat, dass ein eingängiger Rocksong oft mehr erreichen kann als eintausend Hashtags und Plakate. Jan Martens

St. Michael Front End Of Ahriman Staatsakt / Caroline / Universal

Nach der Lehre von Rudolf Steiner – ja, dem Waldorfschulen-Steiner – befinden wir uns noch eine Weile unter der Herrschaft des Erzengels Michael. Der kann diese Platte in seinem Namen also sicher wegstecken. Schade, dass sich das Hamburger Duo vor dem deutschen, crazy katholisch-faschistisch anmutenden Namen »Michaelisfront« drückte und die für sich erfundene Bewegung stattdessen auf Englisch St. Michael Front nennt! Wobei das Spirituelle und Okkulte seine ambivalente bis eklige Wirkung in dessen Musik sowieso nie so entfaltet, wie es bei den erklärten Vorbildern The Who oder Throbbing Gristle der Fall war. Da kann das Album noch so lange zoroastrisch mit dem Ende der Zerstörung liebäugeln – es wirkt immer etwas dünn, ausgedacht, null intensiv und gerade darum nicht einmal auf irgendeine Weise geil campy. Die Musik dazu klingt wie ein Best-of des Dark Wave, als hätten sich die düsteren Sounds aller 1980er-Synthies noch mal zusammengetan und mit einem Humor verklebt, der respektabel um seine Schwärze ringt. Am Ende haben St. Michael Front ihre Arrangements einfach nur noch mit viel Hall überdeckt. Dabei wissen vor allem die Melodien zu überzeugen, hier entwickelt dieses Debüt einen Sog und macht in seinem 1980er-Evergreen-Fluss

zeitweise richtig Spaß. Atmosphärisch hat diese Front aber doch allzu viele offene Flanken. Steffen Greiner

Staring Girl In einem Bild Kombüse Schallerzeugnisse / Broken Silence

Das Ankommen bei sich bedingt einen langen Weg voll stiller Hoffnung, Angst und Lethargie. Staring Girl erzählen davon in zwölf wunderbar eindringlichen Songs. Staring Girl sind wieder da – was zugegebenermaßen zunächst nur für wenige sensationell ist. Die Hamburger kommen seit 2012 auf ein Album und ein paar SamplerBeiträge auf Gisbert zu Knyphausens Omaha-Label, ohne damit größere Bekanntheit über Liebhaber-Kreise hinaus erlangt zu haben. Das scheint schon von daher ungerecht, weil Steffen Nibbe nicht nur ein guter Songwriter, sondern auch ein formidabler Texter mit der lyrischen Eleganz eines Niels Frevert ist. Verstärkt um drei Ex-Knyphausen-Bandmitglieder, malt Nibbe nun nicht nur (wie der Albumtitel suggeriert) ein Bild, sondern ganz viele und sehr illustre. Er erzählt von Lethargie und Angst, von Beobachtungen aus dem Busfenster, den Menschen, mit denen immer schwerer umzugehen ist, und dem Ankommen bei sich. Das klingt sehr reif, klug und nahbar, organisch und pur, warm und filigran, im Opener »Stolpern, taumeln und laufen« nach dengelndem SixtiesFolk und in »Vor meiner Tür«, einem der stärksten Stücke, sogar nach R.E.M. Staring Girl beweisen ihre Relevanz mit dieser Platte und verdienen es, gekannt und geliebt zu werden. Kristof Beuthner

Sonae I Started Wearing Black Monika / Morr / Indigo

Persönliche Erfahrungen von Liebeskummer bis hin zu politischer Ohnmacht haben dem Ambient-Electro auf Sonaes zweitem Album zum Leben verholfen. Sobald sich elektronische Musik auf menschliche Eigenschaften besinnt, bietet das Berliner Label Monika Enterprise diesem Ansatz auch unabhängig von der Genrezuschreibung Hauntology ein Zuhause – und damit Künstlerinnen wie Gudrun Gut, Barbara Morgenstern oder auch Sonae.

i!

Berlin

Hamburg

Mai, Juni, Juli, August · 18–20 Uhr · 3 Künstler à 30 Minuten We Invented Paris · Fuck Art, Let’s Dance ! · Antiheld · Saint Lu Karl die Grosse · Violetta Zironi · Finn · Onk Lou · Lukas Droese · u.v.a.

kesselhaus.net ·

/Kesselhausacoustics · Knusthamburg.de ·

/knustacoustics

115


KEIN FESTIVAL. WIE DU ES KENNST.

Philosophische Greifbarkeit bewies die Kölner Musikerin schon mit dem Titel ihres 2015 erschienenen Debütalbums »Far Away Is Right Around The Corner«. Der Prämisse, Elektronisches organisch anmuten zu lassen, folgten Songtitel wie »Gewitterspaziergang« oder »Hot Summerday«. Auf »I Started Wearing Black« sind die Titel nun abstrakter, die Botschaften aber nicht: »System Immanent Value Defect« ist von einer türkischen Pianistin und Gezi-Park-Aktivistin inspiriert – ein Song, dessen Störgeräusche wie eine Meeresbrandung wirken, bevor maschinelle Beats den Takt angeben. Die Auseinandersetzung mit der Welt erfolgt bei Sonae auf einer Ebene von Geräuschen vs. Geräuschlosigkeit. Immer wieder durchbrechen Knistern, Rascheln, Schaben und andere organische Effekte die wie von tickenden bis stampfenden Beats beschlagenen Industrial-Landschaften. Ein Pulsieren unter der Oberfläche wirkt genauso nach wie der einzig wüste Noise-Ausbruch auf »White Trash, Rouge Noir«. Klavierakkorde, Vogellaut-Samples oder Stakkato-Schreibmaschinenanschläge menscheln zwischen hintergründigem Rauschen und Störgeräuschen, die sich beim Titeltrack gar von einem mechanischen Stampfen zu Gewehrfeuersalven zu steigern scheinen. Ganz so, als verwandele Sonae Emotionen wie Melancholie, Kummer und Wut in Technoides. Ein Album, so vielseitig wie vielschichtig – zutiefst menschlich halt. Verena Reygers

Twin Shadow Caer Reprise / Warner

Alexis Taylor Beautiful Thing

KÖLN 26. MAI  2018

aus seinem Heimstudio in Roanoke: analog aufgenommen, gespeist durch viel Liebe für Details und Nostalgie. Abseits dieser leicht romantisierenden Story ist »Exotic Worlds & Masterful Treasures« zwar eigentlich nicht viel mehr als einige bekannte Timbres und Beat-Templates übereinandergelegt, doch dieser Sound macht genau das, was er soll: eincremen und durch den Gehörgang flutschen. Dafür muss man in Stimmung sein, sonst können die schwülstigen Vocals in »Need Your Body« oder »Tell Me Girl« schon mal bohrmaschinenartig die Großhirnrinde passieren, ohne dass Reaktionszeit bliebe. Wenn der Rausschmeißer »Tempt Me With Your Love« in den letzten Tönen hängt, fragt man sich daher schon: Hatten Take That nicht auch mal so einen Song? Nils Schlechtriemen

Domino / GoodToGo

Der Hot-Chip- und About-Group-Frontmann greift bei seinem vierten Soloalbum erstmals auf einen Produzenten zurück: Das Ergebnis kann sich hören lassen. Nachdem Alexis Taylor bei seinen drei vorherigen Soloplatten auf einen Produzenten verzichtet hatte, entschloss er sich für »Beautiful Thing« für eine Zusammenarbeit mit Tim Goldsworthy. Eine goldrichtige Entscheidung, denn Goldsworthy, seines Zeichens Ex-Unkle-Mitglied und Mitbegründer der Labels Mo’ Wax und DFA, trug mit ausgefeilten Arrangements deutlich zum Gelingen des Albums bei. Im Vordergrund der Platte steht jedoch Taylors intimes Songwriting, das »Beautiful Thing« einen überwiegend kontemplativen Charakter verleiht. Allerdings bricht der Londoner die zurückgenommene Stimmung des Albums immer wieder auf. So setzen Stücke wie der mit schmissigen Piano-Parts ausgestattete Titeltrack oder die infektiöse Single »Oh Baby« tanzbare Kontrapunkte zum grundsätzlich gefühlvollen Ton von »Beautiful Thing«. Folgerichtig verbinden sich Taylors Songwriting- und Goldworthys Produktionskünste zu einem hörenswerten Werk, dem nur das weniger inspirierte »There’s Nothing To Hide« Abzüge in der B-Note beschert. Dirk Hartmann

Twin Shadow sieht das Patriarchat auseinanderfallen und lässt sich deshalb auf seinem vierten Album von einem androgynen und atypischen Mann inspirieren: Prince. Allein schon »Bombs Away«, der erste Song auf »Caer«, ist in seiner Dramatik und seinem Pathos sehr von Prince inspiriert. Und dessen lila Faden zieht sich durch das ganze Album: Sowohl stimmlich als auch durch seinen Stakkato(Sprech-)Stil erinnert Twin Shadows »Caer« (spanisch für »sich fallen lassen«) sehr an den großen, 2016 verstorbenen Pop-Innovatoren. Weil Prince auch für seine vielen Kollaborationen mit Musikerinnen bekannt war, finden sich auf »Caer« gleich mehrere Zusammenarbeiten mit Frauen: Auf den Songs »Brace« und »Sympathy« wirkt die Soulsängerin Rainsford mit, der Track »Saturdays« ist ein Duett mit den Softrock-Schwestern Haim. Der Samstag ist für Twin Shadow dabei als Metapher für einen Seelenzustand zu sehen: An diesem Tag werden die Risse in den Gefühlen, in der Liebe und im Alltag sichtbar. Musikalisch fängt er diese Emotionen in minimalen und zarten Kompositionen ein, die auf Samples, Pianos und elektronischen Spielereien aufgebaut sind. Mit Bruchstellen im Leben und deren Wiederherstellung kennt sich der Synthie-Pop-Musiker aus, 2015 verunglückte sein Tour-Bus, und einige Crew-Mitglieder wurden schwer verletzt. Auch Twin Shadow selbst musste seine Hand chirurgisch rekonstruieren lassen. In diesem Sinn ist »Caer« auch als Wiederaufbau und Erneuerung zu sehen – oder auch als Geburt, womit wir wieder bei den Frauen wären. Kerstin Kratochwill

Ufo361 808 Stay High / Groove Attack

Stimulator Jones Exotic Worlds & Masterful Treasures Stones Throw / Groove Attack

Tickets unter zusammen-leuchten.de

Das hätte eigentlich nicht so gut funktionieren dürfen: Stimulator Jones nimmt im Alleingang ein R’n’B-Album auf, dem sahnig säuselnder Popappeal entweicht. Volle Kontrolle wollte Stimulator Jones, der bislang wirklich nur unter diesem Namen firmierte, über sein Debütalbum behalten. Deshalb spielte er kurzerhand alle Instrumente selbst ein, loopte und layerte wie ein Platin-Produzent aus den 1990ern in der Abgelegenheit der Appalachen butterweiche Beats unter seinen funky Schmalz-Pop und übernahm auch noch den Gesang. Selig wirken seine Ausbrüche vokaler Euphorie, wenn er etwa im Samstagnachmittags-Vibe von »Together« nach einer HipHop-affinen Variation von Michael Jackson und D’Angelo klingt oder bei »Soon Never Comes« regelrechten Boygroup-Charme auspackt – sofern es so was je gegeben hat. Natürlich ist das alles durch teure Produktionstechnik hochgejazzt und glanzpoliert, würde man denken. Doch Stimulator holt diesen Sound mit abgeranzten Geräten

Nach vier »Ich bin ein Berliner«-Ausgaben will Ufo361 mit »808« zeigen, dass »ohne ihn deutscher Rap verloren wäre«. Schade nur, dass er sonst nicht viel zu erzählen hat. Boom-Bap hörende und Rucksack tragende OldschoolRap-Fans werden dieses Album hassen. Der Berliner Rapper Ufo361 verbindet all das, was die alten Hasen an der neuen, deutschen HipHop-Szene stört: Auto-Tune, Drogen, MumbleRap und stupide Texte. Mit all diesen Aspekten konnte sich der moderne Rap-Fan zwar anfreunden, dennoch will »808«, der neueste Wurf aus dem Hause Stay High, nicht zünden. Bereits beim ersten Track »Ohne mich« werden sämtliche Themen des kompletten Albums aufgezählt: schlimme Vergangenheit, goldene Gegenwart, Kiffen, Balenciaga und Neider, die keinen Erfolg gönnen. Sonst passiert auf der kompletten LP thematisch nicht viel. Ufo rappt durchgängig so, als würde er ein bisschen weinen. Einzelne Highlights lassen sich in erster Linie bei Feature-Gästen wie Yung Hurn feststellen, der auf »Odio« zur Abwechslung aggressiv flowt, anstatt sich im Wirrwarr aus Kunst und Blödsinn zu verlieren. Ein weiteres Highlight sind die sehr durchdachten Beats. So wechselt die Stimmung im Lied, sorgt für Druck oder schickt den Hörer in ferne Galaxien. Ansonsten verkauft der Späti namens »808« nur warmes Bier: Zeilen, die man schon auf den vorherigen drei Alben hören konnte, deepe Tracks, deren Aussagen sich


#Review im selben Lied mehrmals wiederholen, eine sehr käsige »Keep it real«-Attitüde, die man Ufo auch nur bedingt abkauft, und lyrische Meisterleistungen wie »Wenn ich sterbe, ist es zu Ende«. Leider überzeugen abseits von Yung Hurn auch die anderen Gäste auf dem Album nur bedingt. Sowohl Trettmann als auch Gzuz hat man bereits versierter erlebt. Fans des Rappers kommen zwar auf ihre Kosten, doch selbst der trunkenste Codein-Hustler aus Kreuzberg muss sich eingestehen, dass dieses Ufo schon einmal schneller geflogen ist. Vielleicht sollte sich der Rapper beim nächsten Album etwas mehr Zeit lassen. Eventuell hat er dann mehr zu erzählen. Rami Eiserfey

Eingriffsmöglichkeit der Musiker sorgt dazu für eine große klangliche Vielfalt, die nie auf Kosten der Geschlossenheit des Albums geht. »No. 4« erzielt seine nahezu stoische Ruhe durch lang gehaltene Töne, klangliche Schichtungen und dadurch entstehende Schwebungen. Jedes Klangereignis hat Zeit, sich zu entwickeln, Pausen und Stille werden gezielt eingesetzt, um die jeweilige Stimmung zu verstärken. Andreas Brüning

went to the meadow. No walls, no ads, no black balloons.« Nach den schmeichelnden und stärkenden 40 Minuten dieses großartigen Albums fühlt man sich tatsächlich wie nach einem Wochenende im Grünen: erholt, geborgen und gestärkt, um die großen Probleme der Welt wieder in Angriff zu nehmen. Marius Wurth

We Are Scientists Megaplex Laura Veirs The Lookout Bella Union / PIAS / Rough Trade

Christina Vantzou No. 4 Kranky / Cargo

Mit ihrem vierten Album setzt die belgische Komponistin auf das kreative Potenzial eines gleichberechtigten und improvisierenden Ensembles. Auch mit ihrem vierten Album für das Label Kranky bewegt sich Christina Vantzou in ganz klassischen Strukturen von Neo Classical, Ambient und Drone, setzt dabei aber voll auf die Möglichkeiten eines gleichberechtigten Ensembles. Die belgische Komponistin arbeitet hier nämlich mit LabelKollegen wie Steve Hauschildt und John Also Bennett oder der Ex-Dirty-Projectors-Musikerin Angel Deradoorian zusammen. Vantzou bringt dabei zwar Pläne und Ideen für ihre Kompositionen ein, gibt den Musikern wie auch den technischen Assistenten aber jederzeit Raum für Improvisationen innerhalb des künstlerischen Prozesses. Sakral, dunkel, drohend und schwelgerisch klingen ihre minimalistischen Arbeiten, getragen von Klavier und Streichern in großen Hallräumen. Trotz des Instrumentariums aus Harfe, Vibrafon, Marimba, Synthesizern, Gongs und Glocken wirkt die Musik aber immer auf das Notwendigste reduziert und niemals überladen. Die

Braucht jemand einen musikalischen Zufluchtsort vor den täglichen Schrecken der Welt? Laura Veirs’ Folk-Pop könnte als solcher dienen. Alles schon tausendmal gehört: Umweltverschmutzung, Autokraten, Rechtsruck, Populismus, die Welt ist schlecht. Dass man dagegen ankämpfen muss, steht außer Frage und wird im linksorientierten Popkultur-Spektrum gefordert und vollzogen. Aber man kann nicht immer nur Agit-Pop, Punk und kämpferische Parolen auf sich einprügeln lassen. Selbst der härteste Kämpfer für bessere Verhältnisse braucht von Zeit zu Zeit eine starke Schulter. Und die findet man bei Laura Veirs. Die ist seit 20 Jahren im Musik-Business und mittlerweile eine Garantin für wunderschön einfachen Folk-Pop. Seit ihrem letzten Werk »Warp And Weft« sind fünf Jahre vergangen, in denen sie sich als Teil der großartigen Supergroup Case/Lang/Veirs und als Kollaborateurin für Sufjan Stevens’ »Carrie & Lowell« verdingte. Dieser zahlt das jetzt zurück und setzt auf »Watch Fire« direkt die Programmatik für das gesamte Album: »I’ll keep the watch, I’ll keep the watch fire.« Außerdem ziehen sich Natur-Allegorien durch die LP, was im Folk nichts Ungewöhnliches darstellt. Hier dienen sie jedoch nicht als plumpe Naturromantik, sondern eher als Kraft spendender Rückzugsort, wie in »The Meadow«: »We

Grönland / Rough Trade

Als Mitschwimmer auf der Indie-Welle der 2010er relevant zu bleiben ist keine leichte Aufgabe. We Are Scientists schaffen es, sich ihre Existenzberechtigung zu erhalten. Mal ehrlich: Im Kader jener Bands, die 2006 die Playlisten eines jeden Indie-DJs inflationär aufbliesen, saßen We Are Scientists höchstens auf der Ersatzbank, Genre-Kollegen wie Bloc Party oder Franz Ferdinand beim Erspielen von Ruhm und Erfolg zusehend. Knapp zwölf Jahre später immer noch munter und abseits aller Trends halb gefüllte Clubs und Low-Budget-Festivals zu bespielen ist schon eine Leistung an sich. We Are Scientists schaffen es darüber hinaus, sich selbst treu zu bleiben, sprich: auf jedem Album ein paar wenige fiese Ohrwürmer mit etwas Beiwerk zu polstern. Die heißen nun »Your Heart Has Changed« und »Now Or Never« und sind bezeichnenderweise nicht die Stücke, die sich an modernen Synthie-Pop anbiedern, sondern jene, deren groovende, maximal verzerrte Gitarren auch auf dem Debüt der New Yorker ihren Platz gefunden hätten. Trotz einer solchen Inselbegabung bezeichnen sich Keith Murray und Chris Cain in Interviews zu »Megaplex« als brillante Songwriter, die theoretisch ja bereits Pavement und Velvet Underground übertroffen haben müssten, weil die es nie zu einem sechsten Album gebracht hätten. Manchmal enthalten eben auch die selbstironischsten Aussagen ein Körnchen Wahrheit. Jan Martens

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#Intro empfiehlt

Louis Berry

Car Seat Headrest

DMA’s

First Hate

»Welcome to the world of Liverpool’s finest« – an Selbstbewusstsein mangelt es Louis Berry nicht. Er hasst Charts-Musik, Vergleiche mit Alex Turner und Jake Bugg und will der größte Künstler des Planeten werden. Sein von Rockabilly infizierter Sound strotzt dementsprechend nur so vor Energie und Tatendrang.

Zwölf Alben hat Car Seat Headrest veröffentlicht, bis sich endlich ein Label seiner annahm. Die Arbeit hat sich gelohnt, seine Gefolgschaft ist riesig. Kürzlich erschien eine Neuauflage von »Twin Fantasy«, einem Album aus dem Jahr 2011. Der Lo-Fi-Sound von damals ist darauf einer besseren, druckvolleren Produktion gewichen.

Sie waren schon immer schwer einzuordnen, die ehemals britpoppigen Australier, die sich anschicken, zur australischen Antwort auf Oasis zu avancieren. Auf ihrem neuen Album hat die Band den Britpop-Anteil zurückgedrängt, stattdessen gibt’s erwachsenere Songs, die deutlich mehr in Richtung Indie-Rock gehen.

Obwohl der Titel ihres neuen Albums »A Prayer For The Unemployed« lautet, haben die Kopenhagener derzeit keine Probleme mit zu wenig Arbeit. In Dänemark sind sie längst eine große Nummer, nun starten First Hate hierzulande durch. Ihr eingängiger, oft düsterer Synthie-Pop fordert uns im Mai zum Tanz auf.

— 15.05. Köln — 16.05. Hamburg — 18.05. Berlin — 19.05. München

— 29.05. Köln — 30.05. Hamburg — 31.05. Berlin

— 14.05. Hamburg — 15.05. Berlin — 16.05. Köln

— 17.05. Frankfurt a. M. — 18.05. Hamburg — 20.05. München

Jungle

Kreisky

INTRO EMPFIEHLT Heute weiß man, wer hinter dem Namen Jungle steckt: J & T, die die Band 2013 gründeten und live um fünf Musiker erweiterten, zogen es anfangs vor, anonym zu bleiben, was den Hype um ihren großartigen Zusammenschluss nur vergrößerte. Wer sich von ihrem Können überzeugen will, darf ihre Auftritte nicht verpassen.

Für alle von uns empfohlenen Touren verlosen wir jeweils 3×2 Tickets. Mail an tickets@intro.de Mehr Tour-Präsentationen unter intro.de/termine #intro empfiehlt

Mit ihrem neuen, fünften Album »Blitz« zeigen Kreisky, dass sie Wanda und Bilderbuch qualitativ in nichts nachstehen. Im Vergleich zu ihren österreichischen Landsleuten sind die Wiener schärfer und beißender, büßen dabei aber nichts an Charme ein. — 07.05. München — 09.05. Hamburg — 10.05. Berlin — 11.05. Köln — 12.05. Stuttgart — Geht weiter!

— 16.05. Berlin — 17.05. Köln

Little Simz

Dennis Lloyd

Morcheeba

Spätestens, als sich Kendrick Lamar und Jay-Z als Fans der Londonerin outeten, war Little Simz kein Geheimtipp mehr. Nachdem sie 2017 im Vorprogramm der Gorillaz ausverkaufte Hallen bespielte, ist die junge Rapperin und LabelInhaberin im Mai auf Solo-Tour.

Er habe nicht einmal Spotify, sagt er und bekam deshalb erst mal nichts von den 24 Millionen Aufrufen seines Songs »Nevermind« mit. Andererseits scheint Dennis Lloyd aber auch nichts dem Zufall zu überlassen, wie aktuell sein großer Erfolg zeigt.

Inzwischen sollte jeder wissen, dass Morcheeba zur ersten Garde des Trip-Hop gehören. Ihre Markenzeichen sind die Stimme von Skye Edwards und ihre psychedelischen Gitarrenriffs, die 23 Jahre nach Bandgründung noch immer unvergleichlich klingen.

— 08.05. München — 12.05. Berlin — 15.05. Hamburg

— 16.05. Berlin — 17.05. Hamburg — 19.05. München

— 08.05. Hamburg — 09.05. Frankfurt a. M. — 10.05. München

Rolling Blackouts Coastal Fever

Ein bisschen australische Leichtigkeit gefällig? Rolling Blackouts Coastal Fever haben ihre Lektionen in der Indie-Schule gelernt. Fluffige Gitarren, eingängige Melodien und Texte mit der richtigen Dosis Augenzwinkern machen ihre Musik zu einem sommerlich leichten Vergnügen. — 28.05. Hamburg — 29.05. Berlin


#Intro empfiehlt

Isaac Gracie

Ben Howard

Nach seinen überragenden ersten EPs wurde Isaac Gracie quasi über Nacht zu einer großen Nummer, was er prompt in seinem nächsten Hit »Terrified« verarbeitete. Mit neuen, hitverdächtigen Songs kommt der Singer/Songwriter nun auch in Deutschland auf Tour.

Wenn man nur »Keep Your Head Up« hört, könnte man meinen, Ben Howard sei ein fröhlicher Geist. Hinter dieser Fassade steckt jedoch ein nachdenklicher Singer/ Songwriter, der auch düstere Töne anschlagen kann. Vor allem seine Stimme lässt den »britischen Jack Johnson« aus der Masse hervorstechen.

— 04.05. Köln — 05.05. München — 08.05. Berlin — 11.05. Münster — 12.05. Hamburg

— 01.06. Köln — 06.06. Berlin

Ciaran Lavery

LCD Soundsystem

Vergleiche mit anderen britischen Rotschöpfen mögen sich aufdrängen – Ciaran Lavery bewahrt sich aber seine Einzigartigkeit. In seiner Heimat Irland hat er sich bereits eine große Fangemeinde erspielt. Nun begibt er sich auf seine bisher größte Tour.

Der Multiinstrumentalist James Murphy hatte bereits 2010 angekündigt, dass sich sein LCD Soundsystem zur Ruhe setzen würde. Zum Glück machte er diese Entscheidung fünf Jahre später wieder rückgängig und die Fans seines einzigartigen Dance-Punks damit sehr glücklich.

— 08.05. Köln — 10.05. Hamburg — 13.05. Berlin — 17.05. Mainz

Shame

DEATH FROM ABOVE

— 30.05. Berlin

plus special guest

Tamino

09.06. HANNOVER 13.06. ESSEN

Weil so viele Bands im Laufe ihrer Karrieren von ihrem Weg der rebellischen Jungrocker abgekommen sind, spenden uns nun Shame Trost. Ihr Debütalbum »Songs Of Praise« ist eine Explosion von wütendem Postpunk, der durch eine Prise Pop aufgelockert wird.

Wer den perfekten Soundtrack für einen gemütlichen Rotweinabend sucht, wird bei Tamino fündig. Mit kühnem Feingefühl geben seine fünf ersten Songs einen intimen Einblick in seine Gedankenwelt und legen außerdem seinen beeindruckenden Stimmumfang dar.

— 09.05. München — 21.05. Köln — 23.05. Hamburg — 25.05. Berlin

— 07.05. Hamburg — 08.05. Berlin — 09.05. Rees-Haldern

29.08. HAMBURG

04.11. HAMBURG 02.11. KÖLN 08.11. MÜNCHEN 03.11. BERLIN 09.11. FRANKFURT

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#Termine

TOURDATEN Empfohlen von Intro

After­ partees

19.05. Beverungen 20.05. München 21.05. Hamburg 22.05. Berlin 24.05. Nürnberg 25.05. Langenberg

Ahzumjot

03.05. Würzburg 04.05. Berlin 05.05. Leipzig 06.05. Dresden 08.05. Hannover 10.05. München 11.05. Stuttgart 12.05. Frankfurt 13.05. Köln

Akua Naru

19.05. Eichstätt 20.05. Bremen 21.05. Berlin 22.05. Hamburg

Amenra Mit Myrkur

02.05. Hamburg 03.05. Frankfurt a. M. 04.05. Köln 05.05. Saarbrücken 06.05. München 07.05. Bochum

American Nightmare 02.05. Köln 03.05. Berlin

And The Golden Choir 30.04. Reutlingen

Anna Burch

11.05. Dortmund 12.05. Offenbach 13.05. Berlin 14.05. München

Anna Depenbusch 10.05. Fulda 11.05. Mannheim 12.05. Karlsruhe 14.05. Berlin 28.05. Meinersen

Arctic Monkeys 22.-23.05. Berlin

Arms And Sleepers

04.05. Viechtach 11.05. Nürnberg 12.05. München 13.05. Dresden 15.05. Leipzig 16.05. Wiesbaden 17.05. Oberhausen 18.05. Berlin 23.05. Köln 27.05. Landau Empfohlen von Intro

A Tale Of Golden Keys 17.05. Reutlingen 19.05. München

Baxter Dury 15.05. Berlin

Bayonne

Calum Scott Mit Daniel Docherty 02.05. Berlin 03.05. Köln

24.05. Berlin 26.05. Darmstadt

Cancer Bats

Bayuk

Carnival Youth

03.05. Köln

15.05. Berlin 23.05. Köln 24.05. Chemnitz

05.05. Hannover 06.05. Köln 07.05. Stuttgart

Beginner

Caspian

09.05. Fulda 10.05. Karlsruhe 11.05. München 12.05. Krefeld 14.05. Flensburg 15.05. Koblenz 16.05. Göttingen 17.05. Aurich Empfohlen von Intro

Bender & Schillinger 11.05. Saarbrücken 12.05. Würzburg 17.05. Nürnberg 18.05. München 20.05. Regensburg

Ben Folds Mit Matt Holubowski

16.05. Hamburg 17.05. Berlin

Bernd Begemann 30.04. Bremen 02.05. Köln 03.05. Paderborn 04.05. Bad Muskau 05.05. Leipzig 06.-07.05. Hamburg

Bilderbuch

30.04. Bremen

Black Lips

02.05. Wiesbaden 03.05. Köln

Blackout Problems 18.05. Köln 19.05. Hamburg 21.05. Berlin 24.05. München Geht weiter!

Blumfeld

23.05. München 24.05. Erlangen 25.05. Schorndorf 26.05. Köln 27.05. Bielefeld 29.05. Marburg 30.05. Hannover 31.05. Bremen

Boiband

19.05. München

Bonobo

26.05. Berlin Geht weiter!

Bullet

03.05. Berlin 04.05. Leipzig 05.05. Markneukirchen 06.05. Bochum 17.05. Siegburg 19.05. Mannheim 23.05. München 24.05. Nürnberg 25.05. Kassel 26.05. Osnabrück 27.05. Hamburg

04.05. Köln 14.05. München 15.05. Wiesbaden 16.05. Dresden 17.05. Hamburg 18.05. Berlin

Cass.

16.05. Berlin

Cavern Of Anti-Matter 20.05. Berlin

Christian Steiffen 04.05. Nürnberg 05.05. Kaiserslautern 16.05. Bielefeld 17.05. Leer 19.05. Münster Geht weiter!

Christopher Paul Stelling

03.05. Berlin 04.05. Witten 05.05. Schwerin 23.05. Stuttgart 26.05. Duisburg 28.05. Recklinghausen

Chromeo

28.05. Berlin

Cedric

02.05. Chemnitz 03.05. Ulm 05.05. Stuttgart

Cigarettes After Sex 15.05. A-Wien 16.05. Berlin 19.05. Hamburg

Cinema Cinema 19.05. A-Wien 22.05. Duisburg 23.05. Berlin

City Calm Down 26.05. Hamburg 28.05. Berlin

Clara Luzia

30.04. Leipzig 01.05. Hamburg 02.05. Berlin 04.05. Nürnberg 05.05. Traunstein 23.05. A-Wien

Das Paradies

02.05. München 04.05. Freiburg 16.05. Nürnberg 17.05. Reutlingen 18.05. Mainz

Decibelles

27.05. Leipzig 28.05. Frankfurt a. M.

Digitalism

17.05. Berlin 20.05. Stuttgart

Diplo

30.04. Köln 01.05. Berlin

Don Broco

27.05. Frankfurt a. M. 28.05. Köln 31.05. München

Dotan Mit Lucy Rose 22.05. Berlin

Durand Jones & The Indications 07.05. Berlin 08.05. Köln

DYLYN

19.05. Leipzig 20.05. Berlin 21.05. Hannover 22.05. Köln 23.05. München 24.05. Mannheim 25.05. Rees-Haldern 27.05. Hamburg

EDEN

06.05. Hamburg 07.05. Berlin

Eivør

01.05. Dresden 02.05. Berlin 03.05. Erfurt 04.05. Dortmund 05.05. Köln 06.05. Worpswede

Eldoradio

20.05. Flensburg 23.05. Köln 24.05. Mittweida 25.05. Gießen 26.05. Hamburg

Elisa

09.05. München 10.05. Berlin 11.05. Köln

Emil Bulls

03.05. Cham 04.05. Mannheim 05.05. Münster

Erdmöbel

02.05. Wiesbaden 03.05. München 04.05. Esslingen

ERRdeKa

03.05. Stuttgart 04.05. Saarbrücken 05.05. Heidelberg 06.05. Karlsruhe 13.05. Augsburg

Exploded View Mit Warm Graves

22.05. Köln 23.05. Hamburg 24.05. Berlin 25.05. Frankfurt a. M.

Fabrizio Cammarata 16.05. Köln 17.05. Leipzig 23.05. Frankfurt a. M.

Felix Meyer

08.05. Heidelberg 09.05. Plauen 11.05. Essen 12.05. Freiberg 13.05. Leipzig 15.05. Potsdam 16.05. Flensburg 17.05. Kiel 18.05. Gera

Felix Räuber

23.05. Berlin 24.05. Hamburg 29.05. Dresden

Fenster

23.05. Wuppertal 24.05. Esslingen 26.05. München Empfohlen von Intro

Fil Bo Riva 02.05. Nürnberg 03.05. Leipzig 12.05. Bremen 14.05. Hamburg 15.05. Rostock 17.05. Jena 18.05. Berlin

Frankie Cosmos Mit The Goon Sax 22.05. Berlin 23.05. Hamburg

Fuck Yeah

03.05. München 16.05. Berlin 17.05. Hamburg 18.05. Frankfurt a. M. 22.05. Köln

G-Eazy

09.05. Berlin 13.-14.05. München 20.05. Offenbach 23.05. Köln

GAS

09.05. Köln

Giant Sand

25.05. Frankfurt a. M. 26.05. Geislingen 28.05. München Geht weiter!

Gisbert zu Knyphausen 02.05. Halle 03.05. Jena 04.05. Cottbus Geht weiter!

Gogol Bordello 05.05. Stuttgart 06.05. Dortmund 08.05. Hamburg

Hey Elbow

05.05. Hamburg 06.05. Berlin 09.05. Ulm 10.05. Düsseldorf 11.05. Dortmund

Hockey Dad

09.05. Hamburg 10.05. Berlin 11.05. Köln

I’m Not A Blonde 05.05. Bayreuth 08.05. Marburg 09.05. Düsseldorf 10.05. Köln 11.05. Berlin 12.05. Ulm

IAMJJ

30.04. Berlin 01.05. München

International Music

02.05. Hamburg 03.05. Rostock 04.05. Berlin 08.05. Dresden 15.05. Leipzig 17.05. Köln 18.05. Mainz 19.05. Bonn Empfohlen von Intro

Isolation Berlin

30.04. Regensburg 01.05. Dresden 02.05. Fulda 03.05. Essen 04.05. Göttingen 05.05. Münster 11.05. Leipzig 12.05. Berlin 23.05. Düsseldorf 24.05. Wiesbaden 25.05. Lingen 26.05. Leer

Itchy

03.05. Frankfurt a. M. 04.05. Erlangen 05.05. Düsseldorf 06.05. Freiburg

Jakuzi

06.05. München

Japanese Breakfast

07.05. Hamburg 09.05. Berlin 11.05. Münster

Jennifer Rostock 30.04. Erfurt 03.-04.05. Dresden 05.+09.05. Leipzig 11.-13.05. Berlin

Jesper Munk

11.05. Pfarrkirchen Geht weiter!

Joel Sarakula

23.05. Berlin 24.05. Hamburg 25.05. Düsseldorf 26.05. Köln 28.05. Frankfurt a. M. 30.05. München 31.05. Dresden

Joey Dosik 12.05. Berlin

Johnny Marr 21.05. Berlin

Joseph J. Jones

03.05. München 04.05. Berlin 06.05. Hamburg 07.05. Hannover 08.05. Köln 09.05. Frankfurt a. M. 10.05. A-Wien

Josh T. Pearson Band 28.05. Köln 29.05. Hamburg 30.05. Berlin

Josin

02.05. Berlin 03.05. Hamburg 04.05. Köln 06.05. München

Judith Holofernes 19.05. Papenburg

Grails

12.05. Dortmund 13.05. Berlin

Gregory Porter 30.04. Berlin 02.05. Düsseldorf 23.05. München Geht weiter!

Gundelach

21.05. Hamburg 22.05. Köln 23.05. München 24.05. Berlin

GusGus

02.05. Berlin 03.05. Hamburg 04.05. Leipzig

Hearts Hearts 08.05. Berlin 10.05. Hamburg 11.05. Dortmund 17.05. A-Wien 19.05. München

Heisskalt

26.05. Berlin Geht weiter!

Da gehen wir hin Tipps der Redaktion#262

Und wo geht ihr hin? intro.de #konzerte

Kristina Engel Nits Stargaze / David Bowie: Blackstar Ben Folds & A Piano Kronos Quartet Eivør

Philip Fassing U.S. Girls Gas Kamasi Washington Shame American Nightmare

Martin Lippert International Music Sleaford Mods Exploded View feat. Anika John Cleese Primavera Sound Festival


#Termine Kamasi Washington

18.05. München 19.05. A-Wien 25.05. Berlin 27.05. Köln Geht weiter!

Kari Bremnes

01.05. Düsseldorf 02.05. Oldenburg 03.05. Hamburg 04.05. Worpswede 05.05. Kiel 06.05. Hannover

Madsen

04.05. A-Wien 11.05. Berlin 23.05. Bochum 24.05. Hamburg

18.05. Hamburg 19.05. Berlin 20.05. Heidelberg 21.05. Düsseldorf

05.05. Hamburg 06.05. Köln 08.05. Dortmund 09.05. Stuttgart 11.05. München 13.05. Leipzig 15.05. Berlin 16.05. Bremen 17.05. Hannover 18.05. Frankfurt a. M.

MC Bomber

Orchestra Baobab

Makeness

23.05. Köln Geht weiter!

03.05. Bielefeld 04.05. Braunschweig 05.05. Magdeburg 06.05. Rostock 10.05. Hamburg 11.05. Hannover 12.05. Bremen 13.05. Berlin
16.05. Augsburg 17.05. München 18.05. A-Wien 24.05. Heidelberg 27.05. Saarbrücken

Kele Okereke

Men I Trust

Katie Von Schleicher

06.05. Offenbach 07.05. Berlin 10.05. Hamburg 12.05. Köln

Katy Perry

01.05. Heidelberg 02.05. Köln 04.05. Berlin 05.05. Hamburg

King Khan & The Shrines

30.04. Wiesbaden Geht weiter!

Kitty, Daisy & Lewis

09.05. Düsseldorf 10.05. Stuttgart

Kraków Loves Adana 27.05. Münster Geht weiter!

Kristoffer Bolander 30.04. Dresden 02.05. Leipzig 03.05. Erlangen 04.05. Gelsenkirchen

11.05. Dortmund 12.05. Berlin 13.05. Hamburg

Kvelertak

Nakhane

Kyle Craft

20.05. Berlin 21.05. Hamburg

20.05. Köln 21.05. Berlin 23.05. Heidelberg

Nap Eyes

Lil Skies

02.05. Berlin 03.05. Hamburg 05.05. Köln

Little Hours

Newmen Mit Len Sander

21.05. Berlin

27.05. Berlin 28.05. Hamburg Empfohlen von Intro

Lucy Dacus 01.05. Hamburg 03.05. Köln

Mabel

02.05. Berlin

Machine Head

05.05. Hamburg 09.05. Hannover 10.05. Wiesbaden Empfohlen von Intro

Mackle­ more

01.-02.05. Köln 03.05. Offenbach

Pere Ubu

24.05. Heidelberg 25.05. Nürnberg 28.05. Berlin Geht weiter!

Peter Kernel

08.05. Hamburg

01.05. Kiel

26.05. Berlin 27.05. Jena 28.05. Hamburg Geht weiter!

Michael Malarkey

Monster Magnet

22.05. Hamburg 23.05. Berlin 24.05. München 25.05. Köln 26.05. Frankfurt a. M. 27.05. Regensburg

Nisse

15.05. Düsseldorf 16.05. Dortmund 17.05. Hamburg 18.05. Berlin

Nits

04.05. Karlsruhe 15.05. Hamburg 16.05. Berlin 17.05. Köln

Noah Kahan 21.05. Berlin 22.05. Köln

05.05. Berlin

Scarlxrd

26.05. Hamburg 27.05. Berlin

Scenic Route To Alaska

Scott Matthew

11.05. Leipzig 20.05. Erfurt

12.05. Berlin 13.05. Hamburg 14.05. Köln 15.05. Mainz 17.05. Karlsruhe 18.05. Mannheim 19.05. Freiburg

Sarah Blasko

Palm

30.04. Leipzig

Mick Flannery

26.05. Berlin

03.05. Köln 04.05. Berlin

Ought

Perel

28.05. Hamburg Geht weiter!

SAINt JHN

12.05. Mainz 13.05. Rees-Haldern 16.05. Berlin 17.05. Hamburg 18.05. Köln 22.05. Hannover 25.05. Stuttgart

02.05. Hamburg 03.05. Berlin

Metallica Mit Kvelertak

03.05. Wiesbaden 08.05. Köln 09.05. Saarbrücken 16.05. Bochum 18.05. Nürnberg 26.05. Bremen

Kronos Quartet

Olexesh

05.05. Hamburg 06.05. Berlin 10.05. Frankfurt a. M.

Pish

15.05. Berlin 16.05. Hamburg

Please Madame 15.05. München 19.05. Berlin 22.05. Hannover 23.05. Hamburg 27.05. A-Wien

Empfohlen von Intro

Portico Quartet 09.05. Erlangen 10.05. München

Pretty City

02.05. München 04.05. Rosenheim 07.05. Leipzig 08.05. Bremen 09.05. Darmstadt 11.05. Hamburg 12.05. Bamberg 15.05. Kiel 16.05. Hannover 17.05. Rees-Haldern 18.05. Wetzlar

09.05. Köln 10.05. Dresden 11.05. Mannheim 12.05. Hamburg 13.05. Berlin 15.05. Leipzig 16.05. Münster 17.05. Frankfurt a. M. 18.05. Schorndorf

Screaming Females

28.05. Köln 29.05. Berlin 30.05. Hamburg

Seed To Tree

22.05. Köln 23.05. Berlin 24.05. Göttingen 25.05. St. Peter-Ording 26.05. Kiel 27.05. Hamburg 28.05. Hannover 29.05. Regensburg 30.05. Freiburg

Seun Kuti & Egypt 80

12.05. Hamburg 13.05. Ludwigsburg 14.05. Wiesbaden 15.05. München 16.05. Köln 19.05. Berlin

Sind

12.05. Alfeld

Skinny Lister

Terrorgruppe 02.05. Leipzig 08.05. Berlin

Empfohlen von Intro

The Cool Quest 30.04. Berlin

The Damned

17.05. Frankfurt a. M. 22.05. München 23.05. Berlin 25.05. Hamburg

The Flaming Stars 11.05. Arnstadt

The Green Apple Sea 22.05. Berlin 24.05. Köln 25.05. Nürnberg

The Guilt

01.05. Lübeck 03.05. Berlin

The Handsome Family 24.05. Bielefeld 25.05. Düsseldorf 26.05. Hannover 27.05. Berlin

The Lion And The Wolf

26.05. Osnabrück 27.05. Hamburg Geht weiter!

02.05. Köln

The Wave Pictures 10.05. Münster 11.05. Bärenbach 12.05. Köln 14.05. Hamburg 15.05. Berlin 17.05. Nürnberg 18.05. Freiburg 19.05. Freiburg 20.05. Rosenheim 21.05. München 23.05. Viechtach 24.05. Stuttgart 25.05. Wetzlar 26.05. Aachen

The Weather Station

Sleaford Mods

The Yawpers

30.04. Köln

The Xcerts

30.04. München

S O H N

30.04. Karlsruhe 01.05. München 02.05. Dresden 03.05. Berlin 04.05. Hamburg 06.05. Rees-Haldern

RIN

St. Michael Front

Thirty Seconds To Mars

Rita Ora

Stargaze / David Bowie: Blackstar

Empfohlen von Intro

Raye

09.05. Berlin Empfohlen von Intro 30.04. München 01.-02.05. Frankfurt a. M.

25.05. München 26.05. Hamburg

Rummelsnuff

10.05. Berlin 11.05. Hamburg 12.05. Bochum 18.05. Quedlinburg

13.05. Stuttgart

24.05. Köln 25.05. Berlin 26.05. Hamburg

02.05. Hamburg

Terra Lightfoot 12.05. München 15.05. Dortmund 16.05. Berlin 17.05. Hamburg

Pop-Abo im Konzerthaus Dortmund Abos bekommt man für jegliche Produkte und Angebote hinterhergeschmissen. Das Konzept des Pop-Abos im Dortmunder Konzerthaus bleibt in Deutschland aber bislang einzigartig. Viel abgeschotteter als auf den Färöer Inseln lässt es sich eigentlich nicht aufwachsen. Was mancher als eintönig oder deprimierend ansehen könnte, nutzte die Singer/Songwriterin Eivør, um Inspirationen zu schöpfen. Seit sie sich mit 15 dazu entschloss, ihr Leben der Musik zu widmen, durchlebte sie eine Entwicklung, die sie durch sämtliche Genres und Sprachen brachte und letztendlich auch bei englischen Songs ankommen ließ. Wo sonst klassische Konzerte den Raum erfüllen, bringt Eivør für alle Nutzer des Pop-Abos färöischen Folk – oder auch den ihr zugeschriebenen »Elfen-Pop« – auf die Bühne. Leonie Becker — 04.05. Dortmund — Eivør

The Low Anthem

17.05. Düsseldorf 18.05. Hannover 19.05. Leipzig 20.05. Wiesbaden 22.05. Erlangen 23.05. Karlsruhe

03.05. Berlin 11.05. Hamburg 17.05. Dresden 18.05. Köln

YYYYYYY Eivør

02.05. Hamburg 03.05. Berlin 04.05. Köln

Tom Brosseau 08.05. Berlin 10.05. München 11.05. Ulm

Tom Liwa

02.05. Hamburg 05.05. Essen 18.05. Celle

Turbostaat

10.-12.05. Leipzig

Ty Segall

24.05. Frankfurt a. M.

Unknown Mortal Orchestra 18.05. Hamburg 19.05. Berlin 20.05. Heidelberg 21.05. Düsseldorf

U.S. Girls

03.05. Berlin 05.05. Hamburg 08.05. Köln

Vita Bergen

03.05. Berlin 04.05. Rostock 05.05. Leipzig

We Are Scientists 18.05. Hamburg 19.05. Berlin 25.05. München

Wild Child 26.05. Köln 28.05. Berlin

Xul Zolar

04.05. Karlsruhe 05.05. Chemnitz 06.05. Göttingen 08.05. Mainz 11.05. Darmstadt 12.05. Stuttgart Empfohlen von Intro

Yeah But No

10.05. Saarbrücken 11.05. Karlsruhe 15.05. Mainz

Yo La Tengo

07.05. Berlin 08.05. Köln 09.05. München 17.05. Schorndorf

Die kommen, die Touren Future Islands (04.–09.06.) Sparks (05.–10.06.) The Internet (05.06–14.07.) Gus Dapperton (12.–18.06.) The Chemical Brothers (24.06.) D’Angelo (28.06.–11.07.)

Die kommen, die Festivals Stadt ohne Meer (09.06.) Malzwiese Festival (02.–03.06.) Maifeld Derby (15.–17.06.) PULS Open Air (08.–09.06.) Abifestival Lingen (15.–16.06.) Kesselhaus & Knust Acoustics (12.06–28.08.) Hurricane & Southside (22.–24.06.) Traumzeit (22.–24.06.) Kosmonaut (29.–30.06.) Mission Ready (30.06.) Roskilde (30.06.–07.07.)

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#Live #Festival

I

mmer gut rocken, immer gut zocken – Spiel, Satz, Lied! Die Mecklenburger waren nie um einen Schlachtruf verlegen und haben diesen Habitus bis in die Volljährigkeit getragen. Auf das gute Indie-Booking war immer Verlass, und auch die Nebenschauplätze wie das Fußballturnier oder der Kiosk um die Ecke dürfen einfach nicht fehlen. Vielleicht einen Abstecher ins Labelzelt? Klamotten oder Platten kaufen? Sonst einfach noch schnell zur Lesung, bevor das Bühnenprogramm wieder ruft. Anschließend: Disco. Das Immergut ist wie eine Geschichte von Astrid Lindgren, nur ohne Arrest im Schuppen. Aber diese wundersame Gelassenheit, der Sand zwischen den Zehen und dass man am Ende wirklich jeden aus diesem Dorf von einem Festival kennt, das ist wirklich wie in Bullerbü. Und weil Künstler so was auch gelesen und für gut befunden haben, kommen sie gern und spielen auch gern. Und wenn der Verstärker ausgeschaltet und die letzte Disconacht verraucht ist, springen die Besucher einfach in einen der schönen Seen hier. Die Auswahl ist riesig und die Ruhe himmlisch – vom Duft der Nadelbäume ganz zu schweigen.

IMMERGUT FESTIVAL Ding-dong, die Open-Air-Saison steht vor der Tür, und auf dem Immergut im Mecklenburger Seenland wird sie eingeläutet. Das freche Indie-Festival hat sich vor 18 Jahren einfach an den Einlass des Festivalsommers gestellt.

Carsten Schumacher — 25.–26.05. Neustrelitz — Ada, Anja Rützel, Bayonne, Christiane Rösinger, Die Nerven, Drangsal, Fil Bo Riva, Gurr, Kat Frankie, Kettcar, Lambert, Maurice & Die Familie Summen, Mourn, Olli Schulz, Roosevelt, Sam Vance-Law, Ty Segall u. v. a.

Orange Blossom Special

Futur 2 Festival

Seit über 20 Jahren veranstaltet Glitterhouse Records die gemütlichste Gartenparty der Festivallandschaft – dieses Jahr mit einem Headliner aus der ostwestfälischen Nachbarschaft.

Ein erster Versuch, Festivals energieautark zu gestalten. Zukunft!

Das Orange Blossom Special ist eines dieser Festivals, die zumeist bereits ausverkauft sind, bevor das Line-up feststeht. Das liegt zum einen daran, dass das Vertrauen in die Band-Auswahl zwischen Indie, Rock und Folk groß ist – und jedes Jahr aufs Neue belohnt wird. Zum anderen bietet der Garten, in dem das Festival stattfindet, nur begrenzt Platz. Und 2018 platzt auch noch Casper als einer der Headliner in die familiäre Atmosphäre.

Im Mai 2018 feiert in Hamburg das energieautarke Futur 2 Festival Premiere. Es gibt zwei Bühnen, die jeweils mit einer anderen umweltfreundlichen Form der Energiegewinnung betrieben werden. Bei der ersten Bühne muss das Publikum in die Pedale treten, um so den Strom für die auftretenden Künstler zu generieren. Die zweite Bühne kommt ganz ohne die Hilfe seitens der Besucher aus. Sie wird allein durch die Kraft der Sonnenstrahlen betrieben. Auf dem Umsonst&Draußen-Festival treten insgesamt gut ein Dutzend Künstler auf.

Henrike Schröder

Mika Gehlen

— 18.–20.05. Beverungen — Afterpartees, Birth Of Joy, Casper, Ef, Giant Rooks, Intergalactic Lovers, Linus Volkmann, Olli Schulz, Scott Matthew, Sophia u. v. a.

— 26.05. Hamburg — Dear Reader, Deniz Jaspersen, Erneuerbare Energien, Jungstötter, Niklas Paschburg, Sophia Kennedy, Vikja, u. v. a.

Casper

Dear Reader


#Live #Festival

Galaxy Camp 24 Jahre, nachdem Green Day und Offspring die Popularität von Pop-Punk besiegelten, findet in vier Städten das erste Pop-Punk-Festival Deutschlands und der Schweiz statt.

Kelela

PRIMAVERA SOUND Die Heilige Messe unter den Indie-Festivals hat es auch in diesem Jahr zumindest in puncto Line-up geschafft, alle hohen Erwartungen zu erfüllen.

Während die meisten Festivals ihre Line-ups über Monate hinweg bröckchenweise veröffentlichen, geht das katalanische Primavera Sound traditionell einen anderen Weg: Es gibt einen Stichtag, die große Ouvertüre, zumeist Ende Januar. Dann wird auf einen Schlag die komplette Band-Liste des Jahres bekanntgegeben. Und die Reaktionen waren auch dieses Mal dieselben wie in den Vorjahren: Verblüffung, Augenreiben, Verstehen, dann Euphorie. Denn für jeden, der sich in den letzten Jahrzehnten für nicht vollkommen willenlose Popmusik in ihrer ganzen stilistischen Breite interessierte, gleicht das Line-up einem Schlaraffenland. Allein die Highlights würden die Länge dieses Artikels sprengen, deshalb muss es reichen, die BandListe unkommentiert anzuhängen. Es ist erstaunlich, dass es das Primavera Sound schon so viele Jahre lang schafft, die selbstverschuldet hoch gesteckten Erwartungen seiner Stammbesucher zu befriedigen oder sogar noch zu übertreffen. Aber nicht nur die Musik macht das Festival an der Küste Barcelonas mittlerweile zu einem Lieblingsreiseziel für Pop-Fans aus ganz Europa, sondern auch die Location, die wirklich direkt am Meer liegt, und nicht zuletzt die Reize der katalanischen Hauptstadt. Zelten kann man hier nicht, man wohnt in angemieteten Wohnungen in der Stadt. Dort verbringt man die Tage, um am frühen Abend in Richtung FestivalGelände aufzubrechen. Die drei Hauptnächte des Primavera Sound werden dann lang und sind mit Höhepunkten gespickt, so viel kann versichert werden. Aber auch während des Rests der Primavera-Woche ist das Festival in der Stadt präsent, mit Clubshows und frei zugänglichen Open-Air-Konzerten auf zentralen Plätzen. Es gibt also mehr als genug Programm für einen ausgedehnteren Festival-Urlaub im Süden. Und nach der Rückkehr freut man sich schnell schon wieder auf die nächste große Ouvertüre im Januar.

Mit Alben wie »Dookie« von Green Day und »Smash« von The Offspring – beide aus dem Jahr 1994 – wurde das Genre Pop-Punk Mitte der 90er-Jahre populär. 1999 gelang schließlich auch Blink-182 mit »Enema Of The State« der endgültige Durchbruch. Weitere 19 Jahre später ist das Genre zwar nicht mehr auf dem Höhepunkt der Popularität, über Nachwuchs kann es trotzdem nicht klagen. Um die anhaltende Bedeutung des Genres auch live zu spiegeln, findet mit dem Galaxy Camp das erste Pop-Punk-Festival Deutschlands und der Schweiz statt. Dieses Jahr debütiert es in insgesamt vier Städten: Zürich, Karlsruhe, Köln und Leipzig. Auf der Bühne stehen Newcomer wie die schottische Band Woes und das australische Trio Stand Atlantic sowie ein Headliner, der bereits durch Kanada, Japan und Australien getourt ist: Bevor die New Yorker Band State Champs ihr drittes Album rausbringt, tritt sie beim Galaxy Camp auf. Henrike Schröder — 17.05. Zürich — 18.05. Karlsruhe — 19.05. Köln — 20.05. Leipzig — Broadside, Can’t Swim, Knuckle Puck, Stand Atlantic, State Champs*, Trash Boat, Woes — *nicht in Zürich

Queer ­Festival Heidelberg Zwischen Ernsthaftigkeit und schillerndem Nachtprogramm lehrt das Queer Festival in Heidelberg, über den Tellerrand der eigenen Lebensweisen hinauszuschauen.

2009 erblickte das Heidelberger Queer Festival das Licht der Welt, um sich für ein Recht auf selbstbestimmte sexuelle Orientierung einzusetzen und Bewusstsein bezüglich Ungleichbehandlung gegenüber der LSBTTIQ-Community (lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, transgender, intersexuell, queer) zu schaffen. Ein Wochenende, gefüllt mit Lesungen, Konzerten und Partys, hat sich in nur zehn Jahren zu einem der größten hiesigen Events seinesgleichen gemausert – und bündelt inzwischen über einen Monat hinweg jegliche Kunst- und Kulturformen, die sich mit Themen der Community auseinandersetzen und darauf ausgerichtet sind, Vorurteile weiterhin abzubauen. Bei einem Großteil der Filmvorführungen, Diskussionsabende und Reden steht die Tür des Karlstorbahnhofs jedermann offen, und die Events können kostenfrei besucht werden. Tickets für die Live-Shows von nationalen und internationalen Künstlern sowie für einige politische Vorträge müssen separat erworben werden. Leonie Becker — 01.–30.05. Heidelberg — Big Freedia, Boy Harsher, Girl Ray, Horse Meat Disco, Kele Okereke, Massimiliano Pagliara, Nakhane, Peggy Gou, Sookee

Christian Steinbrink — 30.05.–03.06. Barcelona — A$AP Rocky, Arca, Arctic Monkeys, Ariel Pink, Beach House, Belle And Sebastian, Björk, Car Seat Headrest, Charlotte Gainsbourg, Chvrches, Cigarettes After Sex, Deerhunter, DJ Koze, Father John Misty, Four Tet, Grizzly Bear, Haim, Jane Birkin, Jon Hopkins, Kelela, Lorde, Lykke Li, Madlib, Migos, Mogwai, Mount Kimbie, Nick Cave And The Bad Seeds, Nils Frahm, Oneothrix Point Never, Panda Bear, Rhye, Slowdive, Sparks, Spiritualized, The Breeders, The National, The War On Drugs, Tyler, The Creator, Vince Staples, Warpaint, Wolf Parade u. v. a.

Kele Okereke

Stand Atlantic

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#Live #Festival

Moers Festival In Moers geht man den im vergangenen Jahr eingeschlagenen Weg konsequent weiter: Er führt an die spannenden Randbereiche der Tonkunst.

Alin Coen

W-FESTIVAL Das W-Festival bietet Musikerinnen jenseits der Klischee- und Emanzipationsdebatten in der sonst männlich dominierten Festivallandschaft eine Bühne.

Das W-Festival holt seit 2012 einmal im Jahr verschiedenste Musiker­innen und ihre Bands auf die Bühnen Frankfurts. Das Alleinstellungsmerkmal des Festivals besteht darin, dass ausschließlich Musikerinnen und Frontfrauen mit ihren Bands auf den Bühnen auftreten. Die Bühnen sind in der gesamten Frankfurter Innenstadt verteilt und bieten für die jeweiligen Konzerte einen besonderen Rahmen, der sonst auf einer Tournee nicht umsetzbar wäre. Jeden Abend stehen bis zu vier Konzerte an. Zwei Konzerte werden in diesem Jahr erneut von Intro präsentiert: der Auftritt der britischen Trip-Hop-Band Morcheeba im Gibson Club und das Konzert der belgischen Singer/Songwriterin Selah Sue im Sankt Peter – beide am Mittwochabend. Neben den großen Acts spielen jedes Jahr auch junge Musikerinnen auf den Festivalbühnen, die sich durch Nachwuchscontests einen der begehrten Festivalslots ergattern konnten. Auch wenn ausschließlich Musikerinnen im Vordergrund stehen, ist das Festival trotzdem für jeden gedacht. Ob Jung oder Alt, Frau oder Mann, Familie oder Fan – alle sind herzlich willkommen.

Während viele andere Open Airs den Weg in den Pop suchen, bewegt man sich in Moers mit viel Inspiration und Wagemut von dort weg. Das traditionell dem Jazz zugewandte Festival in der Nähe des Moerser Schlosses setzt in diesem Jahr auf exklusive, avantgardistische und nicht nur deshalb ambitionierte Grenzgänge. Künstler aus unterschiedlichsten Kulturen kommen für Workshops zusammen und entwickeln Konzertprogramme, die es sonst wirklich nirgendwo zu sehen gibt. Stilistisch wird dabei kein NischenGenre ausgespart, wobei der Fokus auf zumeist selten gehörten Folklore-Genres liegt. Aber auch einen Event-Charakter hat Moers dieses Jahr zu bieten: Ein Konzert soll im angrenzenden ENNI.Solimare Aktivbad stattfinden – und zwar unter Wasser. Christian Steinbrink — 18.–21.05. Moers — Efterklang & B.O.X, House Of Lords, Jacques Palminger & 440hz Trio, Melt Trio, Oxbow, Peter Brötzmann, Heather Leigh, Richard Dawson, Rob Mazurek, Siddi Traces, Spinifex, Talibam!, Za! u. v. a.

1Live Popfest 2018 veranstaltet der Radiosender 1Live zum ersten Mal das eintägige Popfest auf dem Festivalgelände an der VeltinsArena auf Schalke.

Ende Mai ist es so weit: Der in seinem westdeutschen »Sektor« äußerst populäre Sender 1Live holt in Kooperation mit der Veltins-Arena und einem Konzertveranstalter hochkarätige nationale und internationale Popacts in den Ruhrpott. Genauer gesagt auf das Festivalgelände neben der Arena auf Schalke, wo die erste Ausgabe des Popfests stattfinden wird. Dass so eine Konstellation Früchte tragen kann, hat schon das Parookaville gezeigt, bei dem Radiosender 1Live vielleicht nicht federführend, zumindest aber Geburtshelfer war. Das Popfest soll nicht nur junges Publikum anziehen, sondern ist für alle Altersklassen vorgesehen. So liegt es nahe, dass die Konzerte bereits am Mittag starten, damit auch Familien in den Genuss der Pop-Musik kommen können. Durch die zentrale Lage im Ruhrgebiet ist das Gelände zudem gut erreichbar. Mika Gehlen

Mika Gehlen — 09.–11.05. Frankfurt am Main — Alin Coen Band, Anna Depenbusch, Christina Stürmer, Dota & Band, Morcheeba, Selah Sue, Ute Lemper, Wallis Bird u. v. a.

Macklemore

Jacques Palminger & 400Hz Trio

— 27.05. Gelsenkirchen — Clean Bandit, James Arthur, Macklemore, Nico Santos, Ofenbach

KunstFestSpiele Herrenhausen Inmitten von dekorativen Brücken und akkuraten Hecken findet sich der Hotspot des Kulturfestivals.

Künstlerische Akzente im Alltag setzen – das ist Ziel der KunstFestSpiele. In den Herrenhäuser Gärten hat das Event vor drei Jahren eine Heimat

gefunden, der Kuppelsaal und die Marktkirche tragen einen Teil jedoch bis in Hannovers Innenstadt. Auf dem Plan stehen Musiktheater, Performances, Konzerte und Installationen, die alljährlich von Intendant Ingo Metzmacher auserlesen werden. Für Schmaus und Austausch

zwischen den Vorführungen steht das Spiegelzelt, Zentrum des Festivals, bereit. Leonie Becker — 18.05.–03.06. Hannover — Girls In Airports, Grauschumacher Piano Duo, Humboldt Trio, John Kameel Farah, Sarah Neufeld, Sebastian Plano, Tabea Zimmermann, Tetzlaff Quartett

Sarah Neufeld


Aaron Diehl Trio

Foto: Mark Fitton

CĂŠcile McLorin Salvant koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Sonntag 27.05.2018 20:00


TUNES KA MP NA GE L.D

Fr 04.05.

E

M AI /J UN 20 18

NICK & JUNE

Cafe Central DI 01 05 COMEBACK!

nO fUn at all SCHeISSe MInellI aMeGaPHOn

Sa 05.05.

FR 04 05 METAL

MUTABOR

leaVeS eYeS MaYan, alManaC

Mi 09.05.

MARTIN KOHLSTEDT

SA 05 05 DARKMETAL

naCHtBlUt

SO 06 05 U.K. DOORS TRIBUTE BAND

tHe DOOrS alIVe

DO 10 05 REGGAE EN ESPANOL

DaCtaH CHanDO

FR 11 05 PSYCHOBILLY

MaD SIn

COBra eXPreSS SA 12 05 LIEDERMACHER POP

SHAHIN NAJAFI 11.05. AYNUR DOGAN 12.05. EXPLODED VIEW

DOta

DO 17 05 BRINGIN BACK THE 90`S TOUR

nIne, el Da SenSeI, eDO G, SnOWGOOnS

FR 18 05 PUNKROCK (FAT wRECK)

tHe BOMBPOPS MeGatOn

FR 08 06 PUNKROCK

BaXter

GISela VOn HInten SA 09 06 DELTA KONZERTE PRÄSENTIERT:

tHeraPY? OnDt BlOD

DO 14 06 PUNKROCKLEGENDE

antI-nOWHere leaGUe

FR 15 06 HARDCORE

rISe Of tHe nOrtHStar

tHe BUtCHer SISterS FR 29 06 COMEDY

WIllY naCHDenKlICH

SO 08 07 PUNKROCK

GBH

SICKBOYZ FR 13 07 POwER METAL !

tYrant eYeS

SA 21 07 FOLK PUNK !

tHe MaHOneS

So 13.05.

[U.A. MIT ANIKA] 23.05.

SO 20 05 ELECTRONIC VIDEOGAME PUNK!

SO 05 08 HARDCORE

Di 15.05.

ECHO JAZZ 31.05.

DO 24 05 HIP HOP

DO 09 08 FOLK PUNK

ANNA MATEUR FELIX MEYER & ERIK MANOUZ Fr 18.05.

Do 24.05.

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DO 31 05 INDIE FOLKTRONIC

PSalM One

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Do. 03.05. 19:00 Uhr

25.05.2018 / FR VONA

"FLIEG MIT MIR" Tour 2018

31.05.2018 / DO Heinz Ratz Strom & Wasser "Skapunkpolka-Randfiguren-Rock"

16. & 17.06.2018 / SA & SO Ruhr International Das Fest der Kulturen an + in der Jahrhunderthalle Bochum Eintritt frei

MADCHILD OF SWOLLEN MEMBERS So. 06.05. 19:00 Uhr

ERRDEKA

Special guest: CORSSEN

Fr. 11.05. 18:00 Uhr

STEAMING SATELLITES & Special guest

Do. 17.05. 18:00 Uhr

TEX

Im Substage Café

Mi. 23.05. 19:00 Uhr

SKINNY LISTER Fr. 25.05. 18:00 Uhr

mit Orlando Julius & The Heliocentrics, Gato Preto, The Hempolics u.v.m.

EVA CROISSANT

25.09.2018 / DI Eläkeläiset

Do. 30.08. 19:00 Uhr

Im Substage Café

Fr. 15.06. 19:00 Uhr

MESHUGGAH ROSE TATTOO

"25 Jahre Humppa" Tour

Support: V8 WANKERS

08.10.2018 / MO Heinz Strunk

ELÄKELÄISET

"Das Teemännchen"

26.10.2018 / FR Akua Naru Tour 2018

Do. 27.09. 19:00 Uhr Fr. 12.10. 19:00 Uhr

MEGAHERZ So. 14.10. 19:00 Uhr

THE RASMUS So. 21.10. 19:00 Uhr

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JaMeS YUIll ra tHe rUGGeD Man

intro 05.18.qxp_Layout 1 16.04.1 Foto: Exploded View

"Travellings II" Tour 2018

BatOMae

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MarCO POlO SA 26 05 POP

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tHe HeaDlIneS

SA 06 10 PSYCHOBILLY

lOnG tall teXanS


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STADT

KULTUR

EVENTS

NOTHING BUT

HOPE PASSION AND

PRÄSENTIERT

04.07. KÖLN E-WERK Ber t hold S eliger pr äs en t ier t :

Rufus Wainwright

UNG. N H O W 2RAUM IST. W T O N THE R. DROGE

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Di. 27.11.18 | clubCANN Stuttgart

LEONIDEN

Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

HAFEN 2 Nordring 129, D 63067 Offenbach

DO 03.05 | Isolation Berlin

So. 24.6.18 | clubCANN Stuttgart

TIM KAMRAD KONZERTE

04.08. SA

Unser komplettes Programm findet ihr im Internet unter

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Fr. 20.7.18 | Burg Esslingen Open Air auf der Burg 2018

FR 11 SA 12 SO 13 SA 19 SO 20 SO 27

08.09. SA

Mo. 14.5.18 | Keller Klub Stuttgart

Kartentelefon 0711 221105 www.musiccircus.de musiccircus.stuttgart

VVK unter www.zechecarl.de und an allen bekannten VVK-Stellen Stand: 16.04.2018 (Änderungen vorbehalten!)

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U.S. GIRLS

03.05. Berlin, Berghain Kantine 05.05. Hamburg, Turmzimmer 08.05. Köln, Gewölbe

KATIE VON SCHLEICHER

plugged Tour 2018

16.04.18 15:27

5.5. Itchy „All We Know“

Tour 2018

9.5. Kitty, Daisy & Lewis Die Rock‘n‘Roll- & BluesSensation aus England

Big FreeDia

06.05. Offenbach, Hafen 2 07.05. Berlin, Monarch 10.05. Hamburg, Molotow 12.05. Köln, Theater der WG

Di 01.05.18

HABIBI

17.5. Skinny Lister Folk-

THE SEA & CAKE

21.5. Unknown Mortal Orchestra Indie & Psyched-

Kele OKereKe

Fr 04.05.18

MassiMilianO Pagliara & Julian Bender

Sa 12.05.18

girl ray

Sa 19.05.18

BOy HarsHer

So 20.05.18

unKnOwn MOrtal OrcHestra

Mo 21.05.18

Big Freedia

Mi 23.05.18

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Do 24.05.18

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Fr 25.05.18

sOOKee

Heidelberg – Am Karlstor 1 www.karlstorbahnhof.de

27.05. Köln, Bumann & Sohn 30.05. Berlin, arkaoda

31.05. Berlin, Frannz Club 01.06. Frankfurt, Zoom 04.06. Köln, Luxor

12.5. D-Dorf Pop Day Mit Paul Falk, Korsakow, Suzan Köcher u.v.a. rock from U.K.

elic Rock

23.5. Isolation Berlin

PREOCCUPATIONS

„Vergifte dich“ Tour 2018

jULIEN BAKER

U.S.A.

07.06. Berlin, Musik & Frieden 04.07. Hamburg, Molotow

29.08. Köln, c/o pop 05.09. Hamburg, Elbphilharm. 13.09. Leipzig, UT Connewitz 16.09. München, Ampere

LA LUz

10.09. Karlsruhe, Kohi 01.10. Köln, Bumann & Sohn 02.10. Berlin, Musik & Frieden 03.10. Dresden, Beatpol 04.10. Hamburg, Hafenklang

DAMIEN jURADO

07.10. Düsseldorf, zakk 08.10. Berlin, Heimathafen NK 09.10. Hamburg, Fabrik TICKETS & INFO: PUSCHEN.NET

25.5. The Handsome Family Songwriting from 4.6. Mammal Hands Jazz

& Pop from U.K.

5.6. the Angelcy Indie &

Folk from Israel

18.6. Black Rebel Motorcycle Club Die kalifor-

nische Rockband erneut auf Deutschlandtour!

20.6. Natalia Doco Weltmusik aus Argentinien 25.6. Touché Amoré

Post-Hardcore from L.A.

Tickets unter www.zakk.de Fichtenstraße 40, D´dorf


129

U 09.05. ZOOM 20:00 JOSPEH J. JONES 11.05. BROTFABRIK 20:00 REBECA LANE 17.05. MOUSONTURM 20:00 SCOTT MATTHEW 24.05. ZOOM 21:00 TY SEGALL 28.05. ZOOM 21:00 SHELLAC 30.05. ZOOM 21:00 SAINT JHN 04.06. BROTFABRIK 20:00 THE BUILDERS AND THE BUTCHERS 16.05.2018

NISSE ~~~~~~~~~~~~~~~~~ 02-05 FZW Poetry Slam 03-05 Human Tetris & Super Besse 04-05 The Ocean 05-05 Sierra Kidd 06-05 Gogol Bordello 08-05 Olexesh 11-05 Etepetete Indie Music Festival Jacuzzi boys (USA), Mozes And The Firstborn (NL), Girl Ray(UK), Men I Trust Hey ELbow (SWE) 12-05 Grails 16-05 Nisse 17-05 Death Alley & Honeymoon Desease 18-05 Batomae 07-06 Ein bunter Abend mit Torsten Sträter 08-06 We Trust! Show #3 09-06 FZW Indie Night: Port Cities, Luka, Seed To Tree 13-06 Crossfaith 29-06 Spastic Fantastic Fest 2018 30-06 Monsters Of Liedermaching Liedfett,Kapelle Petra, Tante Mayer 16-07 Damian “Jr.Gong” Marley 17-07 Die Drei ??? RRP Release Party Folge 194 14-08 The Soft Moon 21-09 Tankscapda 23-09 FZW Indie Night: Cassia 28 - WAY BACK WHEN V 30-09 FESTIVAL 05-10 Haiyti 10-10 LEA 12-10 Khalid Bounouar 14-10 Ufo 361 15-10 The Rasmus 18-10 GoGo Penguin 21-10 Idil Baydar aka Jilet Ayse - Ghettolektuell 22-10 Tristan Brusch !

SOLD OUT

INFOS & TICKETS WWW.FZW.DE WWW.FACEBOOK.DE/FZWEVENT FZW | RITTERSTR. 20 | 44137 DORTMUND

08.06. ZOOM 20:00 J.I.D. & EARTHGANG 11.06. ZOOM 21:00 ROY WOODS 15.06. ZOOM 21:00 KILLY 24.07. PALMENGARTEN 19:30 RUFUS WAINWRIGHT 31.07. PALMENGARTEN 19:30 ORLANDO JULIUS & THE HELIOCENTRICS 07.08. ZITADELLE MAINZ 19:00 KAMASI WASHINGTON 07.08. PALMENGARTEN 19:30 BUKAHARA 21.08. PALMENGARTEN 19:30 MOGLI

Mi. 02.05.2018 | Kulturkirche, Köln

BERND BEGEMANN & KAI DORENKAMP Mi. 02.05.2018 | Luxor, Köln

KELE OKEREKE Fr. 04.05.2018 | Luxor, Köln Mo. 07.05.2018 | Zeche, Bochum

AMENRA & MYRKUR

P

D

A

09.10. MOUSONTURM 20:00 HEINZ STRUNK 11.10. JAHRHUNDERTHALLE 20:00 GEORGE EZRA 20.10. CAPITOL OFFENBACH 20:00 TINA DICO 28.10. MOUSONTURM 20:00 KAMAAL WILLIAMS

SLEAFORD MODS special guest: TICS Fr. 18.05.2018 | Kulturkirche, Köln

ALEX VARGAS

Di. 29.05.2018 | Die Kantine, Köln

CAR SEAT HEADREST

special guest: Naked Giants

Sa. 05.05.2018 | Live Music Hall, Köln

THE DEAD DAISIES special guest: The New Roses

So. 06.05.2018 | FZW, Dortmund

GOGOL BORDELLO special guest: Mondo Mashup Di. 08.05.2018 | Luxor, Köln

JOSEPH J. JONES special guest: Dan Owen Di. 08.05.2018 | Live Music Hall, Köln Mi. 16.05.2018 | Zeche, Bochum

MONSTER MAGNET special guest: ¡PENDEJO!

Mi. 09.05.2018 | Luxor, Köln

STEAMING SATELLITES special guests: The Kiez

Mo. 04.06.2018 | Luxor, Köln

THE SEA & CAKE Di. 05.06.2018 | E-Werk, Köln

HAIM

Di. 05.06.2018 | Gloria, Köln

THE INTERNET Do. 07.06.2018 | Die Kantine, Köln

KIEFER SUTHERLAND

Di. 12.06.2018 | Live Music Hall, Köln

THRICE

Mi. 13.06.2018 | Live Music Hall, Köln

COURTNEY BARNETT

Sa. 16.06.2018 | Gloria, Köln

DEAD CROSS Do. 05.07.2018 | Die Kantine, Köln

BOMBA ESTEREO

Fr. 11.05.2018 | Artheater, Köln

Mi. 25.07.2018 | Live Music Hall, Köln

HOCKEY DAD

CAFÉ TACVBA

Di. 15.05.2018 | Luxor, Köln

Mi. 15.08.2018 | Gloria, Köln

AMPLIFIER

RHYE

Mi. 16.05.2018 | Luxor, Köln

So. 19.08.2018 | Luxor, Köln

DMA‘s

LA DISPUTE

Do. 17.05.2018 | Live Music Hall, Köln

Mi. 24.10.2018 | Live Music Hall, Köln

LEON BRIDGES

JUNGLE

Fr. 04.05.2018 | Lanxess Arena, Köln

Mi. 23.05.2018 | Palladium, Köln

special guests: Stefflon Don, Yung Pinch Do. 05.07.2018 | Palladium, Köln

Fr. 07.09.2018 | Palladium, Köln

special guest: Pierce Brothers Fr. 21.09.2018 | E-Werk, Köln

XAVIER RUDD So. 28.10.2018 | Palladium, Köln

So. 10.11.2018 | Palladium, Köln

Fr. 23.11.2018 | Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf

17.11. STADTHALLE OFFENBACH 20:00 SSIO 17.01. FESTHALLE 19:00 2019 DIE FANTASTISCHEN VIER

Do. 06.12.2018 | Westfalenhalle 1, Dortmund

TICKETS MOUSONTURM: TEL 069.405.895-20 WWW.MOUSONTURM.DE INFOS BROTFABRIK: WWW.BROTFABRIK.INFO

WEITERE VERANSTALTUNGEN: WWW.MARKUSGARDIAN.DE

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Fr. 18.05.2018 | Live Music Hall, Köln

21.08. ZOOM 21:00 HILLTOP HOODS 21.08. PALMENGARTEN 19:30 MOGLI

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Demnächst: Intro #263 — 28.05.2018

Chvrches, Oneohtrix Point Never, »Hereditary – Das Vermächtnis«, Neko Case, Zeal & Ardor, Kamasi Washington, »Ocean’s 8«, Years & Years


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