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SO SIND SIE EBEN

Bundeskanzler Olaf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck pflegen einen unterschiedlichen KOMMUNIKATIONSSTIL. Habecks Stil erscheint vielen zeitgemäßer. Aber ist er auch erfolgreicher?

Mehr Waffen, mehr Steuern, mehr Zoff – und weniger Zustimmung. Noch ist nicht mal Halbzeit in Berlin (Bund) und die Ampel-Regierung ist nach einem Jahr im energie- und kriegskrisenbedingten Alarm-Modus nun auch selbst in einem alarmierenden Zustand. Zustimmung bröckelt, Landtagswahlen gehen verloren, münden (bis auf Berlin) in schwarz-grünen Bündnissen. Wird Olaf Scholz der erste SPD-Bundeskanzler werden, dessen Amtszeit auf eine Legislaturperiode beschränkt bleibt? Diese Frage kann man stellen, vor allem auch, da Robert Habeck schon seit seiner Ministerzeit in Schleswig-Holstein als Anhänger einer schwarz-grünen Regierung gilt. Oder grün-schwarz? Möglich ist alles, sicher ist nichts. Und in den Urlaub fahren wir dennoch. Welcome to the New World of 2023.

Tja, Scholz. Wer ihm die Frage nach der eigenen Fortüne stellt, kann ein Lächeln erwarten – nicht selten wirkt dies überheblich und besserwisserisch. Und es stimmt ja, dass Olaf Scholz überzeugt ist, vieles sehr gut und das meiste sogar besser zu wissen. Wer ihn als Fragesteller bedrängt, dem begegnet der Kanzler kühl (lernt man bei den Stamokaps). Oder er versucht, auf kritische Fragen gar nicht einzugehen. So wie Scholz es mehrfach machte bei der ZDF-Sendung „Was nun, ...?“ mit Bettina Schausten und Anne Gellinek. Ein Polit-Trick, der sehr 90er ist. Aber das hat Scholz keiner gesagt.

„So ist er halt“, ist die Erklärung, die sein engeres Umfeld teils in glühender Euphorie, teils in resignativer Agonie vorbringt, wenn man auf kommunikative Unzulänglichkeiten „des Chefs“ oder „von Olaf“ hinweist. „So ist er halt“, entgegnete mir einer der Seinen schulterzuckend, als ich ihm am Rande der Verleihung des Marion-Dönhoff-Preises im Hamburger Schauspielhaus sagte, es wäre

Der Zweck Und Die Mittel

Seit Monaten ist die LETZTE GENERATION immer wieder in den Schlagzeilen. Häufig geht es dabei weniger um ihre Forderungen als um ihre Aktionen. Wie beurteilen Aktivisten der Klimabewegungen die verschiedenen Protestformen?

VON KATHI PREPPNER erboste Autofahrer, entsetzte Museumsdirektorinnen und die Bali-Reise zweier Mitglieder der Letzten Generation. Die „Bild“-Zeitung schreibt fast durchgängig von „Klima-Klebern“ und „Klima-Chaoten“. Die Bezeichnung „Klimaterroristen“ wurde zum Unwort des Jahres gekürt. Besonders stark spitzte sich die Debatte nach dem Unfalltod einer Berliner Radfahrerin zu, als kurz die Frage im Raum stand, ob sie besser hätte versorgt werden können, wenn es an diesem Tag in Berlin keine Straßenblockaden gegeben hätte. Auch Stimmen aus der Bundesregierung verschärften zuletzt ihren Ton. Kurz nach dem tödlichen Fahrradunfall warnte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor der „Entstehung einer Klima-RAF“. Nachdem der Flugverkehr auf dem Hauptstadtflughafen BER zeitweise lahmgelegt wurde, nannte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Aktion „nicht nur nicht verständlich, sondern auch hochgefährlich“. Und Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte im Interview mit dem „Stern“: „Am Ende braucht ein politisches Ziel in einer Demokratie eine Mehrheit. Und dabei helfen Protestformen, die verärgern, nicht wirklich.“ Bei der Letzten Generation erlebe man eine „Radikalisierung der Wenigen“.

Aktivisten der „Letzten Generation“ kleben sich häufig auf der Straße fest, um auf die Erderhitzung aufmerksam zu machen. Ob die Blockaden dabei wirklich helfen, ist umstritten.

Im historischen Vergleich sind Blockaden noch moderat

Letzte-Generation-Sprecher Karim Dillhöfer sagt, er finde es grundsätzlich auch falsch, sich auf die Straße zu setzen und den Verkehr zu unterbrechen. „Aber wir gehen nicht auf die Straße, um gegen die Autofahrenden zu protestieren, sondern weil wir wissen, dass wir ignoriert werden, wenn wir nur vorm Bundeskanzleramt sitzen.“ Dillhöfer wünscht sich, dass die Leute „diesen ersten Irritationsmoment überwinden und die Dringlichkeit der Klimakrise nachvollziehen“. In Umfragen von Anfang November, kurz nach dem Fahrradunfall, gaben jedoch rund 80 Prozent der Menschen hierzulande an, dass ihnen die Protestformen der Letzten Generation zu weit gehen. Dabei zeigte eine Forsa-Umfrage aus demselben Monat, dass der Klimawandel den Menschen hierzulande die größten Sorgen macht – mehr als Krieg und hohe Energiekosten.

Mitte Februar stand Carla Hinrichs in Berlin vor Gericht. Sie hatte in der Woche zuvor zusammen mit anderen Aktivisten morgens um 7.40 Uhr die Autobahnausfahrt am Spandauer Damm blockiert. Vor dem Amtsgericht Berlin verteidigte sie die Aktion, indem sie auf ihr Ziel verwies: Sie wolle das Leben auf der Erde schützen. Der Richter des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten hielt dagegen: „Es geht nicht um Ihr Ziel, sondern um die Art und Weise.“

Mit der Art und Weise ihrer Proteste steht die Letzte Generation seit Monaten in den Schlagzeilen. Um ihre Ziele geht es in den Beiträgen, wenn überhaupt, oft nur am Rande. Im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen

Dabei seien die Protestpraktiken der Letzten Generation im historischen und internationalen Vergleich relativ moderat, sagt Robin Celikates, Professor für Sozialphilosophie an der Freien Universität Berlin. „Sie alle schließen etwa explizit und aus Prinzip Gewalt gegen Personen aus, was sie zu Beispielen des zivilen Ungehorsams macht und klar von gewaltsamem Widerstand oder gar Terrorismus abgrenzt.“ Der Eindruck der Radikalisierung sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die Blockaden im Straßenverkehr und die Aktionen in Kunstmuseen gezielt auf Störung und Provokation angelegt seien, um politischen Druck aufzubauen. „Sicherlich sind solche Blockaden für den Anfang ein effektives Mittel, weil mit wenigen Leu-

Krawall macht berühmt: Boris Palmer (Grüne), Oberbürgermeister von Tübingen, auf dem Weg zur nichtöffentlichen Anhörung zum Parteiausschlussverfahren gegen ihn in Stuttgart.