Headliner #014

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Freitag, 21. November 2008 – Nr. 232/16. Jg.

DIE NEUE SÜDTIROLER

Tageszeitung > Redaktion Tageszeitung Headliner: headliner@tageszeitung.it – Tel. 329/5913560

Country

Girl Fotos: Andrea Lüpke

Michael Lintner (links) zeichnet für das Management der Band

von Reinhold Giovanett

ieht man die Souveränität, mit der Heidi Capovilla auf der Bühne steht und sich durch das Repertoire der Band „Jambalaya News" singt, so könnte man es fast nicht glauben, dass sie vor knapp einem Jahr nur nebenbei und für ganz private Anlässe gesungen hat. Die gebürtige Trudnerin hatte letztes Jahr für einen privaten Anlass fünf Songs aufgenommen. Die CD wurde gehört, der Namen weitergereicht und kam zu Michael Lintner, der mit seiner Band „Jambalaya" gerade in einer tiefen Krise steckte. Flavio Delladio, Gitarrist und Sän-

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ger aus Bozen und Dreh- und Angelpunkt der damaligen Formation, hatte die Band im Juni verlassen müssen. Für Lintner ein harter Schlag, denn er hatte sehr viel Energie in das Projekt „Jambalaya" gesteckt und die Chance, einen gleichwertigen Ersatz für Delladio zu finden würde nicht so einfach sein. Nach der Sommerpause, „Jambalaya" waren wegen der zahlreichen Auftritte als Band auch etwas ausgepowert, stellte sich für Lintner die Entscheidung, die Sache auf sich beruhen zu lassen oder aber das Projekt erneut und noch besser zu starten. Irgendwann im September ging erste Telefonanruf ging an Roland Leitner, mit dem

Lintner seit den Achtziger Jahren in verschiedenen Bands gespielt hatte, damit begann der Aufbau der neuen Band. Anfang November schließlich stieß Lintner auf Heidi Capovilla. Die Bedenkzeit für Capovilla war knapp, aber sie merkte beim Durchhören der von Lintner gelieferten Songauswahl schnell, dass ihr die Musik sehr gefiel und stimmlich wie gefühlsmäßig lag und so entschloss sie sich kurzerhand das Abenteuer einzugehen. In der Folge wurde ein erstes Demo mit dem Song „Sin Wagon" von den „Dixie Chicks" produziert, ein Videoclip wurde dazu gedreht und es stand bereits fest, dass im Frühjahr 2008 das erste Livekonzert mit einem

vollen Programm zu spielen war. Für Heidi war Country zwar fast völliges musikalisches Neuland, aber es dauerte keine drei Monate, bis das Repertoire für den ersten Auftritt stand. „Ich fühle mich wohl auf der Bühne und mit der Musik", sagt Heidi Capovilla und gibt als Grund dafür auch die Qualität der Musiker an, die sie im Rücken hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Stilrichtungen ist die Präsenz von Frauenstimmen vor allem im NewCountry relativ stark und der leicht näselnde, sehr amerikanische Klang der Stimme ein wesentliches Merkmal. Heidi schaffte nicht nur das, sondern besitzt eine Fortsetzung >


Tageszeitung Freitag, 21. November 2008 Nr. 232 Die Gruppe um Jackie setzt auf den Instinkt: Ebbi (Anna Pircher), Rona (Federica Zwerger) und die Anführerin Jackie (Eva Maria Raffeiner).

er Stoff, den sich die Theatergruppe des „Jux" Lana vorgenommen hat, hat es in sich: William Golding (1911 1993), britischer Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger, hat in seinem 1954 veröffentlichten Roman „Herr der Fliegen" vorexerziert, wie wackelig die Beine sind, auf denen die Zivilisation und das menschliche Gewissen stehen. Das Regie-Duo Günther Götsch und Helga Walcher haben den Stoff mit einfachen Mitteln wirkungsvoll in das Jugendzentrum „Jux" Lana geholt und vor

Fotos: Günther Götsch

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Instinkt gegen Vernunft: Regeln werden sukzessive ausgeschaltet.

Herr der Fliegen

Verlieren den Kampf um Vernunft: Piggi (Verena Kofler) und Ricky (Magdalena Lageder) – oben Der Schweineschädel als Symbol für die Irrationalität und Macht

Jugendtheater im „Jux“ Lana allem mit Licht, ein wenig Rockmusik und einigen wenigen Requisiten das Überleben der nach einem Flugzeugabsturz auf einer pazifischen Insel „gestrandeten" acht Mädchen nachvollziehbar und stimmig nachgezeichnet.

Wenn der Fluss des Stückes bei der vorletzten Aufführung am Dienstag, 18. November, auch nicht immer gegeben war, die Charaktere einzelner Figuren manchmal etwas deutlicher hätten sein können und der (echte!) Schweineschädel

nicht dasselbe symbolische Gewicht erhält, wie im Buch, so haben Götsch, Walcher und die Theatergruppe die wesentlichen Punkte in Goldings Parabel spannend und angemessen düster umgesetzt: Das Auftauchen eines Monsters in

Form des in den Bäumen hängenden toten Piloten, die Spaltung der Gruppe, der Raub des Feuers, die Überläufer, das Kippen der Machtverhältnisse und die Rettung am Ende, die bitter ist, denn das Spiel von Gehorsam und Schwäche wiederholt sich. (rhd)

Im Hintergrund, aber wesentlich: Roland Leitner (Bildmitte) an Gitarre und zweiter Stimme

Fotos: Andrea Lüpke

Fuchs an der Sologitarre: Christian Kaufmann mit seiner Fender Telecaster

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überzeugende Bühnenpräsenz und erstaunliche Gelassenheit. Martina McBride, die „Dixie Chicks", Dolly Parton, das sind die Frauenstimmen, die Heidi nach eigenen Aussagen am besten liegen und deren Songs sie auch mit „Jambalaya News" singt. Country jedoch nur auf die Stimme zu reduzieren wäre völlig falsch. Um diese Richtung angemessen live umzusetzen, bedarf es einer guten Rhythmussektion, einiger Chorstimmen und, nicht zuletzt, eines möglichst fingerfertigen Sologitarristen. Als Michael Lintner mit Roland Leitner beschlossen hatte, „Jamabalya" als „Jambalaya News" neu zu starten, wollte er diese Parameter dann auch einhalten: Für das Schlagzeug konnte er den

Bozner Rino Cavalli gewinnen, am Bass steht der denkbar vielsaitige und erfahrene Allrounder Andreas Marmsoler und die zwei Rhythmusgitarren und Zweitstimmen steuern Lintner und Leitner bei, die Mitte der Achtziger Jahre zusammen in Bands spielen. Blieb nur noch die Sologitarre. Der Namen von Christian Kaufmann zirkulierte bereits seit einiger Zeit als der eines sehr talentierten jungen Gitarristen, der in vielen Stilrichtungen sattelfest wäre und sowohl technisch als auch gefühlsmäßig hohe Standards einhalten würde. Kaufmann hat das Angebot angenommen und ist – wie Heidi Capovilla – ein wahrer Glücksgriff für „Jambalaya News", zumal Kaufmann selbst zeitgenössische Country-Gitarristen wie Brent Mason

und Brad Paisley zu seinen absoluten Favoriten zählt. Zu dieser sechsköpfigen Grundformation können nach Bedarf und Möglichkeit noch der aus der Nähe von Mantova stammende Profi-Geiger Anchise Bolchi und der Grödner Pedal-Stellgitarrist Thomas Vinatzer dazustoßen. „Jambalaya News" setzt sich also zur Hälfte aus Musiker zusammen, die nebenbei arbeiten und zur Hälfte aus Musikern die davon zu leben versuchen. Für Lintner, der die organisatorischen Fäden zieht, ist dies eine Herausforderung. Dass ihm das gelingt beweist der Umstand, dass es neben Auftritten in Deutschland und regelmäßigen Konzerten in Südtirol auch ganz bewusst das eine oder andere Benefizkonzert spielen. Im Idealfall stehen bei „Jambalaya News" acht Musiker auf der Bühne. Ich Vergleich zu den fünf Jahren mit Falvio Delladio haben sich - abgesehen von der Frauenstimme auch einige Veränderungen erge-

ben. Roland Leitner: „Das Programm ist etwas lebendiger geworden und wir achten jetzt darauf, dass sich die Songs nicht von Auftritt zu Auftritt verändern. Wir sind jetzt vielleicht ein bisschen konzentrierter bei der Sache und uns gelingt es die Songs, so wie wir sie im Proberaum erarbeiten auch auf die Bühne zu bringen ohne dass das Feeling der Songs verloren geht." Der nächste Termin von Jamabalya News: Heute, 21. November, 21 Uhr, im Klunz Pub & Winehouse in Völs. Info: www.jambalaya.it


Tageszeitung

Ernten Anerkennung von der einschlägigen Musikpresse: Die Brunecker Sense of Akasha

Freitag, 21. November 2008 Nr. 232

Neu aufgelegt und international vertrieben: Das Album „People do not know who rules“

„Roots in music, branches everywhere": Die Wurzeln in der Musik, die Zweige überall, das Credo von „Riff Records"

Sense of Akasha Der offizielle Release eht da gerade ein neuer Stern auf? Liest man sich die Rezensionen durch, die mittlerweile von „People do not know who rules" in der italienischen und der deutschen Musikpresse erschienen sind, dann könnte man zumindest anfangen daran zu glauben. Die Brunecker „Sense of Akasha" gehen die Sache jedenfalls konzentriert und be-

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harrlich an, und das erste Feedback aus den Musikredaktionen ist ein erster Beleg für das Potential der Band und des Albums. „People do not know who rules" ist im Frühsommer als Eigenproduktion erschienen und die Band hat diese Auflage vor allem zu, wie man sieht, Früchte tragenden Promozwecken verwendet. Das Album erscheint nun über das

Monumentale Kulissen: Die „Kastelruther Spatzen" beim diesjährigen Spatzen-Fest

Fotos: Götsch/Niederkofler

Mega-Spatzen

relativ junge und engagierte Bozner Label Riff-Records, das sich um die Veröffentlichungen von Bands wie „Eugènie" (Bozen), „El Thule" (Bergamo) und „Phidge" (Bologna) kümmern. Dank RiffRecords wird das mit einer neuen Verpackung versehenen Album nicht nur italienweit über „Hongly" vertrieben, sondern kommt auch über „Code 7" in englische Läden

und kann via iTunes-Musicstore als Download gekauft werden. Anfang November haben „Sense of Akasha" ihr Video zu „Make me real" offiziell bei „The Screening" in Bozen vorgestellt und haben dafür verdiente Anerkennung erhalten. Die Zeichen stehen demnach gut. Trotz guter CD und gutem Video, sind „Sense of Akasha" aber vor allem eine Liveband. Davon überzeugen kann man sich bei den zwei Präsentationskonzerten, die für „People do not know who rules" geplant sind: Samstag, 22. November (also morgen!), 20.30 Uhr im „bunker" in Haslach/Bozen und am Freitag, 19. Dezember im Pukanaka in Bruneck. (rhd)

Norbert Rier und das Filmteam: Günther Götsch (Bildmitte) und Andreas Niederkofler (links)

n der volkstümlichen Musik wurde immer schon alles ein bisschen überzeichnet und Superlative gehören zum Grundwortschatz der Texter. Das wissen wir, wenn wir den Bands und Duos auf

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Die Stimme macht's: Kameramann Niederkofler im Fotograben

den Wiesenfesten oder bei Bällen oder im Radio zuhören und kurz auf den Sinn überprüfen. Da sind die Kastelruther Spatzen keine Ausnahme, wiewohl sie als einzige aus dieser Musikrichtung selbst für Superlativen stehen: die Langlebig-

keit der Gruppe, die Beständigkeit des Erfolges, die Verkaufszahlen ihrer Tonträger und, nicht zuletzt, die Besucherzahlen beim jährlichen „Spatzen-Fest" in Kastelruth. 50.000 waren es heuer, die das dreitägige Festival besucht haben, das ja auch schon zum 24. Mal stattfindet! Wenn Norbert Rier dann singt, „Größer als der Everest ist

das Kastelruther-Spatzen-Fest", dann sei ein Auge zugedrückt, denn diese Gruppe ist ein Phänomen. Filmemacher Günther Götsch und Kameramann Andreas Niederkofler haben einen Blick hinter die Kulissen des „Spatzen-Festes" geworfen und einen Film daraus gemacht. Zusehen: Freitag, 21. November, 21.25 Uhr, im Sender Bozen. (rhd)


Frei.wild live in Berlin, am Samstag, 14. November 2008

Tageszeitung Freitag, 21. November 2008 Nr. 232

NEWS Ska in Naturns

Jokerface Morgen, Samstag, 22. November, werden die Naturnser „Jokerface" mit den beiden Bands „Bluekills" (München) und „Enjoint" (Padova) die dritte, ganz dem traditionellen Ska gewidmete „Roots-Night" im „JuZe" Naturns bestreiten. Die Woche darauf, vom 26. zum 29. November gehts dann zu drei Konzerten nach Deutshcland, nämlich nach Berlin, Würzburg und Schramberg.

Berliner Vertragsverhandlung Was Plattenfirmen auch sehen: Das Potential von Frei.wild

Fotos: Walter „Telly“ Eschgfäller

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Programm Radio „Freier Fall“ Freitag, 19.40 – 23.00 Uhr RAI Sender Bozen DAS PROGRAMM FÜR HEUTE: CD der Woche: Polarkreis 18 "The Colour of Snow" Die Jazzsängerin Judit Pixner und ihre CD "Kein Weg zu weit" The Witch: Hexentanz mit Strom. Interview mit dem Schlagzeuger Simon Plaickner Peter Grünfelder: www.kultur.bz.it Martin Kaufmann + 30 Jahre Filmclub Bozen Nähere Infos: http://radiofreierfall.blogspot.com Diskussion: www.stmb.net (South-Tyrolean Music Board)

Mitarbeiter gesucht Wer sich über die Aktivitäten der Südtiroler Musiker und Bands informieren will, der kommt am Blog von airbagpromo.com – und an „Headliner" ;-) – nicht vorbei. Ein Gruppe jun-

In Berlin der Zukunft wegen: 3/4 von Frei.wild vor dem Brandenburger Tor

ls die Eisacktaler Band Frei.wild letzten Freitag mit ihrem Lieferwagen die knapp 1000 Kilometer Richtung Berlin in Angriff nahmen, dann hatten sie zwei Ziele: Zum einen war am Samstag Abend in der Berliner Columbia Halle ein Konzert der vom offiziellen Böhse OnkelzFanclub B.O.S.C. organisierte

airbagpromo.com

Onkelz-Fans kennen die Texte von Frei.wild auswendig, auch in Berlin

„Böhse unterwegs"-Tour zu spielen, zum anderen waren zwei Treffen mit Vertretern zweier Plattenfirmen arrangiert. Frei.wild sind nämlich seit den Geschehnissen Ende September frei von jeglichen Verträgen und gewissermaßen an einem Punkt angelangt, wo sie sich neu orientieren müssen. Sollen sie weitermachen wie bisher? Oder sollen sie den Schritt Richtung Professionalität wagen? Auch wenn die Vertreter der beiden Plattenfirmen den 1.1. des nächsten Jahres als Beginn der neuen Zusammenarbeit anpeilen, so ist Gelassenheit und wohl überlegtes Handeln angebracht. Frei.wild sind sich dessen bewusst, dass der Zeitpunkt für eine Wende in ihrer Karriere eingetroffen sein könnte und nutzen als Entscheidungshilfe auch die Erfahrung von Walter Eschgfäller. Eschgfäller hat im Laufe der Jahre viel Vertragswerk zu Gesicht bekommen,

er kennt die Handlungsweisen, Praktiken und Möglichkeiten im Musikgeschäft. „Ich habe mir von den Treffen nichts erwartet." sagt Eschgfäller, der Frei.wild seit Jahren kennt und die Band nach Berlin begleitet hat. „Ich war aber total überrascht, als ich die zwei Vertreter von Warner Music Group Germany reden hörte. Die haben die Band gewissermaßen bereits seit zwei Jahren im Auge und waren hervorragend informiert über Frei.wild." Nicht ganz so groß wie die Warner Music Group Germany ist die New Music Distribution, die ebenfalls aus Hamburg für Frei.wild nach Berlin kamen. Wie groß das Interesse von New Music Distribution an der Band ist belegt der Umstand, dass sie einen Unterschrift reifen Vertrag vorlegten. Das von den Vertretern der beiden Plattenfirmen an den Tag gelegte Interesse wird wohl auch eine gewissen Wirkung auf die Band gehabt haben, denn Philipp Burger und Co. spielten laut Eschgfäller ein erstklassiges Konzert vor der mit 2000-2500 Onkelz-Fans gefüllten Columbia Halle. Hinter der Bühne trafen Frei.wild zudem auf Weidner, Kevin und Pe, 3/4 der Böhsen Onkelz, deren Musik, obwohl sich die Band 2005 aufgelöst hat, nach wie vor eine beeindruckend große Anhängerschaft hat. (rhd)

ger Leute bemüht sich seit mittlerweile einem Jahr die vor allem jungen Bands durch diese Plattform zu unterstützen und Neuigkeiten aus der Szene weiterzugeben. airbagpromo.com bietet die Gelegenheit der Mitarbeit für alle, die Lust am Schreiben haben. Email genügt: airbagpromo@gmail.com

Ufo-Bruneck

Metal-Covers Bands, die die Song ausschließlich einer Gruppe spielen, haben in den letzten Jahren ständig zugenommen. Im Ufo Bruneck sind gleich vier davon zu hören: „Hollywood Rose" (Guns'n'Roses) aus Ungarn, die beiden italienischen Bands „B.K.K." (Korn) und „Orion" (Metallica) und die Pustertaler „Mad Mecanics", die ihre Seele an den Metal der Achtzigerjahre verloren haben, sich aber vor allem auf „Iron Maiden" konzentrieren werden. Der Termin: Samstag, 22. November, 20.30 h, Ufo, Bruneck.


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