VE-News 2-2010

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ausgabe

Vereinszeitung Virtual Endurance Racing-team

+++Kostenfreies Exemplar +++

2/2010 www.veracing.de

+++ Heft 02 +++

Seiter/Ladits dominieren auch in Portugal

+++ in dieser Ausgabe +++

Panorama

Auch die anderen teilnehmenden Fahrzeuge von VE schlugen sich zumindest teilweise beachtlich: der LMP1 von Perko/Flemming konnte zwar die absoluten Topzeiten der Führenden in dieser Klasse, NoLimit

Simracing ABC (2) In unserer beliebten Reihe „Wissen rund ums Simracing“ geht es diesmal um einen Gegenstand, der immer wieder zu heißen Diskussionen, Flüchen, Liebesbezeugungen und ähnlichen Spontanhandlungen wie „Ich schmeiß die vermaledeite Kiste aus dem Fenster!!“ Anlass gibt: den Server.

I und Core Motorsport, nicht ganz mitgehen, belegte aber letztlich einen vierten Rang, nahm 10 Punkte mit nach Hause und liegt damit nach drei erfolgten Wertungsläufen auf einem Podiumsplatz in der Wertung der LMP1-Klasse, ebenfalls mit komfortablem Vorsprung auf den Viertplatzierten. Der Aston Martin (Wagner/Bonkowski) aus der GT1-Klasse konnte zumindest deutliche Fortschritte gegenüber dem Rennen in Paul Ricard verbuchen: nachdem man im letzten Rennen unglücklich am Strand der französichen Kiesbetten angelandet war, wurde diesmal tapfer durchgehalten bis zum Schluss und der Brite in VE-Farben über die Ziellinie bugsiert - 13 Wertungspunkte insgesamt und ein sechster Rang in der Ge-

samtwertung seiner Klasse sind durchaus beachtenswert. Deutlich besser liegt der erste GT2Porsche von VE mit Lamm/Bourouis/Noffke: Auch wenn das PortimaoRennen nicht optimal verlief, so liegt man immer noch deutlich in Führung in der Klassenwertung, auch wenn die Konkurrenz lansgam aufzuholen scheint. Nichtsdestotrotz wird man sich Mühe geben, den Platz an der Sonne so lange wie möglich zu verteidigen. Das zweite GT2-PorscheTeam, Immer/Nevi, sucht dagegen momentan noch seine Form und liegt auf einem mittelprächtigen fünften Platz der Klassenwertung. Das nächste Rennen am Nürburgring wird Aufschluss geben, in welche Richtung die Entwicklung demnächst stattfinden wird.

Neulich im L.O.V.E-Motorhome... Das L.O.V.E-Motorhome ist eine in der Simracing-Szene mittlerweile durchaus bekannte Location - umgeben vom Nimbus des Brisanten und Anrüchigen wabert der Name hie und da durch die diversen Foren. Für die neueste Ausgabe von VENews durften unsere Reporter einen näheren Blick hinter die Kulissen dieses Betriebes werfen - und enthüllen, was sich wahrhaftig hinter der glitzernden Glasfassade des Motorhomes von Virtual Endurance

Racing abspielt. Nicht ganz mit der Brisanz der Wikileaks-Veröffentlichungen, aber immer noch brisant genug...

Interview mit F. Ladits

3,4

Rennbetrieb

5,6

Wissen

Der erneut siegreiche LMP2 des Routinier-Duos Seiter/Ladits überholt in Portumao den GT2-Porsche des Ace-. Pistons-Racingteams. Im Hintergrund setzt der Zytek von Perko/Flemming zum Überrunden an.

(Portimao, 11.11.2010:) Zweiter Sieg für das LMP2-Team in der zweiten Saison der RLMS: Mit einer bravourösen und nahezu fehlerfreien Leistung katapultierte sich das Duo Seiter/Ladits auf den ersten Rang der Klassenwertung und kann mittlerweile mit einem beruhigenden Polster von 18 Punkten auf den Zweitplatzierten, NoLimit-Motorsport LMPII, zurückblicken. Die beiden Altmeister konnten damit auch in dem Normalwertungslauf von 2:45h Dauer zeigen, dass sie momentan das Maß der Dinge in der LMP2 sind.

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+++ Editorial +++

Liebe Leser, die bereits zweite Ausgabe von im Jahr 2010 wird hiermit veröffentlicht - rechtzeitig zum nächsten großen Teamevent, dem 1000-km-Rennen in der RLMS am Nürburgring. Im Zentrum der diesmaligen Ausgabe von VE-News steht Friedrich Ladits: nicht genug damit, dass Ladits im Interview einmal mehr Brutus B. Brummer Rede und Antwort stehen muss, nein: zusätzlich verfasste Ladits eine ausführliche Vorschau auf den dritten RLMS-Lauf und kümmerte sich sehr wesentlich um weitere Gestaltungselemente der diesmaligen Ausgabe der News. Ein herzliches Danke dafür an dieser Stelle, Fritz! Die letzten Wochen waren für VE teils auch Wochen des Abschieds: so wurde z.B. das Ende der AVRSÄra 2010 eingeläutet, und die Teilnehmerzahlen im GT3-Cup aus Teamsicht werden auch immer übersichtlicher. Weitere Infos dazu im hinteren Teil der Ausgabe. Da es vermutlich vor Weihnachten nicht zu einer weiteren VE-NewsAusgabe kommen wird, sei an dieser Stelle schon einmal allen Lesern ein frohes, ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest gewünscht! F. Ladits

N. Nevi


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Panorama

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Neulich im L.O.V.E-Motorhome Eine Party. Eine Siegesparty? Eine Geburtstagsparty? Egal: bei VE Racing gibt es immer was zu feiern! Der Partyraum ist in tiefes Dunkel gehüllt. Plötzlich gelbe, rote und blaue Spots mitten auf die Bühne. Noah Nevi hechtet mit einem Satz auf die Bühne. Ganz in schwarz gekleidet, sein wallendes Haupthaar nur von einem Stirnband gebändigt. Aber halt - was ist das? Ein pinkes Stirnband mit einer gelben Aufschrift... Moment, es ist sehr schwer zu entziffern - ja, jetzt hab ichs... Sweet Candy!!!! ???? Egal - auf jeden Fall schnappt er sich die Baßgitarre, das Mikro und brüllt „Eyyyyyyyyyy“ langsam erhellt sich die Bühne. On the Drums Stefan Seiter, der seine Sticks fest im Griff hat, Hassan B. an der Leadgitarre, Matze Lamm an den Percussions

Gratulationen

und Friedrich Ladits am Keyboard. Zu den Klängen von „ Smoke on the Water“ nickt Teamboss Noffke, umringt von zahllosen Groupies, während Klaus Immer mit Udo Wagner und Thilo Bonkowski das an Anzahl reiche Sortiment der Bar inspiziert. Im Anschluss an Deep Purples Kracher intoniert nahezu perfekt Stefan

Virtua Racing ist ein Arcade-Rennspiel aus dem Jahr 1992, entwickelt von Sega-AM2. Es war eines der ersten Rennspiele, das ausschließlich auf Polygon-Grafik zur Darstellung setzte.

Teamsenior Thilo Bonkowski feierte seinen weißwievielten Geburtstag im Kreise der VE-Lieben ausgiebig und intensiv - befragt nach der Jahreszahl des Geburtstages konnte der Jubilar nur ein unvernehmbares Krächzen herausbringen, was entweder am übermäßigen Genuss von Zigarren und Alkohol gelegen haben muss oder am zu lauten Mitsingen zu einschlägigen Songs der VE-Band (siehe Beitrag „Neulich im Love-Motorhome“).

Der Spieler hat die Wahl zwischen drei verschiedenen Fahrzeugen und drei Strecken, die nach Schwierigkeitsgrad unterteilt sind. Das Spiel kann wahlweise alleine oder zu zweit gespielt werden. Sensationell war damals das Geschwindigkeitsgefühl, welches die Grafik (Alles bestand nur aus Dreiecke ohne Texturen) nicht zunichte machen konnte.

Herzlichen Glückwunsch!

In der Zwischenzeit leert Boris Perko in fernen Erinnerungen versunken mit starrem Blick den nächsten Zombie in sich hinein. Offensichtlich wird das ein schwerer Tag für Boris. Nun nimmt Hassan B. das Mikro an sich,

Während sich im Partyraum Alkoholleichen mit halbnackten schwitzenden Körpern vermischen, ist es an der Zeit, dass sich die „Free Endurance Band“ auflöst und sich der Extase der Party hingibt. Mit einem Wort: eine ganz normale VE Racing Party.

Review: Virtua Racing

Nach den ganzen Glückwünschen zu wichtigen Ereignissen wie Geburt, Opa werden und Arbeit übernehmen ist es nun an der Zeit, zu den „profanen“ Feiertagen im Leben zurückzukehren:

Kurze Zeit später erreichte Boris Perko mit 33 die dritte Schnapszahl in seinem Leben - ein Ereignis, welches natürlich standesgemäß unter Verabreichung von ausreichend ebendiesem Getränk gefeiert wurde.

Seiter „Cry Baby“ von Janis Choplin. Wie sein Vorbild reißt er sich das TShirt vom ähmm naja Körper.....

blickt Matze Lamm tief in die Augen und stimmt voller Gefühl Joe Cockers Hit „You are so beautiful“ an. Matze Lamm geht vor Rührung zu Boden. Oder war doch die Mischung aus natürlichen und chemischen Rauschmittel en masse? Nun wuchtet sich auch Teamboss Marcus Noffke auf die Bühne und es folgt der obligatorische VE Racing Hit... na was wohl...nein nicht „We are the Champions“ sondern „ Du schwarzer Afghane“.

Ich kann mich noch erinnern, Urlaub in Italien, ich habe den ganzen Tag am Strand gewartet, dass es Abend wird um mit meinem Sohn in die Spielhallen zu gehen. Token gewechselt und ich bin gefahren was das Zeug hält. Ab und zu ein wenig Air Hockey mit Reinhard gespielt und sofort wieder auf die Rennstrecke... Wenn man sich die heutigen Sims ansieht, ist es kaum zu glauben, welch rasante Entwicklung da

statt gefunden hat. Und wenn man sich die riesigen Platinen von damals ansieht, kann man kaum glauben, dass dies erst ein paar Jahre her ist. Heutzutage beschwert man sich schon, wenn es beim Onlinegamblen mit 40 Mann am Server ein wenig ruckelt... Da die meisten von uns doch schon ältere Semester sind, können sie si-

cher meine nostalgischen Gefühle für diesen Spielautomaten verstehen und nachvollziehen. Erst wieder SEGA Rally konnte meine Begeisterung fürs Arcade Racen in der Spielhalle einigermaßen wecken, aber da gabs ja schon das Game auf den Sega Saturn und kurz darauf GP 2 für den PC...damit begann eine große Rennspielliebe, die bis zu VE Racing geführt hat. FL

„Simracing“ aus der Frühzeit: Virtua Racing von Sega aus dem Jahr 1992. Und auch wenn Grafik und Physik nicht ganz dem heutigen Standard entsprechen: Spaß haben konnte man damit allemal!


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Interview

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Interview mit Friedrich Ladits

„Das Einzige, was Österreicher und Deutsche trennt, ist die gemeinsame Sprache! “ Einen weiten Fahrtweg durchs südliche Alpenvorland bis in die Nachbarrepublik Österreich musste VENews-Reporter Brutus B. Brummer zurücklegen, um einen der Hauptakteure des Teams VE-Racing, Friedrich Ladits, zum Interview vor das Mikrophon zu bekommen. Ladits, erst vor kurzem erneut Vater geworden, öffnet nach längerem Klingeln völlig verschlafen die Tür und winkt den angekündigten Besuch wortlos hinein in den gemütlichen Wintergarten, der von Pflanzen unverkennbar kolumbianischer Herkunft vollgestopft zu sein scheint. Der Kamin prasselt leise vor sich hin, Kinderspielzeug liegt verstreut auf dem Fußboden. In der Ecke steht achtlos weggeschobenes, aber hochprofessionelles Simracing-Equipment, der Monitor ist mit Babystramplern verdeckt, das Lenkrad dient als Haltevorrichtung für diverse Lätzchen. Wie von Geisterhand erscheint Stefan Seiter in seiner Butlerkleidung, reicht worlos dem Gastgeber und dem Reporter zwei große Tassen Kaffee an und verschwindet blitzartig wieder in einer dunklen Nische. Brummer reibt sich darob verwundert die Augen, Ladits erscheint dagegen völlig ungerührt. Während Ladits den Kaffee in einem Zug leert, nippt Brummer zunächst nur leicht: spontan quillen seine Augen vor, die Pulsschlagader am Hals verdoppelt ihren Durchmesser und ein hektisches Zucken nimmt seinen Lauf durch Brummers Körper. Nur unter leichten Sprachschwierigkeiten kann der Reporter das Interview beginnen. In Ladits‘ Augen hingegen ist ein feuriges Glimmen zurückgekehrt. BB (stammelnd): Äm, Herr Ladits erst mal danke für die freundliche Einladung zu Ihnen nach Hause! (Ladits winkt generös ab, verschränkt die Arme über der Brust und wartet). Für das VE-News-Magazin würden wir gern ein paar Fra-

gen loswerden - zum Beispiel diese: Wie beurteilen Sie Ihre eigene Position im Team als einziger Österreicher - und dann noch als Manager des Ladens äh pardon des Teams? FL (kneift leicht die Augen zusammen, der Blick wird hart, knarzt in bestem Österreichisch los): Kein guter Beginn, mein Freund! (Brummer zuckt zusammen, Ladits erhebt belehrend den Zeigefinger) Das Einzige, was Österreicher und Deutsche trennt, ist die gemeinsame Sprache! Wir bei VE-Racing sind sowieso ein internationales Tam, da spielen solche kleingeistigen Begriffe wie „Nationalität“ und „Herkunft“ keine Rolle! Schau mal (beginnt an den Fingerspitzen abzuzählen): der Flemming Seb kommt aus dem Osten, der Perko Boris aus Slowenien, der Bourouis Hassan aus Algerien... (bleibt beim siebten Finger hängen, grübelt kurz) ... mhh..... egal: (springt kurz auf und wird laut): Wir sind alles VE Racing, Männer! Alles andere zählt nicht - oder um Hans Krankl zu zitieren: alles andere ist primär! (setzt sich wieder hin, nicht ohne einen vorsichtigen Blick nach oben ins Treppenhaus zu werfen) BB (mittlerweile wieder beim Blutdruck 120:80 angelangt, lauscht ebenfalls nach oben, wendet sich aber schnell wieder dem Interviewpartner zu): Ah ja. Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zu Ihrem Chef Marcus? FL (ehrlich verwirrt): Wieso Chef? BB (ebenfalls verwirrt): Ja, der Boss! Marcus Noffke! FL (lacht verstehend auf): Ach DER Marcus! Also: ich kann nur sagen, er ist ein feiner Kerl. Ohne ihn und Stefan wäre ich nicht mehr beim Simracen...(ein wehmütiger Blick wandert in Richtung des klamottenverhängten Rigs) BB: Wo wir gerade beim Begriff „Chef“ sind: Sie selbst gelten ja als

der (wirft einen kleinen Blick auf seinen Spickzettel, den er erfolglos unauffällig im Hemdsärmel platziert hat) Manager des VE-Teams. Wie stehts denn aus Ihrer Sicht so um die pekuniären Positionen bzw. aus welcher Wertschöpfungsquelle entstammen die Millionen, die nötig sind, um diesen doch recht ausgeweiteten Rennbetrieb in Gang zu halten? FL (dessen Mund sich zu einem schmalen Strich zusammenzieht): Wenn ich dir das alles erzähle, mein Lieber, dann findest du dich schneller im Meer wieder, und zwar versehen mit Betonpatscherln der sizilianischen Art, als du bis Drei zählen kannst - falls du das kannst. Diese Betonpatscherl sind übrigens eine wirkliche Spezialität unseres Hauses: Jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet haben uns quasi zum Weltmarktführer gemacht, eine nette Nebeneinnahmequelle obendrein... BB (hektische Blicke um sich werfend): Ist ja schon gut, ich hab ja schon von Marcus solche Andeutungen vernommen... FL (blickt verständnislos): Hä? Der kann doch noch gar nicht sprechen! BB (rollt die Augen nach oben): Nene, ich mein den Chef. Aber sicherlich verraten Sie mir, wofür diese ganze Irrsinnskohle wieder rausgeworfen wird? FL: Puh, wenn ich das wüsste... (gerät ehrlich ins Grübeln) Eigentlich zahl ich dafür, für alle das Hausmädchen zu spielen, frag mich manchmal selbst, wo das alles hingerät! An Gehalt bekommmt hier jeder, was er verdient. Das muss nicht immer Kohle sein, möchte ich bemerken weitere Infos dazu bitte bei den Fahrern einholen. Und die Groupies alleine im L.O.V.E-Motorhome müssen natürlich unterhalten werden. Der Fuhrpark ist natürlich auch nicht zu verachten - einem Matthias Lamm

zum Beispiel stellen wir einen DTMRenner, einen RLMS-GT2-Porsche, einen Nascar-Boliden und diverse Trainingsfahrzeuge zur Verfügung das läppert sich natürlich. Wenn man dann noch bedenkt, wie viele Beulen die Jungs an den Kisten jeweils aus den Trainingssitzungen mitbringen, dann wird mir immer ganz schwummrig - (wird lauter. Seiter erscheint aus seiner Nische und tupft dem Manager mit einem weißen Handtuch die erhitzte Stirn ab) also könnte man nicht mal ein bisschen so tun, als würde das Ganze hier auch Kohle kosten! (beruhigt sich schnell wieder, Seiter verschwindet erneut) Dazu dann unsere Anwälte, die die Steuerhinterz.. äh Steuerangelegenheiten ein bisschen im Blick halten, auch wenn mein Butler äh Stefan Seiter einen Großteil davon übernimmt, aber Steuerrecht ist nicht sein Spezialgebiet, und und und... und sowieso sind Sponsoren heut auch nicht mehr das, was sie früher waren: nämlich brave stille Unterstützer einer Mannschaft, sondern heute erwartet man tatsächlich Gegenleistungen - absurde Vorstellungen so was... (schüttelt den Kopf) aber Marcus hält den Laden hier trotzdem ordentlich zusammen, muss man sagen. BB (glotzt): Wie macht er das denn - in dem Alter? FL (zieht eine Augenbraue nach oben): Mein Gott - ich mein natürlich den Chef! BB (nickt verständnisvoll): Ah - also das Geldliche, so was kenne ich... mir zahlt auch niemand was, nicht mal für diese absurden Interviews hier... Sind Sie eigentlich mit dem bisherigen Saisonverlauf bzw. der Leistung des Teams und Ihrer eigenen Fahrleistung zufrieden? FL: Als Fahrer bin ich momentan mehr als zufrieden, ich musste ja mein Fahrprogramm drastisch redu-


Interview

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Interview mit Friedrich Ladits (Fortsetzung)

zieren wegen Marcus. BB: Nanu, hat Sie der Chef so eingebunden in die Arbeit, dass Sie nicht mehr zum Fahren kommen? FL (ungeduldig): Quatsch! Ich mein den kleinen Nachwuchs hier im Haus, um den man sich ja auch ein wenig kümmern muss! Aber back to topic: ich bin total happy mit dem Team mit der RLMS, klar - es läuft ja eigentlich mehr als ausgezeichnet. Seit meinen Operationen ist die Leistung zwar etwas reduziert - aber was solls. Wir werden ja alle schließlich nicht jünger, oder? (schlägt Brummer jovial lachend zwischen die Schulterblätter) BB (reibt sich verstohlen die schmerzende Schulter): Werden wir doch durchaus mal was privater - was hat sich denn so seit der Geburt Ihres Jüngsten so verändert? FL: Oha, da gibts so einiges... augenscheinlich weniger Schlaf, auch wenn man das mir sicherlich nicht ansieht, oder? (blickt drohend) BB (geflissentlich bemüht, die roten Ränder und beängstigend tiefen Augenringe seines Interviewpartners zu ignorieren): Nein Nein! FL: Also abgesehen vom Schlafmangel sind die Auswirkungen natürlich drastisch (senkt die Stimme

dramatisch). Ich komme kaum zum Trainieren, dazu mussten alle Serien außer der RLMS abgesagt werden es geht zeitlich einfach nicht aus. AVRS, PMSC, GTL auch Nascar oder die Truck Serie...keine Chance, leider... (blickt trübe drein) BB (beeilt sich, einen fröhlicheren Tonfall anzuschlagen): Aber Marcus hat doch sicher auch positive Aspekte? FL (unwirsch): Über den Chef haben wir doch oben schon genug gequatscht - muss das nun noch mal sein? BB (ebenfalls unwirsch): Mann - ich mein doch den Kleinen! FL (schlägt sich vor die Stirn): Ach so! Ja, natürlich! (Augen blitzen auf, das Leben kehrt förmlich in die ausgezehrten Wangen zurück) Einfach sensationell! Man fühlt einfach ganz anders, wenn man in dem Alter noch Vater wird. Alles ist intensiver, schöner, man ist aber auch gelassener und lockerer. Man fühlt aber viel bewusster. Ich bin froh wieder, bei der Geburt dabei gewesen zu sein, das dritte Mal bereits... (schwärmt weiter) das sind einfach magische Momente, die man nicht in Worte hüllen kann, das muss man erleben.ich könnte noch stundenlang darüber reden...

BB (kurz eingenickt, ruckt mit dem Kopf nach oben): Bitte nein - äh ich meinte: wie schön! Wie ausnehmend schön! (überfliegt hektisch seinen Spickzettel auf der Suche nach Alternativfragen). Was ganz anders mal: es kursieren Gerüchte, nach denen Sie einen Teil Ihrer Trainingszeit in anderen Welten, genannt „Anno“, verbringen sollen. Ist da was wirklich dran? FL (nickt kurz): In der Tat - das ist ganz einfach zu beantworten. Erstens ist es total stressfrei, denn da hab ich alle Zeit der Welt kann auch dabei Marcus halten und versorgen (BB blickt angewidert, FL reagiert barsch) - ach Mensch, ich mein doch meinen Sohn! (BB entspannt sich erleichtert) - und die Versorgung eines Kleinkindes ist beim Simracing etwas schwierig wie man verstehen wird. Außerdem kann ich hier alles das ausleben, was ich im Real-Life als Finanzverantwortlicher unserer Gemeinde nicht darf (reibt sich verstohlen die Hände): Die Leute in den Arsch treten, die Steuerschraube bis ans Maximum drehen und als Korsar fremde Gemeinden öhhh Inseln überfallen....Im Team geht das ja auch nur ganz selten und da nur im Dungeon, aber das ist eine andere Geschichte...

... und die wir hier auch sicher nicht vertiefen wollen, es soll auch mindejährige Leser von VE-News geben! Noch eine wichtige Infos an die Massen da draußen, was zukünftige Teamaktivitäten angeht? FL: Als nächstes möchte ich einen Teamausflug in den kolumbianischen Dschungel anregen, das schweißt zusammen, das kann ich dir garantieren! Inspiriert wurde ich von der französischen Nationalmannschaft, die vor dem WM-Turnier ein Survival-Training in den Alpen angegangen hat. Ich weiß jetzt nicht genau, wie erfolgreich die Truppe im Turnier gewesen ist, weil Fußball nicht so mein Fach ist, aber es klang alles recht schlüssig! BB (ungläubig): Ah ja. Na, dann wünsch ich guten Flug nach Bogota, danke für den Tabak äh fürs Interview! Ich find den Weg schon alleine raus. Grüßen Sie Marcus von mir! (stolpert in Richtung Haustüre über diverse Lego-Bauklötze und Spielzeugautos in VE-Lackierung) FL (schaut verständislos hinterher): Wieso das? Bei dem war er doch zum letzten Interview... (die Haustür schlägt zu)

BB (rollt seinen Zettel zusammen):

Der Niki Lauda des Simracings, Friedrich Ladits, mit voller Beleuchtung unterwegs im fanzösischen Zwielicht von Paul Ricard.


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Rennbetrieb

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RLMS: Vorschau Nürburgring Am Samstag, dem 11.12.2010 findet ein weiteres Langstreckenrennen im Rahmen der RLMS statt. Austragungsort dieser Veranstaltung ist der GP Kurs Nürburgring. Die traditionelle Rennstrecke ist in der Variante GP Kurs 5,148 km lang. Das ergibt bei einem 1000 km Rennen 195 Runden für den Sieger. VE Racing wird wieder fünf Autos an den Start bringen: Den auf P 3 in der Meisterschaft liegende LMP1-Zytec mit den Fahrern Boris Perko und Sebastian Flemming, den LMP2-Porsche Spyder mit Stefan Seiter und Friedrich Ladits, den GT1-Aston Martin mit Udo Wagner und Thilo Bonkowski und die beiden GT2Porsche mit den Fahrerbesetzungen Matthias Lamm, Hassan Bourouis, Markus Noffke bzw. Noah Nevi und Klaus Immer. Die ganze VE Racing Crew freut sich auf dieses Event. Wenn man die Meisterschaftsstände betrachtet, völlig zu Recht. Neben Core Motorsports, NoLimit und Motorsprt4all zählt VE Racing zu den größeren Teams in der RLMS. Trotzdem ist man bei VE Racing überrascht, dass es bis dato in dieser Saison so perfekt läuft. Schauen wir uns mal die Klassen etwas genauer an: LMP1: Mit Boris Perko und Sebas-

tian Flemming haben sich zwei gefunden, die nicht nur auf der Strecke, beim Setuppen und beim Trainieren gut harmonieren, sondern sie verbringen auch zusammen die Urlaube auf fernen Inseln, bei Korsaren oder einfach nur im Orient. Ein ehrgeiziges Team, das sich dadurch auszeichnet, dass sie sich gegenseitig noch weiter nach vorne pushen können, das sie annähernd den gleichen Speed fahren können. Eine ideale Mischung und somit immer für Spitzenplatzierungen gut. Ziel fürs 1000 km Rennen: Mindestens P 5 und P 3 in der Gesamtwertung verteidigen bzw. nach Möglichkeit ausbauen. Vorgabe des Teams: Podium LMP2: Mit Stefan Seiter und Friedrich Ladits treten in dieser Klasse 2 an, die schon in der Sim-Racing-Zeit schon Jahrhunderte zusammen fahren. Stefan Seiter absolut der Qualifyer in dieser Paarung und Friedrich der Reifen-, Sprit- und Taktiktester. Die beiden liegen nach drei Rennen sensationellerweise auf P1 der Gesamtwertung. Nach einem missglückten Auftaktrennen konnte mit viel Glück das Langstreckenrennen in Paul Ricard gewonnen werden. Aber aus eigener Kraft schlug man dann in Portugal zu und holte den 2. Sieg in Folge und baute die Führung

im Gesamtklassement aus. Ziel des Teams Podium und Verteidigung der Führung. Dies ist identisch mit der Teamvorgabe. GT1: Mit Thilo Bonkowski hat Udo Wagner den wohl ältesten Teilnehmer der RLMS im Auto. Beide haben zwar reichlich Erfahrung, aber meist wenig Trainingskilometer. Daher scheint die Ausgangslage im sehr stark besetzten GT 1 Feld nicht so rosig. Doch wer ins Ziel kommt wird sicher mit Punkten belohnt. Erwartungen: Die Chequered-Flag zu sehen. Auch dies deckt sich mit der Teamvorgabe. GT2: Anders sieht es hier aus. Matze Lamm, Hassan Bourouis und Boss Marcus Noffke haben zwar einen schier übermächtigen Gegner in der Klasse, trotzdem führt man die Gesamtwertung an. Obwohl die Technik im letzten Rennen dem Team einen kleinen Streich spielte und so das Podium knapp verpasst wurde, ist man für die 1000 km sehr zuversichtlich. Die Routine und Konstanz der VE-Racing-Piloten ist mit Gold nicht aufzuwiegen und der Motivationskünstler Noffke, der im Fall des Sieges versprach, eine Runde Nutten zu schmeißen, sollte genug Auftrieb für die beiden Kollegen bedeuten. Ziel: Klassensieg und Aus-

bau der Führung. Teamvorgabe Podium Der zweite GT2-Porsche hat da etwas andere Erwartungen, jedoch sagte Noah Nevi andere Verpflichtungen kurzerhand ab und wird sich wieder mehr der RLMS widmen. Klaus Immer ist ja sowieso die Verlässlichkeit in Person. Bei VE Racing hofft man nur, dass es keine Stallrivalität gibt, denn Noahs Ansage das Training zu forcieren kann man getrost auch als eine Kampfansage ans andere GT2 Team sehen. Aber Rivalität verleiht ja bekanntlich Flügel, wie man in Istanbul ja gesehen hat…… Erwartungen der beiden: Durchfahren und Punkte sammeln. Vorgabe des Teams: Endlich mal eine vorzeigbare Leistung abzuliefern und das andere GT2 Team so richtig in die Pfanne zu hauen und am Ende „Ferrari“ spielen. Das ganze Team fiebert dem Event entgegen und ist voller Mut und Stolz auf ein gemeinsames Erlebnis, einen gemeinsamen Erfolg und vor allem auf eine gemeinsame Partyy!


Rennbetrieb

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Vorzeitiger Abschluss

Mit dem siebten Wertungslauf der AVRS im britischen Brands Hatch zog das VE-Racingteam einen vorzeitigen Schlussstrich unter die Saison 2010 und meldete kurzerhand das Team komplett aus der Serie ab. Ursprünglich eingeladen für diesen exklusiven Teamwettbewerb hatte sich im Verlauf der Saison mehr und mehr herausgestellt, dass man zum einen nicht ausreichend Fahrer zur Verfügung haben würde, um die Rennen regelmäßig bestreiten zu können und zum anderen die Vorbereitungszeit nicht ausreichte, um mit der bärenstarken Konkurrenz auch nur ansatzweise mithalten zu könnnen.

stellte dann den Tiefpunkt dar, wo Noah Nevi alleine antrat und nach der fünften Runde sich selbstverschuldet ins Aus katapultierte und das Rennen beendet war. Um den weiteren Imageschaden so gering wie möglich zu halten, verzichtete man anschließend dankend auf die weitere Teilnahme in der AVRS und legte die Serie zu den Akten. Trotz der geringen Erfolge konnte man zumindest einige Erkenntnisse aus der Serie mitnehmen: nämlich

1.) in einer Profiserie wie der AVRS gibt es für ambitionierte Hobby-Fahrer wie die Fahrer von VE-Racing in der Regel wenig bis gar nichts zu holen und 2.) der Evo-Audi entpuppte sich als ein wirklich widerwärtig zu fahrendes Auto: extrem bissig auf der Bremse und schwerfällig in der Kurve, dazu auf den Highspeedgeraden mit dem Heck schwänzelnd wie eine Katze im Balzritual - das Gefährt der AVRS war schon ein wirklich sonderbarer Untersatz. Man kann nur hoffen,

dass das Fahrverhalten des Konzeptcars nicht auf die Audis der normalen Serie übertragen wird, ansonsten müsste man sich ernsthaft um die Sicherheit auf deutschen Autobahnen Sorgen machen...

Im sechsten Saisonlauf von Zandvoort hatten Udo Wagner und Noah Nevi noch gemeinsam versucht, die Teamflagge ordentlich zu vertreten die beiden Plätze am Ende des Feldes jedoch waren nicht unbedingt geeignet, in die Ruhmeshalle des Simracings aufgenommen zu werden. Der siebte Lauf in Brands Hatch

Neuanfang bei VE-Nascar Die noch junge Nascar-Serie des VE-Racingteams verkürzt die Premierensaison 2010 und wird im Februar 2011 mit neuem Elan an den Start gehen. Gründe für diesen einstimmigen Beschluss des Fahrerfeldes gibt es mehrere: - Das Regelwerk wurde an mehrere Stellen im Verlauf der Premierensaison aus- und nachgebessert, basierend auf den Erkenntnissen, die man in den bisherigen Rennen gewonnen hatte. Ein Neustart der Saison sorgt damit für Chancengleichheit zu Beginn. - Das Auswertungsverfahren wird umstrukturiert: eine von den Fahrern gewälte Rennkommission wird zukünftig Strafpunkte für Yellows und Unfälle vergeben sowie die Proteste der Fahrer bearbeiten. - Die Strafpunktanzahl wird deutlich erhöht und nach der Schwere des jeweiligen Unfalls eingestuft. - Neuanfänger der SCS müssen zu-

künftig eine Fahrschule und ein Trainingsrennen absolvieren, bevor sie die Lizenz für einen Wertungslauf erhalten - Die Rennen der SCS finden zukünftig fast immer im Zwei-WochenRhythmus statt, also deutlich häufiger als bisher. Die Übertragung der Rennen im Livestream auf Simrace.tv ist vorerst auf Eis gelegt, bis die neue Saison dann endlich losgeht. Mit zwei eingeschobenen Rennen im Januar 2011 wird man versuchen, das Fahrerfeld weiter mit den speziellen Anforderungen des Nascar-Racens vertraut zu machen und ein einheitliches Niveau herzustellen. Die hohe Zahl an Gelbphasen in den beiden letzten Saisonläufen hat gezeigt, dass deutlich mehr Disziplin im Feld erforderlich ist, damit die Rennen auch einmal mit längeren Grünphasen bestritten werden können. Positiv hervorzuheben ist die nach wie vor optimistische Grundeinstel-

lung nahezu aller Fahrer und die hohe Bereitschaft, weiter an der Verbesserung der Qualität der Rennen und der Serie zu arbeiten: es bleibt zu hoffen, dass die anvisierten Veränderungen und gemeinsamen Anstrengungen dazu führen, dass die nächsten SCS-Rennen von VE-Nascar unter einem etwas glücklicheren Stern stehen als die Vorläufe. Verdient hat es diese Serie allemal, denn nach wie vor finden sich etwa 20 Fahrer regelmäßig zu den Rennen ein, was auf ein hohes Interesse seitens der Community an einer rFactor-Nascar-Serie hindeutet auch wenn mit iRacing der Platzhirsch im Ovalbereich natürlich immer im Hintergrund lauert. Neben der SCS hat sich die FTS zu einer kleinen, aber feinen Nebenserie von VE-Nascar gemausert. Hier treten montag abends zwar deutlich weniger Fahrer an, aber die herrschende freundliche Stimmung auf dem Server und im TS sowie der etwas mehr in den Funbereich verla-

gerte Schwerpunkt der Serie führen dazu, dass in den Truck-Rennen immer wieder ausnehmend feines Nascar-Racing geboten wird. Dazu kommt, dass der FTS-Server durchgehend ohne Passwort betrieben wird, weshalb immer wieder auch gern gesehene Gäste sich im Oval einfinden - auch wenn bisher noch keiner dieser Gäste an einem FTSLauf teilgenommen hat. Das Jahr 2011 wird also den Startpunkt in eine hoffentlich glanzvolle VE-Nascar-Zukunft markieren - mit vollem Grid, spannenden und hochklassigen Rennen und viel Action auf und neben der Rennstrecke.


Wissen

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Das Simracing-ABC: Folge 2

Server, D

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Freundlich, dienbar und hilfsbereit: der Server im Idealbild

er

Der Server, liebevoll auch „Diener“ genannt - dass dieser Begriff scheinbar aus dem Englischen kommt, dürfte ja selbst unter anglophoben Simracern (sofern existent) weit verbreitet sein. Dass diese Wortschöpfung sich in seiner nativen Version aus dem Lateinischen entlehnt, dürfte schon ein paar weniger Leuten bekannt sein. Ursprünglich stammt „Server“ nämlich von „servus“, das ja bekanntlicherweise Sklave heißt. Abgeleitet davon ist auch der Gruß „Servus“, welches - wenn ich mir das so recht überlege - wohl heißen soll: „Ich bin dein Sklave“... Naja, ich werde auf jeden Fall in Zukunft vorsichtiger mit diesem Gruß sein, denn was einem bei VE-Racing passiert, wenn sich jemand zu solchen Äußerungen hinreissen lässt, ist ja auch hinreichend bekannt... Wenn nicht, lasst euch einweihen in den Tiefen des Dungeon des Grauens!

Aber nun zu der wahren - und für uns Simracer einzigen Bedeutung des Wortes „Server“: hier muss man fein unterscheiden, aus wessen Sicht man dieses quasi gottgegebene technische Gerät (ohne dessen Hilfe kein ordentliches Liga-Onlinerennen stattfinden könnte!) betrachtet. Beginnen wir mit der Sicht des sogenannten „Otto-Normalracers“, also demjenigen, der kurz nach Feierabend seinen PC aus den Urtiefen emporsteigen lässt durch Drücken des ON-Buttons. Nach dem erfolgreichen Klick auf das jeweils passende rFactor-Symbol auf dem Desktop (wahlweise RLMS, PCC, Nascar usw. usw.) hangelt man sich durch das wuselige Menu der Simulation, um im Punkt „Onlinemodus“ endlich auf einen dieser ominösen „Server“ zu treffen. Wobei: „trefffen“ ist hier wirklich das passende Wort, nämlich im Sinne von „Zufallstreffer“. Nicht immer ist der geneigte Server willig, seine Daten an die rFactorLobby zügig preiszugeben, so dass es durchaus üblich ist, erst nach mehrfacher Aktualisierung, begleitet von nicht-jugendfreien Flüchen des Otto-Normalracers, den gewünschten Server überhaupt anklicken zu können. Ist der Server dann endlich willig und breitet sich mit Name, Mod

und Strecke vor dem Racer aus, entblättert sich also förmlich, so heißt das noch längst nicht, dass der Zugang gelingt - vor den erfolgreichen Zugang hat der Herrgott nämlich noch das verflixte Passwort gesetzt. Und ohne ein mehrfaches „Joined timed out“ ist wohl so gut wie kein Simracer des Abends ins Bett gegangen. Wobei man fairerweise zugeben muss, dass die Unzulänglichkeit hier im Wesentlichen auf Seiten des Racers liegt: eine konsequente Missachtung der Groß-Kleinschrift sowie das berühmt-berüchtigte Kurzzeitgedächtnis („wie hieß noch mal das Passwort vom RLC-Trainserver? War das das mit dem Zusatz im PW oder doch nicht mit oder nur den Buchstaben oder beides oder wie? Ist doch schon zwei Wochen her, das letzte Rennen!“) leisten hier einen ordentlichen Beitrag zur Verfehlung eines gelungenen Serverbeitritts. Und scheint der Racer dann diese Hürde erfolgreich genommen zu haben und das Monitorsymbol erscheint auf dem Bildschirm, so quittiert dies die Simulation manchmal mit dem nahezu höhnischen Kommentar „Mismatch detected User XYZ will we kicked before race“ - begleitet von meist saublöden Sprüchen im Online-Chat wie „Haha - wohl mal wieder kein Update gezogen“ oder „Heute schon gesynct :D ?“. Sollten diese Hürden jedoch genommen worden sein, dann steht dem erfolgreichen Liga-Rennen eigentlich nichts mehr im Wege. Außer und dieses „außer“ darf man durchaus als großgeschrieben betrachten - die launische Diva genannt Server meint, im normalerweise äußerst unpassenden Moment einmal kurzfristig die Verbindung zu einem - warum auch immer - unliebsamen „Client“ (auch Racer genannt) kappen zu müssen. Gründe gibt es vielfältige: Sei es eine schwachbrüstige WLANVerbindung über drei Etagen hinweg mit Stahlbeton-Zwischeneinzug, sei es das plötzliche Einloggen der lieben Ehegattin in das Lieblingschatprogramm mit intensiver Downloadaktualisierung in dem Moment, wo der liebe Ehegatte gerade eine

Topzeit in der Quali in den Asphalt gezimmert hat oder sei es schlicht die Unlust des Server, jetzt gerade mal die Vielzahl der Clients bedienen zu wollen und sich einiger dieser lästigen Anhängsel entledigen zu wollen - nicht immer lässt sich im Nachhinein feststellen, welcher Grund denn letztlich der ausschlaggebende war... sollte der Server aber wider Erwarten den Racer bis zum Rennende bei sich behalten wollen, dann liegt es zumindest diesmal nicht an der dubiosen „Technik“, wenn man in der 45. Runde auf einmal quer in der Leitplanke hängt und das linke Vorderrad munter vorbeitrudelt, während das Motorsymbol der rFactor-Anzeige aufmunternd vor sich hinblinkt. Die zweite Sicht auf den Server ist die des Administrators - eine nette Kurzbezeichnung für den Volltrottel, der sich zu jedem Ligarennen neu die Mühe macht, durch Starten des Servers die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass sich dreißig schwitzende Onlineracer zwei Stunden oder mehr abmühen, ihr Pixelgefährt vor den anderen zu platzieren. Der Administrator (oder kurz „Admin“) besitzt das elitäre Recht, den Server per Remotedesktop zu „entern“ und quasi einen Blick in das Innenleben riskieren zu dürfen. Manches, was er dort sieht, wollte er nie sehen und will es weiterhin nicht, muss es jedoch, weil ohne ein gewisses Verständnis rund um die Technik des Servers nun einmal ein Onlinerennen in der Regel nicht funktioniert. Und so verbringt der Admin zunächst einsame Stunden damit, sich um Portfreigaben, Firewallkonfigurationen, multiplayer-Ini-Dateien und ähnlichen Mist hindurchzuschlagen, bis er endlich so weit ist, dass sein „Dedi“-Server (quasi eine Art Lightversion des Servers, reduziert auf die Rennsimulation) in der rFactorLobby erscheint. Ist der Admin so weit gekommen, darf er sich schon mal kräftig auf die Schulter klopfen. Üblicherweise dauert dies nicht sehr lange, denn spätestens nach 10 Minuten stellt sich heraus, dass entweder a) das Passwort nicht stimmte oder b) die Fahrzeuge nicht richtig

eingestellt waren oder c) die falsche Strecke geladen wurde oder d) die Strafgewichte falsch eingetragen wurden welches e) einen Neustart des Dedis erforderlich macht, der erneut die Punkte a-d anstrengen könnte. Falls man nun über Punkt e) erfolgreich hinaus ist, dann hilft in der Regel nur ein beherztes „Jetzt muss es klappen“, und der Admin darf sich drei Minuten vor dem eigentlichen Rennstart auch endlich auf die Strecke begeben, nachdem man noch fünf kurzfristig erscheinende Mitglieder aus Grid 2 in Grid 1 verfrachtet hat und weitere 28 Fahrer per PN über das Passwort informiert hat (welches sich zwar seit Saisonbeginn nicht geändert hat, welches aber aufgrund der Löschwut der Fahrer bezüglich PNs nicht mehr auffindbar war). Nachdem nun alle Hürden überwunden sind, geht es endlich los - und ganz ehrlich muss man zugeben, dass der Server dann in der Regel auch das tut, wozu er gedacht ist: er „dient“. Wie viele ungezählte Onlinerennen sind durch diese Zauberkisten überhaupt erst möglich geworden, wie viele Schlachten geschlagen und Freunde sowie Feinde haben sich dadurch erst kennen und „lieben“ gelernt - unscheinbar verrichtet er dann seinen Dienst und führt letztlich dazu, dass wir alle uns nach den Rennen herrlich aufregen können, im Forum wilde Flüche ausstoßen, manchmal auch den Server verdammen, aber zumeist nehmen wir das „Dienen“ als selbstverständlich hin und ärgern uns nur, wenn der üblicherweise recht seltene Disconnect eingetreten ist. Man möge ihn hegen und pflegen, den Server an sich - und sich hüten, ihn im Forum zu laut zu verfluchen, denn es soll Server gegeben haben, die durchaus menschliche Züge entwickeln und ganz bestimmten Rennkameraden besonders häufig ihr Missfallen ausdrücken. Woran das liegt, das mag nur der Server selbst wissen...


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