Filmpodium Programmheft 1.Juli - 22. Sept. 2017

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1. Juli – 22. September 2017

Hongkong Kino Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit

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01 Editorial

Haben die sie nicht alle? Wie bitte? Das Filmpodium widmet der Glanzzeit des Hongkong-Kinos eine grosse Retrospektive – ohne Chungking Express oder einen einzigen Film von John Woo? Da zeigen sie Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit und verzichten auf Some Like It Hot? Sie feiern die Jahrhundertfilme von 1977, und weder Annie Hall noch Star Wars oder Close Encounters of the Third Kind sind dabei? Haben die sie nicht alle? Nein, wir haben sie tatsächlich nicht alle – leider. Die Zusammenstellung der Hongkong-Reihe etwa erwies sich als höchst kompliziert. Viele der wichtigsten Filme, etwa die Meisterwerke im Action-Bereich von Tsui Hark, John Woo und Ching Siu-tung oder die stilbildenden Arthouse-Filme von Wong Kar-wai, sind auf DVD und Blu-ray problemlos erhältlich, sodass man annehmen könnte, eine Retrospektive zu programmieren sei ein Klacks. Tatsache ist aber, dass die entsprechenden Kinorechte weit verstreut und 35-mmKopien (geschweige denn solche mit Untertiteln) kaum noch verfügbar sind. Manche Werke sind schlicht ausser Verkehr: Die Vorführrechte an John Woos Filmen (und vielen anderen) gehören derzeit einem Konzern, der gar nicht im Verleihgeschäft tätig ist, und sind somit fürs Kino blockiert, obwohl Woo persönlich die Vorführung seiner Werke im Filmpodium gutgeheissen hat. Wong Kar-wais Firma hingegen liess ausrichten, er sei an unserer Retrospektive nicht interessiert, weshalb wir nur seine zwei ersten Filme zeigen können. Anders verhält es sich bei den Hollywoodkomödien. Da haben wir bewusst einige grosse Titel weggelassen, da diese in letzter Zeit bei uns häufig zu sehen waren, in Retrospektiven zu Marilyn Monroe, George Cukor usw. Auch unsere Idee, in der Reihe «Das erste Jahrhundert des Films» Meisterwerke zu zeigen, die in diesem Jahr einen runden Geburtstag feiern, ist nicht ohne Tücken: Gewisse Studios und Verleiher nehmen solche Jubiläen ­ihrerseits zum Anlass, diese Klassiker nochmals ins Kino zu bringen, was ­perverserweise deren Wiederaufführung im Filmpodium verhindert, wie bei den erwähnten Titeln von Woody Allen, George Lucas und Steven Spielberg. Wir können also tatsächlich nicht alle Filme zeigen, die es in den aktuellen Kontexten verdient hätten. Deshalb listen wir auf der Website zu diesen Reihen weitere Titel auf, die sehenswert sind – wenn auch nicht bei uns. Die im vorliegenden Programm enthaltenen Werke können wir aber ausnahmslos empfehlen, und darum bieten wir ein Sommer-Abo an, mit dem Sie für bloss 95 Franken von Juli bis September alle 62 Filme sehen können. Michel Bodmer Titelbild: The Heroic Trio von Johnnie To Kei-fung


02 INHALT

Hongkong Kino

04

Am 1. Juli 2017 ist es 20 Jahre her, dass die einst britische Kronkolonie Hongkong zu einer Sonderverwaltungszone Chinas wurde. Dies hat auch die einst blühende Filmindustrie dieser Metropole sehr verändert. ­Deshalb feiern wir diesen Sommer das stilbildende und vielfältige Hongkong-Kino der «Golden Years» der achtziger und neunziger Jahre. Von Stanley Kwans Melodram Rouge über die Kult-Komödie Chicken and Duck Talk bis zu Ann Huis Meisterwerk Boat People oder Clara Laws Locarno-Gewinnerfilm Autumn Moon reicht das Programm. Aber auch die Fans von Wong Kar-wai und Jackie Chan kommen auf ihre Kosten. Der Hongkong-Film-Kenner Ralph Umard eröffnet die Reihe mit einem Filmgespräch. Bild: Wheels on Meals

Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit

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Während sich die USA vom Krieg erholten und ihr Wirtschaftswunder ankurbelten, spiegelten die Komödien aus Hollywood den Umbruch der Gesellschaft. Altmeister der Screwball Comedy wie Howard Hawks, George Cukor und Billy Wilder schufen Spätwerke mit Katharine Hepburn, Spencer Tracy und Cary Grant. Gleichzeitig setzten jüngere Regisseure wie Frank Tashlin und Blake Edwards sowie Nachwuchs-Stars wie Jack Lemmon, Jerry Lewis und Danny Kaye andere, teils klamaukige Akzente. ­ Mit Sexbomben wie Marilyn Monroe, Zimperliesen wie Doris Day und ­Society-Damen wie Audrey Hepburn wurde in der Komödie auch das Frauenbild neu verhandelt. Bild: Roman Holiday


03

Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977 27 Bonnie and Clyde von Arthur Penn ballern sich 1967 zum Kulterfolg, Bob und Dylan ergänzen sich in D. A. Pennebakers Don’t Look Back. Dustin Hoffman als The Graduate von Mike Nichols und Jacques Tati als Mon­ sieur Hulot in Play Time tun sich schwer mit modernem Materialismus. Roman Polanski kämpft in The Fearless Vampire Killers gegen Blutsauger und Glauber Rochas Held in Terra em transe lehnt sich gegen das Militärregime auf. Andrzej Wajdas Der Mann aus Marmor reflektiert 1977 über den Kommunismus und Der amerikanische Freund von Wim Wenders verdreht Bruno Ganz den Kopf; Cet obscur objet du désir feiert Luis Buñuel und Dario Argento verhext Suspiria, während David Lynch in Eraserhead Ehe und Vaterschaft dämonisiert. Bild: The Graduate

Reeditionen

37

Greta Garbo lacht in Ninotchka und Anna Magnani sucht L’amore; in How Green Was My Valley wehren sich Waliser gegen die Kohleindustrie und in M*A*S*H proben Armeeärzte den absurden Aufstand.

Filmpodium für Kinder

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Eine Dose voller Würfelzucker wird im witzigen Animationsfilm Minuscule – Kleine Helden zum Streitobjekt zwischen schwarzen und roten Ameisen; in Geheimcode M gehen Isabel und zwei Jungs auf eine abenteuerliche Suche nach dem legendären Schwert des Musketiers D’Artagnan. Bild: Geheimcode M

Einzelvorstellungen IOIC-Soiree: Aëlita 41 70 Jahre Locarno: Private 44 Buchvernissage: 44 Yol – Der Weg ins Exil



05 Hongkong Kino

Once upon a time … Am 1. Juli 2017 jährt sich die Übergabe der einstigen britischen Kron­ kolonie Hongkong an die Volksrepublik China zum zwanzigsten Mal. ­Die einst blühende und weltweit produktivste Filmindustrie dieser Metropole hat sich seither stark verändert. Die Filmpodium-Reihe blickt zurück aufs Ende des letzten Jahrtausends und lässt die «Golden Years» des Hongkong-Kinos nochmals aufleben. Gut 15 Jahre lang wurde in Hongkong das aufregendste Kino der Welt gemacht. Charakteristisch für Hongkong-Produktionen, die in den 1980er- bis Mitte der 1990er-Jahre entstanden, war ihre extreme Kinetik. Aktion und Dynamik bestimmten das Bild, der visuellen Attraktion wurde meist grössere Bedeutung zugemessen als dem Inhalt. In Martial-Arts-Movies wie Once Upon a Time in China II oder Iron Monkey sind Choreografie, Realisation und Montage von körperbetonten Kampfszenen zur Kunstform entwickelt worden. Duel to the Death, das Regiedebüt des Kampfkunst-Spezialisten Ching Siu-tung, der auch die wahnwitzige Action in The Heroic Trio dirigierte, betört durch eine märchenhafte Atmosphäre und bildschön in Szene gesetzte Schwertkämpfe. Das Neue Hongkong-Kino zeichnete sich durch eine schöpferische Unbefangenheit und eine Urwüchsigkeit aus, die Hollywood längst verloren hatte. Während das europäische Kino, von Gremien- und Cliquenwirtschaft gelähmt, am Subventionstropf dahinvegetierte, wirkte das Hongkong-Kino quicklebendig. Die kleine, gut 1000 Quadratkilometer umfassende kapitalistische Enklave am Rande der kommunistischen Grossmacht China war weltweit eine der fruchtbarsten Filmbrutstätten. 1993 wurden in Hongkong 235 Kinoproduktionen rea­lisiert. Neun der zehn dort erfolgreichsten Kinohits stammten aus einhei­ mischer Produktion. Zugleich waren Hongkong-Filme Exportschlager und ­dominierten die Kinos in Korea und anderen asiatischen Ländern. Komödien, Krimis und Martial-Arts-Movies machten die Masse der Filmproduktion aus. Wobei reine Genres selten vorkamen; typisch war die Kombination von Figuren, Stil- und Inhaltselementen aus verschiedenen Genres oder Subgenres. Aufbruch und Experimentierfreude 1979 begann die neue Blüte. Dutzende von jungen Filmemachern, die zum Teil an Hochschulen im westlichen Ausland ausgebildet worden waren und >

Liebe dauert ewig in Stanley Kwans eleganter Satire Rouge < «Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn» in der Kult-Komödie der Hui-Brüder, Chicken and Duck Talk

<

Kämpfen über den Köpfen im spektakulären Iron Monkey von Yuen Woo-ping


06 erste praktische Erfahrungen beim Fernsehen gesammelt hatten, belebten die Kinolandschaft der britischen Kronkolonie mit neuen Impulsen, Techniken und Ideen. Kassenschlager wie Jackie Chans Project A, Sammo Hungs Wheels on Meals oder die überaus vergnügliche Komödie Chicken and Duck Talk mit den Hui-Brüdern boten volksnahe Unterhaltung pur. Abseits vom Mainstream entstanden aber auch Filme, die sich kritisch mit gesellschaftlichen und sozialen Missständen auseinandersetzten. Das Teenager-Drama Gangs zeigt, wie sich eine Bande von Jugendlichen mit Schutzgelderpressung, Rauschgifthandel, Raub und Prostitution durchzuschlagen versucht. Der Filme­ macher Lawrence Ah Mon drehte mit O-Ton und vor Ort, und es sind vor ­allem die überzeugenden jungen Laiendarsteller, die einem das Gefühl vermitteln, eine packende Reportage aus dem rasenden Herzen Hongkongs zu s­ ehen. Der vorzügliche Krimi Long Arm of the Law zeigt, wie einige Ganoven mit dem Traum vom schnellen Reichtum aus China nach Hongkong kommen und dort vor die Hunde gehen. Bemerkenswert ist der Film zudem, weil das finale Feuergefecht in der berüchtigten und inzwischen längst abgerissenen Walled City («ummauerte Stadt») gedreht wurde, einem Stadtteil, der lange Zeit einen ungeklärten rechtlichen Status hatte und unter anderem das Zentrum von Drogenhandel und Prostitution war. Mit der Hoffnung auf Glück und Geld kommen auch in Comrades: ­Almost a Love Story ein Chinese und eine Chinesin nach Hongkong. Im ­Gegensatz zur extrem geschäftstüchtigen Frau hat der naive Gastarbeiter in der modernen Metropole mit grossen Anpassungsschwierigkeiten zu kämpfen. Beim gemeinsamen Existenzkampf kommen sich die beiden näher, es geht um familiäre und kulturelle Entwurzelung, um Entfremdung und Einsamkeit im Exil. Der ambitionierte Film versteht es, etwas von der Lebensart in dieser Stadt zwischen Ost und West zu vermitteln, wo Materialismus das Denken, Rastlosigkeit das Dasein und mörderischer Konkurrenzkampf das Geschäftsleben prägen. Raum für Nischen Eigensinnige Autorenfilmer hatten es schwer in diesem Umfeld und führten meist Randexistenzen. So konnte ein kompromissloser Exzentriker wie Allen Fong in zwanzig Jahren nur eine Handvoll Spielfilme realisieren, darunter­ Ah Ying, ein anrührendes Doku-Drama über ein armes Mädchen vom Fischmarkt, das von einer Karriere als Schauspielerin träumt. Wong Kar-wai gelang es, sich eine Nische in der Hongkonger Filmszene zu schaffen. Die Handlung seiner Filme verläuft nie gradlinig, sondern collagenhaft segmentiert. Wongs visuelle Ästhetik verbindet Einflüsse aus Nouvelle Vague und Werbeclip, aus Genrefilm und Avantgarde-Kino. Der von Martin Scorseses Mean Streets inspirierte Krimi As Tears Go By mit dem späteren Superstar Andy Lau und der bezaubernden Maggie Cheung war noch relativ konventionell in Szene gesetzt.


07 HONGKONG KINO: «THE GOLDEN YEARS»

SA, 1. JULI | 19.00 UHR

Die Reihe eröffnen wir am Tag, an dem sich die Übergabe Hongkongs an China zum 20. Mal jährt, mit einem Gespräch zwischen Ralph Umard und dem Filmwissenschaftler Till Brockmann über die Glanzzeiten des Hongkong-Kinos und einem Ausblick auf heute.

Mit seinem zweiten Opus erlangte Wong Kultstatus, vor allem bei japanischen Kinofans. Er avancierte zum Festivalliebling und machte das Hongkong-Kino auch im abendländischen Feuilleton salonfähig. Days of Being Wild ist ein melancholisches, eigentümlich faszinierendes Kammerspiel mit hautnahen Bildern aus dem Leben einer verloren wirkenden jungen Generation. Nicht nur Männersache Im Zuge der Erneuerung des kantonesischen Kinos ab 1979 konnten auch Frauen die Regiestühle besetzen. Clara Law stellt in Autumn Moon die spirituelle Orientierungslosigkeit junger Leute dar, ihre Entfremdung von tradi­ tioneller asiatischer Lebensart in einer zunehmend westlich geprägten Welt. Dabei gelingt Law ein kunstvoll stilisiertes Stadtporträt von Hongkong. Mittels Montage und Computergrafik fügt sie die wie Skelettknochen in den Himmel ragenden Hochhäuser zu kubistischen Bildkompositionen, die durch japanische Tuschzeichnungen und chinesische Kalligrafie ergänzt werden – Chiffren für Moderne und Tradition. Ann Hui war die produktivste Hongkonger Regisseurin. Ihr erschütterndes Drama Boat People führt das Elend ­vietnamesischer Flüchtlinge drastisch vor Augen. Ab 1997, nach der Übergabe der britischen Kronkolonie an die Volksrepublik China, ist Johnnie To mit seiner Produktionsfirma Milky Way ein Garant für gutes Genrekino. Im fulminanten Gangsterfilm The Mission soll eine fünfköpfige Leibwächtertruppe einen alternden Triadenboss vor Attentätern schützen. Bedeutender als die Story ist die reduzierte Art, wie sie dramaturgisch raffiniert, stilistisch geschlossen und ohne viele Dialoge in Szene gesetzt ist: mit innerer Spannung statt oberflächlichem Aktionswirbel. To richtete sein Augenmerk auf die zwischenmenschliche Chemie unter den charakterlich ganz verschieden gearteten Bodyguards. Hongkongs Filmkritiker wählten The Mission zum besten Film des Jahres 1999. Ralph Umard Der Berliner Filmkritiker Ralph Umard ist Autor von «Film ohne Grenzen», dem Standardwerk zum Neuen Hongkong-Kino, und Koautor von «Woo», der Biografie des international ­erfolgreichsten chinesischen Regisseurs John Woo. 1993 zeigte das ZDF Umards TV-Feature Film ohne Fesseln – Das Neue Hongkong Kino.


> Autumn Moon.

> The Mission.

> Days of Being Wild.


09

Hongkong Kino.

ARTHOUSE-FILME BOAT PEOPLE (Tau ban no hoi) Hongkong 1982 Vietnam, 1978, drei Jahre nach Kriegsende. «Der japanische Fotojournalist Shiomi Akutagawa wird nach dem Krieg nach Vietnam geschickt, um die ‹New Economy Zones› zu dokumentieren, die von der kommunistischen Regierung eingerichtet worden sind. Nach einer inszenierten Präsentation entdeckt er die harten Realitäten des Lebens unter einem repressiven Regime, darunter häufige Exekutionen und Zwangsumsiedlungen. Er versucht, einer Familie zu helfen, mit einem Boot zu fliehen – mit tragischen Konsequenzen. Ann Huis Film gewann zahlreiche internationale Preise und gilt als einer der besten chinesischen Filme.» (UCLA Television & Film Archive, April 2017)

den ist, kehrt in ihr Heimatdorf in Südchina zurück, um das Grab ihrer Grossmutter zu besuchen. Sie begegnet ihren Freunden aus der Kindheit, Ah Zhen und Tsong, die jetzt verheiratet sind und ein Kind haben. Aber ihre Anwesenheit stört diese Ehe, und ihre Versuche, das Weltbild der Freunde zu erweitern, bringen nur die kulturellen Unterschiede zwischen China und Hongkong zum Vorschein.» (Katalog Int. Forum, Berlin 1987) «Ich glaube, dass ich von meinen Erfahrungen bei der Inszenierung eines Theaterstücks beeinflusst wurde. (...) Die Kamera sollte sich wie Zuschauer verhalten, die ganze Szene betrachten, aber auch die Hauptpersonen.» (Yim Ho, Katalog Hongkong-Festival, 1985) 97 Min / Farbe / 35 mm / OV/e // REGIE Yim Ho // DREHBUCH Hung Leung // KAMERA Poon Hang-sang // MUSIK Kitaro // SCHNITT Kin Kin // MIT Josephine Koo Mei-wah (Coral Zhang San-san), Siqin Gaowa (Pearl), Che Wai-hung (Tsong, Pearls Ehemann), Xing Ma-li (Lehrer Wang), Ye Wai-zheng (Qiong).

106 Min / Farbe / 35 mm / OV/f // REGIE Ann Hui On-wah // DREHBUCH Chiu Kang-chien // KAMERA Wong Chung-gei // MUSIK Law Wing-fai // SCHNITT Kin Kin // MIT George Lam

AN AUTUMN’S TALE (Qiu tian de tong hua)

Chi-cheung (Shiomi Akutagawa), Season Ma Si-san (Cam

Hongkong 1987

Nuong), Cora Miao Chien-jen (Barbesitzerin), Andy Lau ­ ­Tak-wah (To Minh), Kei Mung-sek (Genosse Nguyen).

AH YING Hongkong 1983 Die zehnköpfige Familie Hui lebt in Hongkong in ­einer Zweizimmerwohnung. Die Eltern betreiben einen Fischstand, von den Kindern hilft nur die 22-jährige Ah Ying im Familiengeschäft mit. Sie beginnt Schauspielkurse beim amerikanischen Chinesen Cheung Chung-pak zu besuchen. Als er Ah Ying bittet, ihm bei einem Filmprojekt zu helfen, kommen sich die beiden auch privat näher. (pm) «Allen Fong erfindet das chinesische DokuDrama. (...) Insgesamt ein ironisches Panorama der alltäglichen Träume und Hoffnungen.» (Tony Rayns, Time Out)

«Um Immigrationsprobleme in New York geht es auch in Mabel Cheungs zweiter Regiearbeit. (...) Chow Yun-fat hat in An Autumn’s Tale eine stürmische Liebesbeziehung mit Cherie Chung, die als Studentin aus Hongkong nach New York kommt und dort masslos enttäuscht feststellen muss, dass ihr Verlobter (gespielt vom Popsänger Danny Chan) eine neue Freundin hat. Chow gibt sich Mühe, die deprimierte Schöne etwas aufzuheitern, kann aber zunächst mit seiner proletenhaften, aufschneiderischen Art nicht bei ihr landen.» (Ralph Umard, Film ohne Grenzen, 1998) «Die Lieblingsromanze vieler Hongkonger (...), ein herzlicher Film.» (Edmund Lee, Time Out) 98 Min / Farbe / Digital HD / Kant/e // REGIE Mabel Cheung Yuen-ting // DREHBUCH Alex Law Kai-yui // KAMERA James Hayman, David Chung Chi-man // MUSIK Lowell Lo Koon-ting // SCHNITT Lee Yim-hoi, Cheung Kwok-kuen, Jue San-kit,

110 Min / Farbe / 35 mm / Kant/d // REGIE Allen Fong Y ­ uk-ping

Chan Kei-hop, Eric Kwong Chi-leung // MIT Chow Yun-fat

// DREHBUCH Si Yeung-ping, Peter Wang Zheng-fang // KA-

(Samuel Pang), Cherie Chung Cho-hung (Jennifer Lee),

MERA Chan Lok-yee // MUSIK Violet Lam Man-yee //

Danny Chan Bak-keung (Vincent).

SCHNITT John Chow Cheung-gan, Ng Kam-wah // MIT Hui Siu-ying (Ah Ying), Peter Wang Zheng-fang (Cheung Chungpak), Hui Pau (Ah Yings Vater), Yau Lin-sam (Ah Yings Mutter), Cheung Ka-yan (Ah Yings Freund).

HOMECOMING (Si shui liu nian) Hongkong/China 1984 «San-san, eine junge Geschäftsfrau, die des materialistischen Lebens in Hongkong müde gewor-

ROUGE (Yin ji kau) Hongkong 1987 «Die Geschichte einer Kurtisane, die in den 1930er-Jahren aus Liebe starb und nun als Geist im heutigen Hongkong umherzieht, weil sie ihren Liebhaber im Jenseits nicht finden konnte. Eine scharfsinniges, leicht satirisches Porträt des Hongkonger Lebens der 1980er-Jahre, gespickt


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Hongkong Kino. mit Flashbacks in die 30er, erfüllt von einer berauschenden, opium-umnebelten Dekadenz, die eines Huysmans würdig ist. Ein eleganter, tiefempfundener Film über die Vergänglichkeit der Dinge – vor allem der Liebe. Wunderschöne Bilder und hochstehende schauspielerische Leistungen ergeben einen grossartigen, stilvollen Film.» (Tony Rayns, Time Out) 96 Min / Farbe / DCP / Kant/d // REGIE Stanley Kwan Kampang // DREHBUCH Chiu Kang-chien, Lillian Lee Pik-wah // KAMERA Bill Wong Chung-piu // MUSIK Michael Lai Siu-tin, Tang Siu-lam // SCHNITT Peter Cheung Yiu-chung // MIT Anita Mui Yim-fong (Fleur), Leslie Cheung Kwok-wing (12. Meister Chen Chen-pang), Alex Man Chi-leung (Yuan Ting), Emily Chu Bo-yee (Chu), Irene Wan Pik-ha (Shu Hsien), Tam Sin-hung (Meister Chans Mutter), Chu Shui-tong (Meister Chans Vater), Wong Yu (Meister Ho Hsi).

rige Schauspielkunst der Pekingoper eingewiesen werden. Sein Leben ist bestimmt von Armut, äusserster Disziplin und härtestem körperlichem Drill. Man gewinnt einen Eindruck davon, wie viel Arbeit und Schweiss, welche Entbehrungen es kostet, bis ein Mensch singen und tanzen und scheinbar schwerelos in aufwendigen Kostümen durch die Luft wirbeln kann. (...) Bei den jugendlichen Protagonisten handelt es sich um keine Geringeren als Jackie Chan (‹Big Nose› Chan), Yuen Biao (Ah Biao, der jüngste und ungeschickteste Schüler im Film) und Sammo Hung (‹Big Brother› Sammo), der im Film selber seinen ehemaligen Lehrer Yu Zhan Yuan verkörpert. (...) Painted Faces ist ein in Form und Inhalt singuläres Meisterwerk des Neuen Hongkong-Kinos, ein stimmungsvoller Film voller Poesie und Nostalgie.» (Ralph Umard, Film ohne Grenzen, 1998) © Licensed by Celestial Pictures Limited. All rights reserved.

GANGS (Tong dang) Hongkong 1988 «Gangs porträtiert die tragischen Schicksale einiger Teenager im Alter von 12 bis 17 Jahren, die in einer heruntergekommenen Sozialbausiedlung wohnen und zunehmend auf die schiefe Bahn geraten. Im Spannungsfeld zwischen Gangstersyndikaten und Polizei, zwischen Stras­se und Elternhaus sowie bei Bandenkämpfen und Überfällen werden die Jugendlichen entwurzelt und schliesslich aufgerieben. Sorgfältig arbeitet Regisseur Lau die unterschiedlichen Charaktere der einzelnen Gangmitglieder heraus und beschreibt ­anschaulich das soziale Umfeld, das solche Persönlichkeiten prägt. (…) Gangs ist eines der herausragenden Werke des zeitgenössischen kantonesischen Kinos. Der Film (...) steht in der Tradition aufwühlender Sozialdramen wie Buñuels Los olvidados oder Hector Babencos Pixote.» (Ralph Umard, Film ohne Grenzen, 1998) 98 Min / Farbe / 35 mm / Kant/e // REGIE Lawrence Lau Kwokcheong // DREHBUCH Chan Man-keung // KAMERA Chan Gwan-kin // MUSIK Chow Gung-shing // SCHNITT Feng Saan, Lawrence Lau Kwok-cheong, Kwok Keung // MIT Ricky Ho Pui-tung (Big K), Leung Sap-yat (Coma), Ma Hin-ting (Lard Cake), Tse Wai-kit (Little Demon), Tam San-san (Kitty), Wong Chung-chun (Little K), Tam Kin-shing (Conditioner).

PAINTED FACES (Qi xiaofu) Hongkong 1988 «Painted Faces erzählt die Geschichte von ‹Big Nose› Chan, der Anfang der 60er-Jahre als kleiner Junge von seiner mittellosen Mutter in ein internatsähnliches Institut eingeliefert wird. Dort soll er für die Dauer einer Dekade in die schwie-

112 Min / Farbe / Digital SD / Kant/e // REGIE Alex Law Kaiyui // DREHBUCH Alex Law Kai-yui, Mabel Cheung Yuen-ting // KAMERA David Chung Chi-man // MUSIK Lowell Lo Koonting // SCHNITT Yu Shun, Eric Kwong Chi-leung // MIT Sammo Hung Kam-bo (Meister Yu Jim-yuan), Chung Gamyam (Sammo Hung als Teenager), Cheung Man-lung (Chan Kong-sang (=Jackie Chan) als Teenager), Yeung Yam-yin (Sammo Hung als Kind), Siu Ming-fui (Chan Kong-sang als Kind), Goo Fai (Yuen Biao als Kind), Wong Kim-wai (Yuen Biao als Teenager), Lee Din-hing (Chans Mutter).

DAYS OF BEING WILD (Ah fei zing zyun) Hongkong 1990 «Im Mittelpunkt des erotischen Reigens steht ein verwöhnter junger Playboy, der die Zeit lustlos in sexuellen Abenteuern totschlägt. Dabei lernt er auch die Verkäuferin Su Li-zhen kennen. Ohne Eltern bei einer Prostituierten aufgewachsen, ist er besessen von dem Wunsch, seine Mutter zu treffen. Als er erfährt, dass er das illegitime Kind einer vornehmen Dame aus Manila ist, sucht er seine Mutter auf. (...) In seinem zweiten Film treibt Wong Kar-wai die Poetisierung der Wirklichkeit auf die Spitze, jeder Realismus ist aus den Bildern vertrieben. In der Einheit von Christopher Doyles expressionistischer Kameraarbeit und einem raffiniert gewobenen musikalischen Geräuschteppich ist Wongs Stil zur Perfektion gereift.» (Programmheft Xenix, Jan. 2005) Courtesy of Media Asia International Distribution 94 Min / Farbe / 35 mm / OV/d // DREHBUCH UND REGIE Wong Kar-wai // KAMERA Christopher Doyle, Peter Ngor Chi-kwan, Andrew Lau Wai-keung // MUSIK Chan Ming-diy, LeuronaLombardo Oflyne // SCHNITT Patrick Tam Kar-ming, Hai Kitwai // MIT Leslie Cheung Kwok-wing (Yuddy), Andy Lau Tak-


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Hongkong Kino. wah (Tide, ein Polizist), Maggie Cheung Man-yuk (Su Li-zhen), Carina Lau Ka-ling (Fung-ying), Jacky Cheung Hok-yau (Sab, Yuddys Kumpel), Rebecca Pan Tik-hua (Rebecca), Tony Leung Chiu-wai (ein Spieler).

MADE IN HONG KONG (Xianggang zhizao) Hongkong 1997

Der junge Japaner Tokio, der aus Langeweile mit seiner Videokamera quer durch die Welt reist, begegnet in Hongkong dem Schulmädchen Wai, das bald mit der Familie nach Kanada auswandern wird. Er berät Wai bezüglich ihrer grossen Liebe und kümmert sich um ihre 80-jährige Grossmutter, deren Kochkünste er zu entdecken beginnt. «Durch den gesamten Film hindurch zieht sich das Bild einer Gesellschaft, die sich, vor dem bevorstehenden Handover an China, in einem wackligen Gleichgewicht zwischen Tradition und Modernität befindet.» (Int. Filmfestival Locarno, 1992)

Autumn Moon hat seine Ausbildung abgebrochen und verdient sein Geld mit Erpressungen für einen Triadenboss. Sein bester Freund ist der geistig behinderte Sylvester und er verliebt sich in Ping, die aber an einer schweren Krankheit leidet. Als eine Schülerin Selbstmord begeht, findet Moon ihren mit Blut geschriebenen Abschiedsbrief und er beschliesst, den Empfänger zu finden. Gleichzeitig versucht er das für die Heilung von Ping notwendige Geld aufzutreiben. Als schliesslich seine Welt zerfällt, gibt er seinem Vater die Schuld; er will sich an ihm rächen. Ein roher, ohne Budget realisierter Film, mit Laien besetzt und aus Filmresten unterschiedlichster Qualität gedreht. Made in Hongkong ist Fruit Chans finsterer Kommentar zum bevorstehenden Handover. (pm)

107 Min / Farbe / 35 mm / Chin/d // REGIE Clara Law Cheuk-

© Udine Far East Film Festival

AUTUMN MOON (Qiu yue) Hongkong/Japan 1992

yiu // DREHBUCH Eddy Fong Ling-ching // KAMERA Tony Cheung Tung-leung // MUSIK Tats Lau Yi-tat // SCHNITT ­Eddie Fong Ling-ching // MIT Masatoshi Nagase (Tokio), Lee Pui-wai (Wai), Choi Siu-wan (Grossmutter), Maki Kiuchi (Miki), Hung Sun-ching (Wais Freund).

108 Min / Farbe / DCP / Kant/e // DREHBUCH UND REGIE Fruit Chan Goh // KAMERA O Sing-pui, Lam Wah-chuen // MUSIK Lam Wah-chuen // SCHNITT Tin Sam-fat // MIT Sam Lee Chan-sam (Autumn Moon), Neiky Yim Hui-chi (Ping), Wenders Li Tung-chuen (Sylvester), Amy Tam Ka-chuen (Susan Hui Ah-san), Carol Lam Kit-fong (Pings Mutter).

COMRADES, ALMOST A LOVE STORY (A.K.A. HONG KONG LOVE AFFAIR) (Tian mi mi) Hongkong 1996

GENREFILME

«Hongkong in den 1980er-Jahren: Für zahllose chinesische Einwanderer verkörpert die Metropole den Traum vom besseren Leben. Auch für den schüchternen Xiao-jun und die ehrgeizige, burschikose Qiao. Trotz ihrer Verschiedenheit empfinden die beiden bald tiefe Freundschaft füreinander. Doch als aus der Freundschaft mehr zu werden droht, trennen sich ihre Wege zunächst einmal für Jahre. Mit einer faszinierend fein komponierten Bildsprache erzählt das gefühlvolle Drama von Liebe und der Angst, sich zu verlieren, von Einwanderung und dem Verlust kultureller Identität, vom ungleichen Kampf zwischen Materialismus und Menschlichkeit. Der in Hongkong geborene Regisseur Chan, der in Thailand aufwuchs und in Los Angeles studierte, verbindet gekonnt westliches und fernöstliches Denken.» (Xenix, Jan. 2005)

DUEL TO THE DEATH (Xian si jue)

118 Min / Farbe / 35 mm / Kant/d // REGIE Peter Chan Hoh-

Hongkong 1983 Die beiden besten Schwertkämpfer Chinas und Japans treten alle zehn Jahre zu einem Duell auf Leben und Tod gegeneinander an. Das nächste steht kurz bevor; es geht um die Ehre der Nation. Bo Ching-wan, der von Shaolin-Mönchen und einem kauzigen Einsiedler ausgebildet wurde, meldet sich aus freien Stücken, um sich dem japanischen Herausforderer Hashimoto zu stellen. Doch dem Kampf droht Sabotage, als ein abtrünniger Chinese mit dem Feind kollaboriert und am Himmel eine Schar schwarz vermummter Ninjas aufzieht. (lb) «Chings Einstand als Regisseur ist grandios und (...) gehört zu den herausragenden Werken des chinesischen Kampfkunst-Filmgenres.» (Ralph Umard, Film ohne Grenzen, 1998)

san // DREHBUCH Ivy Ho // KAMERA Jingle Ma Choh-shing // MUSIK Chiu Tsang-hei // SCHNITT Chan Kei-hop, Eric Kwong

86 Min / Farbe / Digital HD / Kant/d // REGIE Tony Ching

Chi-leung // MIT Leon Lai Ming (Xiao-jun), Maggie Cheung

­Siu-tung, Lee Hyung-pyo // DREHBUCH Tony Ching Siu-tung,

Man-yuk (Qiao), Kristy Yeung Kung-yu (Fong Siu-ting), Chris-

David Lai Dai-wai, Manfred Wong Man-chun // KAMERA

topher Doyle (Jeremy).

Danny Lee Yau-tong, Lau Hung-chuen // MUSIK Michael Lai


> The Legend of Fong Sai-yuk.

> Made in Hong Kong.

> Painted Faces.

> The Blade.

> Boat People.

> Comrades, Almost a Love Story.


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Hongkong Kino. Siu-tin // SCHNITT Peter Cheung Yiu-chung // MIT Norman

105 Min / Farbe / DCP / Kant/d // REGIE Johnny Mak Tong-

Chu Siu-keung (Hashimoto), Damian Lau Chung-yan (Bo

hung // DREHBUCH Philip Chan Yan-kin // KAMERA Johnny

Ching-wan), Flora Cheung Tin-oi (Sing Lam), Paul Chang

Koo Kwok-wah // MUSIK Mahmood Rumajahn // SCHNITT

Chung (Meister Han), Eddy Ko Hung (Kenji).

Peter Cheung Yiu-chung // MIT David Lam Wai (Tung), Wong Kin (Chubby), Kong Lung (Ah Chung), Chan Ging (Rooster), Ng

PROJECT A («A» ji hua)

Hoi-tin (Inspektor Li), Shum Wai (Tai), Yeung Min (Ah Sheung), Tommy Wong Kwong-leung (CID Offizier).

Hongkong 1983 Um Hongkong vor den Piraten zu schützen, verbündet sich Dragon Ma (Jackie Chan) von der Küstenwache mit dem Kleinkriminellen Fei (Sammo Hung) und dem Polizeiinspektor Hong (Yuen Biao). Project A begründet den Erfolg des Hauptdarsteller-Trios als dominierende kreative Kraft hinter vielen der erfolgreichsten Hongkong-Filme der darauffolgenden Jahre und gilt unter Fans und Kritikern auch nach knapp 35 Jahren als eine der einflussreichsten und beliebtesten Action­ komödien. Berühmt ist die Hommage an die Stummfilmzeit: Wie einst Harold Lloyd hängt Chan in schwindelerregender Höhe am Zeiger ­einer Uhr. Im Gegensatz zu Lloyd fällt er jedoch in die Tiefe. Ein Stunt, den Chan der Perfektion halber dreimal ausführte und der ihn beinahe das Leben kostete. Zwei Takes sind im Film zu sehen. Der dritte folgt im Abspann, wo, als festes Markenzeichen der Jackie-Chan-Filme, die misslungenen Stunts gezeigt werden. (lb)

WHEELS ON MEALS (Kuai can che) Hongkong/Spanien 1984 Zwei Cousins, Thomas (Jackie Chan) und David (Yuen Biao), führen eine High-Tech-Schnell­ imbiss-Bude in Barcelona. Eine Kette von Ereignissen führt dazu, dass die zwei sich mit einem schrulligen Privatdetektiv (Sammo Hung) verbünden, um die schöne Sylvia aus den Fängen von Schurken zu befreien. Das Finale zwischen Jackie Chan und dem berüchtigten Ex-Kickbox-Champion Benny «The Jet» Urquidez zählt zu den besten Leinwand-Kämpfen der Filmgeschichte. Die Actionkomödie Wheels on Meals ist durch und durch typisches 1980er-Hongkong-Kino. (lb) 104 Min / Farbe / Digital HD / Kant/d // REGIE Sammo Hung Kam-bo // DREHBUCH Edward Tang Ging-sang, Johnny Lee Kwing-kai // KAMERA Arthur Wong Ngok-tai, Cheung Yiu-jo // MUSIK Tang Siu-lam, Chris Babida // SCHNITT Peter

106 Min / Farbe / Digital HD / Kant/d // REGIE Jackie Chan //

Cheung Yiu-chung // MIT Jackie Chan (Thomas), Sammo

DREHBUCH Edward Tang Ging-sang, Jackie Chan // KAMERA

Hung Kam-bo (Moby), Yuen Biao (David), Lola Forner (Sylvia),

Cheung Yiu-jo // MUSIK Michael Lai Siu-tin // SCHNITT Peter

Benny «The Jet» Urquidez (Mondales Handlanger), Keith

Cheung Yiu-chung // MIT Jackie Chan (Dragon Ma Yong, Ser-

­Vitali (Mondales Handlanger), Herb Edelman (Matt), Susana

geant der Küstenwache), Sammo Hung Kam-bo (Kleinkrimi-

Sentís (Gloria), José Sancho (Mondale).

neller Fei), Yuen Biao (Polizeiinspektor Hong Tin-tsu), Wong Man-ying (Winnie), Dick Wei (Piratenkapitän Lo San-Po), Tai Bo (Pa Tai), Mars (Jaws), Kwan Hoi-san (Chi, Kapitän der

AS TEARS GO BY (Wang jiao kamen)

Küstenwache).

Hongkong 1988

LONG ARM OF THE LAW (Sheng gang qi bing) Hongkong 1984

Eine Gruppe von Freunden aus demselben südchinesischen Dorf beschliesst nach Hongkong zu gehen, um ein Juweliergeschäft auszurauben. «Ihre Reise und ihr Aufenthalt in Hongkong sind voller Schwierigkeiten, nicht zuletzt wegen ihres Status als Festland-Chinesen in Hongkong. Dazu muss jeder mit seinen persönlichen Problemen zurechtkommen. (...) Dieser Film ist ein rares Stück Genrekino, dem es gelingt, seine Ikonografie zu Kunst zu erhöhen. Ein erschreckendes Werk, das Bände spricht über sein Volk und die Gesellschaft – und dennoch zu unterhalten versteht.» (Ross Chen, aka Kozo, lovehkfilm.com, 2000)

«Bereits Wong Kar-wais Regiedebüt trägt eine eigenwillige Handschrift, und durch die Geschichte mit Bandenkämpfen und Rachefeldzügen schimmert deutlich die Romanze zwischen dem abgebrühten Gangster Ah Wah und der schüchternen Ah Ngor, seiner Kusine vom Lande. Weil Ah Wah jedoch immer wieder den Aufpasser für seinen haltlosen Kumpel Fly spielen muss, blitzt die grosse Liebe lediglich in kurzen Begegnungen (...) auf.» (Programmheft Xenix, Jan. 2005) «Bevor Wong zur (Genre-)Sache kommt, findet er schon die ganze Tristesse des anonymen Grossstadtdaseins. (...) Die Gangsterstory, die sich parallel entfaltet, ist natürlich ein Tribut an Martin Scorseses Mean Streets.» (Christoph Huber, filmzentrale.com) Courtesy of Media Asia International Distribution


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Hongkong Kino. 102 Min / Farbe / 35 mm / Kant/d // DREHBUCH UND REGIE Wong Kar-wai // KAMERA Andrew Lau Wai-keung, Peter

Machtübernahme durch die Kommunisten.» (Ralph Umard, Film ohne Grenzen, 1998)

Ngor Chi-kwan, Johnny Koo Kwok-wah, Tom Lau Moon-tong, Cho Wai-kei // MUSIK Danny Chung Deng-yat // SCHNITT

113 Min / Farbe / Digital HD / Kant/d // REGIE Tsui Hark //

Cheung Bei-tak, Hai Kit-wai // MIT Andy Lau Tak-wah (Ah

DREHBUCH Tsui Hark, Charcoal Tan, Hanson Chan Tin-suen

Wah), Jacky Cheung Hok-yau (Fly), Maggie Cheung Man-yuk

// KAMERA Arthur Wong Ngok-tai // MUSIK Richard Yuen

(Ah Ngor), Alex Man Chi-leung (Tony).

Cheuk-fan, Johnny Yeung Kei-cheung, Chow Gam-wing // SCHNITT Marco Mak Chi-sin, Angie Lam On-yee, Andy Chan

CHICKEN AND DUCK TALK (Ji tong ya jiang) Hongkong 1988

«Hui ist Besitzer eines kleinen Restaurants sowie eines geheimen Rezepts, nach dem man Enten zu Delikatessen veredeln kann. Sein Renommee als Spezialist für leckere Grillenten nach HongkongArt hat ihn hochnäsig und herrisch werden lassen (…). Vor allem ist er gnadenlos geizig. (…) Hui meint, solange seine Enten spitze schmeckten, könne der Service ruhig schlecht sein und sein Laden einem Saustall gleichen (…). Seine Rechnung geht auch auf – bis eines Tages gegenüber auf der anderen Strassenseite ein Konkurrenzunternehmen eröffnet wird. (…) Der Krieg der Küchen symbolisiert den Konflikt von Tradition und Moderne in Hongkong (…). Michael Huis bis dato schönste Komödie.» (Ralph Umard, Film ohne Grenzen, 1998) 95 Min / Farbe / Digital HD / Kant/d // REGIE Clifton Ko Chisum // DREHBUCH Clifton Ko Chi-sum, Michael Hui Koonman // KAMERA Derek Wan Man-kit, Ardy Lam Kwok-wah //

Chi-wai // MIT Jet Li Lian-jie (Wong Fei-hung), Rosamund Kwan Chi-lam (Tante Yee), Max Mok Siu-chung (Leung Foon), Donnie Yen Ji-dan (Kommandant Lan).

THE HEROIC TRIO (Dongfang san xia) Hongkong 1993 «Zwei kampferprobte junge Frauen, die sich maskieren, um der Polizei im Hongkong der nahen Zukunft unerkannt zu Hilfe zu eilen, nehmen den Kampf mit einem bösen Geist auf, der schon achtzehn Babys entführt hat. Bald stösst eine dritte Frau zu ihnen, die sich vom Einfluss des Geistes befreien und sich zudem unsichtbar machen kann. Ein virtuos inszeniertes, bildgewaltiges Comicstrip-Spektakel vor dem Hintergrund einer düsteren Welt der Zukunft, die nicht minder gespenstisch wirkt als das Reich des Bösen in der Kanalisation der Stadt. Neben präzise choreografierten Kampfszenen in fantasievollen Dekors stehen vielfache Bezüge sowohl zur chinesischen Mythologie als auch zu populären Trivialgenres.» (Lexikon des int. Films)

MUSIK Richard Yuen Cheuk-fan // SCHNITT Wong Yee-shun

Courtesy of Media Asia International Distribution

// MIT Michael Hui Koon-man (Hui), Sylvia Chang Ai-chia

88 Min / Farbe / 35 mm / Kant/e // REGIE Johnnie To Kei-fung

(Tammy), Pak Yan (Tammys Mutter), Teddy Yip Wing-cho (Pang), Lowell Lo Koon-ting (Schimpanse), Stephen Ho Kainam (Alan), Ricky Hui Koon-ying (Tintenfisch).

// DREHBUCH Sandy Shaw Lai-king // KAMERA Tom Lau Moon-tong, Poon Hang-sang // MUSIK William Wu Wai-lap // SCHNITT Kam Wah Prod. Co. // MIT Anita Mui Yim-fong (Tung, «Wonder Woman»), Michelle Yeoh (Ching, «Invisible

ONCE UPON A TIME IN CHINA II

(Huang feihong zhi er naner dang ziqiang) Hongkong 1992 Wong Fei-hung (Jet Li) bekämpft die Sekte des Weissen Lotus, die es sich zur Mission gemacht hat, die Ausländer und alles Westliche aus China zu verbannen. «Mit Once Upon a Time in China II [dreht Tsui Hark] seinen besten Film seit dem berühmten Peking Opera Blues. (…) Ein Meisterwerk des zeitgenössischen Hongkong-Kinos, ein wunderbares Filmabenteuer wie aus einem Guss, in dem Kampfsequenzen, Komik, Lokalkolorit und zeitkritische Elemente endlich einmal harmonisch und sinnfällig zusammenkommen. (…) Der Film ist reich an politischen Anspielungen und Sprachwitz (…) und reflektiert die Sorgen der HongkongChinesen (…) angesichts der bevorstehenden

Woman»), Maggie Cheung Man-yuk (Chat, «Thief Catcher»), Damian Lau Chung-yan (Inspektor Lau), Anthony Wong Chau-sang (Kau), James Pax (Doktor), Mimi Chu Mai-mai (Wahrsagerin), Yen Shi-kwan (Chan, das Böse).

IRON MONKEY

(Shaonian Huang Feihong zhi tie maliu ) Hongkong 1993 «China, Mitte des 19. Jahrhunderts: Das korrupte Regime stürzt die Menschen in Armut. Um Mittellose umsonst behandeln zu können, kassiert Dr. Yang bei reichen Patienten – und verkleidet sich nachts als ‹Iron Monkey› für Raubzüge im RobinHood-Stil. Der erboste Gouverneur nimmt einen anderen Martial-Arts-Arzt (Donnie Yen) ins Visier und zwingt ihn, nach dem Räuber zu fahnden, doch er schlägt sich rasch auf die richtige Seite.


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Hongkong Kino. Da erscheint ein schier unüberwindlicher Widersacher in Gestalt eines gewissenlosen und gierigen Shaolin-Verräters. Der prototypische Plot (samt obligatorischen Comedy-Zwischenspielen) dient Yuen Woo-ping als Aufhänger für die gestaffelte Steigerung seiner spektakulären Actionszenen, kulminierend im finale furioso auf brennenden Pfosten.» (Christoph Huber, Filmmuseum Wien, Sept. 2016) 90 Min / Farbe / Digital HD / Kant/d // REGIE Yuen Woo-ping // DREHBUCH Elsa Tang Bik-yin, Lau Tai-muk, Tsui Hark // KAMERA Arthur Wong Ngok-tai, Adam Tam Chi-wai // MUSIK Johnny Yeung Kei-cheung, William Wu Wai-lap, Chow Gamwing // SCHNITT Marco Mak Chi-sin, Angie Lam On-yee, Andy Chan Chi-wai // MIT Yu Rong-guang (Dr. Yang, «Iron Monkey»),

schen Ding On und Iron Head, zwei jungen Schmieden ihres Vaters. Dieser Traum droht zu platzen, als Ding On von seiner Vergangenheit eingeholt wird und sich mit Rachegelüsten auf die Suche nach dem Mörder seines Vaters begibt. The Blade arrangiert Chang Chehs Klassiker One-Armed Swordsman (1967) neu und zeigt einen der besten Regisseure der Welt in seiner experimentierfreudigsten Phase. Eine entfesselte Kamera rauscht in rasender Geschwindigkeit um das Spektakel herum, die Bilder tauchen tief in einen düsteren Fiebertraum ab und verflechten sich in abstrakter Kontemplation. Ein blutiger, kunstvoll inszenierter Schwertkampffilm im Stil des Cinéma vérité und Kontrapunkt zum modernen Wuxia-Film. (lb)

Donnie Yen Ji-dan (Wong Kei-ying), Jean Wang Ching-ying (Fräulein Orchidee/Fräulein Ho), Angie Tsang Sze-man (Wong

101 Min / Farbe / 35 mm / Kant/e // REGIE Tsui Hark // DREH-

Fei-hung), Yen Shi-kwan (Mönch Hin Hung), James Wong Jim

BUCH Koan Hui On, So Man-sing, Tsui Hark // KAMERA Venus

(Gouverneur Cheng Pak-fong), Yuen Shun-yi (Meister Fuchs).

Keung Kwok-man // MUSIK Raymond Wong Ying-wah, William Wu Wai-lap // SCHNITT Tsui Hark, Kam Ma // MIT Vin-

THE LEGEND OF FONG SAI-YUK (Fong Sai-yuk) Hongkong 1993

«Ein Spitzenwerk aus der von Tsui Harks Epos Once Upon a Time in China ausgelösten Welle historischer Hongkong-Martial-Arts-Filme, die an einer modernisierten Definition von National­ gefühl arbeiten. Jet Li muss sich dabei als Volksheld Fong Sai-yuk im Kampf gegen die Schergen des bösen Kaisers das Rampenlicht mit seiner Mutter (fulminant: grande dame Josephine Siao) teilen: Kurze komische Geschlechterverwirrung und Historienrevision in den Atempausen zwischen hochrasanter, den Gesetzen der Schwerkraft spottender Kampfkunst, die RegisseurChoreograf Corey Yuen oft mit einem an Peking Opera Blues erinnernden, euphorischen Drang auszustatten weiss.» (Christoph Huber, Filmmuseum Wien, Sept. 2016)

cent Zhao Wen-zhuo (Ding On), Xiong Xin-xin (Fei Lung), Song Lei (Siu Ling), Austin Wai Tin-chi (Siu Lings Vater), Moses Chan Ho (Iron Head), Chung Bik-ha (Blackie).

THE MISSION (Qianghuo) Hongkong 1999 «Tos sensationeller Film zeigt fünf Leibwächter bei der Arbeit; ihr Auftrag ist es, einen Triadenboss zu beschützen. Also sieht man sie Waffen putzen, warten, beschützen, töten, warten und noch mehr warten. (...) Die üblichen Schiessereien hat To dabei entschleunigt. Er zeigt sie streng choreografiert und stilisiert, aber denkbar bewegungsarm – so, als hätten der späte Kurosawa und Robert Wilson sie inszeniert.» (Harald Peters, Berliner Zeitung, 11.12.2000) 88 Min / Farbe / 35 mm / Kant/d // REGIE Johnnie To Kei-fung // DREHBUCH Yau Nai-hoi, Milkyway Creative Team // KAMERA Cheng Siu-keung // MUSIK Chung Chi-wing // SCHNITT

106 Min / Farbe / Digital HD / Kant/d // REGIE Corey Yuen Kwai

Andy Chan Chi-wai // MIT Anthony Wong Chau-sang (Curtis),

// DREHBUCH John Chan Kin-chung, Kevin Tsai Kong-yung,

Francis Ng Chun-yu (Roy), Jackie Lui Chung-yin (Shin),

Jeff Lau Chun-wai // KAMERA Jingle Ma Choh-shing, Chan

Roy Cheung Yiu-yeung (Mike), Lam Suet (James), S ­ imon Yam

Chi-ying, Chan Kwok-hung, Thomas Yeung Yiu-fai // MUSIK

Tat-wah (Frank), Eddy Ko Hung (Boss Lung), Wong Tin-lam

Romeo Díaz, Mark Lui Chung-tak, James Wong Jim //

(Fat Cheung).

SCHNITT Peter Cheung Yiu-chung // MIT Jet Li Lian-jie (Fong Sai-yuk), Josephine Siao Fong-fong (Mutter Fong), Michelle Reis (Ting Ting), Chan Chung-yung (Tiger Lui).

Hongkong 1995

Die Hongkong-Filmreihe wurde von Lorenzo Berardelli (lb) vorgeschlagen, kuratiert und zu wesentlichen Teilen mitorganisert.

Siu Ling, die Tochter des Betreibers einer Schwertschmiede, sieht die Welt der Kampfkunst romantisch verklärt als Duell um ihre Gunst zwi-

Mit freundlicher Unterstützung von CreateHK. Eine Auswahl des Programms ist auch im Kino Rex Bern und Kinok St. Gallen zu sehen.

THE BLADE (Dao)


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17 Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit

Mehr als ein Spass Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten die gesellschaftlichen Um­wälzungen und die Konkurrenz des Fernsehens in den USA die Sehgewohnheiten. Die Komödie, von Hollywoods Selbstzensur weniger streng kontrolliert als Dramen und Krimis, wurde zum Tummelfeld der Satire und zum Testlabor für neue Geschlechterrollen. Zu den prägenden Regisseuren zählten Billy Wilder, Blake Edwards und Frank Tashlin; die neuen Stars hiessen Marilyn Monroe, Audrey Hepburn und Jayne Mansfield, Jack Lemmon, Tony Curtis und Jerry Lewis. Nach dem Ende des Krieges war die Glanzzeit der Screwball Comedy verblasst; ihre Helden waren müde. Ernst Lubitsch starb 1947. Preston Sturges drehte noch vier Filme, konnte aber nicht mehr an seine manischen Meisterwerke anknüpfen. Frank Capra immerhin schuf 1948 mit State of the Union eine letzte Komödie auf dem Niveau von Mr. Smith Goes to Washington und Meet John Doe: Seine Satire mit Spencer Tracy und Katharine Hepburn über den Tycoon Matthews, der für die Republikaner als Präsidentschaftskandidat ins Rennen geht und dank seinem unverblümten Populismus Erfolg hat, ­gemahnt verblüffend an jüngste Ereignisse in den USA – nur verficht Capras Held letztlich linksliberale Ideen. Auch George Cukor drehte mit Tracy und Hepburn gelungene Geschlechterkampf-Komödien, geschrieben vom Ehepaar Ruth Gordon und Garson Kanin. In Adam’s Rib (1949) streiten die Stars als liebevolle Eheleute und juristische Widersacher vor Gericht um die Gleichberechtigung der Frau. In der Rolle ihres Nachbarn Kip etablierte David Wayne nebenbei die Figur des schwulen Busenfreunds der Heldin, heute ein Standardelement jeder Romantic Comedy. Altmeister Howard Hawks legte 1952 mit Monkey Business nochmals eine rasante Screwball Comedy vor, in der er den schon damals in den USA grassierenden Jugendwahn auf die Schippe nahm und mit Cary Grant und ­Marilyn Monroe zwei Generationen der Komik zusammenführte. Norman Z. McLeod, der mehrere Marx-Brothers-Filme gedreht hatte, verhalf Komikern wie Bob Hope und Danny Kaye zu Kinoerfolgen. Letzterer bewies etwa in The Secret Life of Walter Mitty (1947), wie virtuos er mit Genres, Klischees und Musik spielen konnte. Henry Koster, sonst eher für Kostümdramen bekannt, >

US-Puritanerin trifft auf Nazi-Gespielin: Billy Wilders A Foreign Affair < Comic-Heldin und Frauenheld in Frank Tashlins Artists and Models

<

Als Inder unter Hollywoods Schickeria: Peter Sellers in Blake Edwards’ The Party


18 adaptierte den Bühnenhit Harvey (1950) zu einer wunderschönen, witzigen Fabel über das Recht, abseits des amerikanischen Traums glücklich zu werden. Mit dem Scharfblick des Exilanten analysierte Billy Wilder (1906 –2002) auch nach dem Krieg Verhalten und Vorstellungen von Amerikanern und Europäern. In A Foreign Affair (1948) zeigt er schonungslos, was Nazi-Politik und die Bomben der Alliierten aus dem Berlin gemacht haben, das er in Menschen am Sonntag (1930) und Emil und die Detektive (1931) zelebriert hatte: Marlene Dietrich als Barsängerin à la Lola Lola verdreht dem amerikanischen Entnazifizierungsoffizier derart den Kopf, dass er ausblendet, wie sehr sie sich mit Hitler und Konsorten eingelassen hatte (die amerikanische Regierung liess sich von Wissenschaftlern wie Wernher von Braun ähnlich bezirzen). Mit One, Two, Three (1961) kehrte Wilder im Kalten Krieg noch einmal nach Berlin zurück und mokierte sich über den Coca-Cola-Imperialismus genauso wie über die DDR-Sozialisten. Den gesellschaftlichen Entwicklungen in den USA widmete sich Wilder in The Seven Year Itch (1955), seiner Abrechnung mit dem Puritanismus und den daraus spriessenden Phantasmagorien, ebenso in The Apartment (1960), einer tragikomischen Parabel über die Verleugnung der Gefühle im real existierenden Kapitalismus. Die Nachwuchs-Spassmacher Zu den erfolgreichsten Komödienschöpfern der Nachkriegsjahre zählte Blake Edwards (1922–2010), der das Regiehandwerk beim neuen Medium Fernsehen erlernt hatte. Sein Spektrum reichte von Thrillern und Dramen bis zu derbem Klamauk, doch er vermengte auch gerne mehrere Genres oder Stimmungen im selben Film. So kippt Breakfast at Tiffany’s (1961) hin und her zwischen Schwank und Schmalz. Auch in Operation Petticoat (1959) wechselt Edwards wiederholt und abrupt die Tonlage; letztlich aber kann hier das U-Boot «Sea Tiger» als augenzwinkernd-nostalgisches Symbol für die Nation in gleichstellender Uniform herhalten: Die kriegsversehrte Klapperkiste, entmännlichend rosa gestrichen und mit einem bebenden Hüfthalter verzurrt, kann ihre Mission nur erfüllen, wenn alte, schneidige Ehrenmänner, junge, schlitzohrige Proleten und beherzte, BH-opfernde Frauen am gleichen Strick ziehen. Wie damals üblich, treten auch bei Edwards rassistisch angehauchte Stereotypen auf, etwa der von Mickey Rooney verkörperte hasenzahnige Japaner in Breakfast at Tiffany’s oder der braun geschminkte Peter Sellers als arglos-chaotischer Inder in der Hollywood-Verulkung The Party (1968), was im heutigen Zeitalter der politischen Korrektheit nur knapp zumutbar wirkt. Frank Tashlin (1913–1972), ursprünglich Cartoonist, setzte Techni­ color ein, um seine Figuren in schrille, stilisierte Dekors zu versetzen, die an seine Trickfilmvergangenheit erinnern. Dank seinem Sinn für surreale Spässe drehte er einige der besten Filme von Bob Hope und Jerry Lewis; mit Letzterem persiflierte er 1955 in Artists and Models Amerikas Hysterie über den


19 verderblichen Einfluss von Comics. Seine Sexposse The Girl Can’t Help It (1956) machte die Monroe-Karikatur Jayne Mansfield zum Star; in Will Success Spoil Rock Hunter? (1957) liess er die Mansfield gar sich selbst parodieren, doch in erster Linie verspottete Tashlin in dieser Satire Konsumwahn, Werbung und Promi-Kult. Komödiantinnen für die Babyboomer Die blonde Sexbombe war allerdings nicht der einzige Frauentyp. «Es ist interessanter, den Sex in einer Frau zu entdecken, als ihn um die Ohren gehauen zu bekommen wie bei Marilyn Monroe und ihresgleichen», sagte Alfred Hitchcock einst in einem Interview. Zu den kühlen, reservierten Blondinen, die er vorzog, zählten Grace Kelly, Doris Day und Ingrid Bergman. In Komödien erschien deren Zurückhaltung bisweilen als Prüderie, und die Männer mussten die Sexualität dieser Damen nicht nur aufspüren, sondern geradezu anwerfen. Im Musical High Society (1956) greift Bing Crosby zum Jazz, um die Kelly als Upper-Class-Zicke davon abzuhalten, einen Langweiler zu heiraten. Rock Hudson wiederum muss als Schürzenjäger in Pillow Talk (1959) vielerlei Kniffe anwenden, um die von Day verkörperte lustfeindliche Karrierefrau zu knacken; in mehrfacher ironischer Brechung mimt er in einer Szene gar den Schwulen. ­Ingrid Bergman wird in Stanley Donens Indiscreet (1958) vom Charmeur Cary Grant ebenfalls getäuscht, dreht dann aber genüsslich den Spiess um. Die knabenhafte Shirley MacLaine, von Hitchcock entdeckt, trat bei Tashlin in Artists and Models als Gegenpol zum Komikerduo Dean Martin und Jerry Lewis auf, bevor ihr Billy Wilder in The Apartment endgültig zum Durchbruch verhalf. Audrey Hepburn als Inbegriff der Eleganz (Breakfast at Tiffany’s; Roman Holiday, 1953), das ungezähmte Naturweib Maureen O’Hara in John Fords The Quiet Man (1952) und die mondäne Lauren ­Bacall in Vincente Minnellis farbenfrohem New-York-Fresko Designing Woman (1957) runden die Palette der Protagonistinnen ab und beweisen: Gerade in den Komödien bot Hollywood den heranwachsenden Frauen der Baby­boomerGeneration eine Vielfalt von Vorbildern jenseits des Heimchens am Herd und des läppischen Lustobjekts – und das zwei Jahrzehnte vor dem Aufkommen der «Women’s Liberation». Michel Bodmer

Als Reeditionen sind im aktuellen Programm ausserdem zwei Hollywoodkomödien zu sehen, die für den Stil vor und nach der Zeitspanne dieser Reihe stehen: In Ninotchka (1939) zeigt Ernst Lubitsch die Kunst des Nicht-Zeigens, mit der er die Zensur des Hays-Codes subtil unterlief. Robert Altman hingegen schilderte in seiner Koreakrieg-Satire M*A*S*H (1970) die ­Erlebnisse der durchgeknallten Armee-Ärzte mit einigem Sex und noch mehr Blut. In der Reihe «Das erste Jahrhundert des Films» läuft überdies Mike Nichols’ meisterhafte ­Satire The Graduate (1967).


> Adam’s Rib.

> The Secret Life of Walter Mitty.

> Monkey Business.

> Harvey.

> The Quiet Man.

> State of the Union.


Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit.

THE SECRET LIFE OF WALTER MITTY

STATE OF THE UNION

USA 1947

USA 1948

Der schüchterne Verlagslektor Walter Mitty lebt unter der Fuchtel seiner Mutter und soll die eitle Gertrude heiraten. Von der Wirklichkeit überfordert, flüchtet sich Walter geistig in die Welten der Groschenromane, die er redigiert, und brilliert in seiner Fantasie als Held. Als Walter der hübschen Erbin Rosalind begegnet, die tatsächlich in Gefahr ist und seine Hilfe braucht, will ein krimineller Psychiater ihm weismachen, dass Rosalind bloss eines seiner Hirngespinste sei. Komiker Danny Kaye in seiner besten Rolle, flankiert von Virginia Mayo und Boris Karloff. James Thurbers witzige Kurzgeschichte, die als Vorlage diente, wurde mit Musical-Einlagen und parodistischen Actionszenen ausgebaut, doch der Film bleibt der bescheiden-anständigen Seele seines Protagonisten treu. (mb)

Der reiche Industrielle Grant Matthews (Spencer Tracy) wird von seiner skrupellosen Geliebten dazu verleitet, sich als populistischer Präsidentschaftskandidat der Republikaner aufstellen zu lassen. Er gewinnt an der Idee Gefallen, und sein unverblümtes Auftreten kommt beim Volk an. Bald jedoch sieht er sich in einem Konflikt zwischen seinen persönlichen Idealen und den Mechanismen der Politmaschinerie. In seiner entfremdeten Frau (Katharine Hepburn) findet er überraschend eine Verbündete. «Ein letztes Mal hält Capra hier die Balance zwischen einer feinen psychologischen Komödie und dem bitteren Konflikt zwischen Integrität und Korruption. Matthews ist eine Art Mr. Smith, ehrlich, aber nicht naiv, integer, aber kein Don Quichotte, und er lässt sich – anders als Smith – zum Kompromiss verführen. Capras Realismus ist zynischer geworden.» (Jean Tulard: Guide des films)

105 Min / Farbe / DCP / E/e // REGIE Norman Z. McLeod // DREHBUCH Ken Englund, Everett Freeman, nach einer Kurzgeschichte von James Thurber // KAMERA Lee Garmes //

124 Min / sw / 35 mm / E/f // REGIE Frank Capra // DREHBUCH

MUSIK David Raksin // SCHNITT Monica Collingwood // MIT

Anthony Veiller, Myles Connolly, nach einem Bühnenstück

Danny Kaye (Walter Mitty), Virginia Mayo (Rosalind van

von Howard Lindsay, Russel Crouse // KAMERA George J.

Hoorn), Boris Karloff (Dr. Hugo Hollingshead), Fay Bainter

Folsey // MUSIK Victor Young // SCHNITT William Hornbeck

(Mrs. Eunice Mitty), Ann Rutherford (Gertrude Griswold).

// MIT Spencer Tracy (Grant Matthews), Katharine Hepburn (Mary Matthews), Van Johnson (Spike McManus), Angela

A FOREIGN AFFAIR USA 1948 Eine puritanische amerikanische Kongressabgeordnete soll im zerstörten Berlin der Nachkriegszeit die Moral amerikanischer Besatzungstruppen untersuchen und kommt einer deutschen Barsängerin auf die Spur, die einst in höchsten Nazizirkeln verkehrte und nun – gegen gute Schwarzmarktware – für die ausserdienstlichen Vergnügen eines US-Offiziers besorgt ist. «Eine witzige Satire (...). Der Humor, der sich für ein solches Thema anbietet, ist hier ausgesprochen bissig (...). Dabei gelingt es Charles Brackett und Billy Wilder, unter der spassigen Oberfläche menschliche Schwächen blosszulegen und auch die Verbitterung der Besiegten in den besetzten Gebieten durchscheinen zu lassen.» (Variety Movie Guide 2001) 116 Min / sw / Digital HD / E/d // REGIE Billy Wilder // DREH-

Lansbury (Kay Thorndyke), Adolphe Menjou (Jim Conover), Lewis Stone (Sam Thorndyke), Howard Smith (Sam Parrish), Maidel Turner (Lulubelle Alexander).

ADAM’S RIB USA 1949 «Herrliche Cukor-Komödie, in der Hepburn und Tracy als verheiratetes Juristenpaar einen Geschlechterkampf ausfechten, da sie als Verteidigerin bzw. Ankläger einer dummen Blondine (der unnachahmlichen Judy Holliday) auftreten, die beschuldigt wird, ihren untreuen Gatten vorsätzlich niedergeschossen zu haben. Hepburns feministische Argumente sind etwas überdreht und prallen zu leicht an Tracys paternalistischem Chauvinismus ab, doch das Drehbuch von Ruth Gordon und ihrem Mann Garson Kanin strotzt derart von Witz, dass das nichts ausmacht.» (Tom Milne, Time Out Film Guide)

BUCH Charles Brackett, Billy Wilder, Richard L. Breen,

101 Min / sw / Digital HD / E/d // REGIE George Cukor //

­Robert Harari, nach einer Vorlage von David Shaw // KAMERA

DREHBUCH Ruth Gordon, Garson Kanin // KAMERA George

Charles Lang jr. // MUSIK Friedrich Hollaender // SCHNITT

J. Folsey // MUSIK Miklós Rósza // SCHNITT George Boemler

Doane Harrison // MIT Marlene Dietrich (Erika von Schlütow),

// MIT Spencer Tracy (Adam Bonner), Katharine Hepburn

Jean Arthur (Phoebe Frost), John Lund (John Pringle),

(Amanda Bonner), Judy Holliday (Doris Attinger), Tom Ewell

Millard Mitchell (Rufus J. Plummer), Peter von Zerneck ­

(Warren Francis Attinger), David Wayne (Kip Lurie), Jean

(Hans Otto Birgel), Bill Murphy (Joe).

­Hagen (Beryl Caighn), Hope Emerson (Olympia La Pere).

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Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit.

HARVEY

THE QUIET MAN

USA 1950

USA 1952

Der freundliche Trinker Elwood P. Dowd hat ein unsichtbares Riesenkaninchen namens Harvey zum Gefährten – einen Pooka, ein schelmisches keltisches Fabelwesen. Seine Schwester Veta und deren erwachsene Tochter Myrtle haben weder ein Sozialleben noch Heiratschancen, weil alle Welt Elwood für geisteskrank hält. Entnervt versucht Veta, ihren Bruder in die Klapsmühle einzuweisen, mit unerwarteten Folgen. «Eine unglaublich amüsante Komödie, die aufgrund sprühenden Dialogwitzes hervorragend gealtert ist, doch unter dieser Oberfläche versteckt sich noch ein wesentlich tiefgründigeres Drama über Alkoholismus und die Depression der Nachkriegsära, über den Wunsch der Menschen, der tristen Realität zu entkommen.» (Stephan ­Eicke, film-rezensionen.de, 12.2.2011)

Nachdem sein letzter Gegner im Ring gestorben ist, hängt ein umjubelter Preisboxer seine Handschuhe an den Nagel und kehrt aus Amerika in die irische Heimat zurück. Auch dort findet er jedoch nicht den erhofften Frieden. Um die Frau seines Herzens zu gewinnen, muss er noch einmal zum Kampf antreten – gegen ihren Bruder. «Dieser grosse Klassiker und Kassenhit ist eine bemerkenswerte Komödie über die Komplexität von Liebesbeziehungen (...), die in vielen Punkten an Shakespeares ‹Der Widerspenstigen Zähmung› erinnert; ein harmonisches Werk, reich an humoristischen Details und voller Lebenskraft.» (Jean Tulard: Guide des films) 129 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE John Ford // DREHBUCH Frank S. Nugent, Richard Llewellyn, nach dem Roman von Maurice Walsh // KAMERA Winton C. Hoch // MUSIK Victor

104 Min / sw / Digital HD / E/d // REGIE Henry Koster // DREH-

Young // SCHNITT Jack Murray // MIT John Wayne (Sean

BUCH Mary Chase, Oscar Brodney // KAMERA William

Thornton), Maureen O’Hara (Mary Kate Danaher), Barry Fitz-

­Daniels // MUSIK Frank Skinner // SCHNITT Ralph Dawson //

gerald (Michaeleen Flynn), Ward Bond (Peter Lonergan),

MIT James Stewart (Elwood P. Dowd), Josephine Hull (Veta

­Victor McLaglen (Red Will Danaher), Mildred Natwick (Mrs.

Louise Simmons), Peggy Dow (Miss Kelly), Charles Drake

Tillane), Francis Ford (Tobin).

(Dr. Sanderson), Cecil Kellaway (Dr. Chumley), Jesse White (Wilson), Victoria Horne (Myrtle Mae Simmons).

ROMAN HOLIDAY USA 1953

MONKEY BUSINESS USA 1952 «Ein zerstreuter Wissenschaftler, seine Frau, sein Chef und dessen nicht schreibmaschinenkundige Sekretärin geraten unter die Wirkung eines Verjüngungstrankes, den ein Affe zufällig zusammengemixt hat. Das ist der Ausgangspunkt für eine intelligent-zeitlose Screwball-Komödie, die den Jugendkult mit Witz auf die Schippe nimmt.» (Heyne Film Lexikon) «Die klassische Verkehrte-Welt-Komödie, in der Kinder und Tiere sexuelle Anarchie in die gesittete Erwachsenenwelt bringen und deren sämtliche Bewohner hoch erfrischt und höchst amüsiert zurücklassen.» (Don Macpherson, Time Out Film Guide) 97 Min / sw / 35 mm / E/d/f // REGIE Howard Hawks // DREH-

Eine romantische Liebesgeschichte zwischen ­einer Prinzessin und einem amerikanischen Reporter im Rom der fünfziger Jahre. «Mit Roman Holiday findet William Wyler erstmals seit 1935 zur Komödie zurück; er beweist sein Talent für dieses Genre, indem er eine Story, die der Klatschpresse entnommen sein könnte, mit wohltuendem Humor behandelt. Mit Hilfe zweier aussergewöhnlicher Kameramänner zieht er aus dem römischen Rahmen jeden erdenklichen Vorteil, bietet dem Publikum nicht nur die obligaten Sehenswürdigkeiten, sondern auch das vitale Getümmel der italienischen Hauptstadt. Den unverwechselbaren Charme dieses unprätentiösen Films macht aber seine Hauptdarstellerin aus. In ihrer ersten Hauptrolle für Hollywood sprüht Audrey Hepburn vor Anmut und Frische.» (Jean Tulard: Guide des films)

BUCH Ben Hecht, Charles Lederer, I. A. L. Diamond, nach

119 Min / sw / 35 mm / E/d/f // REGIE William Wyler // DREH-

­einer Story von Harry Segall // KAMERA Milton R. Krasner //

BUCH Ian McLellan Hunter, John Dighton, nach einem Script

MUSIK Leigh Harline // SCHNITT William B. Murphy // MIT

von Dalton Trumbo // KAMERA Franz F. Planer, Henri Alekan

Cary Grant (Prof. Barnaby Fulton), Ginger Rogers (Mrs.

// MUSIK Georges Auric // SCHNITT Robert Swink // MIT

­Edwina Fulton), Charles Coburn (Mr. Oliver Oxly), Marilyn

­Gregory Peck (Joe Bradley), Audrey Hepburn (Prinzessin

Monroe (Miss Lois Laurel), Hugh Marlowe (Hank Entwhistle),

Anne), Eddie Albert (Irving Radowitsch), Hartley Power (Mr.

Henri Letondal (Dr. Jerome Kitzel), Robert Cornthwaite

Hennessy), Laura Solari (Hennessys Sekretärin), Harcourt

(Dr. Zoldeck), Larry Keating (G. J. Culverly).

Williams (Botschafter).


Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit. man), Evelyn Keyes (Helen Sherman), Sonny Tufts (Tom

ARTISTS AND MODELS USA 1955 Rick ist ein brotloser Künstler; sein depperter Freund und Wohnpartner Eugene möchte brave Kinderbücher schreiben, ist aber besessen von den brutalen Comics um die mysteriöse Bat Lady. Deren Schöpferin, die Autorin Abby, wohnt im selben Haus, und ihre Freundin Bessie steht für die Bat Lady Modell. Bald kommt sich das Quartett romantisch und beruflich in die Quere. «Comics sind nur ein Bruchteil des Pop-Treibguts, das durch diese freudig vulgäre Skizze der Eisenhower-Ära strudelt: Horoskope und Numerologie sind Alternativ-Süchte, aus einem Spielzeuggewehr dringt ein pinkfarbener Atompilz, alles wird beobachtet von einem Agenten, der verdächtig an James Stewart in Rear Window gemahnt.» (Fernando F. Croce, cinepassion.org) 109 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Frank Tashlin // DREHBUCH Frank Tashlin, Herbert Baker, Hal Kanter, Don McGuire, nach dem Theaterstück «Rock-A-Bye Baby!» von ­Michael Davidson, Norman Lessing // KAMERA Daniel L. Fapp // MUSIK Walter Scharf // SCHNITT Warren Low // MIT Dean Martin (Rick Todd), Jerry Lewis (Eugene Fullstack), Shirley MacLaine (Bessie Sparrowbrush), Dorothy Malone (Abigail «Abby» Parker), Eddie Mayehoff (Mr. Murdock), Anita Ekberg (Anita), Eva Gabor (Sonia/Mrs. Curtis).

­MacKenzie), Robert Strauss (Mr. Kruhulik), Oscar Homolka (Dr. Brubaker), Marguerite Chapman (Miss Morris).

HIGH SOCIETY USA 1956 Die verwöhnte Tracy will einen Langweiler heiraten. Ihr Exmann versucht das zu verhindern. «Als Remake von The Philadelphia Story hat High Society Probleme: Crosby und Kelly sind prima, wirken aber mehr wie Vater und Tochter als wie ein geschiedenes Paar, und Charles Walters ist George Cukor nicht gewachsen, wenn es darum geht, süsse und herbe Zutaten zu einer klassischen Screwball Comedy zu mixen. Vielleicht ist einem das aber egal, denn als Cole-Porter-Musical ist der Film echt unschlagbar. Er kombiniert Bing mit Frank Sinatra in ‹Well, Did You Evah›, etabliert Crosbys ‹True Love› als ‹unser Lied› eines jeden Paars von 1956, gönnt Celeste Holm eine Chance auf Unsterblichkeit, wenn sie bei ‹Who Wants to Be a Millionaire?› mit Frankie duettiert, und lässt Louis Armstrong beim Titellied und beim ‹Now You Has Jazz› als singenden griechischen Chor auftreten. Sensationell.» (Kim Newman, empireonline.com, 14.10.2015) 111 Min / Farbe / Digital HD / E/d // REGIE Charles Walters // DREHBUCH John Patrick, Philip Barry // KAMERA Paul Vogel // MUSIK Cole Porter, Johnny Green, Conrad Salinger //

THE SEVEN YEAR ITCH

SCHNITT Ralph E. Winters // MIT Bing Crosby (C. K. Dexter-

USA 1955

Haven), Grace Kelly (Tracy Lord), Frank Sinatra (Mike Connor),

«In der Sommerhitze von New York verdreht eine grenzenlos naive, aber ungemein aufreizende junge Nachbarin einem Strohwitwer so gehörig den Kopf, dass ihm die erotischen Fantasien wilde Streiche zu spielen beginnen. Die Verfilmung eines Broadwaystücks, dessen leicht biedere Anzüglichkeit Wilder systematisch ins Absurde steigert. Resultieren daraus auch eine weitgehende Denunziation der Figuren und eine Reihe mässig komischer Schlüpfrigkeiten – darunter die berühmte Szene mit Marilyns hochgewehtem Kleid über dem U-Bahnschacht –, so werden diese Schwächen wettgemacht durch die sexuellen Wunschvorstellungen des Helden, die Wilder unwiderstehlich komisch inszeniert und mit maliziösen Parodien auf romantische Filmklischees spickt.» (Andreas Furler, Programmheft Filmpodium, Mai 2002)

Louis Calhern (Uncle Willie), Sidney Blackmer (Seth Lord),

105 Min / Farbe / Digtal HD / E/d // REGIE Billy Wilder // DREHBUCH Billy Wilder, George Axelrod, nach dem Theaterstück von George Axelrod // KAMERA Milton R. Krasner // MUSIK Alfred Newman // SCHNITT Hugh S. Fowler // MIT ­Marilyn Monroe (das Mädchen), Tom Ewell (Richard Sher-

Celeste Holm (Liz Imbrie), John Lund (George Kittredge), Louis Armstrong (er selbst).

DESIGNING WOMAN USA 1957 Der renommierte Sportreporter Mike verguckt sich in die blonde Marilla und heiratet sie Hals über Kopf. Erst hinterher merkt er, dass sie als Modedesignerin mehr Ansehen geniesst als er selbst und dass er mit der New Yorker TheaterBohème, in der sich Marilla bewegt, seine liebe Mühe hat; sie wiederum kann mit der rabiaten Welt des Boxsports nichts anfangen. Vom rammdösigen Boxer über den pfeifenrauchenden Reporter bis zum effeminierten (aber kampftüchtigen) Choreografen reicht hier das Spektrum der Mannsbilder, während Lauren Bacall zwar als Karrierefrau überzeugen darf, beim Anblick von Blut aber doch schwach werden muss. Bunt-beschwingte Komödie über Geschlechterrollen im Wandel. (mb)

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> Will Success Spoil Rock Hunter?.

> Indiscreet.

> Designing Woman.

> Operation Petticoat.

> High Society.

> Pillow Talk.


Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit. 117 Min / Farbe / 35 mm / E/sp/d // REGIE Vincente Minnelli //

100 Min / Farbe / Digital HD / E/d // REGIE Stanley Donen //

DREHBUCH George Wells, nach einer Idee von Helen Rose //

DREHBUCH Norman Krasna // KAMERA Frederick A. Young //

KAMERA John Alton // MUSIK André Previn // SCHNITT Adri-

MUSIK Richard Rodney Bennett, Ken Jones // SCHNITT Jack

enne Fazan // MIT Gregory Peck (Mike Hagen), Lauren Bacall

Harris // MIT Cary Grant (Philip Adams), Ingrid Bergman

(Marilla Hagen), Dolores Gray (Lori Shannon), Sam Levene

(Anna Kalman), Cecil Parker (Alfred Munson), Phyllis Calvert

(Ned Hammerstein), Tom Helmore (Zachary Wilde), Mickey

(Margaret Munson), David Kossoff (Carl Banks), Megs Jenkins

Shaughnessy (Maxie Stultz).

(Doris Banks).

WILL SUCCESS SPOIL ROCK HUNTER?

OPERATION PETTICOAT

USA 1957

USA 1959

Der erfolglose Werber Rock Hunter will das ­Busenwunder Rita Marlowe für eine LippenstiftKampagne gewinnen, um seinen Job zu retten. Rita macht mit, will aber dafür Rock als ihren Liebhaber ausgeben, um ihren untreuen Freund, den Muskelmann Bobo, eifersüchtig zu machen. Unversehens wird Rock selbst zum Sexsymbol und macht Karriere. Das Zeitalter der «Mad Men», der Werbeleute der New Yorker Madison Avenue, wurde schon damals gnadenlos auf die Schippe genommen. Frank Tashlin lässt Jayne Mansfield (samt ihrem leibhaftigen Ehemann, Mickey Hargitay) nicht nur Marilyn Monroe, sondern auch sich selbst parodieren und dreht den Technicolor-Regler in den schmerzhaften Bereich. Hauptdarsteller Tony Randall veräppelt nebenbei das Kino, das Fernsehen und das Radio. Ein schriller Spass. (mb)

Gleich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wird das amerikanische U-Boot «Sea Tiger» von den Japanern versenkt. Notdürftig repariert, gurgelt es unter Kapitän Sherman zum nächsten Einsatz, auch dank dem cleveren Leutnant Holden, der mit dubiosen Mitteln Vorräte und Ersatzteile beschafft. Als das U-Boot fünf gestrandete Armeekrankenschwestern an Bord nimmt, ist die Besatzung ebenso bezaubert wie überfordert. Regisseur Blake Edwards setzt Cary Grants reifen, mit Understatement gespielten Kapitän gegen den quirligen jungen Tony Curtis als mit allen Wassern gewaschenen Unteroffizier. Oft klamaukig, bietet der Film auch treffende Beobachtungen zum Verhältnis der Geschlechter in gleichstellender Uniform – und ohne. (mb) 124 Min / Farbe / Digital HD / E/d // REGIE Blake Edwards // DREHBUCH Stanley Shapiro, Maurice Richlin, nach einer

93 Min / Farbe / DCP / E // DREHBUCH UND REGIE Frank

Story von Paul King, Joseph Stone // KAMERA Russell Harlan

Tashlin // KAMERA Joseph MacDonald // MUSIK Cyril J.

// MUSIK David Rose, Henry Mancini // SCHNITT Frank Gross,

Mockridge // SCHNITT Hugh S. Fowler // MIT Jayne Mansfield

Ted J. Kent // MIT Cary Grant (Lt. Cmdr. Matt T. Sherman),

(Rita Marlowe), Tony Randall (Rock Hunter/er selbst), Betsy

Tony Curtis (Lt. Nicholas Holden), Joan O’Brien (Lt. Dolores

Drake (Jenny), Joan Blondell (Violet), Henry Jones (Henry

Crandall), Dina Merrill (Lt. Barbara Duran), Gene Evans (Chief

­Rufus), John Williams (Irving La Salle Jr.), Lili Gentle (April

Molumphry), Dick Sargent (Stovall).

Hunter), Mickey Hargitay (Bobo Branigansky).

INDISCREET

PILLOW TALK USA 1959

USA/GB 1958 Die Bühnenschauspielerin Anna verliebt sich in den Diplomaten Philip, der erklärt, er sei verheiratet und seine Frau verweigere die Scheidung. Die beiden gönnen sich eine leidenschaftliche Affäre, doch dann erfährt Anna, dass Philip lügt: Er ist ledig und schützt seine Ehe nur vor, um sich nicht binden zu müssen. Annas Rache ist süss. «Es ist ein Vergnügen, die grossartige Ingrid Bergman beim prätentiösen Lamentieren und den smarten Cary Grant beim ausgelassenen schottischen Tanz zu beobachten. (...) Eine gelungene kleine Parabel über die Fallstricke von allzu berechnenden Liebesverbindungen, deren grundsätzliche Konstellationen sich bis in die heutige Zeit hinübergerettet haben.» (Marie Anderson, kino-zeit.de, 16.4.2012)

«Ein Frauenheld und Komponist beschliesst, eine hübsche junge Innenarchitektin zu verführen, mit der er den Telefonanschluss teilt. Da sie ihn noch nie gesehen hat, kann er sich als naiver Texaner ausgeben. (...) Heute erkennen wir, dass Sex and the City oder die meisten Julia Roberts/Cameron Diaz-Filme eigentlich das Rezept der erfolgreichsten DorisDay-Filme aufarbeiten. (...) In Pillow Talk verfolgt der maskuline Rock Hudson die widerwillige Doris Day durch eine Folge von Missverständnissen und Zweideutigkeiten. Der pfiffige Titelsong und die Kombination von Rocks Granit-Kinn und Doris’ ebenso solider Frisur sind für den Mainstream-Stil von 1959 genauso typisch wie Autos mit Heckflossen und Nierentische.» (William Thomas, empireonline.com, 14.10.2015)

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Hollywoodkomödien der Nachkriegszeit. 102 Min / Farbe / Digtal HD / E/d // REGIE Michael Gordon //

115 Min / Farbe / Digital HD / E/d // REGIE Blake Edwards //

DREHBUCH Stanley Shapiro, Maurice Richlin, nach einer

DREHBUCH George Axelrod, nach der Novelle von Truman

Story von Russell Rouse, Clarence Greene // KAMERA Arthur

­Capote // KAMERA Franz Planer // MUSIK Henry Mancini //

E. Arling // MUSIK Frank De Vol // SCHNITT Milton Carruth //

SCHNITT Howard Smith // MIT Audrey Hepburn (Holly

MIT Rock Hudson (Brad Allen), Doris Day (Jan Morrow), Tony

­Golightly), George Peppard (Paul Varjak), Patricia Neal (Mrs.

Randall (Jonathan Forbes), Thelma Ritter (Alma), Nick

Failenson), Mickey Rooney (Mr. Yunioshi), Buddy Ebsen (Doc

Adams (Tony Walters), Julia Meade (Marie).

Golightly), Martin Balsam (O. J. Berman).

THE APARTMENT

ONE, TWO, THREE

USA 1960

USA 1961

Seiner Karriere zuliebe überlässt ein kleiner New Yorker Büroangestellter sein Apartment seinen Vorgesetzten für Schäferstündchen. Erst als die junge Frau seiner Träume in diese Machenschaften verstrickt wird, kommt er zur Besinnung. Wilders böse Satire über Geschäftsmoral und Duckmäusertum, «in ihrer bitteren Vision aber gemildert durch ein zärtliches Verständnis für die Schwächen menschlicher Beweggründe. Selbst der Drückeberger-Schluss (Boy vergibt Girl und alles ist gut) ist durchaus bewegend, da Jack Lemmon und Shirley MacLaine mit subtilem Geschick zwischen Komödie und Pathos zu changieren wissen.» (Tom Milne, Time Out Film Guide)

Ein aggressiver amerikanischer Coca-Cola-Vertreter in Westberlin will sein Produkt den Russen schmackhaft machen. Gleichzeitig muss er seinem Boss verheimlichen, dass dessen ihm anvertraute Tochter nach Ostberlin durchgebrannt und von einem Jungkommunisten geschwängert worden ist. «Die Story ist von so furios schnellem Witz, dass einige der Pointen glatt überhört oder durch Überlappungen gedämpft werden. Doch das Gesamterlebnis ist von beträchtlicher Schlagkraft.» (Variety Movie Guide) 115 Min / sw / 35 mm / E/d/f // REGIE Billy Wilder // DREHBUCH I. A. L. Diamond, Billy Wilder, nach dem Theaterstück

125 Min / sw / 35 mm / E/d/f // REGIE Billy Wilder // DREH-

«Egy, kettö, három» von Ferenc Molnár // KAMERA Daniel L.

BUCH Billy Wilder, I. A. L. Diamond // KAMERA Joseph La-

Fapp // MUSIK André Previn // SCHNITT Daniel Mandell //

Shelle // MUSIK Adolph Deutsch // SCHNITT Daniel Mandell

MIT James Cagney (C. R. MacNamara), Horst Buchholz (Otto

// MIT Shirley MacLaine (Fran Kubelik), Jack Lemmon (C. C.

Ludwig Piffl), Liselotte Pulver (Fräulein Ingeborg), Arlene

«Bud» Baxter), Fred MacMurray (Jeff D. Sheldrake), Ray Wal-

Francis (Phyllis MacNamara), Pamela Tiffin (Scarlett Hazel-

ston (Joe Dobisch), David Lewis (Al Kirkeby), Jack Kruschen

tine), Hanns Lothar (Schlemmer), Ralf Wolter (Borodenko).

(Dr. Dreyfuss), Joan Shawlee (Sylvia).

BREAKFAST AT TIFFANY’S USA 1961 «Eine junge Frau aus der Provinz lässt sich in New York von vermögenden Herren aushalten und macht die Bekanntschaft eines schriftstellerisch ambitionierten jungen Nachbarn, der seinerseits von einer älteren Geliebten alimentiert wird. Die aufkeimende Liebe konfrontiert beide mit ihren Lebenslügen. Die schicke Upper East Side steht für den Traum vom mondänen Leben, der schon Millionen junge Provinzler nach New York gebracht hat. Die Single-Apartments eines klassischen Reihenhauses, welche die Helden in diesem Quartier bewohnen, bergen hingegen Einsamkeit und kleinbürgerliche Ernüchterung. Der märchenhafte Charme von Breakfast at Tiffany’s rührt von der Hartnäckigkeit, mit der Audrey Hepburn alias Holly Golightly diese dunkle Seite leugnet und ihre Verlorenheit mit Exzentrik kaschiert.» (Andreas Furler, Programmheft Filmpodium, Oktober/November 2009)

THE PARTY USA 1967 «Ein sanftmütiger, aber tollpatschiger indischer Filmstatist, der Katastrophen magisch anzieht, gerät durch Zufall in die Party eines Hollywoodproduzenten und verwandelt dessen Villa unbeabsichtigt in ein Tollhaus.
 Ein turbulenter Filmspass mit listig ausgetüftelten und raffiniert aufgebauten und variierten Gags, frechen Seitenhieben auf das Filmgeschäft und skurrilen Nebenfiguren. Der unterhaltsame Film bedient sich bewusst grosser Vorbilder wie Laurel und Hardy, Harold Lloyd und Jacques Tati.» (Lexikon des int. Films) 99 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Blake Edwards // DREHBUCH Blake Edwards, Tom Waldman, Frank Waldman // KAMERA Lucien Ballard // MUSIK Henry Mancini // SCHNITT Ralph E. Winters // MIT Peter Sellers (Hrundi V. Bakshi), Claudine Longet (Michele Monet), Marge Champion (Rosalind Dunphy), Fay McKenzie (Alice Clutterbuck), Steve Franken (Levinson), Sharron Kimberley (Prinzessin Helena), Denny Miller (Wyoming Bill Kelso), Gavin Macleod (C. S. Divot).


27 Das erste Jahrhundert des Films

1967 & 1977 Mit Mike Nichols’ The Graduate und Bonnie and Clyde von Arthur Penn kündigt sich 1967 New Hollywood an, während D. A. Pennebaker mit Don’t Look Back dem kürzlich mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten Bob Dylan ein ambivalentes Porträt widmet und damit einen Klassiker des Direct Cinema schafft. In Frankreich arbeitet Jacques Tati parallel zur Nouvelle Vague am eigenen Universum; von der Moderne fasziniert und ihr gegenüber gleichzeitig kritisch eingestellt, treibt er sein ironisches Spiel mit Play Time auf die Spitze. Zuvor eher für klaustrophobische Charakterstudien bekannt, wagt sich Roman Polanski mit The Fearless Vampire Killers erfolgreich ins Komödienfach. Heimlich unter der Militärdiktatur in Brasilien gedreht, wurde Glauber Rochas Terra em transe in Cannes sowie Locarno ausgezeichnet und beeinflusste das brasilianische Cinema novo nachhaltig. Zehn Jahre später behandelt Andrzej Wajda mit Der Mann aus Marmor die stalinistische Zeit in Polen und kommentiert in seinem selbstreflexiven Film gleichzeitig die politische Gegenwart von 1977. Während Wim Wenders’ Erfolg mit Der amerikanische Freund bis in die USA ausstrahlte und Francis Ford Coppola auf den jungen Regisseur aufmerksam machte, hatte sich Luis Buñuel eigentlich bereits aus dem Filmgeschäft zurückgezogen, um dann mit Cet obscur objet du désir seinem Werk noch einen letzten grossen Film hinzuzufügen. Dem Horror widmen sich in unterschiedlicher Weise ­Dario Argento und David Lynch: Der italienische Regisseur liefert mit seinem Film Suspiria über brutale Vorkommnisse in einer deutschen Ballettschule ­einen Klassiker des italienischen Giallo, und mit Eraserhead prägt Lynch seine unverwechselbare Form von beklemmendem Surrealismus. Marius Kuhn Das erste Jahrhundert des Films In der Dauerreihe «Das erste Jahrhundert des Films» zeigen wir im Lauf von zehn Jahren rund 500 ­wegweisende Werke der Filmgeschichte. Die Auswahl jedes Programmblocks ist gruppiert nach Jahrgängen, woraus sich schliesslich 100 Momentaufnahmen des Weltkinos von 1900 bis 1999 ergeben. ­Referenzzahl ist jeweils der aktuelle Jahrgang, d. h. im Jahr 2017 sind Filme von 1917, 1927, 1937 usw. zu sehen. Vor einzelnen Filmen des Jahres 1967 werden wie bereits in den vergange­nen Jahren Beiträge der Schweizer Filmwochenschau aus dem jeweiligen Jahr gezeigt (Daten s. Programmübersicht). Weitere wichtige Filme von 1967 Rebellion (Joi-uchi) Masaki Kobayashi, J Die Roten und die Weissen (Csillagosok, katonák) Miklós Jancsó, Ungarn/UdSSR Der Feuerwehrball (Hoří, má panenko) Miloš Forman, ČSSR/I Le samouraï Jean-Pierre Melville, F Branded to Kill (Koroshi no rakuin) Seijun Suzuki, J Belle de jour Luis Buñuel, F/I The Jungle Book Wolfgang Reitherman, USA Markéta Lazarová František Vláčil, ČSSR

Weitere wichtige Filme von 1977 Star Wars George Lucas, USA Annie Hall Woody Allen, USA Una giornata particolare Ettore Scola, I/Kanada Die Jäger (Oi kynigoi) Theo Angelopoulos, Griechenland Elisa, vida mía Carlos Saura, Spanien Close Encounters of the Third Kind Steven Spielberg, USA The Duellists Ridley Scott, GB Hausu (House) Nobuhiko Obayashi, J


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Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

BONNIE AND CLYDE USA 1967 Ein Biopic frei nach dem Leben des Gangsterpärchens Clyde Barrow und Bonnie Parker, das Lebensmittelgeschäfte und Banken überfiel, mehrere Polizisten tötete, den Status von Volkshelden erlangte und nach einer zweijährigen Jagd von der Polizei regelrecht exekutiert wurde. «Eine der Initialzündungen des New Hollywood: Der vom Jungstar Warren Beatty initiierte Film mischt Realismus, Glamour und burleske Elemente auf provokative Art und wurde wider alle Skepsis der alten Produzentengarde von Warner Brothers zum Grosserfolg. Das unbekümmerte Heldenpaar, ein Stück weit ambivalent gezeichnet, doch unwiderstehlich schön anzusehen und zu tragisch-romantischen Outlaws stilisiert, geriet zu Symbolfiguren für das Freiheitsstreben der 68er-Generation. Der spätere US-Kritikerpapst Roger Ebert, damals eben 25-jährig, schrieb zur amerikanischen Premiere: ‹Bonnie and Clyde ist ein Meilenstein der amerikanischen Film­ geschichte, ein Werk der Wahrheit und Brillanz.

Der Film ist schonungslos brutal, von Sympathie erfüllt, abscheulich, witzig, herzerweichend und unfassbar schön. Wenn diese Begriffe nicht zusammenzupassen scheinen, liegt es vielleicht daran, dass Filme selten die ganze Bandbreite menschlichen Lebens zeigen.›» (Andreas Furler, Programmheft Filmpodium, Feb./März 2011) 111 Min / Farbe / Digital HD / E/d // REGIE Arthur Penn // DREHBUCH David Newman, Robert Benton // KAMERA ­Burnett Guffey // MUSIK Charles Strouse // SCHNITT Dede Allen // MIT Warren Beatty (Clyde Barrow), Faye Dunaway (Bonnie Parker), Michael J. Pollard (C. W. Moss), Gene Hackman (Buck Barrow), Estelle Parsons (Blanche), Denver Pyle (Frank Hamer), Dub Taylor (Ivan Moss), Evans Evans (Velma Davis), Gene Wilder (Eugene Grizzard), James Stiver (Lebensmittelhändler), Clyde Howdy (Hilfssheriff), Garry Goodgion (Billy).

Am 3. Juli um 18.15 Uhr gibt das einleitende Videoreferat des Medienwissenschaftlers Hansmartin Siegrist Einblicke in die Motiv-, Stil- und auch Skandal­geschichte dieses erfrischend kontrovers gebliebenen Meisterwerks. (Dauer ca. 35 Min.)


Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

THE FEARLESS VAMPIRE KILLERS GB 1967 Der schusslige Professor Abronsius hat sich ganz der Erforschung des Vampirismus verschrieben. Um der Blutsaugerplage ein Ende zu bereiten, reist er zusammen mit seinem jungen Gehilfen Alfred in die Karpaten. Dort kommt er dem Grafen Krolock auf die Spur, der als Herr der Vampire weltweit seine Intrigen spinnt. «Roman Polanskis komische Variation auf den Vampirfilm als ironisches Spiel mit Genrekonventionen – und eine persönlich angehauchte Allegorie über Menschlichkeit in einer feindlichen Umwelt. (…) Der verspielte Ton und die märchenhafte, von Krzysztof Komedas Kompositionen kongenial verstärkte Atmosphäre suggerieren makabre Leichtigkeit. Darunter brodelt eine Sa-

tire auf die Bemühungen bürgerlicher Biedermänner beim aufklärerischen Kampf gegen die blutsaugerische Aristokratie.» (Christoph Huber, Österreich. Filmmuseum, 3/2011) 108 Min / Farbe / 35mm / E/d/f // REGIE Roman Polanski // DREHBUCH Roman Polanski, Gérard Brach // KAMERA Douglas Slocombe // MUSIK Krzysztof Komeda // SCHNITT Alastair McIntyre // MIT Jack MacGowran (Professor Abronsius), ­Roman Polanski (Alfred, sein Assistent), Alfie Bass (Shagal), Jessie Robins (Rebecca Shagal), Sharon Tate (Sarah Shagal), Ferdy Mayne (Graf von Krolock), Iain Quarrier (Herbert von Krolock), Terry Downes (Koukol, der Diener), Fiona Lewis ­ (Magda), Ronald Lacey (Dorftrottel), Sydney Bromley (Schlittenkutscher), Andreas Malandrinos (Holzfäller).

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Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

DON’T LOOK BACK USA 1967 Bob Dylans Popularität befindet sich auf einem ersten Höhepunkt, als ihn D. A. Pennebaker auf seiner Tournee im Jahr 1965 begleitet. Anstatt auf die Konzerte zu fokussieren, zeigt der Film hauptsächlich die Geschehnisse vor und nach den Auftritten: Dylans Umgang mit Journalisten und Fans, seine spöttischen Kommentare zum britischen Konkurrenten Donovan sowie die unzähligen Stunden in Hotelzimmern im Kreise seiner Begleiter, darunter Joan Baez. Die Kamera kommt dabei dem Sänger sehr nahe, ohne aber den privaten Bob Dylan einfangen zu können. Vielmehr wird hier bereits das Bild eines Künstlers deutlich, der sich immer wieder neu erfindet und damit jegliche Festlegung vermeidet. Kurz vor dem Wechsel von der akustischen auf die elektrische Gitarre dokumentiert der Film das Ende des ersten Kapitels in Dylans Karriere, dem bis heute noch unzählige weitere folgen sollten. «Es wird ein Witz auf unsere Kosten sein, wenn Dylan in 50 Jahren als grosse Figur der englischen Dichtkunst betrachtet wird. Nicht Mr. Thomas, der verstorbene walisische Barde, sondern Bob, der Gitarren zupfende amerikanische

Liedermacher. Einen ersten Schritt in Richtung Kanonisierung des Letzteren macht nun Pennebakers Dokumentarfilm. (...) Es ist frustrierend, so wenig über den Mann hinter den buschigen Haaren, den dunklen Brillengläsern und der Lederjacke zu erfahren. (...) Am Ende sehen wir Dylan und seine Kollegen, wie sie darüber kichern, dass ihn die britische Presse als Anarchisten bezeichnet. Herr Dylan scheint sich zu freuen, dass er die aufdringliche Presse hinters Licht führen konnte, und verschwindet am Ende glücklich traurig im Bewusstsein, dass niemand ihn versteht.» (Donal J. Henahan, The New York Times, 7.9.1967) «Don’t Look Back ist sicherlich einer der besten und einflussreichsten Dokumentarfilme aller Zeiten. Während des Films vergisst man leicht, dass D. A. Pennebaker das Direct Cinema mitbegründete. Vielfach kopiert, erscheint Don’t Look Back auf verwirrende Weise beinahe wie eine Aneinanderreihung von Klischees.» (Craig Marine, San Francisco Examiner, 13.2.1998) 96 Min / sw / Digital HD / E/d // REGIE, KAMERA, SCHNITT D. A. Pennebaker // DREHBUCH Albert Grossman, John Court // MUSIK Bob Dylan // MIT Bob Dylan, Joan Baez, Donovan, Alan Price, Allen Ginsberg.


Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

TERRA EM TRANSE Brasilien 1967 Paulo, ein dichtender Intellektueller, schwankt zwischen den politischen Extremen. Zuerst verschreibt er sich einem Rechtskonservativen, dann schlägt er sich auf die Seite eines populistischen Reformers. Paulo muss erkennen, dass es beiden nur um Macht, nicht um Veränderung geht – enttäuscht macht er sich auf seinen eigenen Weg als Revolutionär. «In Glauber Rochas barockem Film, gedreht in den ersten Jahren des brasilianischen Militär­ regimes, wird Eldorado (ironisch für Lateinamerika) zu einer riesigen Bühne, auf der ein theatralischer und rhetorischer Hahnenkampf zwischen den immer gleichen politischen ‹Giganten› abläuft, die auf ihre Einsetzung durch Gott, auf die Unterstützung des Volks oder auf ihre wirtschaftliche und mediale Macht pochen. Tief verstrickt in diese Machtkämpfe ist Paulo (…). Zu Beginn des Films befindet er sich, tödlich verletzt, im Zustand der Trance. Seine Wahrnehmung prägt die Darstellung der politischen Rituale, Orgien, Gewaltund Liebesszenen. Rocha, impulsiver Hauptvertreter des brasilianischen Cinema novo, drehte

weitgehend in alten Palästen inmitten einer tropischen Natur; die poetische Sprache des Erzählers Paulo, die europäische bzw. afrobrasilianische Musik und die oft beunruhigende Geräuschkulisse machen diesen Film zu einem einzigartigen filmischen Gesamtkunstwerk.» (Martin Lienhard, Programmheft Filmpodium, Dez. 2010) «Unbemerkt von der Militärdiktatur gelang es Rocha, den Film zu drehen und nach Cannes zu bringen; sein wichtigstes und polemischstes Werk, ein poetisches, politisches Manifest, dessen Bildsprache als ‹Ästhetik des Hungers› das brasilianische Kino und die unabhängige lateinamerikanische Filmproduktion nachhaltig beeinflusste.» (Filmarchiv Austria) 115 Min / sw / 35 mm / Bras/d/f // DREHBUCH UND REGIE Glauber Rocha // KAMERA Dib Lutfi // MUSIK Sérgio Ricardo // SCHNITT Eduardo Escorel // MIT Jardel Filho (Paulo Martins), Paulo Autran (Porfirio Diaz), José Lewgoy (Felipe Vieira), Glauce Rocha (Sara), Paulo Gracindo (Julio Fuentes), Hugo Carvana (Alvaro), Danuza Leão (Silvia), Jofre Soares (Pater Gil).

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Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

PLAY TIME Frankreich/Italien 1967 In einem futuristisch wirkenden Paris sucht Monsieur Hulot nach einem Monsieur Giffard, verpasst ihn aber ständig. Sein Weg kreuzt sich dabei immer wieder mit einer Busreisegruppe, die Paris besucht. «Jacques Tatis grösster Film (und sein finanzieller Ruin), eine komische Enzyklopädie des modernen Lebens und seiner Architektur, gedreht im ultrabreiten 70-mm-Format, um den geometrischen Landschaften von Paris Genüge zu tun. (Um bessere Drehbedingungen zu haben, liess Tati detailversessen ausserhalb der Stadt die riesige, teilweise bewegliche Rekonstruktion ‹Tativille› bauen.) Tati spielt als Monsieur Hulot nur eine Nebenrolle unter vielen. Wirkliche Hauptdarsteller sind die visuellen und tönenden Zeichen der Stadt, anhand derer sich die Menschen orientieren, oft mit absurdem Resultat. Play Time ist wie ein Musikstück konstruiert, eine phänomenologische und perfektionistische Symphonie der Grossstadt, die freilich deren Dissonanzen nicht verschweigt.» (Christoph Huber, Österreich. Filmmuseum, 5/2017) «Der Einfluss von Play Time auf Filmemacher wie Wes Anderson, Roy Andersson, Aki Kaurismäki und sogar Pedro Almodóvar wird klar, wenn

man sich über den Detailreichtum der einzigartigen Welt von Tati Gedanken macht. Obwohl der Humor in diesem Film zurückhaltend ist, finden sich darin einige fantastische und wunderbar einfache Witze. Während sich der Film dem Ende zuneigt, weichen die Geraden und Farbschemata, alle Grau-, Silber- und Blautöne, um einer freudigeren Anarchie Platz zu machen. Genial.» (Dave Calhoun, Time Out, 4.11.2014) 115 Min / Farbe / DCP / F // REGIE Jacques Tati // DREHBUCH Jacques Tati, Jacques Lagrange, Art Buchwald // KAMERA Jean Badal, Andréas Winding // MUSIK Francis Lemarque // SCHNITT Gérard Pollicand // MIT Jacques Tati (Monsieur Hulot), Jack Gauthier (Fremdenführer), John Abbey (­Mr. Lacs), Valérie Camille (seine Sekretärin), Billy Kears (Schultz), Rita Maiden (seine Begleiterin), Barbara Dennek (junge ­Ausländerin), Reinhart Kolldehoff (deutscher Direktor).


Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

THE GRADUATE USA 1967 Ein frisch diplomierter College-Absolvent aus gutbürgerlichem Haus lässt sich mit einer verheirateten Frau aus dem Freundeskreis seiner Eltern ein, verliebt sich dann aber in deren Tochter, was zum Eklat führt. Bei der Erstaufführung ein Medienereignis und Kassenschlager, glänzt der Film noch heute mit einer Vielzahl scharfer Beobachtungen von subtiler Komik, in die sich zusehends ein melancholischer Unterton mischt, nicht zuletzt dank dem nach wie vor kongenialen Soundtrack von Simon & Garfunkel. «Der Film ist nicht lustig aufgrund von visuellen Gags, Pointen oder anderem ermüdendem Müll, sondern weil er eine Haltung hat. Damit ist gemeint, er ist gegen etwas. Humor ist naturgemäss subversiv, egal was Doris Day sich denkt. (...) Mike Nichols macht nie eine Pause, um sicherzugehen, dass alle den Sinn verstanden ­ ­haben. Er erklärt nichts für die Begriffsstutzigen. Er entschuldigt sich nie. (...) Benjamins Ehrlichkeit und Verlegenheit sind so akkurat dargestellt, dass wir nur schwer wissen, ob wir lachen oder in uns selbst blicken sollen.» (Roger Ebert, Chicago Sun-Times, 26.12.1967)

DER MANN AUS MARMOR (Człowiek z marmuru) Polen 1977

Agnieszka geht in ihrer Abschlussarbeit für die Filmhochschule dem Leben eines Maurers nach, der in den 1950er-Jahren zuerst als «Held der Arbeit» gefeiert, dann zum Opfer der Politik wurde. «Die junge Filmstudentin Agnieszka möchte ihren Diplomfilm über die Helden der Arbeit der 1950er-Jahre drehen. Bei der Recherche stösst sie in einem Museumsarchiv auf Marmorstatuen aus jener Zeit. Besonders fasziniert ist sie von einer Plastik, die den Maurer Mateusz Birkut darstellt, einen Helden der Arbeiterklasse, dem es gelungen war, innerhalb einer Schicht 28 000 Ziegelsteine zu verarbeiten. Rückblenden erzählen vom Aufstieg und Fall des Arbeiters, der an die kommunistische Gesellschaft glaubte, aber durch seine Kritik in Ungnade fiel und von der Bildfläche verschwand. Wajdas Stoffwahl war brisant, 17 Jahre sollte es dauern, bis er ihn verfilmen konnte. Nach Fertigstellung versuchten die Behörden erfolglos, den Vertrieb des Films zu stoppen.» (Filmmuseum Potsdam) 165 Min / Farbe + sw / DCP / Pol/e // REGIE Andrzej Wajda // DREHBUCH Aleksander Ścibor-Rylski // KAMERA Edward

105 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Mike Nichols //

Kłosiński // MUSIK Andrzej Korzyński // SCHNITT Halina

DREHBUCH Calder Willingham, Buck Henry, nach dem Ro-

Prugar // MIT Jerzy Radziwiłowicz (Mateusz Birkut/Maciej

man von Charles Webb // KAMERA Robert Surtees // MUSIK

Tomczyk), Krystyna Janda (Agnieszka), Tadeusz Łomnicki

Dave Grusin, Paul Simon, Art Garfunkel // SCHNITT

(Regisseur Burski), Jacek Łomnicki (der junge Burski),

Sam O´Steen // MIT Dustin Hoffman (Benjamin Braddock),

Michał Tarkowski (Witek), Piotr Cieślak (Michalak), Krystyna

Anne Bancroft (Mrs. Robinson), Katharine Ross (Elaine

Zachwatowicz (Hanka Tomczuk).

­Robinson), Murray Hamilton (Mr. Robinson), William Daniels (Mr. Braddock), Elizabeth Wilson (Mrs. Braddock).

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Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

CET OBSCUR OBJET DU DÉSIR Frankreich/Spanien 1977 Im Zug von Sevilla nach Paris erzählt ein älterer Herr namens Mathieu einer merkwürdig zusammengewürfelten Gesellschaft Mitreisender von seiner unerfüllten Leidenschaft zu Conchita, einer jungen Tänzerin. «Eigentlich sollte es diesen Film gar nicht geben. 1974, nach Le fantôme de la liberté, wollte sich Luis Buñuel, damals 74-jährig, zur Ruhe setzen. Sein Freund und Produzent Serge Silberman aber liess nicht locker und drängte ihn, einen weiteren Film zu drehen. So griff Bunuel 1977 auf ein altes Projekt zurück, die Verfilmung des Romans ‹La femme et le pantin› von Pierre Louÿs aus dem Jahr 1898. Dieser hatte schon als Vorlage für Josef von Sternbergs The Devil Is a Woman (1935) und Julien Duviviers Brigitte-Bardot-Vehikel La femme et le pantin (1959) gedient. Aus ‹La femme et le pantin› wurde bei Buñuel Cet obscur objet du désir. Allein dieser Titel mit seinem dunkel lockenden Versprechen ist ein kleines Meisterwerk – und erst der Film: Im Gegensatz zu anderen Regisseuren war der ‹Atheist von Gottes Gnaden› auch im hohen Alter auf der Höhe seiner Schaffenskraft. Cet obscur objet du

désir ist sein letzter und zugleich einer seiner besten Filme. Er handle davon, ‹wie jemand vergeblich versucht, in den Besitz des Körpers einer Frau zu gelangen›, schrieb Buñuel in seiner Autobiografie ‹Mein letzter Seufzer›.» (Thomas Allenbach, Programm Kino Rex Bern, Februar 2017) 103 Min / Farbe / 35 mm / F/d // REGIE Luis Buñuel // DREHBUCH Luis Buñuel, Jean-Claude Carrière, nach dem Roman «La femme et le pantin» von Pierre Louÿs // KAMERA Edmond Richard // MUSIK Richard Wagner // SCHNITT H ­ élène Plemiannikov // MIT Fernando Rey (Mathieu), Carole Bouquet (Conchita), Angela Molina (Conchita), Julien Bertheau (Edouard), André Weber (Martin), Piéral (der Psychologe), Bernard ­Musson (Inspektor), Milena Vukotic (eine Reisende), Muni (die Concierge).


Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

DER AMERIKANISCHE FREUND BRD/Frankreich 1977 Nach Patricia Highsmiths bekanntem Roman «Ripley’s Game» erzählt Wim Wenders die Geschichte des undurchsichtigen Amerikaners Tom Ripley, der den unschuldigen Rahmenmacher Jonathan Zimmermann in seine kriminellen ­ Pläne verwickelt und zum Mörder macht. Während Bruno Ganz hier eine seiner ersten grossen Rollen spielte, kam Dennis Hopper unvorbereitet und von Drogen gezeichnet direkt von den Dreharbeiten von Apocalypse Now ans Set. «Könnte man mathematische Formeln auf das Kino anwenden, gäbe es einen neuen Lehrsatz: Hitchcock plus Ray plus Scorsese = Wenders. Die Einflüsse des amerikanischen Kinos bleiben keine isolierten Zitate, sondern verbinden sich (...) zu einer neuen Einheit. Das Kino der Dreissigjährigen, lakonischer Pessimismus, ziellose Fluchtbewegungen durch kaputte Gegenden, quälende Identitätskrisen, die Angst vor Frauen, der Mythos der Männerfreundschaft, hier vollendet von Dennis Hopper (Ripley) und Bruno Ganz (Jonathan), die sich mit unsicherer Zärtlichkeit begegnen, die aus der Kollision zweier Darstellungsstile – Hopper ganz lässig, spontan, Ganz sehr diszipliniert, zurückhaltend – eine Dimen-

sion weiterer Verstörung gewinnen: ‹A little older, a little more confused.› Mit dem Amerikanischen Freund ist Wenders eine Synthese gelungen, die das neue deutsche Kino dringender braucht als irgendetwas sonst: die Verbindung einer zwingenden persönlichen Vision mit einem kinematografischen Vokabular (...). Die grosse Faszination dieses Films hat direkt mit seiner Vielschichtigkeit zu tun. Man kann ihn als pessimistischen Kommentar zur nachrevolutionären Bewusstseinskrise der späten siebziger Jahre verstehen, aber auch als brillanten Kriminalfilm, man kann ihn als urbanen Alptraum von der Zerstörung der Städte bewundern, aber man kann ihn auch als poetische Ballade einer Freundschaft lieben. (...) Ich habe den Film dreimal gesehen. Ich werde ihn noch oft sehen.» (Hans C. Blumenberg, Die Zeit, 1.7.1977) 126 Min / Farbe / DCP / D+E/d // REGIE Wim Wenders // DREHBUCH Wim Wenders, nach dem Roman «Ripley’s Game» von Patricia Highsmith // KAMERA Robby Müller // MUSIK Jürgen Knieper // SCHNITT Peter Przygodda // MIT Bruno Ganz ­(Jonathan Zimmermann), Dennis Hopper (Tom Ripley), Lisa Kreuzer (Marianne Zimmermann), Gérard Blain (Raoul M ­ inot), Nicholas Ray (Derwatt), Lou Castel (Rodolphe), S ­ amuel Fuller (der Amerikaner), Daniel Schmid (Igraham), Jean Eustache (freundlicher Mann), Peter Lilienthal (Marcangelo).

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Das erste Jahrhundert des Films: 1967 & 1977.

SUSPIRIA

ERASERHEAD

Italien 1977

USA 1977

«Suzy Bannion, eine junge Amerikanerin aus New York, reist nach Freiburg, um sich in Deutschland an einer weltbekannten Ballettschule ausbilden zu lassen. Kurz nach ihrer Ankunft kommt es zu mysteriösen Morden an mehreren ihrer Mitschülerinnen. Immer weiter wird Suzy in den Bann der Schule gezogen, die von allerlei skurrilen und angsteinflössenden Gestalten bevölkert wird: Da ist der blinde Pianist, der bald von seinem Hund totgebissen wird, die autoritäre Ballettlehrerin Tanner und der stumme rumänische Hausdiener. Als schliesslich ein Mädchen verschwindet, mit dem sich Suzy angefreundet hat, macht sie sich selbst auf die Suche. (…) Ein Strudel an Eindrücken, eine regelrechte Reizüberflutung – so lässt sich Suspiria wohl am einfachsten beschreiben. Die Filme Dario Argentos sind keine Massenware, kein Produkt zum einfachen Verzehr. Im Gegenteil, sie sind hochanspruchsvolle Werke, die anziehen und fordern: Selten wurden Räume, Orte und Gegenstände auf so innovative und einzigartige Weise beschrieben. (…) In kompliziert ausgearbeiteten Fahrten bewegt sich Luciano Tovolis Kamera durch das Gebäude – und macht Suspiria zu einem unkonventionellen, artistischen Meisterwerk.» (Benjamin Johann, Viennale 2007)

«Es wirkt so, als hätte David Lynch die Experimentalfilm-Bewegung neu erfunden; wenn man sich diesen gewagt irrationalen Film anschaut, der sich für die Logik der Träume interessiert, hat man fast das Gefühl, einen europäischen Avantgarde-Gruselfilm der 20er- oder der frühen 30erJahre zu sehen. Da gibt es Bilder, die an Fritz Langs M, Cocteaus Le sang d’un poète und Buñuels Un chien andalou erinnern, und doch ist hier eine völlig neue Sensibilität am Werk. Lynch zieht uns in wurmige Angstzustände hinein. Die Zeit scheint komplett stillzustehen, wenn der Held Henry, dessen Haare wie unter Dauerschock in einer rechteckigen Afro-Tolle senkrecht aufstehen, durch Strassen zieht, die an jene erinnern, durch die Peter Lorre in M geschlichen ist. Henry scheint dem Unterbewusstsein des Zuschauers zu entspringen; er erlebt die schlimmsten Ängste eines Mannes vor Brautwerbung, Ehe und Vaterschaft (sein Spross ist ein quäkendes Monstrum). Der schleppende, seltsame Rhythmus wirkt sehr verstörend und ist gewöhnungsbedürftig, und doch ist das ein ganz und gar verblüffender, sinnlicher Film; er enthält sogar ein Element von Science-Fiction und ein paar schauerliche MusicalEinlagen, und die Tonspur ist ebenso originell und sonderbar wie die Bildsprache.» (Pauline Kael: 5001 Nights at the Movies, 1993)

101 Min / Farbe / Digital HD / E/d // REGIE Dario Argento // DREHBUCH Dario Argento, Daria Nicolodi, nach Motiven aus

89 Min / sw / DCP / E/d // DREHBUCH, REGIE, MUSIK, SCHNITT

«Suspiria de profundis» von Thomas De Quincey // KAMERA

­David Lynch // KAMERA Frederick Elmes, Herbert Cardwell //

Luciano Tovoli // MUSIK Dario Argento, Agostino Marangolo,

MIT Jack Nance (Henry Spencer), C ­ harlotte ­Stewart (Mary X),

Massimo Morante, Fabio Pignatelli, Claudio Simonetti //

Allen Joseph (Mr. X), Jeanne ­Bates (Mrs. X), Jack Fisk (Mann

SCHNITT Franco Fraticelli // MIT Jessica Harper (Suzy Ban-

im Planeten), Judith Roberts (das schöne Mädchen von ge-

nion), Udo Kier (Dr. Frank Mandel), Stefania Casini (Sara),

genüber), Laurel Near (die Dame im Heizkörper).

Flavio Bucci (Daniel), Miguel Bosé (Mark), Barbara Magnolfi (Olga), Alida Valli (Fräulein Tanner), Joan Bennett (Madame Blanc), Renato Scarpa (Professor Verdegast).


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Ninotchka Mit dem Slogan «Garbo laughs» warb das Studio MGM für Ernst Lubitschs hintergründig-witzige Komödie Ninotchka. Tatsächlich spielt Greta Garbo darin ihre einzige wirklich gelungene komische Rolle. Ein abgebrühter adeliger Lebemann in Paris verliebt sich in eine politische Kommissarin aus der noch jungen Sowjetunion, die nach vielen Widerständen seinem Charme und dem der westlichen Zivilisation erliegt. «Lubitschs Komödien leben von der Ironie, der Aussparung, der indirekten Anspielung; hierin besteht der berühmte, unverwechselbare ‹Touch› (...): Ein klassisches Beispiel ist die Szene, in der die Bestechung der drei russischen Abgesandten vonstatten geht. (...) Die Kamera bleibt vor der Tür zum Salon, in dem die Russen (...) mit Champagner, auserlesenen Speisen und hübschen Mädchen versorgt werden; lediglich dem Aufmarsch der Kellner mit den Servierwagen und der Mädchen mit den Tabakwaren dürfen wir beiwohnen, während uns die lautstarke Begeisterung und zunehmende Alkoholisierung der Protagonisten nur akustisch vermittelt wird. Diese Komik lebt von der Ahnung, nicht von der Eindeutigkeit; darin lag Lubitschs Stärke und das Geheimnis seines Erfolges.» (Reclam Filmklassiker)

NINOTCHKA / USA 1939 110 Min / sw / DCP / E/d // REGIE Ernst Lubitsch // DREHBUCH Charles Brackett, Billy Wilder, Walter Reisch, nach einer Erzählung von Melchior Lengyel // KAMERA William Daniels // MUSIK Werner R. Heymann // SCHNITT Gene Ruggiero // MIT Greta Garbo (Ninotchka/Nina Ivanovna Yakushova), Melvyn Douglas (Graf Léon d’Algout), Ina Claire (Grossfürstin Swana), Sig Rumann (Michael Simonovitch Iranoff), Felix Bressart (Buljanoff), Alexander Granach (Kopalski), Bela Lugosi (Kommissar Razinin), Gregory Gaye (Graf Alexis Rakonin), Richard Carle (Gaston), Rolfe Sedan (Hoteldirektor), Edwin Maxwell (Mercier).


38 Reedition

How Green Was My Valley Neben The Quiet Man (s. Seite 22) ein weiterer «europäischer» Film des grossen Westernregisseurs John Ford, diesmal angesiedelt im Wales des späten 19. Jahrhunderts.

HOW GREEN WAS MY VALLEY / USA 1941 118 Min / sw / DCP / E/d // REGIE John Ford // DREHBUCH Philip Dunne, nach dem Roman von Richard Llewellyn // KAMERA Arthur Miller // MUSIK Alfred Newman // SCHNITT James B. Clark // MIT Walter Pidgeon (Mr. Gruffydd), Maureen O’Hara (Angharad ­Morgan), Donald Crisp (Mr. Morgan), Anna Lee (Bronwyn Morgan), Roddy McDowall (Huw Morgan), John Loder (Ianto Morgan), Sara Allgood (Beth Morgan), Barry Fitzgerald (Cyfartha), Patric Knowles (Ivor Morgan), Morton Lowry (Mr. Jonas).

Ein Tal in Wales, das seinen Bewohnern ein glückliches, zufriedenes Leben ermöglichte, wird durch die Entdeckung seiner Bodenschätze zum Kampfplatz von Interessengegensätzen: Die Dorfgemeinschaft stellt sich gegen das rücksichtslose Vordringen der Grubenindustrie. Im Mittelpunkt steht das Schicksal der Bergarbeiterfamilie Morgan, erzählt aus der Sicht des jungen Huw Morgan, der sein Tal vierzig Jahre später für immer verlassen wird. «Wie in The Grapes of Wrath wird in How Green Was My Valley die Familie nicht vernichtet, sondern vielmehr zu einem Umschwung ermutigt. Indem sie ihre Einstellung ändert, beherrscht diese Familie ihre Umwelt. In diesem Prozess gehen einige Mitglieder verloren, doch er endet mit der Erfüllung des Zwecks. Richard Llewellyns Roman handelt vom Leben in einer idyllischen walisischen Bergbaustadt um die Jahrhundertwende. Sie wird von der Gier der Minenbesitzer und dem Druck der industriellen Revolution zerstört. Ford münzte diese Aussage um in eine Bekräftigung der menschlichen Fähigkeiten, die Herrschaft über die Erde auszuüben.» (John Baxter, Programmheft Filmpodium, Januar 1996)


39 Reedition

L’amore Ein Vorbote unserer Fellini-Reihe im Oktober/November-Programm: In den ersten Nachkriegsjahren wirkte Federico Fellini als Regieassistent bei zwei Hauptwerken von Roberto Rossellini mit. Diese Zusammenarbeit wurde erneuert mit dem zweiten Teil von Rossellinis L’amore – in dem man Fellini zudem als Darsteller begegnen kann. «Der Film besteht aus zwei Episoden. Die erste ist eine Verfilmung des berühmten Einakters (oder Monologs) von Jean Cocteau, ‹La voix humaine›. Eine Frau telefoniert und verabschiedet sich von ihrem Liebhaber, der sie verlässt, um ein Mädchen aus guter Familie zu heiraten. Die Frau beschwört noch einmal ihre Liebe, die glückliche Vergangenheit, macht ihrem Herzen Luft, (...) und offenbart die Natur ihrer Seele. Die zweite Episode Il miracolo berichtet von einer armen Landstreicherin, für die sich die Liebe in der Gestalt eines ungeschlachten Hirten personifiziert; in ihrer Verwirrung meint sie, eine Begegnung mit dem unendlichen Licht der Göttlichkeit gehabt zu haben. Die Landstreicherin erzählt allen von ‹ihrem› Wunder. (...) Alle verspotten und verfolgen sie.» (Massimo Mida, in: Kinemathek 39, Berlin 1968) – In beiden Episoden brilliert Anna Magnani als Hauptdarstellerin. ­

L’AMORE / Italien 1948 80 Min / sw / DCP / I/d // REGIE Roberto Rossellini // DREHBUCH Teil I: Roberto Rossellini, nach dem Einakter «La voix humaine» von Jean Cocteau, Teil II: Federico Fellini, Tullio Pinelli, nach einer Erzählung von Ramón María del Valle-Inclán // ­KAMERA Robert Juillard (Teil I), Aldo Tonti (Teil II) // MUSIK Renzo Rossellini // SCHNITT Eraldo Da Roma // MIT Anna ­Magnani (Teil I: die Frau / Teil II: Nannina), Federico Fellini (der Hirte).


40 Reedition

M*A*S*H Der Vietnamkrieg erschütterte die amerikanische Gesellschaft, als Robert Altman 1970 mit M*A*S*H einen Kinoerfolg landete, wie er ihn mit keinem seiner späteren Filme auch nur annähernd erzielte.

M*A*S*H / USA 1970 116 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Robert Altman // DREHBUCH Ring Lardner jr., nach dem Roman von Richard Hooker // KAMERA Harold Stine // MUSIK Johnny Mandel // SCHNITT Danford B. Greene // MIT Donald Sutherland (Capt. Benjamin Franklin «Hawkeye» Pierce), Elliott Gould (Capt. John Francis Xavier «Trapper» McIntyre), Robert Duvall (Maj. Frank Marion «Ferret Face» Burns), Tom Skerritt (Capt. Augustus «Duke» Forrest), Sally Kellerman (Maj. Margaret «Hot Lips» O’Houlihan), Roger Bowen (Lt. Col. Henry Braymore Blake), René Auberjonois (Pater Francis), Michael Murphy (Capt. Ezekiel Marston).

Koreakrieg, 1950 bis 1953, in einem Mobile Army Surgical Hospital (kurz: MASH) nahe der Front: Die Militärärzte, angeführt vom anarchistischen Freundesgespann «Hawkeye» und «Trapper», versuchen den Krieg zu ignorieren, foutieren sich um alle soldatischen Tugenden und interessieren sich auch weit mehr für Sex und Alkohol als für die Verwundeten. Einer ihrer Gegenspieler ist der selbstgefällige, Bibel schwingende Major Frank Burns. «Die elegante und intelligente Gesellschaftskomödie kann sich nur vor dem Hintergrund einer intakten Welt entfalten; ist diese aus den Fugen geraten, gelten keine Werte und Normen mehr, so kann man ihr nur noch mit ­einer schrillen Farce beikommen. (…) M*A*S*H, auf den ersten Blick eine lärmende Militärklamotte voller Geschmacklosigkeiten und Zoten, ist eine schwarze Satire auf den American Way of War.» (Michael Töteberg, Metzler Film Lexikon)


41 IOIC-SOIREE

FR, 22. SEPT | 20.45 UHR

DIE REVOLUTION IM STUMMFILM Das IOIC – Institute of Incoherent Cinema-

Klassiker avanciert ist: Aëlita von Jakow

tography – macht mit neuartigen Live-Ver-

Protasanow.

tonungen die frühe Stummfilmkunst nicht

Weitere Informationen zum IOIC: www.ioic.ch

zuletzt auch einem jungen Publikum zugänglich. In der Saison 2017/18 ist das IOIC wiederum im Filmpodium zu Gast, diesmal zum Thema der politischen Revolutionen.

Massicot feiert die interplanetarische Revolution Während im revolutionären Russland der Bürgerkrieg tobt, herrscht auf dem Mars noch Sklaverei. Die herrschende Klasse regiert mit harter Hand und ist sich der Gefahr der vom Planeten Erde heranfliegenden russischen Revolutionäre bewusst ...

Der weitaus beliebteste «Spezialeffekt» der

Bis auf den heutigen Tag modern erscheint Aëlita nicht zu-

Stummfilmzeit sind Massenszenen, in de-

Sturm-Künstlerin Alexandra Exter. Dann aber auch, weil er,

nen Tausende von Menschen auf der gros­ sen Leinwand in Bewegung zu sehen sind. Dementsprechend fasziniert die Filmema-

letzt dank der futuristischen Bühnenbilder der russischen anders als die Filme von Dsiga Wertow oder Sergei Eisenstein, eher einer moderaten Evolution als einer universalen Revolution das Wort redet. Nicht zuletzt deshalb kam der Film während des Kalten Krieges nicht in die sowjetischen

cher das Grossereignis der Russischen Re-

Kinos.

volution von 1917, genau zu der Zeit, als im

Massicot bringt den revolutionären interplanetarischen Do-

Kino Grossproduktionen aufkommen. Aber nicht nur die Oktoberrevolution wird thematisiert; auch die Französische Revolu-

Die Genfer Alternativ-Tropical-New-Wave-Kraut-Punk-Band minoeffekt zum Klingen. Mit obsessiver E-Gitarre, verzerrtem E-Bass und rhythmischem Schlagzeug bewaffnet, erschaffen die drei Damen aus Kalvingrad den sphärisch-treibenden Soundtrack für diesen Meilenstein der Science-Fiction.

tion, das Urbild einer modernen Revolution,

Vertonung: Massicot

wird filmisch gefeiert oder auch verdammt.

Simone Aubert (E-Gitarre),

Neben dem monumentalen Napoleon vu par Abel Gance (Frankreich 1927) stechen

Mara Krastina (E-Bass) Colline Grosjean (Schlagzeug) massicot.eu

bezüglich der Französischen Revolution insbesondere die deutschen Produktionen Madame Dubarry (1919) von Ernst Lubitsch, der Danton (1921) des russischen Regisseurs Dimitri Buchowetzki, dann aber auch die heute zu Unrecht weniger bekannte ­Revolutionshochzeit (1928) des Dänen A.  W. Sandberg hervor. Die Umwälzungen des frühen 20. Jahrhunderts werden naturgemäss in der Sowjetunion selbst gefeiert, von Dsiga Wertow über Sergei Eisenstein

AËLITA / UdSSR 1924

bis hin zu Wsewolod Pudowkin.

111 Min / sw / DCP / Stummfilm, russ. + f. Zw’titel // REGIE

Den Anfang der Reihe macht ein Science-Fiction-Film, der dank der exzentrischen Outfits und Bühnenbilder unterdessen eher zum Kultfilm als zu einem

Jakow Protasanow // DREHBUCH Fjodor Ozep, Alexei Faiko, nach dem Roman von Alexei Tolstoi // KAMERA Juri Sheljabushski, Emil Schünemann // MIT Julia Solnzewa (Königin Aëlita), Igor Iljinski (Detektiv Krawtsow), Nikolai Zereteli ­(Ingenieur Los), Nikolai Batalow (Gussew, Ex-Soldat), Valentina Kuindshi (Natascha Los), N. Tretjakowa (Elena Ehrlich).


42 Filmpodium für Kinder

Geheimcode M Während der Sommerferien macht sich Isabel auf die Suche nach dem Schwert, das ihrem Vorfahren vor einigen Jahrhunderten vom Musketier D’Artagnan versprochen wurde. Gegen den Willen ihrer Familie stürzt sie sich in ein spannendes Abenteuer. «Wie einst ihr Grossvater beschliesst die elfjährige Isabel, sich auf die Suche nach dem Schwert von D’Artagnan, dem Anführer der legendären drei Musketiere, zu machen. Die Klinge wird seit Langem vermisst und Isabels einziger Hinweis ist ein mysteriöser Code. Zusammen mit ihrem Cousin Rik und Freund Jules begibt sie sich auf ein waghalsiges Abenteuer. Bald wird den dreien bewusst, dass noch andere hinter dem Schwert her sind.» (ZFF, 2016) «Geheimcode M ist von der ersten Sekunde an spannend. Das liegt vor allem daran, dass die Geschichte nicht nur heute, sondern auch in den Zeiten der Musketiere spielt. (…) Überzeugend erzählt wird aber auch der Konflikt, den Isabel mit ihrer Familie auszutragen hat. Bei aller Spannung kommt der Humor aber nicht zu kurz. (…) Nebenbei wirst du auch erfahren, wie der Stargeiger und Walzerkönig André Rieu so wohnt …» (kinderfilmwelt.de)

GEHEIMCODE M (Code M) / Niederlande 2015 98 Min / Farbe / Digital HD / D / 6/10 J // REGIE Dennis Bots // DREHBUCH Tijs van Marle, Karin van Holst Pellekaan, // KAMERA Dennis Wielaert // MUSIK Laurens Goedhart, Fons Merkies // SCHNITT Elsbeth Kasteel // MIT Nina Wyss (Isabel), Senna Borsato (Rik), Joes Brauers (Jules), Derek de Lint (Opa Ber), Hannah van Lunteren (Louise), Lotje van Lunteren (Jacqueline), Peter Paul Muller (Remco), Hubert Damen (Sir Fons), Raymond Thiry (D'Artagnan), Beau Schneider (De Montesquiou), André Rieu.


43 Filmpodium für Kinder

Minuscule – Kleine Helden Ein frecher Marienkäfer und ein Streit zwischen den schwarzen und roten Ameisen um eine Zuckerdose ergeben einen fröhlichen Anima­ti­ons­­­ film, der reale Naturaufnahmen mit Trickfilm-Insekten kombiniert. Ein kleiner Marienkäfer verliert den Anschluss an seine Familie. Auf der Suche nach den Seinen freundet er sich mit einer schwarzen Ameise an. Zusammen wollen sie eine bei einem Picknick liegen gebliebene Zuckerdose nach Hause transportieren. Unterwegs lauern Spinnen, freche Fliegen, ein reissender Bach und von Autos befahrene Strassen. Aber auch die roten Ameisen wollen den Zucker für sich. «Die Handlung klingt ein bisschen nach Antz oder A Bug’s Life, die ebenfalls von Ameisenkriegen handeln. Doch die beiden Filmemacher lassen die Konkurrenz von Dreamworks und Pixar alt aussehen. Minuscule ist simpler angelegt, zieht aber gerade daraus das Doppelte an Kreativität und Witz. Sie verzichten beispielsweise vollständig auf Sprache, (...) allein schon die Gestaltung der Insekten ist oft zum Schreien komisch, und die nervöse, rasante Bildsprache sorgt für Szenen von herrlichem Slapstick.» (Gregor Schenker, Züritipp, 3.2.2014)

MINUSCULE – KLEINE HELDEN (Minuscule – La vallée des fourmis perdues) Frankreich/Belgien 2013 89 Min / Farbe / DCP / ohne Dialoge / 4 J // DREHBUCH UND REGIE Thomas Szabo, Hélène Giraud // KAMERA Dominique Fausset // MUSIK Hervé Lavandier // SCHNITT Valérie Chappellet.


44 70 JAHRE FILMFESTIVAL LOCARNO

7 LEOPARDEN FÜR 70 JAHRE Im letzten Film der kleinen Reihe, mit der wir den 70. Geburtstag des Filmfestivals von Locarno begleiten, wirft der Italiener Saverio Costanzo mit seinem Erstling Private einen eigenwilligen Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. «Frei nach Tatsachen erkundet Costanzos düsteres Drama den arabisch-israelischen Konflikt aus der Warte einer Palästinenserfamilie, deren Haus plötzlich und gewaltsam von israelischen Soldaten besetzt wird. Als aber der stolze Patriarch Mohammad nicht von der Stelle weichen will, kommt es in seiner Sippe zu Spaltungen, was eindringlich vor Augen führt, wie sich das Politische auf das Private auswirkt. Das

PRIVATE / Italien 2004

Haus (...) ist eindeutig ein Symbol eines breiteren Konflikts.

90 Min / Farbe / 35 mm / OV/d/f // REGIE Saverio Costanzo //

Costanzo vermeidet jedoch die Gefahr einer papierenen

DREHBUCH Saverio Costanzo, Sayed Kashua, Camilla

­Allegorie, indem er an den Ängsten und Frustrationen der

Costanzo, Alessio Cremonini // KAMERA Gigi Martinucci //

Familie nah dranbleibt. Die Spannung steigt ins fast Un­

MUSIK Alter Ego // SCHNITT Francesca Calvelli // MIT

erträgliche, als Mohammads älteste Tochter Miriam kühn in

­Mohammad Bakri (Mohammad B.), Lior Miller (Kommandant

einen Schrank schlüpft, um die israelischen Soldaten zu be-

Ofer), Hend Ayoub (Mariam B.), Tomer Russo (Soldat Eial),

spitzeln.» (Mathew Leyland, bbc.co.uk, 6.5.2005)

Areen Omari (Samiah B.), Marco Alsaying (Jamal B.).

BUCHVERNISSAGE

DO, 13. JULI | 18.15 UHR

YOL – DER WEG INS EXIL. DAS BUCH Yilmaz Güneys Film Yol (Der Weg), 1982 mit der Goldenen Palme ausgezeichnet, ist eng mit der Schweiz verbunden: Zwei Schweizer verhalfen 1981 dem in der Türkei inhaftierten Cineasten zur Flucht und brachten seinen Film nach Cannes. Der Produzent Edi Hubschmid erzählt nun diese Geschichte in einem Buch nach, sie ist spannend, abenteuerlich und zugleich ein Drama. Nach der Buchpräsentation wird Edi Hubschmid Schlüsselszenen des Films analysieren und für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung stehen.

Edi Hubschmid: YOL – Der Weg ins Exil. Das Buch.

✶ Moderation: Christian Jungen, NZZ am Sonntag

ISBN 978-3-9524751-2-6

Im Anschluss offeriert der Verlag Publishing Partners, Biel,

Aus rechtlichen Gründen kann der Film Yol zurzeit leider

einen Apéro; Büchertisch im Kinofoyer.

nicht vorgeführt werden. Plakat: Art Ringger, Zürich

edihubschmid.com/yol-the-book.com


45 IMPRESSUM

DAS FILMPODIUM IST EIN ANGEBOT DES PRÄSIDIALDEPARTEMENTS

in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse, Lausanne/Zürich LEITUNG Corinne Siegrist-Oboussier (cs), STV. LEITUNG Michel Bodmer (mb) WISSENSCHAFTLICHE MITARBEIT Tanja Hanhart (th), Marius Kuhn (mk), Primo Mazzoni (pm), Laura Walde SEKRETARIAT Claudia Brändle BÜRO Postfach, 8022 Zürich, Telefon 044 412 31 28, Fax 044 212 13 77 WWW.FILMPODIUM.CH // E-MAIL info@filmpodium.ch // KINO Nüschelerstr. 11, 8001 Zürich, Tel. 044 211 66 66 UNSER DANK FÜR DAS ZUSTANDEKOMMEN DIESES PROGRAMMS GILT: '84 Entertainment, Einbeck; Alamode Film, München; Arsenal Distribution, Berlin; Ascot Elite Entertainment Group, Zürich; Jane Balfour Services, London; Bonner Kinemathek; British Film Institute, London; Celestial Pictures, Hongkong; Classic Films Distribución, Barcelona; CreateHK, Hongkong; Deutsches Filminstitut – DIF, Wiesbaden; Far East Film Festival, Udine; Les Films de Mon Oncle, Paris; Fortune Star Media, Hongkong; Frenetic Films, Zürich; Hui's Film Production Co., Hongkong; Kinemathek Le Bon Film, Basel; Kinokooperative Fürth; Clara Law, Hongkong; Lobster Film, Paris; Mai Rim, Hongkong; Media Asia International Distribution, Hong Kong; Neue Visionen Filmverleih, Berlin; Norsk Filmklubbforbund, Oslo; Park Circus, Glasgow; Praesens Film, Zürich; Sil-Metropole Organisation, Hongkong; SRF Schweizer Radio und Fernsehen, Zürich; Studiocanal, Berlin; Swashbuckler Films, Paris; Taiwan Innovation Development Corp., Taipei; trigon-film, Ennetbaden; Harvey Weinstein, New York; Werkstattkino, München; Zebra Film Studio, Warschau. DATABASE PUBLISHING BitBee Solutions GmbH, Zürich // KONZEPTIONELLE BERATUNG Esther Schmid, Zürich GESTALTUNG TBS & Partner, Zürich // KORREKTORAT N. Haueter, D. Däuber // DRUCK Ropress, Zürich // AUFLAGE 7000 ABONNEMENTE Filmpodium-Generalabonnement : CHF 400.– (freier Eintritt zu allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft) // FilmpodiumHalbtaxabonnement: CHF 80.– // U25: CHF 40.– (halber Eintrittspreis bei allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft) // Sommer-Abo: CHF 95.– (freier Eintritt zu allen Vorstellungen vom 1.7.–22.9.2017) // Abonnement Programmheft: CHF 20.– // Anmeldung an der Kinokasse, über www.filmpodium.ch oder Tel. 044 412 31 28

VORSCHAU Federico Fellini

Jacques Tourneur

Federico Fellini (1920 –1993) ist einer jener

Das diesjährige 70. Festival del film Lo-

Künstler, die ein Adjektiv inspiriert haben:

carno widmet seine Retrospektive Jacques

«fellinesk»: «Das Wort wird verwendet,

Tourneur, und das Filmpodium zeigt eine

wenn die Wirklichkeit aussieht, als wäre sie

Auswahl seiner Werke. Der Sohn des fran-

ganz aus Vorstellung und Pappmaché. Es

zösischen Stummfilmregisseurs Maurice

meint die Magie einer Welt gewordenen

Tourneur wuchs teilweise in den USA auf,

Künstlichkeit, die rührend bizarren Grimas-

drehte aber erste Filme in Frankreich, be-

sen des Lebens und insbesondere auch das

vor er in den späten 30er-Jahren endgültig

ehrfurchtgebietende Schwellen einer heili-

nach Hollywood zog. Nach Anfängen als B-

gen Weiblichkeit.» (Christoph Schneider) In

Film-Regisseur wurde er dort bald zum

fünf Vorlesungen wirft Fred van der Kooij

Meister des Genrekinos und schuf Klassi-

seinen subjektiven Blick auf diesen Cineas-

ker wie den subtilen Gruselfilm Cat People

ten, dessen stilistische Bandbreite von neo-

(1942), den Film noir Out of the Past (1947),

realistischen Milieustudien bis zu sinnlich-

den Western Stars in My Crown (1950) und

surrealen Phantasmagorien reicht.

den Horrorfilm Night of the Demon (1957).


XAVIER SAMUEL MATILDA BROWN AND RACHEL WARD

Ein Mann erinnert seine Zukunft: Zeit ist eine Illusion.

AB 2. S E PTE M B E R I M N E U E N ZÜ R C H E R K I NO


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