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Marilyn Monroe Revisited

Sechzig Jahre nach Marilyn Monroes mysteriösem Tod 1962 hat Netflix im letzten August mit Blonde das Interesse an diesem einzigartigen Star wieder angefacht. Die Verfilmung des Romans von Joyce Carol Oates stellt Monroe aber sehr reduktiv dar. Elisabeth Bronfen, die schon in ihrem Buch «Diva» (2002) über Monroe reflektiert hat, wirft einen anderen Blick auf die Blondine, die keine war.

Bei der Verwandlung von Norma Jeane Baker in die berühmteste Ikone weiblicher Verführungskraft des 20. Jahrhunderts spielt das Changieren zwischen den zwei Körpern des Stars eine wesentliche Rolle. Für den Psychothriller Niagara (1952) wurde ihr natürlicher Körper durch plastische Chirurgie zum Starkörper umgemodelt: Ihre Nase wurde geliftet, ihr Haaransatz korrigiert, die Zähne wurden begradigt und dem Kinn verlieh man markantere Züge. Doch obgleich man bei der Twentieth Century Fox Marilyn Monroe auf ihre aufreizenden Körperteile zu reduzieren suchte – «liebliches Gesicht», «praller Busen», «knackiger Po» –, ging von dieser Sexgöttin eine ganz eigene Strahlkraft aus. In das vorgesehene Schema wollte sie sich nicht pressen lassen, stattdessen hat sie es demontiert, indem sie ihren erotischen Charme bis zum Exzess zur Schau stellte. Wenn Marilyn Monroe in The Seven Year Itch (1955) über einem U-Bahn-Schacht steht, damit der Wind des vorbeifahrenden Zuges ihren Rock immer höher flattern lässt, bleibt sie ihrem Diktum treu: «In Wahrheit habe ich nie jemandem etwas vorgetäuscht. Ich habe nur Männern manchmal erlaubt, sich selbst etwas vorzumachen.»

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Ausbeutung und Selbstbestimmung

Eine Oscarnominierung hat sie nie erhalten, denn die Widersprüche, die sie öffentlich zur Schau trug, machten Hollywood nervös. Einerseits war sie die sensible, verletzliche Träumerin, die, unfähig sich zu verteidigen, hilflos der Ausbeutung durch das Studiosystem ausgeliefert war. Andererseits sehnte sie sich nach Ruhm und setzte ihren ganzen Ehrgeiz daran, als Schauspielerin ernst genommen zu werden. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere hat sie ihre eigene Produktionsfirma gegründet, um in The Prince and the Showgirl (1957) mit intelligentem Charme das eigene Starimage zu entlarven: Elsie Marina weiss genau, dass der karpathische Aristokrat (gespielt von Laurence Olivier, der auch Regie führte) sie nur zu sich hat kommen lassen, um sie sexuell aus- zunutzen. Als sie ihn dann mit List und Tücke dazu bringt, sich in sie zu verlieben, ist sie diejenige, die ihm nach zwei stürmischen Nächten zu verstehen gibt: Es war doch nur eine kurze Affäre, aber eine, in der stets ich die Fäden in der Hand hatte.

↑ Marilyn Monroe stiehlt allen die Show: Some Like It Hot.

→ Gentlemen Prefer Blondes: Lorelei Lee muss sich der Likes erwehren.

↓ Eindrucksvolle Nebenrolle: The Asphalt Jungle.

Wenn wir also heute auf Marilyn Monroe blicken, dann um den Widerstreit zwischen dem Starimage der «dummen Blondine» und ihrem selbstbestimmten Umgang damit nochmals neu zu betrachten. Dabei rückt weiterhin ihr geheimnisvoller Tod am 4. August 1962 das Tragische in ihrem Leben in den Vordergrund: die Drogen- und Alkoholabhängigkeit, die Depressionen und die Schlaflosigkeit, die psychischen Zusammenbrüche, die Fehlgeburten, die gescheiterten Ehen mit Joe DiMaggio und Arthur Miller. Im Nachhinein lässt sich viel leichter erkennen, wie sehr ihrer unbekümmerten Fröhlichkeit ein grenzenloser Selbstzweifel und eine tiefe Einsamkeit innewohnten, wie sehr ihr strahlendes Lächeln oft in eine untröstliche Traurigkeit umzukippen drohte. Die besondere Strahlkraft, die von ihr ausgeht, begreifen wir heute als Anzeichen dafür, wie fragil diese Lichtgestalt war, die einen besonderen Puder benutze, um ihre Haut noch heller erscheinen zu lassen. Die einseitige Sichtweise, die jüngst in Andrew Dominiks Netflix-Film Blonde dargeboten wurde, reduziert Marilyn Monroe einmal mehr auf einen Gegenstand, zwar nicht auf ein Sexsymbol, dafür aber auf das Symbol des weiblichen Opfers. Doch wer ihren Wunsch nach Celebrity vornehmlich als Kompensation für Ängste und Minderwertigkeitsgefühle deutet, übersieht das, was Monroes nachhaltigen Charme ausmacht: ihre Intelligenz, ihr Witz und ihr Talent.

Monroes Blick auf sich selbst

Unermüdlich hat Monroe in Interviews darauf hingewiesen, dass sie mehr sei als eine Projektionsfläche, derer andere sich uneingeschränkt bedienen dürfen. «Man landet immer im Unbewussten anderer Leute. Es ist zwar schön, in den Fantasien anderer Menschen vorzukommen, aber man möchte doch eigentlich gerne akzeptiert werden als das, was man selbst ist.» Heute nochmals auf Marilyn Monroe zu blicken, könnte heissen, sie nicht als Ware zu betrachten, mehr zu sehen als ihre Reduktion auf eine Chiffre. Die vielen Filmaufnahmen, die sie mit schwingenden Hüften von hinten zeigen, könnte man auch als Angebot verstehen, mit ihr zu blicken, statt sich auf ihren Po zu fixieren. Die eng anliegenden Kleider müssen nicht zwingend als Beispiel für jenen Exhibitionismus gesehen werden, der zum Starimage einer jeden Sexgöttin gehört. Wenn die Nähte ihrer Kleider zu platzen drohen, lässt sich das auch als Zeichen dafür lesen, dass sich ihre Sinnlichkeit nicht vom engen Korsett der Moralvorstellungen der 1950er-Jahre einschränken liess.

Marilyn Monroe nicht auf eine Chiffre zu reduzieren, kann auch heissen, unsere Aufmerksamkeit auf jene Selbstironie zu lenken, mit der sie das

Klischee der «dummen Blondine» sowohl bediente als auch entlarvte – und dabei mit klugem Witz an ihrem Image zu schleifen wusste. Am Ende von Gentlemen Prefer Blondes (1953) findet ein treffendes Gespräch zwischen Lorelei Lee und dem Vater ihres Bräutigams statt. Erstaunt bemerkt der ältere Herr, der diese Heirat hartnäckig verhindern wollte, sie sei ja gar nicht dumm, wie man ihm berichtet habe. Schlagfertig erwidert sie, sie könne durchaus intelligent sein, wenn es darauf ankomme, nur würden die meisten Männer das nicht mögen. Ebenso ironisch ist die Selbstdemontage in der Schlussszene von Some Like It Hot (1959), in der Sugar Kane sich begeistert einem Liebhaber hingibt, von dem sie weiss, er wird sie enttäuschen. Die Geste bestrickt uns, weil wir wissen, dass sie dies sehenden Auges tut: Bei ihrem ersten Treffen mit dem als «Josephine» verkleideten Tony Curtis in der Toilette des Zuges erzählte sie von ihrer Schwäche für untreue Saxofonisten. Am Ende der Beichte deutete sie mit dem Zeigefinger auf ihre Schläfe und meinte strahlend von sich selbst: «Not very bright.» Das kann nur eine Schauspielerin so leichtfüssig darbieten, die tatsächlich sehr klug, sehr fordernd und sehr kritisch ist. Im Nachhinein fällt auf, was man damals nicht wahrnehmen wollte: Kein anderer Hollywoodstar wurde so oft wie sie als Lesende fotografiert, von Eve Arnold sogar mit Joyce’ «Ulysses» auf dem Schoss.

Schauen wir heute noch einmal auf Marilyn Monroe, dann nicht zuletzt wegen der einzigartigen Liebesbeziehung, die sie mit der Kamera hatte. Von den Beschränkungen durch ihre Filmrollen befreit, hat sie sich von Fotografen in ihrer nackten Menschlichkeit aufnehmen lassen. So bleibt neben den unnachahmlichen Gesten und dem einzigartigen Timbre ihrer Stimme der geheimnisvolle Reiz ihres Gesichts. So viel gibt ihr direkter Blick in die Kamera preis und behält doch so viel für sich. Eben weil Marilyn Monroe sich nie ganz, nie endgültig begreifen lässt, ergreift uns ihr Anblick auch weiterhin. Was Shakespeare in seiner Tragödie «Antony and Cleopatra» über die altägyptische Herrscherin sagen lässt, trifft auch für die Königin der CelebrityCulture zu: «Sie macht hungrig, wo sie am meisten befriedigt hat.»

The Asphalt Jungle

USA 1950

Ein kriminelles Genie engagiert eine Bande für einen Juwelenraub. Trotz minuziöser Planung geht der Coup schief, die Bande fällt auseinander und reibt sich auf, während sich das Netz der Polizei immer enger zusammenzieht.

«The Asphalt Jungle ist Inauguration und Vorbild aller Spielarten des modernen Gangsterfilms. (…) Kühl und ohne moralische Entrüstung zeigt Huston eine Mikrogesellschaft, die Verbrechen als andere Form menschlichen Strebens begreift.» (Harry Tomicek, Österreich. Filmmuseum Wien, 4/2005)

«Mit ihren zwei Szenen gelang es Monroe, die Aufmerksamkeit von Joseph L. Mankiewicz auf sich zu ziehen – dieser besetzte sie dann in einer ähnlichen Rolle in All About Eve.» (Peter Heath Becker, criterion.com)

112 Min / sw / DCP / E // REGIE John Huston // DREHBUCH Ben Maddow, John Huston, nach dem Roman von W. R. Burnett // KAMERA Harold Rosson // MUSIK Miklós Rózsa // SCHNITT George Boemler // MIT Sterling Hayden (Dix Handley), Louis Calhern (Alonzo D. Emmerich), Jean Hagen (Doll Conovan), James Whitmore (Gus Minissi), Sam Jaffe (Doc Erwin Riedenschneider), Marilyn Monroe (Angela Phinlay).

All About Eve

USA 1950

Ein alternder Broadwaystar gerät unter den Einfluss einer jungen Schauspielerin, hinter deren Bewunderung sich ganz eigene Pläne verbergen. Marilyn Monroe tritt als strahlend junge Blondine auf. Ihre «kleine Rolle erregte grosses Aufsehen, ihre beiden Szenen leiten jeweils entscheidende Wendepunkte ein. Man findet darin schon viele Charakteristika, auf die sie später festgelegt wurde und gegen die sie oft erfolglos aufbegehrte. Die Starbesetzung jagte ihr schreckliche Angst ein, doch Regisseur Mankiewicz gab ihr die nötige Lockerheit. Ihr Schauspielkollege Gregory Ratoff prophezeite am Set: ‹That girl ees goink to be a beeg star!›» (Filmmuseum München, 22/2012)

138 Min / sw / 35 mm / E/d/f // REGIE Joseph L. Mankiewicz // DREHBUCH Joseph L. Mankiewicz, nach der Erzählung

«The Wisdom of Eve» von Mary Orr // KAMERA Milton R.

Krasner // MUSIK Alfred Newman // SCHNITT Barbara

McLean // MIT Bette Davis (Margo Channing), Anne Baxter (Eve Harrington), George Sanders (Addison DeWitt), Marilyn Monroe (Miss Casswell), Celeste Holm (Karen Richards), Gary Merrill (Bill Simpson), Hugh Marlowe (Lloyd Richards), Thelma Ritter (Birdie Coonan), Gregory Ratoff (Max Fabian).

Clash By Night Usa 1952

Desillusioniert kehrt eine Frau aus der Grossstadt in ihren Heimatort an der kalifornischen Küste zurück und heiratet einen Fischer. Doch bald beginnt sie eine Affäre mit seinem Freund.

«Zu einer Zeit, als der ‹Code of Decency› der amerikanischen Filmindustrie die Darstellung des Ehebruchs noch tabuisierte, erfrechte sich Lang, eine Frauenfigur zu zeichnen, die einen Mann heiratet, der ihr bloss eine fast väterliche Geborgenheit und materielle Sicherheit bringt, und die einem Freund erliegt, der – das wird so klar, wie es damals gezeigt werden konnte – sexuell offenbar stimulierender und befriedigender ist. Das Skandalöse an Langs Darstellung ist, dass er diese Frau nicht negativ zeichnet.» (Martin Girod, Filmpodium, Oktober/November 2007)

«Mehr noch als Barbara Stanwyck überzeugt Marilyn Monroe», die die Freundin des Bruders der Hauptperson spielt und «die man bislang wohl noch nie so nett und natürlich und so angenehm ihrer koketten Unarten entkleidet sah.» (Franziska Violet, Filmmuseum München, 22/2012)

105 Min / sw / DCP / E/d // REGIE Fritz Lang // DREHBUCH

Alfred Hayes, nach dem Theaterstück von Clifford Odets // KAMERA Nicholas Musuraca // MUSIK Roy Webb // SCHNITT

George Amy // MIT Barbara Stanwyck (Mae Doyle D’Amato), Marilyn Monroe (Peggy), Paul Douglas (Jerry D’Amato), Robert Ryan (Earl Pfeiffer), J. Carroll Naish (Onkel Vince), Silvio Minciotti (Papa D’Amato), Keith Andes (Joe Doyle).

DON ’ T BOTHER TO KNOCK

USA 1952

«Nachdem seine Freundin mit ihm Schluss gemacht hat, bandelt der frustrierte Pilot Jed im Hotel mit der jungen Nell an, die dort als Babysitter arbeitet, aber in die eleganten Kleider ihrer Arbeitgeberin geschlüpft ist. Allmählich muss Jed feststellen, dass Nell nicht nur eine Lügnerin ist, sondern psychotische Züge zeigt, indem sie ihn für ihren toten Liebsten hält und vor nichts zurückschreckt, um ihren Wahn aufrechtzuerhalten. Nachdem Clash by Night Marilyn Monroe viel Publizität gebracht hatte (...), glaubte sie Fox-Produzent Darryl F. Zanuck reif für eine grosse dramatische Rolle. Auch wenn Marilyn Monroe und ihre damalige Schauspiellehrerin Natasha Lytess den Film für eine Katastrophe hielten, lobte die Presse sie fast einhellig; Ado Kyrou schrieb in seinem Buch ‹Le surréalisme au cinéma›, die beste Darstellung einer Sexualneurose im Kino sei Marilyns Interpretation der Nell in Don’t Bother to Knock.» (Filmpodium, Juli/August 2012)

76 Min / sw / DCP / E/d // REGIE Roy Ward Baker // DREHBUCH Daniel Taradash, nach dem Roman von Charlotte Armstrong // KAMERA Lucien Ballard // MUSIK Lionel Newman // SCHNITT George A. Gittens // MIT Marilyn Monroe (Nell Forbes), Richard Widmark (Jed Towers), Anne Bancroft (Lyn Leslie), Donna Corcoran (Bunny Jones), Jeanne Cagney (Rochelle), Elisha Cook jr. (Eddie Forbes).

Monkey Business Usa 1952

Ein zerstreuter Wissenschaftler, seine Frau, sein Chef und dessen nicht schreibmaschinenkundige Sekretärin geraten unter die Wirkung eines Verjüngungstrankes, den ein Affe zufällig zusammengemixt hat.

«Das Timing der Gags stellt den grössten Teil der Hollywood-Komödien in den Schatten. Die klassische Verkehrte-Welt-Komödie, in der Kinder und Tiere sexuelle Anarchie in die gesetzte Erwachsenenwelt bringen.» (Don Macpherson, Time Out Film Guide)

«Marilyn Monroe, die von Cary Grant als ‹noch ein halbes Kind› beschrieben wird (worauf Ginger Rogers kontert: ‹Aber nicht die sichtbare Hälfte!›), hat etwas in ihrer Haltung und in ihrem Gang, das suggestiv genannt werden muss. Was sie suggeriert, ist etwas, um das es in diesem Film die meiste Zeit geht, mit oder ohne Verjüngung.» (Archer Winston, New York Post, 1952)

97 Min / sw / 35 mm / E/d/f // REGIE Howard Hawks // DREHBUCH Ben Hecht, Charles Lederer, I. A. L. Diamond, nach einer Story von Harry Segall // KAMERA Milton R. Krasner // MUSIK Leigh Harline // SCHNITT William B. Murphy // MIT Cary Grant (Prof. Barnaby Fulton), Ginger Rogers (Mrs. Edwina Fulton), Marilyn Monroe (Miss Lois Laurel, die Sekretärin), Charles Coburn (Mr. Oliver Oxly), Hugh Marlowe (Hank Entwhistle), Henri Letondal (Dr. Jerome Kitzel).

Niagara

USA 1953

Im Urlaub an den Niagarafällen plant Rose (Marilyn Monroe) mit ihrem Geliebten die Ermordung ihres vom Koreakrieg traumatisierten Ehemanns. Ein biederes junges Ehepaar auf Flitterwochen wird in die Intrige hineingezogen.

«Ob Marilyn Monroe in Niagara nackt unter einem Betttuch liegt, um es während der Dreharbeiten unauffällig beiseitezuschieben, ob sie über einem U-Bahn-Schacht steht, um durch den Wind des vorbeifahrenden Zuges ihren Rock immer höher flattern zu lassen (wie in The Seven Year Itch) –ihr Diktum war immer: ‹Ich liebe es, Dinge zu tun, die die Zensur nicht durchgehen lässt. Wozu sind wir denn alle auf der Welt? Um rumzustehen und das Leben an uns vorbeiziehen zu lassen?›» (Elisabeth Bronfen / Barbara Straumann: Die Diva, Schirmer & Mosel, 2002)

92 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Henry Hathaway // DREHBUCH Charles Brackett, Walter Reisch, Richard L. Breen // KAMERA Joseph MacDonald // MUSIK Sol Kaplan // SCHNITT Barbara McLean // MIT Marilyn Monroe (Rose Loomis), Joseph Cotten (George Loomis), Jean Peters (Polly Cutler), Max Showalter (Ray Cutler), Denis O’Dea (Inspektor Starkey), Richard Allan (Ted Patrick), Don Wilson (Jess C. Kettering).

Vor der Vorführung von Niagara am Mittwoch, dem 15. März um 18.15 Uhr präsentiert This Brunner seine Autobiografie «Magnificent Obsessions Saved My Life» im Gespräch mit Michel Bodmer.

Gentlemen Prefer Blondes

USA 1953

Zwei Showgirls (Marilyn Monroe und Jane Russell) reisen per Schiff nach Paris, die eine sucht Liebe, die andere eine gute Partie. Die blonde Lorelei ist immerhin schon mit dem Millionärssohn Gus verlobt, strebt aber nach noch mehr Wohlstand. Gus ahnt das und schickt einen Detektiv hinterher, der sie beschatten soll.

«Dieser Klassiker des Musicals und der Sozialsatire bietet ein straffes Drehbuch, Hawks’ gewohnt menschlichen Stil und eine ganze Reihe von Gesangs- und Tanznummern, darunter das berühmte ‹Diamonds Are a Girl’s Best Friend›. Der Zynismus des Plots – geldgierige Varietétänzerinnen auf Luxuskreuzfahrt – wird wunderbar widerlegt mit einer grosszügigen Dosis Gefühl, und die von Monroe und Russell verkörperten sexuellen Stereotype werden ironisch eingesetzt, um eine Reihe erotischer Strategien durchzuspielen: Unschuld, Dreistigkeit, Versuchung, Verführung. Interessant ist auch: Die männlichen Rollen dienen lediglich als Kontrastfiguren für die sympathisch-rivalisierende Beziehung der weiblichen Hauptfiguren.» (Chris Auty, Time Out Film Guide)

91 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Howard Hawks // DREHBUCH Charles Lederer, nach dem Musical von Anita Loos, Joseph Fields // KAMERA Harry J. Wild // MUSIK Lionel Newman, Songs: Jule Styne, Liedtexte: Leo Robin // SCHNITT Hugh S. Fowler // MIT Marilyn Monroe (Lorelei Lee), Jane Russell (Dorothy Shaw), Elliott Reid (Ernie Malone), Charles Coburn (Sir Francis «Piggy» Beekman), Tommy Noonan (Gus Esmond Jr.), George Winslow (Henry Spofford III).

 Dieser Film gehört auch zur «Sélection Lumière». Dienstag, 14. März, 20.45 Uhr: Einführung von Mischa Haberthür

How To Marry A Millionaire Usa 1953

Drei New Yorker Models (Marilyn Monroe, Lauren Bacall und Betty Grable) kratzen ihr letztes Geld zusammen, mieten ein extravagant ausgestattetes Penthouse und schwören einander, nicht mehr ihrem Herzen zu folgen, sondern Millionäre zum Heiraten zu finden.

Jean Negulescos eleganter und grosszügig ausgestatteter Film war die erste Komödie in Cinemascope – «und wie macht sich Marilyn Monroe auf der Grossbild-Leinwand? Wer darauf besteht, in der ersten Reihe zu sitzen, fühlt sich wahrscheinlich wie in einer Sauna. Ihre Leistung als Komikerin ist von der gleichen Klasse wie ihr Aussehen. Als kurzsichtiges Geschöpf, das in Gegenwart von Männern ihre Brille aus Eitelkeit nicht tragen will, rennt sie gegen Möbel und hält Bücher verkehrt herum – alles auf so aufreizende Weise, dass die Leinwand fast schmilzt.» (Otis L. Guernsey Jr., New York Herald Tribune, 1953)

95 Min / Farbe / 35 mm / E/d/f // REGIE Jean Negulesco // DREHBUCH Nunnally Johnson, nach den Theaterstücken «The Greeks Had a Word for It» von Zoe Akins, und «Loco» von Dale Eunson, Katherine Albert // KAMERA Joseph MacDonald // MUSIK Cyril J. Mockridge // SCHNITT Louis R. Loeffler // MIT Marilyn Monroe (Pola Debevoise), Betty Grable (Loco Dempsey), Lauren Bacall (Schatze Page), David Wayne (Freddie Denmark), Rory Calhoun (Eben), Cameron Mitchell (Tom Brookman), Alexander D’Arcy (J. Stewart Merrill).

River Of No Return

USA 1954

Farmer Matt Calder und sein Sohn Mark helfen einem jungen Paar, das in ihrer Nähe mit einem Floss am Flussufer strandet. Als Indianer angreifen, sucht der Fremde mit Calders Pferd und Gewehr das Weite. Matt und Mark müssen mit der zurückgelassenen Barsängerin Kay auf dem Floss den gefährlichen Strom hinabfliehen.

«Erzählt wird also vom Inferno einer äusseren Konfrontation, das sich nach und nach zum Abenteuer einer inneren Annäherung weitet. Calder und die Sängerin streiten sich unentwegt, finden aber in Momenten der Gefahr auch fürsorgliche Gesten füreinander. Je grösser die Gefahr draussen, desto enger die Bindung zwischen den Flüchtenden auf dem Floss. (...) Ein ‹unschuldiger, fast kindlicher Film› wurde River of No Return einmal genannt. Das hat auf der einen Seite mit dem kumpelhaften Umgang der Darsteller miteinander zu tun, von Robert Mitchum und Marilyn Monroe, die sich offensichtlich mochten. (...) Andererseits kommt es von dem sichtbaren Vergnügen aller Be- teiligten, dieses Rührstück mit Musik mit bunten Tönen und dicken Strichen auszumalen.» (Norbert Grob, in: Otto Preminger, Jovis 1999)

91 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE Otto Preminger, Jean Negulesco (ungenannt) // DREHBUCH Frank Fenton, nach einer Erzählung von Louis Lantz // KAMERA Joseph LaShelle // MUSIK Cyril J. Mockridge // SCHNITT Louis R. Loeffler // MIT Robert Mitchum (Matt Calder), Marilyn Monroe (Kay Weston), Rory Calhoun (Harry Weston), Tommy Rettig (Mark Calder), Murvyn Vye (Dave Colby), Douglas Spencer (Sam Benson).

The Seven Year Itch

USA 1955

«In der Sommerhitze von New York verdreht eine grenzenlos naive, aber ungemein aufreizende junge Nachbarin einem Strohwitwer so gehörig den Kopf, dass ihm die erotischen Fantasien wilde Streiche zu spielen beginnen.

Die Verfilmung eines Broadwaystücks, dessen leicht biedere Anzüglichkeit Wilder systematisch ins Absurde steigert. Resultieren daraus auch eine weitgehende Denunziation der Figuren und eine Reihe mässig komischer Schlüpfrigkeiten –darunter die berühmte Szene mit Marilyns hochgewehtem Kleid über dem U-Bahn-Schacht –, so werden diese Schwächen wettgemacht durch die sexuellen Wunschvorstellungen des Helden, die Wilder unwiderstehlich komisch inszeniert und mit maliziösen Parodien auf romantische Filmklischees spickt. Selten ist die bigotte Sexualmoral der Nachkriegszeit gründlicher demontiert worden.» (Andreas Furler, Filmpodium, Juli/ August 2012)

105 Min / Farbe / Digtal HD / E/d // REGIE Billy Wilder // DREHBUCH Billy Wilder, George Axelrod, nach dem Theaterstück von George Axelrod // KAMERA Milton R. Krasner // MUSIK Alfred Newman // SCHNITT Hugh S. Fowler // MIT Marilyn Monroe (das Mädchen), Tom Ewell (Richard Sherman), Evelyn Keyes (Helen Sherman), Sonny Tufts (Tom MacKenzie), Robert Strauss (Mr. Kruhulik), Oscar Homolka (Dr. Brubaker).

Bus Stop

USA 1956

Bo, ein unerfahrener junger Cowboy auf Brautschau, verfällt dem Sexappeal der Barsängerin Chérie und verschleppt sie kurzerhand, um sie zu seiner Frau zu machen. Aber um Chéries Liebe gewinnen zu können, muss er noch viel dazulernen.

«Joshua Logan hat Monroe dazu gebracht, ihrer Figur Würde zu verleihen und Anteilnahme an ihrem Schicksal erwecken zu lassen. Dies mag sich für diejenigen, die ihre Miss Monroe lieber kerngesund und voller Begierde sehen, nicht gerade vielversprechend anhören. Doch denken Sie ja nicht, dass sie, weil sie in diesem Film wirklich eine Charakterstudie abliefert, deshalb weniger lebendig, humorvoll oder attraktiv ist als sonst.» (Bosley Crowther, New York Times, 1956)

96 Min / Farbe / Digital HD / E/d // REGIE Joshua Logan // DREHBUCH George Axelrod, nach dem Theaterstück von William Inge // KAMERA Milton R. Krasner // MUSIK Cyril J. Mockridge, Alfred Newman // SCHNITT William H. Reynolds // MIT Marilyn Monroe (Cherie), Don Murray (Beauregard «Bo» Decker), Arthur O’Connell (Virgil Blessing), Betty Field (Grace Hoyland), Hope Lange (Elma Duckworth), Robert Bray (Carl), Eileen Heckart (Vera).

The Prince And The Showgirl

GB/USA 1957

1911 kommt Grossherzog Charles, Regent von Karpathien, zur Krönung Georges V. nach London, begleitet von seinem 16-jährigen Sohn, dem designierten karpathischen König Nicolas. Beim Besuch eines Musicals bemerkt der Fürst das Showgirl Elsie Marina und lädt sie in seine Residenz zum Tête-à-Tête ein. Doch die scheinbar naive Amerikanerin widersteht nicht nur seinen Verführungskünsten, sondern stellt auch die politischen Pläne des Regenten auf den Kopf.

Marilyn Monroe kaufte die Filmrechte an Terence Rattigans Stück «The Sleeping Prince», das Laurence Olivier auf der Londoner Bühne mit sich und Vivien Leigh in den Hauptrollen inszeniert hatte. Sie bezirzte Olivier, auch die Verfilmung zu übernehmen. Der Dreh erwies sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Vorstellungen von Schauspielerei als schwierig, was man dem Ergebnis aber nicht anmerkt.

«Monroes gehauchte Kleinmädchenstimme und ihr polymorph-perverser Nicht-Schauspielstil haben einen speziellen pseudounschuldigen Charme, den offenbar keine ihrer Nachahmerinnen einzufangen vermag.» (Pauline Kael: 5001 Nights at the Movies, Marion Boyars 1993)

115 Min / Farbe / 35 mm / E/d // REGIE Laurence Olivier // DREHBUCH Terence Rattigan // KAMERA Jack Cardiff // MUSIK Richard Addinsell // SCHNITT Jack Harris // MIT Marilyn Monroe (Elsie Marina), Laurence Olivier (Grossherzog Charles), Sybil Thorndike (Königinwitwe), Richard Wattis (Northbrook), Jeremy Spenser (König Nicolas).

Some Like It Hot Usa 1959

Die arbeitslosen Musiker Joe und Jerry werden als Mordzeugen von Gangstern verfolgt und müssen untertauchen. Als Frauen verkleidet schmuggeln sie sich in eine Damenkapelle, deren UkuleleSpielerin Sugar sie zu amourösen Verrenkungen und Ränken sondergleichen inspiriert.

«Was für ein Werk der Kunst wie auch der Natur ist doch diese Monroe. Sie ist nicht zur Ikone gealtert, sondern scheint sich in dem Moment, wo wir ihr zuschauen, jeweils neu zu erfinden. (…) Schauen Sie sich ihr Solo ‹I Wanna Be Loved by You› genauer an: Ein hübsches Mädchen steht vor ihrem Orchester und singt. Monroe und Wilder verwandeln diese simple Szene in eine der faszinierendsten und unverfroren sexuell aufgeladensten Filmszenen überhaupt: Sie in ihrem hauchdünnen Kleidchen in der Mitte eines Spots, der sie nicht nur von den Hüften an aufwärts beleuchtet, sondern der mit ihr so präzise spielt, als wäre er ein zusätzlicher Ausschnitt. Ein Striptease, in dem Nacktheit überflüssig ist. Sie scheint sich dieses Effekts nicht bewusst zu sein, stattdessen singt sie unschuldig ihren Song. Bei dieser Szene wird klar, dass niemand eine grössere sexuelle Chemie mit der Kamera besitzt als Monroe. (…) Der Film handelt ja eigentlich von den beiden Figuren, die von Jack Lemmon und Tony Curtis gespielt werden – doch Monroe stiehlt den beiden die Show, so wie sie es in jedem ihrer Filme macht.» (Roger Ebert, Chicago Sun-Times, 9.1.2000)

120 Min / sw / 35 mm / E/d/f // REGIE Billy Wilder // DREHBUCH

Billy Wilder, I. A. L. Diamond, nach einer Geschichte von Robert Thoeren, Michael Logan // KAMERA Charles Lang Jr. // MUSIK

Adolph Deutsch // SCHNITT Arthur P. Schmidt // MIT Marilyn Monroe (Sugar Kane Kowalczyk), Tony Curtis (Joe/Josephine), Jack Lemmon (Jerry/Daphne), George Raft (GamaschenColombo), Pat O’Brien (Det. Mulligan), Joe E. Brown (Osgood E. Fielding III), Joan Shawlee (Sweet Sue).

LET ’ S MAKE LOVE

USA 1960

Ein Multimillionär will gegen eine Revue vorgehen, in der er veräppelt wird – und verliebt sich in die Hauptdarstellerin (Marilyn Monroe). Von ihr für einen brotlosen Schauspieler gehalten, lässt er sich in die Truppe einschleusen und heimlich von Topstars coachen, um sie nicht mit Geld, sondern mit seinem Charme für sich zu gewinnen.

«Monroe ist natürlich eine wahre Freude in der massgeschneiderten Rolle einer Off-BroadwaySchauspielerin, die intellektuell weiterkommen will (...), aber sie hat auch einen einzigartig begabten Kostar in Yves Montand. Dieser spielt den reichsten Mann der Welt, der eine Frau sucht, die ihn nur um seiner selbst willen liebt, mit viel Herz und Humor. Immer wenn die Geschichte zu langweilig zu werden droht, kommt eine umwerfende Musiknummer von Cole Porter.» (Variety, 1959)

119 Min / Farbe / DCP / E/d // REGIE George Cukor // DREHBUCH Norman Krasna, Hal Kanter, Arthur Miller (ungenannt) // KAMERA Daniel L. Fapp // MUSIK Lionel Newman // SCHNITT David Bretherton // MIT Marilyn Monroe (Amanda Dell), Yves Montand (Jean-Marc Clement/Alexander Dumas), Tony Randall (Alexander Coffman), Frankie Vaughan (Tony Danton), Wilfrid Hyde-White (George Welch).

The Misfits

USA 1961

«Eine frisch geschiedene Nachtclubtänzerin lernt in Nevada drei von ihren Lebensverhältnissen enttäuschte Cowboys kennen, bei denen sie Trost sucht. Doch statt des erhofften Abenteuers wird die gemeinsame Jagd auf wilde Pferde zum Albtraum: Die Männer hetzen die Tiere mit Flugzeug und Autos – im Auftrag der Hundefutterindustrie.

Der letzte fertiggestellte Film Marilyn Monroes und auch Clark Gables ist ein stiller Abgesang auf den Wilden Westen und die Verlorenheit seiner Figuren, nachdem die Mythen von einer prosaischen modernen Wirklichkeit eingeholt worden sind. Szenen wie Monroes nächtlicher Tanz unter den Bäumen oder die abschliessende Treibjagd sind ins Repertoire der magischen Filmmomente eingegangen.» (Filmpodium, Juli/August 2002)

124 Min / sw / DCP / E/d // REGIE John Huston // DREHBUCH

Arthur Miller // KAMERA Russell Metty // MUSIK Alex North // SCHNITT George Tomasini // MIT Marilyn Monroe (Roslyn Taber), Clark Gable (Gay Langland), Montgomery Clift (Perce Howland), Thelma Ritter (Isabelle Steers), Eli Wallach (Guido), James Barton (alter Mann in der Bar).

DIE MARILYN-MONROE-STORY MI, 22. FEB. | 18.15 UHR

MULTIMEDIA-PRÄSENTATION VON ANDREAS FURLER

Sechzig Jahre nach ihrem Tod und bald hundert nach ihrer Geburt ist Marilyn Monroe noch immer einer der grössten Filmstars, die Hollywood je hervorgebracht hat. Doch in den Medien und in Filmen wie jüngst dem Netflix-Biopic Blonde überlebt von ihr fast nur das Klischee von der dümmlichen Blondine mit Ambitionen, grossem Busen und noch grösseren Neurosen.

Andreas Furler, langjähriger Filmkritiker, Koleiter des Filmpodiums und Betreiber des Filmportals cinefile, lässt in seiner Multimedia-Präsentation Monroes Leben und Werk anhand von Filmausschnitten und reichem Bildmaterial Revue passieren, um den Gegenbeweis anzutreten: Monroe gilt zu Recht als Jahrhundertfigur. Ihre Persönlichkeit und ihre Filme sind ungleich schillernder, als ständig behauptet wird, und ihr tragischer Tod mit 36 ist eine weitere Episode in der düsteren Geschichte der Psychiatrie.

| 20.00 UHR SOME LIKE IT HOT & THE MISFITS MIT ELISABETH BRONFEN & JOHANNES BINOTTO

DOUBLE BILL ON DOUBLE BILL DO, 2.

Im Dialog aus zwei Filmen ein stimmiges Duett machen – das ist das Prinzip des FilmpodiumFormats «Double Bill on Double Bill», diesmal mit Marilyn Monroe als Bindeglied. Dabei könnten die Rollen und Stimmungen, die sie in Billy Wilders überdrehtem Some Like It Hot und John Hustons düsterem The Misfits spielt, unterschiedlicher nicht sein. Im einen bezaubert sie als naive Träumerin, die von all dem Chaos um sie herum nichts mitzukriegen scheint; im andern hat sie als desillusionierte Aussenseiterin einen umso klareren Blick auf die bittere Realität amerikanischer Träume. Vielleicht zeigt sich aber gerade in der Kombination von beiden Filmen Monroes einzigartiges Talent am besten, das Leichtfüssige immer auch mit tragischer Note und das Hoffnungslose stets auch mit Ironie zu versehen. Solchen und vielen anderen Doppelseitigkeiten gehen die Literaturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen und der Medienwissenschaftler Johannes Binotto im Gespräch nach, mit Marilyn Monroe an ihrer Seite. Mit dem Double-Bill-Ticket können Sie eine Vorstellung von Some Like It Hot oder The Misfits zum reduzierten Preis beziehen (nur an der Kasse erhältlich).