Fazit 123

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fazitmagazin.at

#123

FAZIT Nr. 123 4/2016 EURO 4,50 Erscheinungsort Graz Verlagspostamt A-8010 Graz P.b.b. 04Z035487 M

Juni 2016

Crowdfunding. Wenn viele finanzieren Basel III bringt Start-ups auf neue Wege der Finanzierung

Portrait vom Haus der Steine

Essay von Manfred Prisching (II) Das alte Ägypten in Graz

Wirtschaft und mehr. Aus dem Süden.

Manager mit Kultur Fazitgespräch mit Bernhard Rinner


Meinungs Seit 12 Illustration: marushabelle.ru

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Fazit


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keingrammfett

.. mit freundlicher unterstutzung von


Editorial

Von Christian Klepej

Ö

sterreich hat einen neuen Bundespräsidenten. Und wer immer das ist – Drucklegung dieser Ausgabe war vor dem 22. Mai –, die Welt wird sich wohl noch weiter drehen. Österreich hat auch einen neuen Bundeskanzler. Christian Kern hat bei seiner ersten Pressekonferenz als Politiker nur Stunden vor der Angelobung durch Heinz Fischer einen ausnehmend und beachtenswert kompetenten wie sympathischen Eindruck gemacht. In den ersten 48 Stunden nach seinem Amtsantritt überschlugen sich die durchwegs positiven bis sogar hymnischen Reaktionen der heimischen Presse. Natürlich gab es im weiteren Verlauf dann auch Mahnungen, der Mann könne das alles gar nie einhalten, was ihm da zugeschrieben wurde und – zurecht – wurde auch bald darauf hingewiesen, dass die politische Grundpositionen Kerns eigentlich nicht klar seien. Für mich ist Kern dennoch jedenfalls ein Lichtblick. Er hat es zumindest mittelfristig geschafft, die SPÖ vor einem Auseinanderbrechen zu bewahren und konnte offenbar den moderaten als auch den links

Schafft nach der SPÖ auch die Volkspartei den notwendigen Neustart?

bis extrem linken Flügel der Partei vorerst befrieden. Natürlich glänzt Kern nicht zuletzt deswegen besonders, weil die Latte nach Werner Faymann bereits im Keller gelegen ist. Trotzdem gibt mir seine erfrischend neue Herangehensweise an den Job des Kanzlers Zuversicht, dass die Bundesregierung den (vor allem auch) gefühlten Stillstand in diesem Lande beendet. Auch sein neues Team stellt auf den ersten Blick – es sind halt Sozialdemokraten – zumindest keine Hürde für diese Aufgabe dar. Mit Muna Duzdar, Rechtsanwältin und Gemeindepolitikerin in Wien, wird auch erstmals eine Muslima Staatssekretärin. Das ist grundsätzlich, bei all den schon stattfindenden Diskussionen, ob man das jetzt bemerken dürfe oder nicht – natürlich darf und soll man! –, eine gute Sache und ein weiteres Zeichen, dass die Dinge in Sachen Integration und Multikulturalität in Österreich bei weitem nicht so schlecht stehen, wie gerne behauptet wird. (Wie es Duzdar denn mit Israel hält, wird die Zeit zeigen.) Ich kann also der Regierung nur alles Gute wünschen. Wenn ich aber an die ÖVP, den Juniorpartner in der Koalition denke, gibt es wenig bis gar nichts, was mit gut zu beschreiben wäre. Kern hat davon gesprochen, dass es jetzt »endgültig die letzte Chance« für die Regierung sei. Bei der ÖVP befürchte ich, die ist schon vorbei. Zumindest wenn es Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nicht gelingt – am besten noch in der Woche nach der Stichwahl – spürbar darzustellen, dass auch die Volkspartei willens ist, »Reformkraft« zu beweisen. Das kann nach meinem Daführhalten einzig und alleine mit einer Regierungsumbildung bzw. einem ordentlichen Personalaustausch der gesamten Bundesebene gelingen. Die Minister Sophie Karmasin (Familie), Hans Jörg Schelling (Finanzen) und Wolfgang Brandstetter (Justiz) sowie Staatssekretär Harald Mahrer sind jedenfalls disponibel und sollten umgehend ersetzt werden. Genug fähiges Personal hat – man möchte es vielleicht nicht glauben, ich bin aber überzeugt, dass dem so ist – die ÖVP vor allem in den Ländern jedenfalls. Und der Klubobmann Reinhold Lopatka, der es

geschafft hat, noch bevor sicher war, dass Kern neuer Kanzler wird, diesen – sachlich zwar gar nicht nur ungerechtfertigt übrigens – anzupatzen zu versuchen. Die gerade in der Koalitionsarbeit zentrale Aufgabe eines Klubobmannes kann Lopatka nicht mehr sinnvoll ausüben. Zudem muss sich auch die Partei neu aufstellen, wie weit Peter McDonald als Generalsekretär dazu in der Lage ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Wichtig wäre es aber jedenfalls, sich all der überkommenen Strukturen (Bünde; Beziehung Bund zu Ländern etc.) zu entledigen, innerparteiliche Demokratie (Internet! Hallo?) wenigstens beginnen, Realität werden zu lassen und sich klar zu positionieren. Ob jetzt als christdemokratisch, liberal- oder nur konservativ soll dabei Ergebnis eines internen Prozesses sein. Die total verschwommene, pseudomodernistische, auf linksliberalen Zuruf viel zu viel gebende Nichtposition wird auf kurz (und nicht lang!) die ÖVP das Schicksal der ehedem großen italienischen »Democrazia Cristiana« erleiden lassen. Als Mitglied der ÖVP und als Österreicher hoffe ich inständig, dass es meiner Partei gelingt, dies zu verhindern. Glauben tu ich es bald nicht mehr. n

Sie erreichen den Autor unter christian.klepej@wmedia.at FAZIT JUNI 2016 /// 5


Inhalt Fazit Juni 2016

Crowdfunding

Wenn viele Anleger mit geringen Summen ein Start-up finanzieren, nennt man das Schwarmfinanzierung oder Crowdfunding.

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Fotos: Peter Pichler, Marija Kanizaj (2), Enlarge, A.-M. v. Sarosdy

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Manager mit Kultur

Bernhard Rinner über das Rampenlicht, enge Budgets, volle Häuser und große Ziele für die Grazer Kulturszene.

Migration und Realismus (II)

Der Soziologe Manfred Prisching über die moralische Herausforderung Europas als eine Folge der Flüchtlingskrise.

Ausgabe Juni 2016 XIII. Jahrgang Nr. 123 (4/2016) FAZIT © Klepej &Tandl OG, Graz Alle Rechte vorbehalten. Mit »Promotion« oder »l« gekennzeichnete Beiträge sind entgeltliche Einschaltungen.

6 /// WILLKOMMEN IM FAZIT


Wirtschaft und mehr. 72

80

Rubriken Editorial 5 Politicks 16 Investor 34 Zur Lage 42 Immobilien 66 Alles Kultur 80 Schluss 82

Liebe Leser!

Immer öfter scheitern Geschäftsideen noch vor dem Start. Und zwar an ihrer Finanzierung, weil Regularien wie »Basel III« die Banken dazu zwingen, Start-ups die Kreditfinanzierung zu verweigern. In der Titelgeschichte geht es daher um »Crowdfunding«, bei dem viele kleine Anleger mit geringen Summen ein Start-up oder ein Projekt finanzieren. So erhalten finanzschwache Gründer nun trotzdem eine Chance, ihre Träume zu realisieren.

Für das Fazitgespräch trafen wir den Kulturmanager Bernhard Rinner. Wir sprachen mit ihm über volle Häuser und enge Budgets. Dabei machte er uns klar, dass in einer Zeit, in der sogar überlegt wird, Spitäler in den Regionen zu schließen, auch die Kultur ihrer Verantwortung dem Steuerzahler gegenüber nachkommen muss.

Im Haus der Steine

Der Gemmologe Dietmar Leykauf bietet in seinem Geschäft vom Glasstein bis zum Brillanten bunte Steine feil.

Und für das Fazitportrait war Volker Schögler in der Edelstein- und Mineralienhandlung Leykauf in der Grazer Bürgergasse. Das Warenangebot des Gemmologen Dietmar Leykauf reicht vom Glasstein bis zum Brillanten, vom Mineral bis zum Fossil und bis zu kunstvoll gefertigtem Schmuck. Ein steiniger wie interessanter Erlebniseinkauf mitten in der Grazer Altstadt. Gutes Lesen! -redIMPRESSUM

Sehenswerte Replikas

In der Grazer Messe wird altägyptische Geschichte erlebbar gemacht. Dank Replikas. Und dennoch überraschend sehenswert.

Herausgeber Horst Futterer, Christian Klepej und Mag. Johannes Tandl Medieninhaber & Verleger Klepej & Tandl OG Chefredaktion Christian Klepej Mag. Johannes Tandl

Redaktion Peter K. Wagner (BA), Mag. Josef Schiffer, Mag. Maryam Laura Moazedi, Dr. Volker Schögler, Mag. Katharina Kocher-Lichem, Mag. Johannes Pratl, Helmut Wagner, Mag. Katharina Zimmermann, Peter Pichler (Satz), Vanessa Fuchs (Organisation)

age der L r Zu i undmus in is Panapitale 42 K Seit

Lektorat AdLiteram

Symposium Glob

ale Perspektiven des Wachstums Thema in St. Gall en

Seite 52

Druck Leykam-Letsprint

Vertrieb & Anzeigenleitung Horst Futterer

Kundenberatung DI (FH) Gerald Gaksch, Sophie Serec, Simona Kokol

Titelfoto von Marija Kanizaj

Redaktionsanschrift Kalchberggasse 1/II, A-8010 Graz T. 0316/671929*0. F.*33 office@wmedia.at fazitmagazin.at facebook.com/fazitmagazin

FAZIT JUNI 2016 /// 7


Cr ow df un di ng


Crowdfunding

Immer öfter scheitern Geschäftsideen noch vor dem Start – und zwar an ihrer Finanzierung. Denn deutlich schärfere Regularien, wie etwa »Basel III«, zwingen die Banken dazu, Start-ups, die über keine ausreichenden Sicherheiten verfügen, die Kreditfinanzierung zu verweigern. Finanzierungsformen wie Private Equity und Venture Capital sind auf dem österreichischen Kapitalmarkt wenig ausgeprägt und daher für Kleinunternehmen nicht verfügbar. Mit der Schwarmfinanzierung, dem sogenannten »Crowdfunding«, bei dem viele kleine Anleger mit geringen Summen ein Start-up oder ein Projekt finanzieren, haben finanzschwache Gründer nun trotzdem die Chance, ihre Träume zu realisieren. Text von Johannes Tandl

Illustration: Peter Pichler, Fotos: Anna Pailer, Fischer

D

abei übernehmen in aller Regel Crowdfunding-Plattformen die Rolle der Finanzierungsanbahnung, indem sie die Gründer mit potenziellen Investoren vernetzen. 2015 wurden über die sechs in Österreich agierenden Plattformen Conda, Ertrag-Reich, Green Rocket, Home Rocket, Innovation Service Network (ISN) und Regionalfunding zwar nur 44 Projekte mit einem im Verhältnis zur Kreditfinanzierung verschwindend kleinen Gesamtvolumen von 8,1 Mio. Euro finanziert. Im Vergleich zu 2014 hat sich diese Summe jedoch mehr als verdreifacht. Außerdem gibt es Unternehmen, die sich bei großen ausländischen Plattformen wie Kickstarter oder Indiegogo zu finanzieren versuchen. Und da die Plattform-Provisionen, die bei erfolgreichen Finanzierungen anfallen, bei stattlichen fünf und zehn Prozent liegen, ist auch klargestellt, dass die alternativen Finanzierungsinstrumente weiter stark wachsen werden. Dennoch ist das Crowdfunding-Volumen im Vergleich zum klassischen Kreditvolumen verschwindend gering. Den 8,1 Millionen Euro, die im gesamten Vorjahr von den österreichischen Plattformen aufgebracht wurden, stehen nämlich 7,2 Millionen Euro gegenüber, die etwa von den steirischen Raiffeisenkassen täglich für Finanzierungen verwendet werden. Da verwundert es nicht,

dass die Banken im Crowdfunding derzeit noch keinen echten Konkurrenten ausmachen. Und folgerichtig betrachtet es auch Raiffeisenlandesbank-General Martin Schaller als sehr gute Idee, wenn viele Menschen durch ihren finanziellen Beitrag – sei er auch noch so klein – zur Verwirklichung von Unternehmensideen beitragen. Das Crowdfunding-Prinzip entspreche, so Schaller, durchaus dem Raiffeisen-Prinzip, mit privaten Einlagen die regionale Wirtschaft zu finanzieren. Insgesamt stellen die steirischen Raiffeisen-Kunden mit ihren Einlagen von 13,6 Milliarden der steirischen Wirtschaft über den Umweg der Bank insgesamt 13,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Unterschied zwischen einer Bankfinanzierung und einem Crowdinvestment liegt natürlich beim Risiko. Denn Crowdfunder stellen Risikokapital zur Verfügung, das sie im schlechtesten Fall nicht zurückerhalten. Sparer, welche die Wirtschaft über ihre Bankeinlagen finanzieren, sind hingegen staatlich besichert, erhalten aber für das minimale Risiko naturgemäß deutlich niedrigere Zinserträge. Da es in Österreich derzeit keine ausgeprägte Kapitalmarktorientierung gibt, sind auch die Risikokapitalgeber rar. Martin Schaller ist jedenfalls davon überzeugt, dass ein investitionsfreudiges Klima und die Förderung des Unternehmergeistes unserer Volks-

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Crowdfunding

Tipps für

Crowdfunder Die Werberin Andrea Pavlovec-Meixner betreut mit ihrer Agentur »Comcom« gemeinsam mit ihren Netzwerkpartnern regionale Crowdinvesting-Projekte. Unternehmensgründern, die sich mit dem Gedanken tragen, sich alternativ zu finanzieren, gibt sie folgende Tipps. Verschaffen Sie sich einen Überblick! Welche Projekte laufen gerade auf den Plattformen? Welche sind besonders erfolgreich?

Kommunizieren Sie klar!

Ein erfolgreiches Crowdfunding-Projekt braucht ein gutes Kommunikationskonzept und ein klar umrissenes und glaubwürdiges Projekt. Das Projekt und der Projektträger müssen stimmig sein. Die potenzielle Crowd muss einen persönlichen Mehrwert aus der Realisierung des Projekts schöpfen können.

Crowdfunder brauchen eine »Community«.

Natürlich gibt es Social-Media-Kanäle wie Facebook und Twitter. Aber die Macht der Mundpropaganda ist nicht zu unterschätzen. Erfolgreiche Crowdfunding-Projekte werden von einer »Community« getragen. Daher ist es wichtig, möglichst vielen Menschen persönlich von seinem Projekt zu erzählen.

Die richtige Dramaturgie entscheidet.

Eine große Community, die bereits zum Start einer Kampagne ein Projekt unterstützt, motiviert auch andere Menschen zum Mitmachen. Es hat sich herausgestellt, dass es oft besser ist, das Projekt kürzer anzusetzen. Oft sind 30 bis 45 Tage genug für eine Kampagne. Bei einem längeren Zeitraum verlieren die Leute leicht das Interesse am Projekt, da die Aufmerksamkeitsspanne im Netz sehr gering ist.

Setzen Sie sich realistische Ziele!

Je realistischer die Summen sind, je näher sie der Finanzierung kommen, desto eher wird eingezahlt.

10 /// FAZIT JUNI 2016

wirtschaft – und damit auch den Banken – gut tun würden. Je mehr Leute sich als Crowdinvestoren betätigen, desto besser ist es auch aus Bankensicht für die Gesamtwirtschaft. Daher sieht auch die WKO Steiermark im Crowdfunding längst eine Alternative zu klassischen Finanzierungsmodellen, die vor allem für innovative Start-ups interessant ist. Vor allem durch das neue Alternative Finanzierungsgesetz (AltFG) sieht die Wirtschaftskammer Österreich in einer europaweiten Vorreiterrolle. Mit der Erhöhung der Grenzen für die Prospektpflicht auf 1,5 Millionen Euro und dem Abbau bürokratischer Hürden sei ein guter rechtlicher Rahmen geschaffen worden, ist WKO-Direktor Karl-Heinz Dernoscheg überzeugt. Die Wirtschaft ist dennoch nicht ganz zufrieden. Dernoscheg fordert einen jährlichen Beteiligungsfreibetrag für private österreichische Investoren in der Höhe von 20.000 Euro. Am 8. September trifft sich auf Initiative der Kammer übrigens das »Who is who« der europäischen Alternativfinanzierungsszene in Graz zum »Crowd-Dialog Europe«. Dabei werden rund 500 Experten erwartet, die über die unterschiedlichen Formen des Crowdfundings diskutieren.

Die vier Formen des Crowdfunding

Beim »Donation based Crowdfunding« handelt es sich um klassische Spenden, mit denen Kultur- und Charityprojekte ermöglicht werden sollen. Den großen US-Plattformen Kickstarter und Indiegogo liegt das sogenannte »Reward based Crowdfunding« zugrunde. Dabei erhalten die Geldgeber eine materielle oder ideelle Anerkennung für ihr Engagement. Die Belohnungen können aus Ermäßigungen, Gutscheinen oder etwa bei Buchprojekten aus einem Gratisexemplar bestehen. Als Finanzierungsinstrument wesentlich bedeutender ist das


Crowdfunding

»Mit dem neuen Gesetz zählen wir zu den absoluten Crowdfunding-Vorreitern, um junge innovative Unternehmen zu supporten.« Karl-Heinz Dernoscheg, Direktor der WKO Steiermark

sogenannte »Lending based Crowdfunding« oder »Crowdlending«, bei dem die Plattform Mikrokredite direkt oder indirekt vermittelt. Die Grenzen dieser Finanzierungsform waren bis zum Inkrafttreten des »Alternativen Finanzierungsgesetzes« (AltFG) am 1. September 2015 sehr schnell erreicht. Bekannt geworden ist der Fall des Waldviertler Schuhhändlers Heini Staudinger, der ohne Bankkonzession Freunde und Kunden eingeladen hatte, seinem Unternehmen »GEA« private Kredite zu vergeben. Damit ist er jedoch bei der Finanzmarktaufsicht gescheitert. Inzwischen wurde im AltFG jedoch klargestellt, dass solche Darlehen zulässig sind, solange sie »nachrangig« vereinbart sind. Der Investor kann sein Geld also nicht zurückverlangen, wenn das Unternehmen in Schwierigkeiten gerät. Die mittlerweile klassischste Form des Crowdfundings ist das »Equity based Crowdfunding« oder »Crowdinvesting«. Damit ist die Beteiligungsfinanzierung von Start-ups oder Innovationsideen in der besonders riskanten Frühphase gemeint. Beteiligungen gibt es schon ab 100 Euro – entweder über Genussscheine oder als stille Beteiligungen. Die Investoren können ihr Risiko durch die Streuung ihres Risikokapitals auf mehrere Projekte minimieren. Das Verlustrisiko ist mit der Einlage begrenzt.

Crowdfunding Community statt Crowdfunding-Plattform

Harald Schenner und seine Lebensgefährtin Maria Ederer haben es geschafft. Obwohl ihnen die Banken die notwendigen Kredite für die Umsetzung ihrer Unternehmensidee verweigerten, ist es dem IT-Profi gelungen, die erforderlichen 85.000 Euro für das Einzelunternehmen seiner Partnerin aufzubringen. Mithilfe eines Crowdfunding-Projektes konnte Schenner genügend Men-

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Crowdfunding

»Die Finanzindustrie wird sich ändern. Der Zugang zu Kapital ist wirklich kaputt, Innovation dringend nötig. Aber Innovation wird kommen. Vor 70 Jahren gab es keine Kreditkarten – jetzt hat die so ziemlich jede Bank im Angebot. Bald wird jedes Geldinstitut der Welt Crowdfunding anbieten.« Slava Rubin, Gründer von Indiegogo

12 /// FAZIT JUNI 2016


Crowdfunding

»Friedrich Wilhelm Raiffeisen war der erste Crowdfunder, denn er sagte: Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das schaffen viele.«

schen von der Idee begeistern, in bester Gleisdorfer 1b-Lage den schmucken Bioladen »Das Steigerl« samt angeschlossener Biogastronomie zu finanzieren. Während Start-ups – im Normalfall ziemlich anonym – mithilfe einschlägiger internationaler Crowdfunding-Plattformen wie Indiegogo, Kickstarter oder Startnext versuchen, »Schwarminvestoren« für ihre Ideen zu begeistern, setzten Schenner und Ederer bewusst nicht auf Einwegkommunikation, wohl aber auf jenes gehörige Maß Hoffnung, das erforderlich ist, wenn jemand eine Idee, die keine Bank der Welt zu finanzieren bereit ist, umsetzen will. »Geholfen hat mir meine Erfahrung als Unternehmer, denn mir war klar, dass nicht nur in eine Idee investiert wird, sondern vor allem in die Personen, die hinter einem Start-up stehen«, so Schenner. Deshalb kam die übliche Einwegkommunikation in Form eines bloßen Präsentationsvideos nicht in Frage. Schenner und Ederer setzten stattdessen auf den Aufbau einer Community, die sie mithilfe von persönlichen Kontakten, von Social Media, aber auch mit mehreren Events für das »Steigerl« zu begeistern suchten. Dabei wurden sie von der Grazer Werberin Andrea Pavlovec-Meixner begleitet. Pavlovec-Meixner ist davon überzeugt, dass jemand, der andere davon überzeugen will, dass sie ihm Geld geben, eine gute Geschichte erzählen muss, mit der er eine Community aufbauen und für sich einnehmen kann. Der IT-Spezialist Schenner programmierte dazu ein Online-Tool für seine eigene Webpage, das den Investoren nicht nur einen tagesaktuellen Überblick über den Projektstand gewährleistete, sondern sie auch mit zahlreichen weiteren Informationen bei Laune hielt. Schenner versprach seinen Geldgebern eine Verzinsung von vier Prozent und eine Ausstiegsmöglichkeit nach acht bzw. nach zehn Jahren. »Ich dachte anfangs, dass ich nur die ökologisch Interes-

Weltweit durch Crowdfunding eingesammeltes Kapital

16,2 Milliarden US-Dollar

6,1

1,5

Milliarden US-Dollar 2011

2,7

Milliarden US-Dollar

2012

2013

Quelle: Statista (statista.com)

Fotos: Marija Kanizaj, Gilles Lambert

Martin Schaller, RLB-Generaldirektor

Milliarden US-Dollar

2014

FAZIT JUNI 2016 /// 13


Crowdfunding

»Es wird nicht nur in eine Idee investiert, sondern vor allem in die Personen, die hinter einem Start-up stehen.« Harald Schenner, erfolgreicher Crowdfunder

sierten begeistern kann«, sagt Schenner im Gespräch mit Fazit, »und besonders gefreut hab’ ich mich jedes Mal, wenn die Leute ihre Kapitalverzinsung nicht einmal im Jahr bar, sondern in Form von Einkaufs- und Konsumationsgutscheinen für das Steigerl vergütet haben wollten.« Doch als die Community sich mithilfe des geschaffenen Netzwerks verbreiterte, sprangen auf einmal auch ihm völlig unbekannte Leute als Investoren ein, die größere Beträge als die im Crowdfunding meist üblichen paar hundert Euro anlegen wollten. »So sind wir auch auf unseren größten Investor gestoßen, der sich mit 30.000 Euro am Steigerl beteiligt hat.« Als

langjährigem Unternehmer ist Schenner natürlich bewusst, dass er nicht nur die tägliche Liquidität, sondern auch den Aufbau entsprechender Rücklagen zur Bedienung der Kapitalrückzahlungen zum Fälligkeitstermin im Auge behalten muss. Doch auch dabei sei er auf einem guten Weg, so der erfolgreiche Crowdfunder. Inzwischen beraten Schenner – er ist auch Unternehmensberater – und Pavlovec-Meixner auch andere Unternehmen, alternative Finanzierungen mithilfe einer Crowdfunding-Community umzusetzen. Mit »4Crowdfunding« bietet Schenner zudem eine kostengünstige Software an, die auch die Regeln des inzwischen

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/peterquelle


in Kraft getretenen alternativen Finanzierungsgesetzes (AltFG) berücksichtigt.

Das österreichische Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG)

Das Alternativfinanzierungsgesetz gilt seit 1. September 2015 und liefert einen längst überfälligen Rechtsrahmen für die Kapitalmarktfinanzierung von KMU. Crowdinvestments, bei denen die Investoren Geld gegen Zinsen verleihen, gelten – anders als Bankdarlehen – als nachrangig und sind im Insolvenzfall Teil der Konkursmasse. Als alternative Finanzierungsinstrumente im Sinne des Gesetzes gelten Aktien, Anleihen, Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, Genussrechte, stille Beteiligungen und Nachrangdarlehen. Klassische Darlehen dürfen weiterhin nur von Banken ausgegeben werden. Das Gesetz sieht auch Mindeststandards für die Betreiber von »Crowdfunding-Plattformen« vor. Vom Anwendungsbereich nicht umfasst sind neben den Banken auch die konzessionierten Wertpapieremittenten. Erleichterungen sieht das Gesetz vor allem bei den Anlegerinformationspflichten vor. Bei einem Gesamtinvestment von weniger als 100.000 Euro besteht weder eine Prospektpflicht noch eine Informationspflicht. Alternative Investments werden vom Gesetzgeber – nach Intervention der Arbeiterkammer – inzwischen auf 5.000 Euro jährlich eingeschränkt. Diese Grenze kann nur von professionellen Anlegern (alternative Investmentfonds) und von juristischen Personen überschritten werden. Privatanleger dürfen nur dann mehr als 5.000 Euro alternativ anlegen, wenn sie eine entsprechende Auskunft zu ihrem Einkommen und ihrem Finanzanlagevermögen abgeben. Damit sollen normalverdienende Schwarminvestoren geschützt werden. Aber weil niemand seine Eigentumsverhältnisse offenlegen wird, kommen damit in der Realität Investments über 5.000 Euro praktisch nicht vor. Die Wirtschaftskammer ist grundsätzlich zufrieden mit dem Gesetz. Da viele potentielle Gründer an der Unternehmensfinanzierung scheitern, weil die Bankenregularien hinsichtlich der Bonitätsvoraussetzungen massiv verschärft wurden, will die Kammer Crowdfunding zu einer breiten Kapitalmarktfinanzierung für KMUs ausbauen. Sie fordert daher einen jährlichen Steuerfreibetrag für Privatinvestoren von 20.000 Euro. Sogar dem neuen Bundeskanzler scheint anders als seinem Vorgänger klar zu sein, dass die Bundesregierung weiterhin jedes noch so zarte Konjunkturpflänzchen ersticken wird, wenn sie nicht endlich bessere Rahmenbedingungen für Investoren schafft. Daher darf die Wirtschaft nun erstmals seit vielen Jahren auf echte Investitionserleichterungen – sogar über das Alternativfinanzierungsgesetz hinaus – hoffen.

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Wenn wir die Trendwende nicht schaffen, dann werden diese Großparteien von der Bildfläche verschwinden.. Christian Kern, Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender

Fotos: Johannes Zinner, ÖVP Online

Christian Kern löst Werner Faymann als Kanzler ab und startet einen Versuch, die Koalition zu retten.

Die SPÖ muss sich zwischen Machterhalt und Reformen entscheiden Der erste Auftritt von Christian Kern als SPÖ-Vorsitzender und Bundeskanzler war bemerkenswert. Dass Christian Kern das Statement seiner Antritts-Pressekonferenz nämlich vorab mit seinem ÖVP-Gegenüber Reinhold Mitterlehner akkordiert hatte, zeigt, dass erstmals seit Wolfgang Schüssel wieder ein Manager und Kommunikationsprofi an der Spitze einer österreichischen Bundesregierung steht. Mit seinem Bekenntnis zu einem radikalen Kurswechsel hat Kern auch den Scharfmachern in der Volkspartei den Wind aus den Segeln genommen und gleichzeitig Mitterlehner in dessen Funktion als VP-Chef und Vizekanzler gestärkt. VP-Klubobmann Reinhold Lopatka, der Kern – zwar zu Recht, aber alles andere als im Sinn eines Neubeginns – dessen Versäumnisse als ÖBB-Chef vorgehalten hatte, stand auf einmal in der ÖVP ziem16 /// FAZIT JUNI 2016

lich isoliert da. Gleichzeitig wird ÖVP-Superstar Sebastian Kurz auf eine Warteposition gezwungen, die er erst überwinden kann, wenn die SPÖ in einigen Monaten in den Umfragen zur FPÖ aufgeschlossen haben wird, während die ÖVP weiterhin bei ihren etwa 20 Prozent dahindümpeln wird. Aus strategischer Sicht wäre das für die SPÖ dann der richtige Zeitpunkt, um Neuwahlen vom Zaun zu brechen. Die Chance, dass sich genügend bisherige VP- und Neos-Wähler finden, die einen Bundeskanzler Heinz-Christian Strache verhindern wollen, indem sie eine smart gewordene SPÖ wählen, wäre riesig. Es ist aber auch möglich, dass es Kern tatsächlich ernst mit seinem Reformbekenntnis meint. Irgendwie ruft er als Quereinsteiger ja Erinnerungen an den steirischen Landeshauptmann Franz Voves wach; nicht an den polternden und beleidigten Franz Voves, der zwischen 2000 und 2005 mit seiner teuren Klientelpolitik die Steiermark auf einen katastrophalen budgetären Irrweg geführt hat, sondern an Franz Voves, den Reformpartner, dem es 2010 tatsächlich gelungen ist, das finanzielle Ruder, gemeinsam mit seinem VP-Gegenüber Hermann Schützenhöfer, herumzureißen. Wenn es Kern also tatsächlich um Investitionen und Arbeitsplätze, Bildungschancen, Integration und die Modernisierung Österreichs und nicht um den bloßen Machterhalt seiner großen alten Partei geht, hat Österreich vielleicht noch eine Chance, seine europäische Schlussposition bei Wachstum und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit loszuwerden. Zu befürchten ist dennoch, dass der SPÖ – nicht zuletzt durch das politische Schicksal, das Franz Voves nach der letzten Wahl ereilt hat – in-

zwischen klar geworden ist, dass Medien und Wähler zwar Reformen fordern, aber in aller Regel jene abstrafen, die Reformen durchsetzen. Vor diesem Hintergrund ist es daher nur schwer vorstellbar, dass die Regierung tatsächlich bis 2018 durchhält.

Nicht Faymann war, sondern die große Koalition ist das Problem Auslöser für den Wechsel an der SPÖ-Spitze war der erste Durchgang der Bundespräsidentenwahl, bei der die Kandidaten der Regierungsparteien, Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol mit jeweils elf Prozent katastrophal abschnitten. Der Grund dafür liegt, anders als oft interpretiert, nicht in der bescheidenen Performance dieser beiden Kandidaten oder gar im Versagen der Demoskopie, sondern darin, dass weder SPÖ noch ÖVP begreifen, wie sehr die Wähler die Nase voll von ihrer großen Koalition haben, zu der sie auch von den Landeshauptleuten und Sozialpartnern gezwungen werden. Österreich wird seit Jahrzehnten von zwei Parteien beherrscht, die sich auf Dauer aneinandergekettet haben, um das Land unter sich aufzuteilen, obwohl sie eigentlich längst nicht mehr miteinander können. Kürzlich brachte der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy seine Besorgnis über die Situation in Österreich zum Ausdruck und warf SPÖ und ÖVP vor, grundlegendste demokratische Regeln nicht begriffen zu haben. »Wenn es weder eine Rechte noch eine Linke gibt, wenn es keine Debatte mehr gibt, lässt man Extremisten einen riesigen Raum. Das ist ein totales Nicht-Begreifen der demokratischen Regeln…«, so Sarkozy. Was Sarkozy nicht weiß: SPÖ und ÖVP regieren das Land über die Sozialpartner sogar dann, wenn sie ausnahmsweise einmal in der Opposition sind. Denn während der SPÖ-Alleinregierung saß die ÖVP über die Kammern und Interessensvertretungen genauso mit am Tisch, wie die SPÖ zur Zeit der schwarzblauen Koalition. Die Sozialpartnerschaft, die jahrzehntelang als Modell für Wohlstandszuwachs und sozialen Frieden galt,


Politicks

MIT JOHANNES TANDL

ist in Zeiten der Internationalisierung und EU-Integration zum Auslöser von Stillstand und Reformstau geworden. Österreich wird also nicht nur dadurch gebremst, dass sich SPÖ und ÖVP in vielen Bereichen nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen. Ebenso reformhemmend sind jene Bereiche, in denen sich die beiden Parteien zu 100 Prozent einig sind, wo nämlich alles so bleiben soll, wie es ist. Natürlich muss die Regierung trotz dieser Aussichten den neuen Schwung nutzen, um doch noch die eine oder andere Reform auf den Weg zu bringen. Die Hauptaufgabe von Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner wird jedoch darin bestehen, die große Koalition geordnet abzuwickeln und das Land darauf vorzubereiten, dass es völlig normal ist, wenn etwa eine große linke oder rechte Partei mit einer oder zwei kleinen liberalen, rechten oder ebenfalls linken Parteien koaliert. Christian Kern muss seiner Partei verdeutlichen, dass nichts schädlicher ist als die dauerhafte Ausgrenzung der FPÖ und damit eines Drittels der Wähler. Natürlich präsentiert sich die Strache-FPÖ in vielen Fragen heute viel radikaler als unter Jörg Haider oder gar unter Norbert Steger. Aber diese Radikalisierung ist eine unmittelbare Folge der Ausgrenzung. Außerdem haben sich viele ehemalige Wähler von Rot und Schwarz von der Regierung, die sich im Dauerstreit befindet, abgewendet. Dabei ist es die natürlichste Sache der Welt, dass SPÖ und ÖVP entgegengesetzte Standpunkte einnehmen und herzhaft darüber streiten – viel unnatürlicher ist, dass sie trotz dieser Differenzen auf Dauer gemeinsam regieren. Als Folge des Reformstaus sind der SPÖ nicht nur die leistungsorientierten Arbeiter, sondern auch die zahlreichen Wohlstandsverlierer, die sich durch den Wegfall der Hilfsarbeiterjobs spätestens seit der Finanz- und Wirtschaftskrise wirtschaftlich abgehängt fühlen, davongelaufen. Die ÖVP wiederum hat die Bauern und die Unternehmer als Wähler verloren. Selbst wenn Christian Kern und Reinhold Mitter-

lehner ab sofort alles richtig machen und gegen sämtliche Erwartungen etwa eine Bildungs- und Verwaltungsreform auf den Weg bringen, die sich herzeigen lässt, werden SPÖ und ÖVP die nächsten Wahlen nur dann gewinnen können, wenn sie sich dazu bekennen, dass sie auch andere Regierungsformen als Rotschwarz zulassen.

Christian Kern oder der Sieg der SP-Landesparteien gegen die linkslastige Wiener SPÖ? Die Abrechnung des neuen Vorsitzenden der SPÖ mit seinem Vorgänger dem Häupl-Vertrauten Werner Faymann, war brutal. Kern hat außerdem zum Ausdruck gebracht, dass die Asyllinie der Regierung beibehalten wird. Auch das hat der Wiener SPÖ nicht gefallen. Dazu kommt, dass die Wiener nicht durch das politische Schwergewicht Sonja Wehsely, sondern nur durch die ehemalige Bundes- und Gemeinderätin Muna Duzdar in der Bundesregierung vertreten sein werden. All das kann als Signal für die inhaltliche Stärkung einer leistungsorientierten SPÖ-Linie gewertet werden. Kern will anscheinend lieber die Arbeiter zurückgewinnen als weiterhin ausschließlich urbane Schichten zu bedienen. Aufgefallen ist auch, dass sich die SP-Landesorganisationen, mit Ausnahme der burgenländischen, wo sich Landeshauptmann Hans Niessl selbst Chancen auf die Faymann-Nachfolge ausgerechnet haben soll, sehr rasch auf Christian Kern als Bundeskanzler einigen konnten. Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat als einziger auf Gerhard Zeiler gehofft. Den kleinen SP-Landesorganisationen in den Bundesländern ist es gelungen, den bisher starken Mann, Michael Häupl, vor vollendete Tatsachen zu stellen. Als Erster hat sich der steirische LH-Vize, Michael Schickhofer, zu Kern bekannt. In der Folge konnte er sich auch mit seinem Wunsch durchsetzen, seinen Brucker Regierungskollegen Jörg Leichtfried an die Stelle des von Schickhofer weniger geschätzten Steirers Gerald Klug zu hieven. Schickhofer hat sich damit auch innerhalb der stei-

Mit dem Wechsel bei der SPÖ wurde auch VP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner gestärkt, denn ein kurzfristiger Wechsel zu Sebastian Kurz ist dadurch unmöglich geworden. rischen SPÖ freigespielt. Das SP-interne Machtgefüge hat sich offenbar zu Gunsten der Länder verschoben. Und innerhalb der steirischen SPÖ sind ganz klar Michael Schickhofer und Jörg Leichtfried die Gewinner und Gerald Klug, der in den Nationalrat zurückkehren wird, ist der Verlierer. Den frei gewordenen Sitz in der steirischen Landesregierung wird der bisherige Leobner Landtagsabgeordnete Anton Lang übernehmen. FAZIT JUNI 2016 /// 17


Recht haben

Die konzertierte Berichterstattung des ICIJ wurde als »journalistische Sternstunde des 21. Jahrhunderts« bezeichnet. Freilich: War es gerechtfertigt, Einzelne an den Pranger zu stellen, oder nicht? Die Beantwortung dieser Frage hat sich – zumindest in Österreich – nach den Grundsätzen für die sogenannte »Verdachtsberichterstattung« zu richten. Zu prüfen ist in Bezug auf jede Berichterstattung, jeVon Stefan Lausegger den Artikel (gegebenenfalls unter Beachtung notorischer Vorberichterstattung), ob ein Verdacht kolportiert wird, und wenn dies so ist, ob Umstände nachgewiesen werden können, die eine derartige Schlussfolgerung zulassen. Mit anderen Worten: Die Äußerung eines Tatverdachtes, das »Zutrauen« einer Tatbegehung ist nach zutreffender Ansicht wohl Meinungsäußerung und daher von Art 10 EMRK geschützt. Beachtenswert ist (Stichwort: »Politikerjudikatur«), dass bei Personen von gesteigertem öffentlichen Interesse bereits ein »dünnes Tatsachensubstrat« für die Zulässigkeit einer Wertung ausreichen kann. Das heißt zwar nicht, dass Politiker straflos beleidigt werden können, freilich: Wer sich ins Rampenlicht begibt, muss Wertungen und Meinungen aushalten, die nach der Judikatur des EuGH auch schockieren und verletzen dürfen. Wird in Einzelfällen der Bericht so »massiv«, dass für den Leser der einzig denkmögliche Schluss der ist, dass der Inhaber eines Kontos auf den Cayman Islands oder der Isle of Man ein Steuerbetrüger und Schwarzgeldwäscher sein muss, wird der Artikel in der Regel problematisch sein: »Exkulpierend« wäre diesfalls nur mehr der Wahrheitsbeweis für die begangene Straftat. Daran werden viele Journalisten scheitern. Wesentlich ist, dass neben zivil- und strafrechtlichen Ansprüchen gegen den Journalisten/Redakteur auch sogenannte medienrechtliche Entschädigungsansprüche gegen den Medieninhaber, also in der Regel das Medienunternehmen, bestehen können. Wesentlich ist weiters, dass nach § 7b MedienG auch die Unschuldsvermutung geschützt wird, ein in Zeiten wie diesen viel bemühter Begriff. Die ältere Rechtsprechung hat festgehalten, dass die Bezeichnung als »Steuerhinterzieher« bereits als ein Verstoß gegen § 7b MedienG gewertet werden kann. Auch in Fragestellungen oder in Gerüchteform gehaltene Informationsweitergabe ist im Übrigen nicht unproblematisch. Die – wohl rhetorische – Frage in einem Artikel »Sitzt hier einer der großen Drahtzieher?« wurde vom OLG Wien daher bereits vor Jahren als gegendarstellungsfähig eingestuft. Der investigative Journalismus bewegt sich notwendigerweise an der Grenze des rechtlich Zulässigen. Art 10 EMRK gewährt für »Beschränkungen der politischen Rede bzw. für die Diskussionen über Angelegenheiten des öffentlichen Interesses nur wenig Raum«. Freilich: Geht die Berichterstattung in ihrer Intensität über die im Einzelfall gegebene Verdachtslage hinaus, stehen dem Betroffenen umfangreiche Instrumente zur Verfügung, um sich gegen derartige Eingriffe zu wehren. ■

Foto: dklra.at

Dr. Stefan Lausegger ist Rechtsanwalt und Universitätslektor in Graz. Kanzlei Daghofer, Kaufmann & Lausegger, Mariahilferstraße 20, Tel. 0316/7222950, dklra.at

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Foto: Foto Fischer

Der Pranger von Panama

VP-Klubobfrau Barbara Eibinger-Miedl und VPWohnbausprecherin Alexandra Pichler-Jessenko setzen sich mit ihrer Forderung nach Erleichterungen für den geförderten Wohnbau durch.

Weniger Bürokratie im Wohnbau! Durch eine Änderung im Wohnbauförderungsgesetz gleicht der steirische Landtag die Eignungsvoraussetzungen für Bauplätze geförderter Wohnbauprojekte an jene des frei finanzierten Wohnbaus an. Dadurch soll der Bau leistbarer Wohnungen erleichtert werden.

B

ereits 13 solcher Projekte warten landesweit auf Umsetzung. Zahlreiche weitere können nun folgen. „Von der Änderung erwarten wir uns nicht nur mehr leistbaren Wohnraum, vor allem in urbanen Gebieten, sondern auch positive Effekte für die Bauwirtschaft“, ist ÖVP-Klubobfrau Barbara Eibinger-Miedl überzeugt. Nach der bisherigen Regelung konnten geförderte Wohnbauprojekte in Feinstaubsanierungsgebieten wie etwa in Graz-Reininghaus oder Leoben nicht umgesetzt werden, frei finanzierte Bauprojekte hingegen schon. In den Kriterien war bisher festgehalten, dass ein Grundstück nur dann für ein gefördertes Wohnbauprojekt in Frage kommt, wenn „ein zumutbares Ausmaß an Belastung durch Lärm sowie Schadstoffe“ nicht überschritten wird. „Das hat dazu geführt, dass in Feinstaubsanierungsgebieten kein geförderter Wohn-

bau mehr möglich war“, erklärt ÖVP-Wohnbausprecherin Alexandra Pichler-Jessenko. Generell werden Grundstücke aber bereits nach dem Baugesetz hinsichtlich der Eignung als Bauplatz geprüft. Für den frei finanzierten Wohnbau reicht diese Prüfung aus, im geförderten Wohnbau kam es bisher zur Doppelprüfung. Weil es alleine in Graz elf Grundstücke gibt, die laut Baugesetz für den geförderten Geschoßbau nutzbar sind, aufgrund des Wohnbauförderungsgesetzes aber derzeit nicht bebaut werden können, sahen Eibinger-Miedl und Pichler-Jessenko den dringenden Bedarf, das Wohnbauförderungsgesetz zu reformieren, denn aufgrund des Zuzugs in urbane Räume seien weitere geförderte Wohneinheiten dringend erforderlich. Der Gesetzesantrag wurde mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und KPÖ beschlossen, FPÖ und Grüne waren dagegen.


Wirtschaft

Anzeige Foto: ABB

Der YuMi von ABB ist die Roboter-Vision der Zukunft und wird die Kooperation von Mensch und Maschine nachhaltig verändern.

Digitalisierung im Rampenlicht In einer vernetzten Welt ist die Digitalisierung aller Bereiche der entscheidende Schlüssel zum Erfolg. Dass die Steiermark hier eine Vorreiterrolle einnimmt, hat sie schon vielfach bewiesen. urch die enge Zusammenarbeit auf diesem Schlüsselgebiet wachsen in vielen Bereichen digitale und analoge Themen immer stärker zusammen. Nur eines von vielen Beispielen: Um das Potenzial von Holz in der virtuellen Fahrzeugentwicklung nutzen zu können, muss auch dieser geniale Werkstoff digital abbildbar sein. Erst dann lassen sich entsprechende Berechnungen anstellen.

Auf dem Weg zur innovativsten Region Forschung und Entwicklung in diesem Bereich sind wettbewerbsentscheidend. Das Wirtschaftsressort des Landes Steiermark hat es sich zum Ziel gesetzt, die regionale F&E-Quote bis 2020 auf fünf Prozent zu steigern und die Steiermark so zur innovativsten Region in Europa zu machen. Damit die steirischen Firmen ihren Vorsprung ausbauen können, steht der 4. Zukunftstag der steirischen Wirtschaft ganz im Zeichen digitaler Prozesse. Digitalisierung und Vernetzung Neben inspirierenden Vorträgen sind interdisziplinäre Cluster-Sessions mit Work-

shop-Charakter ein Herzstück von »D1G1T0TAL«. Sie eröffnen neue Potenziale durch Synergie und Vernetzung und zeigen eindrücklich, dass die Digitalisierung mittlerweile alle Lebensbereiche erfasst hat. Unterschiedliche Themen wie digitalisierte Maschinen und Anlagen, Vernetzung vor der Vernetzung, Potenziale virtueller Entwicklung im (Holz-) Fahrzeug, Lebensqualität, Unabhängigkeit und Komfort, digitalisierte Patientendaten oder Cyber Security werden hier beleuchtet. Zusätzlich finden sich hier auch die beiden Highlights rund um Qualifizierung und Finanzierung. Mit »KN0W 1T« – Erfolgsgeschichten der Zukunft sowie »F1NTECH« und »1NVEST0REN« werden die wichtigen Themen für jedes Unternehmen abgedeckt. Hochkarätige Gäste Darüber hinaus können Besucherinnen und Besucher in einem eigens eingerichteten Zukunftslabor mit spannenden Showcases den ganzen Nachmittag über die Innovationsführerschaft der heimischen Unternehmen hautnah erleben. Insgesamt ist der Tag hochkarätig besetzt.

Hödl (Chief Scientific Officer bei Watchdogs) und Stefanie Lindsteadt (Managing Director des Know-Center) schafft eine gelungene Verbindung aus Wirtschaft, Recht und Technik. Der Zukunftstag bietet auch in diesem Jahr wieder die beste Gelegenheit, zukunftsträchtige Kontakte in einer der innovativsten Regionen Europas zu knüpfen. Foto: Infonova/Foto Furgler

D

Gerhard Greiner, Senior Vice President Digital Innovation bei Infonova EU-Kommissar Günther Oettinger, Deutschlands innovativster Trendforscher Sven Gábor Jánszky oder der Co-Geschäftsführer des Red Bull Media House, Andreas Gall, warten am Vormittag im Plenum. Die abschließende Diskussion am Nachmittag mit Gerhard Greiner (Partner BearingPoint und SVP Business Innovation Infonova), Elisabeth

Mehr Informationen zu den Programmpunkten und Anmeldung unter: sfg.at/zukunftstag Eine Veranstaltung der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG in Kooperation mit den steirischen Clustern und Netzwerken, dem Internationalisierungscenter Steiermark, der Industriellenvereinigung Steiermark und Infonova.

FAZIT JUNI 2016 /// 19


25 Jahre Steirischer Familienpass

Lobende Bilanz für Landessportkoordinatoren

Obwohl äußerlich nur eine kleine Plastikkarte, ist der „Zwei-undmehr“ Steirische Familienpass eine große Nummer – ein vielseitiges und attraktives Angebot für Eltern und Großeltern mit exklusiven Ermäßigungen in den Bereichen Freizeit, Sport, Kultur und Bildung über die Bundesländergrenzen hinaus sowie mit speziellen Familienermäßigungen im Verkehrsverbund Steiermark. Und das kostenlos – nun schon seit 25 Jahren! Bei der Feier zu diesem Anlass am 25. April mit dabei waren Alexandra Nagl (FA Gesellschaft, Land Steiermark), Friedrich Poschauko (Nutzer des Familienpasses der ersten Stunde), Familienpassinhaberin Katharina Brugger mit Sohn Benjamin und Soziallandesrätin Ursula Lackner.

Die Bilanz der Landessportkoordinatoren Dietmar Peißl (Handball), Florian Stöckl (Volleyball), Gernot Schwab (Rodel), Michael Böhm (Leichtathletik) und Egon Hierzegger (Ski) präsentierte Sportlandesrat Jörg Leichtfried am 28. April. Ihre Tätigkeit umfasst die Entwicklung neuer Vereine, die Verbesserung der Arbeit in den Schulen, die Organisation von diversen Veranstaltungen sowie die Mitarbeit an Projekten des Fachverbandes. „Es ist wichtig, vor allem Kinder und Jugendliche zum Sport zu bringen, den in diesem Alter wird die Basis für spätere Erfolge im Spitzensport gelegt. Hier leisten die Koordinatoren in den Sportarten eine hervorragende Arbeit“, streute der Landesrat Rosen.

Windenergiepionier W.E.B wächst weiter

„2015 war das bisher beste Jahr unserer Unternehmensgeschichte“, eröffnete Vorstandschef Frank Dumeier die Bilanz-PK des österreichischen Windkraftpioniers WEB Windenergie AG (W.E.B). „Der Trend zur sauberen, klimaneutralen Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern hält ungebrochen an.“ Damit setzt die W.E.B ihren Wachstumskurs wie geplant weiter fort und der Ausbau des Kraftwerkparks des Unternehmens schreitet konsequent voran. Derzeit laufen 15 Projekte in Österreich, Deutschland, Frankreich, Kanada und den USA. Sie sollen die Zahl der Anlagen von derzeit 219 auf 265 sowie die installierte Kraftwerksleistung von derzeit 338 MW auf 426 MW steigern.

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Fotos: Land Steiermark,

Kurz & News


Foto: Foto Fischer

Kurz im Gespräch mit

Foto: Blendpunkt

Sabine Wendlinger-Slanina Obfrau der WKO Regionalstelle Graz

Der Freiheitsplatz erstrahlte im bläulichen Licht von Monolithen mit wirbelnden weißen Federn.

Das war das „Klanglicht 2016“

I

n der Nacht des 30. April hat „Klanglicht“, eine Veranstaltung der Theaterholding Graz / Steiermark, die Grazer Innenstadt in strahlendes Licht getaucht und tausende Menschen, die zwischen den drei Standorten – dem Freiheitsplatz vor dem Schauspielhaus, dem Lichtschwert vor dem Next Liberty und dem Kaiser-Josef-Platz gegenüber der Oper Graz – flaniert sind, in Staunen versetzt. Njörd – Spirit of the Wind, ein Spiel aus Licht und Schatten, verwandelte den Freiheitsplatz zur Bühne des französischen Künstlerkollektivs WeComeInPeace, die in drei Meter hohen Monolithen weiße Federn durch die Lüfte wirbeln ließen. Textsplitter der kommenden Theatersaison ergänzten die poetische Installation. Die Lichtpuppe Dundu begleitete die Besucher zur nächsten Installation. Das Lichtschwert, Namensgeber des Jugendtheaters Next Liberty, wurde im Rahmen der von Tamara Friebel kompo-

nierten Sound-Oper „I, Libertas, hold you, little earth“ in strahlende Farben getaucht und entführte auf eine Reise, begleitet von Klängen und Bildern. Die Fassade der Oper Graz verwandelte sich auf Seite des Kaiser-Josef-Platzes in eine überdimensionale Leinwand, bespielt von den Grazer Film- und Projektionskünstlern OchoReSotto. Ihr Arkestra of Light lud zu einem Seh- und Hörerlebnis und war von einem Live-Auftritt der Jazzgröße David Jarh begleitet. Was bleibt, sind wunderbare Erinnerungen an das Staunen über die Bilder und den Klang sowie die Vorfreude auf das nächste Jahr. „2017 soll Klanglicht auf das Joanneumsviertel ausgeweitet werden, um dieses in Szene zu setzen“, betont Bernhard Rinner, Geschäftsführer der Theaterholding: „Wir tragen die Kunst unserer Häuser hinaus in den öffentlichen Raum, um Menschen zum Staunen zu bringen – das ist Klanglicht!“

Die Wachstumsdynamik von Graz ist hoch, wo liegen die Chancen und Herausforderungen für die Grazer Wirtschaft? Die größte Stärke und damit auch Chance sehen wir nach wie vor im Bereich Bildung: Der Jugend stehen mit den unterschiedlichsten Schulen und Universitäten alle Wege offen. Für eine positive Wirtschaftsentwicklung ist diese breite Basis an Humankapital sehr bedeutend. Eine Herausforderung in Graz, wie in ganz Österreich, sind die zunehmende Bürokratie und die vielen Auflagen, die Unternehmen einhalten müssen. Welche Erwartungen haben Sie an die Politik bezüglich einer Verbesserung des Standorts? Graz muss auch in Zukunft Flächen für gewerbliche Nutzungen bereitstellen, damit neue Betriebsansiedelungen möglich bleiben. Dazu sollte das internationale Standortmarketing für Graz ausgebaut werden, um die Stärken und Vorteile des Wirtschaftsraums bekannter zu machen.

Die Einkaufsflächen pro Bewohner sind in Graz hoch, gibt es im Handel eine Übersättigung? Graz wächst jedes Jahr um mehr als 5.000 Menschen, die neuen Bewohner sind natürlich auch neues Potenzial für den Handel. In Zeiten des zunehmenden Onlinehandels gibt es aber natürlich große Herausforderungen für die Sparte: Wir müssen versuchen, gemeinsam die Wertschöpfung in der Region zu halten und den stationären Handel stärken. Der Mitbewerb ist heute nicht mehr im Nachbargeschäft oder im Umland, sondern im Internet. FAZIT JUNI 2016 /// 21


Graz hat’s

Kindersicherheit fest im Griff

Bühnenbild und Kostüme aus Graz für Mörbisch

Wie jedes Jahr veranstaltete die Vereinigung Österreichischer Länderversicherer (VÖL) rund um den Florianitag am 4. Mai den „Tag der Sicherheit“, der in der Steiermark von der Grazer Wechselseitigen Versicherung AG begleitet wird. In diesem Jahr war das Thema „Kindersicherheit“. Pro Jahr verletzen sich in Österreich rund 166.000 Kinder so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. „Fensterstürze sind zwar relativ selten, gehen aber dafür umso öfter mit schweren oder gar tödlichen Verletzungen einher“, weiß Univ.-Prof. Dr. Holger Till, Vorstand der Grazer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie und Präsident vom Verein „Große schützen Kleine“.

Der Sommer naht und damit die Festspielzeit. Nach mehr als 40 Jahren Pause bringt Intendantin Dagmar Schellenberger „Viktoria und ihr Husar“ wieder auf der Seebühne in Mörbisch. Die „Meister hinter den Kulissen“ von „art + event | Theaterservice Graz“ produzierten das Bühnenbild und die Kostüme dieser raren Perle der glamourösen Revue-Operette. Das Unternehmen wurde als Generalunternehmer mit der Produktion des überdimensionalen Bühnenbildes und der einzigartigen Kostüme beauftragt. Dabei werden etwa 3.500 m2 Dreischichtplatten, 500 kg Farbe, 40 Tonnen Stahl, 2.150 Meter Stoff und tausende Knöpfe, Borten, Perlen etc. zu Bühnenbild und Kostümen nach Entwürfen von Christian Floeren verarbeitet

Von 28. April bis 2. Mai ging die diesjährige Grazer Frühjahrsmesse über die Bühne: Über 450 Aussteller aus 15 Nationen zeigten frische Trends der kommenden Saison. Besonderen Anklang fanden beeindruckende Garten- und Blumen-Arrangements, der Themenschwerpunkt „Baby & Kind“ sowie die Sonderausstellung „Wunderwelt Bienen“. Zahlreiche Schulklassen nutzten diese für einen Messebesuch und erlebten die tägliche Reise der Bienen von Blüte zu Blüte u. a. eindrucksvoll im Bienenkino oder am Bienenlehrpfad. Der größte Vergnügungspark der Steiermark sorgte sechs Tage lang für Freudenschreie. Am letzten Messetag ließ sich abschätzen, dass rund 40.000 Besucher das Messehighlight frequentiert haben.

Das Generalthema der am 18. und 19. Mai 2016 im designforum Steiermark veranstalteten Lecture Days der FH Joanneum, u. a. mit Ulrich Weinberg, School of Design Thinking in Potsdam, lautete in diesem Jahr „Design and the real world“ und stammt von Studiengangsleiter Josef Gründler. Warum es dazu kam? Weil man auf die Welt, wie sie derzeit tickt, mit all ihren gesellschaftlichen Umbrüchen, einfach reagieren und Studierende auf die „echte Welt“ vorbereiten muss. Inspiriert ist der Titel von dem Klassiker „Design for the real world“ von Vordenker Victor Papanek, der sich in den 1970er Jahren mit Themen beschäftigt hat, die wieder an Aktualität gewinnen: Open Source, Social Design, Social Media.

Am 11. Mai wurde interessierten Journalisten bei einer Presseführung ein Einblick in die moderne Infrastruktur der neuen Grazer Sportwelt ermöglicht, die einer breiteren Öffentlichkeit bekannt werden soll. Wiki-Obmann Bernhard Ederer, Wiki-GF Harry Kühschweiger, Architekt Andreas Gratl und Wiki-Sportzentrum-Leiterin Gudrun Posedu erzählten spannende Details zur Idee und Umsetzung des Projektes. Bernhard Ederer: „Wir wollen mit unserem neuen Sportzentrum Menschen jeden Alters ansprechen. Wiki stellt die Infrastruktur allen Sportbegeisterten, Vereinen, oder Schulen zur Verfügung, wird ein eigenes Sportangebot anbieten und auch Platz für externe und interne Veranstaltungen einräumen.“

Die Bezirksgruppen Puntigam, Straßgang und Wetzelsdorf des Wirtschaftsbundes Graz luden am 11. Mai 2016 zum Business-Frühstück und Impulsvortrag im American Roadhouse in der Puchstraße. Im Mittelpunkt standen schon fast traditionell das persönliche Gespräch und das Networking mit Unternehmerkollegen und -kolleginnen aus den Bezirken. Dabei fanden die rund 40 Teilnehmer Gelegenheit, ihre Anliegen, Vorschläge und Kritik zur Grazer Wirtschafts- und Standortpolitik im legeren Rahmen zu besprechen. Im Anschluss wurde dem Publikum von Rechtsanwalt Dr. Christoph Scala ein interessanter Impulsvortrag zum aktuellen Thema Lohnund Sozialdumping sowie zur Betrugsbekämpfung geboten.

Grazer Frühjahrsmesse läutete Wonnemonat ein

Presseführung durch das neue Wiki-Sportzentrum

22 /// FAZIT JUNI 2016

Designer-Größen bei FH Joanneum Lecture Days

WB-Business-Frühstück im American Roadhouse


Anzeige Foto: Foto Fischer Fotos: Jürgen Fechter, Klinikum Graz, Seefestspiele Mörbisch/Jerzy Bin, mcg / Kanizaj, Wiki, HPI School of Design Thinking, WB Graz, www.grazerhochzeitstage.at, Steiermark Tourismus / Bernhard Loder, sense eleven

„Grazer Hochzeitstage“ – Heiraten mit Stil Bei den Grazer Hochzeitstagen am 24. und 25. September dreht sich alles um das Thema Hochzeit. Zahlreiche Aussteller präsentieren den Brautpaaren von morgen alles, was zum Heiraten dazugehört, angefangen von Brautmode, Schmuck über Fotografie und Floristik bis hin zu Gastronomie und Catering – und wo könnte dieses ambitionierte Vorhaben besser gelingen als im stilvollen Ambiente der Alten Universität Graz in der Innenstadt? Organisiert wird die Veranstaltung, für die sich bereits viele hochkarätige Unternehmen und Geschäfte angemeldet haben, von der Hochzeitsplanerin Sandra Leitner. Wer noch als Aussteller dabei sein möchte, findet alle Infos unter www.grazerhochzeitstage.at

Meistbesuchte Sehenswürdigkeiten der Steiermark

Nach den Erhebungen von Steiermark Tourismus sind die meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Steiermark der Grazer Schloßberg, das Universalmuseum Joanneum, die Zotter Schokoladen Manufaktur bei Riegersburg, der Dachstein sowie der Red Bull Ring in Spielberg. „Die Auswahl von Naturdestinationen, einem breiten kulturellen Angebot und kulinarischen Zielen ist enorm, sodass die Steirer und unsere Gäste aus dem Vollen schöpfen können“, erklärt Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann. „448 Ausflugsziele haben wir auf unserer Website steiermark.com aufbereitet, die sich für wunderschöne Tagesausflüge im Grünen Herzen eignen“, ergänzt Erich Neuhold, GF von Steiermark Tourismus.

Grawe-Bilanz 2015 mit satten Zuwächsen

Die Grawe-Versicherung legte im Mai ihre Bilanz für das Geschäftsjahr 2015 vor. Die Grawe Group erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2015 einen Gewinn vor Steuern (EGT) von 115,3 Mio. Euro, was einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 60,1 Prozent entspricht. Der Großteil dieses Zuwachses stammt aus dem Bankensektor, aber auch Versicherungen und Immobilien konnten wieder einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Ergebnisses der GRAWE Group beitragen. Auch die verrechneten Prämien der Grawe Group nahmen um 1,6 Prozent zu und erreichten einen Wert von 794,1 Mio. Euro. Rund 35 Prozent der gesamten Prämieneinnahmen erwirtschafteten die Grawe-Versicherungstochtergesellschaften in Zentral- und Südosteuropa.

(v.l.n.r.) Über die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Graz diskutierten Viktor Larissegger, Nikolaus Lallitsch, Siegfried Nagl, Sabine Wendlinger-Slanina, Werner Aschenbrenner, Bertram Werle und Bernhard Inninger.

Graz wächst – Chancen und Herausforderungen für unseren Wirtschaftsstandort Rund 130 interessierte Unternehmerinnen und Unternehmer folgten am 26. April der Einladung der WKO Regionalstelle Graz zur After Business Lounge in den Europasaal der Wirtschaftskammer Steiermark, um gemeinsam mit Bürgermeister Siegfried Nagl über die Zukunft der Stadt zu sprechen.

S

abine Wendlinger-Slanina, Obfrau der WKO Regionalstelle Graz, zitierte in ihrem Referat Fakten aus der aktuellen WKO-Standortstudie: Zu Stärkung des Wirtschaftsstandortes müsse es ein vordringliches Ziel sein, Graz noch internationaler aufzustellen. Dafür sei es wichtig, auch in Zukunft »Flächen für gewerbliche und industrielle Nutzung freizuhalten«. Bürgermeister Siegfried Nagl präsentierte Vorhaben und Visionen der Stadtplanung für ein zukunftsfittes Graz: »In Reininghaus und bei der Smart City im Bereich Eggenberg wachsen bereits die ersten Bauwerke. Die beiden neuen Stadtteile im Westen ergänzen als moderne urbane Zentren zum gewachsenen Altstadtkern das Gesamtbild der Stadt.« Stadtentwicklung und Wirtschaft Am Podium diskutierten im Anschluss daran WKO-Regionalstellenobfrau Sabine

Wendlinger-Slanina, Stadtbaudirektor Bertram Werle, Bernhard Inninger, Leiter des Stadtplanungsamts, Raiffeisen-Immobilien-GF Nikolaus Lallitsch und der Vorsitzende der »Jungen Wirtschaft«, Werner Aschenbrenner, über die weitere Entwicklung von Graz und beantworteten dabei auch konkrete Fragen aus dem Publikum. Das positive Fazit, das viele an diesem Abend aus der Veranstaltung mitnahmen: Graz ist eine äußerst lebenswerte Stadt mit vielen Stärken. Auch wenn die Wirtschaft mit der einen oder anderen Hürde zu kämpfen hat und es in Zukunft auch neue Herausforderungen geben wird: Die Stadt Graz und deren Unternehmerinnen und Unternehmer wollen die Stärken und Chancen nutzen und damit den Wohlstand und die Lebensqualität erhalten.

FAZIT JUNI 2016 /// 23


Fazitgespräch Von Josef Schiffer und Peter K. Wagner Fotos: Marija Kanizaj

Manager mit Kultur

24 /// Fazit Juni 2016


Kulturmanager Bernhard Rinner über Rampenlicht, enge Budgets, volle Häuser und große Ziele für die Grazer Kulturszene.



Fazitgespräch

Direkt neben dem Grazer Gasthaus Brandhof gelangt man über den Durchgang zu einem imposanten Gebäude mit Fenstern von gar langem, aber wenig breitem Format. Auch eine Tischlerei und ein Malraum waren hier früher einmal untergebracht. Alles Stätten, in denen vor der Übersiedelung nach Messendorf einst Bühnenbilder für die Oper gebaut wurden. Die Türen mit dem unüblichen Format hatten genau die richtige Größe, um die Bühnenbilder aus diesem Haus in Richtung Oper und retour bringen zu können.

Mittlerweile wird in den alten Handwerksräumlichkeiten geprobt. Ganz oben wurde der Dachboden ausgebaut und dort entstand auch das Büro der Theaterholding. Die Organisation verwaltet neben dem Schauspielhaus, der Oper und dem »Next Liberty« auch die Grazer Spielstätten – Dom im Berg, Kasematten, Orpheum – sowie das Theaterservice Graz und den Ticketverkauf. Der Geschäftsführer der Grazer Theaterholding ist Bernhard Rinner, der ehemalige Landesgeschäftsführer der Steirischen Volkspartei. Wenn frühere Politiker in Posten wie diesen wechseln, liegt der Schluss nahe, dass hier jemand in einen überbezahlten Versorgungsposten gehievt wurde. Rinner nahm sich eine Stunde Zeit, um Fazit vom Gegenteil zu überzeugen. Erfolgreich.

Fazit Juni 2016 /// 27


Fazitgespräch

In Zeiten, in denen überlegt wird, Spitäler in den Regionen zu schließen, kann man dem Kulturpolitiker nicht erklären, man brauche noch mehr Geld. Bernhard Rinner

Herr Rinner, als Sie vor fast zweieinhalb Jahren Geschäftsführer der Theaterholding geworden sind, meinten Sie, Sie werden sich nicht mehr politisch äußern. Bleibt das so? Ja, das gilt nach wie vor. Ich habe keine Ambitionen, einen Muppet vom Balkon zu spielen. Es gibt genügend Leute, die im Nachhinein alles besser wissen.

Sie haben eine lange politische Karriere hinter sich. Vermissen Sie etwas? Nein. Ich habe hier eine tolle und fordernde Aufgabe. Ich bin für ein Riesenunternehmen mit 635 Mitarbeitern verantwortlich, das ich strategisch und wirtschaftlich zu führen habe und das mich vor so vielfältige Herausforderungen stellt, dass ich gar nicht zum Nachdenken komme. War die Politik ein guter Lernprozess für die heutige Position? Auf jeden Fall. Ich habe gewisse Vorgänge des Landes Steiermark und der Stadt Graz mit meinem Vorwissen ganz anders beurteilen können. Damit habe ich auch einen Zugang, um meine Intendanten in vielen Situationen aufklären zu können, wie in der Politik Entscheidungsprozesse laufen. Die Tätigkeit in der Politik ist im Grunde genommen genau das richtige Rüstzeug für so eine Funktion. Im Übrigen war das ein Grund, warum sich die Zentralbetriebsratsvorsitzende bei meinem Hearing besonders für mich stark gemacht hat.

Sie sprechen damit sicher auch von der traditionell schwierigen budgetären Lage in der Kunst und Kultur. Ja. In Zeiten, in denen überlegt wird, Spitäler in den Regionen zu schließen, kann man dem Kulturpolitiker nicht erklären, man brauche noch mehr Geld. Da gibt es eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler und die kann ich den Künstlern auch erklären. Sind die Unterschiede zwischen Ihrer Zeit als Politiker und Kulturmanager vielleicht gar nicht so groß, wie man annehmen könnte?

28 /// FAZIT JUNI 2016

Es gibt einen großen Unterschied und dieser bezieht sich auf die psychische Belastung. Die ist in der Politik mit nichts zu vergleichen. Meine Frau hat immer gesagt: »Du bist physisch anwesend, aber psychisch bist du ganz woanders.« Man ist in der Politik zu jedem Zeitpunkt nach Zeitungen, Medien und Auftritten sowie aktuellen Geschehnissen getaktet. Im Kulturmanagement ist man wesentlich selbstbestimmter.

Sie stehen jetzt auch weniger im Rampenlicht. Ja. Aber es gibt einen Vergleich, den manche nicht so gerne hören. Politik findet ohne Öffentlichkeit nicht statt, aber Kunst und Kultur finden ohne Öffentlichkeit in den Köpfen der Menschen ebenfalls nicht statt. Denn natürlich haben auch Kunst und Kultur den Anspruch, die Menschen zu freuen, zu irritieren, Standpunkte zu erläutern und Geschichten zu erzählen. Und manchmal ist das in der Politik nicht anders.

Wollten Sie schon während Ihrer Zeit als Politiker eigentlich dorthin, wo Sie jetzt sind? Ich gehe ein Stück nach vor. Ich habe nie angestrebt, Landesgeschäftsführer und Abgeordneter der ÖVP zu werden. Dafür wird man gerufen. Ich habe das aber mit und für Hermann Schützenhöfer sehr gerne gemacht. Dann wiederum war es allerdings eine sehr bewusste Entscheidung, wieder aus der Politik rauszugehen. Ich habe oft erzählt, dass es nicht einfach ist, aus der Politik auszuscheiden. Viele haben am Anfang meiner Tätigkeit bei der Theaterholding gesagt, ich habe mir als Politiker meine Glaubwürdigkeit für die Kunst und Kultur erhalten, deshalb spräche nichts dagegen. Für die Stelle des KAGes-Geschäftsführers oder des Vorstandsdirektors der Energie Steiermark hätte ich mich nicht beworben. Ich habe schon gewusst, wo ich hingehöre. Meine bisherige Laufbahn und meine Ausbildung haben zu dieser Stelle gepasst, sonst würde ich hier nicht sitzen. Es war dann auch eine sehr persönliche Entscheidung, an den Parteiobmann heranzutreten und ihm mitzuteilen, dass ich mich hier gerne bewerben würde.



Fazitgespräch Weil Sie Ihre Laufbahn ansprechen: Sie waren zwischen 2004 und 2007 Geschäftsführer der Kulturservice-Gesellschaft »Instyria«. Wofür war die gut? Die Gesellschaft wurde nach »Graz 2003« aus dem Boden gestampft und machte Kulturmarketing für den Standort Steiermark, um unser Bundesland verstärkt als Kulturdestination im Fokus zu halten. In dieser Funktion habe ich aber für einige Irritationen und neue Projekte gesorgt (siehe Infobox).

»Instyria« bestand noch bis ins Vorjahr, aber mit weitaus geringerem Budget. Warum wurde sie aufgelöst? Ich kann den Argumenten Christian Buchmanns folgen, warum man die Gesellschaft nicht mehr finanzieren wollte. Leider wurde sie in der Wahrnehmung immer etwas unter ihrem Wert geschlagen. Ich persönlich hätte es nicht für notwendig gehalten, sie aufzulösen, aber das ist eine politische Entscheidung, die der Landesrat getroffen hat. Die Aufgaben der Politik und der Kulturbereich führen zum leidigen Thema der Budgetkürzungen seitens der öffentlichen Hand. Sollte man als Theaterholding nicht mehr für die Kleinen übrig lassen? Immerhin erhält die Theaterholding rund ein Drittel des Kulturbudgets des Landes Steiermark. Liebe Grüße an die Kleineren. Wir werden im Zeitraum von 2011 bis 2017 Rück-Geldflüsse in der Höhe von insgesamt 15,6 Millionen Euro an die freie Szene ermöglicht haben, indem wir diese Mittel für das Landes- und Stadtbudget freigegeben haben. Ich glaube nicht, dass es eine weitere Institution unserer Größe gibt,

www.jaguar-landrover-graz.com


Fazitgespräch

Unter dem Mantel der Theaterholding verwalten Sie die Oper, das Schauspielhaus und das Next Liberty, aber auch die Kasematten, den Dom im Berg und das Orpheum. Wir nehmen an, auch das ergibt Synergieeffekte und Einsparungspotenzial. Natürlich. Es wurde mit meiner Bestellung 2014 auch ein Geschäftsführer eingespart, außerdem habe ich für meine Person im Vergleich zu meinem Vorgänger auf etwas Geld verzichten müssen.

Nun ist das Spektrum, das die Theaterholding abdeckt, sehr groß. Wie schaffen Sie den Spagat, alle Bereiche zu bedienen? Unter anderem dadurch, dass ich mich manchmal umziehen muss, um Orpheum-like gekleidet zu sein für Fotos. (lacht) Nein, ganz im Ernst. Ob ich es schaffe, müssen andere beurteilen, aber mir macht es wahnsinnig Spaß, von Paul Pizzera bis zum Ballett und von Bilderbuch bis zu Horváths »Kasimir und Karoline« im Schauspielhaus ein reichhaltiges Programm anbieten zu können. Man hat mehrere Rollen und zusammen mit meinem Team stemmen wir auch Genres, die nicht zu dem Genre zählen, aus dem ich eigentlich komme. Aber beim Bilderbuchkonzert sind Sie nicht live mit dabei, oder?

Doch. Erste Reihe fußfrei. Auch bei Calexico, Pizzera oder Maschek. Wir machen auf den Kasematten und im Dom im Berg heuer im August ein Metal-Festival, weil ich weiß, dass es dafür bei uns ein großes Publikum gibt, und wir haben auch schon über 900 Tickets verkauft [Anmerkung: inzwischen ausverkauft]. Man muss sich natürlich in der ganzen Bandbreite informieren und auf dem Laufenden halten, weil es kein Geheimnis ist, dass ich im klassischen Bereich groß geworden bin.

Wir haben gelesen, dass Sie in der frühen Kindheit erkannt haben, eine gute Knabensopranstimme zu haben und Ihre Begeisterung fürs Singen entdeckt haben. Ja, das stimmt. Ich habe mit 17 Jahren sogar begonnen, Gesang zu studieren und habe nebst meinem Jus-Studium auf der Musikuniversität vorgesungen, weil ich meine Gesangsausbildung weiterführen wollte. Mir wurde gesagt, dass ich schon eine gute Stimme hätte, aber ich wurde auch gefragt, was ich denn sonst noch mache. Ich studiere Jus, entgegnete ich, woraufhin der Gesangslehrer meinte: »Werden’s a guata Anwalt.« Da bin ich fast unter Tränen rausgegangen, aber gleichzeitig muss man sagen, dass viele Künstlerkarrieren auf ihrem Weg nicht das Glück haben, dass man ihnen auf ihrem Weg sagt: »Pass auf, du wirst kein Placido Domingo.« Das anzunehmen, ist schwierig, aber ich bin heute zwar weder Sänger noch Rechtsanwalt geworden und dennoch mit meiner Biographie mehr als zufrieden. Wie haben Sie überhaupt zur klassischen Musik gefunden? Ich hatte vor allem eine Großmutter, die mit mir ab dem dritten

So geht steirisch ... In der Steiermark wird Brauchtum gepflegt und Innovation gelebt. Ob Hackbrett oder Tablet – die steirische Lebensart vereint alle Generationen. Einfach #traditionellmodern.

www.volkskultur.steiermark.at | www.heimatwerk.steiermark.at

Entgeltliche Einschaltung des Landes Steiermark. Foto: Erwin Scheriau

die Ähnliches leistet. Wir haben immerhin 635 Mitarbeiter und einen Künstleranteil von 47 Prozent. Jeder Cent weniger an uns, den von der Szene behaupteten großen Tanker, ist auch weniger Geld für die Anstellung eines Balletttänzers, einer Musikerin im Orchestergraben oder von Schauspielern.


Fazitgespräch

Rinners Projekte Bernhard Rinner blickt auf eine Vielzahl von Projekten zurück. Bei »Instyria« wurde er zum Erfinder des Philosophikums »Geist & Gegenwart« sowie der Steiermarkausgabe des »Falter«. Er irritierte die etablierte klassische Musikszene, als er die Steiermark zur »No-Mozart-Zone« erklärte. Als Parteigeschäftsführer startete er den »DiensTalk« am Karmeliterplatz und das »Modell:Zukunft:Steiermark«. Zuletzt zeichnete er in seiner Funktion als Geschäftsführer der Theaterholding für die Donnerstag-Pop-Reihe im Orpheum mit dem Kurz-Titel »DoPop« ebenso verantwortlich wie für den Kunstevent »Klanglicht«.

Bernhard Rinner wurde am 8. Februar 1970 in Graz

geboren. Nach seinem Rechtsstudium wurde er 1997 po-

litischer Sekretär des damaligen Landesrates Hermann Schützenhöfer. Zwischen 2004 und 2007 bekleidete er

das Amt des Geschäftsführers in der Kulturservice-Ge-

sellschaft »Instyria«, ehe er 2007 zum Landesgeschäfts-

führer der Steirischen Volkspartei aufstieg und ab 2010 auch als Abgeordneter im Steiermärkischen Landtag saß. Seit Anfang 2014 ist er Geschäftsführer der Theaterholding Graz. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

32 /// Fazit Juni 2016


Fazitgespräch

Ich habe keine Ambitionen, einen Muppet vom Balkon zu spielen. Bernhard Rinner

Lebensjahr gesungen hat und die eine wunderschöne Sopranstimme hatte. Das haben die Eltern unterstützt mit Musik- und Gitarrenunterricht und ich habe es sehr gerne gemocht. Es wurde nicht gefordert, aber ich wurde gefördert und das war sehr schön. Ich bin außerdem quasi an der Grazer Oper mit Schüler- und Studentenkarten aufgewachsen. Ich war daneben auch für fünf Jahre als Billeteur bei den Salzburger Festspielen tätig. Als ich unlängst für ein paar Monate interimistisch die Intendanz der Oper übernahm, habe ich mich dann auch zuallererst vor die Billeteure gestellt, ihnen davon erzählt und gemeint: »Ihr habt noch einen großen Weg vor euch.«

Vor kurzem war wieder das »Klanglicht« in Graz zu sehen. Eine Veranstaltung, die sich – wie Sie einmal sagten – »als eine poetische Einladung in unsere Häuser« versteht. Braucht es diese Einladung? Ich habe gerade eine Studie vorliegen, die uns klar macht, dass wir derzeit vor einer vollkommenen Zertrümmerung der Publikumsstrukturen und der bürgerlichen Mitte stehen. Das Publikum der Gegenwart und Zukunft teilt sich in mehrere ganz unterschiedliche soziologische Strukturen auf. Man kann etwa nicht mehr davon ausgehen, dass es zum guten Ton gewisser Schichten gehört, ein Abo in der Oper und im Schauspielhaus zu haben. Die Häuser und Kulturschaffenden müssen sich überlegen, wie wir die Menschen in ihrer soziologischen Struktur begeistern können. Wir müssen Menschen sehr unterschiedlich ansprechen, weil die Bedürfnislagen vollkommen andere sind. Und außerdem gilt es zu bedenken, dass keine einzige dieser Personengruppen mehr als sieben Prozent umfasst. Es gibt keine Mehrheit mehr für das »eine« Stammpublikum. Man darf aber auch nicht vergessen, dass die Oper über 1.200 Sitzplätze hat oder das Schauspielhaus an die 580. Und dennoch verkaufen wir im Jahr 450.000 Tickets in allen Institutionen zusammen.

Kennen Sie die Gesamtauslastung Ihrer Häuser? Natürlich. Ich kann Ihnen sogar fast auf Knopfdruck die Tagesauslastung nennen, aber ich gebe sie nicht immer preis. Derzeit kann ich es aber, weil es gut läuft. (lacht) Wir liegen aktuell bei 70 bis 75 Prozent. Über dem Wert liegt immer das Next Liberty, das sich zwischen 84 bis 86 Prozent bewegt. Welche Rolle spielt dieses junge Theater und junges Publikum im Allgemeinen? Eine sehr wesentliche. Oper, Schauspielhaus und Next Liberty verfügen jeweils über eine eigene Abteilung mit dem Titel »Schauspiel aktiv« oder »Oper aktiv«, wo Mitarbeiter ausschließ-

lich damit beschäftigt sind, den Pädagogen der Steiermark Workshops und Programme anzubieten, wie sie mit ihren Kindern Stücke aufbereiten können. Als wir West Side Story spielten, klatschten Kinder etwa im Unterricht zuvor den Part »I’d like to be in America« gemeinsam. Als sie dann in der Aufführung waren, haben sie dieses Lied live erlebt und der Wiedererkennungswert führte zu mehr Begeisterung. Das Erlebnis Theater an Kinder zu vermitteln, ist von fundamentaler Bedeutung, es bedarf aber viel Aufwand.

Kinder sind das zukünftige Publikum der Theaterholding. Aber wo soll diese Zukunft hinführen? Erstmals wollen wir mit den Eigentümern eine Einigung über die Finanzierung schaffen und nicht weiteren Aderlass für die Häuser hinnehmen müssen. Ich habe ein Ziel, das ich schon bei meinen letzten Funktionen immer so formuliert habe: Ich spiele nicht gerne Landesliga – ich spiele gerne Champions League. Mein Anspruch zusammen mit den Intendanten ist es, so hohe Qualität anzubieten, dass die Leute sagen: »Da muss ich hingehen, weil ich würde etwas versäumen, wenn ich es nicht täte.« Die Menschen sollen nicht sagen: »Ich fahre zur Wiener Staatsoper.« Sie sollen selbstbewusst und stolz davon sprechen können, die Grazer Oper zu besuchen, weil sie hier die bessere »Carmen« sehen. Aber kann man das mit immer weniger finanziellen Mitteln auch auf der Personalfront gewährleisten, wo man sich keine Stars leisten kann? Es geht nicht immer um die Namen. Ich bin der Meinung, bei uns singt die Anna Netrebko und spielt der Peter Simonischek von morgen. Wir sind ein Sprungbrett. Viele Leute, die bei uns auftreten, werden schon bald in größeren Häusern zu sehen sein.

Und wenn wir Ihre Personalie ins Gespräch einbringen: Wie lange wollen Sie noch bei der Theaterholding zu sehen sein? Der Vertrag läuft noch bis 2018. Wenn die Bedingungen passen, strebe ich schon eine Vertragsverlängerung an, aber man weiß nie, woher einen der Ruf ereilt. Aber Sie legen Ihre Arbeit schon langfristiger an, nehmen wir an. So gesehen, wissen Sie sicher, dass Marken erst deutlich wahrnehmbar sind, wenn sie fünf bis sieben Jahre wirken. Ich glaube, damit habe ich zu diesem Thema ausreichend Antwort gegeben. Herr Rinner, vielen Dank für das Gespräch!

FAZIT JUNI 2016 /// 33


Steuerboard

Raiffeisen Steiermark legt beeindruckende Zahlen vor

Mag. Jessica Ghahramani-Hofer

Unterschrift verpflichtet Dienstzettel oder Arbeitsvertrag? Jeder Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, seinen Arbeitnehmern unverzüglich nach Aufnahme ihrer Tätigkeit einen Dienstzettel auszustellen, der bestimmten, im Gesetz festgelegten Kriterien genügen muss. Als bloße Beweisurkunde bzw. Wissenserklärung des Arbeitgebers über die Rechtslage ist der Dienstzettel aber kein Vertrag. Ein Dienstzettel kann mündliche Vereinbarungen nicht ändern, selbst dann nicht, wenn sein Inhalt vom mündlich Vereinbarten abweicht.

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Jessica Ghahramani-Hofer ist Juristin mit Schwerpunkt Personalmanagement und Autorin des Handbuchs Der Arbeitsvertrag, dbv-Verlag (2016).

Geidorfgürtel 20 8010 Graz +43 316 386001 0 graz@hoferleitinger.at www.hoferleitinger.at

Foto: Kanizaj

Nur schriftliche Arbeitsverträge bieten Rechtssicherheit und sind aus dieser Sicht daher zu bevorzugen. Neben den gesetzlichen Mindestvorschriften wie Arbeitszeit, Einstufung in ein generelles Schema etc. können im Dienstvertrag weitere wichtige Vereinbarungen getroffen werden. Tritt ein Mitarbeiter kurz vor einer kollektivvertraglichen Ist-Lohnerhöhung ein, ist beispielsweise die Vereinbarung einer Aufsaugklausel empfehlenswert, wonach durch eine überkollektivvertragliche Entlohnung zukünftige Ist-Lohn-Erhöhungen vorweggenommen werden. Auch die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel oder einer Konventionalstrafe kann in vielen Fällen von Vorteil sein.

RLB-General Martin Schaller freut sich über einen Konzerngewinn von 152 Millionen Euro nach Steuern.

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ie Raiffeisen Landesbank Steiermark (RLB) hat für 2015 für die RLB und die HYPO Steiermark ein Konzernjahresergebnis nach Steuern von 152,4 Millionen Euro vorgelegt. Nach 5,1 Millionen im Vorjahr ist das ein markanter Zugewinn, mit dem das steirische Raiffeisen-Spitzeninstitut vor allem die Eigenmittelquote auf 22 Prozent steigern konnte. Auch die gesamte Raiffeisen-Bankengruppe Steiermark – sie setzt sich aus der RLB und den Raiffeisen-Primärbanken zusammen – bilanzierte erfolgreich und steigerte das EGT auf 126

Millionen Euro. RLB-Generaldirektor Martin Schaller sieht Raiffeisen damit auf dem besten Weg, die führende Position in der Steiermark weiter auszubauen. Auf Basis ihrer 810.000 Kundenbeziehungen werde Raiffeisen Steiermark nun die nächsten Schritte in Richtung einer »digitalen Regionalbank« setzen und dabei die persönliche Nähe mit einem sicheren digitalen Service verknüpfen, erläutert Schaller die organisatorische Zielsetzung. Mit 255.000 steirischen Online-Kunden hat sich Raiffeisen auch im digitalen Bereich zur Nummer eins entwickelt. Unter den 75 steirischen Raiffeisen-Primärbanken wird es wohl zu weiteren Fusionen kommen. Innerhalb der steirischen Raiffeisenbankengruppe stieg die Eigenmittelquote auf knapp 24 Prozent. Das gute Vorjahresergebnis begründet Schaller wie folgt: »Wir haben belastende externe Faktoren wie die niedrige Zinsspanne und indirekte Auswirkungen der HETA oder die Kosten der Bankenabgabe aus eigener Kraft mehr als kompensiert. Mit dieser nachhaltigen Entwicklung sind wir im weiterhin herausfordernden Umfeld sehr stabil aufgestellt.«

Konjunkturprognose: Österreich nur auf Rang 21

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it dem von der EU-Kommission prognostizierten Wert von 1,5 Prozent für 2016, liegt Österreich erneut unter dem Durchschnitt der EU (+1,8 Prozent) und der Eurozone (+1,6 Prozent). Für 2017 wird für Österreich ein Wachstum von 1,6 Prozent erwartet, EU-weit sind es 1,9 und in der Eurozone 1,8 Prozent. Bei der Arbeitslosenrate weist Österreich 2016, die zweitschlechteste Entwicklung der 28 Staaten auf: Ein Anstieg von 5,7 auf 34 /// FAZIT JUNI 2016

5,9 Prozent von 2015 auf 2016 und ein weiterer Anstieg auf 6,1 Prozent für 2017 werden prognostiziert. Da die bilanziellen Anlageabschreibungen auch heuer höher eingeschätzt werden als die Neuinvestitionen, schrillen bei den Experten die Alarmglocken. Denn ohne deutliche Investitionsanreize lässt sich die Stimmung unter den potenziellen Investoren offenbar nicht verbessern.


Foto: Steiermärkische Sparkasse

Voestalpine eröffnet US-Werk

Vorstandsvorsitzender Gerhard Fabisch und seine Vorstandskollegen Franz Kerber, Georg Bucher und Sava Dalbokov präsentieren ein eindrucksvolles Ergebnis des Steiermärkische-Sparkassen-Konzerns für Südösterreich und den Westbalkan.

Steiermärkische: Gewinn trotz Zwangskonvertierung in Kroatien

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us der Sicht von Vorstandsvorsitzendem Gerhard Fabisch kann sich das Jahr 2015 für sein Unternehmen trotz der Zwangskonvertierung von kroatischen Frankenkrediten durch die kroatische Regierung, die sich mit über 40 Millionen auf das Gesamtergebnis auswirkt, sehen lassen: »Wir haben die negativen Effekte aus der kroatischen Entscheidung zur Gänze im Jahresergebnis 2015 realisiert und trotzdem noch einen Gewinn von rund 30 Millionen Euro verzeichnet. Im Heimmarkt können wir dabei auf ein Rekordjahr seit Bestehen der Bank zurückblicken.« Auch die strategischen Beteiligungen der Steiermärkischen Sparkasse am Westbalkan haben – mit Ausnahme von Kroatien – ihre Erwartungen übertroffen und

sogar in Kroatien selbst konnte man ein operatives Plus erwirtschaften. Für das Geschäftsjahr 2016 sei wieder mit einem deutlich positiven Ergebnis zu rechnen, zeigt sich Fabisch zuversichtlich. Die Steiermärkische-Sparkassen-Gruppe hat etwa 6.400 Mitarbeiter an 500 Standorten in der Steiermark und in Südosteuropa. Ihr Marktanteil im steirischen Retailgeschäft beträgt 25 Prozent. Die Bank betreut etwa 2,4 Millionen Kunden im In- und Ausland. Trotz der allgemein nach wie vor sehr zurückhaltenden Kreditnachfrage in Österreich betrug der Anstieg der Investitionskredite 5,5 Prozent oder 746 Millionen Euro. Davon entfielen 346 Millionen Euro auf KMU und 339 Millionen Euro auf Immobilienprojektgeschäfte.

ie Errichtung der Direktreduktionsanlage der Voestalpine in Corpus Christi in Texas ist die bisher größte Auslandsinvestition des österreichischen Stahl- und Technologie-Konzerns. Aus heutiger Sicht ist mit der planmäßigen Vollinbetriebnahme im Verlauf des Sommers 2016 zu rechnen. Das neue Werk soll jährlich zwei Millionen Tonnen an hochqualitativen »HBI« oder Eisenbriketts – ein Vormaterial für die Stahlproduktion – herstellen. Für die Voestalpine bedeutet es einen wesentlichen Expansionsschritt im NAFTA-Raum. »Die Direktreduktionsanlage in Corpus Christi wird als weltweit größte und modernste ihrer Art einen wesentlichen Beitrag zu diesem Umsatzanstieg der Voestalpine in Nordamerika leisten«, so Vorstandsvorsitzender Wolfgang Eder. Durch die bereits erfolgte Fixierung mehrerer langfristiger Lieferverträge mit renommierten Kunden im NAFTA-Raum und Europa sowie dem Voestalpine-Eigenbedarf von 800.000 Tonnen HBI jährlich sind insgesamt etwa 80 Prozent des Produktionsvolumens schon vor Vollinbetriebnahme der Anlage vergeben. Die Voestalpine-Gruppe ist mit rund 500 Konzerngesellschaften und -standorten in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten vertreten. Sie notiert seit 1995 an der Wiener Bör-

Foto: Voestalpine

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VoestalpineVorstandsvorsitzender Wolfgang Eder sieht in der Direktreduktionsanlage in Corpus Christi in den USA vor allem die Stärkung des Konzerns im NAFTA-Raum. se. Der Konzern sieht sich als einen der führenden Partner der europäischen Automobilund Hausgeräteindustrie sowie weltweit der Öl- und Gasindustrie. Die Voestalpine ist darüber hinaus Weltmarktführer in der Weichentechnologie und im Spezialschienenbereich sowie bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen. Der Konzern erzielte im Geschäftsjahr 2014/15 bei einem Umsatz von 11,2 Mrd. Euro ein operatives Ergebnis von 1,5 Mrd. Euro und beschäftigte weltweit rund 47.500 Mitarbeiter. FAZIT JUNI 2016 /// 35


Anzeige Foto: Miriam Primik

Wirtschaft

»Unternehmer müssen entlastet werden, damit sie wieder finanzielle Ressourcen haben und Investitionen tätigen können«, fordert RfW-Landesobmann Erich Schoklitsch.

Von Wirtschaftsaufschwung keine Spur! RfW-Landesobmann Erich Schoklitsch warnt: »Die österreichische Wirtschaft bildet im internationalen Vergleich einmal mehr eines der Schlusslichter Europas.«

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nternationale Daten und Rankings zeigen abermals: Der lang ersehnte wirtschaftliche Aufschwung Österreichs bleibt nach wie vor aus. Auch der Konjunktur-Frühindikator des WIFO zeigt in der Auswertung von April den dritten Rückgang in Folge, womit die Chance auf eine wirtschaftliche Erholung Österreichs einmal mehr vergeblich auf sich hoffen lässt. Den Hauptgrund für den Konjunktur-Tiefpunkt sehe ich vor allem in den vielen Sanktionen der Bundesregierung, die es Unternehmern unmöglich machen, sinnvoll zu investieren. Seit Jahren warnen wir vom Ring freiheitlicher Wirtschaftstreibender bereits vor den fatalen Folgen der vielen Fehlentwicklungen in der Wirtschaftspolitik, für die SPÖ und ÖVP verantwortlich zeichnen. Neben den in Österreich bereits exorbitant hohen Lohn-

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neben- und Lohnzusatzkosten kommen kontinuierlich weitere wirtschaftliche Belastungen hinzu.

Zahlreiche Sanktionen hemmen die Wirtschaft So hat es die rotschwarze Bundesregierung beispielsweise zu verantworten, dass es mittlerweile in sämtlichen Sparten und Branchen schwerwiegende Probleme gibt. Die Unternehmerschaft stöhnt unter der ständig weiter ausufernden Bürokratie. Betriebe kämpfen Tag für Tag um ihr Überleben und sind verständlicherweise frustriert. Während die Gastronomie bereits unter der Registrierkassenpflicht und der Allergen-Verordnung leidet, kommt mit Mai 2018 auch noch das Rauchverbot hinzu. Millionen an Investitionen sind damit umsonst. Die Sparte Gewerbe und Handwerk hat massive existenzielle Probleme durch das Lohn- und

Sozialdumping, da unsere Regierung jahrelang zugesehen hat, wie osteuropäische Billig-Arbeitskräfte unseren heimischen Arbeitsmarkt überströmt und unsere Unternehmer einem ruinösen Wettbewerb ausgesetzt haben. Komplett kontraproduktiv kommt außerdem die Forderung der Arbeiterkammer und Gewerkschaft nach einer 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich hinzu. Besonders fassungslos macht mich aber, dass man in dieser Situation bereits über die nächste Belastung für unsere Unternehmer – eine flächendeckende Lkw-Maut – nachdenkt. Eine solche Maut würde vor allem österreichische Industrie-, Gewerbe-, Handelsund Transportunternehmen betreffen, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich im internationalen Vergleich ein weiteres Mal stark geschwächt würde.

Der RfW fordert: Unternehmer entlasten! Dass SPÖ und ÖVP unsere Unternehmer mit allen ihnen möglichen Mitteln schröpfen, offenbart ihre wirtschaftspolitische Unfähigkeit. Lange wird Österreich eine derartige Politik nicht mehr aushalten können. Es wird endlich Zeit für eine Kurskorrektur: Unternehmer müssen entlastet und gestärkt werden, damit sie wieder finanzielle Ressourcen haben und sinnvolle Investitionen tätigen können. Nur so kann ein erneuter Wirtschaftsaufschwung ermöglicht werden. Entlastungen für kleine und mittlere Unternehmen gehören daher seit jeher zu den Hauptforderungen des RfW Steiermark, da diese Betriebe es sind, die die heimische Wirtschaft hauptsächlich tragen. Als wichtigste Punkte für eine florierende Wirtschaft sehe ich die Senkung der Lohnneben- und Lohnzusatzkosten, einen sofortigen Bürokratieabbau und einen sofortigen Stopp der von SPÖ und ÖVP eingeführten wirtschaftspolitischen Sanktionen.

Weitere Informationen im Internet unter:

rfwstmk.at facebook.com/rfw.steiermark


Anzeige Fotos: Foto Fischer

(v.l.nr.r.) Setzen Impulse für Innovation – Karlheinz Bauer, Josef Herk, Dagmar Eigner-Stengg, Gerhard Rüsch und Franz Kerber.

Innovation auf den Punkt gebracht Mit der Veranstaltungsreihe »Innovation am Punkt« setzt die Steiermärkische Sparkasse immer wieder Akzente für ihre Geschäftskunden und dient als Informations- und Ideenplattform für Unternehmer und Unternehmerinnen. Am 3. Mai waren es »12 wertvolle Impulse, innovativ zu sein«, die den zahlreichen interessierten Gästen im SparkassenCenter geboten wurden.

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ie Steiermärkische Sparkasse sieht sich selbst in der Rolle eines Vermittlers, um Unternehmen zu vernetzen und mit dem notwendigen Know-how für erfolgreiches Wirtschaften zu versorgen. Mag. Franz Kerber, Vorstandsvorsitzender-Stellvertreter, begrüßte als Hausherr das Publikum und betonte dabei: »Die Steiermärkische Sparkasse bringt mit dieser Veranstaltung aufgeschlossene Menschen aus unterschiedlichen Bereichen und Branchen zusammen und bietet ihnen die Gelegenheit, mit innovativen und erfolgreichen steirischen Unternehmen über Innovation, Geschäftschancen, Erfolge und neue Herausforderungen zu sprechen. Da neue Ideen meistens auch entsprechende finanzielle Mittel benötigen, sehen wir uns dabei als stabiler Finanzpartner, der Unternehmen bei der geplanten Umsetzung ihrer Ideen begleitet.« Wirtschaft braucht Innovation Innovation sei der wesentliche Schlüsselfaktor für stabiles

Wirtschaftswachstum führte, auch Ing. Josef Herk, Präsident der WK Steiermark, aus: »Der Wirtschaftsstandort Steiermark ist im europäischen Vergleich eine der innovativsten Regionen. Daher freut es mich umso mehr, dass wir auch die Berufs-EM, die EuroSkills, 2020 in Graz veranstalten dürfen. Damit setzen wir einen wirtschaftlichen Meilenstein für unser Bundesland.« Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurden einige der innovativsten Geschäftsideen aus der Steiermark präsentiert. In zwölf konkreten Impulsen gaben die steirischen Innovatoren ihre Erfahrungen weiter und diskutierten angeregt mit den geladenen Gästen, wie sich die innovative Praxis steuern lässt.

Impulse für neues und kreatives Denken Die »12 wertvollen Impulse, innovativ zu sein« wurden von steirischen Unternehmen anhand von deren in der Praxis erfolgreich umgesetzten Innovationen veranschaulicht. Ausgewählte steirische Klein- und Mittelbetriebe

Die Innovatoren aus den verschiedenen Unternehmen stellten dem Publikum ihre Konzepte vor. bzw. Großunternehmen stellten dem Publikum dabei neue Ideen vor, die in unserem Bundesland umgesetzt wurden. So lautet der Kernsatz des Unternehmens Instahelp: »Die große Kunst der Innovation besteht darin, die Dinge einfacher zu machen.« Oder von Bike Citizens: »Neugier, Entschlossenheit und Motivation sind stärkere Treiber als Prozesse und Systeme.« Zum Abschluss wurden auch zwei eigene neue Innovationen der Steiermärkischen Sparkasse – eine Registrierkassenlösung

in Kooperation mit SHOPiMORE und das »Modernste Business-Konto« mit Kassa2go in Zusammenarbeit mit ProSaldo.net vorgestellt. Dem Publikum wurde der Schlüssel zum Erfolg mit folgendem Impuls vermittelt: »Erfolg hat drei Buchstaben: TUN!«

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Interview

Landesrat Christopher Drexler:

»Das Beste kommt noch« Die Spitalskosten bilden die größte Ausgabenposition im steirischen Landeshaushalt. Daher gelingt oder scheitert eine nachhaltige Budgetkonsolidierung nur mit einer erfolgreichen Spitalsreform. Fazit traf Gesundheitslandesrat Christopher Drexler und sprach mit ihm über die Gesundheitspolitik und die Situation der Volkspartei im Bund; und über die Zukunft der ÖVP als Landeshauptmannpartei.

VON JOHANNES TANDL

Die Bundes-SPÖ hat gerade ihren Chef ausgetauscht. Rechnen Sie unter Christian Kern mit baldigen Neuwahlen? Nein, eher nicht. Ich hoffe, dass Reinhold Mitterlehner nun bei seinem neuen Gegenüber einen Relaunch der Regierungsarbeit durchsetzen kann. Das wirkliche Thema Nummer eins ist nicht die Flüchtlingskrise, sondern die Bereiche Wachstum, Wirtschaft und Arbeit. Und da muss der Regierung endlich etwas gelingen. Das Thema Arbeitsplätze ist auch im Empfinden der Bevölkerung wichtiger als das Flüchtlingsthema? Ich glaube, dass die Verunsicherung, die es gibt, einer Gemengelage entspringt. Da wirkt das Asylthema wie ein Katalysator, der die Lösung des entscheidenden Problems, ob es ausreichend Arbeit und Wohlstand gibt, entsprechend verschärft. Natürlich bleibt das Flüchtlingsthema wichtig, aber da ist die Regierung auf einem guten Weg und ich nehme an, dass diese Linie der Regierung aufrecht bleibt. 38 /// FAZIT JUNI 2016

Daher geht es jetzt darum, den Fokus auf das andere wichtige Thema zu legen.

Aber in Deutschland, das wirtschaftlich ja viel besser dasteht als Österreich, ist das Flüchtlingsthema ebenso alles beherrschend. In Deutschland gibt es tatsächlich eine wesentlich bessere wirtschaftliche Situation als bei uns. Dass wir uns von der bundesdeutschen Dynamik abgekoppelt haben, ist unser größtes Problem. Da müssen wir wieder aufschließen. Und was die Flüchtlinge angeht, wäre das Problem in Deutschland ohne gut funktionierende Wirtschaft noch viel größer.

Die Regierung soll also weiterarbeiten. Und die ÖVP soll sich tatsächlich mit Mitterlehner-Schelling in die nächste Phase der Koalition wagen? Mitterlehner ist ohnehin völlig unumstritten und Schelling war anfangs ein großer Hoffnungsträger der Wirtschaft. Und diese Hoffnungen muss er jetzt erfüllen.

Dazu wird er wohl die Registrierkassenpflicht zurücknehmen müssen. So angefressen wie derzeit waren die Kleinunternehmer überhaupt noch nie auf die ÖVP. Ich glaube, da ist die Regierung mit dem Hinaufsetzen der Grenzen auf einem guten Weg. Wenn die Regierung echten Reformwillen zeigt, wird sich auch da die Stimmung beruhigen. Eine weitere Dauerbaustelle ist die Bildungsreform. Ist sich die ÖVP einig, was sie diesbezüglich will? Ich glaube, wir sind gut gerüstet für jede bildungspolitische Diskussion. Wir haben unsere Standpunkte nicht nur formuliert, sondern auch in das Koalitionsübereinkommen mit der SPÖ eingebracht. Jetzt geht es darum, das Vereinbarte tatsächlich umzusetzen.

Wie, glauben Sie, wird die nächste Bundesregierung aussehen? An diesem Spiel beteilige ich mich überhaupt nicht. Die spannendste Frage ist,


Interview

ob Rot und Schwarz noch jene Energie und Erneuerungskraft aufbringen, die es braucht, um in diesen bewegten Zeiten das Land vorwärts zu bringen.

Beim Budget scheint es sich nach dem rechnerischen Nulldefizit für 2015 nun hinten und vorne nicht mehr auszugehen. Haben SPÖ und ÖVP wieder einige heilige Kühe in den Stall gestellt oder bereitet die Steuerreform solche Schwierigkeiten? Es gibt überhaupt keine atmosphärischen Schwierigkeiten zwischen den Regierungspartnern. Aber es gibt eine strukturelle Lücke im Budget, die wir weiter schließen müssen. Wir haben in der vorangegangenen Legislaturperiode große Schritte in die richtige Richtung gemacht und jetzt muss es gelingen, das Gleichgewicht zwischen den aufgrund der Steuerreform gesunkenen Einnahmen und den Ausgaben weiter herzustellen. Und neben der Steuerreform spüren wir na-

Foto: Teresa Rothwangl

Kommen wir zur Steiermark. Wie geht es mit der Spitalsreform weiter? Sind sie deshalb in Verzug geraten, weil LH-Vize Michael Schickhofer Ihre Sparpläne nicht weit genug gehen? In der Logik jedes Finanzreferenten ist in Zeiten wie diesen natürlich der Rotstift wichtig. Mir geht es jedoch um eine langfristige Absicherung unseres Gesundheitssystems. Dazu gehört auch eine qualitätsvolle flächendeckende Spitalsversorgung des gesamten Landes. Die Versorgungssicherheit, das Ärztearbeitszeitgesetz, aber auch der medizinische Fortschritt stellen diesbezüglich eine große Herausforderung dar. Und ob wir die Grundzüge des Megaprojektes einer langfristigen Spitalsreform im April oder im Juni präsentieren, ist daher völlig unerheblich. Das ist eine Herausforderung für die gesamte Landesregierung.

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer betrifft, bin ich überzeugt, dass das Beste noch kommt.

türlich auch, dass wir im Finanzausgleich im Vergleich zu anderen Bundesländern klar benachteiligt sind. Da geht es um viele Millionen Euro pro Jahr, die uns vorenthalten werden. Es wird daher mindestens gleich viel Energie und Kraft aufzuwenden sein, diese Benachteiligung zu beseitigen wie mit weiteren klugen Konsolidierungsmaßnahmen den eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind ja nicht nur für das größte Regierungsressort zuständig, sondern nehmen auch eine Art Koordinierungsrolle innerhalb der Koalition wahr. Kann man daraus schließen, dass Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer noch in der Periode daran denkt, Sie zu seinem Nachfolger zu machen? Hermann Schützenhöfer ist jetzt bald ein Jahr Landeshauptmann. Das würde ich noch als relativ frisch bezeichnen. Insofern ist die Frage völlig fehl am Platz, wie lange er das sein wird. Ich glaube, er ist exzellent in der Rolle als Landeshauptmann angekommen. Und das sehen auch weite Teile der Steirerinnen und Steirer so. Was

Im Koalitionspakt ist vereinbart, dass die ÖVP den LH stellt und nicht, dass der LH Schützenhöfer heißt. Da kann man diesbezüglich schon spekulieren. Spekulationen kann ich sowieso niemandem verbieten. Aber ich nehme nur wahr, dass Schützenhöfer die Position des LH sehr kraftvoll ausfüllt. Er nimmt eine Richtlinienkompetenz in der Regierungsspitze in Anspruch. Und das ist gut so. Für ihn, für das Land und letztlich auch für die steirische Volkspartei. Haben Sie das Gefühl, dass die SPÖ einen Wechsel auf dem LH-Sessel in ihrer aktuellen Verfasstheit überhaupt schlucken würde? Noch einmal: Diese Frage stellt sich überhaupt nicht! Aber die Vereinbarungen sind, wie sie sind. Und wenn zwischen vernunftbegabten Menschen Vereinbarungen geschlossen werden, geht man davon aus, dass diese halten.

Wie geht es Ihnen persönlich mit LH-Vize Schickhofer? Er hat sich sehr kraftvoll für Kern als Faymann-Nachfolger stark gemacht. Er scheint nicht nur seine Rolle als stellvertretender Landeshauptmann, sondern auch als Chef der Steirischen Sozialdemokratie gefunden zu haben. Ich kann nur sagen, dass die Zusammenarbeit nicht nur reibungslos, sondern hervorragend funktioniert. Ich sehe in ihm einen wesentlichen Garanten dafür, dass unsere Regierungskoalition besser funktioniert als jene auf Bundesebene. Aber das wird dort ja jetzt hoffentlich auch besser werden. Herr Landesrat, danke für das Gespräch!

FAZIT JUNI 2016 /// 39


Kurz & News

Wolfgang Vlasaty wird neuer Geschäftsführer des ACstyria. Das haben die Gesellschafter des steirischen Mobilitätsclusters – die Steirische Wirtschaftsförderung SFG, Magna Steyr, die AVL List GmbH, die Krenhof AG, TCM, die voestalpine und CROSS Industries – Ende April beschlossen. Der 51-jährige Vlasaty, der zuletzt zwölf Jahre beim Beleuchtungshersteller Zizala beschäftigt war, tritt die Nachfolge von DI Franz Lückler im Juni an. „Nach einem intensiven Hearing haben sich die Gesellschafter einhellig für Wolfgang Vlasaty ausgesprochen. Mit ihm erhält der Mobilitätscluster einen Manager mit über 20 Jahren Erfahrung im Automotive-Bereich“, erklärte Landesrat Christian Buchmann.

WKO begrüßt Fortführung des Handwerkerbonus

Schloss Hollenegg for Design Das Projekt „Schloss Hollenegg for Design“ wurde 2015 von Alice Stori Liechtenstein ins Leben gerufen, um etablierte und aufstrebende internationale Designer zu fördern. Die Idee lautet, drei Designern jedes Jahr je eine Woche lang die Möglichkeit zu geben, sich kreativ mit dem Schloss, seiner Geschichte und dem Interieur auseinanderzusetzen. Im Rahmen des Designmonat Graz wurden ausgewählte Designer eingeladen, ihre jüngsten Arbeiten von 7. bis 10. Mai in der thematisch kuratierten Ausstellung „Slow“ zu präsentieren. Ebenso gezeigt wurden die Installationen, die im Residency-Programm der Saison 2015/16 von den Design-Studios Dossofiorito, Dean Brown und mischer’traxler konzipiert wurden.

Für WKO Steiermark Präsident Josef Herk und Spartenobmann Hermann Talowski setzt die Bundesregierung einen Schritt in die richtige Richtung: „Der Handwerkerbonus ist für die vielen Klein- und Mittelbetriebe ein effektiver Konjunkturimpuls.“ Das habe der Pilotversuch klar gezeigt. Insgesamt 40 Millionen Euro stehen nun ab 1. Juli für die Jahre 2016 und 2017 bereit, die Förderbedingungen sollen ähnlich wie beim voran gegangenen Pilotprojekt bleiben. „Es freut mich sehr, dass die Regierung ihren Reformversprechen nach diesem Wahlsonntag nun erste Taten folgen lässt und die ursprünglich aus der Steiermark kommende Idee eines Handwerkerbonus fortführt“, so Herk und Talowski abschließend.

Traumwelten – Die Steirischen Nachbarschaftskonzerte 2016

Mit den „Steirischen Nachbarschaftskonzerten“ schlägt der Grazer Cellist Erich Oskar Huetter in Kooperation mit der Wohnbaugruppe Ennstal unter dem Titel „Haus.Kultur“ ein weiteres Kapitel seines langjährigen Bemühens um Integration mittels Musik auf. In sieben spannenden und mitunter recht heterogenen steirischen Nachbarschaften erarbeiten faszinierende Künstler wie zum Beispiel der Pianist Paul Gulda und der Schriftsteller Franzobel Kunst-acts, die auf die herkunftsbedingt breitgefächerten Identitäten der Bewohner eingehen. Die Veranstaltungen im Zeitraum von 15. bis 19. Juni von Haus.Kultur sind öffentlich, der Eintritt ist frei. Informationen: www.amuse.co.at

Schwieriges erstes Quartal für Binder+Co

Neue Tennis-Talenteschmiede im Vulkanland

Der Tennissport und die Ausbildung junger Tennisspieler hat in Feldbach lange Tradition. Der Entschluss, die Jugendarbeit gemeinsam weiter zu verbessern, lag daher auf der Hand. Aus diesem Grund entwickelte der Inhaber der Tennisschule „TennisPrutsch“, Christopher Prutsch, gemeinsam mit dem sportlichen Leiter des STTV, Andreas Leber, die Idee, ein Regionales Leistungszentrum (RLZ) im Vulkanland mit dem zentralen Standort Feldbach und den Partnervereinen in Fehring bzw. Gleisdorf einzurichten. Als Höhepunkt des großen Saisonauftaktfestes eröffnete STTV-Präsidentin Barbara Muhr gemeinsam mit Bgm. Josef Ober und TC-Feldbach-Obmann Philipp Angerer das neue Leistungszentrum.

Der in Gleisdorf beheimatete internationale Spezialist für Aufbereitungs-, Umwelt- und Verpackungstechnik konnte den Umsatz im 1. Quartal 2016 auf 21,97 Mio. Euro leicht steigern. Das EBIT rutschte jedoch mit minus 0,75 Mio. Euro in die Verlustzone. Aufgrund des Rekord-Auftragseingangs und des guten Auftragsstands geht man für das Gesamtjahr von Umsatz- und Ergebniszahlen auf dem Niveau von 2015 aus. Vorstandsmitglied Karl Grabner: „Das negative EBIT ist aber eine Folge der schwierigen Marktsituation des abgelaufenen Geschäftsjahrs, und eine Trendwende hat sich bereits angekündigt: Ich bin zuversichtlich, dass wir im Gesamtjahr das Umsatz- und Ergebnisniveau von 2015 erreichen werden.“ 40 /// FAZIT JUNI 2016

Fotos: Harry Schiffer, Federico Floriani, Franz Prutsch Photography, Christian Jungwirth, Stadt Graz / Foto Fischer, Sinwin, Spar,

Neuer Geschäftsführer für den ACstyria


Wärme von Sappi Gratkorn für Graz Rund 18.000 Haushalte in Graz werden ihre Wärme künftig, anhand der industriellen Abwärme von Sappi, aus dem Norden von Graz beziehen können. Damit ist ein weiterer Meilenstein der Arbeitsgruppe „Wärmeversorgung Graz 2020/2030“ erreicht. Energie Graz-Vorstand Boris Papousek erklärt: „Die Energie Graz setzt auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz, und Wärmerückgewinnung hat das höchste Potenzial zur Effizienzsteigerung. Durch die Nutzung industrieller Abwärme können künftig in Summe rund 33.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr eingespart werden. Die Nutzung der industriellen Abwärme von Sappi, für die Wärmeversorgung der Stadt Graz, ist ein bedeutender ökologischer Beitrag.“

Gesunde Mitarbeiter in erfolgreichen Unternehmen

Im Namen des Unternehmensberatungs-Netzwerks Sinwin gratuliert Mag.a Claudia Schenner-Klivinyi ihren Kunden zum Erhalt des BGF-Gütesiegels für den Zeitraum 2016 bis 2018 für die tollen BGF-Projekte und umgesetzten ganzheitlichen Maßnahmen: Mag. Walter Gusel SteuerberatungsgmbH, Ing. Hörmann Bau GmbH und Promedico. Es handelte sich um Kombinationsprojekte der gesetzlich vorgeschriebenen Evaluierung psychischer Belastung am Arbeitsplatz und eines Gesundheitsprojektes (BGF). Aufgrund der Erweiterung in ein BGF-Gesundheitsprojekt waren auch Förderungen möglich, bei denen Sinwin, neben der Projektbegleitung, ebenfalls unterstützte.

Frostschäden: Raiffeisen hilft Bauern

Der späte Wintereinbruch hat große Schäden in der heimischen Landwirtschaft verursacht. Daneben sind in weiterer Folge Ernteausfälle zu befürchten. Dies zieht auch finanzielle Probleme mit sich. Raiffeisen-Generaldirektor Martin Schaller: „Raiffeisen wird in dieser schwierigen Situation den betroffenen Bauern zur Seite stehen.“ Die Erfahrungen aus bisherigen witterungsbedingten Situationen zeigen, dass vor allem Überbrückungsfinanzierungen zur Stärkung der Zahlungsfähigkeit benötigt werden. „Jede Situation ist individuell zu betrachten. Die Raiffeisenbanken sind dazu jedenfalls bereit und werden gemeinsam unbürokratische Lösungen für die betroffenen Betriebe finden.“

14 Medaillen für Interspar-Frischebäcker Die regionale Interspar-Bäckerei Graz hat beim 17. Internationalen Brotwettbewerb in Linz voll abgeräumt! 14 Brote und Mehlspeisen haben die Jury überzeugt und wurden mit Medaillen ausgezeichnet. Insgesamt verlieh die Fachjury fünf Gold-, sieben Silber- und zwei Bronzemedaillen an die steirische Bäckerei von Interspar. Mit Gold prämiert wurden unter anderem das Hausbrot, das Toskanabrot und das Bio-Roggen-Sauerteigbrot ohne Hefe. „Die erneute Auszeichnung durch Fach-Kollegen bestätigt uns in unserer Arbeit. Mit viel Handwerkswissen arbeiten wir laufend daran, den besten Geschmack in die heimischen Brotkörberl zu bringen“, so Bäckereileiter Pilz.

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ie ie Steirische Steirische Wasserwirtschaft Wasserwirtschaft sichert gutem sichert die dieVersorgung Versorgungmitmit gutem Trinkwasser. Eine Vielzahl von MaßnahTrinkwasser. Eine Vielzahl von Maßnahmen zum Schutz des Wassers sowie der men zum Schutz des Wassers sowie der Errichtung und Instandhaltung von AnErrichtung und Instandhaltung von Anlagen sowie Adaptierungsmaßnahmen lagen sowie Adaptierungsmaßnahmen garantieren eine optimale Wasserversorgarantieren optimale gung unsereseine Landes auch Wasserversorfür künftige gung unseres Landes auch für künftige Generationen.

Generationen.

Wasser – unser KOST-barstes Gut.

Wasser – unser KOST-barstes Gut.

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Zur Lage #72 Nichts über Twitter, wenig über Kommunismus und Kapitalismus, viel zu viel über die Sammelalben von Panini zur Fußballeuropameisterschaft und ein paar Gedanken über den Hass.

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ennen Sie Twitter? Das ist so ein schon wieder etwas in die Jahre gekommenes Werch im Internetz, so ein bisschen das »Tribeka« der sozialen Netzwerke. Wenn Sie es nicht kennen, macht das gar nichts, Sie versäumen nichts Wesentliches. Auf jeden Fall hat mich auf Twitter unlängst jemand als »Kommunistenhasser« bezeichnet. Zuerst war ich natürlich einmal geschmeichelt. Wer wäre das nicht, auch wir einfach gestrickten Menschen sind zuallererst einmal Menschen. Warum ich Ihnen von dem Kompliment erzählt habe, weiß ich gar nicht mehr so genau; Sie müssen verzeihen, aber ich habe den ersten Absatz schon vor einer Woche geschrieben. Wahrscheinlich war‘s deswegen, weil – so scheint mir – der Kapitalismus, das Gegenteil zum Kommunismus sozusagen, in letzter Zeit nicht ganz so gut angesehen ist unter den vor allem jungen, aber noch mehr unter den vor allem gescheiten Zeitgenossen. In der Theorie zumindest. Keine Frage, wenn viel Zeit überbleibt zum Nachdenken, dann fallt einem halt auch viel ein. Diese Einfälle sind dann alle unvorstellbar individuell, möchte fast sagen divers, und lassen sich wahrscheinlich nur auf diesen einen kleinsten gemeinsamen Nenner – höchste Steueraufkommen hin und höchste Sozialausgaben her – bringen, dass man nämlich reichen Men-

Keine Frage, wenn viel Zeit überbleibt zum Nachdenken, dann fallt einem halt auch viel ein.

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Von Christian Klepej schen was wegnehmen muss. Im Zweifel eher mehr als weniger. Und schon ist die Welt wieder ein Stück weit besser geworden. Vor allem aber gerechter. Soweit die graue Theorie. Die Praxis, die ist ein Hund und viel bunter, die schaut in Nuancen dann doch etwas anders aus. Das kann man an den unscheinbarsten Dingen erkennen. Etwa die bald in Frankreich stattfindende Europameisterschaft im Fußball (der Herren, gebietet mir die neue Ordnung, die keiner Institution bedarf, hier anzufügen). Da gibt es auch heuer wieder – von einem italienischen wohl weltweit agierenden und damit im Grunde abzulehnendem Konzern – so ein Sammelalbum. Für die Pickerl, Sie wissen. Und wenn man dann schon sehr viel so Fünferpackerl Pickerl gekauft hat und schon sehr viel doppelte Pickerl sein Eigen nennt, geht man auf sogenannte – und auch als solche funktionierende! – Tauschbörsen. Börse! Wird es jetzt aus Ihnen schallen, um Gottes Willen! Werden Sie denken, das ist ja ein Hort, ein Gral geradezu des Kapitalismus. Recht haben Sie. Trotzdem gehen die Menschen dort freiwillig hin! Väter mit ihren Töchtern, Mütter mit ihren Söhnen, Ehemänner mit ihren Frauen und viele andere Konstellationen. Alles Menschen, ich habe mir das in den halben Stunden, die ich auf meine Frau gewartet habe, sehr genau angeschaut, alles Menschen, die offenbar und augenscheinlich voller Freude auf den Wochenrand gewartet hatten, um auf so einer Börse mit ihren Pickerln zu »handeln«. Und unter der Woche ebenso offenbar und augenscheinlich einer Erwerbsarbeit nachgegangen sind und somit nicht zum Nachdenken gekommen sind (die armen Tröpfe), welch kapitalem Irrtum sie da unterliegen und sich »kapitalistisch« verhalten. Weil auf dieser Tauschbörse ist – selbstverständlich möchte man meinen – im Großen und Ganzen der Modus »Pickerl gegen Pickerl« die Regel: Ich hab zehn Pickerln, die ich nicht mehr brauche und bekomme dafür zehn Pickler, die ich sehr wohl noch brauche. So weit, so einfach. Nur, es gab auch einen Preis für das einzelne Abziehbild, zehn Cent nämlich. Aber nicht alle kosteten zehn Cent. Für die seltenen Glitzerpickerl war der Preis deutlich höher. Da wurde schon

der zehn- oder zwanzigfache Preis bezahlt. Gerne bezahlt, wenn ich mich an die glücklichen Gesichter derer erinnere, die ihr letztes Glitzerpickerl erstanden und damit das Album vollständig beklebt hatten. Und zumindest einen Vater durfte ich dabei beobachten, der für – es war wohl auch ein so ein letztes fehlendes Klebebild – fünf Euro ein Pickerl gekauft hat. Der nicht mehr ganz wohlfeile fünfzigfache Preis für ein im Grunde immer gleiches Produkt. Die Nachfrage war halt größer. Diese Paninigeschichte ist mir jetzt fast ein bisschen zu lange geworden, jedenfalls muss ich befürchten, Sie langweilen sich jetzt schon mit mir darüber. Also komm ich noch kurz auf den Anfang, auf das »Kommunistenhasser« zurück. »Hassen« tue ich den Kommunismus nämlich ganz sicher nicht. Hassen kann ich – wenn überhaupt – nur, was ich einmal geliebt habe (und das dann auch nur für eine sehr kurze Zeit!) und so nah war mir der Kommunismus dann nicht einmal – ich gestehe, ich bin da nich Bellenlike – als Teenager oder Zwanzigjähriger. (Bellenlike schreibe ich übrigens, weil es eine grüne Politikerin gibt, die hohe Geldstrafen verlangt, wenn sich jemand als Adeliger ausgibt. Und »Van der« ist in letzter Konsequenz halt dann doch, aber das ist eine ganz andere kleinliche Geschichte.) Und weil ich so wenig mit Hass am Hut habe, bereiten mir die ganzen Hasspostings im Internet auch so wenig Sorgen. Viel mehr ärgern mich in dem Zusammenhang die vereinigten Bedenkenträger im Netz, die mir voller Entsetzen und Betroffenheit wieder und wieder irgendeinen Schwachsinn vor die Nase posten, dessen ich und mit mir kein anderer vernünftiger Mensch ansonsten gar nie nicht ansichtig geworden wäre. Der aber eben durch diese den ganzen Mist perpetuierenden Unsittenwächter erst große Verbreitung erfährt. n


Essay von Manfred Prisching

Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (II) ie »neue Völkerwanderung« ist für die Bewohnerinnen und Bewohner der europäischen Länder eine ungewohnte Situation, und so ist es nicht überraschend, dass die Einschätzung der Verhältnisse, in denen sie sich befinden oder zu befinden glauben, schwankt; dass sich die Einschätzungen sozialer Gruppen durch Nichtinformation, Verängstigung, Anbiederei oder Strategie manchmal auf die eine oder andere Seite »verirren«; dass von Seiten der Politik (die sich in einem komplizierten europäischen Mehrebenensystem befindet) mit unterschiedlichen Instrumenten experimentiert wird; dass auf allen Seiten auch Missgriffe geschehen und Unverständnis, Böswilligkeit, Angst und Besserwisserei obwalten. Ein Problem, das mit Anstand und Realismus (beides in ausgewogener Weise) behandelt werden müsste, wächst sich – durch Verschleppung, durch Interessengegensätze, durch Kleingeistigkeit, durch Ungeschick und Managementinkompetenz, aber auch durch die Komplexität der Sache selbst – zu einer Krise nationaler und europäischer Politik aus. Lesen Sie hier den zweiten Teil dieses Textes.

13. Anpassungsvarianten Für jene Menschen, die »erfolgreich« im Asyl- oder Einwanderungsstatus gelandet sind, beginnt erst der Prozess der Eingliederung in die Aufnahmegesellschaft, und davon hängt auf lange Sicht vieles ab. Assimilation kann von Flüchtlingen nicht gefordert werden, gerade nach dem europäischen Verständnis von individuellen Freiheiten; Integration zielt hingegen auf die Akzeptanz eines rechtlichen, politischen und sozialen Rahmens ab. Integration soll Fragmentierung (den Zerfall einer Gesellschaft in unterschiedliche Gruppen, sodass jede ethnische Gruppe ihr eigenes »soziales Universum« bildet) ebenso wie Polarisierung (die zunehmend feindselige Konfrontation von Gruppen innerhalb einer Gesellschaft, einschließlich der Formierung einer »Gegengesellschaft«) vermeiden. Die Einigkeit über die Wünschbarkeit von Integration lässt sich abstrakt leicht herstellen, aber das Problem liegt immer im Detail, in der europäischen Situation: der Muslim mit mehreren Ehefrauen; der Schwimmunterricht für Schulkinder; das Kreuz im Klassenzimmer; die männliche Beschneidung. In Wahrheit müssen die »Sphären der persönlichen Autonomien« verträglich gemacht werden. Noch schwieriger wird es bei »Weltbildern«, wenn es sich also etwa um übergreifende Kategorien wie »Ehre« dreht. [26] Da wird auch die Vermittlung der europäischen Position schwierig, was soll man denn schon sagen: dass die Europäer mit dem sonderbaren Phänomen der »Ehre« eigentlich nichts mehr anfangen können und sie derlei Firlefanz rasch vergessen sollten?

Erstens: Die Herstellung von Kompatibilität zwischen Eingewanderten und Ansässigen wird zu einem herausfordernden Thema. Es ist eine absurde Vorstellung, wenn im Zusammenhang mit Integration und europäischer Wertewelt auf lokale Sitten und Gebräuche verwiesen wird, um die Wertediskussion lächerlich zu machen: auf den Schweinebraten und die Blasmusik, auf knorrige Tiroler Bauern und Wiener Bobos. Das hat beileibe nichts mit europäischer Wertewelt zu tun. Gleichwohl gibt es einen harten Kern europäischer Werte, von den Menschenrechten bis zur Demokratie, von der Rechtsstaatlichkeit bis zur Korruptionsbekämpfung, von der Gleichberechtigung der Geschlechter bis zum Bildungsanspruch der Mädchen – und um solche Werte gilt es ja auch in den europäischen Ländern immer wieder zu ringen, denn sie verstehen sich nicht von selbst und unterliegen einer ständigen Gefährdung durch die Einheimischen. Man mag über die Quantität streiten, ob es sich um 15 oder 30 Prozent der einheimischen Bevölkerung handelt – aber in dieser Größenordnung wird wohl der Anteil jener Einheimischen liegen, die man nicht als in einen europäischen Wertekanon wohlintegriert bezeichnen kann. (Empirische Belege und Beispiele finden sich leicht zugänglich in den Leserforen

Wenn es ein politisches Problem gibt, das auf europäischer und nicht auf nationalstaatlicher Ebene gelöst werden muss, dann ist es das Migrationsproblem.

Foto: Archiv

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Mag. Dr. Manfred Prisching ist Universitätsprofessor und Autor. Er studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. 1985 wurde er habilitiert und ist als Dozent und seit 1994 als Professor an der Karl-Franzens-Universität tätig. 1997-2001 war er wissenschaftlicher Leiter der steirischen Fachhochschulen. Prisching ist korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Herausgeber der Reihe »Sozialethik«. manfred-prisching.com FAZIT JUNI 2016 /// 43


Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (Teil II)

von Zeitungen.) Immerhin führen die Anstöße durch die Flüchtlingspolitik zu einer neuerlichen Reflexion dessen, was in der Tat die geistigen europäischen Besonderheiten sein könnten – denn auch in Europa ist man sich augenscheinlich nicht mehr sicher, was denn eigentlich diesen Kern der europäischen Besonderheit ausmacht. Es gehört zu den alten Weisheiten, dass man erst durch die Begegnung mit dem Fremden auf das Eigene gestoßen wird – und dann nachzudenken beginnen muss.

Wenn in den letzten Jahren eher leichthin davon gesprochen wurde, dass die europäischen Staaten längst »Einwanderungsländer« geworden sind, hat man sich wenig Vorstellung davon gemacht, was das bedeutet, und erst die jüngste Flüchtlingswelle mit ihren dramatischen Inszenierungen an den Grenzen hat über die dürre Statistik hinaus das Problem ins Bewusstsein gehoben.

Zweitens: Spätmoderne Gesellschaften können nicht auf ein geteiltes normatives Dach zurückgreifen, denn dieser »Baldachin« [27], eine geschlossene gemeinschaftliche Weltanschauung, ist auch in europäischen Gesellschaften längst zerbrochen. Es gibt eine hohe Wertschätzung für Pluralisierung und Individualisierung, für Vielfalt und Authentizität, es gehört zum Selbstverständnis gegenwärtiger Gesellschaften, dass Menschen nicht vollständig integriert sein müssen, ja dies auch nicht sollen oder können: »Leben im Dazwischen«; »marginal man«; »multiple Identität« – das gilt nicht nur für Migranten (im »postkolonialen« Bewusstseinsstand), sondern auch für »Eingesessene«. Man wird für Einwanderer keine »kulturelle Einheitlichkeit« anstreben können, die es auch im Inland längst nicht mehr gibt. Es gibt keine umfassende »Leitkultur« – im Sinne einer »nationalen Gesinnungslehre« [28] –, wohl aber gibt es »Vereinbarkeitsprobleme« in wichtigen und in unwichtigen Bereichen.

Drittens: Ein weiterer Aspekt lässt den Unterschied der neuen zur alten Migration deutlich werden: Die neue Migration bedeutet nicht mehr notwendig ein »Eintauchen« in eine neue Gesellschaft, den resoluten Beginn eines »neuen Lebens«, denn die verbesserten Transportund Kommunikationsmöglichkeiten erlauben es, den Kontakt zum Herkunftsland sowie die entsprechenden sozialen Bindungen aufrecht zu erhalten: Man kann die heimischen Zeitungen lesen und das heimische Fernsehen schauen, man kann telefonieren, mailen, skypen, man kann öfter einmal einen Heimatbesuch absolvieren, man kann zu großen Festtagen heimkehren oder sich allenfalls die Braut aus der Heimat holen. Man kann in einzelnen Fällen sogar noch an politischen Wahlen über das Heimatland teilnehmen. Man muss also aus den Herkunftstraditionen nicht gänzlich »aussteigen« – was möglicherweise die Integration bremst. Insofern besteht oft die explizite Absicht, in jeweils modifizierter Weise in beiden Kulturen zu Hause zu sein – was sich allerdings bei den Angehörigen der zweiten oder dritten Generation meist doch deutlich zugunsten des Ziellandes verschiebt, weil für sie das Heimatland der Eltern oder Großeltern eher als »symbolischer« und nicht so sehr als »lebensrelevanter« Bezugspunkt erscheint. Viertens: Doch es geht nicht nur um die großen Werte, sondern auch um die kleinen Dinge des alltäglichen Lebens, die ein Zusammenleben fördern oder erschweren können, um soziale »Praktiken«. [29] Insofern sind die »Lächerlichkeiten« nicht unwichtig, wenn sie zu ständigen Reibereien führen können – angefangen bei der Mülltrennung, die für viele Immigranten ein sonderbares und unverständliches Verfahren darstellt. Aber es geht auch um ein höheres Maß an »Regelungsdichte«, das in europäischen Ländern vorherrscht, um Standards der Pünktlichkeit, um alltägliches Verhalten, um Hygienestandards. Einheimische sollten sich die Nichtselbstverständlichkeit solcher Konventionen bewusst machen, auch Toleranz walten lassen und die Möglichkeit von Missverständnissen in Betracht ziehen; aber wenn Integration gelingen soll, dann wird sie sich nicht nur auf die »erhabenen Menschenrechte« beschränken können, sondern auch auf die lebensweltlichen Verträglichkeiten beziehen müssen. Recht und Verfassung wahren, alles andere kann beliebig/divers sein – diese einfache Regel wird zu keinem gedeihlichen Zusammenleben führen.

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14. Arbeitsmarkt-Mismatch Das alte Modell der sozialen Mobilität hat in den europäischen Ländern eine klare Rolle für ausländische Arbeitskräfte vorgesehen: Sie treten ganz unten in die soziale Schichtung ein, etwa als Bauarbeiter und Kellner, und bleiben dort. Bei den Gastarbeitern waren niedrige Qualifikationen erwünscht, weil man in dieser Etage des Arbeitsmarktes Bedarf hatte. Für die einheimische mittlere und untere Klasse war diese soziale »Unterschichtung« vorteilhaft, denn man konnte sich aus unangenehmen Tätigkeiten zurückziehen und hatte zudem das schöne Gefühl, nicht ganz unten im sozialen Ranking zu sein. In der gegenwärtigen Situation ist alles anders: Es gibt einen Überschuss an Arbeitskräften im unqualifizierten Bereich, denn viele ihrer Jobs sind in die Dritte Welt abgewandert, der Rest ist bedroht durch Automatisierung. Nun kommt ein zusätzlicher Druck auf diesem überbesetzten Arbeitsmarkt durch meist unqualifizierte Immigration zustande. Einwanderer konkurrieren mit Inländern um billige Wohnungen und schlecht bezahlte Jobs. Es ist kein Wunder,


Essay von Manfred Prisching

dass Fremdenfeindlichkeit vor allem in den unteren sozialen Schichten wächst, die noch mehr unter Konkurrenzdruck geraten: Die vermeintlich allein moralische Position, die Grenzen weit zu öffnen, ist schließlich auch mit den moralischen Verpflichtungen gegenüber den betroffenen Einheimischen abzuwägen. Die Erwerbstätigenquote (der 15- bis 64-Jährigen) lag in den letzten Jahren bei den Österreichern bei etwa drei Viertel, bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund bei etwa zwei Drittel; dies ist insbesondere auf die niedrigere Erwerbsbeteiligung von Migrantinnen zurückzuführen. Ganzjährig erwerbstätige ausländische Staatsbürger verdienten rund 84 Prozent des mittleren Netto-Einkommens in Österreich. Es gibt sogar das Argument, dass wir Ausländer (etwa im Bereich der Handwerker und Facharbeiter) deswegen brauchen, weil die Inländer in vielen Jobs längst zu Dilettanten geworden sind. [30] Alle Länder würden sich hochqualifizierte Einwanderer wünschen, die die Knappheit in den oberen Etagen des Arbeitsmarktes beheben: Konkurrenz um die »besten Köpfe«. Mittlerweile ist auch das Potenzial der weiblichen Arbeitskräfte im Inland weitgehend ausgeschöpft, indem man die noch in den Sechziger- und Siebzigerjahren vorherrschende Sichtweise, dass die Arbeitswelt das Reich der »Entfremdung« darstelle, so umgedeutet hat, dass die Arbeitswelt ganz im Gegenteil das Reich der »Selbstentfaltung« verkörpert – und demgemäß die mittlerweile qualifizierte weibliche Arbeitskraft besser zu nutzen beginnen konnte. Die entwickelten Staaten sehen sich in einem globalen Produktivitäts- und Innovationswettbewerb, und sie interessieren sich für die Zuwanderung von »high potentials«. In Österreich hat man versucht, ein Kriterien geleitetes Modell der Zuwanderung mithilfe der Rot-Weiß-Rot-Karte zu installieren, um Fachkräfte in Mangelberufen, besonders Hochqualifizierte, Studienabsolventen und sonstige Schlüsselkräfte aus Nicht-EU-Ländern zu bekommen oder im Lande zu behalten. (Aber es sind eben nicht vorwiegend die qualifizierten indischen IT-Spezialisten, die den Großteil der Einwanderer stellen; denn diese streben in die angelsächsische Welt.) Für die (weniger entwickelten) Auswanderungsländer ist ein solcher »brain drain« natürlich ein gravierender Nachteil. Der Mismatch auf entwickelten Arbeitsmärkten zwischen Qualifizierten und Unqualifizierten, der schon in den letzten Jahren zu gewissen Polarisierungseffekten bei Einkommen und Vermögen geführt hat, verschärft sich jedenfalls. Wirtschaftlichkeitsberechnungen (wie viele Jahre ein Flüchtling sozialpolitische Leistungen in Anspruch nimmt, ab wann er dem Staat etwas »bringt«) sind derzeit seriös nicht anzustellen – schon weil die einfachsten Datengrundlagen (etwa über Qualifikationen) fehlen. Über Einwanderungskontingente und Rückkehrquoten kann man nur Vermutungen anstellen, ebenso über die Dauer des Aufenthalts der »geduldeten Flüchtlinge«, bei denen der Integrationserfolg vermutlich geringer zu veranschlagen ist. Schätzungen für Bildungs- und Gesundheitsausgaben sowie andere flüchtlingsbezogene Staatsausgaben sind gleichfalls nur mit großen Schwankungsbreiten darstellbar.

15. Politische Polarisierung Die politische Situation wird dadurch kompliziert, dass die öffentliche Diskussion auf extreme Positionen reduziert wird. Auf der einen Seite steht die Position des Stacheldrahts, die Illusion, dass man Europa vollständig abschotten könnte. (Das geht nur, wenn man an der Grenze »schießt«.) Sie ist häufig verbunden mit einer pauschalen Schmarotzerunterstellung (Sozialbetrüger, Sozialschmarotzer, Sozialtouristen; Asylmissbrauch) bzw. mit einer pauschalen Kriminalisierung. Auf der anderen Seite steht die Position der Grenzenlosigkeit, die Illusion, dass man aus Gründen der Menschlichkeit unendliche Massen aus ihren desolaten Lebensumständen befreien und aufnehmen müsste. (Das geht, je nach Quantität, nur, wenn man den eigenen Lebensstandard zu halbieren bereit ist, und das dürfte politischen Brennstoff in sich bergen.) Auch wohlhabende Staaten haben begrenzte wirtschaftliche, politische und kulturelle Potenziale. Die Artikulationsmöglichkeiten der elektronischen Welt ermöglichen die Verbreitung pointierter Positionen – in Wahrheit handelt es sich oft um einen ekelhaften Diskurs, der nicht das Geringste mit einer »politischen Öffentlichkeit« [31] klassischer Prägung oder »demokratischen« Argumentationen zu tun hat. Der Regisseur Milo Rau spannt noch einen weiteren Bogen, wenn er »zynischen Humanismus« anspricht: »Globale Katastrophen werden in Medienereignisse überführt, Systemdebatten verkommen zu rein organisatorischen Auseinandersetzungen über Auffanglager und das Für und Wider einer neointerventionistischen Politik. Die strukturelle Grausamkeit eines weltweiten Systems von Kapital- und Humanströmen wird in einer Art Zweitverwertung zu Empörungskapital für virtuelles Feierabend-Engagement. Und wie immer, wenn Europa für kurze Zeit aus seinem Schlaf der Vernunft erwacht, beginnt das altbekannte Betroffenheitsspielchen.« [32] Freilich bewegt sich Rau nicht in den Mühlen einer politischen Ebene. Dort muss man sich um jenen Pragmatismus bemühen, der überall, bei den überaus Gutwilligen und den überaus

Nationale Gefühle werden jedenfalls nicht automatisch in der europäischen Einheit eingeschmolzen, wie es zuweilen vorhergesagt oder gewünscht wurde.

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Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (Teil II)

Das europäische Problem des Terrors hat mit dem Migrations- und Flüchtlingsproblem nicht viel zu tun, dennoch wird es in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit damit in Zusammenhang gebracht.

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Eigensüchtigen, aneckt – Humanismus mit Augenmaß, moralischer Realismus. Die Zivilgesellschaft wird mit Recht gelobt, weil die Hilfswilligen Brot und Schlafsäcke ausgeteilt haben, aber zur Lösung des Problems benötigt man den Staat. Man mag über den Staat schimpfen, wie man will, doch die Erfahrung zeigt, dass ohne organisierte Staatlichkeit nichts geht. Auf die Europäische Union ist offensichtlich kein Verlass, nicht aus dem Verschulden der Brüsseler Bürokratie und Exekutive, sondern aus der Unwilligkeit der Nationalstaaten, für das Gemeinsame einzutreten. (Die Ostländer haben sich in dieser Frage über ihre eigene Reputation überhaupt keine Sorgen gemacht.) Die aktuelle Flüchtlingskrise zeigt, dass die Nationalstaaten zu früh für tot erklärt worden sind [33] – offenbar sind sie die relevanten Akteure, weil sie letzten Endes über das »Gewaltmonopol« verfügen. Auch die Globalisierung hat diese wesentliche Komponente nicht außer Kraft gesetzt, der Weg zur Weltgesellschaft braucht vielmehr die Nationalstaaten und ist ohne sie unvorstellbar. Karl Otto Hondrich hat schon 2006 geschrieben: »Die moderne Gesellschaft ist auf dem Weg zur Weltgesellschaft. Sie muss das Zusammenleben von sechs Milliarden Menschen unterschiedlicher Herkunft, Interessen, Sprache, Religion usw. sicherstellen. Das ist nicht durch Aufhebung von Grenzen möglich. In einer grenzenlosen Gesellschaft, wo der einzelne sich unmittelbar zum Ganzen verhalten müsste, wäre er ohne Halt und Orientierung unwägbaren Gewalten ausgesetzt. Staaten als überschaubare und legitime Gewaltmonopole schützen dagegen. Wo sie scheitern, wie mancherorts in Afrika und unlängst in Afghanistan, herrscht Chaos.« [34] Freilich muss der Staat zu diesem Zwecke »funktionieren«. Er muss nicht alle großen Probleme lösen, aber wenigstens vor Ort eine gewisse Managementkompetenz aufweisen. Der Widerwille gegen politische Instanzen wird nicht zuletzt dadurch genährt, dass die Kleinigkeiten nicht funktionieren – sowie im Jahr 2015 über Wochen die Unfähigkeit der österreichischen Regierung medial »vorgeführt« wurde, für Ärzte, Duschen, Nahrungsmittel und dergleichen zu sorgen. Ein guter Teil der Krise resultiert aus der Beobachtung des Krisenbewältigungschaos. Die daran anknüpfende Sorge geht ja weiter: Wenn die Regierung sich nicht in der Lage sieht, innerhalb einiger Wochen ein paar Ärzte nach Traiskirchen zu bekommen – welche Handlungsfähigkeit wird sie aufweisen, wenn es um eine »echte« Krise geht? Das Versagen bei Kleinigkeiten produziert Misstrauen im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit bei größeren Ereignissen.

16. Terror Das europäische Problem des Terrors hat mit dem Migrations- und Flüchtlingsproblem nicht viel zu tun, dennoch wird es in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit damit in Zusammenhang gebracht. Aber Terroristen sind nicht darauf angewiesen, sich in Flüchtlingsströmen zu verstecken; gleichwohl mag der eine oder andere Fundamentalist »mitschwimmen«. Zwei Aspekte sind von Belang. Erstens: Die Gefährdungslage ist und bleibt hoch, denn Terror ist kostengünstig, unvermeidbar und wirksam. Irgendwann wird es deshalb weitere größere Anschläge in europäischen Ländern geben. Die europäischen Bevölkerungen werden sich an das »israelische Modell« gewöhnen müssen, mit ständigen Sicherheitskontrollen auch an Supermärkten und bei allen Veranstaltungen, und allgemein an ein höheres Überwachungsniveau. Weiters ist nach dem Stand der Dinge anzunehmen, dass radikale Bewegungen die steigenden Ängste der Menschen nutzen, um ihre autoritären Ideologien auszubauen und ihren Einfluss zu verfestigen. Zweitens: Der Zusammenhang mit dem Migrationsproblem ist nur insoweit herzustellen, als im Falle mangelnder Integration und im Falle des Aufbaus von »Gegenkulturen« auf lange Sicht ein soziales Potenzial heranwachsen könnte, das den Nährboden für terroristische Akteure bildet. 17. Problem Europa Wenn es ein politisches Problem gibt, das auf europäischer und nicht auf nationalstaatlicher Ebene gelöst werden muss, dann ist es das Migrationsproblem, nicht zuletzt deswegen, weil die Idee Europas die Aufhebung der Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten durch Verlegung aller Kontrollen an die Außengrenzen eingeschlossen hat. Wenn aber die Freizügigkeit unbeschränkt und unkontrolliert gesichert sein soll, muss der Zustrom von außen »administriert« werden – und das kann nicht einfach an jene Länder abgeschoben werden, die zufällig eine Außengrenze besitzen. Administration beginnt bei einer Verbesserung der schlechten Datenlage; denn faktisch haben die europäischen Länder keine Informationen darüber, wie viele Menschen welchen Alters, welcher Herkunft und welcher Ausbildung in das Land kommen oder es wieder verlassen. Es fehlen Daten über gelingende und misslingende Integrationsprozesse, auch im Vergleich der Ethnien und Generationen. Das Wissen über sonstige globale Migrationsprozesse ist noch geringer, denn alle Statistiken der internationalen Organisationen sind


Essay von Manfred Prisching

mit großer Vorsicht zu betrachten. Sicher ist nur: Das Volumen der Migrationsbewegungen hat weltweit zugenommen, die Formen sind vielfältiger und komplexer geworden, Lösungsansätze werden pessimistischer gesehen. Die Spielräume eines einzelnen Staates sind beschränkt, wie sich im Missmanagement 2015/2016 gezeigt hat. Maßnahmen einzelner Staaten führen zu Problemverschiebungen, aber zu keinen Problemlösungen. Die Architektur von Schengen und Dublin ist zusammengebrochen, ebenso rasch wie die vermeintlich belastbare europäische Solidarität; und ein neues rechtliches oder moralisches Design ist nicht in Sicht. Die Situation wird erschwert durch innenpolitische Rücksichtnahmen und Strategien in den einzelnen Ländern. Auch eine europäische Lösung, die darauf abzielt, das ganze Problem an Griechenland oder die Türkei abzuschieben (im Sinne einer »Verteidigung« der europäischen Außengrenze), ist problematisch genug: weil erstens gerade diese Grenzen (über das Mittelmeer) schwer abzuschirmen sind (wenn man die Menschen nicht ertrinken lassen will); weil man sich zweitens ein offensichtlich autoritäres Regime wie die Türkei zum engen Partner erwählt und auf »Gegengeschäfte« einlassen muss; und weil man drittens nicht willens ist, den ganzen Aufwand der betroffenen Staaten wirklich zu bezahlen. (Es klingt viel, wenn man der Türkei drei Milliarden Euro in Aussicht stellt, aber der Umstand, dass sich zur Jahreswende 2015/2016 etwa zweieinhalb Millionen und möglicherweise bald drei Millionen Flüchtlinge dort aufhalten, lässt für jeden Flüchtling bloß 1.000 Euro übrig – und damit kommt man nicht über etliche Jahre. Wenn sich aufgrund nachfolgender Barrieren 100.000 Flüchtlinge in Griechenland sammeln, dann ist dies – finanziell und administrativ – zu 100 Prozent ein europäisches und nicht ein griechisches Problem.) Dass man den durch die deutsche »Willkommensbotschaft« geschaffenen Zeitgewinn für eine europäische Lösung nicht genutzt hat [35], ist der entscheidende Indikator für die Handlungsunfähigkeit Europas im gegenwärtigen institutionellen Rahmenwerk.

Die Spielräume eines einzelnen Staates sind beschränkt, wie sich im Missmanagement 2015/2016 gezeigt hat. Maßnahmen einzelner Staaten führen zu Problemverschiebungen, aber zu keinen Problemlösungen.

18. Ursachenbekämpfung Einige Lösungen, die auf der Hand zu liegen scheinen, werden nicht problemlos funktionieren. Natürlich sollte man bei den Migrationsursachen ansetzen. Doch die Kriege und Bürgerkriege im Nahen Osten und in Afrika werden sich nicht so rasch beenden lassen. Man müsste die existenzbedrohende Armut in allen aktuellen und potenziellen Ländern beseitigen; doch dies wird über die Entwicklungshilfe schon seit Jahrzehnten versucht, vielfach mit bescheidenem Erfolg. Man kann neue Flüchtlingslager aufbauen und die Lage in den bestehenden verbessern; doch langfristig installierte Flüchtlingslager können zur Quelle neuer Unruhe werden, wie Palästina zeigt.

19. Inländer-Integration Integration heißt nicht Ununterscheidbarkeit: Gerade in einer pluralistischen Gesellschaft sind die Spielräume des Verhaltens und Lebens auch für Einheimische viel größer geworden. Alle leben unterschiedlich, auch die Inländer. »In unserer Wirklichkeit versteht sich nichts mehr von selbst – dieser Selbstverständlichkeitsverlust ist selbst schon ganz selbstverständlich geworden.« [36] Aber der »harte Kern« unserer Werte, von dem wir zunächst annehmen, dass er sich doch von selbst versteht, auch wenn wir nicht immer sicher sind, dass wir ihn noch verstehen, ist nicht nur gegen Fremde, sondern auch gegen Einheimische zu verteidigen: keine autoritären Anwandlungen »tolerieren«; kein »Verständnis« für fremde Sitten und Gebräuche üben, wo es um Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit oder etwa die Behandlung von Frauen und Kindern geht; keine Feindseligkeit ausleben, wo Toleranz und Respekt Zurückhaltung gebieten. Im einen Fall kann es keine, im anderen Fall muss es Konzessionen geben, gerade aus dem Gesichtspunkt europäischer Werthaltungen. Es scheinen zwei Prozesse gleichzeitig abzulaufen: Erstens entdecken wir auf der Suche nach Argumenten in der Flüchtlingskrise einen europäischen Wertekatalog, eine »Lebensform«, die es zu verteidigen gilt – und stoßen prompt auf große Schwierigkeiten, diesen Wertekatalog schnell einmal zu formulieren oder zu rekonstruieren. Schließlich leben wir in einer spätmodernen Zeit, und da ist es kaum möglich, allgemein verbindliche Werte zu formulieren oder auf einen Konsens über solche zu hoffen, jedenfalls gelingt dies nicht im Sinne einer traditionellen »Gesellschaften-werden-durch-Werte-integriert«-Vorstellung. [37] Beim Versuch, uns über das Fremde klar zu werden, stoßen wir auf die Beschreibungsschwierigkeiten des Eigenen. Freilich könnten wir mit Habermas darauf vertrauen, dass herrschaftsfrei-demokratische Verfahren eine Konsensbildung bewirken. [38] Aber das funktioniert auch nur in idealen Welten problemlos. In der wirklichen Welt können die Medien aus ihrer Dramatisierungslogik, die Politiker aus ihrer Machterhaltungslogik nicht »aussteigen«, und das »Volk« besteht mittlerweile (pluralistisch) aus »Völkern«, die alle vermeinen, im Namen der Gesamtheit zu sprechen. »Das Volk und sein ‚Volkskörper‘ zerfallen, wenn zu viele unterschiedliche Völkerstämme mit dem Ruf ‚Wir sind das Volk‘ gegeneinander antreten.« [39]

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Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (Teil II)

Die soziale Ordnung ist kein festes Gefüge mehr, sondern ein Gemisch von Strömungen, Einflüssen, Statements.

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Damit werden wir aber mit der Nase auf das zweite Problem gestoßen: eine paradoxe europäische Heterogenität, die darin besteht, dass es offensichtlich eine Menge von (sich artikulierenden, noch mehr schweigenden) Leuten gibt, die durch ihre Art der Verteidigung europäischer Werte offensichtlich außerhalb des Kanons europäischer Werte stehen. Es ist eben fatalerweise nicht so, dass die Wahrung von Verfassung und Recht alles ist, worüber es zu reden gilt, und das richtet sich an Einheimische ebenso wie an Einwanderer. Auch Menschenrechte gelten nicht absolut, und die Abwägung im Einzelfall greift auf andere Elemente eines gesellschaftlichen Bewusstseins, außerhalb der kargen rechtlichen Bekundungen, zurück. Ebenso ist das Wesen einer funktionierenden Demokratie nicht auf geschriebene Verfahren und Gebote zu reduzieren (wie uns Entwicklungen in Ungarn, Polen, der Slowakei, der Türkei und Russland zeigen), sie benötigt vielmehr ein umfangreiches Repertoire »politischer Kultur«. [40] Europäische Kultur ist eben auch ein Problem des Bewusstseins, und Europa ist kein geografisches, sondern ein geistiges Gebilde, in das auch Personen ohne Migrationshintergrund integrationsbedürftig sind. Der Sozialphilosoph Wolfgang Kersting hat einmal gesagt, dass aktive, selbstsichere und verantwortungsbewusste Bürger, wie wir sie als Europäer imaginieren und für eine demokratische Ordnung voraussetzen müssen, nur in »partikularen lebensgeschichtlichen Kontexten« entstehen und eines »soliden Traditionssockels« bedürfen. [41] Diese Voraussetzungen scheinen in einer spätmodernen Stressgesellschaft [42] zu schwinden. Alles ändert sich so rasch, dass sich komplexe Deutungsmuster kaum noch verfestigen können. Wir verstehen die Welt nicht mehr, weil sie immer schon anders geworden ist, bevor wir die vorigen Verhältnisse verstanden und uns innerlich angeeignet haben. Westeuropäische Gesellschaften hatten offenbar zu wenig Zeit, sich an die Inkonsistenzen und Vagheiten, die Unverbindlichkeiten und Widersprüche, die Ambivalenzen und Risiken spätmoderner Gesellschaften zu gewöhnen – denn es gibt keinen Weg hinter diese geistige und lebenspraktische »Fleckerlteppich-Konfiguration« zurück, und jede tatsächliche Einschränkung, die im Dienste der Wiederbelebung traditioneller Geltungsansprüche stünde, würde vehement bekämpft werden. Dennoch wird gleichzeitig die Sehnsucht nach der heilen Ordnung kultiviert, obwohl sie ohnehin mit verklärten Vergangenheiten operiert. Die soziale Ordnung ist kein festes Gefüge mehr, sondern ein Gemisch von Strömungen, Einflüssen, Statements. In Wahrheit ist es auch keine Gesellschaft der Territorien mehr, in denen wir uns befinden, sondern eine der »displacements«, im unmittelbaren und im übertragenen Sinne: Man wird permanent anderswohin »verfrachtet«. Und die Migranten machen deutlich, dass die ganze Welt eine der »routes« und nicht mehr eine der »roots« ist. [43] Das sind schon Begriffe aus der postkolonialen Theorie, deren ideologische Voreingenommenheit man nicht teilen muss, um die Befunde von Hybridisierung, »collage«- und »sampling«-Konstruktionen [44] nicht nur in Bezug auf nachkoloniale Verhältnisse, sondern in Bezug auf die spätmoderne Gesellschaft generell anwendbar zu finden. D.h.: Alles geht durcheinander, alles vermischt sich, man kennt sich nicht mehr aus, Normalitäten und Selbstverständlichkeiten verschwinden – mit und ohne Migranten. Wenn die Mischungsverhältnisse (und die Destabilisierungspotenziale) nun durch die Flüchtlingskrise verschärft werden, können in dieser prekären Situation autoritäre Kräfte stärker werden und Feindseligkeiten zunehmen. 20. Output-Legitimation Wir müssen nicht ganz so weit gehen, um zu sagen: »It’s the economy, stupid.« Aber Output-Legitimation für die bestehenden wirtschaftlichen und politischen Systeme hat es gegeben, solange Krisenphänomene beherrschbar waren, und der Verlauf der letzten Jahrzehnte war (historisch und global kooperativ) für Europa eine Ausnahmesituation. Wie immer man zu Regierung und Politik gestanden ist: Sie haben »geliefert«. Aber nun treffen mehrere Krisen zeitlich zusammen: a) Der Wirtschaftsprozess läuft in der finanzkapitalistischen Epoche nicht rund, eine volatile Situation unter steigenden Belastungen und mit zunehmendem Konkurrenzdruck wird zukünftige Besserstellungen bremsen. b) Das politische System ist überfordert, es wird ihm von allen Seiten Handlungsunfähigkeit zugeschrieben, oft in geifernder Feindseligkeit; aber tatsächlich haben sich die Handlungsmöglichkeiten der Politik eingeschränkt. Eine leichtsinnig-kurzsichtige Performanz in konkreten Fällen des Handlungsbedarfs verschärft die Aversionen der Wählerinnen und Wähler. c) Die kulturelle Welt wird nur noch in Kategorien der Desorientierung beschrieben. Die Moderne hat Gemeinschaftsorientierung und Religiosität als vormoderne Relikte abgetan; aber die Erfahrung der Spätmoderne ist es, dass nach dem Abstreifen der einengenden Bindungen nur Bindungslosigkeit übrig bleibt, also Einsamkeit, und dass der allseitige Pluralismus in die ständige Verunsicherung führt. Die Kosten können möglicherweise aufgewogen werden durch das Versprechen eines stetig steigenden Wohlstandes; aber was ist die »Ent-


Essay von Manfred Prisching

schädigung« für die Unannehmlichkeiten, wenn die ständige Wohlstandssteigerung nicht mehr eintritt? d) Gewalt und Terror herrschen rund um Europa, teilweise in Europa, und da die Gewöhnung an ein sicheres europäisches Ambiente die Sensibilität gegenüber Gewalt und Blut wesentlich gesteigert hat, beeindrucken demonstrative Gewalttaten umso mehr. e) Die geopolitische Situation ist unsicher und die bequeme »Lebenslüge«, dass man im Ernstfall von westlichen Partnern (im Konkreten: den Amerikanern) geschützt werden würde, driftet ihrem Ende zu.

In diese Situation »platzt« nun die Flüchtlingskrise, und es verbreitet sich die Vermutung, dass von ihr a) weitere negative Impulse auf den Wirtschaftsprozess ausgehen (Stress für den Wohlfahrtsstaat, Integrationsaufwendungen, Probleme auf dem Arbeitsmarkt), dass sich b) gerade an der Handhabung dieses Problems die Handlungsschwäche der Politik besonders deutlich zeigt, dass c) durch Multikulturalisierung die ohnehin dürftigen Reste kultureller Einheitlichkeit und Normalität zerstört werden, dass d) ein erhöhtes Gewalt-, Terror- und Anomiepotenzial auch im Inland zu gewärtigen sein könnte und dass e) der islamische Machtanspruch für Europa ein langwieriges Problem darstellen könnte.

Die individualisierte Gesellschaft kann ihre »Unterschiedlichkeitsinszenierungen« leben, solange sie nicht unter Stress gerät; aber wenn es in einer Situation »knapp« wird, wenn Krisenphänomene auftauchen, schlägt rasch der Individualismus in Egoismus um, der politische Prozess gewinnt autoritäre Akzente und die Suche nach den Gründen des Übels findet innere und äußere Sündenböcke. 21. Nicht-Lösungen Europa ist mit einer Flüchtlingswelle konfrontiert, die man eigentlich schon früher hätte erwarten können, die sich aber – aus einem Zusammentreffen von mehreren Gründen – plötzlich verschärft hat. Es beginnt die Meditation darüber, wie man sich zu den Flüchtlingen – aus ökonomischen, politischen oder kulturellen Gründen – verhalten soll, und dieser Diskurs ist moralisch und ideologisch, feindselig und hinterhältig, altruistisch und kosmopolitisch, pragmatisch und strategisch. Die Erfahrungen und die Bilder, die Einzelereignisse und die Studien gewinnen eine eigentümliche Dynamik, in der sich Plausibilitäten und Sagbarkeiten verschieben. Man beginnt über »Lösungen« nachzudenken, diese jedenfalls einzufordern; aber Lösungen gibt es nicht, nur pragmatische »Attraktivitätspolitik«. Was also liegt auf dem Tisch?

Erstens: Man müsse unsere Kapazitätsgrenze für die Immigration aus distanten Kulturen festlegen. Dass solche Festlegungen nicht mit dem Europarecht oder dem Völkerrecht vereinbar sind, ist eine sekundäre Frage – wenn viele andere rechtliche Festlegungen bereits zusammengebrochen sind, wird man mit pragmatischem Blick das Notwendige tun müssen. Aber es wird nicht funktionieren, denn die Flüchtlinge werden sich an Obergrenzen nicht halten. Wenn die offiziellen Kanäle verschlossen sind, dann werden sie umso intensiver in die nicht-offiziellen Kanäle drängen: Schlepper engagieren, über die grüne Grenze marschieren, Zäune umgehen oder durchschneiden – schließlich geht es um ein gutes oder schlechtes Leben, oder um das Leben überhaupt. Man kann nur die Attraktivität eines Landes steigern oder senken, und eine ganze Reihe von (realen und symbolischen) Maßnahmen aus den letzten Monaten zielen auf »Attraktivitätspolitik«.

Zweitens: Man müsse die Grenzen völlig aufmachen. Das ist die Variante der »guten Menschen«, die allerdings glauben, dass sie selbst diese Rechnung nicht bezahlen müssten. Aber was geschieht, wenn es nicht (im österreichischen Fall) 30.000 oder 60.000 oder auch einmal 100.000 Flüchtlinge sind, sondern wenn in jedem Jahr 100.000 kommen – oder 200.000. 100.000 Menschen pro Jahr über die nächsten 30 Jahre sind drei Millionen Menschen, was für ein Land, das vier Millionen Berufstätige aufweist, recht viel ist. Bedeutet die moralische Option auch, dass man den eigenen Lebensstandard im Bedarfsfall halbieren muss, weil dies die Nächstenliebe gebietet? Was immer die Nächstenliebe gebieten mag: Ohne gröbere soziale Konflikte dürfte eine Halbierung des Lebensstandards nicht abgehen. Das ist vermutlich nicht aushaltbar. Drittens: Man müsse die Grenzen völlig dicht machen: Der europäische Container, mit vollständiger Abriegelung, wird nicht funktionieren. Das Mittelmeer lässt sich nicht abriegeln. Die

Dass solche Festlegungen nicht mit dem Europarecht oder dem Völkerrecht vereinbar sind, ist eine sekundäre Frage – wenn viele andere rechtliche Festlegungen bereits zusammengebrochen sind, wird man mit pragmatischem Blick das Notwendige tun müssen.

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Migration: Europa auf der Suche nach moralischem Realismus (Teil II)

einzelnen Länder lassen sich nicht »dicht« machen – so viel Stacheldraht gibt es gar nicht. Abriegelung kann nur negative Anreize setzen, d.h. die Migrationskosten erhöhen. Aber die Vereinigten Staaten von Amerika versuchen bereits seit vielen Jahren (und ebenfalls mit Zäunen), ihre Grenze zu Mexiko dicht zu bekommen – ohne Erfolg. (Mexiko hat etwa 122 Millionen Einwohner, etwa 12 Millionen Mexikaner siedeln in den Vereinigten Staaten.) Die Amerikaner verwenden »zivilisierte« Methoden: Sie greifen die Flüchtlinge auf und transportieren sie zurück – und in der nächsten Nacht versuchen sie es wieder, solange bis es gelingt. Eine solche Grenze bekommt man nur dicht, indem man »schießt«.

Viertens: Man müsse die Flüchtlinge nach Quoten auf europäische Länder verteilen. Das könnte die europäische Solidarität fordern, und die aversive Haltung der Ostländer verschafft ihnen in Westeuropa keine Reputation. Aber natürlich haben sie in einem Argument recht: Die Flüchtlinge wollen nicht nach Litauen oder nach Rumänien, sie wollen dorthin, wo sie Lebenschancen haben. Und wenn sie erst einmal eine Aufenthaltsberechtigung besitzen, werden sie in einem Territorium, das keine Grenzkontrollen kennt, dorthin wandern, wo sie die besten Chancen besitzen. Schließlich sind es auch die EU-Inländer aus der Peripherie, die lieber ins »Zentrum« wollen. (Deshalb könnten sich die Ostländer ruhig als solidarisch zeigen, denn es bleibt für sie weitgehend folgenlos.) Fünftens: Man müsse die Ursprungsländer fördern und Auswanderungsursachen beseitigen. Aber über Entwicklungshilfe reden wir schon mehr als 50 Jahre, sie hat nicht viel bewirkt, und die Rahmenbedingungen sind schlechter geworden. Nach wie vor gibt es eine Diskussion darüber, wie man bestimmte unterentwickelte Länder auf den Pfad der Entwicklung setzen kann. Das Argument, dass es sich bei jeder Unterentwicklung um eine Spätwirkung europäischer Aggression und Kolonialisierung handelt, ist dadurch unglaubwürdig geworden, dass es eine ganze Reihe von südostasiatischen Ländern, die ebenfalls eine vergleichbare Kolonialgeschichte aufweisen, geschafft hat, eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung in Gang zu setzen und sie mittlerweile mit den entwickelten Ländern mithalten können. Bei allen Fehlern der westlichen Mächte kultivieren Afrika und der Nahe Osten eine Opferrolle, die über einheimische, hausgemachte Schwächen hinwegtäuschen soll. [45]

Aus heutiger Sicht werden die gewaltsamen Auseinandersetzungen im Nahen Osten noch Jahrzehnte dauern, der Nahe Osten wird sich selbst in eine Stätte der Verwüstung verwandeln, und ein Ende der afrikanischen Bürgerkriege – quer durch den Kontinent – ist auch nicht in Sicht.

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Sechstens: Man müsse die Schlepper bekämpfen. Aber die Schlepper bedienen nur einen (illegalen) Markt, so wie die Drogenhändler – und die Bekämpfungserfolge halten sich auch bei Letzteren in Grenzen. Schlepper sind nur ein Symptom, und selbstverständlich wird es ein ausreichendes Angebot geben, wenn es eine Nachfrage gibt – das ist nur ein Kostenproblem. Siebtens: Man müsse die Brandherde löschen. Auch dabei handelt es sich um eine edelmütige Forderung, die allerdings eine starke Einmischung und Bevormundung der nordafrikanischen und nahöstlichen Staaten durch die westlichen Mächte impliziert – während doch die aktuellen Argumente darauf hinauslaufen, dass viele der Probleme erst dadurch entstanden sind, dass westliche Mächte eingegriffen haben, also etwa versucht haben, diktatorische Staaten mit militärischen Mitteln zu demokratisieren. Die Kriege um den Islamischen Staat dürften jedoch kaum verhandlungsfähige Phänomene sein, weil allein schon Verhandlungen mit dem westlichen »Teufel« aus der Sicht der wesentlichen Akteure untragbar sind. Aus heutiger Sicht werden die gewaltsamen Auseinandersetzungen im Nahen Osten noch Jahrzehnte dauern, der Nahe Osten wird sich selbst in eine Stätte der Verwüstung verwandeln, und ein Ende der afrikanischen Bürgerkriege – quer durch den Kontinent – ist auch nicht in Sicht. [46]

Achtens: Man müsse die Aufnahmezentren an die Außengrenzen oder in die Ursprungsländer verlagern, dann könnten die Flüchtlinge gleich administrativ »behandelt« werden, in den meisten Fällen könnte über Asyl oder Nicht-Asyl gleich entschieden werden. Das ist richtig, aber die »Ausgeschiedenen«, denen der Asylstatus verwehrt bleibt, werden andere Wege in das »Paradies« suchen und nicht einfach heimkehren. Dennoch handelt es sich um ein Versagen der Europäischen Union, kein kompetentes Management auf die Beine gestellt zu haben – allein das eigentliche Problem der Migration wird dadurch nicht gelöst. Eine gewisse Wirksamkeit wird gleichwohl die »symbolische Politik« entfalten: eine gewisse Unattraktivität des Zuzugs von Seiten europäischer Länder zu signalisieren und zu visualisieren. Neuntens: Man müsse Sicherheitszonen an den Grenzen der Kriegsgebiete schaffen, um die Flüchtlinge dort zu halten. Die Einrichtung solcher Zonen wird derzeit insbesondere durch Arrangements mit der Türkei versucht, auch wenn man sich dabei in eine schwächere Position mit der zunehmend autoritären Türkei manövriert. Dennoch lautet die Frage, was man auf


Essay von Manfred Prisching

Dauer mit derartigen Flüchtlingslagern macht. Wenn sie über Jahrzehnte bestehen, schafft man ein gefährliches soziales Potenzial – die Palästinenser sind kein ermutigendes Beispiel.

Zehntens: Pro futuro – Man müsse globale Ökologiepolitik betreiben, um den durch Klimaerwärmung entstehenden Katastrophen (insbesondere in Afrika) vorzubeugen. Denn die gegenwärtige Situation ist vergleichsweise harmlos, der entscheidende demografische Druck entsteht in den nächsten Jahrzehnten in Afrika. Dieser demografische Druck wird durch die ökologischen Katastrophen, die durch den Mangel einer globalen Klimapolitik gerade in den Zentralräumen Afrikas ausgelöst werden, verschärft werden. Da es aber nach dem besten verfügbaren Wissensstand keine wirksame Ökologiepolitik auf globaler Ebene geben wird (der letzte Gipfel in Paris hat Versprechungen für die nächsten Jahrzehnte geliefert), haben wir es mit Katastrophensituationen zu tun, in denen sich die Entscheidungssituation für die Bevölkerung verschärfen wird. Viele werden zu wandern versuchen, bevor sie verkommen. n

Fußnoten 26 Ludgera Vogt, Zur Logik der Ehre in der Gegenwartsgesellschaft. Differenzierung, Macht, Integration, Frankfurt am Main 1997. 27 Soeffner, Gesellschaft ohne Baldachin (FN 3). 28 Hans-Georg Soeffner, Vergesst eure Leitkultur! in: FAZ, 12. Jänner 2016. 29 Robert Schmidt, Soziologie der Praktiken. Konzeptionelle Studien und empirische Analysen, Berlin 2012. 30 Thomas Rietzschel, Die Stunde der Dilettanten. Wie wir uns verschaukeln lassen, Wien 2012. 31 Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit (FN 10). 32 Milo Rau, Flüchtige Betroffenheit reicht nicht, in: Die Zeit, 7. Jänner 2016. 33 Jürgen Habermas, Die postnationale Konstellation. Politische Essays, Frankfurt am Main 1998. 34 Hondrich, Weltgefühle, 1014 (FN 5). 35 Herfried Münkler, Wie ahnungslos kluge Leute doch sein können, in: Die Zeit, 11. Februar 2016, 7. 36 Norbert Bolz, Die Sinngesellschaft, Düsseldorf 1997. 37 Talcott Parsons, Zur Theorie sozialer Systeme, Wiesbaden 1976. 38 Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt am Main 1988. Niklas Luhmann, Legitimation durch Verfahren, Frankfurt am Main 1983. 39 Soeffner, Vergesst eure Leitkultur (FN 28). 40 Peter Kielmansegg, Nachdenken über die Demokratie. Aufsätze aus einem unruhigen Jahrzehnt, 2. Aufl, Stuttgart 1981. 41 Wolfgang Kersting, (Hg.), Kritik der Gleichheit. Über die Grenzen der Gerechtigkeit und der Moral, Weilerswist 2002, 21. 42 Hartmut Rosa, Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt am Main 2006. 43 James Clifford, Routes. Travel and Translation in the Late Twentieth Century, Cambridge/Mass. 1997. 44 Elisabeth Bronfen u.a. (Hg.), Hybride Kulturen. Beiträge zur anglo-amerikanischen Multikulturalismusdebatte, Tübingen 1997. 45 Senghaas, Von Europa lernen (FN 19). 46 Andreas Rinke/Christian Schwägerl, 11 drohende Kriege. Künftige Konflikte um Technologien, Rohstoffe, Territorien und Nahrung, München 2012.

Vorliegender Text erschien im April dieses Jahres in der Ausgabe 119 der Zeitschrift »Politicum«. Den ersten Teil lesen Sie in der Fazitausgabe 122 vom Mai 2016 oder unter fazitmagazin.at. FAZIT JUNI 2016 /// 51


Wirtschaft

Globale Perspektiven des Wachstums Mitte Mai begaben sich hunderte Führungskräfte aus der Wirtschaft an der Universität St. Gallen zum 46. Symposium. Thomas Goiser war dabei und fasst einige Eindrücke zusammen.

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as Besondere an diesem Event ist, dass es allein von Studierenden organisiert wird. Unterstützung erhält das »International Students’ Committee« dabei von Dutzenden weiteren freiwilligen Studierenden. Gemeinsam schafften sie so auch heuer eine Konferenz der Extraklasse, bei dem die »leaders of today« auf die »leaders of tomorrow« treffen sollen – heuer zum 46. Mal. Gemeinsam diskutierten sie das große Thema der Zeit »growth – the good, the bad and the ugly« mit einer Reihe von Vortragenden sehr vielseitig und oft auch kontrovers. Hier nun einige Schlaglichter.

Tim Jackson, Vertreter der Idee einer »Postwachstumsgesellschaft«,beim Einführungsvortrag

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Foto: HSG

Ökonomie und Gesellschaft »post Wachstum« Tim Jackson, Professor für Nachhaltigkeit und Autor (»Wohlstand ohne Wachstum«) stimmte uns auf seine Vision einer Welt jenseits von Wirtschaftswachstum ein. Der Planet stößt von den Ressourcen her an Grenzen, »ab einem jährlichen Einkommen von ca. 10.000 Dollar pro Jahr nimmt der Nutzen von zusätzlichem Einkommen ab – Kindersterblichkeit sinkt ab, Bildung steigt. Es gibt eine moralische Verantwortung, dass wir in den reicheren Ländern mehr Raum für das benötigte Wachstum in den ärmeren Ländern schaffen.« Statt bisheriger »degenerativer industrieller« Investments tritt er für »regenerative« und langfristige Investments ein und wünscht sich einen Umbruch in der Volkswirtschaft. Kurz zusammengefasst hieße das fürs Leben »More fun with less stuff«. Wachstumsorientierte Sozialpartner Dagegen traten bei der folgenden Runde der Generalsekretäre der europäischen »Sozialpartner«, Markus Beyrer (Arbeitgeberverband Business Europe) und Luca Visentini (Gewerkschaftsverband ETUC), für »more fun with more stuff« ein. Beyrer meint: »Unser System baut darauf auf, dass wir den Kuchen größer machen, um mehr zum Verteilen zu haben.« Er warnt vor Deindustrialisierung, wenn Europa Kohlendioxidemissionen einspart, während anderswo zu schlechteren Bedingungen mehr und weiterproduziert wird. Wir haben keine Wahl, für mehr Arbeitsplätze brauchen wir erfolgreiche, innovative Unternehmen.« Grundlage dafür seien Reformen, die von den EU-Mitgliedstaaten auch umgesetzt werden, insbesondere in der Verwaltung und am Arbeitsmarkt. Visentini warnt vor Radikalisierung: »Etwa 30 Prozent der Arbeitnehmer wählen Populisten, derzeit weil sie ängstlich oder zornig sind, was ihre persönlichen Zukunftsaussichten betrifft. Die vergangenen Jahre Sparpolitik haben nicht geholfen. Mehr private Investitionen brauchen den Anstoß durch mehr


Wirtschaft

öffentliche Investitionen.« Oft seien Freelancer in der digitalen Wirtschaft neue Sklaven, dagegen helfe Wachstum, das neue Jobs schafft – mit guten Arbeitsbedingungen und fairen Löhnen.

Unternehmen mit Langfrist-Perspektive Der gebürtige Österreicher und Nestlé-Vorstandsvorsitzende Peter Brabeck-Letmathe plädiert für weniger ressourcenintensive Geschäftsmodelle, mit denen weiter Wachstum möglich sei . »Wir wollen für unsere Investoren langfristigen Mehrwert schaffen.« Daher veröffentlicht sein Unternehmen auch keine Quartalsberichte, das Feedback seiner Aktionäre darauf sei sehr gut und würde das Unternehmen bestärken, diesen Weg weiterzugeben. Die Politik dagegen sei weiterhin an kurzfristigen Zielen orientiert, bemängelt auch Brabeck: »Die Politik sollte das richtige Umfeld für mehr Wachstum schaffen, was dann höhere Steuerleistung bringt und wodurch die Verwaltung gleichzeitig effizienter wäre.«

Europäisches Vorzeigemodell Die Schweizer Verkehrs- und Umweltministerin Doris Leuthard erklärte für ihr Land: »Unsere Budgetdisziplin war sehr hilfreich, sie kombiniert Elemente von Austerität mit der Priorisierung auf bestimmte Ausgaben in den nächsten Jahren auf Forschung und Entwicklung.« Derzeit würden wir weltweit einen gewissen Rückfall in den Protektionismus erleben, was langfristig nicht sinnvoll sei. Besonders lobte sie das System der dualen Ausbildung (Lehre), das in den Ländern Mitteleuropas etabliert ist, für geringe Jugendarbeitslosigkeit und gut ausgebildeten Fachkräftenachwuchs sorgt, als vorbildliches Modell.

Grundlagen für gutes Leben schaffen Außerhalb Europas stellt sich die Situation ganz anders dar, zeigte etwa der indische Kongressabgeordnete Sachin Pilot auf: »Wachstum ist als Konzept heute in Politik aller Länder verankert, das bedeutet für jeden etwas anderes – oft etwa den Zugang zu Elektrizität, Bildung oder sauberem Wasser. Regierungen sollten dafür das richtige Ökosystem schaffen, indem sie stabile Rahmenbedingungen für eine funktionierende Wirtschaft schaffen.« Dabei sei nicht jede Reform positiv; in den reichen westlichen Ländern könnte man über ein Leben nach dem Wachstum reden. Singapurs Minister Chan Chung Sing erklärte, wie in seinem Land die Regierung versucht das unternehmerische Potenzial zu entfesseln. »Dies erfolgte in drei Stufen: Zuerst LEAD – gegen Marktversagen, dann ENABLE – in Form von Partnerschaften, schließlich SAFEGUARD – also Gewährleisten – für künftige Generationen.« In unterschiedlichem Ausmaß werden alle drei Rollen gleichzeitig angewendet. Singapur strebt ein langfristig stabiles und berechenbares regulatorisches Umfeld für Unternehmen an. Besonders wichtig ist die Aussicht auf soziale Durchlässigkeit: Jeder soll eine faire Chance haben, dass die nächste Generation es in die Top 20 Prozent schafft.

Vielschichtiger Ansatz Mathis Wackernagel, Entwickler des Konzepts des »ökologischen Fußabdrucks« erklärte, dass wir um zirka 60 Prozent der weltweiten Ressourcen jährlich mehr nutzen, als sich nachbilden können. Demnach leben wir heuer dem 8. August gewissermaßen »auf Kredit«. Ein Land wie die Schweiz würde vier Mal mehr Ressourcen verbrauchen, als ihrer Fläche entspricht. Er plädiert für Kostenwahrheit (inklusive aller externen Kosten): »In vier Bereichen können wir eingreifen: Design der Städte, Energiesystem, Nahrungskette und schließlich – am heikelsten – Anzahl der Menschen auf diesem Planeten. Das bedeutet vor allem, dass wir in die Ausbildung von Frauen investieren müssen.«

Ungleichheit bekämpfen Mari Kiviniemi, früher Ministerpräsidentin von Finnland und heute Generalsekretärin der OECD, erklärt: »Die Ungleichheit von Möglichkeiten und Ergebnissen in der Gesellschaft sind zwei Seiten einer Medaille.« Die Ungleichheit der Einkommen sei in den vergangenen 25 Jahren gestiegen, darauf folgen unterschiedliche Lebenschancen von Kindern: »Chancen auf höhere Bildungsabschlüsse hängen stark vom sozio-ökonomischen Hintergrund ab. Das gleiche gilt für den Gesundheitszustand: Personen mit höherer Ausbildung haben eine um sechs Jahre höhere Lebenserwartung.« Über die Jahre hemmt Ungleichheit höheres Wirtschaftswachstum, einen Ausweg versucht die OECD mit dem Projekt »Inclusive Growth«, das Ungleichheit, Wachstum von Einkommen, Lebenserwartung, Wirtschaftswachstum, Lebensumstände und Arbeitslosigkeit kombiniert und politische Empfehlungen abgibt. Kiviniemi weiß: »Langfristig braucht es Investitionen in ein neues Energiesystem und Infrastruktur.« An mehr langfristigem Denken führt wohl kein Weg vorbei. Bleibt eine Frage: Wie lange haben wir (noch) Zeit, Wachstum und langfristiges Denken miteinander in Einklang zu bringen und in Politik und Wirtschaft durchzusetzen? WEITERE INFORMATIONEN Bereits seit 1970 findet das St. Gallen Symposium jährlich an der Universität St. Gallen (HSG) statt, mittlerweile mit rund 1.000 Gästen aus 70 Nationen. Veranstalter ist das International Students' Committee (ISC), ein studentischer Verein. Ziel der Dialog der die »Leaders of today« mit den »Leaders of tomorrow« über die großen Themen der Zeit. symposium.org

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Kurz & News

Missoni-Event im ZickZack-Muster

Das nullneun, Restaurant mit Hauben-Niveau und Event-Location, präsentiert sich ab sofort in neuer Website-Optik. Im nullneun wird Vielseitigkeit nicht nur kulinarisch gelebt: Beliebter Treffpunkt für ein Mittagsmenü oder einen Kaffee zwischendurch, Bar, Abendlokal und begehrter Veranstaltungsort – all das begeistert in einem architektonisch besonderem Rahmen. Küchenchef Robert Ferstl sorgt dafür, dass traditionelle Gerichte völlig neu interpretiert werden und dennoch ihrem Ursprung treu bleiben. Als Event-Location ist das nullneun vielseitig nutzbar und überzeugt mit einer individuellen kulinarischen Begleitung sowie einer zentralen Lage mit optimaler Verkehrsanbindung. All das und noch mehr Infos jetzt neu unter: www.nullneun.at

WB verleiht Human Resources Award 2016 Bereits zum vierten Mal verlieh der WB Steiermark zum Tag der Arbeitgeber am 30. April den Human Resources Award, heuer an Egon Maurer, Eigentümer der SiS Security Gebäudetechnik GmbH. Der Spezialist für Sicherheits- und Kommunikationstechnik mit Sitz in Lieboch ist seit 1999 im Geschäft und hat zwei Standorte in Salzburg und Schwechat. „Unternehmer wie Egon Maurer bilden das Rückgrat unserer steirischen Wirtschaft. Sie geben unserer Bevölkerung Arbeit, bilden junge Leute aus und übernehmen Verantwortung. Mit dem Human Resources Award wollen wir dazu beitragen, dass das Unternehmertum die Wertschätzung erfährt die es sich verdient hat“, so Wirtschaftsbunddirektor Kurt Egger. 54 /// FAZIT JUNI 2016

Schnuppertage bei Spar begeistern Jugendliche Die bunte und spannende Welt der Lebensmittel kennenlernen und Lust auf einen Job im Lebensmittel- und Einzelhandel bekommen – bei den Nachwuchs-Schnuppertagen bei Spar herrschte großer Andrang. Am 12. bzw. 13 April 2016 durchliefen 66 Schülerinnen und Schüler die Stationen Obst & Gemüse, Feinkost und die Kassa. Eva-Maria Wimmer, Lehrlingsbeauftragte bei Spar, freut sich über den Erfolg des Programms: „Trotz Fachkräftemangels und geburtenschwacher Jahrgänge hatten wir im Jahr 2015 enorm viele Bewerbungen.“ Ständig im Steigen sei auch die Nachfrage nach dem Programm „Lehre mit Matura“. Derzeit machen über 230 Lehrlinge bei Spar Steiermark und Südburgenland ihre Ausbildung in zwölf Berufen.

Fotos: MP Group, Manfred Lach, Gernot Muhr, Wirtschaftsbund,

nullneun in neuer Optik

Bunt gemixt, wie die farbenfrohen Muster der italienischen Kultmarke Missoni, war auch das Publikum bei Gangl Interieur in Graz bei der Ausstellungspräsentation von „Missoni. Eine Lebenseinstellung“. Margareta Maxonus erzählte ORF-Lady Renate Rosbaud von ihrer über Jahrzehnte andauernde Leidenschaft für Missoni, der Marke mit dem berühmten Zick-Zack-Muster. Sie stellte ihren persönlichen Fundus an exklusiven Stücken die Ausstellung zum Verkauf zur Verfügung. Tochter Margarita fuhr im Missoni-überzogenen Käfer vor. Udo Gangl freute sich über die Kooperation: „Alles was polarisiert, empfinde ich als Bereicherung, und Missoni polarisiert.“ Die Ausstellung läuft noch bis 31. Mai bei Gangl-Interieur in der Kaiserfeldgasse.


Foto: Robert Frankl

Kurz im Gespräch mit

Foto: Landespressedienst / Krug

Christian Buchmann steirischer Wirtschaftslandesrat

(v.l.n.r.) LR Johann Seitinger, HR Wilhelm Himmel, Ingrid Gady und Nicole A. Prutsch (Verein Lichtblick), Alfred Hrusca (Lions) und LR Jörg Leichtfried bei der Verleihung zum Lions-Nachhaltigkeitspreis 2015

Lions-Nachhaltigkeitspreis 2015 für Ehrenamtliche I

m Rahmen des 15. Energie- und Nachhaltigkeitspreises des Landes Steiermark haben rund 80 Organisationen und Initiativen ihre Projekte eingereicht. Der Verein Lichtblick war mit dem Projekt „Brückenbauer“ unter den Gewinnern des Lions-Nachhaltigkeitspreises 2015. Neben dem Energy Globe Styria Award haben am 28. April Landesrat Johann Seitinger, Governor Alfred Hrusca und der Nachhaltigkeitskoordinator des Landes Steiermark, Wilhelm Himmel, den Lions-Nachhaltigkeitspreis 2015 vergeben. Unter dem Motto „Nachhaltiges Generationenleben“ wurden zwei Projekte vor den Vorhang geholt, die sich in einem hohen Ausmaß durch ehrenamtliche Tätigkeiten und Engagement ausgezeichnet haben. Der mit 1.000 Euro dotierte Lions-Nachhaltigkeitspreis für das Projekt „Helfen mit Herz“ wurde von Ingrid Gady und Nicole Prutsch entgegengenommen. Ihr Verein Lichtblick wurde im März 2011 in

Graz mit dem Ziel gegründet, an ehrenamtlicher Tätigkeit interessierte Personen anzusprechen und ein Netzwerk von gelebter Nachbarschaft über Generationen und soziale Gruppen hinweg aufzubauen. Er koordiniert und unterstützt sozial nachhaltige Hilfe für Menschen in Notlagen. Derzeit zählen etwa 300 Leute zu den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern des Vereins – Menschen aller Altersgruppen, die ihre Freizeit für ein sinnvolles Miteinander und Füreinander einbringen. „Seit fünf Jahren läuft dieses Projekt und das durchaus erfolgreich“, freut sich die stellvertretende Obfrau des Vereins Lichtblick, Nicole Prutsch. Das Projekt „treff*eltern“ des Katholischen Bildungswerks der Diözese Graz-Seckau wurde mit dem Nachhaltigkeitspreis in Höhe 3.000 Euro ausgezeichnet, worüber sich Charlotte Funk und Ute Paulweber ebenfalls sehr freuten.

Was bedeutet für Sie die Vergabe des Berufswettbewerbs der Euroskills 2020 an Graz? Wir freuen uns, dass wir in vier Jahren die besten Nachwuchsfachkräfte aus ganz Europa bei uns zu Gast haben. Die steirischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren bei Berufs-Welt- und Europameisterschaften immer sehr erfolgreich und haben gezeigt, dass die betriebliche Ausbildung in den steirischen Unternehmen Weltmeister-Qualitäten hat. Die Euroskills sind Chance und Auftrag zugleich, ein stärkeres Bewusstsein für die duale Ausbildung in der Steiermark zu schaffen. Worin liegen die Stärken des dualen Ausbildungssystems für Lehrlinge? Ein modernes Berufsbildungssystem zeichnet sich durch die Verbindung einer praxisorientierten Ausbildung mit der Vermittlung von fundiertem theoretischem Wissen und Schlüsselkompetenzen aus. In den Lehrbetrieben wird den Jugendlichen eine hohe Ausbildungsqualität geboten und auch in den Berufsschulen gibt es ein gut eingeführtes Qualitätssicherungssystem.

In manchen Sparten zeichnet sich ein Mangel an Nachwuchskräften ab, was kann die Politik dagegen unternehmen? Wir müssen das Bewusstsein für die Berufsausbildung stärken und jungen Menschen zeigen, welche spannenden Arbeits- und Ausbildungsplätze es bei uns gibt. Wir tun das im Wirtschaftsressort mit Initiativen wie „Take Tech“ oder dem Projekt „Erlebniswelt Wirtschaft“. Mit dem Förderungsprogramm „Profi!Lehre“ unterstützen wir Lehrlinge, die über die betriebliche Ausbildung hinaus Zusatzqualifikationen erwerben.

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Bildung

Lange Nacht der Forschung war Publikumsmagnet

Foto: Manfred Krug

Tausende Menschen nutzten das Angebot der „Langen Nacht der Forschung“ am 22. April 2016, um die Gegenwart und Zukunft der Forschung in der Steiermark hautnah zu erleben.

Wissenschaftslandesrat Christopher Drexler und Joanneum Research-GF Wolfgang Pribyl freuen sich sichtlich über den Riesenerfolg der Langen Nacht der Forschung.

Foto: Manuela Schwarzl / JR

Auch die Kleinsten konnten die Faszination Forschung hautnah unter fachkundiger Anleitung miterleben.

M

ehr als 25.000 Menschen, darunter viele Kinder und Jugendliche, besuchten am 22. April die über 200 Erlebnisstationen bei der „Langen Nacht der Forschung“ in Graz und Leoben. Erleben, staunen und mitmachen lautete das Motto und so ließen sich Jung und Alt von packenden Vorträgen, Workshops, Experimen56 /// FAZIT JUNI 2016

ten und Exponaten bis spät in die Nacht begeistert mitreißen. Die Auswahl an faszinierenden Forschungsthemen war groß: Man konnte einen Blick auf die Eismonde des Jupiters werfen, mit Licht Musik machen oder dem Planeten Erde beim Atmen zusehen. Es war möglich, einen Blick durch Datenbrillen auf unsere Zukunft zu werfen

und den Frühlingsgefühlen auf die Spur zu kommen.

Wissenschaft und Unternehmen im Verbund Mit dabei waren die Karl-Franzens-Universität, die TU Graz, die Medizinische Universität, die Kunstuniversität, die Montanuniversität Leoben, die FH Joanneum – University of Ap-

plied Sciences, der „Campus 02“ – FH der Wirtschaft, die Joanneum Research, das Ludwig Boltzmann Institut für Klinisch-Forensische Bildgebung, die ÖAW – Institut für Weltraumforschung, die KPH und die PH Steiermark. Doch nicht nur die Welt der Wissenschaft an den Universitäten, sondern auch jene Unternehmen, wie ams, Anton Paar, XAL, AT&S, AVL List und viele andere, die hinter ihren sonst verschlossenen Türen neueste Technologien für den Weltmarkt entwickeln, zählten zu den Highlights der Veranstaltung. Wissenschaftslandesrat Christopher Drexler zeigte sich erfreut über den Andrang: „Die Lange Nacht der Forschung eröffnete beeindruckende Einblicke in die Welt der Wissenschaft. Ganz besonders stolz sind wir in der Steiermark auf die einzigartige Vernetzung der einzelnen Universitäten untereinander sowie auf die Kooperationen zwischen den Forschungsinstitutionen und der Wirtschaft.“ Faszinierende Technologien Ganz besonders fasziniert zeigten sich die Besucher bei Joanneum Research von den Möglichkeiten der Nanotechnologie, durch die etwa Minilabors zum Aufspüren von gefährlichen Krankenhauskeimen auf Folie gedruckt werden können. Eines der Highlights war das Laserharfen-Konzert des Künstlers Ralph Light. „Forschung ist unsere Geschäftsidee. Wir freuen uns, die komplexe Arbeit unserer Forscherinnen und Forscher bei der Langen Nacht der Forschung sichtbar machen zu können“, so Joanneum-Research-GF Wolfgang Pribyl. Natürlich war für viele Besucher die Zeit viel zu kurz, um alle faszinierenden Themen in Ruhe zu vertiefen und zu erleben. Für das Frühjahr 2018 ist daher bereits die Ausrichtung der nächsten „Langen Nacht der Forschung“ vorgesehen.


Bildung

Berufsbegleitend studieren

Anzeige Foto: Marion Luttenberger

Study your dream @ FH JOANNEUM

Noch nicht beworben? Die Bewerbungsfrist der FH JOANNEUM endet am 1. Juni 2016 Der Sommertermin für eine Bewerbung an der FH JOANNEUM endet am 1. Juni 2016. Bis dahin haben Studieninteressierte noch die Möglichkeit, ihre Bewerbungsunterlagen einzureichen und einen der begehrten Studienplätze im Studienjahr 2016/17 zu ergattern.

P

raxisorientierte Lehrveranstaltungen, moderne Infrastruktur und Lernen in Kleingruppen – das sind einige der Vorteile für Studierende an der FH Joanneum. Das Studienangebot orientiert sich an den technologischen Herausforderungen und den Bedürfnissen der Wirtschaft und fokussiert sich voll und ganz auf die Berufsfähigkeit der Absolventinnen und Absolventen. Es ist noch nicht zu spät, um sich für sein Wunschstudium an den Departments für Angewandte Informatik, Bauen, Energie & Gesellschaft, Engineering, Gesundheitsstudien, Management und Medien & Design zu bewerben. Insgesamt 41 von 47 Bachelor- und Master-Studiengängen bieten eine Bewerbungsfrist bis 1.

Juni 2016 an. Auch Bewerberinnen und Bewerber, die beim Frühjahrstermin einen Wartelistenplatz oder eine Absage bekommen haben, können sich bis dahin für ein anderes Studium an der FH Joanneum bewerben. Für einzelne Studiengänge ist darüber hinaus eine Bewerbung für den Herbsttermin möglich. Die Details dazu gibt es ab 2. Juni 2016 auf der Website der FH Joanneum. Weitere Informationen zu den Studiengängen, den Studienplätzen und dem Aufnahmeverfahren findet man unter: www.fh-joanneum.at.

as Studienzentrum Weiz bietet auf praxiserfahrene Ingenieure abgestimmte Studienlösungen an. Durch Anerkennung von bereits erworbenen Kompetenzen haben HTL-Absolventen die Möglichkeit, den akademischen Grad Dipl.-Ing. (FH) bzw. Dipl.-Wirtschaftsing. (FH) in nur zwei Jahren zu erlangen. Der Studienablauf ist mit der Kombination aus Präsenzeinheiten und Fernstudium optimal auf die Bedürfnisse Berufstätiger abgestimmt. An 6 bis 7 Wochenenden (Freitag/Samstag) pro Semester finden Vorlesungen am Studienstandort statt, am Semesterende ist eine Blockbzw. Prüfungswoche eingeteilt. Die Diplomstudiengänge der Hochschule Mittweida werden in den Fachrichtungen Wirtschaftsingenieurwesen, Technische Mechanik, Maschinenbau und Elektrotechnik österreichweit angeboten.

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Dipl.-Wirtschaftsing. (FH) Wilfried Dornhackl: »Dieses Studium war die ideale Fortsetzung zum HTLAbschluss und meiner Berufspraxis.« Nächste Studienstarts im Herbst 2016 an den Standorten Weiz und Bulme Graz. Besuchen Sie unsere Informationsabende, wir beantworten gerne alle Fragen rund ums Studium. Alle Termine unter: www.aufbaustudium.at

Studien- und Technologie Transfer Zentrum Weiz Tel. +43 3172 603 4020 info@aufbaustudium.at

Termine für Infoabende unter

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Vom Ing. zum Dipl.-Ing. (FH) in 2 Jahren, berufsbegleitend mit Fernstudienelementen

Ein Studium der HS Mittweida

Nächste Studienstarts im September 2016: in Weiz und an der HTBLuVA Wr. Neustadt in Weiz an der Bulme Graz

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FAZIT JUNI 2016 /// 57


Interview

Die Lehre ist das Fundament für den Erfolg im Berufsleben In Anknüpfung an die Titelgeschichte der letzten Ausgabe sprach Josef Schiffer für »Fazit« mit Hermann Talowski, dem Spartenobmann für Gewerbe und Handwerk in der WKO Steiermark – die Betriebe sind zusammen genommen der größte Lehrlingsausbildner des Landes – über die Situation in der Lehrlingsausbildung, den drohenden Nachwuchsmangel und seine Forderungen an die Politik.

Lehre und Berufswahl sind angesichts der wirtschaftlichen Situation und der Arbeitslosigkeit in den Medien derzeit ein beherrschendes Thema. Was hat sich gegenüber früher geändert? Früher war es in vielen Familien ganz normal, eine Lehre zu beginnen, nachdem man die Hauptschule absolviert hatte. Entsprechend den jeweiligen Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgte die Berufswahl auf Anraten der Eltern oder durch die Berufsberatung in den Schulen. Die interessierten Schüler konnten sich in Form von Schnupperlehren und bei Betriebsbesichtigungen über die Möglichkeiten informieren. Die Bürokratie für die Unternehmer hat leider bei der Ausbildung von Lehrlingen in den vergangenen Jahren extrem zugenommen. Ein weiterer Punkt ist die Liberalisierung der Gewerbeordnung, die in vielen Berufen eine unternehmerische Tätigkeit mit eingeschränkter Gewerbeberechtigung erlaubt, ohne einen Meistertitel erworben zu haben. Das bedeutet aber zugleich, dass diese Betriebe keine Lehrlinge ausbilden dürfen. Was erwarten Sie von der Politik, um die Situation zu verbessern? Es liegt an der Politik, die Rahmenbedingungen zu verbessern, Bürokratie wieder abzubauen und positive Impulse zu stär58 /// FAZIT JUNI 2016

ken. Hier wurden leider Fehler begangen, wie die Abschaffung des Qualifikationsbzw. des Blum-Bonus, die die Lehrausbildung in der Halbzeit evaluierten und mit einem finanziellen Anreiz verbunden haben. Außerdem brauchen wir mehr Flexibilisierung bei den Dienstverhältnissen. Und es bedarf ausreichend Kindergärten und Betreuungseinrichtungen, auch in den Sommermonaten, um junge Mütter besser in das Berufsleben einbinden zu können.

Wie schätzen Sie allgemein die Situation in Bezug auf Faktoren wie Qualität und Leistungsbereitschaft ein? Die Voraussetzungen waren eigentlich noch nie so gut wie heute. Wir haben ein transparentes Bildungs- und Ausbildungssystem, das es jedem jungen Menschen ermöglicht, einen Beruf zu finden und das zu lernen, was seinen Talenten entspricht. Unsere Betriebe bilden auf höchstem Niveau aus, wie die Ergebnisse bei internationalen Bewerben der Nachwuchsfachkräfte wie Euroskills Jahr für Jahr beweisen. Wir haben schon vor Jahren das Programm „Helle Köpfe, geschickte Hände“ initiiert, wo wir in vielen Veranstaltungen an den Schulen gezielt an die Schüler und Schülerinnen herantreten und sie über die vielfältigen Möglich-

keiten in Lehrberufen informieren. Dabei ist es wichtig, sich auch die Perspektiven anzusehen und nicht einfach aus Bequemlichkeit einen der Mainstream-Berufe zu ergreifen, wie Verkäufer, Friseurin oder Mechaniker. Viele junge Menschen sind bereit, diese Chancen zu nutzen, sie sind engagiert und zu Spitzenleistungen fähig. Das duale System, wie wir es haben, hat sich dabei als Erfolgsmodell bewährt.

Die Wirtschaft braucht Fachkräfte – tut man in den Betrieben genug, um qualifizierten Nachwuchs zu sichern? Die Lehrstellen sind nicht das Problem – es gibt genug davon. Es gibt allerdings zu wenig junge Menschen, die sich für diese Lehrstellen bewerben. Das hat zum einen mit demographischen Faktoren zu tun, andererseits mit der Konkurrenz durch die Schulen. Überspitzt könnte man sagen: Wer heute 15 Jahre alt ist, zählt zu den begehrtesten Menschen dieses Landes! Das allein reicht aber nicht. Wir können es den Jungen und vor allem auch deren Eltern nicht ersparen, daraus die richtigen Konsequenzen abzuleiten und sich intensiv mit dem Thema Ausbildung – egal ob Lehre oder Schule – auseinanderzusetzen. Und von Seiten der Wirtschaft haben wir auf diese Situation mit gezielten Maßnahmen reagiert. Mit kommenden Herbst


Foto: Sonnleitner

»Das duale System in der Lehrausbildung, wie wir es in Österreich haben, hat sich als Erfolgsmodell bewährt. Heute kann man als gefragter Facharbeiter oder Handwerker ebenso einen ansehnlichen Lebensstandard erreichen wie als Akademiker.«

Hermann Talowski, Spartenobmann für Gewerbe und Handwerk WKO Steiermark

wird das neue Talent.Center der WKO Steiermark seine Pforten öffnen und den Schülern, die sich für eine Lehre interessieren, die Gelegenheit geben, ihre berufsund arbeitsmotorischen Fähigkeiten in einem anspruchsvollen Testumfeld auszuloten und basierend darauf eine vernünftige Berufswahl zu treffen. Früher hat es oft geheißen: »Wer brav lernt, darf weiter zur Schule gehen«. Heute kann man sagen, wer gute Fähigkeiten hat, darf eine Lehre beginnen, die anderen müssen weiter zur Schule gehen. Viele Unternehmen beklagen mangelhafte Kenntnisse der angehenden Lehrlinge in Kernkompetenzen wie Deutsch oder Rechnen. Wo liegen die Ursachen und was sollte man verbessern? Jede Ausbildungsdiskussion ist automatisch auch eine Bildungs- und Schuldiskussion. Ja, es gibt bei vielen jungen Menschen eklatante Mängel in elementaren Kompetenzen. Den schwarzen Peter darf man nicht nur den Schulen zuzuschieben. Die Lehrerinnen und Lehrer haben genug damit zu tun, diese Situation zu verbessern und sie leisten viel dabei. Deswegen sind die Schulen auch wichtige Partner für uns bei der Informationsarbeit. Das Problem sitzt im Kern woanders, etwa bei der wirtschaftlichen und sozialen Situation

in den Elternhäusern. Wenn sich das mit Desinteresse an Ausbildung und sozialer Verwahrlosung verbindet, dann haben wir einen gefährlichen Mix. Eine Lehre gibt diese fehlende Struktur wieder zurück, sie sorgt für Stabilität, sie kann junge Menschen auffangen und wieder das Beste aus ihnen herausholen. Ja, man kann durchaus sagen: Eine Lehre kann Leben retten! Wie sieht es bei den Migranten aus in Bezug auf Lehre aus, gibt es dort mehr Barrieren und Vorbehalte seitens der Betriebe? Natürlich ist das eine schwierige Gruppe. Hier müssen sich beide Seiten noch mehr anstrengen: Die jungen Migranten müssen zeigen, dass sie den Willen haben, etwas zu leisten und einen Beitrag zur Gesellschaft zu erbringen, und die Betriebe müssen ehrlich bereit sein, ohne Vorurteile zu handeln. Ich sehe das wirklich absolut neutral, und ich war mit einer in meinem Unternehmen beschäftigten Bosnierin ebenso wie meine Kunden hochzufrieden. Der Hauptpunkt ist aber natürlich das Beherrschen der Landessprache, ohne gute sprachliche Verständigung sind sowohl Ausbildung als auch die Kommunikation mit den Kunden schlicht unmöglich. Aber eines steht ebenso fest: Integration kann nur über Arbeit gelingen! Alles andere funktioniert auf Dauer nicht.

Es gibt ja auch alternative Wege in die Lehre – ist die Lehre auch für Maturanten oder Schulabbrecher eine Option? Es kommt nicht so sehr darauf an, woher jemand kommt, sondern was jemand will! Jeder, der sich für eine Lehre entscheidet, ist in unseren Betrieben willkommen. Schulabbrecher und Maturanten sind genau so interessant wie Leute, die über den „klassischen“ Weg kommen. Der Zulauf zu den höheren Schulen hält ungebrochen an, wie mir kürzlich Landesschulratspräsidentin Elisabeth Meixner mitteilte. In vielen Fällen stellt sich erst später heraus, dass es vielleicht nicht die richtige Entscheidung war und man durch ein Studium auch nicht unbedingt bessere Berufsaussichten hat bzw. im schlimmsten Fall seinen Lebensunterhalt als Taxifahrer verdienen muss. Das liegt leider auch oft an der mangelnden Verantwortung von Eltern, die das diffuse Gefühl haben, dass es das eigene Kind einmal besser haben soll und dabei ganz übersehen, dass man heute als gefragter Facharbeiter oder Handwerker gut verdienen und einen ansehnlichen Lebensstandard erreichen kann, der sich vor jenem von Akademikern nicht zu verstecken braucht. Erfolg kann man überall haben, wenn man mit Freude und Engagement seine beruflichen Aufgaben erfüllen kann. FAZIT JUNI 2016 /// 59


Innovation

Innovation

Personalverrechnung ist etwas für Profis. Wer sich im Dickicht von Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, Dienstgeberbeiträgen, Zulagen, Pauschalen, Steuern und dergleichen nicht völlig verirren will, braucht eine helfende Hand. Aber auch die Allerdings nur mit gibt entspreonalen Konturen ermöglicht. Profis in diesem Gebiet brauchen Unterstützung – Erfolgs!Duo sie ihnen. chendem

handwerklichem

Die Steirische Wirtschaftsför-

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Tischler 2.0: Vom Gartentisch bis zum Raus aus dem Dschungel Hochzeitsfoto und individuelle Beratung für das Unternehmen, in und dem kompetenter ich damals Service Verständnis derung SFG unterstützt diesind Stärken.“ Deutschmann Ihr umfassendesmit Wissen angestellt war“, erzählt BirgitErst Oswald. Programmierung. die per-unsere Tischlerei Das ging aber nur bis zu einem gewissen in Personalfragen kam ihr auch zugute, fekte Kombination aus Mensch dem Förderungsprogramm Grad. „Irgendwann wurde der Wunsch als sie plante, die erste Mitarbeiterin einund Maschine macht SpitzenLebens!Nah fürich diegenau wirtschaftgerechnet, seitens des Unternehmens immer größer, zustellen. „Da habe produkte wie dieArbeitsplatz von Deutsch-ob sich lichedasEntwicklung des ländli- der wohl ausgeht. Aufgrund dass ich wieder an meinen möglich. chen Raums. Termine und Fristen, die ich einnach Graz mann komme.“ Verständlich, war vielen Die12Deutschmann GmbH istzuhalten hatte, schaffte ich es aber ohnesie dort doch Jahre lang als Leiterin der Personalverrechnung einer großen hin nicht alleine.“ Inzwischen hat Oswald ein südsteirischer Familienbezweite Mitarbeiterin aufgenommen Steuerberatungskanzlei tätig. Die Süd-DereineDeutschmann trieb in vierter Generation. GmbH die sie gerade ausbildet. Alle drei steirerin wollte ihre beidendes Söhne nicht hat, 8424 Schwerpunkt UnternehGabersdorf 60 alleine lassen. Also machte sie sich als Damen sind übrigens Mütter und demmens ist die ganzheitliche Gedeutschmann.cc Personalverrechnerin im südwest- entsprechend wird bei Sibit Rücksicht staltung von Räumen jeglicher steirischen Wernersdorf selbstständig. auf das Familienleben genommen. Birgit Art. Konzeptionierung, Gründungsjahr: 1908– drei Damen und ihr Team Und das mit so großem Erfolg, dass siePla-Oswald nung und der Bau sämtlicher Mitarbeiteranzahl: 13 Personalverbald Hilfe brauchte – und mit Erfolgs!Duo als Wegweiser aus dem Möbelstücke aus einer Hand.rechnungsdschungel. auch bekam. Das Förderungsprogramm der Steirischen Wirtschaftsförderung Hochwertige Outdoor-Möbel SFG fördertund Jungunternehmen bei der Objekteinrichtungen, zum AusstattungBeispiel des Arbeitsplatzes für den Möbel in KrankenhäuInnovative steirische ersten Mitarbeiter. Birgit Oswald nahm sern, erweitern das Angebot Unternehmen: diese Hilfe an und engagierte ihre erste von Deutschmann. die der Terrasse oder dem BalEine Serie der Steirischen Mitarbeiterin. „Als Personalverrechnerin CNC (Computerized Numerikon eine eigenständigeistNote Wirtschaftsförderung SFG man verpflichtet, sich permanent cal Control)-Maschinen sind geben. weiterzubilden“, erklärt sie die HerausFertigungsmaschinen, die mit Neben dem großartigenforderungen Handihrer Tätigkeit. „Laufende Hilfe moderner computerwerk hilft beim Fertigen der Änderungen in den gesetzlichen Vordazu. Damit basiertereinen Steuerungstechnik Spitzenprodukte ein schriften hoch- zwingen sind viele vor allemund kleine und mittlere schnell präzise Werkstümodernes 5-Achs-CNC-BeUnternehmen und ressourcenckefachlich bearbeiten, zum Beispiel arbeitungszentrum. Klingt mäßig überfordert. Deshalb lagern sie die fräsen oder schneiden. kompliziert – ist es auch. Die Personalverrechnung aus.“

H

Foto: Schiffer

aben Sie schon einmal einen Schuhlöffel oder einen Serviettenring von Ihrem Tischler bekommen? Oder Ihr Hochzeitsfoto als Holzrelief? Nein? Dann sollten sie in die Südsteiermark zur Tischlerei Deutschmann schauen. Hier wird handwerkliche TraditiBeim 5-Achsen-Fräsen kann Hightech-Maschine kann on groß geschrieben – genau diebrutto Maschine selbstständig alle möglichen wie Innovation. Den Kunden Mehr als nur und den nettoFräser unter jedem Winkel am Werkstück und unmöglichen Konturen immer Neues bieten. Wie zum Ihr Unternehmen nannte sie Sibit: Service, bearbeiten. fräsen und so schwungvollstes Beispiel komplett nach eigeindividuellepositionieren Beratung, und individuelles Training. den die Anfangsbuchstaben So wird Fertigung von exin alleOswald Möbel oder Ge- Aus nen Designs undMitVorstellunHilfe der SFG Design konnte Birgit dieser Wörter sich der Firmentremsetzt komplexen dreidimensibrauchsgegenstände zaubern. gen gefertigte Outdoormöbel, bereits zwei Mitarbeiterinnen einstellen. name zusammen. Und der ist Programm: „Man muss dem Kunden mehr bieten, als nur vom Brutto zum Netto zu rechnen. Lebens!Nah - Die Förderung für umfassende chuld“ an ihrer Karriere als Nahversorgung Unter- Ich mache nicht nur die Personalvereigentlich ihre Söhne rechnung, sondern berate meine Kunden Lebensqualität vornehmerin Ort ist densind Menschen in der Steiermark besonders wichtig. Deshalb gibt es mit Tobias und Simon. „In der Karenz auch in der Personalplanung und schule Lebens!Nah einearbeitete Initiative,ichum die die regionale Wirtschaftskraft zu stärken und Betriebe des tägliteilweise von zu Hause aus die Mitarbeiter der Personalabteilungen.

S

chen Bedarfs in den Gemeinden zu unterstützen. Gefördert werden Kleinst- und Kleinbetriebe (auch Gründer) der Bereiche Handel, Gewerbe und Handwerk sowie Dienstleistungen bei Aufwendungen Informationen zu Förderungsmöglichkeiten für Investitionen Die undSteirische Marketingaktivitäten über NeueSFG Medien. Der Hauptumsatz muss mitUnterPrivatWirtschaftsförderung unterstützt innovationsfreudige kunden erwirtschaftet werden! nehmen in der Steiermark bei Forschung und Entwicklung und ihrem Wachstum, damit diese neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen erfolgreich am Markt

Weitere Infos unter www.sfg.at etablieren können.

22 /// FAZIT JÄNNER 2014

60 /// FAZIT JUNI 2016

Steirische Wirtschaftsförderung

Nikolaiplatz 2 8020 Graz +43 316 70 93-0 http://sfg.at


Beste NachwuchsSchweißer gekürt

Anzeige Foto: Wirtschaftsbund

D WB-Dir. Kurt Egger, WKO-Präs. Josef Herk, Staatssekretär Harald Mahrer und RLB-GDir. Martin Schaller einig gegen Abschaffung des Bargeldes.

Wirtschaftsbund Steiermark fordert Erhalt des Bargelds

I

m Rahmen der Businesslounge des Wirtschaftsbunds Steiermark stellten die Diskutanten klar, dass es zu keiner Entmündigung des Bürgers durch eine Bargeldabschaffung kommen darf. Über 80 Unternehmerinnen und Unternehmer informierten sich aus erster Hand über die drohenden Gefahren einer Bargeldabschaffung. Gegen eine Entmündigung der Bürger sprachen sich unisono alle drei Diskutanten aus. Staatssekretär Harald Mahrer kämpft an vorderster Front für den Erhalt des Bargelds. »In Wahrheit geht es darum, Bargeld schrittweise abzuschaffen, um Negativzinsen leichter an die Bürger weitergeben zu können. »Das ist ein Angriff auf alle Sparer und ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Freiheitsrechte. Der Staat soll für den Bürger da sein und nicht umgekehrt«, stellt Mahrer klar. Dass Bargeld als Zahlungsmittel in der Wirtschaft nicht wegzudenken sei, unterstreicht WK-Präsident Josef Herk: »Die steirische Wirtschaft hat sich klar gegen die Abschaffung des Bargeldes ausgesprochen. Argumente wie Geldwäsche-

bekämpfung kriminalisieren die Unternehmer pauschal. Das lassen wir nicht zu. Auch wenn die Diskussion derzeit weit entfernt wirkt, müssen wir für unsere unternehmerische Freiheit kämpfen!«

ie besten 24 Nachwuchs-Schweißer der Steiermark bewiesen ihr Können am 29. April am WIFI Steiermark beim Landesbewerb zu den Jugend-Schweiß-Masters 2016. Stundenlang wurden Werkstücke präzise nach Konstruktionszeichnungen gefertigt – mit zahlreichen Schweißverbindungen, die es möglichst exakt auszuführen galt. Die fachkundige Jury kürte nach ausführlicher Vermessung und Schweißnahtprüfung der Werkstücke Alexander Ropposch (Fa. Künz, Groß-Sankt Florian) als Sieger im Spezialisten-Wettbewerb und Michael Hasenhüttl (Fa. Andritz) als Sieger beim Kombinations-Wettbewerb. Qualifizierte Schweißer sind

Foto: WIFI / Melbinger

Wirtschaft

(v.l.n.r.) Gerhard Sailer, die Sieger Alexander Ropposch und Michael Hasenhüttl sowie Anton Schmid gefragte Mitarbeiter. »Vor allem bei den Schweißern ist regelmäßige Weiterbildung unerlässlich, weil sich die technischen Anforderungen durch die immer strengeren Normen laufend erhöhen«, weiß Gerhard Sailer, verantwortlich für den Bereich Schweißtechnik am WIFI Steiermark. Die Gewinner werden im Oktober ihr Können bei den Bundesmeisterschaften unter Beweis stellen.

Maßnahmen zur Konjunkturbelebung sind wichtiger RLB-Generaldirektor Martin Schaller stellte klar, dass es keine Notwendigkeit gebe, am Bargeld zu rütteln: »Die Regionalbanken sind der Blutkreislauf einer funktionierenden Wirtschaft. Wir sollten über sinnlose Negativzinsen, die keinerlei Effekt haben, und über die Ankurbelung unserer Konjunktur sprechen, anstatt mit unsachlichen Argumenten das Bargeld infrage zu stellen.« Wirtschaftsbunddirektor Kurt Egger nimmt die europäische Ebene in die Pflicht und fordert ein Ende der Überregulierung: »Statt ständig neue Angriffe auf das Unternehmertum zu starten, sollte man erkennen, dass wir mehr Wachstum benötigen, statt durch Überregulierung im Finanzsektor Investitionen zu erschweren!«

FAZIT JUNI 2016 /// 61


Anzeige Fotos: Woche / Andreas Schuc

Wirtschaft

Aribert Wendzel, GF und Hausleitung von Gepflegt Wohnen Sinabelkirchen und Hart bei Graz, schildert die Vorteile.

Helmut Puntigam von „Gepflegt Wohnen“ sowie Josef Trummer, Ulrike Poscharnegg-Kriebernegg und Johannes Schantl von öko&more bei der Vorstellung des Systems Vacura pro.

Das neue Abfallsystem sorgt für Hygiene und Verkleinerung der Volumen.

Steirische Umweltkooperation im Pflegeheim Die steirische Gepflegt-Wohnen-Gruppe setzt in Sachen Hygiene und Umwelt gemeinsam mit dem Partner öko&more auf ökologische Entsorgung von Abfällen und Wäschereinigung.

I

hrem Motto „aus Liebe zu Mensch und Umwelt“ getreu setzt die steirische Unternehmensgruppe beim Betreiben ihrer Pflegeheime auf höchste Qualität. Seit 2009 wurden von ihr fünf Häuser eingerichtet, in denen aktuell rund 300 Bewohner von insgesamt 256 Mitarbeitern gepflegt, betreut und begleitet werden. Neben hoher Lebensqualität für die Bewohner steht vor allem Hygiene an oberster Stelle der Prioritäten. Ökologische Abfallentsorgung Eine Lösung für die Entsorgung der in großem Ausmaß anfallenden Inkontinenzabfälle in den Gepflegt-Wohnen-Häusern bot das Umwelt-

62 /// FAZIT JUNI 2016

unternehmen öko&more mit dem Vacuro pro System, das die Müllsäcke durch Vakuumierung geruchsneutral versiegelt und das Volumen um rund 50 Prozent verkleinert. Das Verfahren ist seit Oktober 2015 in den Häusern in Übelbach, Allerheiligen und Gamlitz in Betrieb. „Die Abluft wird mit doppelten Filtern gereinigt“, erklärt Josef Trummer von öko&more. Der hermetische Abschluss von Viren und Bakterien ist damit ebenso gewährleistet. Zugleich bewirkt die Kompression und Luftreduktion, dass sich die Müllmenge halbiert, was rund 200 Lkw-Fahrten pro Woche einspart. Auch der Energieverbrauch des Gerätes ist sehr ge-

ring und die monatlichen Leasing-Kosten mit rund 350 Euro pro Einrichtung überschaubar, betont Aribert Wendzel, GF von Gepflegt-Wohnen. In naher Zukunft soll das System auch in den beiden weiteren Heimen in Sinabelkirchen und Hart zum Einsatz kommen.

Gut für die Umwelt Mit der Reduktion von Abfuhrintervallen einher geht eine Entlastung der Atmosphäre von CO2-Emissionen und Feinstaub durch den reduzierten Dieselverbrauch. Darüber hinaus entfällt durch die luftdichte Versiegelung der Müllsäcke eine aufwendige Kühlung der Stations- und Müllräume zur Vermeidung

von Geruchsbelästigung. Die Entsorgung direkt auf der Station entlastet auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und verhindert die Entstehung von gefährlichen Keimen in anderen Räumen. In einem weiteren Schritt soll das Vacura-pro-Verfahren auf Grundlage einer steirischen Erfindung in Zukunft auch auf kontaminierte Wäsche angewendet werden. Damit wird auch die Zahl der notwendigen Transportfahrten in die Wäschereien deutlich verringert. Als Partner wird sich der professionelle Reinigungsservice Brolli an diesem Testprojekt beteiligen.


Fotos: Porsche

Schnell und leicht wie nie zuvor

Der Porsche 718 Boxster S

eit nunmehr 20 Jahren bereichert der Porsche Boxster das Programm des deutschen Sportwagenherstellers: Und der Erfolg gibt ihm Recht. Auf dem Genfer Autosalon 2016 präsentierte die schwäbische Sportwagenschmiede im März die neue Generation als Porsche 718 Boxster und Boxster S der Öffentlichkeit. Neue Motoren Porsche führt mit dem 718 Boxster zwei komplett neu entwickelte Vierzylinder-Boxermotoren mit Turboaufladung ein. Leistung und Effizienz stiegen gegenüber den bisherigen Triebwerken deutlich – im Vergleich zu den vorangegangenen Boxster-Modellen nämlich um satte 35 PS. Gleichzeitig soll auch der Verbrauch um etwa 0,9 l /100km

gesunken sein, was immerhin einer Einsparung von rund 13 Prozent entspricht.

Verbessertes Fahrwerk Das komplett neu abgestimmte Fahrwerk soll die Kurven-Geschwindigkeit des Boxsters steigern. Höhere Stabilisator- und Federraten halten die Wank- und Nickbewegungen so gering wie möglich. Gleichzeitig gewinnt der 718 Boxster an Komfort. Die Abstimmung erhöht zusätzlich die Solidität und verbessert das Anfedern auf kleinen und größeren Fahrbahnunebenheiten. Zusätzlich wurde auch das Bremssystem angepasst. Der 718 Boxster verfügt jetzt über die Bremsanlage, die bisher im Boxster S eingesetzt war. Der 718 Boxster S übernimmt dagegen an der Vor-

derachse die Vierkolben-Sättel des 911 Carrera, kombiniert mit dickeren Bremsscheiben. Im Zentrum des überarbeiteten Interieurs steht das neue, serienmäßige Porsche Communication Management (PCM) einschließlich Handyvorbereitung, Audio-Schnittstellen und 110 Watt starkem Sound Package Plus. Das PCM lässt sich mit optionalen Modulen erweitern und den persönlichen Anforderungen anpassen. So umfasst das optionale Connect-Modul eine Smartphone-Ablagefläche für die kabellose Anbindung des Smartphones an die Außenantenne, eine iPod-fähige USB-Schnittstelle in der Mittelkonsole, Apple CarPlay inklusive Sprachsteuerung »Siri« und Porsche Car Connect. Der

Einstiegspreis für den Boxster liegt bei 64.975.- Euro für den Boxster; für den Boxster S werden 79.652.- Euro fällig.

Porsche Boxster S

Hubraum: 2.497 cm³ Leistung: 350 PS / 257 kW max. Drehmoment: 420 Nm Verbrauch komb.: 7,3 l/100 km CO2-Emission: 167 g/km Schadstoffeinstufung: Euro 6 Beschl. (0-100 km/h): 4,6 s Höchstgeschw.: 285 km/h Porsche Inter Auto GmbH & Co KG Ferdinand-Porsche-Platz 1 8041 Graz-Liebenau Telefon: 0316/46 80-0 Telefax: 0316/46 80-20 autostadt@porsche.co.at porschegrazliebenau.at FAZIT JUNI 2016 /// 63


Anzeige Foto: proHolz Steiermark / Melbinger

Bauen & Wohnen

Die Sieger der proHolz Student Trophy mit den Auslobern der Preise

Die Kür der tollsten Türme In Kooperation mit den technischen Universitäten und Fachhochschulen hat proHolz Steiermark den bundesweiten Holzbauwettbewerb »Student Trophy« ins Leben gerufen. »Damit wollen wir den Holzbau als wettbewerbsfähige Bauform der Zukunft in den Köpfen der künftigen Planer verankern«, betont Doris Stiksl, GF von proHolz Steiermark.

I

m vollen Gemeinderatssaal des Grazer Rathauses wurden am 11. Mai die Gewinner der ersten proHolz Student Trophy gekürt. Die Bilder der 45 eingereichten Entwürfe von 160 Studierenden für einen »Stadthochsitz« aus Holz ließen erahnen, wie

schwer die Auswahl der drei Besten für die Jury gewesen sein muss. Innovativ und von überbordender Kreativität, ist jedes davon geeignet, um den Grazern sowie Graz-Touristen neue Perspektiven auf die Stadt zu vermitteln. Aufgrund der herausragenden

Alle eingereichten Entwürfe sind noch bis 17. Juni in der Jugendgalerie im Grazer Rathaus ausgestellt. 64 /// FAZIT JUNI 2016

Qualität der eingereichten Arbeiten wurden von der Jury auch drei zusätzliche Anerkennungspreise vergeben.

Interdisziplinäre Techniken Juryvorsitzender Peter Mandl sprach bei der Preisverleihung von einer »tollen Leistungsschau« der angehenden Architekten und Bauingenieure beiderlei Geschlechts, in der sich auch die erfolgreiche Kooperation zwischen den unterschiedlichen Studienrichtungen spiegelt. Interdisziplinär war übrigens auch das fleißige Jurorenteam, das neben Architekten und Ziviltechnikern auch aus Tourismus- und Holzexperten bestand. In ihrer Rede betonte Stadträtin Lisa Rücker, dass »der nachwachsende Rohstoff Holz gerade in der Steiermark als waldreichstem Bundesland Österreichs besondere Auf-

merksamkeit verdient«. Nimmt man die damit verbundenen Chancen wahr, werden die Bewohner von Graz auf eine Realisierung des Siegerprojekts hoffentlich nicht mehr allzu lange warten müssen.

Informationen unter: proholz-stmk.at

1. Preis (1.500 Euro) Projekt 4:1 von Christoph Dexl und Sebastian Krautzer, TU Graz 2. Preis (1.000 Euro) Projekt Voll.Holz von Markus Steger, Christian Königshofer, Roman Freistätter und Andreas Maierhofer, FH Joanneum 3. Preis (800 Euro) Projekt Modulare Wandlung von Martin Kittel, Tobias Küke, Michael Pöschl, FH Spittal/Drau Anerkennungspreise (jeweils 500 Euro) Projekt Wooden Cloud von Armin Budler, Thomas Solfelner, Kevin Serglhuber und Bernhard Nöbauer, FH Joanneum, Projekt Durchblick von Mirjam Wagner, Tanja Hofer und Michael Danzinger, FH Joanneum, Projekt Graz360 von David Gsenger, Robert Siebenhofer, Laurids Axel Schloffer und Christian Rauch, FH Joanneum


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Kurz & News

Fremdenführer überreichen Spende an Kinderkrebshilfe

Die Energieregion ist eine Erfolgsgeschichte sondergleichen mit 60 Mio. Euro Investitionen in 20 Jahren. Es ist der Blick auf Zukunftschancen und über den Tellerrand hinaus, der die Region auszeichnet. Das Ergebnis der ersten 20 Jahre der Energieregion Weiz-Gleisdorf kann sich sehen lassen. 1996 wurde sie von 17 Gemeinden mit dem Ziel gegründet, die Region weiter zu entwickeln. Heute kann sie mit Ihren zwölf Gemeinden und rund 45.000 Einwohnern auf ein Gesamtvolumen von 29,3 Mio. Euro zurückblicken, die zu zusätzlichen Investitionen von mehr als 30 Mio. Euro geführt haben. Seit 2015 gibt es eine enge Zusammenarbeit von Almenland und Energieregion, um bei gemeinsam eingereichten Förderprojekten noch erfolgreicher zu sein. „Wir sind zu einer boomenden Region in der Steiermark geworden“, freuen sich Christoph Stark und Erwin Eggenreich, die Obleute der Energieregion. „Der Schwerpunkt auf zukunftsorientierte Energieerzeugung und -nutzung hat sich als goldrichtig erwiesen.“ Auch andere Bereiche, wie die Landwirtschaft, haben enorm profitiert von der Energieregion. Projekte wie die „Regionalen Kostbarkeiten“ würden beispielsweise die regionalen Direktvermarkter vernetzen und die Kulturschaffenden fänden etwa im Kulturpakt neue kreative Handlungsmöglichkeiten, wie Gerwald Hierzi vom Stadtmarketing Gleisdorf betont. 66 /// FAZIT JUNI 2016

Neue Generaldirektorin für Volksbank Steiermark Mitte

Mit 1. Juli 2016 folgt Mag. Regina Ovesny-Straka an der Spitze der Volksbank Steiermark Mitte AG Herrn Ernst Pfennich nach. Das erklärte Ziel von Ovesny-Straka ist es, das Unternehmen nach Abschluss der Fusionen im Sommer 2016 im ganzen Bundesland zu einer schlagkräftigen Regionalbank zu machen: „Die Volksbanken in der Steiermark besitzen mit der regionalen Verankerung und Kundennähe starke Wurzeln. Auf diesen werde ich mit dem tollen Team eine solide Regionalbank aufbauen, die für die Privatkunden und die Unternehmer in der Steiermark ein bevorzugter Partner sein soll.“ Besonders wichtig sind ihr die klare Fokussierung auf das inländische Geschäft und eine hohe Stabilität.

Vier Sterne-Lkw sind sauber und sicher

Soziallandesrätin Kampus: „Starthilfe in die Arbeitswelt“

Der moderne Lkw besticht mit vier Sternen und punktet in Sauberkeit und Sicherheit. Dennoch ist der Lkw umstritten und die Branche kommt zunehmend von allen Seiten unter Druck. Franz Weinberger, Sprecher der Fahrzeugindustrie kontert: „Der moderne Lkw von heute ist weder laut noch produziert er Abgase. In den letzten 25 Jahren der Abgasgesetzgebung haben der Lkw und auch der Bus sich zu abgasfreien Transportmitteln gewandelt.“ Albert Moder, Obmann der steirischen Güterbeförderer, ergänzt: „Wussten Sie, dass der Lkw an nur 0,6 Prozent der gesamten Unfälle schuld hat?“ Nicht nur wegen der ausgesprochen intelligenten technischen Lösungen , sondern weil die Fahrer sehr gut ausgebildet sind.

Ende April 2016 hat die Landesregierung wurden auf Antrag von Soziallandesrätin Doris Kampus zwei Projekte beschlossen, um Menschen mit Behinderung den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern. So werden einerseits psychologische Tests angeboten, um die Arbeitsfähigkeit jedes einzelnen Teilnehmers zu beurteilen. Andererseits werden für Menschen mit Behinderung, die bislang keine reguläre Arbeit finden konnten, dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen. Insgesamt stellt das Land Steiermark mehr als 400.000 Euro für diese beiden Projekte zur Integration in den Arbeitsmarkt zur Verfügung. „Unser Ziel ist es, für diese Gruppe dauerhafte Beschäftigungsplätze zu schaffen“, erklärt die Soziallandesrätin.

Fotos: Foto Fischer, Fotostudio Harb,

20 Jahre Energieregion Weiz–Gleisdorf

Mit Charme, Witz und Kompetenz begeistern die staatlich geprüften Fremdenführer nicht nur ausländische Touristen, sondern auch einheimische Gäste. Anlässlich des heurigen „Welttages der Fremdenführer“ haben die steirischen Fremdenführer und Fremdenführerinnen im gesamten Bundesland Spezialführungen durchgeführt und dabei einem breiteren Publikum gezeigt, wie Wissensvermittlung zum Erlebnis werden kann. Die Teilnahme an den Führungen war kostenlos, freiwillige Spenden sind der Kinderkrebshilfe zugute gekommen. Die Sprecherin der steirischen Fremdenführer, Sigrid Alber konnte nun dem Obmann der Kinderkrebshilfe Steiermark, Stephan Moser, den Spendenbetrag in Höhe von 1.500 Euro überreichen.


Foto: LK Steiermark

Kurz im Gespräch mit

Anzeige Foto: Liebminger

Wolfgang Mazelle Obstbaudirektor der LAK Steiermark

Das Seminarhotel im Süden von Graz: Hotel-Landgasthof Liebminger D ie verkehrstechnisch äußerst günstige Lage bzw. die Nähe zu Graz, die gute Erreichbarkeit und genügend Gratisparkplätze machen uns als Seminarveranstaltungsort für Firmen und andere Organisationen interessant. Das Wellnessund Seminarhotel Liebminger liegt nur wenige Kilometer südlich von der steirischen Landeshauptstadt Graz, ein traditionsreiches Haus mit komfortablen Zimmern und schönen Appartements noch am Rande der Stadt und doch schon im Grünen.

Unsere Seminarräume bieten Platz für bis zu 120 Personen. Die Seminarteilnehmer werden in modernen, großen und hellen Zimmern in unseren vier Häusern untergebracht. Für die Seminare stellen wir Ihnen gerne eine Pauschale aus 3-gängigen Menüs, Kaffeepausen und Seminargetränken zusammen. Ein perfekter Service rundet das Seminarangebot ab. Nach einem anstrengenden Tag können

Ihre Mitarbeiter können in unserer wunderschönen Saunaoase entspannen oder in unserem modernen Fitnessraum ihren Puls in die Höhe treiben. An schönen Tagen bietet es sich auch an, mit unseren Leihfahrrädern die Umgebung zu erkunden: die Stainzer Weingegend, den Schwarzlsee, die Kulturstadt Graz, den Murradweg und vieles mehr. Und zum Abschluss genießen Sie steirische Schmankerln in unserem wunderschönen Gastgarten! Ausflugsziele für Sie oder mit Ihren Mitarbeitern? Wir liegen im Herzen der Steiermark. In kürzester Zeit erreichen Sie zum Beispiel: die Bärenschutzklamm, das Bundesgestüt Piber, die Südsteirische sowie die Schilcher Weinstraße, das Schloss Herberstein und verschiedenste Thermen.

Landgasthof – Hotel – Wellness Liebminger

Hauptstraße 135, 8141 Premstätten, Tel.: +43 3136 52 928, Fax: +43 3136 52 401-17, E-Mail: office@hotel-liebminger.at, hotel-liebminger.at

Lässt sich der durch den Schnee- und Frosteinbruch verursachte Schaden für den steirischen Obstbau bereits abschätzen? Es ist eine Jahrhundertkatastrophe für den steirischen Obstbau! Auf den betroffenen Flächen liegen die Ernteausfälle meist zwischen 90 und 100 Prozent. In einigen Anlagen hatte man noch Hoffnung auf Teilerträge – diese zerschlagen sich leider mit der zunehmenden Entwicklung immer häufiger. Sehr viele Betriebe werden heuer keine Ernte einbringen können und sorgen sich um ihre Existenz. Welche Maßnahmen erfolgen zur Hilfeleistung für die betroffenen Landwirte? Die Bemühungen um eine finanzielle Unterstützung der Betriebe laufen auf Hochtouren – konkretes kann derzeit noch nicht gesagt werden. Der Hilfseinsatz des Bundesheeres in den ersten zwei Wochen nach der Katastrophe für Erste-Hilfe-Leistungen bei den Schneebruchschäden hat einigen Betrieben sehr geholfen – dafür sei ihnen herzlichen Dank ausgesprochen. Sind auch längerfristige Folgeschäden an den Kulturen zu erwarten? Dies lässt sich jetzt noch nicht seriös abschätzen, ist in einigen Bereichen bzw. Regionen aber zu befürchten.

Was bedeutet diese Katastrophe für den Exportsituation? Der Aufbau von internationalen Kundenund Wirtschaftsbeziehungen ist meist ein sehr längerfristiger Prozess – diese Erfolge der letzten Jahre werden durch diese Katastrophe natürlich ebenso in Mitleidenschaft gezogen. FAZIT JUNI 2016 /// 67


Foto: Philipp Hutter

Andreas Cretnik, Birgit Reitbauer und Karl Hohenlohe (re.) präsentieren stolz die besten Kernöle.

Gault & Millau kürt bestes steirisches Kernöl

»Steirischer Apfelspritzer« erfrischt und begeistert Peterquelle und Frutura haben Anfang Mai als Kooperationspartner das neue Getränk aus der Steiermark einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

m 2. Mai 2016 wählte der führende Gourmetguide Gault & Millau aus 20 fachlich vorselektierten Top-Produkten das beste steirische Kürbiskernöl. Das »schwarze Gold« der Steiermark wurde heuer zum 11. Mal von einer Fachjury, bestehend aus den besten Köchen Österreichs, verkostet. Seit Jahren engagiert sich Gault & Millau, den ständig steigenden Qualitätsanspruch in der heimischen Gastronomie aufzuzeigen und zu bewerten. Man ist besonders bemüht, bei den Konsumenten ein Bewusstsein für die Besonderheit typisch österreichischer Lebensmittel zu schaffen. Das Leitprodukt der Steiermark, das »Steirische Kürbiskernöl g.g.A.«, garantiert als echtes Naturprodukt mit feinen geschmacklichen Nuancen die österreichische Herkunft der Kürbiskerne und die Produktion in heimischen Ölmühlen. Die Prämierung der Siegeröle Am 2. Mai 2016 versammelte sich eine prominente Fachjury, u. a. zahlreiche Haubenköche, rund um Hausherrin Birgit Reitbauer und Gault & Millau-Herausgeber Karl Hohenlohe sowie Vertreter der Fachpresse zur Verkostung im Restaurant Steirereck von Familie Reitbauer in Wien. Zwanzig Kernöle – im Voraus von einer strengen Fachjury aus mehr als 470 eingereichten Ölen selektiert – wurden anhand der Bewertungskriterien Farbe, Viskosität, Reintönigkeit, Frische und der spezifischen Röstnote beurteilt. Als bestes steirisches Kernöl wurde das grüne Gold der Familie Gollien aus Sankt Peter im Sulmtal gekürt. Auf Platz zwei folgt das Öl der Ölmühle Gottfried Clement (Studenzen) und den dritten Platz sicherte sich Ölmühle Gruber (Stallhofen).

68 /// FAZIT JUNI 2016

Anzeige Foto: Peterquelle

A

(v.l.n.r.) Franz Karl Kneißl, Franz Städtler (beide Frutura), Spar-Einkaufsleiterin Monika Haas, Peterquelle-GF Gerald Doleschel und Key Accounter Andreas Kemmer testen die neue Kreation.

I

m Skulpturenpark Unterpremstätten wurde am 4. Mai der »Steirische Genuss Apfelspritzer« präsentiert. Nach nur dreimonatiger Entwicklungszeit konnten beide Unternehmen das Getränk aus prickelndem natürlichem Mineralwasser, gemischt mit Apfelsaft, dem Publikum als reines steirisches Produkt vorstellen und die zahlreichen Besucher vom Geschmack zu überzeugen. Die Besonderheit des »Steirischen Apfel Spritzer« ist seine Herkunft, die eine 100%-ige Wertschöpfung in der Steiermark vorweisen kann. Die Äpfel kommen aus der Oststeiermark, werden in der Steiermark gepresst und im Anschluss daran von Peterquelle abgefüllt und vertrieben. Durch den großen Anteil an Streuobst erhält dieser Spritzer sein einzigartiges Aroma und den unvergleichlichen Geschmack. Da kein Zucker zugesetzt wird und der natürliche Zuckergehalt 5,5 Prozent nicht übersteigt, kann er auch als gesunder Durstlöscher in Schulen und Kantinen angeboten werden. Peterquelle-Geschäftsführer Gerald Doleschel konnte zur Präsentation unter anderem den Landesabgeordneten Anton Gangl, DI Franz Karl Kneißl und Franz

Städtler als Vertreter von Frutura, eine Delegation von Spar Graz, Erik Tschich vom H2O Thermenland sowie Bürgermeister Heinrich Tomschitz von Deutsch Goritz begrüßen. Unter den Anwesenden waren auch Getränkehändler aus der Region, u. a. die Firmen Graupp, Gogl, Aufhauser, die sich ebenso wie die vielen weiteren Besucher mit den wesentlichen Informationen zu dem neuen Getränk versorgen und von dessen bestechenden Produktvorteilen überzeugen konnten. Ab Juni wird die Spar Graz den »Steirischen Genuss Apfelspritzer« in ihr Programm aufnehmen und als regionale steirische Spezialität führen. Auch weitere ausgesuchte Getränkehändler in der Steiermark werden ihn in ihr Sortiment aufnehmen.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Waterplus Vertriebs GmbH Deutsch Goritz 77 8483 Deutsch Goritz +43 3474 / 8333 E-Mail: naturfrisch@peterquelle.at


Wirtschaft

Anzeige Foto: LK Steiermark

LK-Vizepräsidentin Maria Pein, Kammerdirektor Werner Brugner (2.v.l.), LAbg Anton Gangl (l.) präsentierten gemeinsam mit dem Wirt Karli Pichlmaier (r.) und Hellmut Straka (LUV) das neue Symbol. Das Lokal von Pichlmaier und die Betriebskantine des LUV informieren als Erste in der Steiermark zur heimischen Herkunft.

Regionalität gewinnt für Gastronomie an Bedeutung

Mitte Mai fiel der Startschuss für die Herkunftskennzeichnung der Zutaten in Großküchen, Gastronomie und Hotellerie. Im Rahmen der »Woche der Landwirtschaft« – von 16. bis 22. Mai – setzte die Landwirtschaftskammer auf eine einfache und unbürokratische Herkunftskennzeichnung von Fleisch und Eiern für den Konsumenten beim Essen außer Haus.

I

m Zeichen von Berufstätigkeit und Ganztagsschulen nehmen immer mehr Menschen ihre Mahlzeiten außerhalb ihrer Wohnungen ein. Etwa eine halbe Million Steirerinnen und Steirer speisen täglich außer Haus in Kantinen, Großküchen-Restaurants oder Gasthöfen. »Obwohl jeder zweite Gast, der auswärts isst, gerne wissen will, woher die verarbeiteten Lebensmittel kommen, bleibt die Herkunft oft im Dunklen«, erklärt LK-Vizepräsidentin Maria Pein. Und weiter: »Um die Gäste nicht im Ungewissen zu lassen, um Vertrauen und faire Wahlfreiheit zu schaffen, starten wir österreichweit diese Herkunftskennzeichnungs-Offensive.« Kennzeichnung stärkt das Vertrauen Die Wünsche der Konsumenten nach Herkunftsdeklaration erfüllt das neue Symbol »Gut zu wissen«, betont Maria Pein: »Auf einen Blick erkennen die Gäste die heimische Herkunft

des verarbeiteten Fleisches und der Eier. Pein: »Der Gast erfährt, wo’s herkommt, und der Betreiber der Kantine oder der Gastwirt kann sagen, wo’s herkommt. Diese wechselseitige Wertschätzung und Anerkennung bringt Mehrwert für alle, für die Kunden, für die Gastgeber, für alle Mitarbeiter in der gesamten Lebensmittelkette und auch für die Bäuerinnen und Bauern.« »Wir erwarten uns, dass möglichst viele Kantinen sowie Großküchen von Spitälern, Schulen oder Pflegeheimen wie auch Gastwirte auf den Zug dieser einfachen und unbürokratischen Herkunftskennzeichnung aufspringen«, unterstreicht Kammerdirektor Werner Brugner. Und weiter: »Es freut mich sehr, dass das Thermenrestaurant Bad Waltersdorf, die LUV-Betriebskantine, ein Caterer aus St. Marein/Knittelfeld, eine Diätküche im Raum Mürzzuschlag und vor allem Wirte aus allen Bezirken sich bereits unse-

rer Offensive angeschlossen haben. Wir gehen mit gutem Beispiel voran, denn auch das Restaurant im Steiermarkhof kennzeichnet heimische Herkunft der Lebensmittel.«

Die Schweiz als Vorbild Bereits seit 1996 hat die Schweiz die Herkunftskennzeichnung für tierische Produkte in allen Gastrobetrieben gesetzlich verpflichtend eingeführt. »Die Herkunftsdeklaration ist in der Schweiz unbestritten. Die Herkunft muss auf der Speisekarte oder direkt beim Gericht angegeben werden«, sagt Sascha Schwarzkopf von Gastro Suisse, dem Schweizer Verband für Hotellerie und Restauration. Jeder zweite Gast in Österreich wünscht sich eine Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie, daher verlangt Pein eine ähnliche Regelung wie in der Schweiz: »Wir fordern eine verpflichtende Herkunftsdeklaration von Fleisch und Eiern in der Systemgastronomie. Und Res-

taurants und Gasthöfe sollten freiwillig daran teilnehmen.« Dafür setzt sich LAbg. Anton Gangl ein, der die Umsetzung des Landtags-Beschlusses, dass öffentliche Einrichtungen wie Kantinen oder Großküchen Lebensmittel nach dem Bestbieterprinzip einkaufen. In dieselbe Kerbe schlägt Hellmut Straka, Obmann-Stv. des LUV: „Mit der Kennzeichnung der Herkunft unterstützen wir die steirische Landwirtschaft.“ Ebenso Karli Pichlmaier, Wirthaus Ferl’s in der Burggasse: „Unsere Gäste fragen häufig nach, woher wir die Lebensmittel beziehen. Mit dem Symbol ‚Gut zu wissen‘ lässt sich schnell und einfach die Herkunft erkennen.“ Wer die Herkunft der Lebensmittel für die Gäste kennzeichnen und an dieser Offensive teilnehmen will – Kontakt: edith.poellabauer@lk-stmk.at Tel. 0316/8050-1281

FAZIT JUNI 2016 /// 69


Kurz & News

Schullin bringt das Universum nach Graz

Wifi-Infoabend zu den Akademischen Lehrgängen

Am 4. Mai fanden sich 120 geladene Gäste, Schmuckexperten und Presse in der Hochspannungshalle der Technischen Universität Graz ein. Schullin lud zur Schmuckpräsentation, die alljährlich im Designmonat Mai der City of Design Graz stattfindet. Titel der Kollektion 2016: „Universe“. Sie zeigt die Position des Menschen im Universum und dessen Ausdruck im Schmuck. So wurden die Schmuckstücke „Sternenhimmel“, „Stardust“, „Moon“ etc. von den geheimnisvollen Weiten des Weltalls inspiriert. Das Thema des Jahres lautet „Universe“, dessen zweiter Höhepunkt die „Landung“ des Diamant-Monds Spirit im September 2016 sein wird. Spirit bereist seit November 2013 die Erde und kehrt nach knapp 3 Jahren wieder nach Graz zurück.

Mehrjährige Berufserfahrung qualifiziert genauso für einen Master-Lehrgang am WIFI Steiermark wie eine Matura. Bereits sechs verschiedene Akademische Lehrgänge bietet das WIFI Steiermark an, mit denen berufsbegleitend in vier Semestern ein akademischer Master-Abschluss erlangt werden kann – auch ohne Matura. Beim kostenlosen Informationsabend werden u. a. die Zugangsvoraussetzungen, das Bewerbungsverfahren und der Inhalt der Lehrgänge besprochen. Die Teilnahme an diesen Informationsabenden ist Voraussetzung für das Bewerbungsverfahren. Termin: Donnerstag, 2. Juni 2016 um 18 Uhr am WIFI Graz, Körblergasse 111-113. Anmeldung erforderlich: per E-Mail an info@stmk.wifi.at oder telef. (0316) 602-1234.

Exakt 3.921 Mal hieß es am 10. Mai, dem Gründungstag des Odilien-Instituts, „bitte einsteigen“ in einem der 878-Taxis aus der Flotte von Frau Sylvia Loibner. 16-mal davon hieß es „bitte einsteigen“ in die neue E-Mobilität; 46-mal hieß es „downloaden“ der 878-App. Eine Taxifahrt brachte 1 Euro, eine E-Taxifahrt brachte 2 Euro, der Download der App 50 Cent. Und damit gesamt 3.976,00 Euro Spendengeld für das Odilien-Institut in Graz. Frau Loibner, unser heuriges Testimonial im Rahmen der Charity Kampagne „Komm, ich zeig dir meine Welt“ rundete die Spende auf 4.000 Euro auf. Die Spende kommt der Anschaffung moderner Mobilitätstrainingsgeräte mit behindertengerechter Ausstattung zu Gute.

Ganz im Zeichen eines Jahrhundertweines steht dieses 15. Jahr des Wettbewerbes, der einen Fixplatz im Jahreskalender der Steiermärkischen Sparkasse einnimmt. „Es ist uns ein Anliegen, eng mit den heimischen Winzern zusammenzuarbeiten und speziell die junge Generation – die Top-Winzerinnen und Winzer von morgen – auf ihrem Winzerkarriereweg zu unterstützen“, betont Franz Kerber, Vorstandsvorsitzender-Stellvertreter. Die „Jungwinzer der Steiermärkischen Sparkasse“ im Alter zwischen 18 und 30 Jahren werden von „vinophilen Gaumen“ zweier Jurys – der Fachjury aus der Landesweinkost und einer prominenten Jury von 55 Weinpatinnen und -paten aus Wirtschaft, Politik und Medien ermittelt.

70 /// FAZIT JUNI 2016

„Jungwinzer-Wettbewerb der Steiermärkischen

Stadtwerke Murau setzen auf „Intelligente Stromzähler“

Murau ist Vorzeigeregion für erneuerbare Energie. Ab sofort unterstützt die Energie Steiermark die Stadtwerke Murau bei der Einführung von elektronischen Zählern. Der entsprechende Vertrag wurde jetzt unterzeichnet und auf fünf Jahre mit der Option auf weitere fünf Jahre abgeschlossen. Die ersten „Intelligenten Stromzähler“ werden Ende nächsten Jahres in den Murauer Haushalten installiert. „Diese Smart Meter machen den Verbrauch für die Kunden transparent und bieten eine gute Basis dafür, noch effizienter mit Energie umzugehen. Wir sind stolz, so viel Vertrauen von der Gemeinde zu bekommen und Partner des Projekts zu sein“, so Vorstandssprecher DI Christian Purrer.

Fotos: Geopho, Loske, Madison, Steiermärkischen Sparkasse, Energie Steiermark

Taxi-„Einsteigen“ erbringt 4.000 Euro für das Odilien-Institut


Anzeige Foto: Kiendler

Anzeige Foto: Novapark

Wirtschaft

Paul Kiendler verwendet auch selbst mit Vorliebe steirisches Kernöl zum Kochen.

Auf der großzügigen Sonnenterrasse lassen sich Wellnesstage perfekt genießen.

Ölmühle Kiendler brilliert bei Gault & Millau-Prämierung

Wellnessurlaub zu Hause!

Der steirische Kernöl-Superstar, die südsteirische Ölmühle Kiendler, wurde ihrem hervorragenden Ruf einmal mehr gerecht und hat bei der GaultMillau-Prämierung für 2017 wieder einen absoluten Spitzenplatz abgeräumt.

A

m 2. Mai wählte der führende Gourmetguide Gault & Millau aus der Auswahl an fachlich vorselektierten Top-Produkten das beste steirische Kürbiskernöl. Das EU-herkunftsgeschützte Produkt, das ausgezeichnete heimische Rohstoffe und handwerkliche Tradition vereint, wurde heuer bereits zum 11. Mal von einer Fachjury, bestehend aus den besten Köchen Österreichs, verkostet. Von den insgesamt 470 eingereichten »steirischen Kürbiskernölen g.g.A« wurde das Kürbiskernöl des Ölpressers Paul Kiendler aus Ragnitz in der Südsteiermark mit dem hervorragenden 4. Platz belohnt. Weitere Auszeichnungen erfolgten schon seit 2002 regelmäßig in »Konsument« als bestes steirisches Kürbiskernöl sowie immer wieder durch Gault Millau. Seit 17 Jahren wird das Produkt durchgehend von der steirischen Landwirtschaftskammer ausgezeichnet. Kiendler, Sprecher der Ölmül-

Die Ölpresser Helmut Manhart und Johann Neuhold garantieren für Qualität. ler in der Wirtschaftskammer, zu seinem Erfolgsgeheimnis: »Das Zusammenspiel zwischen Landwirten und Ölmühle ist für unseren Erfolg entscheidend.« Der Erfolg ist für Kiendler nicht nur Anerkennung, sondern auch Ansporn und Auftrag weiterhin mit Sorgfalt und Verantwortung ein außergewöhnliches Produkt herzustellen. Außer im regionalen Handel ist das steirische Kernöl von Kiendler bei Spar, Eurospar, Interspar erhältlich.

Infos unter: kiendler.com

In der Wellnessoase Nova-Spa Gleich ums Eck befindet sich die größte Wellnessoase über den Dächern von Graz – das Nova-Spa! Schon mal ausprobiert? Nein? Dann wird’s höchste Zeit!

W

enn man seinem Körper, seinem Geist und seiner Seele etwas Gutes tun will, ist man im Nova-Spa genau richtig. Verschiedene Ruheinseln, fünf Saunakabinen und wunderbare Wasserquellen lassen keine Wünsche offen. Saunaliebhaber kommen in der urigen Blocksauna mit Panoramablick über die Dächer von Graz, der finnischen Sauna oder der Kräutersauna auf ihre Kosten. Wer es nicht ganz so heiß mag, ist im Soledampfbad oder der neugestalteten Infrarotkabine bestens aufgehoben. Zum Abkühlen, Abtauchen und Relaxen gibt es diverse Wasserbecken, wie zum Beispiel das Indoor-Pool mit Gegenstromanlage, ein den Kreislauf anregendes Kneipp-Becken sowie Whirlpools im Innenund Außenbereich. Einzigartig in Graz ist die Salzoase. Tolle und interessante Sommer-Angebote runden einen perfekten Wellnesstag ab: So bietet das Nova-Spa in den Monaten Juni bis August einen Preis von 13 Euro an! In Ruhe sonnenbaden und den lauen Sommerwind genießen lässt

sich ausgezeichnet auf der großzügigen Sonnenterrasse des Spas! Außerdem wird jeden Sonn- und Feiertag im Freien bei Schönwetter gegrillt! Und sollten Sie Besuch von Ihren Lieben oder Freunden bekommen, dann nächtigt es sich hervorragend im Hotel Novapark. Attraktive Sommerpreise finden Sie auf der Homepage www.novapark.at oder Sie rufen einfach direkt an unserer Rezeption an! Weitere Informationen finden Sie auf: nova-spa.at

Wellnessoase Nova-Spa

Hotel Novapark Fischeraustr. 20 8051 Graz-Gösting Telefon: Spa: 0316 682010-100 Hotel: 0316 682010 Geöffnet: Mo bis Sa 13:00 – 22:00 Uhr So u. Feiertag 11:00 – 21:00 Uhr

FAZIT JUNI 2016 /// 71


Fazitportrait Von Volker Schรถgler Fotos: Marija Kanizaj

Im Haus der Steine

72 /// Fazit Juni 2016




Fazitportrait

Das Familienunternehmen Leykauf mit

seinem einzigartigen Geschäftslokal in der

Grazer BĂźrgergasse, direkt beim Tummelplatz, handelt mit Steinen.

Warum Edelsteine heiter stimmen, Schmuck keine ideale Wertanlage ist und Kinder alles

wissen, davon handelt diese steinige Geschichte.

Fazit Juni 2016 /// 75


Fazitportrait

Es gibt keine Halbedelsteine. Dietmar Leykauf, Gemmologe

M

anche lassen auf ihrem Teller die Speise am längsten zurück, die sie am liebsten mögen – um sie zum Schluss besonders zu genießen. So kann es einem auch mit anderen Dingen gehen. Da wohnt man Jahrzehnte gleich ums Eck von einem im wahren Sinne bemerkenswerten Geschäft und geht gerade deshalb nicht hinein; weil man es sich eben aufbehalten will. Und muss sich vielleicht noch anhören, dass das wirklich kindlich, fast schon kindisch sei – was im Übrigen ein großer Unterschied ist; der erstere Begriff ist durchwegs positiv besetzt, der zweitere allerdings durchaus pejorativ. Gerade Kinder sind es, die auf die Auslagen dieses Familienbetriebs in der Grazer Bürgergasse 13 gleich neben dem Akademischen Gymnasium besonders ansprechen. Aber nicht nur. Das Geschäft heißt Leykauf und führt Edelsteine, Mineralien und Schmuck. Doch eben nicht wie ein Juwelier, sondern gewissermaßen zur haptischen Bedürfnisbefriedigung, zum Angreifen. In einem großen Behältnis befinden sich unzählige sogenannte Trommelsteine: abgerundete, glatt geschliffene Rosenquarze, Amethyste, Bergkristalle und viele andere. »Selbstvergessen stehen da oft die Kinder, mit einer Hand in den Steinen«, erzählt Unternehmensgründer Reinhard Leykauf (72), der noch immer regelmäßig bei seinem Sohn aushilft. Einzigartig in Österreich Das Warenangebot ist so mannigfach wie überwältigend. Vom Glasstein bis zum Brillanten, vom Mineral bis zum Fossil, von der Muschel und der Perle bis zum Geschmeide aus Gold und Silber; vom einfachen, bloßen Stein bis zu kunstvoll gefertigten Schmuckund Gebrauchsgegenständen und Geschenkartikeln; vom winzigen Steindelphin um wenig Geld über Meteoritengestein bis zu 60 Kilo schweren Ammoniten – 200 Millionen alte, spiralförmige, versteinerte Vorfahren von Kopffüßern. »So wie wir sind, sind wir allein in Österreich. Wir führen alles, was aus Stein gefertigt werden kann«, sind sich Vater, Mutter und Sohn Leykauf sicher. Reinhard Leykauf ist über sehr verschlungene Wege zum Geschäftsmann geworden. Als gelernter Goldschmied dient er bei den Juwelieren Schludermann sowie Bünthe & Trunk, bis er 1967 seinen Beruf an den Nagel hängt. Er wechselt in den kaufmännischen Bereich und geht bei der Firma Anker zunächst in den Innen-, dann in den Außendienst und verkauft zwölf Jahre lang Registrierkassen. Dabei lernt er Freud und Leid von unterschiedlichen Betrieben kennen. Schließlich steigt er in die Benzinbranche ein und macht die Tankstellenbetreuung für Agip, sucht Pächter und schult sie ein. »Dabei habe ich kaufmännisch sehr profitiert«, erläutert er den Weg zu seinem Lebenswerk. Dann kommt ihm zu Ohren, dass die Witwe der Firma Hochstätter, die ursprünglich am

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nahen Bischofplatz war, ihr Schmuck- und Steinhandelsgeschäft verkaufen will. So übernimmt er 1982 mit einem Gesamtinvestitionskapital von 500.000 Schilling das Geschäft in der Bürgergasse.

Bernstein gegen »Zahnen« Seine Ausbildung zum Goldschmied und die genaue Kenntnis der Bedürfnisse und Wünsche dieses Berufsstandes und der Kunden kommen ihm dabei zugute: Rund ein Drittel des Umsatzes macht Leykauf heute im Großhandel, vor allem mit Goldschmieden und Juwelieren. Bei den Privatkunden stellt er einen Trend zu hochwertiger Ware fest. Am Beispiel der beliebten Steinketten, von denen Leykauf mehrere tausend auf Lager hat, kann man ermessen, wie groß die Auswahl ist. Von einstelligen Eurobeträgen bis zu vierstelligen ist alles dabei: Man wird um vier Euro fündig oder erhält um zehn bis zwanzig eine Bernsteinkette für Kinder, die beim »Zahnen« helfen soll, oder eine farbenreiche Turmalinkette um 7.000. Wer in der Mohsschen Härteskala auf »10« setzt (Diamant), kann auch schnell mehr ausgeben. Ein Fünftel bis ein Viertel des Geschäfts macht Gold- und Silberschmuck aus. Es ist nicht nur der Handel mit rohen und geschliffenen Steinen, der »den Leykauf« zu etwas Besonderem macht. Ganz groß geschrieben wird auch der Service. Der reicht von der individuellen Schmuckanfertigung und Schleifarbeiten über Wappengravuren und Knüpfarbeiten – etwa für Perlenketten – bis zu Reparaturen: Wie schnell fehlt einmal ein Stein aus einem alten Erbstück? Bevor die Hoffnung stirbt, kann sich der Weg in die Bürgergasse lohnen. In 50 Schubladen lagern unzählige geschliffene Einzelsteine und kleine Briefchen mit tausenden kleinen Brillanten und zigtausenden Steinen insgesamt. Aber auch Steinbestimmungen und die Erstellung von Gutachten zählen zu den Angeboten des außergewöhnlichen Familienunternehmens. »In dieser Form sind wir wirklich einzigartig«, sind sich die Leykaufs sicher. Das wissen auch die Kunden zu schätzen, und es nimmt nicht Wunder, dass der Großteil von ihnen wiederkommt: »Die meisten Kunden von uns sind Stammkunden.« Gemmologe und Sachverständiger Eingekauft werden die rohen oder bearbeiteten, natürlichen und synthetischen Steine vorwiegend bei Steinhändlern und Schleifereien in Brasilien, Hongkong, Indien, aber auch Italien und Deutschland; dort wiederum in Idar-Oberstein, der Schleifmetropole Europas. Wo sich auch Sohn Dietmar Leykauf (46), der das Unternehmen im Jahr 2003 übernommen hat, nach der Handelsakademie zum Gemmologen (Gemmologie ist die Edelsteinkunde) ausbilden ließ. Heute kommt kein Edelstein mehr »unerkannt« an ihm vorbei. Vorsicht übrigens bei der Wortwahl: Wer sich nicht als




Fazitportrait

Wertanlage beginnt bei Einzeldiamanten ab einem halben Karat. Dietmar Leykauf, Gemmologe

gemmologischer Ignorant outen will, vermeide das Wort »Halbedelstein«. Es gibt Edelsteine und es gibt Gestein. Punkt. Auch Steine sollte man nicht beleidigen, vor allem wenn man an ihre Kraft denkt. An diese glaubt jedenfalls ein erklecklicher Teil der Leykauf-Kundschaft. Stichwort Esoterik: Danach stehen Steine ja in Verbindung mit dem Kosmos, haben Einfluss auf Strahlungen und beeinflussen selbst Mensch, Tier und Pflanze. Edelsteine und Kristalle faszinieren seit jeher und sind von unzähligen Geschichten umrankt. Hildegard von Bingen und Konrad von Magdeburg haben sich bereits im Mittelalter mit den heilenden Kräften der Steine als Wissenschaft befasst. Die moderne Steinheilkunde bestätigt die den Steinen nachgesagte Wirkung mit Hilfe der modernen Methoden aus Physik und Chemie zumindest teilweise.

Über den Wert von Schmuck und Diamanten Ein Blick in die Leykauf-Auslagen stimmt auf nicht erklärbare Weise heiter. Das Geschäft deshalb nur als originell zu bezeichnen, greift zu kurz, es spricht offenbar etwas Unterbewusstes an. Das muss aber keineswegs mit Esoterik erklärt werden, sind doch die meisten von uns wahrscheinlich lieber Exoteriker. Das muss auch nichts Schlechtes sein, wenn man den kargen wie widersprüchlichen Ausführungen von Wikipedia über Exoterik folgt. – Aber vorzugsweise nicht mit Google, sondern mit ixquick.de, was nunmehr nicht bloß die üblichen Abschweifungen im Fazitporträt einleiten, sondern ein handfester guter Tipp für den Schutz Ihrer Privatsphäre sein soll (nach eigenen Angaben »die diskreteste Suchmaschine der Welt«). Und abgesehen davon, dass der eine oder andere Psychoanalytiker meint, dass »Leute, die den Ausdruck unterbewusst benutzen, niemals auch nur das Geringste von Freud verstanden« hätten – dazu am Ende mehr* – scheint sich die hei-

tere Stimmung tatsächlich eher aus vernachlässigten Stammhirnarealen unschuldig-kindlichen Ursprungs herzuleiten. Die riesigen Geoden aus Amethyst, die verquarzten Fossile, die Mineralien, die Edelsteine – alle sind bunt oder durchsichtig, schön und verlockend. Zudem sind Echtheit und Qualität gesichert, nicht zuletzt deshalb, weil Dietmar Leykauf nicht nur Gemmologe, sondern seit einigen Jahren auch gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Edelsteine und Schmuck ist. Als solcher weiß er auch, dass Schmuck im Vergleich zu Diamanten oder Gold keine ideale Wertanlage ist: »Viele sind enttäuscht, wenn ich ihnen mitteilen muss, dass ihr ererbter Schmuck aus den Siebzigerjahren in der Regel nicht mehr wert geworden ist.« Sondern, wie bei (Bruch-)Gold, nach Gewicht bemessen wird. Es hilft, zu wissen, dass ein Gramm 14-karätiges Gold (585er Punze), so wie es in unseren Breiten für Schmuck üblich ist, zurzeit 17 Euro kostet. Bei Schmuck sind die Kosten für Arbeit oder Gestaltung und Design wichtige Preisgestaltungsfaktoren. Daher lohne es sich oft, nicht mehr tragbaren, weil aus der Mode gekommenen Schmuck einfach umarbeiten zu lassen, was ebenfalls in das Serviceangebot von Leykauf fällt. Auch bei kleinen Diamanten ist zu berücksichtigen, dass der Preis für die Arbeit, vor allem das Schleifen, in Relation zum eigentlichen Wert sehr hoch ist. Bei Einzeldiamanten ab einem halben Karat sieht die Sache schon wieder anders aus, meint der Fachmann: »Da beginnt eigentlich erst die Wertanlage. Auch der Kostenanteil der Arbeit verringert sich bei Steinen ab fünf Millimeter Größe entsprechend. Wichtig ist bei solchen Diamanten außerdem noch die Zertifizierung durch ein international anerkanntes Institut.« Dann doch irgendwie beruhigend. n * Es denkt, sollte man sagen, so wie man sagt: es blitzt. (G. C. Lichtenberg in: Sudelbücher)

R. Leykauf GmbH 8010 Graz, Bürgergasse 13 Telefon 0316 822236 leykauf-edelsteine.at

FAZIT JUNI 2016 /// 79


Die Weimarer Republik stürzte auch deshalb, weil es nicht genug Deutsche gab, die liberale Prinzipien vertraten. Fritz Stern, Historiker, 1926–2016

Akademia Music Award für Michael Vatter Von Andreas Pankarter

D

er steirische Popsänger Michael Vatter hat mit seinem Album »On My Way« im Jänner den »Akademia Music Award« in der Kategorie «Best Pop Rock Album« gewonnen. »The Akademia«, mit Sitz in Los Angeles, engagiert sich dafür, weltweit hervorragende musikalische Leistungen zu erkennen und zu fördern. Vatter erinnere mit seinem gefühlvollen Ausdruck an John Lennon. Das Album »On my Way« sei eine tiefe Verschmelzung von Pop und Rock. Die tragenden Rhythmen werden zu einem großartigen Hörgenuss, heißt es in der Begründung der Jury. Die Preisverleihung fand Ende April bei einem Gala-Event in Pasadena, Los Angeles, mit viel internationaler Rock- und Popprominenz statt. »Für mich war es ein beeindruckendes Ereignis und der Preis die großartige internationale Wertschätzung meiner Musik, noch dazu im Ursprungsland des Rock ’n’ Roll«, freut sich Vatter über die Auszeichnung. n

80 /// FAZIT JUNI 2016


Alles Kultur Ausstellung Altes Ägypten

Pioniere im Stammbeisl Von Peter K. Wagner

T

homas Cook gilt gemeinhin als Pionier des Tourismus. Im Jahr 1869 organisierte der Engländer die erste Pauschalreise aller Zeiten. Briten und Amerikaner begleiteten ihn nach Ägypten, um sich dort vor Ort von den Resten der altägyptischen Hochkultur ein Bild zu machen. Eine Reise für Privilegierte, der schon bald ein Meilenstein in der Geschichte des Massentourismus folgte: Nilkreuzfahrten. Denn diese Flussreisen konnten sich vergleichsweise weniger betuchte Menschen auch leisten. Von Tempel zu Tempel in ein paar Tagen an Bord eines Dampfers mit allen Annehmlichkeiten. Nilkreuzfahrten hat Thomas Cook noch heute im Angebot. Und keine Nilkreuzfahrt ist vollständig ohne einen Besuch im Tal der Könige. In diesem am Rande der Wüste und in unmittelbarer Nähe von Luxor gelegenen Gebiet wurden bis heute 64 Gräber und Gruben gefunden. Insbesondere die Gräber der Pharaonen erlangten Berühmtheit. Besonders jenes des vergleichsweise wahrscheinlich eher unbedeutenden, weil sehr jung verstorbenen Pharaos Tutanchamun. Nun mag man das wissen. Und auch von Howard Carter gehört haben. Und vielleicht war man – wie der Autor dieser Zeilen – sogar schon einmal im Tal der Könige, um in guter alter Thomas-Cook-Tradition dem Massentourismus am Nil zu frönen. Und nun mag der folgende Satz ein bisschen seltsam klingen, aber: Das, was in der Messehalle A in Graz noch bis 27. Juli unter dem Titel »Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze« zu sehen ist, schlägt so-

gar das Erlebnis vor Ort. Denn auch wenn diese Wanderausstellung, die schon auf der halben Welt zu sehen war, ausschließlich Replikate zeigt. Und selbst wenn sie in Aufmachung und Stil sowie aufgrund des von der deutschen Synchronstimme von Anthony Hopkins gesprochenen Audio-Guides im Vergleich zum Originalabenteuer in Nordafrika so viel Charme vermuten lässt wie der Besuch einer Direktübertragung der Oscar-Verleihung im Stammbeisl im Konkurrenzkampf mit einer Sitzplatzkarte im Kodak Theatre zu Los Angeles – so steht am Ende der Tour außer Frage: Diese tendenziell aufgeregte Inszenierung unter den Geschichtserlebnissen unserer Zeit verdient das Prädikat sehenswert. Nun könnte man den Gedanken weiterspinnen und sich überlegen, ob auf einer Welt, auf der immer mehr Menschen leben und in der es immer schwieriger wird, alle Kulturtourismusbegierigen im Sinne von Thomas Cook vor Ort zu befriedigen, Ausstellungen wie »Tutanchamun – sein Grab und die Schätze« die Zukunft gehört. Aber das wollen wir der Cook-Gruppe nicht wünschen. Uns übrigens auch nicht. n Tutanchamun. Sein Grab und die Schätze Noch bis 27. Juli 2016 Jeweils Di–So, 10 bis 18 Uhr Messe Graz, Halle A tut-ausstellung.at

FAZIT JUNI 2016 /// 81

Fotos: DDP, Absolite Music, Semmel Concerts (2)

In der Halle A der Grazer Messe wird noch bis Ende Juli ägyptische Geschichte erlebbar gemacht. Dank Replikaten. Und dennoch überraschend sehenswert.


Tandl macht Schluss! Allmonatliche Finalbetrachtungen von Johannes Tandl

Ö

sterreich hat wie kaum ein anderes Land vom Beitritt zur Europäischen Union profitiert. Durch die von Brüssel erzwungene Harmonisierung fielen unzählige bürokratische Hindernisse für die Wirtschaft weg. Außerdem stand unserer »kleinen, offenen Volkswirtschaft« auf einmal nicht nur der deutsche und italienische, sondern der gesamte europäische Markt offen. Einen weiteren Riesenimpuls hat die Euroeinführung gebracht. Vor dem Euro hatten Italiener, Griechen und Spanier nämlich das Spiel perfekt gespielt, über Abwertungen die eigenen Exporte zu befeuern und Importe aus Österreich oder Deutschland zu verteuern. In den ersten zehn Jahren nach der Einführung der Gemeinschaftswährung wuchs die Wirtschaft in Österreich dadurch deutlich schneller als im EU-Durchschnitt. Österreich wurde drittreichstes EU-Land mit der – leider nur bis 2012 – niedrigsten Arbeitslosenquote aller EU-Länder. Den dritten großen Wachstumssprung brachte uns dann die EU-Osterweiterung.

Ist die Europäische Union Teil des Problems geworden?

82 /// FAZIT JUNI 2016

Überall in den Reformstaaten entstanden Niederlassungen österreichischer Unternehmen. Lagen die Direktinvestitionen in Mittel- und Osteuropa im Jahr 1990 bei 400 Millionen Euro und im Jahr 2000 bei acht Milliarden, stiegen sie bis 2012 auf unglaubliche 67 Milliarden. Die Produktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Mutterunternehmen schossen in die Höhe; mit bis heute über 7.000 neuen Jobs im Jahr. Doch seit der Finanzkrise hat sich das Bild gewandelt. Die Party der Boomjahre ist vorbei und anstatt entgegenzusteuern, ist die EU mit ihrer katastrophalen Wirtschaftspolitik längst zum Teil des Problems, zu einem Treiber der Abwärtsspirale geworden. So setzt die Europäische Zentralbank ihr unwirksames Konjunkturprogramm unbeirrt fort. Mit Nullz- und Negativzinsen will die EZB die Wirtschaft ankurbeln. Dabei werden die EZB-Maßnahmen durch »Basel III«, eine Bankenrichtlinie, die in das europäische Recht übernommen wurde, völlig unwirksam. EZB-Präsident Draghi weigert sich zu akzeptieren, dass seine Geldschwemme durch »Basel III« vollständig ausgehebelt wird. Statt dessen entwertet er die Ersparnisse und Altersvorsorgen von hunderten Millionen Europäern. Und weil das Wachstum ausbleibt, haben auch die überschuldeten EU-Staaten nichts von den niedrigen Zinsen. Denn was sich diese an Zinsen ersparen, müssen sie mehr in Armutsbekämpfung investieren bzw. nehmen sie weniger an Steuern ein. Damit wachsen die Schulden, während die Wirtschaft stagniert. Dass die EU-Kommission nicht begreift, dass ihre künstlich herbeigeführte Kreditklemme für viele europäische KMU tödlich wirkt, ist ein fataler Fehler. Anstatt den Investmentbereich der internationalen Großbanken und Finanzjongleure zu reglementieren, macht man lieber den kleinen Regionalbanken das Leben schwer. Selbst Kunden, die in der Vergangenheit niemals Probleme hatten, ihre Kredite zu bedienen, wurden rechtsverbindlich zu so schlechten Zahlern abgewertet, dass sie keine neuen Kredite bekommen dürfen. Mit der Folge, dass vie-

le Unternehmen nicht mehr investieren können und jene, die es könnten, wegen des ausbleibenden Wachstums gar nicht mehr wollen. In Großbritannien wird in wenigen Wochen über den EU-Austritt abgestimmt. In Umfragen liegen Gegner und Befürworter der Union Kopf an Kopf. Allen Anschein nach nehmen immer mehr Briten lieber die Billionenverluste, die ein EU-Austritt die britische Volkswirtschaft kosten würde, in Kauf, als sich den ständigen Brüsseler Besserwissereien und der Bevormundung durch die EU-Kommission noch länger auszusetzen. Doch mit dem Brexit verlagert sich das politische Gewicht der EU automatisch in den wirtschaftlich halbtoten Süden; in Länder, die auf Dauer auf Transfers angewiesen sein werden. Damit beschleunigt sich die Reise Europas auf dem vorgezeichneten Weg von der Wirtschafts- zur Sozial und Transferunion. Im Jahr 1994 war das leistungsorientierte Österreich fast zur Gänze für einen EUBeitritt und die Grünen waren dagegen. 2016 sind die Grünen für den Verbleib in der Union – ja sogar für eine bedingungslose Vertiefung der Integration. Dafür stellen sich immer mehr Leistungsorientierte die Frage, wie hoch der Preis für ein Europa ohne Grenzen sein darf. n

Sie erreichen den Autor unter johannes.tandl@wmedia.at WIR LESEN UNS WIEDER AB 29. JUNI 2016!


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