Maske - Das andere Gesicht

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Masken

Das andere Gesicht Masken und Brauchtum im Alpenland


Masken – Das Andere Gesicht Masken und Brauchtum im Alpenland Das Gesicht mit einer Maske zu verhüllen ist eine Handlung, die es von der Ur- und Frügeschichte bis in unsere Zeit überall auf der Welt gab und gibt. Ihr Ursprung ist vermutlich rituell-kultischer Natur. Für rituelle Handlungen Masken anzulegen war von verschiedenen Faktoren bedingt, sie scheinen mit Ritualen der Jagd, Fruchtbarkeit und der Bestattung in Beziehung zu stehen. Die Menschen früherer Zeiten führten für gewöhnlich unerfreuliche Erscheinungsformen ihres Daseins auf das Wirken von unberechenbaren Geistern, Dämonen und Gottheiten zurück. Dementsprechend mussten diese in Ritualen hofiert, beschwichtigt, versöhnt oder in ihre Schranken verwiesen werden. Damit wollten sich unsere Vorfahren in ihrem magischen Glauben der Gunst einer unsichtbaren Welt versichern. Zur Maske gehört der dahinter stehende Mensch. Die Idee sich mittels einer Maske als anderes Wesen, als anderer Mensch auszugeben und dies spielerisch umzusetzen ist eine anthropologische Grundkonstante unserer kulturellen Entwicklung. Der Begriff Maske leitet sich im Deutschen vom arabischsizilianischen Mascara ab. Dieser Begriff wurde für Spaßmacher, maskierte Person, Narrenkostüm verwendet. Die Maske als Metapher steht im allgemeinen Sprachgebrauch für Verstellung, Täuschung, Lüge. Man demaskiert eine Person und will damit aufklären. Die „Maske vom Gesicht reißen“ heißt es dann. Seit der frühen Neuzeit ist Maske ein negativ besetzter Begriff. 2


Masken – Das Andere Gesicht Masken und Brauchtum im Alpenland

Die Maske ist das zweite Gesicht, allerdings leblos. Das Gesicht gibt Aufschluss über die Befindlichkeit des Menschen. Mit der Maske verbirgt man, gibt sich eine künstliche Gesichtsform. Es gibt kein Erröten, Erschrecken, sich Schämen, sich Freuen. Die Maske verwandelt nicht nur das Gesicht, sie prägt den ganzen Körper. Mit ihr kann der Mensch unterschiedliche Rollen einnehmen und ausleben, sich damit auch in Gegensatz zu den angepassten gesellschaftlichen Rollen stellen. Das Spiel mit der Maske ist ein Mittel um menschliche Eigenschaften hervorzuheben und zur Schau zu stellen. Unter der Maske heraus kann einem die „Meinung gesagt“ werden. In verschiedenen Bräuchen zur Fastnachtszeit verankert, bietet sie die Möglichkeit Kritik an Personen zu äußern, Politik und Zeitgeschehen zu kommentieren und Verstöße gegen Sitte und Ordnung anzuprangern. Die Maske und die damit verbundenen Rollen können zu einer gewissen Befreiung und Selbst-erfahrung des Menschen beitragen. Die Ausstellung will die Vielfalt und Bedeutung der Masken im alpenländischen Raum aufzeigen und damit auf ein faszinierendes Kulturgut hinweisen, das sich seit Jahrtausenden über alle Kulturzonen hinweg entwickelt hat. Die Maske als kunsthandwerkliches Objekt und als „Geschichtenerzähler“.

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Perchtenmasken

chließlich üb erwindet das Licht » S ch alle Dunkelheit und der F h Frr ü ühling die Kälte des Winters « Der Name „Percht“ lässt sich auf Frau Percht, die doppelgesichtige slawisch-germanische Göttin des Jahreswechsels, der Göttin von Tod und Geburt zurückverfolgen. Diese Figur gibt es u.a. auch bei den Römern mit dem doppelköpfigen Janus. Beginnend in der Antike bis heute sind mit dem Namen „Frau Percht“ zahlreiche Legenden verbunden. Dargestellt wird sie vorallem als eine mythische Figur, zu deren Ehren man Speisetische deckte, deren Vorhandensein sie dann überprüfte und dabei besonders auf die häusliche Sauberkeit achtete. Damit sollte „Domina Percht“ bei guter Laune gehalten werden. „Frau Percht“, deren Feiertage möglicherweise weit vor der Christianisierung zur Zeit der Winter- und Sommersonnenwende lagen, stellt Winter, Tod und Ruhe als ein Zweigestirn mit Frühsommer, Fruchtbarkeit und Leben dar.

Ab dem 17. Jahrhundert bleiben von einer ehemalss weiblichen Figur nur noch männliche Perchtenläufer er übrig, die als Vermummte die Gegend verunsicherten. en. Mit Teufelsmasken und anderen Maskierungen verrsehen waren sie in den Alpentälern unterwegs. Gegen gen Ende des 18. Jahrhunderts, in der Zeit der Romantik, ik, begann sich die bürgerliche und adelige Schicht fürr die Bräuche des Landvolkes zu interessieren. Das Perchtentreiben erhielt rhielt dadurch eine soziale und nd behördliche e Aufwertung und verlor seinen bedrohl bedrohlichen, liicchen, unsittlichen Leumund. Dies hatte zur F Folge, olge dass sich die Perchten in der Öffentlichkeit zeigen konnten und Teil des folkloristischen Gemeindelebens wurden. In der Folge traten zu den bisherigen Schiachperchten die Schönperchten hinzu. Die unter dem Einfluss der Gebrüder Grimm entstehende Altertumswissenschaft begann die Bräuche zu mythologisieren. 4


Perchtenmasken

» Das Dunkle und B edrohliche, das unser Leb en mitunter b estimmt, stellt die wilde S eite der Perchtenmaske dar.«

Mit den Perchtenläufen sollen in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Epiphanias (6. Januar) durch abschreckende wilde Masken die kalten und unbeherrschten Kräfte des Winters vertrieben und das Frühjahr aufgeweckt werden.

Die Perchtenmasken haben tierische Züge und mehrere Hörner. Die Anzahl der Hörner ist ein wesentliches Unterschiedsmerkmal zu den Krampusmasken, die in der Regel zwei Hörner haben. Bei den Pongauer und Salzburger Masken findet sich in Anlehnung an die ältesten Perchtenmasken mit tierischem Aussehen meist ein großer Klappkiefer.

© Foto: Claus Schunk

© Foto: Claus Schunk

Besonders bekannt ist heute das Perchtenlaufen im Salzburger Land, im Pongau und Pinzgau, in Kirchseeon.

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Krampusmasken

Die Figur des Krampus erklärt sich als Reaktion des Christentums auf verschiedene Wiedergeburtsreligionen wie den Mithras-Stierkult der Perser und den griechisch-mazedonischen Dionysienkult, bei dem der gehörnte Pan eine große Rolle spielt. Diesem stier-, ziegen- und widderköpfigen Pan verdankt der Krampus seine Attribute wie Fell und Hörner. In der Person eines Teufels wird der später in die Obhut des Nikolaus gegeben. In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember geht in vielen alpenländischen Gebieten St.Nikolaus zusammen mit Krampus, alias Knecht Rupprecht, von Haus zu Haus um gute Kinder mit Essensgeschenken zu belohnen und böse Kinder zu tadeln. Dieser Brauch war in früherer Zeit für arme Familien lebensnotwendig. Das Überleben im Winter ohne eigene Felderträge war nur durch Almosen und Bettelerträge möglich. Geschenkt wurde von den Begüterten nur, wenn auch etwas zum Zeitvertreib geboten wurde. Erfolg hatte man mit Verseaufsagen, Liedern, Tanz und kleinen Theaterstücken, den sogenannten Nikolospielen.

Nikolospiele sind heute noch im Pustertal, im Salzkammergut und im Ennstal lebendig. Nikolaus und Krampus wurden ab dem 17. Jahrhundert in die religiösen Unterweisungs- und Erbauungsspiele eingebaut. Weitere Figuren sind je nach Region am Spiel beteiligt.

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Ein Nikolospiel • Das Bettelmannpaar betritt die Stube, tanzt ausgelassen um böse Geister zu vertreiben. • Der Bettelmann kündigt den Nikolo an. • Der Nikolo betritt mit Engerl den Raum und liest den Kindern aus seinem Buch die guten und schlechten Taten vor. Er verteilt an die braven Kinder Nüsse, Äpfel, Brot. Den „bösen“ Kindern droht er mit dem Krampus. • Der Teufel wird an der Kette hereingeführt und nimmt die Kinder mit Gewalt mit. • Der Bettelmann soll beim Nikolo seine Sünden bereuen. Seine Verfehlung: Er gibt zu wenig Geld für noch Ärmere, kauft sich stattdessen Schnaps. • Er bereut aber nicht und wird dafür von einem Krampus (Teufel) geholt. • Dafür kommen die Kinder wieder frei.

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Die Geschichte

Fa st n a c h t , K a r n eva l , Fa s c h i n g , Fa s n e t , Fo s n a t Die Fastnacht hat bis heute viele Entwicklungen durchlaufen. Sie wurde häufig durch geistliche und weltliche Obrigkeit reglementiert, an den Zeitgeist angepasst. In vielen Bräuchen lassen sich heidnische und/oder christliche Elemente finden, historisch gesicherte Erkenntnisse gibt es oft nicht. Ihre heutige Prägung hat die Fastnacht im Spätmittelalter erhalten. Elemente vorchristlicher Frühlingsfeste könnten in den christlichen Jahreskalender integriert sein. Die Fastnacht wurde in Beziehung zur Fastenzeit gesetzt. In der kirchlichen Lehrmeinung stellte die Fastnacht die sinnliche Gegenwelt dar, das Weltliche, das es zu überwinden galt. Die oftmals ausartende Fastnacht wurde von der Kirche als pädagogisches Beispiel geduldet, um zu zeigen, dass Fastnacht (Teufel) und Mensch vergänglich sind und am Ende Gott siegreich bleibt. Vom 12. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts wurden meistens in Kirchen und Klöstern „Narrenfeste“ und „Narrenmessen“ gefeiert. Die Fastnachtspiele (u.a. von Hans Sachs) waren das Hauptvergnügen dieser Tage, etwa die Verjüngung alter Frauen in einem Jungbrunnen. Barock und Rokkoko: Im 17. Und 18. Jahrhundert kam es zum Bruch mit der mittelalterlichen Theologie. Der religiöse Bezugsrahmen ging verloren, die Fastnacht verlor ihren Sinn. Auf Schlössern und an den Fürstenhöfen wurden rauschende Karnevalsfeste gefeiert, deren Masken sich stark an die italienische Bühne mit dem Harlekin anlehnten. Anstelle von Schreckgestalten wurden heitere Figuren beliebt. Die Französische Revolution setzte dem barocken Stil ein Ende.

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Von der Romantik bis heute: Die heutige Form hat sich nach der Französischen Revolution entwickelt. In der Romantik breitete sich eine Begeisterung für alles Volkstümliche aus. Dem reinen Vernunftdenken setzte man das Mythische, Urtümliche entgegen. Das Bürgertum begann die Fastnacht mit romantischem Gepräge und exotischen Figuren auszustatten. In Anlehnung an Karnevalsfeiern bei italienischen Fürstenhöfen wurde auch in deutschen Städten die vornehme Form des Karnevals mit Bällen und Umzügen gefeiert. Es entwickelte sich die organisierte Fastnacht. Karnevalsvereine wurden gegründet. Daneben pflegte das „einfachere Volk“, wie zum Beispiel die Handwerker auf dem Lande die alte, derbe Fastnacht. Im Nationalsozialismus wurde bei Fastnachtsumzügen vor allem die jüdische Bevölkerung dem Spott preisgegeben. Die Brauchformen wurden auf die vorchristliche Zeit zurückgeführt. Nach dem zweiten Weltkrieg setzte eine Wiederbelebung des alten Brauchtums ein. Vielerorts begann man mit Nachforschungen, viele Narrenzünfte wurden zu diesem Zweck gegründet. Der Name des bayrischen Faschings leitet sich vom „vastchang“ Fastenschank her, also dem Ausschank des Fastentrunks. Im Rheinland heißt das närrische Treiben überwiegend Karneval, in Mainz Fastnacht, im schwäbisch-allemanischen Fasnet und in Franken Fosnat.

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Bayern

MASKEN IM WERDENFELSER LAND Vom Maschkera gehen und Gungln zur Fosnocht Der Begriff Maschkera kommt vom arabischsizilianischen Mascara, dem Narrenkostüm. Das Maschkeragehen lässt sich auf den Brauch des Klöpfelns (Anklopfens) zurückführen. Zum Ende der Winterszeit, wenn die Vorräte dem Ende entgegen gingen, war es für die Armen notwendig von den reichen Dorfbewohnern Nahrung zu erhalten. Dazu gingen Kinder und Erwachsene maskiert zu wohlhabenden Bauern, sagten Sprüchlein auf und erhielten dafür Lebensmittel. Im Werdenfelser Land beginnt der Fasching am gumpigen Donnerstag. Punkt 12.00 Uhr ziehen die Schellenrührer, das Gesicht mit rotbäckigen Holzmasken verdeckt, bei ohrenbetäubenden Lärm durch Mittenwald und läuten den Fasching ein. In ihrem Gefolge tummeln sich Hexen, Bärentreiber und vielerlei Masken. Dieser Brauch soll auf das heidnische Winteraustreiben, die Vertreibung von Wölfen und Bären sowie auf die christliche Deutung des Narren zurückgehen. Der Narr trägt meist Schellen mit sich und ist eine Allegorie für mangelnde christliche Tugenden.

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© Foto: Tuma

Beim „Gungln“ versuchen alle Maskierten sich möglichst so zu verstellen, dass sie gänzlich unerkannt bleiben. Gang, Haltung und Auftreten werden der Maske angepasst. Sogar die Hände, die über den Beruf Auskunft geben könnten, werden mit weißen Stoffhandschuhen bedeckt. Um die Identität noch weiter zu verschleiern, werden die Masken untereinander ausgetauscht und jedesmal gewechselt. Mit hoher Stimmlage und Raunzen wird versucht, die Stimme so zu verstellen, dass der Maskenträger unerkannt bleibt. Er hat als Maskierter das Recht den Anwesenden die Verfehlungen und Dummheiten freiweg ins Gesicht sagen. Keiner darf ihm die Maske vom Gesicht reißen.

Den überlieferten Deutungen des Jahreszeitenwechsels angepasst sind die traditionellen Masken. Die eher griesgrämig, sehr dunkel und männlich wirkenden Masken mit breitem Bart stellen die Verkörperung des Winters dar, die zarten und hellen Masken das frische Wachstum des kommenden Frühjahrs vor. Die Masken haben einen zeitlosen Ausdruck und hohe künstlerische Qualität. Im Volksmund heißen sie Kirchenlarven. Laut Überlieferung wurden sie von Kirchenbildhauern und Fassmalern gefertigt, die beim Bau oder Renovierung der Garmischer Pfarrkirche beschäftigt waren. Untergebracht waren die Handwerker bei Hausleuten, heutigen Privatvermietern. Als „Bezahlung“ schufen sie für ihre Vermieter die Masken. 11


Bayern

MASKEN IN BAYERN Allgäuer Butzelarve Der Butz aus Oberstaufen und Hindelang verbindet die Züge des Narren und des Dämonen, gekennzeichnet durch die zwei Hörner. Er ist eine koboldartige Kinderschreckfigur, die vorwiegend im süddeutschen und schweizerischen Raum vorkommt. Gedeutet wird diese Larve – wie die Masken im Allgäu heißen – auch als ungeliebter Aussenseiter in der Dorfgemeinschaft. Ursprünglich war die Figur mit der Wintersonnenwende verbunden. Sprachlich ist der Begriff vermutlich aus dem mittelhochdeutschen Wort „bozen“ abgeleitet, was so viel wie schlagen, poltern, klopfen heißt. „Blauer Jüd“ in der bayrischen Rhön Die Bezeichnung „Blau“ rührt von den blauen Kitteln, die an Fastnacht getragen werden. Die Verbindung mit der jüdischen Bevölkerung ist nicht antisemitisch gemeint, eher eine Parodie auf die Wirtschafts- und Sozialverhältnisse der Juden im 19. Jhd. Aufgrund des Berufsverbotes waren diese oftmals als Viehhändler oder Hausierer tätig. Karikiert wurden damit die Betteljuden, die sogenannten „Schnorrer“.Die Maske wurde auch benutzt um Zeitgenossen, zum Beispiel reichen Viehhändlern, die Meinung zu sagen.

Fasenickl, Flecklasmo im Altmühltal Der „Fasenickl“ ist in eine Reihe zu stellen mit Clown, Hanswurst oder Harlekin, die hintergründig, oftmals provokativ, zur Sache kommen. Die Maske könnte den heidnischen Winter- und Frühlingsumzügen entstammen oder ist eine Schutzmaske die während der mittelalterlichen Pestzeiten aufkam. An Fastnacht rufen die Kinder Spottverse und werden daraufhin vom Fasenickl verfolgt. Sie entkommen und das Spiel beginnt von vorne. 12


Schweiz

MASKEN IN DER SCHWEIZ Kerngebiete des Brauchtums mit Holzmasken sind das Sarganser Land, Kriens, March und das Lötschental. Viele Masken sind seit dem 19. Jahrhundert belegt. Im Lötschental im Kanton Wallis erscheinen heute in der Fastnacht wilde, mit derben Masken und Fellresten bekleidete Gestalten: die „Rotschäggätä“. Unklar ist ihre Bedeutung: Sollen sie an wilde Räuberhorden oder marodierende Franzosen erinnern oder spiegeln sie einfach die Angst vor allem Fremden im Tal, das in früherer Zeit von zerfetzt gekleideten Kraxengängern und wandernden Händlern aufgesucht wurde? Im Kanton der March gibt es die Glattlarve des Rölli. Sie ist von barocken Kirchenmalern eingeführt, die zur Fastnachtszeit in der Kirche arbeiteten. Im 19. Jahrhundert, während der Fabrikarbeiterunruhen gab man ihr die Brille, um die Besitzer der Fabriken und Aristokraten zu karikieren.

In der Gegend des Sarganser Landes ist die Fasnacht mit individuellen Charakter-Holzmasken besonders entwickelt. Sie sind typische Volksmasken, von Arbeitern und Handwerkern geschnitzt. Auffällige Dorfpersönlichkeiten wurden zum Narren gemacht. Früher wurden die Masken bei Heische- und Bettelgängen benutzt. Mit den Schreckmasken „Krienser Weib“ oder „Bärnerwib“ sind die Frauen gemeint, die sich 1798 den napoleonischen Soldaten als Marketenderinnen andienten und mit den französischen Truppen mitzogen. Die Stirnfurchen des Walenstädter Rölli symbolisieren einen Lebensbaum. Dieser und die Farben Weiss, Rot und Schwarz sind mythologisch-kultische Symbole, die wahrscheinlich auf ein frühes rätisches Frühlingsfest hinweisen. Die Rölli sind traditionelle Narrenfiguren, die ein buntes Fetzenkleid tragen. 13


Österreich

MASKEN IN ÖSTERREICH Schemenlauf in Imst

Roller und Scheller, Laggeroller und Laggescheller, Altfrankspritzer Der Roller ist eine jugendlich glatte Larve und symbolisiert den Frühling. Der Name kommt vom „Gröll“, einem Ledergurt der mit runden Glöckchen (Rollen) besetzt ist. Sein Widerpart, der Scheller trägt eine Maske mit faltigem, bärtigen Gesicht und strengem Blick. Sein Name kommt vom „Gschall“ – Kuhschellen, die er um die Hüfte trägt. Er steht für den Winter und geht schwerfällig wippend hinter dem leichtfüßig tänzelnden Roller her. Auf dem Kopf tragen beide den „Schein“ mit einem Spiegel in der Mitte, dem man dämonenabwehrende Wirkung nachsagt. Die Masken der Laggeroller und Laggescheller können eine Parodie des Alters auf die edlen Scheller und Roller sein. Diesen halten sie damit den Spiegel der Vergänglichkeit vor. Im Gegensatz zu den barocken Hauptfiguren kommen sie eher schwer und schlampig daher. Eine besondere Maske beim Imster Schemenlauf ist der „Altfrankspritzer“. Äußerst elegant, in barocker Bürgerkleidung mit samtenen Frack, auf dem Kopf einen Dreispitzhut kommt er daher. Aus Metallspritzen schießt er einen kalten Wasserstrahl ins Publikum. Schellerlauf in Nassereith Besondere Bedeutung kommt in Nassenreith neben Roller und Scheller auch dem Bär und dem Bärentreiber zu. Dreht sich doch alles um den Bärenkampf, dem Kampf zwischen Frühling und Winter. Der missmutige und alte Treiber (Winter) steht dem wilden jungen Bären mit Frühlingskräften gegenüber. Der Bär wird geschlagen und kämpft schließlich mit dem Treiber, den er am Ende besiegt. Zu der Bärengruppe gehören noch der Bärensammler und der Bärenpfeifer. Bär und Bärenjäger fanden sich auch in höfischen Festzügen der Barockzeit. 14


Österreich

Mullerlaufen in Thaur Die Bezeichnung „Mullerlaufen“ kommt von der typischen Geste, dem „Abmullen“. Das ist ein leichter Schulterschlag, den die Zuschauer abbekommen. Der Volksglaube erzählt, dass dadurch Fruchtbarkeit und Manneskraft angeregt werden.

Die Masken nennt man je nach Gewandung Zaggler, Fleckler, Spiegeltuxer, Melcher, Zottler, Weißer. Zusammen bilden sie die Muller. Jede Figur hat bei den Umzügen und Aufführungen in den Wirtshäusern ihre typischen Bewegungen, gibt andere Laute von sich, sieht anders aus. Der „Zottler“ ist der wildeste Vertreter der Thaurer Mullen. Seine grimmig dreinschauende Larve, seine dumpfen Laute, seine festen Schläge auf den Boden kennzeichnen ihn als Vertreter des Winters. In der Hand hält er eine lange Geißel. Als „Schönperchtenmaske“ verkörpert der „Weiße Muller“ das Lebendige, das Schöne und das Begehrenswerte. In seiner Hand hat er den sogenannten Ulrichstecken. Über diese Gerte hüpft er vorwärts und rückwärts und berührt die Zuschauer zum „Abmullen“.

Axamer Wamplerreiten Der Axamer Wampler ist eine sehr originelle Figur. Unter der Kleidung vollgestopft mit Heu und Laub muß er viele Kämpfe überstehen. Er darf nämlich von Zuschauern von hinten angegriffen und zu Boden geworfen werden, falls dies gelingt. Die Axamer meinen, der Brauch käme vom Bärenfang in früherer Zeit. Dazu hatten sich Menschen dick eingehüllt, um sich vor Verletzungen zu schützen 15


Masken Das andere Gesicht

Impressum: Idee, Konzeption, Texte: Anton Rottenkolber, vhs Taufkirchen Fachliche Beratung: Michael Stรถhr Leihgeber: Maskenmuseum Michael Stรถhr, Diedorf Realisierung: Volkshochschule Taufkirchen Gestaltung: Lachenmann-Design, Unterhaching Fotos Masken: Martin Schmalstich, Unterhaching

Eine Ausstellung der vhs Taufkirchen Die Volkshochschule Taufkirchen

Ahornring 121 82024 Taufkirchen www.vhs-taufkirchen.de

Gefรถrdert durch den Bayerischen Volkshochschulverband und BAG Oberbayern.


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