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Kunst & Kultur

Kunst im Rathaus

Kunst und Kultur sind in der Pandemiezeit arg an den Rand gedrängt worden. Um das Siechtum unter den Kunstschaffenden aufzuhalten, hat sich die Gemeinde Brixen mit den „Kunstankäufen“ eine Aktion mit Vorbildfunktion einfallen lassen.

Ab März 2020 wurden alle kulturellen Aktivitäten auf Eis gelegt, die zaghaft angesetzten Geldspritzen der Landesverwaltung waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein in der öden Kulturlandschaft. Es wurden von offizieller Seite Initiativen gestartet wie Wettbewerbe, Plakataktionen und Künstlerresidenzen, die zum Teil auch dankbar angenommen wurden. Dennoch brodelte es im Kessel, zumal das Berufsbild des Künstlers endlich Anerkennung finden und eine soziale Absicherung in die Wege geleitet werden sollte. Der Südtiroler Künstlerbund (SKB) und eine Gruppe um Manfred Schweigkofler fassten zusammen, was die Branche bewegte, und es kristallisierte sich ein Kernteam aus engagierten Performing Artists heraus mit Peter Schorn als Präsidenten. So konnte der katastrophalen Covid-19-Krise auch etwas Gutes abgerungen werden: Der Verein Perfas fördert die Vernetzung der Mitglieder, verbindet Sprachgruppen, fungiert als gewerkschaftliche Vertretung und betreibt konstante Öffentlichkeitsarbeit.

ohneeuchgehtgarnichts. In der Gemeinde Brixen wurden trotz fehlender Tätigkeiten die Beiträge für alle Vereine beibehalten und zum Teil sogar angehoben, aber gleichzeitig Ideen gesammelt, um jenseits von finanziellen Almosen eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Mit der Kuratorin Karin Pernegger wurden in Zusammenarbeit mit dem SKB Ausstellungen, Installationen und Aktionen initiiert zum Zweck der Sichtbarmachung und der aktiven Partizipation. Um die Wirtschaftstreibenden einzubinden, wurden künstlerisch gestaltete Einkaufstaschen in Umlauf gebracht und dreisprachige Armbänder mit der Aufschrift „ohneeuchgehtgarnichts“ verteilt.

Für die Kulturstadträtin Monika Leitner waren diese Ideen nicht weitreichend genug: Ihr schwebte als zukunftsorientierte Fördermaßnahme ein Kunstankauf vor – wie im Kulturprozess vorgesehen. Bei Videokonferenzen sollte im Übrigen immer ein Kunstwerk im Hintergrund zu sehen sein; bei Leitner war es ihr Lieblingsbild „Salvagente“ von Leonhard Angerer – das perfekte Symbol für die Rettung aus dem Lockdown. den Ankäufen wird einerseits die Grundlage für eine gemeindeeigene Kunstsammlung im Sinne des Kulturprozesses geschaffen“, bekräftigt Monika Leitner, „und anderseits wird die schwer getroffene Künstlerschaft in der Corona-Krise unterstützt.“

Angekauft wurden zeitgenössische Werke von 23 lokalen Kunstschaffenden aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Objektkunst, Fotografie und Grafik. „Bevorzugt wurden aktuelle Arbeiten, die den Zeitgeist reflektieren und einen Abriss des zeitgenössischen Kunstgedächtnisses des Territoriums bilden“, unterstreicht Lisa Trockner vom Südtiroler Künstlerbund. Für die Besucher, die dass Berührungsängste zwischen völlig divergierenden Kulturkreisen überwunden werden können. Ruediger Witchers orangefarbene Pantone-Bilder sind wahre Eyecatcher und spielen mit Original und Wirklichkeit. Das üppige Ölbild von Peter Kaser zeigt eine wirklichkeitsnahe Landschaft: verschwindende Gletscher als purer Farbenrausch. Maria Walcher ließ sich bei ihrer Arbeit von Peters Handkes Gedicht „Als das Kind Kind war“ inspirieren. Auf dem Fotoabzug auf Alu-Dibond lassen sich Schriftzüge an der Gefängniswand von Brixen lesen, wie zum Beispiel „Aus dir wird noch was Großes werden“. Es bleibt offen, ob es sich bei den

„Die gemeindeeigene Kunstsammlung ist eine vorbildhafte Förderaktion mit Nachahmungspotential für andere öffentliche Institutionen“ _

Lisa Trockner, Geschäftsführerin des Südtiroler Künstlerbunds

Bürgermeister Peter Brunner gab grünes Licht, und so konnte im September die Kunstförderaktion gestartet werden, die im Frühsommer dieses Jahres öffentlich vorgestellt wurde. Aufgeteilt auf zwei Jahre, wurde die Summe von 100.000 Euro bereitgestellt; 96 Künstler haben sich beworben. 23 davon wurden von einer Fachjury ausgewählt, bestehend aus dem Kuratorium der 2020 neu ausgerichteten Stadtgalerie: Ivo Barth, Federico Giudiceandrea, Eva von Ingram Harpf, Stefano Peluso, Josef Prader, Stefanie Prieth und Alexander Zoeggeler. „Mit das Rathaus betreten, ergibt sich der positive Nebeneffekt, dass ein Verwaltungsgebäude zum Kunsttempel mutiert.

Südtiroler Kunst im Rathaus. Im Erdgeschoss stoßen wir auf den Brixner Lokalmatador Manfred Mureda, dessen TerracottaSkulptur mit seinen bevorzugten Sujets Tier, Mensch und archaische Gottheit spielt. Im Treppenhaus hängen die Fotoarbeiten von Julia Frank über eine Performance mit der heimischen Bürgerkapelle und dem Tangoverein. Die Dokumentation soll suggerieren, Zeilen um Ermutigungen oder gesellschaftliche Erwartungshaltungen handelt. „Home Street“ von Ulrich Egger zeigt ein Hotelzimmer in einer Nebenstraße in New York mit schwebenden Raumflächen. Der subtile dreidimensionale Dialog zwischen Abstraktion und Figuration fordert vom Betrachter aktive Aufmerksamkeit und Neugier. Bei Arnold Mario Dall’O entstehen die aus dem Netz geholten digitalen Fotografien mit der Langsamkeit eines punktförmig gepinselten Gemäldes neu. Petra Polli aus Seis ist in Brixen keine Unbe-

Die modifizierten Motorradhelme von Philipp Putzer schauen wie mysteriöse Gesichter auf die Besucher

Breath of Life, der Lebensatem

Das biodynamische Modell betrachtet den menschlichen Organismus als ganzheitliches Energiesystem. Es wendet sich an die Urkräfte, lauscht dem Lebensatem und kommt mit den tiefer liegenden Rhythmen in Kontakt.

Lauschen mit den Händen – Prioritäten erkennen –und sich der körpereigenen Gesundheit zuwenden. Eine sanfte, meditative und ressourcen-orientierte Form der Körperarbeit – jede heilende Lösung kommt von innen. kannte mehr: Ihre Wandmalerei in der Schau „Beauty Case“ in der Hofburg wird vielen noch präsent sein, auch ihre Leuchtschrift „Transform“ im Herrengarten als positives Zeichen zum Aufbruch nach dem Lockdown. Auch im Rathaus positioniert sie mit dem codierten Slogan „Jetzt“ einen graffitiähnlichen Weckruf aus Betonteilen.

Die leicht beschädigten Schafsköpfe aus Keramik von Clara Mayr sollen signalisieren, dass niemand vollkommen ist, aber jeder etwas Besonderes. Als nächstes ist eine unverkennbare Zeichnung von Peter Senoner zu bewundern – ein vielschichtiges Werk aus der Serie „corpus circus“ mit androgynen Fantasy-Wesen, die gleichermaßen faszinieren und verstören. Hannes Vonmetz Schiano präsentiert ein rätselhaft nebelverhangenes Bild; es soll eine Öffnung in eine andere Realität darstellen.

Nach Treppen und schmalen Gängen landen wir in einem kleinen Raum, der wie eine Kapelle anmutet. Dort finden wir eine Arbeit des Brixners Alexander Wierer, der seine Objekte grundsätzlich deren Bestimmung beraubt. Hier ist es ein Plexiglas-Kreuz, das vermeintlich eine Soundinstallation zu sein scheint. Stefan Tschurtschenthaler aus Tscherms zeigt das zweiteilige Werk „Mediterraneo“ – eine Mischtechnik aus Graphitpulver und Wachs auf alten Fliesen, inspiriert vom Schicksal der afrikanischen Flüchtlinge im Mittelmeer.

Im Kabinett des Bürgermeisters thront die Keramikbüste „Die Schachnovelle“ von Josef Rainer, die der Künstler getreu nach der Schlüsselszene in der literarischen Vorlage von Stefan Zweig gestaltet hat. Auf dem Schädel der Figur wird eine Partie Schach ausgetragen – eine Gedankenpartie, wie sie der Erste Bürger der Stadt wohl auch auszutragen hat. Im Vorraum des Sitzungssaales prangt das Lieblingsobjekt von Hans Knapp, ein Möbiusband, diesmal in leuchtendem Rot. Das Band ist so ambivalent wie die Farbe Rot; es hat verschiedene Ansichten je nach Blickwinkel. Rot ist die Farbe der Liebe, aber auch die von vergossenem Blut.

Sissa Micheli schafft mit flatternden Kleidungsstücken faszinierende temporäre Skulpturen, die im dynamischen Spiel das Flüchtige, das Vergängliche zelebrieren. Maria Stockner arbeitet viel mit Textilien, vornehmlich Gebrauchtes aus vergangenen Zeiten. Bei dem vorliegenden Wandbehang „Flor“ verarbeitet sie zwei Schals aus unterschiedlichen Welten: ein dunkler aus der Eisacktaler Miedertracht und ein hell leuchtender aus dem afrikanischen Raum. Eine ganz besondere Werkserie an der Wand sind die modifizierten Motorradhelme des jungen Brixners Philipp Putzer mit einem Bezug zu Objets trouvés, die Gesichtern gleich ziemlich mysteriös in den Raum schauen. Marco Pietracupas Fotoarbeit sieht man an, dass er aus der Modefotografie kommt: Der Mensch rückt in seiner Trash-Art-Fotografie in den Hintergrund; im Fokus steht der modische Anzug, die Draperie, wie sie im Barock Mode war. Im Büro von Monika Leitner hängt ihr Lieblingsbild „Salvagente“ des Brixner Haus-und-HofFotografen Leonhard Angerer, dessen Rettungsring vor dem Peitlerkofel zum symbolträchtigen Hilferuf in der Pandemie wurde. Im Büro von Peter Natter hängt „Skin“ von Mirijam Heiler, die der Ästhetik von Rastern nachgeht. Knapp unter der Dachterrasse erwartet uns eines der wundersamen Erdtiere von Sergio Sommavilla aus einer frühen Werkreihe, die die

Patricia Thaler

Praxis für ganzheitliche Energiearbeit Prä- und perinatale Körperarbeit Biodynamische Craniosacral-Arbeit für Säuglinge, Kinder und Erwachsene für Säuglinge, Kinder und Erwachsene

Die Keramikbüste „Schachnovelle“ wacht über die Gedankenpartie des Bürgermeisters

animalische Seele im Menschen zum Thema hat.

Den Abschluss bildet der Anker „Fragile“ aus Glas von Ali Paloma. Der Anker steht für Kraft und Halt, aber Glas und emporgereckte Arme evozieren bei der ausgewiesenen Feministin durchwegs Fragilität und Unsicherheit in Bezug auf das weibliche Geschlecht. Die Zerbrechlichkeit des Werkes verweist überdies auf das fragile Gesellschaftssystem in der derzeitigen Covid-19-Krise, das marginalisierte Gruppen nicht auffangen kann. Der Anker symbolisiert aber auch die Hoffnung, gesellschaftliche Normen neu zu formieren.

Einzelpersonen oder Gruppen können beim Künstlerbund auch um Führungen durch den Kunstparcour anfragen; ein virtueller Rundgang ist in Planung. „Die gemeindeeigene Kunstsammlung ist ein aktuelles Zeugnis der lokalen Kunstszene und eine vorbildhafte Förderaktion mit Nachahmungspotential für andere öffentliche Institutionen“, schwärmt Lisa Trockner.

irene.dejaco@brixner.info Leserbriefe an: echo@brixner.info

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Von Neustift in die ganze Welt

Eine Ausstellung, die Geschichten erzählt – von Büchern, Gemälden und Skulpturen, weit verstreut über die ganze Welt. Eines haben alle Ausstellungsgegenstände gemeinsam: Sie befanden sich einst im Kloster Neustift.

Ungewöhnliche Geschichten stehen im Mittelpunkt der Sonderausstellung „Zwischen Budapest und New York“, die derzeit im Augustiner Chorherrenstift Neustift zu sehen ist. Sie macht Lust darauf, in die ganz eigenen Schicksale von „Neustifts verlorenen Schätzen“ einzutauchen, die von Diebstahl und Enteignung, aber auch von einstmals geringer Wertschätzung und großer Sammelleidenschaft erzählen. Diesen Sommer kehren einige von ihnen auf Schautafeln, in Kurzfilmen oder als Reproduktionen in das Kloster zurück.

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Wertvolles Kunst- und Kulturgut aus Neustift. „Es gibt wohl keine andere Kulturstätte im historischen Tirol, deren einstiger Reichtum an Kunst- und Kulturgütern heute auf derart viele internationale Museen und Sammlungen verteilt ist“, erzählt Hanns-Paul Ties, der Kurator der Ausstellung. Er hat in fast detektivischer Kleinarbeit die Schicksale vieler Objekte recherchiert. Dass diese das Stift überhaupt verließen, hatte im Wesentlichen zwei Gründe: Zur Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol wurde das Kloster – wie viele andere auch – aufgehoben, und die Bayern ließen Kunstwerke und Bücher aus der Stiftsbibliothek nach München und Innsbruck bringen. „Weitere Verluste erlitt das Kloster in den Jahren um 1900. Damals wurden viele Objekte verkauft, teils aus ökonomischen Gründen – zum Beispiel, um die Renovierung der Stiftskirche zu finanzieren –, teils jedoch auch aus fehlendem Verständnis für die eigenen Kostbarkeiten“, ergänzt Ties.

Hauptwerke der Tiroler Spätgotik. Mit der Aufhebung des Klosters im September 1807 wurde sein Eigentum verstaatlicht. „Man weiß aus einem Inventar, dass schon damals in vielen Räumen und Gängen des Klosters Hunderte von Bildern hingen – eine erste Kunstsammlung“, erzählt Ties begeistert. Sie stammten vorwiegend aus dem Stift und der Stiftskirche, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts barockisiert und mit neuen Altären und Altarbildern ausgestattet worden war, aber auch aus anderen Südtiroler Pfarreien. Mit diesen Bildern wurden damals viele Hauptwerke der Tiroler Spätgotik außer Landes gebracht. Eines von ihnen nimmt heute in der Alten Pinakothek von München einen ganz besonderen Platz ein: der Kirchenväteraltar. Dieser Flügelaltar wurde um Hunderte von Bildern hingen bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den Gängen des Klosters

1474 von Michael Pacher für die Stiftskirche gemalt und zeigt an der Feiertagsseite die Heiligen Hieronymus, Augustinus, Gregor und Ambrosius.

Auch Tafelbilder des Marienaltars und des Jakobus-StephanusAltars gelangten dorthin. Beide Flügelaltäre wurden im frühen 16. Jahrhundert von Marx Reichlich gemalt, einem Schüler Michael Pachers. Reichlich verstand es wie kein anderer, biblische Begebenheiten und Heiligenviten in das Lebensumfeld der Menschen einzubetten – ein für seine Zeit unglaublich moderner Ansatz. So malte er etwa Heilige und biblische Gestalten in zeitgenössischer Kleidung, verzichtete auf Heiligenscheine, positionierte Figuren wie zufällig im Bild und baute Elemente lokaler Architektur in seine Werke mit ein. Besonders deutlich wird dies auf dem Tafelbild mit der „Steinigung des hl. Stephanus“: Im Vordergrund, genau genommen direkt am Eisackufer, bewerfen Männer mit unglaublicher Wucht den knienden Heiligen mit Steinen; im Hintergrund erhebt sich unverkennbar die Klosteranlage von Neustift.

Kunstverkäufe aus dem Stift. Die Aufhebung des Klosters dauerte knapp zehn Jahre: 1816 durften die Chorherren zurückkehren. Dann war es jedoch das Stift selbst, das besonders in der Zeit um 1900 zahlreiche Kunstwerke und Möbel veräußerte. „Dies ge-

schah“, so Hanns-Paul Ties, „eben auch aus mangelnder Wertschätzung für die kulturellen Zeugnisse der eigenen Vergangenheit.“

Begeisterte Kunst- und Antiquitätensammler bereisten damals Tirol. Einer von ihnen war Johann Nepomuk Graf Wilczek. Er hatte die bei Wien gelegene Ruine Kreuzenstein zu einer Burg ausbauen lassen und richtete sie mit historischem Mobiliar ein. Der ungewöhnliche, über fünf Meter breite Sakristeischrank, den er in Neustift aufspürte, kam da gerade recht. Er befindet sich noch heute in der Burg. Brustbilder von Christus und Maria herausgeschnitten“, weiß Ties. „Sie kamen nach Berlin, wurden dort 1930 versteigert und befinden sich heute in der Sammlung Heinz Kisters in Kreuzlingen in der Schweiz.“

Das barocke Totenbildnis des Propstes Anton Steigenberger ist ein bemerkenswertes Gemälde: „Totenbilder gibt es mehrfach. Dieses hier zeigt jedoch den gesamten Körper des aufgebahrten Verstorbenen, nicht nur sein Gesicht und seinen Oberkörper“, erklärt Ties. „Die Inschrift auf dem Bild würdigt den Propst als gistische Aufwand muss enorm gewesen sein. Der prunkvolle Bibliothekssaal wurde kurzerhand zum Zwischenlager für Gemälde und Bücher umfunktioniert. In 20 Kisten verpackt lagerten hier Bücher mit einem Gesamtgewicht von drei Tonnen sowie 46 Gemälde. Noch vor dem Abtransport wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. Jänner 1809 in die Bibliothek eingebrochen und kleinformatige Bilder gestohlen. Der Verdacht fiel auf die alten Chorherren, die trotz der Aufhebung ihres Klosters dort noch lebten. In der Hoffnung auf ein Geständnis wurde den alten

Foto: Bruce Schwarz

„Es gibt wohl keine andere Kulturstätte im historischen Tirol, deren einstiger Reichtum an Kunst- und Kulturgütern heute auf derart viele internationale Museen und Sammlungen

verteilt ist“ _Hanns-Paul Ties, Kurator der Ausstellung

Auch ein anderes kostbares Objekt mit einer hohen emotionalen Bedeutung für das Stift wurde veräußert: eine Mitra aus dem hohen Mittelalter, die dem seligen Hartmann, dem Gründer des Klosters, gehört haben soll. Der Kunsthändler Adolph Loewi nahm sie bei seiner Emigration nach Los Angeles mit und verkaufte sie 1946 an das Metropolitan Museum of Art in New York.

Dass mit Objekten beim Verkauf nicht immer sorgfältig umgegangen wurde, ist an den Flügeln des Barbara-Altares zu sehen. „Hier wurden aus den ganzfigurigen Darstellungen einfach einen Mann, dem ‚nichts außer die Unsterblichkeit fehlte‘.“ Von den 17 Silberleuchtern auf dem Gemälde haben sich einige im Stift erhalten. Das Bild befindet sich heute in Privatbesitz; der Eigentümer erwarb es vor rund 20 Jahren in einem ungarischen Antiquariat. Wann es das Stift verlassen hat und wie es nach Budapest kam, ließ sich bis dato nicht rekonstruieren.

Ein unaufgeklärter Einbruch in die Stiftsbibliothek. Doch noch einmal zurück zum Abtransport der Kunstschätze unter bayerischer Herrschaft: Allein der loHerren über Monate keine Pension mehr ausgezahlt. Aufgeklärt wurde der Diebstahl auch damit allerdings nicht.

Virtuell miteinander vereint. Rund 140 Handschriften, 1.000 Inkunabeln (Bücher aus dem 15. Jahrhundert, die meist mit handgemalten Malereien geschmückt sind) und unzählige liturgische, theologische, philosophische, rechtswissenschaftliche oder naturwissenschaftliche Werke wurden nach Innsbruck gebracht und befinden sich größtenteils noch heute in der dortigen Universitäts- und Landesbibliothek. „Von den Handschriften kamen knapp 100 auf Druck des italienischen Staates wieder nach Neustift zurück“, so Ties. „In den letzten Jahren wurden alle Handschriften jedoch vollständig digitalisiert. Zumindest virtuell sind somit die Innsbrucker und die Neustifter Exemplare auf einer Website miteinander vereint.“

Wie viele Objekte im Laufe der Zeit als Diebesgut, Schenkungen oder Veräußerungen aus dem Kloster wegkamen, lässt sich nicht genau sagen. Neben den „drei Tonnen Büchern“ waren es wohl etwas mehr als 50 Bilder, fast ein Dutzend Kleinskulpturen aus Elfenbein, Schnitzfiguren, Paramente und Silberobjekte aus der Sakristei, Neustifter Tafelsilber sowie die umfangreiche Naturalien- und Münzsammlung des Stiftes. Vieles davon ist endgülEine Mitra aus dem hohen Mittelalter gehörte einst dem Stift, wurde aber veräußert

tig verloren gegangen. Manche Kunstwerke haben eine lange Odyssee hinter sich, von vielen verliert sich die Spur erst im 20. Jahrhundert.

Am Ende steht ein Happy End. Die „verlorenen Schätze“ sind in Neustift nicht im Original zu sehen. Zu aufwändig wäre der Transport von Leihgaben aus aller Welt gewesen, zu riskant für jahrhundertealte Kunstwerke. Doch die Kurzfilme von Christoph Wieser und die Abbildungen auf den Schautafeln geben einen Eindruck von der hohen Qualität der Objekte.

Und am Ende der Ausstellung fällt der Blick auf ein niederländisches Barockgemälde mit dem ungewöhnlichen Titel „Wie die Alten sungen, so pfeifen die Jungen“ – ein Bild, das auf die Vorbildfunktion von Erwachsenen verweist. Es wurde dieses Jahres erworben und kehrte damit nach mehreren Jahrzehnten wieder ins Stift zurück. Auch so schließen sich Kreise in der Geschichte.

johanna.bampi@brixner.info Leserbriefe an: echo@brixner.info

BRIXEN Kunst trifft Sport

z Auch die Südtiroler Kunstwelt hat sich zur 50-Jahr-Feier des Brixner Handballs Gedanken gemacht: 15 Kunstschaffende aus Brixen und Umgebung und drei Institutionen der Brixner Performance Art – das Theaterpädagogische Zentrum, die Sektion Tanzsport des SSV Brixen und die Musikschule Brixen – sind der Einladung der Initiative „Handball.Kultur.Brixen“ gefolgt und interpretieren Handball auf ihre Art und Weise. Die Brixner Altstadt dient vom 27. August bis 4. September als Galerie und Bühne für die Darbietungen der verschiedenen Werke. Kuratoren der Ausstellung sind Hartwig Thaler und Sabrina Fraternali. Mit dabei sind unter anderem Kunstschaffende wie Ali Paloma, Christian Falk, Harald Kastlunger, Hartwig Thaler, Markus Gasser (sein Werk im Bild) und viele mehr, die ihre Werke in den Schaufenstern von 15 Brixner Kaufleuten ausstellen. Weitere Infos im Internet: www. ssv-brixen.info. eh

K&K Kunst & Kultur

FOTOGRAFIE „Naturschätze“ erleben

z Dass das Wandergebiet Jochtal an sich schon einen Besuch wert ist, dürfte vielen bekannt sein. In diesem Sommer ist dort zudem an acht Stationen entlang der Wanderwege die Ausstellung „Naturschätze“ zu sehen. 31 überdimensionale Fotos von Naturfotografen des Vereins „Strix“ stehen wirkmächtig in der Landschaft. Hier, in der freien Natur, bietet sich den Wanderern die Möglichkeit, anhand beeindruckender Fotografien den eigenen Blick auf die heimische Natur zu schärfen. Tiere, die sich selten den Menschen zeigen, wurden von den Fotografen ebenso aufs Bild gebannt wie die Schönheit der Blumen in all ihren Facetten. Makroaufnahmen führen den Betrachtern die Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit von Momenten, Situationen und Jahreszeiten in der Natur in besonderer Weise vor Augen. Stimmungsvolle Fotos der Südtiroler Bergwelt weiten außerdem den Blick über die ohnehin schon imponierende Bergkulisse hinaus. Damit bietet die Almenregion Gitschberg-Jochtal eine Wanderung mit Tiefgang an, und zwar dank großformatiger Fotos mit faszinierender Fernsicht und neuen Einsichten. Die Personen hinter der Kamera sind indes keine Unbekannten: Die Aufnahmen stammen von Alfred Erardi, Claudio Sferra, Corinna Leonbacher, Georg Kantioler, Gerd Tauber, Helmut Elzenbaumer, Hugo Wassermann, Johannes Wassermann, Manuel Plaickner, Massimo Santoro, Walter Oberlechner, Matthias Gritsch, Nadia Thaler, Sepp Hackhofer, Silvan Lamprecht und Ulrike Ploner. jb

kurz

notiert

Eine Reihe von Portraits sind derzeit im Rahmen der Ausstellung „Ein Gesicht, tausend Persönlichkeiten“ im Brixner Domcafé zu sehen. Die Porträts beschreiben die Facetten einer jungen Frau, die unterschiedliche Persönlichkeiten und Masken zeigt. Bis zum 12. September laufen die Einschreibungen an die Werkstätten des Theaterpädagogischen Zentrums in Brixen. Interessierte ab vier Jahren können sich über das Angebot auf der Homepage des tpz informieren: www.tpz-brixen.org. Der „Musiksommer in der Hofburg“ verlief trotz Wetterkapriolen zur Zufriedenheit der Veranstalter, der Bürgerkapelle Brixen und dem Kulturverein Brixen Musik. Die siebenteilige Konzertreihe endete mit einer Operettengala mit Solisten der Südtiroler Operettenspiele.

NACHGEFRAGT „Feuer und Flamme fürs Theaterspielen“

BARBARA HACK, Mitarbeiterin der Jugendgruppe des Theater Brilland, über die Eigenproduktion der Theatergruppe, die in Kürze auf die Bühne gebracht wird.

Frau Hack, „Schuld“ nennt sich die erste Eigenproduktion. Was kann man sich darunter vorstellen?

In diesem Theaterstück haben wir gemeinsam mit den acht Jugendlichen der Theatergruppe Probleme der Jugend behandelt. Die Themen wurden in gemeinsamen Online-Treffen in die Runde geworfen; die Jugendlichen haben dann ihre Gedanken, ihre Erfahrungen, ihre Meinungen und Lösungsansätze dazu eingebracht. Das Stück ist ein Summarium aus diesen Einwänden. Man kann es sich wie einen Episodenfilm vorstellen.

Wie kamen Sie und die Koordinatorin Christine Jaist auf die Idee, eine Eigenproduktion zu wagen?

Eigentlich stand die Jugendgruppe kurz vor ihrem Ende. Aus Studien- und anderen Gründen fehlte einigen Jugendlichen die Zeit und die Motivation, weiterzumachen. Nach dem Lockdown aber kam uns die Idee, in einer Eigenproduktion die derzeitigen Probleme aufzugreifen. Unsere Mitglieder, alle zwischen 18 und 22 Jahre alt und aus Milland, Brixen, Spinges und Feldthurns, waren plötzlich wieder Feuer und Flamme. Seit Dezember proben wir einmal wöchentlich.

Wann kann man das Stück sehen?

Das Stück wird im September gleich mehrmals aufgeführt. Die Premiere findet am 17. September um 20.30 Uhr statt. Die Theaterbühne ist etwas ungewöhnlich: Aus Kostengründen führen wir das Stück nämlich im Modehaus Globus in der Brixner Altstadt auf. Freundlicherweise wurde uns dafür der letzte Stock zur Verfügung gestellt. Informationen zu den Aufführungsterminen und Tickets gibt es telefonisch oder via WhatsApp unter 338 9204800.

evi.hilpold@brixner.info Leserbriefe an: echo@brixner.info

AUSSTELLUNG Lebenswelten von Migranten in Südtirol

z Ein grüner Stuhl, ein Gitterkorb voller gelber Kataloge zum Mitnehmen, eine Videoprojektion an der Wand: Im Mittelpunkt der Wanderausstellung „Resonance“ in der Festung Franzensfeste stehen Menschen mit Migrationshintergrund und ihre Lebenswelten in Südtirol. Sie stellen in der Region Trentino-Südtirol fast zehn Prozent aller Erwerbstätigen, vor allem im Baugewerbe, in der Landwirtschaft und im Gastgewerbe. Für die Ausstellung trafen Oberschüler aus Meran, St. Ulrich und Bozen Menschen aus anderen Ländern und dokumentierten ihren beruflichen Alltag anhand von Fotos, Bildern und Collagen. Sie zeigten sich tief beeindruckt vor allem vom Mut der Migranten, ihrer positiven Lebenseinstellung und ihrem Willen, sich hier ein besseres Leben aufzubauen. Diese Begegnungen inspirierten die Jugendlichen zu berührenden Arbeiten, die in der Videoprojektion zu sehen sind. Der grüne Stuhl hingegen gibt den Menschen aus der Ferne auch physisch einen Platz in unserer Gesellschaft. Im Ausstellungskatalog kommen sowohl die Migranten als auch die Schüler zu Wort. Die Leitung dieses Projektes übernahm die Koordinierungsstelle für Integration; Projektpartner waren unter anderem die interkulturellen Vereine Donne Nissà und Trait d’Union, die Sozialgenossenschaften Spirit und Xenia sowie das Land Südtirol. Die Ausstellung ist bis zum 3. September in der Festung Franzensfeste zu sehen – und damit an einem historischen Ort, der ebenfalls weitgehend von Arbeitern aus der Fremde gebaut wurde. Eine gelungene Verbindung. jb

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