10 Jahre Börse Express

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Dienstag, 3. April 2012

medianet – BE3

Thema Es ist Börse Express-Tradition, dass man quartalsmässig bezüglich Austro-Aktien zurück- bzw. ausblickt

„ATX geht im Q2 auf 2450, kaufenswerte Titel sind …“ Im Talk: Eduard Berger, Vorstand der Wiener Privatbank, Investor Wolfgang Matejka und der oberste Österreich-Researcher der RCB, Stefan Maxian. Sie nennen ihre Austro-Aktien-Favoriten für das Q2.

Cafe BE: Der Ausblick anlässlich des AnalystAward im Dezember 2011 war verhalten optimistisch. Vor allem das 2. Halbjahr 2012 werde nach holprigem Start gut laufen. Aufpassen solle man nur bei den Banken. Nun ist es so, dass bereits das 1. Quartal für den ATX sehr nett gelaufen ist und es waren an vorderster Front mit die Banken, die Performance brachten. Ich beginne mit Ihnen, Herr Berger. Die Wiener Privatbank war eigentlich schon im Q4 sehr positiv auf Banken, seid Ihr das immer noch, auch jetzt nach den erfolgten Kursanstiegen? Eduard Berger: Im Rückblick hatten wir recht gehabt mit unserem sehr optimistischen Szenario, was die Liquidität im Markt betrifft und auch für die Banken. Überrascht hat uns dann doch das Momentum im Jänner. Das ist schon alles recht schnell gegangen. Der Tag im Dezember mit dem Bankenliquiditätsprogramm war der Drehpunkt, auch wenn man das damals noch nicht so gesehen hat. Was enttäuscht, sind die Volumina. Ich bin aber positiv und glaube, dass Volumen noch hereinkommen wird, weil es kaum Alternativen zur Aktie gibt und auch die Unternehmen gut reportet haben. Offensichtlich löst sich die Krise in Luft auf. Cafe BE: Stichwort Berichtssaison. Kann man positive wie negative Ausreisser hervorheben? Berger: Die meisten waren innerhalb der Erwartungen, negative Überraschung waren vielleicht Zumtobel und der Verbund. Wenn man schaut, wie gut Versorger wieder performen, ist der Verbund schon schwach. Cafe BE: Die Banken haben den ATX nach oben gezogen. Bleiben die Banken bei euch hoch gewichtet? Berger: Ja, die bleiben hoch gewichtet. Die Bankergebnissse werden gut ausschauen, die Bilanzen sind zwar verkürzt, andererseits unterschätzt der Markt das billige Geld immer noch. Banken sollten weiterlaufen. Cafe BE: Herr Matejka, wie ist das Q1 aus Ihrer Sicht gelaufen? Wolfgang Matejka: Ökonomisch und von der Realwirtschaft her wirklich sehr gut, besser als die Erwartungen. Man tippte auf ein Abflachen der Konjunktur, das ist nicht gekommen. Die Banken profitierten nicht aufgrund der Realwirtschaft, sondern aufgrund der EZB-Liquiditätszufuhr, das sind zwei unterschiedliche Faktoren. Man konnte zB eigene Anleihen zurückkaufen und so den Gewinn erhöhen. Diese Konjunktur hat aber wie gesagt nichts mit einer Konjunktur einer voest oder Amag zu tun. Die laufen gut. Schlecht laufen jene, die von den Banken abhängen, zB Spätzykliker wie Zumtobel. Die grossen Überraschungen sind ausgeblieben. Ich glaube, die Performance der Banken kann wieder angreifbar sein, wenn das EZBGeld weniger wird. Derzeit haben

© Martina Draper

christian drastil

wir einen Stafettenlauf, weil das Geld in Bonds geht und die Bubble am Bondmarkt immer grösser wird. Nur die Angst spricht dafür, an grossen Bondmarktpositionen festzuhalten, zum Beispiel regulatorische Angst, aber auch das lockert sich – wie man am Beispiel Solvency II sieht – Gott sei Dank – ein wenig auf. Von der unternehmerischen Seite her hat sich die Entwicklung besser als erwartet dargestellt. Die Analysten tun sich in Zukunft leichter, weil der Leverage geringer wird und die Zyklizität abnimmt. Es geht wieder mehr in Richtung Konsumzyklus und nicht so stark über die Bankenabhängigkeit. Kredite werden ja oft entzogen, wenn es die Unternehmen am schlimmsten trifft. Stichwort Amag: Da bin ich enttäuscht, die Company wurde ohne Übernahmebonus verschenkt. Cafe BE: Raiffeisen war ein gutes IPO, vor allem Kapsch natürlich auch, beide waren und sind Opfer und Profiteure der Marktschwankungen, aber wenn CEOs beim ersten Gegenwind kalte Füsse bekommen, siehe phion, ist das nicht so schön ... wie auch immer ... Herr Maxian, Ihr Rückblick, eure Empfehlungen haben im Q1 ja schön Alpha generiert ... Stefan Maxian: Ja, das Jahr ist auch für uns gut angelaufen. Was zum Glück nicht gekommen ist, war irgendeine Form von Credit Crunch. Wir sind auch optimistischer geworden, haben Banken upgegradet, sind dann nach den Kursanstiegen wieder vorsichtiger geworden. Aber: Das Q1 wird für die Banken schon gut werden, rein von der Zinskurve her bzw. vom Handelsergebnis. Das hilft. Was man aber zusätzlich schauen muss, ist, wie sich das Provisionsergebnis entwickelt und ob man im

1. Quartal wieder ein höheres Rückstellungsniveau sehen wird oder nicht. Cafe BE: Die Berichtssaison im Rückblick? Maxian: Positiv überrascht hat mal wieder eine OMV, die auf der Kostenseite gut liegt. Die Banken besser, starke Zahlen auch bei RHI, traditionell im Q4 bei der Andritz, die paar Enttäuschungen wurden genannt, Zumtobel, Verbund, vielleicht AT&S. Etwas anders war diesmal, dass auch die Large Caps positiv überrascht haben. Im Vorjahr hatten wir gute Small-/Midcaps, aber die Grossen waren unter Erwartungen. Cafe BE: Und was sind Ihre Empfehlungen für das Q2? Vielleicht drei bis vier Namen für unsere Leser. Maxian: Erste Group und Immofinanz gefallen mir, weiters MayrMelnhof. Die Amag sehe ich auch positiver. Cafe BE: Herr Matejka, zuletzt hat Sie die BAT-Kollektion, BWT, Amag und Telekom ... Matejka: Also die Amag definitiv nicht mehr, hier lautete das Ziel Streubesitz und gekommen ist ein dominierender Grosser. Ähnlich wie Lenzing, tolles Unternehmen, aber potenzielle Interessenten durften nicht. However. BWT gefällt mir nach wie vor, da kommt noch viel. Ganz hervorragend ist auch die austriamicrosystems unterwegs, der Markt glaubte, dass irgendwann wieder eine negative Überraschung kommen müsse, die ist aber ausgeblieben. Die sind extrem breit aufgestellt, Nokia nur noch klein, Apple vermute ich extrem wichtig, auch wenn das disclosed ist. Die Bewertung ist trotz Kursanstieg gewaltig unter den Peers.

Cafe BE: AT&S und austriamicrosystems stehen ja beide auf der Supplier-Liste von Apple, quasi Leoben-Unterpremstätten-Furche ... Matejka: Genau. austriamicrosystems ist bei der Sensorik ganz vorne. Die Taos-Akquise war perfect fit. Cafe BE: A wie austriamicrosystems haben wir, B wie BWT auch, d.h., die BAT könnte wieder funktionieren. Gibt’s ein T? Matejka: Nein, es werden ein R und ein I. R wie RHI, da hat das CostCutting sehr gut funktioniert, es gibt auch noch viel Aufholpotenzial in Dingen wie Corporate Governance und Innenmotivation, Struzl hat Drive in die Company gebracht. Und dann auch noch I wie Intercell als heimlicher Favorit. Berger: Wir bleiben wie im Spätherbst bei Financials, Energie, für uns Öl, und Zykliker. Und nehmen Real Estate dazu. Der Sektor beginnt gut zu performen. Hervorheben möchte ich CA Immo von der Bewertung und vom soliden Management her, dazu jetzt die Dividende. Bei den Banken die Erste Group, da ist der grösste Hebel nach der grossen Enttäuschung im Herbst. Bei den Zyklikern bin ich voll bei RHI und Wolfgang Matejka, auch von den Argumenten her. Auch eine Wienerberger gefällt mir sehr gut. Das ist ja einer der bekanntesten Österreich-Titel auf der Welt. Wenn Liquidität zurückkommt, wird auch Wienerberger – aktuell komplett weg vom Radarschirm – wieder zurückkommen. Abschliessend OMV, hier glaube ich an eine Trendwende: Günstige Bewertung, steigender Ölpreis, dazu der Druck vom zweitgrössten Aktionär, der IPIC. Im Herbst ist diese Nachricht mit der Aufstockung durch IPIC ja weitgehend untergegangen. Die werden ungeduldiger und das ist

v.li.: Eduard Berger (Wiener Privatbank), Wolfgang Matejka (Matejka & Partner), Stefan Maxian (RCB). Was das Trio über die KESt und Investorenkonferenzen sagt, lesen Sie unter www.boerse-express. com/cafebe

schon gut so. Es wird ja auch spekuliert, dass IPIC weiter kauft, das kommt mir plausibel vor. Das kann eine gute Story werden. Cafe BE: Da wurden jetzt viele Indexschwergewichte genannt, d.h. der ATX selbst sollte ja auch schön laufen. Wie lauten die ATX-Prognosen für die Jahreshälfte? Aktuell liegen wir bei rund 2240 Punkten. Berger: 2411 Punkte. Das ist unser errechnetes Ziel auf Basis eines Modells. Matejka: 2500 Punkte, ich glaube aber, dass es einen Favoritenwechsel hin zu Energie und auch noch Zyklikern geben wird. Stockpicking wird stärker in den Vordergrund treten. Maxian: 2450 Punkte, wobei auch von den Risken noch nicht alles gegessen ist. Portugal ist so ein Thema. Wenn das kommt, könnte das gleich einmal zehn Prozent kosten. Das Timing ist nahezu unmöglich zu erraten. Cafe BE: Sie sehen den ATX im Q2 rund 10 Prozent höher, obwohl wir Dividendensaison haben, und das muss ja der ATX erst mal aufholen, was da an Abschlägen kommt. Was fällt zusätzlich zur Post noch ein? Maxian: Die Post ist sicher der Klassiker, dann Immofinanz, untypisch, aber doch ganz vorne. Eine RHI ist auch nicht so schlecht, Semperit, Polytec. Berger: CA Immo. Auch in dieser Hinsicht enttäuscht der Verbund. Der Kurs ist am Boden und man hat noch immer keine Rendite.


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