SYM-Magazin 2/2014

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ISSN 1613-3714 64670 Einzelpreis € 3.-

SYM

Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll

Schwerpunktthema:

In Frieden miteinander leben? Rüstungsexporte – zwei Stimmen Israelische und palästinensische Jugendliche – zwei Annäherungen Das Baskenland – Geschichte eines Konflikts Scham kann Konflikte auslösen Tagungsvorschau Wie Literatur politisch wirksam wird – Literatursommer BadenWürttemberg Soziale Marktwirtschaft – das europäische Wirtschaftsmodell? Bad Boller Wirtschaftsgespräch Rückblende Publikationen Service

In Frieden miteinander leben? Juni

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2014


inhalt

aktuell …

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Erste Sitzung des neuen Kuratoriums

Akademiegeschichte 3 Akademie-Diskussion zur Wiederbewaffnung Deutschland in den 50er Jahren

Onlinedokumente

Ausstellung

Sabine Brand-Scheffel Über den Gärten – Malerei auf Leinwand und Papier

Schwerpunkt: In Frieden miteinander leben? Kaleidoskop Sabine Brand-Scheffel: Aus der Serie Grüngold, 2014, 70x50 cm, Acryl und Kohle auf Leinwand

Was kommt ...

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Vorschau auf Tagungen in der Zeit vom 20. Juni bis 30. November

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Aus der Akademie

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Rezept Von Personen

Publikationen 22 Akademie-Publikationen Rezensionen Verlosung

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Impressum 24

Rüstungsexporte – zwei Stimmen Dr. Hartwig von Schubert Meditation 25 Pfarrer Friedemann Bresch Israelische und palästinensische Jugendliche Nahe Fremde – zur Lebensrealität der israelischen Jugend „X-Games“-Skater in Palästina – die Stehaufmännchen Das Baskenland – Geschichte eines Konflikts Titelbild Ein afghanisches Mädchen begrüßt Scham kann Konflikte auslösen einen kanadischen Soldaten. 13. Streitschlichterkongress in der Foto: Anja Niedringhaus, Evangelischen Akademie Bad Boll picture-alliance/AP Images siehe auch S. 6

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editorial

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie das neue Heft unseres Magazins SYM zur Hand nehmen. Der Titel »SYM« ist dem altgriechischen Präfix für »zusammen« entlehnt. Die Evangelische Akademie Bad Boll will zusammenführen und Foren schaffen für eine konstruktive Erörterung gesellschaftlich bedeutsamer Fragen. Neben sozial- und wirtschaftsethischen Themen waren es friedensethische Themen, die in der Akademie seit den 50er Jahren und dem Streit um die Wiederbewaffnung heftig diskutiert wurden (siehe Beitrag S. 3-4). Seit dem Fall der Mauer und den Transformationsprozessen in Osteuropa sind Fragen der Rüstungs- und Sicherheitspolitik in der öffentlichen Diskussion eher in den Hintergrund getreten. Es scheint eine gewisse Normalität eingetreten zu sein, zu der Bundeswehreinsätze im Ausland ebenso gehören wie Waffenlieferungen an undemokratische Staaten und Rekordexporte von Kleinwaffen in alle Welt. Wenn die Evangelische Akademie in der Frage der Rüstungspolitik zum Forum wird, dann will sie ermöglichen, dass unterschiedliche ethische Einschätzungen zu Gehör kommen. So bringen die beiden Beiträge von F. Bresch und H. von Schubert (S. 7-8) profilierte Positionen zur Frage der Rüstungsexporte auf den Punkt. Faktor ist die Evangelische Akademie Bad Boll allein schon dadurch, dass sie die in der Öffentlichkeit nicht mehr so intensiv wahrgenommenen Probleme beharrlich zur Diskussion stellt. Die Evangelische Kirche hat gegenüber dem Leitbild vom »Gerechten Krieg« immer wieder das Leitbild vom »Gerechten Frieden« stark gemacht: Wo Gerechtigkeit erfahren wird, dort kommt es zur Bildung von friedlichen Lebensverhältnissen. Umgekehrt kann ein gerechter Ausgleich der Interessen auch nur dort erfolgen, wo eine friedfertige Abstimmung unterschiedlicher Positionen zum normalen Leben hinzugehört. Beiträge, die sich mit der Situation von Jugendlichen in Israel und in Palästina beschäftigen, werfen Schlaglichter auf diese Perspektive. Zudem finden Sie Berichte über eine Tagung zum »Baskenkonflikt« und den 13. Streitschlichterkongress, der sich mit dem Zusammenhang von Scham bzw. Beschämung und Aggression beschäftigte. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre des neuen Magazins SYM und hoffen sehr, dass Sie mit uns zusammen an einer zukunftsfähigen und friedlichen Gesellschaft bauen wollen. Herzliche Grüße,

Prof. Dr. Jörg Hübner Geschäftsführender Akademiedirektor

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aktuell Erste Sitzung des neuen Kuratoriums Am 12. Mai 2014 hat das neue Kuratorium zum ersten Mal getagt. Dem Gremium gehören vier Mitglieder der Landessynode an, vier vom Oberkirchenrat berufene Personen, zwei vom Landesbischof benannte Vertreter aus dem Oberkirchenrat sowie die Vorsitzenden der Beiräte. Das Gremium hat die Aufgabe, die Akademieleitung im Blick auf die grundsätzliche Ausrichtung der Institution zu beraten. Es unterstützt die Direktion bei der inhaltlichen Schwerpunktsetzung und wirkt mit bei der Besetzung von Stellen. Darüber hinaus berät es die Positionspapiere der Beiräte. Jeder Themenbereich der Akademie besitzt zudem einen Beirat. Diesem gehören die zuständigen Studienleitenden an sowie bis zu sechs weitere, fachlich kompetente Personen. Sie beraten die Akademieleitung und das Kuratorium in Grundsatzfragen und erstellen hierzu ein Positionspapier.

Vierzehn Mitglieder des achtzehnköpfigen Gremiums sind auf dem Foto versammelt. Obere Reihe: Dr. Ulrich Bausch, Werner Stepanek, Prof. Dr. Ulrich Heckel, Prof. Dr. Jörg Hübner, Achim Ganßloser; mittlere Reihe: Dr. Michael Blume, Beate Keller, Dr. Waltraud Bretzger, Gabriele Winkler; untere Reihe: Dr. Günter Renz, Lothar Frick, Dr. Rolf Bulander, Dr. Simone Schwanitz, Dr. Frank Torsten Zeeb

Dem Kuratorium gehören an: Gabriele Winkler (Projektleiterin Außenstelle BadenWürttemberg/Bayern von Engagement Global gGmbH), Dr. Michael Blume (Referatsleiter im Staatsministerium Baden-Württemberg), Dr. Ulrich Bausch (Leitung Volkshochschule Reutlingen), Dr. Rolf Bulander (Geschäftsführer Robert Bosch GmbH), Dr. Simone Schwanitz (Ministerialdirektorin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg), Lothar Frick (Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg), Marion von Wartenberg (Staatssekretärin im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg),

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Werner Baur (Evangelischer Oberkirchenrat), Direktorin Margit Rupp (Evangelischer Oberkirchenrat), Dr. Waltraud Bretzger (Gesprächskreis Offene Kirche), Beate Keller (Gesprächskreis Lebendige Gemeinde), Werner Stepanek (Oberstudiendirektor a.D., Mitglied der Landessynode und der EKD-Synode, Gesprächskreis Offene Kirche), Pfarrerin Franziska Stocker-Schwarz (Gesprächskreis Lebendige Gemeinde). Außerordentliche Mitglieder sind: Prof. Dr. Ulrich Heckel (Evangelischer Oberkirchenrat), Dr. Frank Torsten Zeeb (Evangelischer Oberkirchenrat), Achim Ganßloser (Geschäftsführer der Evangelischen Akademie Bad Boll), Dr. Günter Renz (Stellvertretender Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll), Prof. Dr. Jörg Hübner (Geschäftsführender Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll). Zum Vorsitzenden des Kuratoriums wurde Werner Stepanek gewählt. Den Beiräten gehören an: Themenbereich Wirtschaft, Globalisierung, Nachhaltigkeit: Leni Breymaier (ver.di-Landesbezirksleiterin Baden-Württemberg), Prof. Dr. Rudi Kurz (Professor an der Fakultät für Wirtschaft und Recht der Hochschule Pforzheim), Dr. Walter Rogg (Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, Prof. Dr. Josef Schmid (Dekan der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Tübingen), Barbarita Schreiber (Parlamentarische Beraterin der Grünen Baden-Württemberg), Gabriele Winkler (Projektleiterin Außenstelle Baden-Württemberg/Bayern von Engagement Global gGmbH). Zur Vorsitzenden wurde Gabriele Winkler gewählt. Themenbereich Kultur, Bildung, Religion: Dr. Michael Blume (Referatsleiter im Staatsministerium Baden-Württemberg), Prof. Stephan Ferdinand (Hochschule der Medien – Electronic Media Institut für Moderation), Prof. Dr. Elisabeth Gräb-Schmidt (Lehrstuhl für Systematische Theologie, Universität Tübingen), Matthias Kaiser (Operndirektor Theater Ulm), Doro Moritz (Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg), Prof. Dr. Ursula Weber (Professorin für Sozialarbeitspolitik, Duale Hochschule Baden-Württemberg). Zum Vorsitzenden wurde Dr. Michael Blume gewählt. Themenbereich Gesellschaft, Politik, Staat: Dr. Ulrich Bausch (Leitung Volkshochschule Reutlingen), Berthold Frieß (Fraktionsgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen im baden-württembergischen Landtag), Angelika MattHeidecker (Oberbürgermeisterin Kirchheim unter Teck), Prof. Dr. Thomas Schlag (Professor für Praktische Theologie an der Universität Zürich), Andreas Dieterich (Referent Zivile Konfliktbearbeitung bei Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst), Iris Käppler-Krüger (Richterin). Zum Vorsitzenden wurde Dr. Ulrich Bausch gewählt. Sym 2/2014


akademiegeschichte »Dieser ausserordentliche politische Notstand« – Die Wiederbewaffnungsdebatte 1955 und die Rüstungsdiskussion heute Die ethische Einordnung der deutschen Rüstungspolitik, die Rolle der Bundeswehr in der Gesellschaft, der Dialog zwischen Soldaten und der Zivilgesellschaft, die Rolle der Militärseelsorge als Kirche in der Bundeswehr: All das sind Aspekte der aktuellen Debatte um die deutsche Sicherheitspolitik, wie sie in Bad Boll zuletzt auf der Tagung »Kirche und Rüstung« (8.-9. Mai) angesprochen wurden. Ein Blick in das AkademieArchiv zeigt jedoch, dass diese Themen, so dominierend sie derzeit sind, keinesfalls neu sind. Die Diskussion um die Wiederbewaffnung wurde auf einigen Veranstaltungen in Bad Boll in den 1950er Jahren ausgetragen.1

nicht verbunden sind – sondern weil unsere Brüder im Osten in einem totalitären Staatswesen leben müssen.«2 So begründete Landesbischof Dr. Martin Haug auf der Tagung »Kirche und Wiederbewaffnung« vom 9. bis 13.1.1955 sein Votum für eine einsatzfähige deutsche Bundeswehr. Er verwob darin verschiedene Argumentationslinien: Die Selbstverteidigung der noch jungen Republik, die Frage der Aufarbeitung auch militärischer Vergehen in den Jahren des Weltkrieges, ebenso wie eine Legitimation militärischen Vorgehens aufgrund eines »politischen Notstandes« angesichts des beginnenden Ost-West-Konfliktes und der Teilung Deutschlands.

Von Simone Helmschrott

Wenn heute die Rüstungsprojekte der Bundesregierung scharf hinterfragt werden und auch politisch eine größere Transparenz gefordert wird, kann man dies beinahe mit den Worten Dr. Gustav Heinemanns tun, der 1955 in Bad Boll erklärte: »Jedenfalls ist vor allen kolonialen Unternehmungen zu warnen, wie sie jetzt in dem nordafrikanischen Rüstungsprojekt unter Beteiligung der Bundesrepublik wieder auftreten. Wir dürfen die uns geschichtlich aufgegebene Waffenlosigkeit nicht überwinden durch Rückkehr in die alten Linien. Das Zeichen der deutschen Abrüstung muss als Mahnung an die anderen bestehen bleiben. Auch Washington und Moskau werden sich zu einer Verständigung über Rüstungen finden müssen, wenn die Gefahr einer Weltkatastrophe gebannt werden soll.«3

»Auch ich bin der Meinung, dass die Wiederbewaffnung nur angesichts eines ausserordentlichen politischen Notstandes berechtigt ist. Ich frage aber, ob dieser ausserordentliche politische Notstand nicht tatsächlich gegeben ist: Der Kommunismus ist ein totalitäres System, das seine Heilslehre über die ganze Welt ausbreiten will. Sein militärischer Vormarsch ist weltpolitische Tatsache, sein propagandistischer ist Programm. Kam sein Vordringen nicht nur durch die Wiederaufrüstung von England und USA zum Stehen? Allein durch das Dasein dieser ungeheuren östlichen Militärmacht ist jedes andere Staatswesen an seinen Grenzen bedroht. Man mag es tief bedauern, dass uns keine Zeit bleibt zur Aufarbeitung unserer Vergangenheit, aber wir müssen uns beteiligen an der Ausrichtung eines Damms gegen die Flut aus dem Osten. […] Nicht deshalb ist uns Christen die Wiedervereinigung ein brennendes Anliegen, weil wir alle Deutsche unter einem Dach haben wollen – es macht mir gar nichts aus, dass wir mit unseren deutschen Brüdern in Österreich

Heute sind die politischen Konstellationen zwar andere, auch die Ziele der Rüstungsprojekte haben sich gewandelt. Doch bleibt die Mahnung bestehen, diese Ziele zu überprüfen.

Die Tagungsdokumentation von 1955 löst Überraschung darüber aus, in welchem Ausmaß damals politisch diskutiert wurde, und wie stark ethische Fragen im Hintergrund blieben. Die Konzepte eines gerechten Friedens, der Schutzverantwortung, der Rechtmäßigkeit der Mittel, wie sie heute die Diskussion prägen, kamen erst in den vergangenen Jahrzehnten hinzu. Auch bei der innerkirchlichen Diskussion standen politische Aspekte im Vordergrund, die Theologie spielte eine untergeordnete Rolle. Das wurzelt nicht zuletzt mit der Haltung des damaligen Akademiedirektors Dr. Eberhard Müller deutlich. Er stand auf der Seite Konrad Adenauers, der die Wiederbewaffnung der Republik voranbringen wollte. Bereits im November 1951 organisierte Müller als Vorsitzender des Leitungskreises der Evangelischen Akademien eine Zusammenkunft in Königswinter zwischen dem CDU-Regierungschef und führenden Persönlichkeiten der evangelischen Kirche. In dem Gremium, dem Persönlichkeiten aus Kirche, Politik, Wirtschaft und Publizistik angehörten, entstand ein Papier, das den Gegnern einer Wiederbewaffnung die Argumente entziehen sollte. Darin heißt es: »Unsere Kirche soll im deutschen Volk den Willen zum Frieden befestigen. Man muß aber bestreiten, daß ein prophetisches Amt der Kirche den Auftrag hat, das deutsche Volk vor der Mitwirkung an einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft zu warnen. (...) Die Behauptung, es sei dem Christen gewissensmäßig unmöglich, für einen deutschen Wehrbeitrag zu stimmen oder sich an seiner Verwirklichung zu beteiligen, ist nicht in göttlichen Weisungen begründet.«4 Müller votierte damit gegen eine theologische Stellungnahme zur Wehrfrage, und gleichzeitig gegen

1 Aufschlussreich dazu: Walter, Uwe: Welt in Sünde – Welt in Waffen. Der Streit um die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und die Evangelische Akademie Bad Boll,

Online-Texte der Evangelischen Akademie Bad Boll. www.ev-akademie-boll.de/fileadmin/res/otg/06-11-Walter.pdf 2 Evangelische Akademie Bad Boll, Materialarchiv, Prot. 3/55, Teil 3: Diskussion zum Vortrag Gollwitzer, S. 1; S. 2. 3 Evangelische Akademie Bad Boll, Materialarchiv, Prot. 3/55, Teil 7: Deutschland zwischen den Völkern. Referat von Dr. Dr. Gustav W. Heinemann, Essen; S. 3. 4 zit. nach Eberhard Müller, Widerstand und Verständigung, 50 Jahre Erfahrungen in Kirche und Gesellschaft, Calwer Verlag: Stuttgart, 1987, S. 132

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akademiegeschichte eine Neutralisierung der deutschen Militärpolitik. Dies entsprach der Politik Adenauers, der 1952 die »StalinNote« ausschlug, das Angebot der Sowjetunion, über gesamtdeutsche Wahlen und Wiedervereinigung auf der Grundlage einer Neutralisierung zu verhandeln. So war der Weg für die Bundesrepublik frei, 1954 Mitglied der NATO zu werden. Dies wurde breit diskutiert und von Protestaktionen begleitet. Vor diesem Hintergrund fand die Akademietagung von 1955 statt, bei der Gegner und Befürworter zusammenkamen und noch einmal Argumente abwogen. Dass es hier zu keinem Konsens kommen konnte, verwundert nicht.

stören. Bei der Analyse ergeben sich fünf wichtige Tatbestände: 1. Die Streitkräfte schützen eine freiheitliche Ordnung (keine obrigheitliche). Der Soldat ist Staatsbürger (nicht Untertan). 2. Der heutige Mensch und Soldat identifiziert sich nicht mehr ohne weiteres mit diesem Staat. 3. Die permanente Ideologisierung, in der wir nun einmal stehen, hat alle früher selbstverständlichen Maßstäbe ausgehöhlt. Die Dinge sind nicht mehr wertfrei (Volk, Staat usw.). Das bedeutet eine außergewöhnliche Belastung für den Soldaten. 4.-6. […] 7. Daraus ergibt sich: Der Mensch muss mehr in den Mittelpunkt unserer Überlegungen gestellt werden als je. Mit klaren Worten umriss Graf von Er wird vor Entschlüsse gestellt, die Baudissin seine Vorstellung der Inneihm niemand abnehmen kann. Die ren Führung in der Bundeswehr, die Streitkräfte werden aufgestellt, um diese bis heute prägt: dem Volk eine lebenswerte Existenz zu sichern, um mit und hinter dem Soldaten eine lebenswerte Ordnung auszubauen. Deshalb kann nicht der einzelne Mensch total für die Streitkräfte da sein, sondern die Streitkräfte haben für ihn da zu sein.«5 Deutlich wird hier, dass dieses Konzept einer Armee zunächst die Sicherung des Friedens und des Schutzes zum Ziel hat. Dieses Verständnis und Auf der Tagung »Kirche und Wiederbewaffnung« vom diese Einbettung 9.-13. Januar 1955, von links nach rechts: Wolf Graf von Baudissin, Dr. Gustav Heinemann, Dr. Eberhard Müller (Mitte) u.a. in Kooperation und Koordination ist es, »Ein sachgemäßer Ansatzpunkt ergibt die heute deutsche Soldaten im Zuge sich nur, wenn er basiert auf einer internationaler Missionen in den sorgfältigen Analyse der menschliEinsatz bringt, und daher mehr denn je diskutiert wird. 1955 stand eher chen und sachlichen Gegebenheiten. Sachgemäße Ergebnisse werden kom- die Frage im Raum, wie realistisch ein solcher Ansatz überhaupt sei. men, wenn wir den Soldaten richtig vorbereiten auf seine Aufgabe, wenn Das Schlusswort von Pfr. Dr. Hans die Streitkräfte ein Höchstmaß an Schönweiß macht die Uneinigkeit Abwehrkraft entfalten und wenn sie die Grundsätze der Demokratie nicht

unter den Diskutanten deutlich: »Hat es sich gezeigt, dass wir nur in der politischen Beurteilung uns voneinander unterscheiden oder bestehen doch tief reichende theologische Gegensätze zwischen uns? Das wurde durch die Tagung nicht eindeutig beantwortet. Es scheint mir so zu sein: Im Vordergrund stehen politische Beurteilungsunterschiede und daraus kommend verschiedene politische Entscheidungen, auf die man sich als Christ nicht zu sehr festlegen sollte, für deren Revision man sich offen halten sollte. Diese vordergründige Unterschiedenheit kann aber auch Zeichen einer Unterschiedenheit im Hintergrund sein: entweder dogmatisch, in der grundlegenden, formulierbaren theologischen Position, oder in der Antwort des einzelnen auf den Anruf des göttlichen Gebotes, die bei dem einen oder dem anderen in großem Maße der Verbesserung bedürftig ist, sei es, dass er verschiedene konkrete Verpflichtungen übersehen oder die auf dem Spiel stehenden Verantwortlichkeiten noch nicht gesehen hat. Die festgestellte Uneinigkeit kann uns nicht der Pflicht der Nachforschung entheben, ob im Hintergrund tiefere Uneinigkeiten vorliegen. Die gebotene Brüderlichkeit bedeutet nicht, dass wir einander nicht auf den Pelz rücken dürften und müssten mit den hartnäckigen Fragen! […] Und noch eines: Wir haben in der Predigt nicht den Staat, Adenauer oder sonst jemand anzureden, sondern nur die Menschen, die unter unserer Kanzel sitzen!«6 Angesichts der aktuellen Debatte in Deutschland kann man die Aufforderung zur ehrlichen Auseinandersetzung nur unterstützen. Doch es wird nicht genügen, nur die Predigthörer anzusprechen. Heute ist es nicht mehr selbstverständlich, dass die Stimme der Kirche in gesamtgesellschaftlichen Debatten gehört wird. Umso wichtiger, dass sie erhoben wird. Simone Helmschrott ist Studienleiterin.

5 Evangelische Akademie Bad Boll, Materialarchiv, Prot. 3/55, Teil 9: Referat von Graf von Baudissin: Reform oder Restauration im Programm der deutschen Wiederbewaffnung“, S.1 6 Evangelische Akademie Bad Boll, Materialarchiv, Prot. 3/55, Teil 10: Podiumsgespräch und allgemeine Diskussion über das Thema: „Wird der Komiss über uns siegen?“, S. 3-4.

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kunst in der akademie

Sabine Brand Scheffel: Über den Gärten – Malerei auf Leinwand und Papier Die Malerei von Sabine Brand Scheffel bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen Wahrnehmung und Imagination. Für ihre Bildfindungen schöpft die Künstlerin gleichermaßen aus der reichen Fülle der sichtbaren Welt wie aus der eigenen, inneren Empfindung. Eindrücke der Natur, Seherlebnisse auf oft

Fließende, flächig gesetzte Farben sind in zahlreichen Schichten übereinander gelegt, durch das partielle Auftragen weiterer Farbpartien, kalligraphisch anmutender Linien und impulsiv gestischen Kürzeln entsteht ein komplexes, Raum suggerierendes Gewebe, das eine ganz eigene Atmosphäre, eine stille Präsenz des Lebendigen erzeugt. … Immer wieder öffnen sich lichterfüllte Durchblicke und Übergänge, die das Auge in unbestimmbare Tiefen führen. … Die Erscheinung des Lichts, wie schon in der impressionistischen Malerei allein aus der Farbe entwickelt, spielt als immaterielles Element in jedem Bild eine herausragende Rolle. Aus dem Beitrag von Dr. Ursula Merkel im Katalog »Sabine Brand Scheffel, Der Raum zwischen den Dingen» 2014

Biografie Sabine Brand Scheffel 1977- 83 Studium der Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, Außenstelle Freiburg bei Prof. Peter Dreher 1980 - 83 Studium der Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft an der Universität Freiburg und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe 1981 Bühnenbildassistenz am National Theater of Cardiff, Wales 1984 - 86 Atelierstipendium des Landes BadenWürttemberg seit 2002 Keramische Arbeiten in Zusammenarbeit mit der Majolika Keramikmanufaktur Karlsruhe 2004 Arbeitsstipendium der Kulturstiftung Rheinland-Pfalz. Lebt und arbeitet in Karlsruhe. Mitglied im Künstlerbund BadenWürttemberg. Arbeiten in öffentlichen und privaten Sammlungen. www.brandscheffel.de Aus der Reihe Grüngold: Misuaheli, 2014, 70x50 cm, Acryl und Kohle auf Leinwand

ausgedehnten Reisen, die Erfahrung unterschiedlichster Landschaftsräume mit ihren spezifischen Farb- und Lichtstimmungen oder die Begegnung mit einprägsamen architektonischen Erscheinungen sind ihr Fundus, aus dem sie mit zeitlicher Distanz und gefiltert durch die Erinnerung ihre Bildvorstellungen entwickelt. In den Werken der Künstlerin bleibt die Verbindung zum sinnlich erlebten Gegenstand stets erhalten, erfährt jedoch durch Verdichtung und geradezu meditative Annäherung eine Transformation, in der die Freiheit des malerischen Prozesses dominiert.

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Vernissage am Sonntag, 21. September 2014, 11 Uhr im Café Heuss Information und Anmeldung zum Mittagessen: Andrea Titzmann, Tel. 07164-79-307 Andrea.titzmann@ev-akademie-boll.de Dauer der Ausstellung: 21. September bis Anfang November 2014 Laufende Ausstellung bis Ende Juli: Ulrich Klieber: In Murnau – Ein Tagebuch. Malerei

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kaleidoskop Non-Violence-Symbol in New York Die Skulptur steht vor dem Hauptgebäude der Vereinten Nationen (VN) in New York und ist weltweit bekannt. Geschaffen hat sie in den 80er Jahren der schwedische Künstler Carl Frederic Reuterswärd. Es gibt drei fast identische Skulpturen dieser Art – zwei wurden 1988 vom

»Es geht mir bei meiner Arbeit darum, die Geschichten der Menschen zu erzählen, die in Konfliktzonen wie in Afghanistan ihren Alltag meistern müssen. Ihre Stimmen werden oft vergessen oder ignoriert. Wenn man über sie berichtet, dann häufig nur in Beziehung zum Westen, ohne sie als diejenigen wahrzunehmen, die sie sind.« (Quelle: Publikative.org)

Neuer Rekord bei Export von Kleinwaffen

Großherzogtum Luxemburg erworben. Eine wurde bekanntermaßen an die VN verschenkt, eine steht versteckt auf dem Kirchberg in Luxemburg und die dritte steht seit 1985 in Malmö. Reuterswärd hatte schon 1969 eine Serie kleinerer »Non-Violence-Figuren« gezeichnet. Als Inspiration soll ihm ein sogenanntes »Bed-In« mit Yoko Ono gedient haben, bei dem John Lennon »Give peace a chance« sang. Später wurden Kopien der Originalskulpturen in verschiedenen Großstädten aufgestellt – so zum Beispiel 2005 im Garten des Bundeskanzleramtes in Berlin. (Quelle: Wort.lu, Letzeburg, 31.1.2012)

Fotojournalistin Anja Niedringhaus in Afghanistan getötet Das Titelbild des aktuellen Magazins SYM wurde von der Fotojournalistin Anja Niedringhaus in Afghanistan aufgenommen. Am 4. April ist die deutsche Pulitzerpreisträgerin in Ostafghanistan von einem Polizisten erschossen worden. Anja Niedringhaus war mit der kanadischen Journalistin Kathy Gannon unterwegs, die verwundet wurde. Sie reisten in der östlichen Provinz Chost, um über die erste Runde der Präsidentschaftswahl zu berichten. Anja Niedringhaus hatte seit 2002 für Associated Press im Nahen Osten, Irak, in Pakistan und Die Fotojournalistin Anja Niedringhaus Afghanistan gearbeitet, aber ist im Alter von 48 Jahre in Afghanis- auch bei der Leichtathletik-WM tan getötet worden. fotografiert. Zu ihrer Arbeit sagte sie in einem Interview:

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Die Exporte von Kleinwaffen aus Deutschland sind im letzten Jahr auf einen neuen Höchststand gestiegen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung genehmigte Ausfuhren von Waffen und Munition für 135 Millionen Euro, was einer Steigerung von 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Zu diesem Thema hat Jürgen Grässlin ein Buch geschrieben: »Schwarzbuch Waffenhandel: Wie Deutschland am Krieg verdient« (Heyne TB, 2013). Er ist einer der gefragtesten Rüstungsexperten im Land, hat das Rüstungsinformationsbüro Freiburg (RIB) gegründet und den Aachener Friedenspreis erhalten. Grässlin deckt auf, wer die Profiteure dieser Kriegswirtschaft sind, er nennt Industrieunternehmen beim Namen, er zeigt, wer in der Politik die Exporte genehmigt und wie die Banken das alles finanzieren. Hochbrisante Fakten, profund recherchiert – ein Augenöffner, wie tief unser Land in die globale Tötungsmaschinerie verstrickt ist. (Quellen: SZ vom 10.5.2014, Kurzbeschreibung auf dem Buchcover)

161 Punkte für den Frieden Mit »Ein bißchen Frieden« gewann Nicole am 24. April 1982 in Harrogate (England) den ersten Platz beim Eurovision Song Contest. Vor dem Hintergrund des NATODoppelbeschlusses und des Falklandkrieges traf das Lied den Zeitgeist: Bis auf Luxemburg belohnten alle Länder den deutschen Beitrag mit Punkten. Am Ende gewann die 17-Jährige mit der weißen Gitarre den Wettbewerb im adretten Kleid mit einem bis heute ungebrochenen Rekord von 161 Nicole gewann am 24. April 1982 den Punkten. Doch die ersten Platz beim Europa Song Contest. »engelsgleiche« (Jan Feddersen) Inszenierung sorgte auch für Provokation und wurde von der Friedensbewegung kritisiert. (Quelle: Wikipedia)

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in Frieden miteinander leben?

Rüstungsexporte – zwei Stimmen Dr. Hartwig von Schubert: Differenziert betrachten Die Bundesrepublik Deutschland versteht die deutsche Wehrtechnik und Rüstungsindustrie als konstitutives Element des deutschen Souveränitätsanspruchs. Die strategischen Kernkapazitäten sind politisch gewollt, aus ihnen decken die deutschen Streitkräfte ihren Bedarf. Sie nehmen aber nicht die erforderlichen Stückzahlen ab, um die Investitionen im gewünschten Qualitätsniveau zu halten. Der deutsche Verteidigungshaushalt wiederum toleriert die Preise nicht, die anfielen, belieferte die deutsche Industrie nur die Bundeswehr. Deshalb sucht sie weitere Abnehmer auf dem Weltmarkt, und die Bundesregierung stellt Exporte unter einen Genehmigungsvorbehalt. So besteht die Gefahr, dass aus einem ökonomischen Dilemma heraus Waffenlieferungen genehmigt werden, die der politischen Klugheit und Ethik widersprechen. Eine ethische Bewertung orientiert sich an den philosophisch und theologisch gut begründeten Leitdokumenten der internationalen Rechts- und Friedensordnung, z. B. der Universalen Erklärung der Menschenrechte und der Charta der Vereinten Nationen. Wichtige Orientierung für deutsche Rüstungsexporte liefern das Friedensgebot des Grundgesetzes, das Kriegswaffenkontroll- und Außenwirtschaftsgesetz sowie die Rüstungsexport-Richtlinien der Bundesregierung von 2000 und der »Gemeinsame Standpunkt 2008/ 944/ GASP des Rates der Europäischen Union«. Die Normen setzen allerdings zum Teil widersprüchliche Schranken, die in der Genehmigungspraxis dann wiederum oftmals munter unterlaufen werden. Ein Beispiel: Beim Kriterium 4 des Gemeinsamen Standpunkts geht es um Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in einer Region. Dort heißt es: »Die Mitgliedstaaten verweigern eine Ausfuhrgenehmigung, wenn eindeutig das Risiko besteht, dass der angegebene EmpSym 2/2014

fänger die Militärtechnologie oder die Militärgüter, die zur Ausfuhr bestimmt sind, zum Zwecke der Aggression gegen ein anderes Land oder zur gewaltsamen Durchsetzung eines Gebietsanspruchs benutzt. Bei der Abwägung dieser Risiken berücksichtigen die Mitgliedstaaten unter anderem a) das Bestehen oder die Wahrscheinlichkeit eines bewaffneten Konflikts zwischen dem Empfängerland und einem anderen Land.« Der erste Satz spiegelt das Gewaltverbot der Charta und das Kriegsächtungsprogramm der VN. Der zweite Satz aber bleibt in seinen Konsequenzen diffus: Was, wenn das Land nicht Täter, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit Opfer eines Angriffskrieges werden könnte? Ist der weitere Hinweis auf »c) die Wahrscheinlichkeit, dass die Militärtechnologie oder die Militärgüter zu anderen Zwecken als für die legitime nationale Sicherheit und Verteidigung des Empfängerlandes verwendet wird«, in dem Sinne umkehrbar, dass Lieferungen zu Zwecken der Selbstverteidigung erlaubt sind? Das kann wenigstens im Umkehrschluss im Sinne des Art. 51 ausgelegt werden, nicht ebenso klar aber im Sinne der Art. 39 ff., in denen es um Gewaltmaßnahmen in Systemen kollektiver Sicherheit geht. Solche Maßnahmen setzen ja voraus, dass in diesen Systemen hinreichend gerüstete Staaten einem Gewaltopfer wirksam zur Seite springen können. Die Rüstungsindustrie kann sogar eines der klassischen Felder zwischenstaatlicher Friedenssicherung sein. Eine Renationalisierung der nationalen deutschen Rüstungsindustrie dürfte also kaum ein Gebot der politischen Ethik sein. Wer aber kommt als Partner infrage? Für die hier unumgängliche Einzelfallprüfung nenne ich beispielhaft ein wichtiges Kriterium: Das Empfängerland muss eingebun-

den sein in ein System kollektiver Sicherheit. Am Beispiel der absehbaren Debatte um die Lieferung deutscher Fregatten an Japan: Angesichts der massiven Aufrüstung Chinas ist damit zu rechnen, dass Länder wie Australien, Indonesien, Japan, Neuseeland, Thailand, Vietnam ein entsprechendes militärisches Abschreckungspotenzial aufbauen. Das kann jedes Land allein versuchen – gelingen wird es aber nur gemeinsam. Die Lieferung deutscher Fregatten im Verbund einer europäisch-nordatlantischen Initiative könnte also mit dem nachdrücklichen Angebot verbunden werden, als ehrli-

cher Makler parallel den Aufbau eines Systems gemeinsamer Sicherheit zu unterstützen. In die wäre China natürlich miteinzubeziehen. Die Kopplung aus Abschreckung und Sicherheitskooperation verhinderte nach 1945 mit einer übrigens nur schwer kalkulierbaren UdSSR im Rahmen der KSZE einen dritten Weltkrieg. Warum sollte ähnliches nicht demnächst im Südpazifik funktionieren mit einer sehr viel berechenbareren VR-China? Noch besteht für China kein Anreiz, der Versuchung imperialer Machtentfaltung zu widerstehen. Und Japan ist nicht willens, mit seiner imperialen Vergangenheit offen und selbstkritisch umzugehen. Aus all dem erweist sich: Rüstungsexporte lassen sich nur in einem soliden und breiten strategi-

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in Frieden miteinander leben? schen und politisch-ethischen Kontext vernünftig diskutieren und dies mit hinreichender historischer Sensibilität. Der Westen liefert bis heute leider nicht das wünschenswerte Vorbild dafür. Dr. Hartwig von Schubert, Militärdekan, Führungsakademie der Bundeswehr, Hamburg, war Referent bei der Tagung »Kirche und Rüstung« in vom 8. bis 9. Mai in der Evangelischen Akademie Bad Boll.

Friedemann Bresch: Rüstungsexporte stoppen! Nach dem neuesten Bericht des Friedensforschungsinstituts Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) sind die Ausgaben für Rüstung in Deutschland zurückgegangen. Dennoch sind die Deutschen Europameister im Export von Waffen und liegen weltweit auf Platz drei. Das halten wir für einen Skandal. Von Deutschland soll nie wieder Krieg ausgehen – so war die feste Überzeugung der Generation, die die Gräuel des Zweiten Weltkriegs erlebte. Export von Waffen ist aber Export von Gewalt. Denn Waffen werden hergestellt, um Gewalt auszuüben und zu töten. Und so sterben jeden Tag Menschen durch Waffen aus Deutschland, täglich durchschnittlich 114 allein durch Kleinwaffen von Heckler & Koch aus Oberndorf am Neckar. Kleinwaffen sind die Massenvernichtungsmittel in Bürgerkriegen. Durch sie starben seit 1945 mehr Menschen als durch Pfarrer Friedemann Bresch, Evangelische Arbeitsgemeinschaft Friedensarbeit und Kriegsdienstverweigerung (EAK), Tübingen, war Referent bei der Tagung Kirche und Rüstung, die vom 8. bis 9. Mai in Bad Boll stattfand.

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die Atombomben von Hiroshima und Nagasaki. Aber Rüstung tötet auch, ohne dass ein einziger Schuss fällt. Jährlich werden über 1.600.000.000.000 US $ für Rüstung ausgegeben, Geld, das bei Ernährungs- und Bildungsprogrammen sowie in der Gesundheitsfürsorge fehlt. Und so ist es besonders verwerflich, dass ein steigender Anteil der Waffenexporte in sog. Entwicklungsländer geliefert wird. 2012 waren es 21,2 Prozent aller Waffenlieferungen aus Deutschland. Deutsche Rüstungsexporte gehen auch in Länder, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Saudi-Arabien gehört zu den Ländern mit den schlimmsten Christenverfolgungen. Frauen haben dort keine Rechte. Demokratische Strukturen existieren nicht. Dennoch lieferte Deutschland allein 2012 Waffen für 139,5 Millionen Euro dorthin. Niemand weiß, ob diese nicht eingesetzt werden, um die eigene Bevölkerung im Schach zu halten oder um Aufstände in den Nachbarstaaten niederzuschlagen. Der Konvent der Friedensbeauftragten in der Württembergischen Landeskirche forderte die Kirchenleitung in einer Resolution vom 23. November 2013 auf, sich für einen völligen Stopp aller Rüstungsexporte einzusetzen. Als Kirche, so wird argumentiert, sind wir Jesus Christus als alleinigem Herrn verpflichtet. Er fordert die Seinen zu Gewaltfreiheit auf. Er spricht die Sanftmütigen und die Friedensstifter selig (Matth. 5, 5.9). Als er die zwölf Jünger ausschickt, das Reich Gottes zu verkünden, gibt er ihnen nicht einmal einen Stecken zu ihrer Verteidigung mit (Matth. 10,10). Paulus weist deshalb die Christinnen und Christen an, sich nicht vom Bösen überwinden zu lassen, sondern das Böse mit Gutem zu überwinden (Röm. 12,21). In seiner Nachfolge halten wir es deshalb für unsere Aufgabe, uns Kompetenzen zu erwerben in der Fähigkeit, Konflikte zu entschärfen und gerechte Lebensbedingungen zu entwickeln, anstatt mit Waffen zu kämpfen oder andere mit Waffen auszustatten. Dies geschieht z. B.

bei den kirchlichen Organisationen Diakonisches Werk, Brot für die Welt, Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung (DIMÖE) und der Evangelischen Mission in Solidarität (ems). Neuere Forschungen zeigen, dass gewaltfreie Strategien erfolgreicher und nachhaltiger sind als militärische Interventionen. Sie erzeugen zudem weniger Opfer unter Soldaten und Zivilisten. Jesus – so zeigt sich – ist kein weltfremder Idealist, sondern realistischer als die große Mehrheit unserer Politiker und Militärs. Der Forderung nach einem Stopp der Rüstungsexporte werden häufig zwei Argumente entgegengehalten: 1. Die deutschen Rüstungsexporte unterlägen strengen Richtlinien. In der Tat dürfen laut Kriegswaffenkontrollgesetz Waffen nicht in Krisenregionen und nicht an Regierungen geliefert werden, die Menschenrechte verletzen. Wie bereits gezeigt, sieht die Praxis völlig anders aus. Das liegt zum einen an der Intransparenz der Entscheidungen, zum anderen an der massiven Lobbyarbeit der Rüstungsindustrie. Die Geschichte der Rüstungsexporte legt den Schluss nahe, dass nur ein konsequentes Verbot tatsächlich weiterhilft. 2. Ohne Exporte könne die Rüstungsindustrie nicht überleben. Damit seien Arbeitsplätze gefährdet. Das ist richtig. Das Fertigen von Waffen gehört zu den kapitalintensivsten Produktionen überhaupt. Es lohnt sich nur, wenn eine entsprechend große Stückzahl verkauft werden kann. Gesamtwirtschaftlich spielen Rüstungsproduktion und -export freilich eine untergeordnete Rolle: 2011 arbeiteten rund 100 000 Menschen in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, der Anteil der Waffenexporte am deutschen Gesamtexport liegt deutlich unter einem Prozent. Ziel muss deshalb sein, die Ressourcen an Kapital, Arbeit und Know-how, die derzeit in die Waffenproduktion fließen, für zivile Produktion nutzbar zu machen. Diese Idee bewog Oberkirchenrat Prof. Heckel, eine landeskirchliche Kommission Rüstungskonversion einzuberufen. Es ist zu wünschen, dass sie ihr Ziel erreicht. Sym 2/2014


in Frieden miteinander leben?

Israelische und palästinensische Jugendliche Nahe Fremde – zur Lebensrealität der israelischen Jugend Von Anita Haviv-Horiner Ich bin Mutter von zwei Kindern, die in ihrer israelischen Identität zwei sehr unterschiedliche und doch typische Beispiele darstellen. Meine Tochter ist konservativ und die jüdische Tradition bedeutet ihr viel. Für Palästinenser empfindet sie wenig Sympathie. Meinen Sohn würde ich als »Tel Aviver Yuppie« bezeichnen. Trotz seines globalisierten Lifestyles, der sich kaum vom Alltag junger Berliner unterscheidet, ist er ein »Produkt« der israelischen Gesellschaft. So ebnete ihm sein Militärdienst in einer Computereinheit seine berufliche Laufbahn im Bereich der Hochtechnologie. Politisch steht er links, doch wie seine Schwester hat er keinen Kontakt zu arabischen Israelis/innen oder Palästinenser/innen. In meinem Beitrag möchte ich einige Hintergründe für die Denkweise junger Israelis/innen skizzieren. Es geht nicht um eine wissenschaftliche Analyse, sondern um meine Perspektive als politische Bildnerin. Die »Sowohl-als-auch-Generation« lautet der treffende Titel einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) über Jugend in Israel. Er bezieht sich auf Ambivalenz als prägendes Merkmal ihres Weltbilds. Zum Beispiel befürworteten die Befragten zwar einen Friedensprozess, doch sind sie nicht bereit, einen Preis dafür zu bezahlen. Ferner kam ihr Wunsch nach Demokratie und gleichzeitig ihre Sehnsucht nach einem starken Leader zum Ausdruck. Wie sieht der Lebensentwurf junger Israelis und Israelinnen aus? Das hängt zunächst davon ab, zu welcher gesellschaftlichen Gruppe sie gehören. Sind ihre Eltern säkulare, religiöse, orthodoxe oder ultraorthodoxe Juden, gehören sie der arabischen Minderheit an, sind ihre Familien aus den GUS-Staaten, Äthiopien, den USA oder Frankreich eingewandert? Das israelische Bildungssystem ist ein geSym 2/2014

Das Weltbild israelischer Jugendlicher wird stark durch die gesellschaftliche Zugehörigkeit geprägt.

teiltes. Daher wird das Weltbild junger Menschen je nach Familie und Schule unterschiedlich geprägt. Der Einfluss des Glaubens auf das Wertesystem und das politische Selbstverständnis verstärkt sich, je religiöser das Umfeld ist. Dazu gehört auch das Konzept der Heiligkeit von »Eretz Israel« . Das gilt besonders für junge Ultraorthodoxe, die jedoch gleichzeitig den Staat Israel und dessen Armee ablehnen, weil sie ihn als das Werk von »gottlosen« Juden wahrnehmen. Ein zentraler identitätsstiftender Faktor ist das Gedenken an die Shoah und die Lehre, die junge Israelis daraus ziehen sollen, nämlich nie wieder wehrlos zu sein. Das vermitteln ihnen ihre Familien, die Schule, die Armee und die Politik. Das Bedürfnis nach Sicherheit gilt gleichermaßen für alle junge Israelis/innen, denn sie sind schon seit jungen Jahren mit Gefahr konfrontiert. Das gilt insbesondere für diejenigen, die Wehrdienst leisten, doch auch im zivilen Leben können traumatisierende Erfahrungen ein Teil der Realität sein. Zum Beispiel entging meine Tochter als Kind knapp einem Terroranschlag – eine Erfahrung, die sie nie vergessen hat. Die Lebensentwürfe von arabischen jungen Menschen wiederum unterscheiden sich von denen jüdischer

Gleichaltriger. Sie dienen nicht in der Armee und leisten mehrheitlich keinen Zivildienst. Viele fühlen sich zurecht benachteiligt und fordern zum Beispiel in der Bildung Gleichberechtigung. Doch wie aus der Studie der FES hervorgeht, gestehen ihnen Wehrdienstleistende diese Chancengleichheit nicht gerne zu. Der aktive Beitrag zur Sicherheit des Landes sollte – so ihre Argumente – ein Faktor für soziale Privilegien sein. Zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen versuchen, den israelisch-palästinensischen Dialog unter Jugendlichen zu fördern. Doch junge Israelis/ innen und Palästinenser/innen begegnen sich hauptsächlich als Feinde, als Besatzer und Besetzte. Trotz dieser David-und-Goliath-Rollenverteilung, kennen auch israelische Soldaten/ innen Furcht. Umfragen bei Wahlen ergeben immer wieder, dass dienende Soldaten/innen härtere politische Positionen einnehmen als der Rest der Bevölkerung. Hinter diesem Phänomen steckt wohl eine Mischung aus Wut, Angst, Scham und dem Gefühl, ungerecht kritisiert zu werden, sein. Die Konfrontation mit realen Gefahren und emotionale Überforderung erklärt vielleicht, dass die meisten jungen Israelis/innen eher den Wunsch nach physischer Trennung von der palästinensischen Bevölkerung empfinden.

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in Frieden miteinander leben? Junge Israelis/innen tragen schon früh Verantwortung, mit der ihre europäischen Altersgenossen/innen nicht konfrontiert sind. Nach den Strapazen des Wehrdienstes sehnen sich viele nach einer Auszeit, die sie oft in Fernreisen verwirklichen. Das Studium beginnen sie erst fünf bis sechs Jahre nach dem Abitur. Parallel dazu arbeiten sie, leisten Reservedienst und manche gründen in dieser Lebensphase auch schon Familien. Vielleicht kann mein Beitrag verdeutlichen, warum die Mehrheit der jungen Israelis/innen nicht friedensbewegt ist, obwohl ein Engagement für eine Lösung des Konfliktes ihnen eine bessere Zukunft in Aussicht stellen könnte. Das Problemfeld konnte nur angerissen werden. Eines möchte ich abschließend noch festhalten: Zwischen dem Leben und der Sozialisation junger Menschen in Israel und in Deutschland gibt es maßgebliche Unterschiede. Deswegen sind nur auf Dialog abgezielte Fragestellungen nicht in Übereinstimmung mit den Lebenserfahrungen der Jugend in Israel zu bringen. Anita Haviv-Horiner ist Direktorin von Encounter Programs, Israel

»X-Games« -Skater in Palästina. Die »Stehaufmännchen« Von Laura Overmeyer »This is my dream.« Sajid Abu Ulbeh steht auf dem Rand der neuen Skaterrampe und blickt mit strahlenden Augen auf die ausgelassen herumtollenden Kinder und Jugendlichen hinab. Sajid ist 29 Jahre alt und Skater aus Leidenschaft. Als er zwölf war, brachte ihm sein Vater ein Paar Inlineskates aus Israel mit und begründete damit die Passion seines Sohnes. Die Nachbarn sahen ihm kopfschüttelnd hinterher; dieser bunte Hund mit Rollen an den Füßen passte so gar nicht in das beschaulich konservative Bild der palästinensischen Stadt. Doch nach einiger Zeit schlossen sich Sajid andere Jugendliche und Kinder an.

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Mit Extremsportarten versuchen palästinensische Jugendliche, die Grenzen der Besatzung und der eigenen konservativen Gesellschaft zu sprengen.

Es entwickelte sich eine begeisterte Skater-Szene, die sich den Namen »X-Games« gab – in Anlehnung an die berühmten Extremsportwettkämpfe der USA. Doch Straßen sind ein gefährlicher Ort zum Spielen. Schon bald nach ihrer Gründung wurden die jungen Skater von der Polizei in die Nebenstraßen vertrieben, die jedoch durch den Einsatz israelischer Panzer zerstört und zum Skaten unbrauchbar gemacht wurden. Die Jugendlichen träumten insgeheim von den großen Skateparks und Rampen jenseits der israelischen Mauer. Die Suche nach Freiräumen ist allgegenwärtig in der Westbank. Man kann sich wohl kaum einen »klaustrophobischeren« Ort als Qalqiliya vorstellen, denn die gut 40.000 Einwohner zählende Stadt im Nordwesten der Westbank ist an drei Seiten direkt von der israelischen Sperranlage umschlossen; einer acht Meter hohen grauen Betonmauer, deren Bau 2002 von der Regierung Scharon im Zuge seiner Anti-Terror-Maßnahmen beschlossen wurde. 80 Prozent dieser Sperranlage weichen allerdings von der 1949 vereinbarten sogenannten »grünen Linie« ab, fast ausschließlich zugunsten Israels. Qalqiliya wurde beinahe vollständig von seinem Umland abgetrennt. Sajid eröffnete 2010 mit eigenen Ersparnissen einen kleinen IndoorSkatepark, den er jedoch aufgrund

mangelnder finanzieller Mittel wieder schließen musste. Die Skater ließen sich nicht entmutigen. Sie begannen damit, ihre Fähigkeiten zu trainieren und sich in Eigenregie Hip-Hop, Beatboxing und Parkour beizubringen – ein Ausdruck ihres Widerstandes gegen die israelische Okkupation einerseits und die starren konservativen Traditionen ihrer Gesellschaft andererseits. 2011 endlich kam der Wendepunkt: Der New Yorker Künstler Adam Abel war für ein Kunstprojekt über physisch begrenzte Räume in die Stadt Qalqiliya gekommen, wo er auf der Suche nach einem kompetenten Ortskundigen auf den bekannten politischen Aktivisten und Menschenrechtler Mohammed Othman traf. Abel hatte auch von »X-Games« gehört und beschloss, den jungen charismatischen Mann zu treffen. Othman begleitete ihn. Als sie Sajid trafen war es quasi Liebe auf den ersten Blick: »Mohammed und ich stammen zwar aus vollkommen unterschiedlichen Welten, doch beide haben wir sofort erkannt: Hier geschieht etwas Besonderes, etwas ganz und gar Einmaliges«, erinnert sich Abel. »Ich habe beschlossen, diese Geschichte in einem Film zu erzählen.« Der Film »Qalqiliya – Where Palestinians are learning how to fly« erzählt die Geschichte von Sajid und den »XGames«. »Wir haben den Jungs nie etwas versprochen«, erzählt Othman. Sym 2/2014


in Frieden miteinander leben? »Wir haben ihnen gesagt: ›Hört zu, wir können euch nichts versprechen. Wir werden uns alle Mühe geben, dieses Projekt hier zu verwirklichen. Aber bitte gebt uns Zeit‹«, erzählt Abel. »Letztlich kann jedes noch so sichere Projekt von Israel gekippt werden. Auch die Zusammenarbeit mit der Verwaltung Qalqiliyas hat sich als sehr mühsam herausgestellt, denn die hatten überhaupt keine Vorstellung von dem, was uns hier vorschwebte.« Neun Monate intensiver Planung, eine einwöchige Bauphase, viele Rückschläge, Schweiß und Tränen. Doch inzwischen ist mit der Eröffnung der neuen Skate-Rampe auf dem Gelände des Zoos von Qalqiliya der Traum Sajids und seiner Freunde in Erfüllung gegangen. Auch das mehrjährige Filmprojekt Abels und Othmans ist inzwischen abgeschlossen. »Natürlich lassen wir sie nicht alleine. Ganz im Gegenteil: Unsere Verbindung ist heute stärker denn je. Aber wir wollen, dass sie lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen«, meint Othman. Und Abel fügt hinzu: »Diese Rampe und diese Kinder sind einmalig. Sie sprechen eine Sprache, die den Bewohnern von Qalqiliya fremd ist. Und es ist wichtig, dass ihre Sprache Gehör und Verbreitung findet. Die Rampe wurde nicht für eine geschlossene Gruppe gebaut, sondern für eine wachsende und offene Community.« Auch der 13-jährige Abdullah rollt auf seinem Skateboard furchtlos die Rampe hinauf. Ein blaues Auge verrät zwar, dass er bereits mit dem Boden Bekanntschaft gemacht hat, doch Abdullah zuckt nur die Schultern: »Früher habe ich auf der Straße gespielt. Manchmal bin ich 50 Mal hintereinander hingefallen und das hat viel mehr wehgetan. Aber dann bin ich einfach aufgestanden und habe weitergeübt.« Laura Overmeyer ist freie Journalistin mit Schwerpunkt Naher Osten Der Text wurde am 20.2.2014 in Qantara. de veröffentlicht. Die SYM-Redaktion hat die Genehmigung zur Veröffentlichung erhalten und den Beitrag gekürzt.

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Das Baskenland – Geschichte eines Konflikts Eine Tagung in Bad Boll am 2.-3. Mai hat sich mit dem baskischen Konflikt befasst, der aus den europäischen Medien eigentlich verschwunden, aber noch nicht gelöst ist. Dr. Ingo Niebel hielt einen Vortrag zur Geschichte des Konflikts, den er für SYM bearbeitet hat.

Demonstration gegen die Bedingungen im Gefängnis für die Mitglieder der ETA (Euskadi Ta Askatasuna), 2013

Von Dr. Ingo Niebel Als »Krisenherd Nr.1« innerhalb der Europäischen Union bezeichnete der frühere französische Botschafter in Madrid, Marc Bonnefous, den Konflikt seines und des spanischen Staates mit dem Baskenland. Dieser besteht noch heute, obwohl die Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) ihre Waffen abgeben will und Mediatoren bereit stehen. Madrid und Paris reagieren allerdings nicht auf die neue Situation. Im Kern dreht sich der Konflikt um die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts, der Territorialität und Identität der Basken durch Spanien und Frankreich. Neben der linken Unabhängigkeitsbewegung setzt sich auch die politisch einflussreiche christdemokratische Baskische Nationalpartei (PNV) für diese Rechte der Basken ein. Das Baskenland am Golf von Biskaya umfasst sieben Provinzen, von denen sich vier im spanischen Königreich

und drei in der französischen Republik befinden. Seit dem 16. Jahrhundert nennen Basken dieses Gebiet »Euskal Herria« (das Land, wo Baskisch gesprochen wird). Die Region ist so groß wie Sachsen-Anhalt. Hier leben drei Millionen Menschen. Das wirtschaftliche Zentrum ist der Großraum Bilbo/ Bilbao. Zwei wesentliche Merkmale trennen die Basken von ihren Nachbarn: die Sprache und die traditionelle Selbstregierung. Die baskische Sprache, das Euskera, ist das identitätsstiftende Band: »Baske ist, wer Baskisch spricht«. Paris erkennt das Baskische bis heute nicht als Minderheitensprache an. Madrid gesteht dem Euskera zwar den Status einer zweiten Amtssprache im Baskenland zu, doch ist niemand verpflichtet, sie zu lernen. Ihr Überleben als Europas älteste (noch) lebende Sprache hängt damit vom Engagement ihrer Sprecher und von den politischen Umständen ab. Der Konflikt begann, als Paris 1789 und Madrid 1876 die Sondergesetze

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in Frieden miteinander leben? aufhoben, mit denen Basken sich jahrhundertelang selbst regiert hatten Mit der PNV entstand 1894 die erste politische Kraft, die Selbstregierung und Unabhängigkeit einforderte. Die baskische Kultur erfuhr in dieser Gründungsphase eine Renaissance. Der Spanische Bürgerkrieg (193639) spaltete das Baskenland wie das übrige Staatsgebiet in einen republikanischen und einen faschistischen Teil. Als die linke Volksfrontregierung dem Baskenland die ersehnte Autonomie gewährte, entschied sich die PNV, die als bürgerlich-katholische Partei eigentlich den faschistischen Putschisten näher stand, für sie. Bis dahin hatte die baskische Nationalbewegung gewaltlos für ihre Ziele gestritten. Nun musste die neue Freiheit mit Waffengewalt verteidigt werden und »militarisierte« den Konflikt. 1937 kapitulierten die baskischen Milizen vor der übermächtigen Phalanx aus Franquisten, deutschen Nationalsozialisten und italienischen Faschisten. Die Diktatur Francos (1936-1975) kam einem Vernichtungsfeldzug gleich: Ca. 6.000 Basken wurden hingerichtet, Zehntausende kamen in Konzentrationslager, Hunderttausende flüchteten. Alles Baskische wurde verboten und verfolgt. Doch der Widerstand ging auch im von Deutschland besetzten Südwesten Frankreichs (1940-1944) weiter. Die Schwäche der PNV-geführten baskischen Exil-Regierung und die franquistische Repression führten 1958/59 zur Gründung der ETA. Sie entstand, um das Baskenland von der spanischen Unterdrückung zu befreien und verstand sich daher auch als Dr. Ingo Niebel ist auch Buchautor: »Das Baskenland: Geschichte und Gegenwart eines politischen Konflikts«, Promedia 2009; »Schreiben für das Baskenland: Journalisten gegen Madrider Lügen, Medienverbote, Folter und Haft« von Ingo Niebel und Laura Mintegi, Pahl-Rugenstein, 2012

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Widerstandsorganisation gegen die Franco-Diktatur. Anfangs widmete sich die ETA der Bewahrung der baskischen Sprache und Kultur. 1968 ging sie zum bewaffneten Kampf über. Der erste Anschlag richtete sich gegen den als Folterer berüchtigten Polizeiinspektor Melitón Manzanas. 1973 tötete ein ETA-Kommando den spanischen Ministerpräsidenten Admiral Luis Carrero Blanco, der den Fortbestand des Regimes nach Francos Tod sichern sollte. Da die neue demokratische Verfassung das Selbstbestimmungsrecht nicht berücksichtigt, die territoriale Trennung beibehält und die baskische Autonomie jederzeit aussetzen kann, lehnte die baskische Nationalbewegung - von PNV bis ETA – sie 1978 ab. Als die PNV ein Jahr später das neue Autonomiestatut akzeptierte, kam es zur Spaltung. Angesichts der andauernden Repression entschied die ETA, den bewaffneten Kampf fortzuführen. 1995 gab sie ihre Vorreiterrolle auf und erklärte 1998 eine einseitige Waffenruhe. Dieser Strategiewechsel ermöglichte ein breites Bündnis nationalbaskischer Parteien mit der ETA, das 1998 zum »Pakt von Lizarra« führte. Die Akteure wollten über die Vereinigung von Städten und Gemeinden die territoriale Teilung überwinden und politische und institutionelle Grundlagen für ein baskisches Gemeinwesen legen. Das Vorhaben scheiterte an der konservativen Regierung von José María Aznar (1996-2004), die Verhandlungen mit der ETA ablehnte und am verfassungsrechtlichen Status quo festhielt. Auf das Bündnis reagierte sie mit Gesetzen, um das gesamte zivile und politische Umfeld der baskischen Unabhängigkeitsbewegung verbieten zu können. Die erneute Eskalation erreichte am 11. März 2004 ihren Höhepunkt, als die Regierung Aznar wider besseres Wissens die ETA der islamistischen Attentate in Madrid mit 192 Toten bezichtigte. Auch der sozialdemokratische Premier José Luis Rodríguez Zapatero (2004-2011) führte die

Anti-ETA-Politik seines Vorgängers fort. Das trug zum Scheitern des Gesprächsprozesses zwischen der Untergrundorganisation und der Regierung bei (2005/2007). Die darauf folgenden Polizeimaßnahmen betrafen nicht nur ETA-Mitglieder, sondern auch Friedenssucher wie den linken Politiker Arnaldo Otegi. Er versuchte mit Gleichgesinnten, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen und einen weiteren Verhandlungsprozess anzustoßen, wurde aber mit seinen Mitstreitern zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. 2011 stieg die Zahl der politischen Gefangenen auf 750 Inhaftierte – mehr als in der Endphase des Franco-Regimes. Trotzdem setzte die linke Unabhängigkeitsbewegung Otegis Idee um und beschloss 2010, nur noch gewaltlos für ihre Ziele zu kämpfen. Sie bekam internationale Hilfe u. a. durch die Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, Frederik Willem de Klerk, John Hume und Betty Williams. Vermittler aus der ganzen Welt begleiten seitdem den Prozess. Der Paradigmenwechsel veränderte den Konflikt grundlegend. Nachdem die Unabhängigkeitsbewegung ihre Wiederzulassung vor Gericht erkämpft hatte, gelang ihr die Rückkehr auf die politische Bühne. Das einseitig veränderte Klima und die internationale Unterstützung für eine Verhandlungslösung veranlassten die ETA, 2011 den bewaffneten Kampf einzustellen und die Entwaffnung anzubieten. Seit 1968 waren etwa 1300 Menschen auf beiden Seiten gestorben. Dass der Konflikt trotzdem ungelöst bleibt, liegt an der spanischen Regierung. Sie betrachtet die ETA als Ursache und verlangt deren Selbstauflösung. Sie verweigert Verhandlungen und erkennt die Vermittler nicht an. Die Unabhängigkeitsbefürworter wiederum sehen in der ETA eine Auswirkung des Konflikts. Sie sprechen sich für eine politische Lösung aus, die die Identität, Territorialität und das Selbstbestimmungsrecht der Basken respektiere.

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in Frieden miteinander leben?

Scham kann Konflikte auslösen

13. Streitschlichterkongress in der Evangelischen Akademie Bad Boll 110 Streitschlichterinnen und Streitschlichter haben sich Ende März in der Evangelischen Akademie Bad Boll zum 13. Streitschlichterkongress getroffen, der unter dem Thema »Respekt – deine Stärke« stand. Dr. Stephan Marks thematisierte in seinem Beitrag die Scham, eine »tabuisierte Emotion«. Der Beitrag wurde von der Redaktion aus zwei Beiträgen zusammengestellt. Salman Rushdie vergleicht Scham mit einer Flüssigkeit, die in einen Becher gefüllt wird. Wenn zu viel davon in das Gefäß hineinläuft, fließt es über. Das kann vieles auslösen. Scham ist bei uns eine tabuisierte Emotion, ein Nichtthema. Für einen guten Umgang damit ist es wichtig, das Gefühl aus der Tabuzone herauszuholen. Jede und jeder kennt die Scham. Wir brauchen sie – ein gesundes Ausmaß schützt und reguliert unser Selbstwertgefühl und die Grenzen des Selbst in der Interaktion mit anderen. Scham ist eine Leistung – der Mensch blickt auf sich selbst. Als Adam und Eva erkannten, dass sie nackt waren, schämten sie sich. Ein Kind, das etwas geklaut hat und auf sich selbst sieht, schämt sich. Dieses Gefühl ist individuell und doch gruppenspezifisch: Bei der Empfindung gibt es Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen, zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten und Kulturen. Das müssen auch Streitschlichter bedenken. Wir können nie davon ausgehen, dass ein anderer Scham so empfindet wie wir selbst. Wir müssen immer genau hinschauen. Wenn wir das nicht tun, kann es sein, dass die Scham bei anderen starke Verletzungen auslöst und Konflikte vielleicht sogar verschärft. Wenn es ein Zuviel an Scham gibt, kann sie den Menschen überfluten. Scham kann z. B. schon von Eltern in die Seele der Kinder eingefüllt werden. Ein Beispiel aus Salman Rushdies Roman »Scham und SchanSym 2/2014

de«: Ein Vater schaut auf sein Kind voller Scham und Verachtung, weil es »nur« ein Mädchen ist. Es kann sein, dass die Tochter das ganze Leben lang das Gefühl hat, selbst ein Fehler zu sein. Das kann zu Aggressionen gegen sich oder gegen andere führen. Oder ein Beispiel aus Lateinamerika: Die Entwürdigung und die Scham, die die Spanier vor Hunderten von Jahren über die Urbevölkerung gebracht haben – die Männer wurden massakriert und die Frauen vergewaltigt – wirkt bis heute nach. Indianische Vorfahren zu haben, nicht weiß zu sein, ist bis heute für viele ein Makel. Zahlreiche Kulturen und Gesellschaften suchen sich eine Minderheit aus, auf die sie die Scham schieben. Es ist ein altes Machtinstrument, Menschen bloßzustellen oder an den Pranger zu stellen. Es können Flüchtlinge sein, Arbeitslose oder Minderheiten, die eine andere Hautfarbe oder Religion haben. Scham kann in jeder zwischenmenschlichen Begegnung akut werden. Ganz sicher steckt die Emotion »hinter« vielen Konflikten, mit denen es Streitschlichter zu tun haben. Daher ist es für sie wichtig, dieses Gefühl zu erkennen, zu verstehen und kompetent darauf zu reagieren. Wenn Streitschlichter bewusst mit diesem

Thema umgehen, werden sie merken, dass viele Mitschüler bereit sind, darüber zu sprechen. Die Psyche eines Menschen ist wie ein Gefäß. Bei manchen passt viel hinein. Bei anderen ist das Gefäß schon randvoll. Da genügt schon ein Blick, ein falsches Wort und das Gegenüber rastet aus. Das sind einige der SchamAbwehr-Reaktionen, aus denen viele Konflikte erwachsen können. Ein Beispiel: Im Sportunterricht spielt ein Schüler einen schlechten Pass. Er wird ausgelacht und tritt danach einem anderen in die Knochen. Er tritt gewissermaßen aus der Scham in die Gewalt. Kaum einer sagt: Ich schäme mich. Bei heftiger Scham rutschen wir in das Reptiliengehirn. Da geht es nur noch ums Überleben und man kann nicht mehr klar denken: Nur noch fliehen, verstecken oder angreifen. Andere verdrängen ihre Scham, indem sie ihre Mitschüler mobben oder beschämen, auslachen oder beleidigen. Jungen täuschen durch Arroganz und protzige Männlichkeit oft Selbstsicherheit vor oder sie versuchen sich durch gefährliche Mutproben zu beweisen. Ein weiteres Beispiel: zwei Schüler aus einer Klasse sind durchgefallen. Der eine hat Nachhilfe genommen und es im nächsten Jahr

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in Frieden miteinander leben? geschafft, der andere hat sich umgebracht. Die Scham hat ihn überflutet.

Praktikantin Katrin Heger interviewt drei Streitschlichter/innen

Scham entsteht, wenn das grundsätzliche Bedürfnis eines Menschen nach Anerkennung, Schutz und Zugehörigkeit nicht erfüllt werden. Also wenn Menschen mit Missachtung, Ausgrenzung, Grenzverletzungen oder Verletzungen ihrer eigenen Werte konfrontiert werden. Scham ist eines der schmerzhaftesten Gefühle überhaupt, so schmerzhaft, dass die Betroffenen nicht mehr klar denken oder reden können und nur noch stammeln. Es gibt Körperreaktionen wie rot werden, schwitzen, wegschauen. Und: Scham unterbricht die Beziehung. Wenn Sie mit jemandem reden wollen, der oder die beschämt ist, geht das nicht. Da können Sie noch so interessante Sachen erzählen – Sie werden nicht gehört.

Habt Ihr als Streitschlichter schon erlebt, dass Scham Aggressionen ausgelöst hat?

Zusammenfassend lässt sich sagen: Scham ist wie ein Seismograph, der sensibel anzeigt, wenn das menschliche Grundbedürfnis nach Anerkennung, Schutz, Zugehörigkeit oder Integrität verletzt wurde. Mit anderen Worten, wenn die Würde eines Menschen (aktiv durch andere oder passiv durch sich selbst) verletzt wurde. Die Würde eines Menschen zu achten, bedeutet damit – aus Sicht der Scham-Psychologie – dem anderen vermeidbare Scham zu ersparen und zu zeigen: Du bist einmalig, Du bist als Person anerkannt. Das heißt nicht, dass wir alles toll finden müssen, was derjenige macht. Es heißt aber, dass wir einen »Raum« zur Verfügung zu stellen, in dem er oder sie Anerkennung, Schutz, Zugehörigkeit und Integrität erfährt.

Gizem, 15 und Jana,14

Bei uns war ein Junge, der hatte es zuhause nicht gut und in der Schule auch nicht. Das hat bei ihm Gewalt ausgelöst. Er wurde aggressiv gegenüber anderen. Wie habt ihr darauf reagiert? Wie ist es euch gelungen, diese Gewalt umzuwandeln? Wir haben mit dem Jungen geredet und die Lehrer haben dann die Eltern kontaktiert. Wir haben versucht, uns in seine Lage hineinzuversetzen und haben auch die anderen Mitschüler und Mitschülerinnen gefragt, ob sie das nachvollziehen können. Schließlich hat sich die Situation ganz gut aufgelöst. Hast du als Streitschlichter schon erlebt, dass Scham Aggressionen oder Gewalt ausgelöst hat?

Dr. Stefan Marks ist Sozialwissenschaftler und Supervisor in Freiburg. Wir verlosen drei Bücher von Dr. Stephan Marks: Scham – eine tabuisierte Emotion, siehe S. 23.

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Ich habe mit Scham in einer Konfliktsprechstunde als Mediator zu tun gehabt und habe mitbekommen, dass zwei Streitende sich auf eine herablassende Art fertiggemacht haben. Dieser Streit hat sich dann hochgeschaukelt. Ich habe mich ein

bisschen »fremdgeschämt«: Je mehr die beiden erzählt haben, desto mehr hab ich mich gefragt, wie man so entwürdigend miteinander umgehen kann. In solchen Situationen kann ich auch leicht verstehen, wenn die Person, die beschämt wird, aggressiv wird. Ich hätte nicht anders reagiert. Entwürdigende Handlungen sind also sehr beschämend für die Beteiligten, aber auch für den Schlichter. Viele Menschen können damit nicht umgehen und fahren dann den Igel aus und reagieren meistens dementsprechend aggressiv. Manche packen sogar den Tiger aus und schlagen zu. Das kommt leider immer öfter vor und ich habe das auch schon häufig erlebt. Ich habe das Gefühl, dass das mit der Scham bei Mädchen anders ist als bei Jungs. Ich habe zum Beispiel einen Fall gehabt, wo vier Mädchen dasaßen, die sich voreinander nicht geschämt haben, aber gegenüber ihrer Klasse schon. Sie haben nur darauf gewartet, ihre Gefühle loszuwerden und nach außen zu tragen. Jungs sind da schamvoller. Mich hat das persönlich auch sehr berührt, weil es bei ihrem Streit um Freundschaft ging und um das Füreinander da sein. Mädchen schämen sich untereinander kaum und können sich untereinander und auch gegenüber dem Mediator öffnen und der Scham freien Lauf lassen. Die Jungs hingegen beharren sehr stark auf ihren Standpunkt und können nicht einmal vor einer Einzelperson in einem intimen Umfeld Scham zugeben. Wie hast du darauf reagiert? Wie ist es dir gelungen, diese Gewalt umzuwandeln? Ich bin ein Verbreiter von Humor. Wenn irgendwas sehr schamvoll ist, kann man es so verbiegen, dass dann nicht nur die anderen, sondern auch man selbst drüber lachen kann. Wenn man dann über sich selber lacht und die anderen auch merken, dass es dem Betroffenen nichts ausmacht, ist die Anspannung gelöst.

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textilwirtschaft

Aspekte einer fairen Textilwirtschaft Wie sieht es aus mit der Fairness gegenüber Bauern und Näherinnen, die in Entwicklungsländern für Hungerlöhne unsere Kleider nähen? Wie sind die sozialen und ökologischen Bedingungen, insbesondere beim Anbau und der Verarbeitung von Baumwolle? Diese und andere Fragen haben Teilnehmer der Tagung »Nachhaltig erfolgreich – Neue Chancen im Textilmarkt« vom 3. bis 4. April in Bad Boll diskutiert. Bei dem Erfahrungsaustausch, der von Studienleiterin Carmen Ketterl und dem Ulmer Wirtschafts- und Sozialpfarrer Martin Schwarz in Kooperation mit dem Ulmer Initiativkreis nachhaltige Wirtschaftsentwicklung e. V. (unw) im Rahmen des CSR-Projekts »Ulmer Netzwerk gesellschaftliche Verantwortung im Mittelstand« organisiert wurde, waren die Hauptprobleme der Textilindustrie schnell benannt: komplexe und intransparente Lieferketten, instabile Geschäftsbeziehungen, ein sehr niedriges Lohnniveau, gravierende Mängel bei Umweltschutz und Arbeitssicherheit in den produzierenden Ländern und – noch immer – Kinderarbeit. Man war sich einig, dass die Kontrollen weltweit verschärft und deutsche Textilproduzenten gestärkt werden müssen. Prof. Martin Müller von der Universität Ulm räumte mit dem Mythos auf, dass ökologisch hergestellte und fair gehandelte Textilien viel teurer sein müssen. Die tatsächlichen Mehrkosten für Bio-Baumwolle seien eigentlich gering, aber die Zuschlagskalkulation in der Lieferkette führe dazu, dass in jedem Verarbeitungsschritt ein ÖkoAufschlag vorgenommen werde, der das Endprodukt unnötig verteure. Tobias Meier von der Schweizer Entwicklungshilfeorganisation Helvetas Swiss Intercooperation e.V. berichtete, dass die 25.000 US-amerikanischen Baumwollanbauer 2001/2002 fast 4 Milliarden Dollar Subventionen erhielten. Das sei mehr als das Bruttosozialprodukt von Burkina Faso, wo zwei Millionen Menschen von der Baumwolle leben – über die Hälfte in Armut. Die Abschaffung dieser Subventionen wäre laut Meier ein großer Schritt, soziale Probleme im Sym 2/2014

Baumwollanbau zu lösen. Helvetas kaufe von Kleinbauern im Süden biologisch angebaute Baumwolle zu fairen Preisen und ermögliche ihnen ein existenzsicherndes Einkommen. Gleichzeitig würden Projekte im Bildungs- und Gesundheitsbereich unterstützt. Dieter Overath, Geschäftsführer von TransFair e. V., verteidigte auf der Tagung die Zusammenarbeit mit Discountern. »Den Bauern im Süden ist es egal, ob ihre Produkte bei Lidl verkauft werden oder im Weltladen. Für sie zählt, möglichst viel zu verkaufen und einen fairen Preis zu bekommen.« Andreas Merkel, Geschäftsführer der Spinnerei Gebrüder Otto in Dietenheim, bezeichnete Nachhaltigkeit als Schlüssel für die deutsche Textilindustrie. In einer Branche, in der die Betriebe in Deutschland in 15 Jahren um 62 Prozent zurückgegangen sind, behauptet er sich mit einem ökologischen Konzept, innovativen Verfahren und hochwertigen Garnen. Mit dem von Otto entwickelten Recot-Verfahren werden Produktionsabfälle der Spinnerei wieder in die Garnherstellung zurückgeführt. So spart ein Kilo Recot-Garn 5.000 Liter Wasser. Sina Trinkwalder, Gründerin der Textilmanufaktur manomama in Augsburg, ermutigte die Teilnehmenden, alte Denkmuster hinter sich zu lassen: »Geht nicht, gibt‘s nicht«. Mit der traditionellen Textilwirtschaft ging sie hart ins Gericht: »Es war keine Not, die die Textilbranche gezwungen hat, die Produktion nach Asien oder Osteuropa zu verlagern. Es war Gier.« Die Unternehmerin produziert deutschlandweit mit inzwischen 140 Näherinnen und Nähern, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Chance

hatten. Auch sämtliche Vorprodukte bezieht Trinkwalder regional. Ihr jüngster Coup ist eine Zusammenarbeit mit Bioland e. V. Aus der Sicht von Dirk Vollertsen von Bioland e. V. kann die Textil- von der Bio-Lebensmittelbranche lernen. »Die Textilbranche steht heute da, wo wir in der Bio-Landwirtschaft vor 15 Jahren standen. Der Markt ist unübersichtlich, die Verbraucher schlecht informiert und ökofaire Textilien sind Nischenprodukte«. Die Nachfrage nach biofairen Lebensmitteln übertreffe inzwischen das Angebot der deutschen Biobauern. Die Verbraucherinnen und Verbraucher vertrauten dem Bioland-Siegel. Vollertsen kündigte ein verstärktes Engagement seines Verbandes im Bereich Textilien an. Antje von Dewitz, Geschäftsführerin des Outdoor-Labels VAUDE Sports, berichtete von dem mühsamen Weg, bis 2015 der umweltfreundlichste Outdoor-Ausrüster Europas zu werden. Seit 2001 arbeitet VAUDE mit dem derzeit strengsten Umweltstandard Bluesign. Von Dewitz wies auf ein Grundproblem von Funktionskleidung hin: »Die Kleidung besteht aus Erdölprodukten und wird mit Chemie behandelt. Daher kommt die Funktion.« VAUDE treibe aber den Ausstieg aus der Verwendung von Flourcarbonen (PFC) seit langem voran. Deshalb verzichte VAUDE auf Gore-Tex, das PFC enthalte und verwende statt dessen das weniger bekannte Sympatex. Dies sei jedoch ein MarketingNachteil. VAUDE bemühe sich auch, seiner sozialen Verantwortung in den Produktionsländern gerecht zu werden und ist Mitglied der MultistakeholderInitiative Fair Wear Fundation. Zwei Workshops gingen der Frage nach, wie sich ökologisch und faire Kleidung gegenüber dem Zwei-EuroT-Shirt behaupten kann. Eine Arbeitsgruppe diskutierte über öffentliche Beschaffung. »Das Land hat bei verantwortlicher Beschaffung eine Vorbildfunktion«, sagt Uwe Kleinert,

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was kommt? der das Thema in Land und Kommunen voranbringen will. Dafür gelte es, die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und zu motivieren. In Zürich tragen Polizisten bereits Hemden aus Bio-Baumwolle und Angestellte in Pflegezentren arbeiten in Berufskleidung aus fairem Handel. Die Zürcher haben 2008 durch Volksabstimmung die nachhaltige Entwicklung ihrer Stadt in der Gemeindeordnung verankert, berichtete Beat von Felten aus Zürich. Der zweite Workshop nahm den Einzelhandel in den Blick. Rolf Heimann, verantwortlich für Nachhaltigkeit und Innovation bei Hessnatur, stellte klar: Auch ökofaire Kleidung muss vor allem gut aussehen. Hessnatur setzt verstärkt auf eigene Shops in guten Lagen mit hochwertiger Gestaltung. Nora Papajewski von EcoCarrots betonte ebenfalls, dass neben origineller Mode der direkte Kontakt mit Kunden und die Aufklärung über verantwortlichen Konsum wichtige Erfolgsfaktoren seien. Sie setzt auf hohe Qualität und mit dem Global Organic Textil Standard (GOTS) auf den europaweit besten Standard für Öko-Textilien. Der Unternehmer Andreas Merkel blickte nach den Gesprächen optimistisch in die Zukunft. Er wisse, dass sich die längst überfälligen Verbesserungen in der weltweiten Textilproduktion nur schrittweise, Nadelstich für Nadelstich, erzielen lassen: »Im Bereich Nachhaltigkeit besteht in dieser Industrie ein großer Nachholbedarf und es ist wichtig, dass wir fair miteinander umgehen. Dazu gehören vernünftige Produkte, deren Herkunft jederzeit nachvollziehbar ist.« Auch der unw-Vorsitzende Martin Müller verließ die Evangelische Akademie Bad Boll mit vielen neuen Anregungen und Perspektiven: »Ich bin sehr optimistisch, dass wir mit viel Geduld und vielen Akteuren auf verschiedenen Ebenen zu einer noch größeren Bewegung werden können.« Carmen Ketterl, Martin Schwar,z, Studienleitende

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Was kommt? Tagungen vom 20. Juni bis 30. November

Flüchtlingsfrauen Wissen und Schätze zur Selbsthilfe 20.-22. Juni 2014, Bad Boll Selbsthilfe basiert auf Wissen und dem Zugang zu Informationen und Ressourcen. Wir laden Flüchtlingsfrauen aus verschiedenen Herkunftsländern ein, die vor kurzem nach Deutschland eingereist sind. Mit den Referentinnen fragen wir nach dem Wissen und den Schätzen von Frauen. Bei einer Exkursion lernen wir den Heilkräutergarten der Firma WALA in Bad Boll kennen. Gemeinsam mit einer Heilpraktikerin sprechen wir über die Anwendungen der Heilkräuter im Alltag. Tagungsleitung: Simone Helmschrott Infos: Susanne Heinzmann, siehe S. 21 Tarantella - Apulien und der Spinnentanz. Reihe Identität und Kultur in Europa - Akademiereise 24. Juni - 1. Juli 2014, Apulien Europa entdeckt man von seinen Rändern. Ein finis terrae finden wir auch im apulischen Salento. Heilende Spinnentänze mit orientalischer Note halten die Tradition antiker Musiktherapie wach und sind zugleich Erkennungsrhythmen einer neuen Generation. Katholizismus triumphierte über die griechisch-orthodoxe Kirche; Kultur und Sprache der Grecanici erlebt heute eine Renaissance. Tagungsleitung: Dr. Thilo Fitzner Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 Fundraising für staatliche und private Schulen und Internate 25.-26. Juni 2014, Bad Boll Private wie öffentliche Schulen und Internate haben Stärken, die für das Fundraising genutzt werden können. Fundraising ist Beziehungsaufbau und -pflege. Als Teil eines Schulleitungsteams erhalten Sie das nötige Wissen und Handwerkszeug, um der Herausforderung gewachsen zu sein. Damit ist Ihre Schule im Wettbewerb um pädagogisches Profil weit vorne. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers Infos: Romona Böld siehe S. 21

Wohnen für alle. Demografie-Fachtagung 30. Juni 2014, Bad Boll Überall im Land gibt es spannende Aufbrüche zu generationenübergreifendem Wohnen: in selbstorganisierten Wohnprojekten, in Bauherrengemeinschaften, in trägerinitiierten Modellen, in sich neu erfindenden Nachbarschaften und Quartieren. Die demografische Veränderung stellt neue Fragen an die Planung unserer Städte und Gemeinden, die wir anhand zahlreicher Praxis-Beispiele besprechen und voran bringen wollen. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers Infos: Romona Böld, siehe S. 21 Jugend in Israel und Palästina Hindernisse, Herausforderungen, Hoffnungen 4.-6. Juli 2014, Bad Boll

Zeltstädte und Proteste in Israel, muslimische Solidarität im Zeichen des arabischen Frühlings in Palästina - in diesen Prozessen bewegt sich die Jugend. Wie sieht sie ihre Situation, welche Handlungschancen kann sie ergreifen, welche Zukunft wünscht sie sich? Im Gespräch mit Aktiven aus der Region, im Dialog und deutsch-israelisch-palästinensischen Trialog wollen wir diesen Fragen nachgehen. Tagungsleitung: Simone Helmschrott Infos: Susanne Heinzmann, siehe S. 21 Wir sind der neue Werkstattrat! Fortbildungsreihe für Werkstatträtinnen und -räte, Teil 1 7.-9. Juli 2014, Bad Boll Die Werkstatt für behinderte Menschen ist Arbeitsstätte und Ort der Begegnung. Der Werkstattrat ist die gewählte Interessenvertretung der Beschäftigten. Alle Werkstatträte wurden neu gewählt. Die Tagung will Sie fit machen, Sie informieren und unterstützen: Welche Rechte gelten, Sym 2/2014


was kommt? wie können Sie die Interessen der Beschäftigten vertreten, wie können Sie gut zusammenarbeiten? Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Bernd Schatz Infos: Erika Beckert, siehe S. 21 Mädchen MIT-WIRKUNG! Fit für kommunale Jugendbeteiligung 11.-13. Juli 2014, Bad Boll Die Absenkung des Wahlalters sowie Beteiligungsprozesse in Kommune und Schule ermöglichen breite politische Partizipation. Wir laden Mädchen ein, in öffentlichen Diskussionen ihre Meinung zu vertreten. Dieses KreativSeminar arbeitet intergenerativ mit erfolgreichen Frauen, die Mädchen motivieren, kompetent und wirkungsvoll an die Öffentlichkeit zu gehen. Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, siehe S. 21 Wer bestimmt die Regeln in der Weltwirtschaft? Strategien zur Weltverbesserung 11.-12. Juli 2014, Bad Boll Die Globalisierung des wirtschaftlichen Handelns kann nur dann zu mehr Wohlstand und Gerechtigkeit in der Welt führen, wenn sie sich auf gemeinsame Grundregeln und Werte stützt. Das ist eine der Lehren aus der Finanz- und Wirtschaftskrise. Wer aber bestimmt diese Regeln und wer kann sie durchsetzen? Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann Infos: Sybille Dahl siehe S. 21 Kollegiales Coaching Bürgerbeteiligung Know-how, Vernetzung und Inspiration 15. Juli 2014, Bad Boll Wie gelingt es uns, verschiedene Formen der Bürgerbeteiligung in den Kommunen zu fördern? Wie gestaltet sich der Prozess eines BürgerInnenrats vom Organisieren, Moderieren bis hin zum Dokumentieren? Zeit für Selbstvergewisserung sowie die Weiterentwicklung von Kompetenz, Strategie und Qualität von Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg. Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, siehe S. 21

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Soziale Marktwirtschaft – das europäische Wirtschaftsmodell? Bad Boller Wirtschaftsgespräch am 18. Juli 2014, Bad Boll Einmal im Jahr treffen sich Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in der Evangelischen Akademie Bad Boll zum »Bad Boller Wirtschaftsgespräch«. Diese Wirtschaftsgespräche sind ein Forum für wirtschaftsethische Grundsatzfragen, das von der Akademie mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden Württemberg veranstaltet wird. Für die Akademie sind die Studienleiter Dagmar Bürkardt und Dr. Dieter Heidtmann verantwortlich. Das Thema des diesjährigen Wirtschaftsgesprächs ist die Wirtschaftsordnung der Europäischen Union. Zu den Gästen zählen u.a. Yves Mersch, luxemburgisches Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank, Dr. Nils Schmid, stellvertretender Ministerpräsident und Finanz- und Wirtschaftsminister, Landesbischof Dr. h.c. FrankOtfried July sowie der ungarische Staatssekretär für EU-Beziehungen, Gergely Pröhle, Ungarn. Im Vertrag von Lissabon wird das Wirtschaftsmodell der Europäischen Union als »eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt» beschrieben. Entspricht dieses Leitbild der europäischen Realität? Die öffentliche Wahrnehmung Europas wurde in den letzten Jahren eher durch Finanzmarktund Wirtschaftskrisen bestimmt. Andererseits gilt die EU nach wie vor als Vorbild für einen sozial verantwortlichen Wirtschaftsraum. Im Bad Boller Wirtschaftsgespräch 2014 wird diskutiert, wie wir die Wirtschaft Europas in Zukunft so gestalten können, dass sich ökonomische Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit miteinander verbinden. Infos: Sybille Dahl, s.S. 22

15. Süddeutsche Hospiztage Ethik und die Würde des Menschen am Lebensende 16.-18. Juli 2014, Bad Boll Wünsche und Entscheidungen am Lebensende sind Ausfluss von lebenslang entwickelten ethischen und religiösen Einstellungen. Es geht um individuelle Werthaltungen, die auch religiös und kulturell geprägt sind. Die Tagung soll dem Verständnis und der eigenen Meinungsbildung dienen. Tagungsleitung: Dr. Günter Renz Infos: Gabriele Barnhill, siehe S. 21 Meditatives Tanzen im Sommer 18.-20. Juli 2014, Bad Boll Ein sommerliches Wochenende mit Kreistänzen nach Melodien aus der internationalen Folkloretradition, neuer und klassischer Musik. Arbeit mit der Stimme, Körperwahrnehmungsübungen und Phasen der Stille und des Gesprächs. So kann der Tanz zum spirituellen Ereignis werden. Tagungsleitung: Susanne Wolf Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 Das Messie-Syndrom Seminar für Betroffene 19.-20. Juli 2014, Bad Boll Gemeinsam mit Betroffenen erhalten Sie erste Einblicke in die persönlichen Hintergründe Ihrer MessieSymptomatik. Mit Hilfe von kreativen Methoden werden Zusammenhänge und Ursachen ergründet. Die positive Absicht hinter dem Chaos soll erforscht werden. Wir entwickeln Lösungsstrategien und Schritte von der Erstarrung in die Veränderung. Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Veronika Schröter Infos: Erika Beckert, siehe S. 21 Selbstmanagement mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) ZRM®- Grundkurs 24.-26. Juli, Bad Boll, Das Zürcher Ressourcen Modell ist ein Ansatz des Selbstmanagements, das die Stärken des Einzelnen in den Blick nimmt. Es erschließt persönliche Entwicklungskräfte und erweitert den eigenen Handlungsspielraum auch in schwierigen Situationen. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers Infos: Romona Böld, siehe S. 21

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was kommt? Auf ein Wort, Mutbürger! Wie Literatur politisch wirksam wird Literatursommer Baden-Württemberg 2014 25.-27. Juli, 2014, Bad Boll Der Literatursommer steht unter dem Motto »Worte sind Taten«. Wir fragen im Gespräch mit Autorinnen und Autoren nach ihrer Motivation zu politischem Engagement, der Wirksamkeit von Literatur und dem Verhältnis zur Kunst. Ist politische Literatur Avantgarde oder Nachhut? Wie kommen Abgründe der Politik vor und welche Themen bleiben blinde Flecken? Tagungsleitung: Susanne Wolf Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 Ferienwoche kreativ Der Sonne entgegen 3.-9. August, 2014, Bad Boll Siehe Rückseite dieser SYM- Ausgabe Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, siehe S. 21 Helles Licht und lange Schatten: Die Romantik (Literatur) Das Moderne an der Romantik und das Romantische an der Moderne 30.8. bis 3.9. 2014, Bad Boll In der literarischen Sommerakademie werden wir den dichterischen Linien der Romantik folgen und sie auf ihre Aktualität hin überprüfen. Entsteht nach der Klarheit der Aufklärung ein Verlangen nach dem »Uneindeutigen«, nach Schönheit, Religiosität, nach »Aufgehen in der Natur« und den »dunklen« Bereichen der Seele? Möchten die Menschen die als vernünftig gesetzten Grenzen überschreiten? Tagungsleitung: Susanne Wolf, Annegret Wolfram Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 »Mit den passenden Schuhen vergisst man die Füße«. Zhuangzi, daoistischer Philosoph und Dichter 30.8. bis 3.9.2014, Bad Boll Das Werk des Zhuangzi ist das umfassendste und tiefgründigste der daoistischen Philosophie. Seine Lektüre ist ein Abenteuer, in dem gewohnte Denk- und Sichtweisen auf den Kopf gestellt werden. Einer Zivilisation, die nach dem Motto »Höher, schneller, mehr« getaktet ist, setzt Zhuangzi mit viel Humor seine Vision des »freien

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und müßigen Wanderns« entgegen. Tagungsleitung: Simone Helmschrott, Dr. Henrik Jäger, Universität Trier Infos: Susanne Heinzmann, siehe S. 21 Das Moderne an der Romantik und das Romantische an der Moderne 3.-7. September 2014 In der philosophischen Sommerakademie werden wir mit Jean Pauls »Vorschule der Ästhetik« den denkerischen Linien der Romantik folgen und sie auf ihre Aktualität hin bedenken. Hat die Aufklärung mit ihrer Klarheit, ihrer Ordnung, ihrem Harmoniestreben, ihrem Erkenntnisoptimismus und ihrem Rationalismus Sehnsüchte nach dem »Uneindeutigen« geweckt? Tagungsleitung: Susanne Wolf, Annegret Wolfram Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 Verdi: Otello. Die Oper zur Schwachheit des Menschen 3.-6. September 2014, Bad Boll Verdi war mutig, als er mit Otello 1886 einen Afrikaner ins Zentrum seiner Oper nach Shakespeares Schauspiel stellte. Der Referent Hans-Peter Hagedorn vergleicht Shakespeares Text mit Verdis Libretto und leitet daraus Interpretationen ab. Matthias Kaiser, Direktor der Oper Ulm, führt in die Regie ein, Generalmusikdirektor Timo Handschuh singt mit den Teilnehmenden das komplette Werk. Tagungsleitung: Dr. Thilo Fitzner Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 Wagners romantische Opern - Verfehlung und Erlösung. Der fliegende Holländer. Tannhäuser 7.-10. September 2014, Bad Boll Mit seinem Frühwerk steht Wagner in einem Spannungsfeld widersprüchlicher Strömungen: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts trifft der Historismus auf eine politische Protestbewegung, die sich gegen reaktionäre Erstarrung wendet. Wir stellen uns den provozierenden Texten aus dem »Fliegenden Holländer« und dem »Tannhäuser« und singen den »Holländer« mit Hilfe des Generalmusikdirektors der Oper Ulm. Tagungsleitung: Dr. Thilo Fitzner Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21

»Und schuf sie als Mann und Frau« - Was ist der Mensch? Neue Zugänge zu den heiligen Schriften in Judentum, Christentum und Islam 7.-9. September 2014, Bad Boll Was ist der Mensch? Wie wird seine Gottesbeziehung im Christentum, Islam und Judentum verstanden? Sind Wechselwirkungen zwischen den theologischen Traditionen zu erkennen? Welche sozialpolitischen Impulse und geschlechtergerechten Zugänge werden deutlich? Durch Lektüre entsprechender Texte und im Gespräch mit ReferentInnen aller drei Religionen gehen wir diesen Fragen nach. Tagungsleitung: Simone Helmschrott, Dr. Michael Volkmann, Infos: Susanne Heinzmann, siehe S. 21 Platon: Philebos Genüsslich lesen und verstehen 11.-14. September 2014, Bad Boll

Jeder Mensch kann denken und denken lernen - dies ist die unendlich positive Einstellung der Philosophie! Philosophie heißt: Sich miteinander in präziser Weise verständigen und sich so weit als möglich logisch nachvollziehbar auszudrücken. Auch wenn Sie noch nicht in der Philosophie zuhause sind: Erleben Sie hier, wie viel Freude Ihnen Platon machen wird. Tagungsleitung: Dr. Thilo Fitzner Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 Integrieren, Partizipieren, Qualifizieren. Das neue Flüchtlingsaufnahmegesetz und seine Umsetzung 19.-21. September 2014, Bad Boll Wie können die Spielräume des neuen Flüchtlingsaufnahmegesetzes in Baden-Württemberg genutzt werden? Welche Modelle zur Erschließung von bezahlbarem Wohnraum greifen? Wie kann Sprachförderung in allen Altersstufen angeboten werden? Wie kann Integration in Ausbildung und Arbeit Sym 2/2014


was kommt? gelingen? Was können Kirchengemeinden und Initiativen zur Partizipation von Flüchtlingen tun? Tagungsleitung: Simone Helmschrott, Annette Stepputat Infos: Susanne Heinzmann, siehe S. 21 Social Media für Seniorinnen und Senioren. Einführung in die Nutzung von Internet und Co 22.-23. September 2014, Bad Boll Fachleute vermitteln Grundlagen über die Nutzung von Internetdiensten. In Workshops lernen die Teilnehmenden einzelne Werkzeuge und Plattformen kennen und probieren diese selbst aus. Wir fragen und diskutieren darüber hinaus, wie unser Leben in einer zunehmend digitalisierten Welt aussehen kann und wird. Tagungsleitung: Susanne Wolf, Bettina Hertel Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 »Verantwortliches Finanzieren« in der Entwicklungszusammenarbeit. Konditionalität der Entwicklungsfinanzierung 23.-24. September 2014, Bad Boll Öffentliche Geldgeber und viele Entwicklungsorganisationen haben in den vergangenen Jahren ihre Vergabekriterien in der Entwicklungszusammenarbeit verändert. Neue Geldgeber (von Bill Gates bis China) sind hinzugekommen. Welche Bedingungen müssen erfüllt werden, damit Entwicklungsfinanzierung erfolgreich ist? Gibt es gemeinsame Mindeststandards für alle Akteure? Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann Infos: Sybille Dahl, siehe S. 21 Abschied von der Erwerbsarbeit 24.-27. September 2014, Bad Boll Altersteilzeit, Vorruhestand und Ruhestand sind verbunden mit dem Abschied aus vielen Rollen. Den Abschied ernst zu nehmen und die Chancen der neuen Lebensphase in Beziehung, Freizeitaktivitäten und Engagement für andere zu erkennen, ist das Ziel des Seminars. Tagungsleitung: Dr. Karlheinz Bartel, Margit Metzger Infos: Heidi Weinmann, siehe S. 21

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Teil sein - Wirkung zeigen! Jugendbeteiligung in Kommunen in Baden-Württemberg 24.-25. September 2014, Bad Boll Wie kann Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Kommunen, Städten und Kreisen jugendgerecht und verwaltungskompatibel umgesetzt werden? Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, siehe S. 21 Körpersprache als zentrales Führungsinstrument. Intensivseminar für (Ober-)Bürgermeister/innen 24.-25. September 2014, Bad Boll Körpersprache ist unsere erste Sprache. Die Teilnehmenden lernen, diese bei sich selbst und bei anderen besser zu verstehen und als Ausdrucksform beim öffentlichen Auftritt und im Gespräch gezielt zu nutzen. Sie erhalten ein auf Sie zugeschnittenes Kommunikationsseminar in enger Kooperation mit dem Städtetag Baden-Württemberg. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers, Heike Hofmann Infos: Romona Böld, siehe S. 21 Gender, Gewalt, Gesellschaft Wohin bewegt sich die Diskussion in Indien? 25.-27. September 2014, Bad Boll Die brutale Vergewaltigung und der anschließende Tod einer Studentin lösten in Indien Massenproteste aus. Weltweit wurde die Gewalt an indischen Frauen verurteilt. Wir fragen: Wie haben sich die Rollen von Mann und Frau in Indien entwickelt und inwiefern haben die Kastenverhältnisse darauf einen Einfluss? Wie sieht die öffentliche Diskussion heute aus und welchen Wandel kann sie bewirken? Tagungsleitung: Simone Helmschrott Infos: Susanne Heinzmann, siehe S. 21 Das Messie-Syndrom Fach- und Grundsatztagung 27.-28. September 2014, Bad Boll Das Messie-Syndrom ist Ausdruck psychosozialer Probleme. Es werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Therapieangebote vorgestellt. Woran erkennt man das MessieSyndrom auch in den frühen Aus-

prägungen? Welche therapeutischen Angebote kann man empfehlen? Welches kreative Potenzial steckt hinter dem Syndrom? Die Tagung versucht das Thema zu enttabuisieren und als therapierbare Störung verständlich zu machen. Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Veronika Schröter Infos: Erika Beckert, siehe S. 21 Respekt erfahren - Demokratie lernen. Zur Beteiligungskultur in Kindertagesstätten 29.-30. September 2014, Bad Boll Eine werteorientierte Haltung und Kommunikation auf Augenhöhe sind Pfeiler der Beteiligungskulltur, die dauerhaft das Klima in der Kindergruppe prägen. Wie lässt sich ein entsprechender Kulturwandel herstellen? Tragbare Konzepte, Instrumente und Rituale für eine solche Demokratiebildung in Kindertageseinrichtungen werden vorgestellt und auf das jeweilige Arbeitsfeld übertragen. Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, siehe S. 21 Das Böse - Täter - Opfer Fachtag Aktionsbündnis Winnenden 29. September 2014, Bad Boll »Ist das Böse etwas Normales, nichts Krankes, gehört es zu dem, was wir Menschen sind?« (R. Safranski) Kann man das Böse durch Überwachung zivilisieren? Oder ist es eine Option menschlicher Freiheit? Was lässt Täter zu Tätern werden und wie verändert es die Opfer? Verändern Opfer die Gesellschaft? Tagungsleitung: Susanne Wolf Infos: Andrea Titzmann, siehe S. 21 »Gerechtigkeit statt Wohltätigkeit!« Christoph Blumhardts gesellschaftspolitisches Erbe 3.-5. Oktober 2014, Bad Boll Christoph Blumhardt ist mit Bad Boll fest verbunden. Er gilt als einer der ersten religiösen Sozialisten, der durch eine theologische Weite und internationale Verflechtung auffiel. Die wirtschaftlichen Strukturen seiner Zeit kritisierte er scharf. Welche seiner Urteile haben noch Bedeutung? Nach der Tagung findet die Gründung einer Blumhardt-Sozietät statt.

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was kommt? Tagungsleitung: Prof. Dr. Jörg Hübner, Albrecht Esche Infos: Karin Nitsch, siehe S. 21 Inklusion ist nicht umsonst! Tagung für Schwerbehindertenvertretungen in Betrieben, Behörden und Schulen 8.-10. Oktober 2014, Bad Boll Die Tagung bietet vielfältige fachliche Weiterbildung für die tägliche Arbeit in der Schwerbehindertenvertretung. Erfahrene Kolleginnen und Kollegen sowie Fachpersonen aus unterschiedlichen Bereichen zeigen konkrete Hilfestellungen und praktische Beispiele. Daneben ist Raum zum kollegialen Austausch und Gelegenheit, die eigenen Ressourcen zu stärken. Tagungsleitung: Martin Schwarz Infos: Eliane Bueno Dörfer, siehe S. 21 Mitmachen Ehrensache Fit für das Botschafteramt 17.-19. Oktober 2014, Bad Boll Die Aktion »Mitmachen Ehrensache« und die Evangelische Akademie Bad Boll laden Schülerinnen und Schüler aus Baden-Württemberg ein, die sich als ehrenamtliche Botschafterinnen und Botschafter für diese Initiative an Schulen, bei Arbeitgebern und in den Medien einsetzen wollen. In den Workshops kann öffentliches Auftreten geübt werden. Tagungsleitung: Marielisa von Thadden, Gabi Kircher, Günter Bressau Infos: Heidi Weiser, siehe S. 21 Missionarische Volkskirche sein Tagung mit den Gruppierungen der Württembergischen Landeskirche 17. -18. Oktober 2014, Bad Boll Die Tagung wendet sich an Engagierte aus den vier Gruppierungen der württembergischen Landeskirche. Wie sieht ein zukunftsfähiges Leben einer »Missionarischen Volkskirche« heute aus? Welche Rolle spielt sie in der Gesellschaft? Welchen Einfluss möchte sie wahrnehmen? Die Diskussion zur EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft steht im Zentrum der Tagung. Tagungsleitung: Prof. Dr. Jörg Hübner Infos: Karin Nitsch, siehe S. 21

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Studientagung Islam 17.-18. Oktober 2014, Bad Boll Akteure des interreligiösen Dialogs in Kirchen, Moscheegemeinden und Kommunen sehen sich mit immer neuen Themen konfrontiert, die Vertiefung benötigen. Auf der Tagung wollen wir aktuelle Herausforderungen und praktische Fragen des interreligiösen Zusammenlebens aufgreifen. Nähere Informationen werden im Laufe des Sommers bekannt sein. Tagungsleitung: Simone Helmschrott, Heinrich-Georg Rothe Infos: Susanne Heinzmann, siehe S. 21 2. Württembergisches Forum Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt Wirtschaft, Kirche und Gemeinwohl 17.-18. Oktober 2014, Bad Boll Das Württembergische Forum KircheWirtschaft-Arbeitswelt ist die zentrale Plattform für alle Akteure, die sich im Bereich der Landeskirche und der Diakonie zu Fragen der Wirtschaft und der Arbeitswelt engagieren. Thema des Forums ist die Umsetzung der ökumenischen Sozialinitiative im wirtschaftlichen Handeln der Kirche. Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann Infos: Sybille Dahl, siehe S. 21 Sanfter Tourismus auf der Alb 24.-25. Oktober, 2014, Bad Boll Die Schwäbische Alb zeichnet sich

ZRM®-Aufbaukurs I Aus ungeliebten Persönlichkeitsanteilen Ressourcen gewinnen 30. Oktober bis 1. November 2014, Bad Boll Dieses Selbstmanagement-Seminar hilft Ihnen, einen kreativen Umgang mit negativen Gefühlen zu entwickeln und dabei weitere Ressourcen kennenzulernen. Sie beginnen mit Ihrem bereits entwickelten Motto-Ziel und erweitern Ihre Ressourcen mit bisher ungeliebten Persönlichkeitsanteilen, den sogenannten Schattenanteilen nach C. G. Jung. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers, Verena Glatthard Infos: Romona Böld, siehe S. 21 Kurzvorschau November Äthiopien Historische und aktuelle Perspektiven 1.-2. November 2014, Bad Boll Keine Chance für Rassismus Strategien gegen Erscheinungsformen gesellschaftlicher Diskriminierung 6.-7. November. 2014, Bad Boll Gute Arbeit ohne Wachstum? 7.-9. November 2014, Bad Boll Familienpolitische Konsultation zur EKD-Orientierungshilfe 7. November 2014, Bad Boll Tagung für Adoptiveltern 8.-9. November 2014, Bad Boll 16. Architektentag 10. November 2014, Bad Boll

durch landschaftliche Schönheit, aber auch durch eine Vielzahl von ökologischen Vorzeigeprojekten aus. Die Tagung zielt auf die Vernetzung dieser Projekte und wendet sich an Verantwortliche aus dem Sektor Tourismusmanagement, an Gewerbetreibende der Region sowie an Menschen, die sich für einen sanften Tourismus auf der Alb einsetzen wollen. Tagungsleitung: Prof. Dr. Jörg Hübner Infos: Karin Nitsch, siehe Seite 21

Inklusiv unterwegs - Methodenkompetenz. Reflexion, Begleitung und Know-how für die Arbeit in inklusiven Gruppen 10.-11. November 2014, Bad Boll Verantwortungsbewusstes Führen und Entscheiden Selbst- und Zeitmanagement im Berufs- und Privatleben 10.-12. November 2014, Bad Boll

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rezept – aus der akademie NEIN zur Gewalt gegen Frauen und Männer mit Behinderung. Gemeinsam für eine inklusive Gesellschaft 12.-13. November 2014, Bad Boll

Susanne Heinzmann Tel. 07164 79-217, Fax 79-5217

Ausstieg aus dem Beruf. Abschied von der Erwerbsarbeit 12.-15. November 2014, Bad Boll

karin.nitsch@ev-akademie-boll.de

Boller Bußtag der Künste 19. November 2014, Bad Boll Biologisch-Dynamisch 90 Jahre Impulse für eine Landwirtschaft der Zukunft 26.-27. November 2014, Bad Boll Work-Life-Balance - wann, wo und wie lebe ich? 27.-28. November 2014,Bad Boll Männer und Aggression Fakten, Deutungen und pädagogische Konsequenzen 28.-29. November 2014, Bad Boll www.ev-akademie-boll.de/programm

Sekretariate: Kontakte Gabriele Barnhill Tel. 07164 79-233, Fax 79-5233 gabriele.barnhill@ev-akademie-boll.de

Erika Beckert Tel. 07164 79-211, Fax 79-5211 erika.beckert@ev-akademie-boll.de

Romona Böld Tel. 07164 79-347, Fax 79-5347 romona.boeld@ev-akademie-boll.de

Sybille Dahl Tel. 07164 79-225, Fax 79-5225 sybille.dahl@ev-akademie-boll.de

Eliane Bueno Dörfer Tel. 0731 1538-571, Fax 1538-572 eliane.doerfer@ev-akademie-boll.de

Brigitte Engert Tel. 07164 79-342, Fax 79-5342 brigitte.engert@ev-akademie-boll.de

Marion Heller Tel. 07164 79-229, Fax 79-5229 marion.heller@ev-akademie-boll.de Sym 2/2014

susanne.heinzmann@ev-akademie-boll.de

Karin Nitsch Tel. 07164 79-206, Fax 79-5206 Andrea Titzmann Tel. 07164 79-307, Fax 79-5307 andrea.titzmann@ev-akademie-boll.de

Heidi Weinmann Tel. 0711 351459-30, Fax 351459-55 heidi.weinmann@ev-akademie-boll.de

Heidi Weiser Tel. 07164 79-204 Fax 79-5204 heidi.weiser@ev-akademie-boll.de

Raclette-Kartoffeln für vier Personen Zutatenliste / Einkaufsliste 1 kg Pellkartoffeln 250 g Mascarpone 1 Teel. Senf 80 g geriebener Raclette-Käse ½ Bund Majoran weißer Pfeffer und Salz 40 g Raclette-Käse zum Bestreuen Kartoffeln kochen, schälen, vierteln, und in eine gefettete Auflaufform setzen. Mascarpone, Raclette-Käse, Senf, Gewürze und und Majoranblättchen verrühren, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Käsecreme auf die Kartoffeln streichen, Käse überstreuen Backofen auf 180° vorheizen. Das Ganze im Backofen bei 180° ca. 30. Min. backen. Die Raclette-Kartoffeln sind eine wunderbare Beilage zu einem Gemüse aus zartem Frühlingskohlrabi oder jungem, gedünsteten Blattspinat. Guten Appetit! Marianne Becker, Bereichsleitung Verpflegung

Aus der Akademie Wolfgang Mayer-Ernst wird neuer Studienleiter für den Bereich Politik und Recht Am 1. Juli 2014 beginnt Wolfgang Mayer-Ernst seine neue Stelle als Studienleiter in der Akademie Bad Boll im Themenbereich Politik und Recht. Der gebürtige Reutlinger tritt damit die Nachfolge von Kathinka Kaden an, die das Gebiet bis August 2013 leitete. Zuletzt war MayerErnst als Pfarrer in der Gemeinde Stuttgart-Botnang tätig. Neben der Gemeindearbeit lag ein Schwerpunkt seiner Arbeit in der Erwachsenenbildung: Er gründete in seiner Gemeinde in Böblingen einen Theologischliterarischen Salon, leitete über sieben Jahre einen monatlichen Kirchengeschichtskurs und organisierte mit Kollegen theologische Diskurse. Darüber hinaus engagierte er sich im Arbeitskreis der Botnanger Kirchengemeinde für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Als zweiter Vorsitzender des Stuttgarter Arbeitslosenzentrums (SALZ) brachte Mayer-Ernst kirchlich-diakonische Anliegen in die Stadtpolitik ein und erwarb dabei Kenntnisse im Umgang mit gesellschaftlichen Gruppen. Seit vielen Jahrzehnten an politischen und ethischen Themen interessiert, beschäftigt er sich mit Fragen der Demokratieentwicklung und neuen Formen der politischen Mitgestaltung. Da ihm die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen aus Theologie und Gesellschaft ein wichtiges Anliegen ist, engagiert Mayer-Ernst sich seit den 1990er Jahren in der Kirchlichtheologischen Arbeitsgemeinschaft (KTA) – auf Kirchenbezirksebene und im Landesausschuss Württemberg. Hier hat er erste Erfahrungen beim Planen und Umsetzen von Tagungen gesammelt. Der 52-Jährige ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Er liebt Literatur und das Wandern.

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aus der akademie Carmen Hennemann wird neue Leiterin des Tagungszentrums Vom 1. Juni 2014 an wird Carmen Hennemann die Leitung des Tagungszentrums übernehmen. Neben dem Kontakt zu den Gästen wird bei ihrer Arbeit die Koordination der 50 Beschäftigten im Mittelpunkt stehen. Eine herausfordernde Tätigkeit im Spannungsfeld von Ökonomie, Ökologie und sozialen Aspekten. Ob groß oder klein – mit Tagungen in Bad Boll kennt Carmen Hennemann sich bestens aus: Seit neun Jahren leitet die 45-Jährige erfolgreich die Abteilung Tagungsadministration der Evangelischen Akademie. Nach ihrer Ausbildung zur Hotelkauffrau vertiefte sie ihre betriebswirtschaftlichen Kenntnisse in einem Studium an der Verwaltungsakademie in Stuttgart. Bevor sie 2005 ihre Tätigkeit an der Akademie begann, arbeitete sie als Sekretärin bei der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Württemberg (EAEW) und als Mitarbeiterin der Projektstelle AG Bildung im Oberkirchenrat Stuttgart. Hennemann wurde in Giurgiu (Rumänien) geboren, sie ist verheiratet und Mutter eines Sohnes. Monika Schweikardt ist die neue Sales- und Marketingmitarbeiterin im Tagungszentrum Seit Mitte Februar 2014 kümmert sich Monika Schweikardt um die Akquise von Neukunden und die Betreuung der langjährigen Geschäftskunden des Tagungszentrums Bad Boll. Sie bereitet Messen vor, koordiniert Foto- und Hotelfilmaufnahmen, wirkt mit am Marketingplan und an -aktionen, an den hoteleigenen Drucksachen sowie

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den Online-Präsenzen. Während ihres Diplomstudiengangs der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Tübingen setzte Schweikardt ihren fachlichen Schwerpunkt vor allem auf die Unternehmensrechnung, Steuerlehre, Arbeits- und Betriebspsychologie. Anschließend arbeitete sie als Key Account Managerin bei der Brokat AG in Stuttgart und im Bereich Corporate Finance Treasury bei der T-Systems GmbH in Leinfelden. Schweikardt ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. In ihrer Freizeit engagiert sich die 45-Jährige vor allem in der Familienkirche von GöppingenFaurndau und unternimmt Ausflüge mit ihrer Familie. Wir verabschieden Anna Greve, Studienleiterin Nach gut zwei Jahren hat Pfarrerin Anna Greve Ende April die Evangelische Akademie als Studienleiterin im Bereich Wirtschaft, Globalisierung, Nachhaltigkeit verlassen und ihre neue Stelle als Geschäftsführende Pfarrerin in Oberaichen/Leinfelden angetreten. Ihre Investitur war am 28. Mai. In Bad Boll fiel ihr Arbeitsbeginn im März 2012 zusammen mit den Planungen zur Auftaktveranstaltung des Entwicklungspolitischen Dialogs und der Bürgerkonferenz mit 350 Bürgern und Minister Peter Friedrich. Zusammen mit Dieter Heidtmann konnte sie in einem guten Team erste Erfahrungen sammeln und Fähigkeiten erlernen, die ihr bei der Organisation von Tagungen halfen: Planung, Abläufe, Struktur, Moderation. Bei ihren eigenen Tagungen verfolgte Anna Greve das Ziel, ein jüngeres Publikum mit Wirtschaftsthemen anzusprechen und dazu neue Formate zu entwickeln. Ihre erste Veranstaltung hatte das Thema »Wirtschaftlich Netzwerken – was bringt’s und wie geht’s?« Die Resonanz war groß - 22 Netzwerke stellten sich vor, es gab eine Twitter-Wall, einen Life-Blog und Fan-Pages. Ihre nächste Tagung war eine Gründertagung »Mut zur Selbständigkeit. Erfahrene Unternehmer fördern junge Gründer«- »meine

Leidenschaft«, wie Anna Greve erzählt. Hierzu konnte sie Berthold Leibinger sowie die Gründer von web.de und von scout 24 gewinnen. Für Anna Greve eine gute Erfahrung: »Wir hatten zwei arbeitssame, kreative Tage mit 130 Teilnehmenden – darunter vielen jüngeren Leuten.« Die »Gründertagungen« sind nun in Bad Boll etabliert und werden weitergeführt. Ganz neue Themen stellen sich Anna Greve jetzt als Geschäftsführender Pfarrerin in Oberaichen. Die Konfirmation von 22 Jugendlichen steht an, sie muss neue Mitarbeitende für den Kindergarten einstellen – und dann gibt es da die ganz normalen Geschäfte einer Pfarrstelle – Predigten, Taufen, Beerdigungen, die Kirchenpflege mit ihren Finanzen und natürlich die lebendige und vielfältige Gemeinde, die es gilt, kennenzulernen. Anna Greve ist seit Mitte April in Oberaichen und begeistert von dem aktiven Kirchengemeinderat und der Arbeit mit dem Kindergarten, die ihr sehr wichtig ist: »Wir sind der Träger. Wenn wir zufriedene Mitarbeitende haben, haben wir auch zufriedene Kinder und Eltern. Durch den Kindergarten ist die Gemeinde im Ort verankert. Daran kann man erkennen, dass die Kirche eine Größe in der Welt ist, mit der man rechnen muss.« Was Anna Greve in Bad Boll gelernt hat, möchte sie auch in ihrer Gemeinde nutzen. Sie will einen Gemeindebrief ins Leben rufen, mit der lokalen Wirtschaft zusammenarbeiten und Spenden für Projekte einwerben. Aber zunächst warten auf andere Aufgaben auf sie: der Schulunterricht und vier Wochen Notfallseelsorge im Jahr. Anna Greve gefällt es in Oberaichen – ein Ort mit einer lebendigen, aktiven und offenen Gemeinde.

Sym 2/2014


publikationen Neues Halbjahresprogramm Das neue Halbjahresprogramm 2/2014 der Akademie Bad Boll ist erschienen. 56 Tagungen in zwölf thematischen Bereichen wie Bildung und Arbeit, Religion und Soziales erwarten die Besucher in der zweiten Jahreshälfte. Im Fokus stehen dabei Veranstaltungen zur Beteiligungskultur: Von den Kindergärten bis hin zu Einrichtungen für Senioren werden alle Bereiche der Gesellschaft einbezogen. Auch eine Wirtschaftsordnung, die dem Gemeinwohl Raum lässt, wird in einigen Tagungen thematisiert: »Wer bestimmt die Regeln der Weltwirtschaft?« »Soziale Marktwirtschaft – das europäische Wirtschaftsmodell?« In den Sommerferien bietet die Akademie ein breit gefächertes Angebot: Die literarische und die philosophische Sommerakademie beschäftigen sich mit dem Thema der Romantik, die Ferienakademie will zum Verständnis des Menschen in Judentum, Christentum und Islam beitragen. Wer sich ausgiebig entspannen und dabei kreativ werden will, ist bei der »Ferienwoche kreativ« genau richtig. Näheres siehe die Rückseite dieser Ausgabe. Hier können Sie das neue Halbjahresprogramm 2/2014 bestellen oder direkt herunterladen: www.ev-akademie-boll.de/programm/

Rezension Steven Pinker Gewalt - Eine neue Geschichte der Menschheit 1216 Seiten, S. Fischer, 2011 Steven Pinker hat ein monumentales Werk zur Kulturgeschichte der Gewalt geschrieben. Pinker liefert akribisch Belege für eine kulturell bedingte Abnahme von Grausamkeit, Krieg und Gewalt. Er weiß natürlich, wie sehr er damit der vorherrschenden Intuition widerspricht; so beeilt er sich gleich drei Einschränkungen zu machen: »Natürlich war es kein stetiger Rückgang; die Gewalt ist nicht auf Null zurückgegangen; und es gibt keine Garantie, dass es so weitergeht.« Sym 2/2014

Vor allem die dritte Einschränkung ist wichtig. Denn, wenn man auch bislang noch nicht von Klimakriegen sprechen kann, so ist doch erkennbar, dass sich Konflikte um Wasser und Ressourcen weiter zuspitzen. Jared Diamond hat in seinem Buch »Kollaps« in einer überraschenden Analyse gezeigt, dass schon das Morden in Ruanda vor 20 Jahren durch Überbevölkerung und den Kampf um Ressourcen mit befeuert wurde. Steven Pinker ist überzeugt, nachweisen zu können, dass der Rückgang der Gewalt sich in ganz verschiedenen Bereichen vollzogen habe: »in der Familie, im persönlichen Umfeld, zwischen Bevölkerungsgruppen ... und zwischen größeren Nationen und Staaten«. So habe sich vom Spätmittelalter bis zum 20. Jahrhundert in den europäischen Staaten bedingt durch die zunehmende staatliche Gewalt ein zehn- bis fünfzigfacher Rückgang der Mordquote vollzogen. Aber auch zwischen den Staaten nehmen die kriegerischen Konflikte ab, so spricht man für die Zeit seit dem 2. Weltkrieg vom Langen Frieden. Grundsätzlich sieht er fünf Kräfte am Werk, die den Trend unterstützen: ein sich verstärkendes Gewaltmonopol des Staates, wirtschaftliche Zusammenarbeit, einen Prozess der Feminisierung, zunehmendes Weltbürgertum und die Beförderung der Vernunft. Aber Pinker identifiziert und analysiert auch kleinere Trends. Besonders interessant: Die seit 1650 in Europa stark steigende Alphabetisierungsrate und die einsetzende Begeisterung für das Lesen verstärkte offenbar die Fähigkeit, andere Perspektiven einzunehmen. Das Ende des 18. Jahrhunderts war so gleichzeitig die Blütezeit der sog. Humanitären Revolution wie die der Briefromane, die die Empathie für ein individuelles anderes Menschenleben erforderten und förderten. Nach der Lektüre des Werkes von Pinker kann man sich nur schwer seiner Schlussfolgerung entziehen: »Der Rückgang der Gewalt dürfte die bedeutsamste und am wenigsten gewürdigte Entwicklung in der Geschichte unserer Spezies sein.«

Verlosung! »Scham – die tabuisierte Emotion« ist der Titel des Buches, das wir zur Verlosung anbieten. Der Autor Stephan Marks war beim 13. Streitschlichterkongress in Bad Boll und hat referiert. Seinen Beitrag in dieser Ausgabe von SYM finden Sie auf S. 13-14. Scham ist eine Emotion, die jeder kennt und die

Menschen im Innersten verletzt und bedroht. Aus diesem Grund sprechen wir so selten über sie. Dabei hat Scham viele Gesichter. Der Sozialwissenschaftler Stephan Marks beschreibt, wie Scham entsteht, welche Auswirkungen sie hat und wie wir konstruktiv mit dieser – bisher tabuisierten – Emotion umgehen können. (aus der Verlagsinformation). Schreiben Sie uns. Wir sammeln bis 18. Juni. Dann entscheidet das Los und bis Ende Juni ist das Buch bei Ihnen! Mails, Postkarten oder Briefe an: Redaktion SYM Akademieweg 11, 73087 Bad Boll martina.waiblinger@ ev-akademie-boll.de

Günter Renz

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kommentar Welt:Bürger gefragt! Rüstungskonversion und Friedensbildung harren der Umsetzung 350 Bürgerinnen und Bürger haben an der zweiten Entwicklungspolitischen Landeskonferenz in Baden-Württemberg teilgenommen, die am 12. April auf der Messe FAIR HANDELN in Stuttgart stattfand. Thematischer Schwerpunkt war der Zusammenhang von Entwicklungspolitik, Menschenrechten, Flucht und Vertreibung. Die Teilnehmenden erarbeiteten in zehn Workshops Vorschläge zur weiteren Umsetzung der Entwicklungspolitischen Leitlinien des Landes. Der Entwicklungspolitische Dialog »Welt:Bürger gefragt!« wird von der Evangelischen Akademie Bad Boll moderiert und organisiert. Ein Kommentar von Jürgen Menzel, »act for transformation«, Aalen Auf dem Programm der diesjährigen Landeskonferenz war ein Arbeitskreis Frieden und Rüstung nicht aufgeführt, obwohl dieses Thema immer wieder eingefordert worden war. Überraschend wurde auf Initiative kirchlicher Gruppen dann doch noch ein entsprechender Arbeitskreis eingerichtet. Da es keine Ankündigung gegeben hatte, kamen leider wenige Teilnehmende in die Arbeitsgruppe. Dennoch fand ein guter Austausch darüber statt, in welchen Themenfeldern der Leitlinien und der Handlungsoptionen das Thema Frieden erwähnt und eine friedenspolitische Ausrichtung der Landesregierung gefordert wird. Die Landesregierung wurde aufgefordert, auf den Gebieten Hochschule, Schule und Globales Lernen und Wirtschaft tätig zu werden: Hochschulen: In einigen Hochschulen gibt es Zivilklauseln, aber keine Transparenz, wo im Land militärische Aufträge an Hochschulen gehen. Es gibt keine Handlungsvorgaben, dies zu unterbinden. Schulen und Globales Lernen: Die Kooperationsvereinbarung der Bundeswehr wurde - trotz Versprechens

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- nicht gekündigt. Friedensbildung hat bis jetzt keine eigene Förderung erhalten – im neuen Bildungsplan erfährt sie keine konkreten Umsetzungsvorschläge. Wirtschaft: Das Thema Rüstungskonversion steht nicht auf der Tagesordnung der Landesregierung. Es wurde kein Runder Tisch zur Konversion eingerichtet. Eine Übersicht über Rüstungsfirmen in Baden-Württemberg ist offiziell nicht vorhanden (Kataster). Bei der anschließenden Plenumspräsentation bezog Minister Peter Friedrich Stellung zu zwei Schwerpunkten der Arbeitsgruppe: 1. Kündigung Kooperation Bundeswehr und Schule und Friedensbildung: Friedrich machte die klare Aussage, dass die Kooperationsvereinbarung nicht gekündigt werde, da die Bundeswehr als Institution das Recht haben müsse, an Schulen ihren Auftrag darzustellen. Zur Förderung der Friedensbildung sagte er nur, dass Friedensbildung in den Schul-Curricula festgeschrieben sei. 2. Rüstungskonversion in BadenWürttemberg: Friedrich schob das Problem der Rüstungsexporte in die Verantwortung des Bundes und machte keine Aussage dazu, ob und wie das Land Einfluss nehmen will. Auf die Forderung nach einem Runden Tisch zur Rüstungskonversion ging er nicht ein. Der Arbeitskreis bestimmte für den weiteren Dialogprozess zwei Delegierte: Henning Zierock, Kultur des Friedens, Tübingen und Jürgen Menzel ›act for transformation‹, Aalen. Sie haben nun die Möglichkeit, das Thema im »Rat für Entwicklungszusammenarbeit« weiterzutragen. Die Teilnehmenden haben darum gebeten, dass die friedenspolitischen Akteure im Land in den Dialogprozess einbezogen und informiert werden – unter anderen wurden der Runde Tisch zur Friedensbildung und der Arbeitskreis zur Rüstungskonversion der Kirchen als wichtige Ansprechpartner genannt.

Die Berichte über steigende Rüstungsexporte aus Deutschland, insbesondere auch von Kleinwaffen aus BadenWürttemberg, und die wachsenden Werbekampagnen der Bundeswehr an Schulen fordern zum Handeln auf. Die Landesregierung ist aufgefordert, deutlich Stellung zu beziehen und die Alternativen der Rüstungskonversion und Friedensbildung umzusetzen. Die Pressemitteilung zur Landeskonferenz vom 14. April finden Sie auf der Website der Evangelischen Akademie.

Impressum SYM – Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll 11. Jahrgang 2014, Heft 2/2014 ISSN: 1613-3714 Herausgeber: Evangelische Akademie Bad Boll (Dr. Jörg Hübner) Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Martina Waiblinger Redaktion:  Martina Waiblinger Fotonachweis: Giacinto Carlucci: S. 2; FES Israel: S. 9; Fotolia, anastasios71: S. 18; Thomas Häußler: S. 13; Katrin Heger: S. 8, S. 14 (2); picture alliance/dpa, Juan Herrero: S. 11; picture alliance/AP Images, Peter Dejong: S. 6; picture alliance/AP Photo, Hatem Moussa: S. 10; Tobias Pietsch: S. 16; privat: S. 12, 14 (1), S. 22 (2); REUTERS/ Mahmoud Hebbo: S. 25; Peter Stolp: S. 3; Martina Waiblinger: S. 6 (1), 20, 21, S. 22; Peter Zizka – aus Arbeiten für das Kunstprojekt Symbiosis in Burundi: S. 7 SYM erscheint vierteljährlich. Anschrift des Herausgebers: Evangelische Akademie Bad Boll Akademieweg 11, 73087 Bad Boll Tel. (07164) 79-0 E-Mail: info@ev-akademie-boll.de Redaktion: martina.waiblinger@ ev-akademie-boll.de Tel. (07164) 79-302 www.ev-akademie-boll.de Das Papier wurde chlorfrei und säurefrei gebleicht. Druckerei: Mediendesign Späth GmbH, 73102 Birenbach Layout: Werbeatelier Waiblinger 72070 Tübingen

Sym 2/2014


meditation

Frieden ist mehr als das Gegenteil von Krieg Von Simone Helmschrott und Joachim Schilling »Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.« (Joh 14, 27). Henri Nouwen schreibt dazu: »Wenn wir Frieden erreichen wollen, müssen wir zuerst die Wohnungen der Friedenshasser verlassen und das Haus dessen betreten, der uns seinen Frieden anbietet. Darum geht es beim Gebet.« Gebet und Frieden stehen also nah beieinander. »Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt«. Ein Friede, der nicht von dieser Welt ist, von dem Jesus also spricht. Dem wir auf der Spur sein können – zum Beispiel im Gebet, mit Psalmen, mit Musik. Der aber auch mehr kann, als wir begreifen. Die Theologin Christina Brudereck formuliert es so: Dieser Friede ist ein Einspruch. Ein »Einhaltgebieten für diese Welt«. Wenn in Bethlehem Bomben fallen, scheint das Wort der Engel vom Friede absurd zu sein, und Jesu Frieden, den er geben will, nicht zu gelten. Friede ist aber mehr. Mehr als das Gegenteil von Krieg. Friede ist ein Stoppschild. Das Wort vom Frieden zeigt uns, wie die Welt sein könnte. Und wonach wir streben sollten. Es setzt der Realität dieser Welt ein Widerwort entgegen. Und motiviert also zum Handeln. Renke Brahms, Friedensbeauftragter des Rates der EKD, schreibt 2012: »Christinnen und Christen leben aus dem Frieden Gottes und in der Verheißung des Reiches Gottes. Den wahren Frieden herstellen, können Menschen nicht, das bleibt Gottes Aufgabe. Aber die Vision vom Reich Gottes, in dem Frieden und Gerechtigkeit herrschen, gibt die Richtung an dafür, woran Christinnen und Christen sich in ihrem Handeln in der Welt auszurichten haben. Jesus Christus selbst ist einen gewaltfreien Weg gegangen. In seiner Nachfolge zu leben, heißt also zunächst, gewaltfrei zu leben und zu handeln.«

Sym 1/2014

Der Friede Christi sei vor unseren Augen ein lockendes Ziel, in unseren Herzen eine treibende Kraft, unter unseren Füßen ein tragender Grund. Er verbinde uns sichtbar und spürbar heute und für alle Zeit. Und so segne uns der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.

Brahms macht hier eine ganz wichtige Unterscheidung. Nicht wir Menschen stellen Frieden her – das bleibt Gottes Aufgabe. Wir haben aber ein Ziel vor Augen: »Die Vision vom Reich Gottes, in dem Frieden und Gerechtigkeit herrschen.« Wie die Welt sein könnte – die Vision vom Reich Gottes. Das Widerwort. Das Stoppschild.

Reich Gottes – das geschieht zunächst überall. Wo Menschen heil werden, Gottes Geist erfahrbar wird, er in dieser Welt wirkt, da ist schon Reich Gottes. Aber: Wir beten es immer wieder im Vater Unser: Dein Reich komme. Vollenden können wir es nicht – das bleibt Gottes Aufgabe. Aber wir können in seiner Nachfolge leben, und beten, und handeln. Aus dieser Kraft und diesem Friede heraus. Und unseren Teil tun. Das wünsche ich uns und Ihnen. Simone Helmschrott ist Studienleiterin in der Evangelischen Akademie Bad Boll, Joachim Schilling ist Beauftragter für Friedensarbeit in der Evangelischen Landeskirche Württemberg. Simone Helmschrott hat die Tagung »Kirche und Rüstung« vom 8.-9. Mai geleitet, Pfr. Joachim Schilling hat bei der Tagung mitgewirkt.


inhalt

Abs. Evangelische Akademie Bad Boll, Akademieweg 11, 73087 Bad Boll – Postvertriebsstück 64670 – Entgelt bezahlt

Ferienwoche kreativ »Der Sonne entgegen« 3. bis 9. August 2014 in der Evangelischen Akademie Bad Boll Unter dem Motto »Der Sonne entgegen« werden 16 Workshops angeboten, aus denen sich die Teilnehmer einen aussuchen: Werden Sie beim Bildhauern, Geschichten erzählen, Trommeln, Tanzen, Fotografieren, Schreiben, Malen oder Schweißen eine Woche lang kreativ unter qualifiziert-künstlerischer Leitung, unternehmen Sie Wanderungen, entspannen Sie sich bei Spiel und Sport, bei Kultur und Musik, Lagerfeuer und Open-Air-Kino. Lassen Sie sich von der regionalen Bioküche verwöhnen und erleben Sie eine Woche der entspannten Begegnung von Familien, Einzelreisenden, Jugendlichen und Kindern. In gelassener Leichtigkeit werken Menschen aller Altersstufen, mit und ohne Behinderung. Herzlich willkommen! www.ev-akademie-boll.de/programm Fotos: Archiv der Evangelischen Akademie Bad Boll


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