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ISSN 1613-3714 64670 Einzelpreis € 3.-

SYM

Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll

Schwerpunktthema:

Sind wir enkeltauglich? Wie zukunftsfähig ist die Demokratie? Selbst denken. Anleitung zum Widerstand Schokolade ist süß – Kakaoanbau noch nicht Bodenrausch - Landgrabbing und die Folgen Tagungsvorschau Ändern ist leicht, bessern ist schwer! Die Reformation der Gesellschaft neu denken Nachhaltig erfolgreich Neue Chancen im Textilmarkt Rückblende Onlinedokumente Publikationen Service

Sind wir enkeltauglich? März

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2014


inhalt

aktuell …

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Christoph Bausch, von 1971-1988 Geschäftsführender Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll, ist gestorben Angelika Zahrnt erhält Bundesverdienstkreuz 1. Klasse Orgelmotor der Akademie versieht seinen Dienst jetzt am Reformierten Gymnasium in Szentendre, Ungarn

Was kommt ... Vorschau auf Tagungen in der Zeit vom 7. März bis 27. Juli 2014

Akademiegeschichte 3 Christoph Bausch: Aus seiner Abschiedsrede

Rückblende

Aus der Akademie

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Rezept

4 Publikationen 22

Rückblick auf vergangene Tagungen

Ausstellung

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Rezensionen Verlosung

6 Impressum 24

Ulrich Klieber: In Murnau – ein Tagebuch, Malerei

Meditation 25 Ulrich Klieber: „In Murnau“ Auszüge aus dem Tagebuch, Acryl / Leinwand, 6 Bilder je 60 x 105 cm, Ausschnitt

Schwerpunkt: Sind wir enkeltauglich? Kaleidoskop Ist die Demokratie zukunftsfähig? Von Gary S. Schaal Selbst denken. Anleitung zum Widerstand. Von Harald Welzer Schokolade ist süß – Kakaoanbau noch nicht Bodenrausch – Landgrabbing und seine Folgen Von Wilfried Bommert

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Titelbild Multiethnische Kindergruppe Foto: picture alliance / Design Pics / First Light, Fotograf: Ian Taylor

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editorial

Liebe Leserin, lieber Leser, Kofi Annan hat jüngst unter der Überschrift „Unser aller Versagen“ in einem Kommentar deutlich gemacht: „Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Er bedroht schon heute das Wohlergehen von Hunderten Millionen Menschen, und in Zukunft werden es weitere Milliarden Menschen sein. Seine Folgen untergraben das Menschenrecht auf Nahrung, Wasser, Gesundheit und Schutz – allesamt Dinge, für die wir unser ganzes Leben lang gekämpft haben.“ Jedes Jahr, so führt er weiter aus, bringt uns dem kritischen Punkt näher, ab dem die Klimaveränderung nicht mehr umkehrbar sein könnte. Er schließt mit den Aufruf: „Künftige Generationen sollen nicht von uns sagen können, wir hätten sie im Stich gelassen. [...] Wenn es jemals ein Ziel gab, das alle Menschen, egal ob jung, alt, reich oder arm, vereinen sollte, dann ist es die Rettung des Weltklimas.“ Diese uns vereinende und zusammenführende Herausforderung prägt den Dienst der Evangelischen Akademie Bad Boll sehr erheblich. Die Ausgabe des „SYM“, die Sie zur Hand genommen haben, führt Ihnen dies vor Augen. Es findet sich in ihr zum Beispiel der Auszug aus einem Vortrag des bekannten Sozialpsychologen Harald Welzer mit der Überschrift „Selbst denken. Anleitung zum Widerstand.“ Während der Tagung „Gut, besser, zukunftsfähig“ warb er in seinem Vortrag für eine „reduktive Moderne“, in der nicht mehr Wachstum, sondern eine praktische Gemeinwohlökonomie im Zentrum steht. Hinweise zur Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, der „grünen Bibel des 21. Jahrhunderts“ sowie zu einem Gespräch zwischen Bundesminister a. D. Erhard Eppler und Welzer ergänzen diesen Beitrag. Landgrabbing und seine Folgen für Natur und Mensch sind Thema eines weiteren Beitrages im Diskurs um einen zukunftsfähigen Lebenswandel. Zukunftsfähig und verbindend wird eine Gesellschaft erst dann, wenn sich an ihrer Gestaltung möglichst viele Menschen beteiligen. Demokratie und Nachhaltigkeit sind zwei Seiten einer Medaille. Auf die Gefährdungen der demokratischen Gesellschaft macht der Gastbeitrag von Gary S. Schaal aufmerksam. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre des neuen Magazins „SYM“ und hoffen sehr, dass Sie mit uns zusammen an einer zukunftsfähigen Gesellschaft bauen wollen. In diesem Sinne laden wir Sie herzlich zu unseren Tagungen ein!

Herzliche Grüße,

Prof. Dr. Jörg Hübner Geschäftsführender Akademiedirektor

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aktuell Christoph Bausch, von 1971 bis 1988 Geschäftsführender Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll, ist gestorben

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer überreichte ihr die Auszeichnung am 24. Januar 2014 in der Evangelischen Akademie in Bad Boll.

Bad Boll. Christoph Bausch ist tot. Der Geschäftsführende Direktor i. R. der Evangelischen Akademie Bad Boll starb am 5. Dezember 2013 im Alter von 87 Jahren. Der Stuttgarter Theologe und Pfarrer leitete von 1961 an die Jugendabteilung der Akademie, ab 1965 die Industrieabteilung der Akademie und die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Industriefragen. Von 1971 bis 1988 stand Christoph Bausch der Akademie als Geschäftsführender Christoph Bausch leitete 17 Jahre lang Direktor vor. Der Vater die Evangelische Akademie Bad Boll. von drei Kindern war zugleich von 1975 bis 1988 Vorsitzender des Leiterkreises der Evangelischen Akademien in Deutschland.

Professor Angelika Zahrnt habe in verschiedensten Ämtern und Funktionen dem Prinzip der Nachhaltigkeit in Deutschland den Weg bereitet, so Ministerin Bauer in ihrer Laudatio: „Mit ihrer Integrität und ihrer Überzeugungskraft hat Angelika Zahrnt viele Menschen dazu gebracht, nachzudenken und ihre persönliche Verantwortung für die Schöpfung und ihre Mitmenschen zu erkennen.“

Mit klaren theologischen Standpunkten leitete Bausch als direkter Nachfolger des Gründungsdirektors Eberhard Müller die Akademie in gesellschaftlich unruhigen Zeiten und machte sie zu einem „Dritten Ort“, an dem Vertreter unterschiedlicher Positionen aufeinander treffen und miteinander ins Gespräch kommen. „Für die Studienleitenden und Mitarbeitenden war er der starke Fels in der Brandung, für die Landeskirche ein verlässlicher Partner“, sagte der Geschäftsführende Akademiedirektor, Prof. Dr. Jörg Hübner: „Bauschs ethische Reflexionen im Rahmen von Akademie-Tagungen waren immer wieder Höhepunkte seines Wirkens als Theologe und Leiter.“

Am 18. Oktober 2013 wurde im Reformierten Gymnasium in Szentendre feierlich eine neue Orgel eingeweiht. Die Evangelische Akademie Bad Boll hatte den Motor dazu gespendet. Für das Instrument selbst sparte die Kirchengemeinde, der das Gymnasium gehört, noch 240 000 € zusammen. 2009 hatte sich die Akademie von ihrer Orgel getrennt, weil eine Reparatur zu teuer gewesen wäre. Studienleiter Thilo Fitzner, der die Reformierte Schule durch gemeinsame Aktivitäten des europäischen Schulnetzwerks kennt, war bei der Einweihung der Orgel zugegen. Das Ereignis war für die Schule fast ebenso bedeutsam wie die Gründung der Reformierten Schule überhaupt. Nach der Wende musste der Staat enteignete Schulen zurückgeben und die Schulentwicklung wurde mit großem Engagement betrieben. Die Orgel bildete jetzt den krönenden Abschluss. Der Musiksaal wird auch von der Gemeinde für Konzerte verwendet.

siehe auch S. 3 und S. 24

Angelika Zahrnt erhält Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Zahrnt studierte Volkswirtschaftslehre und war nach ihrer Promotion in verschiedenen Funktionen in Wirtschaft und Verwaltung tätig. Von 1998 bis 2007 war sie Vorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND); seit 2008 ist sie dessen Ehrenvorsitzende. 2006 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2009 den Umweltpreis der Bundesstiftung Umwelt sowie vom Land Baden-Württemberg den Ehrentitel „Professorin“. siehe auch Hinweis auf Onlinedokumente, S. 23

Orgelmotor der Akademie versieht seinen Dienst jetzt am Reformierten Gymnasium in Szentendre, Ungarn

Bad Boll. Für ihr langjähriges außerordentliches Engagement im Natur- und Umweltschutz hat Professor Angelika Zahrnt von Bundespräsident Joachim Gauck das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen bekommen. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (r.) überreicht Angelika Zahrnt das Bundesverdienstkreuz in der Evangelischen Akademie Bad Boll im Rahmen der Tagung „Gut – besser - zukunftsfähig“.

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Zur Einweihung der Orgel kamen wichtige Persönlichkeiten aus Kirche und Staat – auch der Kultusminister Zolán Balog. Sym 1/2014


akademiegeschichte Aus der Abschiedsrede von Christoph Bausch Am 21. April 1988 war Stabwechsel. Christoph Bausch wurde nach 27 Jahren Akademiearbeit und knapp 17 Jahren als Geschäftsführender Direktor verabschiedet, Manfred Fischer eingeführt. In seiner Abschiedsrede wandte sich Christoph Bausch mit je drei Wünschen an die Mitarbeitenden, die Tagungsgäste und die Kirchenleitung. Einiges wollen wir daraus zitieren. Daneben kommen auch Dorothee Kraus-Pause und Jobst Kraus mit ein paar erinnernden Sätzen zu Wort. Christoph Bausch war „dankbar, zu einem Zeitpunkt von Bord gehen zu können, da das Schiff der Akademie auf einem guten Kurs läuft.“ Zuerst wandte er sich an seine Kollegen: „Bewahrt Euch die Sensibilität für das, was die Kolleginnen und Kollegen im Haus bewegt, für das, was sie brauchen. Ich wünsche Euch Geduld und Augenmaß und ein allzeit offenes Ohr.“ An die Kirchenleitung: „Dass unser neuer Bischof seine erste Amtshandlung in der Öffentlichkeit hier vornimmt, hat für mich Symbolcharakter. In einem Interview hat er zum Ausdruck gebracht, … dass er das lebendige Gespräch mit lebendigen Menschen suchen möchte. In der Akademie ist reichlich Gelegenheit, Dorothee Kraus-Prause (D) und Jobst Kraus (J), ehemalige Studienleitende, erinnern sich Prediger: D: Christoph ist ein toller Prediger gewesen. Sowohl vom Inhalt her, aber auch in seiner Haltung. Man kam immer heraus und dachte, ja, da muss ich noch länger drüber nachdenken. J: Es war ihm wichtig, dass die, die im Schatten stehen, darin vorkommen. Das Dorf Bad Boll: J: Die Verbindung zum Dorf war extrem wichtig für Christoph. Es war ihm ein großes Anliegen, dass die Akademie nicht so abhebt. Die Akademie hat damals auch regelmäßig Dorffeste ausgerichtet. Dialogfähigkeit D: Ich habe bei Christoph die Dialogfähigkeit gelernt und, dass alle – über alle Hierarchien hinweg – sprachfähig werden

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dieses Gespräch zu pflegen, nicht nur mit Oberkirchenräten …, sondern mit Betriebsräten, Managern, Naturwissenschaftlern, Arbeitslosen und vielen anderen Gruppen.

fahren müssen, bis sie sich gänzlich aus dem Auge verlieren. Helfen Sie, diese Fragen anzusprechen. Fachwissen und Existenzwissen müssen wieder zusammenkommen.

… Geben Sie einen Vorschuss an Vertrauen. Ohne dieses Vertrauen ist Akademiearbeit nicht möglich. Die Akademie hat ihre Funktion an der Nahtstelle zwischen Kirche und Welt. Gestatten Sie ihr, das Gespräch mit allen Gruppen ohne Berührungsängste zu führen, auch mit denen, die im Schatten sind und mit denen, die man kaum oder nicht sieht. Daraus werden sich gelegentlich Beschwernisse ergeben. Aber eine Akademie, soll sie Akademie bleiben, muss sich gelegentlich exponieren. …“

Denken Sie an die Frage der Sonntagsarbeit. Wird die Ethik darüber auf der Strecke bleiben? Gestatten Sie, dass die Akademie solche Fragen immer wieder ins Gespräch bringt, und bitte verzichten Sie darauf, Ihren Standpunkt zu verabsolutieren. Wir sind ja heute in der Gefahr, nur noch mit denen zur reden, die unsere Gesinnungsgenossen sind. Aber Jesus hat seine Jünger gelehrt, Andersdenkende in Obhut zu nehmen. Eine demokratische Gesellschaft lebt von der Pluralität von Meinungen. Wir brauchen das interdisziplinäre Gespräch. Und sorgen Sie dafür, dass die Geisteswissenschaften wieder etwas gelten in diesem Land.

An die Tagungsteilnehmer: „Immer mehr Menschen haben immer mehr Fachwissen, und immer weniger Menschen haben Kenntnisse im Blick auf ihre eigene Existenz, im Blick auf das Woher und Wozu menschlichen Daseins. Das Problem hinter allen Problemen ist der allgemeine Orientierungsverlust. Neulich wurde in einem Vortrag die Frage gestellt, ob die Entwicklungszüge von Wissenschaft einerseits und Ethik andererseits weiterhin auf verschiedenen Gleisen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit

… Woher gewinnt eine Akademie die Maßstäbe für ihr Programm? Christen müssen die Dinge von unten her sehen, vom Schicksal derer, die im Schatten sind. Die Sicht von unten ist die Sicht Jesu, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Helfen Sie, dass solche Gruppen immer wieder mit zum Zuge kommen.“ siehe auch S. 2 und S. 24

müssen, auch die Auszubildenden. Diese Gesprächskultur war ihm wichtig. Es wäre nie möglich gewesen, einen Arbeitgebervertreter einzuladen ohne einen Arbeitnehmervertreter dabei zu haben. Das hat sich verloren. Neue Themen J: Es gab kein „anything goes" bei ihm. Die feministische und lesbische Theologie - das waren ja Themen, die für ihn nicht leicht waren, aber er hat sie zugelassen. Auch Marlies Cremer mit ihrer Gruppendynamik aus den USA: Letztlich hat er die Ideen, die sie mitbrachte, befördert. Persönlichkeit J: Christoph hatte etwas Antischwärmerisches. D: Man musste sich seine Sympathie schon erarbeiten. Man wusste immer genau, woran man bei ihm war. Anekdote D: Im Stuttgarter Büro waren wir damals elf Mitarbeitende. Sie wollten mich als

Gruppenvorsitzende. Christoph war nicht so dafür. Dennoch wurde ich gewählt. Zu Weihnachten hat er mir eine Karte mit einem schwarzen Jesuskind geschenkt und dazugeschrieben: „She is a girl and she is black.“ Ich habe große Unterstützung und Wertschätzung erfahren.

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rückblende

Männer – souverän im Stress? Von Dana Hoffmann Männer werden nicht alt, sondern interessant. Das ist nicht nur eine gewagte These, sondern auch ein ziemlich ausgelutschtes Klischee. Die Teilnehmer der Fachtagung „Männer – souverän im Stress?“ in der Evangelischen Akademie Bad Boll (29. bis 30. Januar) können trotzdem drüber lachen. Hier, wo auf zwanzig Männer eine Frau kommt, darf man das. Dabei sind die Themen der Vorträge weder zotig noch platt: Es geht um Paarbeziehungen, Sexualität und Stress, Alter, Status und Konkurrenz. Frauen werden älter als Männer. Das ist ebenfalls ein Klischee, wenn auch ein bewiesenes. Niemand lacht mehr. Und reiche Männer werden älter als arme. Stille. Mehr als zehn Jahre liegen statistisch zwischen jenen, die sozio-ökonomisch besser gestellt sind und denen, die nicht so gut dastehen. Anne Starker sagt das ohne Pathos in der Stimme, weist nur auf die Grafik, die der Beamer an die Wand strahlt. Sie koordiniert am Berliner RobertKoch-Institut (RKI) den „Männergesundheitsbericht“, der noch dieses Jahr erscheinen soll. „Eigentlich ist der Titel falsch“, sagt sie. „Es ist ja eher ein Krankheitsbericht.“ Dass Männer im Schnitt weniger auf ihre Gesundheit und eine gesunde Ernährung achteten als Frauen, sei ja lange bekannt. „Welchen Einfluss aber auch die sozio-ökonomischen Umstände auf die Sterblichkeit haben können, ist noch weitestgehend unerforscht.“

Der Bericht des RKI wertet amtliche Statistiken wie Sterberegister aus und verarbeitet Daten, die in anderen RKIGesundheitsstudien erhoben wurden. Die Zahlen liegen auf dem Tisch: Die häufigste Todesursache bei Männern bis Mitte 20 sind Unfälle. Ein Grund dafür könnte sein, dass Männer eher zu risikoreichem Verhalten und Imponiergehabe neigen. Wieder ein Klischee, aber ohne Erklärung. „Wir wissen nicht, wieso das so ist“, sagt Starker. „Es gibt keine theoretischen Grundlagen.“ Bertram Szagun, Professor für Gesundheit an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, hat einen möglichen Erklärungsansatz für die Leiden des Mannes: Er ist gestresst. „Männer reagieren auf soziale Umstände empfindlicher als Frauen“, sagt er. „Die Herabsetzungsreize durch Konkurrenten sind die schlimmsten.“ Bei derartigem sogenanntem passivem Stress wird im Gehirn die HPA-Achse aktiviert, an deren Ende das Hormon Cortisol ausgeschüttet wird. Je länger der Stress anhält, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er krank macht. „Stress ist eine Anpassungsleistung an eine neue Situation. Wenn das zum Dauerzustand wird, führt das zum Verschleiß“, sagt Szagun. Wenn die sogenannte allostatische Last, also die Dauer und Schwere der Anpassung, zu groß wird, drohen psychische Störungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Stoffwechsel-Erkrankungen – das sind laut dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger die Hauptgründe für die Früh-Verrentung von Männern. In einer Studie haben Szagun und seine Mitarbeiter herausgefunden, dass Unzufriedenheit mit dem eigenen Lebensstatus ein starker Prädiktor für männliche Sterblichkeit ist. „Das ist am ehesten durch Stressreaktionen aufgrund von Statusängsten zu erklären“, sagt Szagun. „Der Mann muss sich ständig von der letzten Veränderung erholen, das ist permanentes Change-Management.“

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Nach Angaben des statistischen Bundesamtes ist die Zahl der stationären Behandlungen von Depressionen bei Männern zwischen 2000 und 2010 um 250 Prozent gestiegen. Bei den Frauen waren es 156 Prozent. Insgesamt sind aber immer noch deutlich weniger Männer per Befund depressiv: Nur knapp ein Drittel aller Betroffenen sind Männer. Die Selbstmordrate ist aber im Schnitt dreimal so hoch wie bei den Frauen. Anne Starker erklärt das mit unzureichenden Erhebungsinstrumenten: „Die Fragebögen, die zur Ermittlung von Depressionen eingesetzt werden, sind sehr weiblich in ihren Fragestellungen.“ Niedergeschlagenheit, Passivität, Lustlosigkeit seien klassische Indikatoren, bei Männern äußerten sich Depressionen mitunter aber ganz anders, durch Aggressionen, Drogen- oder Alkoholkonsum. Ab einem Alter von etwa 65 Jahren steigt die Selbstmord-Kurve erneut an und erreicht ihren Höhepunkt bei Männern zwischen 85 und 90 Jahren. „Suizidgefährdet sind Männer, die nicht mehr dazugehören“, sagt der Reutlinger Professor für Soziale Gerontologie und Sozialmanagement Eckart Hammer. Der Berufsaustritt sei für Männer ein kritisches Lebensereignis. „Nach einem schmalspurigen Leben muss man herausfinden, was man kann und was man will, das fällt vielen schwer.“ Frauen alterten im Gegensatz zu Männern in Stufen: „Der Renteneintritt ist da nur eine Zäsur von vielen. Frauen scheiden nach der Geburt eines Kindes zum ersten Mal aus dem Beruf aus, kommen dann vielleicht zurück, arbeiten halbtags.“ Frauen seien zudem in der Regel besser vernetzt und sähen die Arbeit nicht als Lebensinhalt an. „Bei Männern gibt es keine soziale Kontinuität, sie pflegen funktionale Beziehungen. Nach dem Berufsausstieg ist oft nichts mehr da.“ Dana Hoffmann ist Redakteurin Wissenschaft bei der Südwestpresse Ulm

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kunst in der akademie

Ulrich Klieber: In Murnau – ein Tagebuch. Malerei Vernissage am 18. Mai 2014 Ulrich Klieber liefert kein Blendwerk, sondern Authentisches. Autobiographisches, in dem wir uns wiederspiegeln, entfalten und erkennen können. Auch wenn er vehement und ungestüm ist, bleibt er genau, denn er BERICHTET VON DER VERFLÜCHTIGUNG DER WELT. Und das ist bei ihm etwas Emotionales, Atmosphärisches, Erzählendes, Kalligraphisches. Alles muss schnell und gleichzeitig geschehen, das ist ein Symptom unserer Gegenwart. Selbst die Astronauten behaupten, die Milchstraße sei ständig mit Lärm erfüllt. Alles schmilzt zusammen, verglüht, verflüchtigt sich. „Und unter den Füßen liegen die Vergangenheiten in durchsichtigen Abgründen gelagert wie Gefangene“, sagte einmal Hugo von Hofmannsthal in einem Vortrag. Was fehlt, sind Transit-Minuten. Verzögerungen. Verlangsamungen.

ZEITSPEICHER, in denen die Nahsicht erlernt wurde. Die Bilder von Ulrich Klieber sind Weltlandschaften. Erosionsprozesse. Abläufe. Kaum war er in Stuttgart, ist er in London, Halle, Vietnam, Japan und China. Und gleichzeitig immer wieder in Adelberg und Murnau. Malerei wird bei ihm zu einem weit verzweigten Selbstversuch, bei dem sich die realen Geographien mit den visionären verdichten. Und das alles ineinander geschoben wie ozeanische Ablagerungen, Erdplattenbewegungen, Arktisches Eis. Aus dem einstigen Späher, der einmal in Selk eine Stipendiatenzeitlang regungslos durch das geschlossene Atelierfenster die vor ihm liegende Landschaft beobachtete, ist ein kosmischer Wellenreiter geworden!

Ulrich Klieber 1953 geboren in Göppingen 1973-1978 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart 1974-1977 Studium der Kunstgeschichte, Universität Stuttgart 1978-79 Studium am Royal College of Art in London (Malerei) bei John Golding und Paul Huxley 1995-1996 Lehrauftrag, seit 1996 Professur an der Burg Giebichenstein, Hochschule für Kunst und Design, Halle 2000 Gastprofessur an der University of Industrial Design Hanoi Seit 2001 Prorektor, 2003–2011 Rektor an der Burg Giebichenstein Seit 1979 Gruppen- und Einzelausstellungen im In- und Ausland, Ankäufe öffentlicher und privater Sammlungen Kunst am Bau an vielen öffentlichen Gebäuden

In Murnau - zu Ingeborg Bachmann, Acryl / Leinwand, 60 x 105 cm

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Walter Aue, freier Schriftsteller und Kunsttheoretiker, Berlin

Vernissage, Sonntag, 18. Mai 2014, 11 Uhr Café Heuss, Leitung: Susanne Wolf Information und Anmeldung zum Mittagessen: Andrea Titzmann, Tel. 07164 79-307 andrea.titzmann@ev-akademie-boll.de Dauer der Ausstellung: 18. Mai bis Ende Juli 2014 Laufende Ausstellung bis 27. April: WunderKummer - Zeichnungen und Malerei von Käthe Schönle

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kaleidoskop Bhutan – Glück als oberstes Staatsziel Jigme Singye Wangchuk war der vierte König der Dynastie, Spitzname K 4. Er war es, der 1986 in einem Interview gefragt wurde, wie hoch das Bruttoinlandsprodukt Bhutans sei. 50 US-Dollar pro Kopf, der König kannte die Zahl, es war die niedrigste weltweit. Er antwortete: „Das Bruttoinlandsprodukt interessiert mich nicht. Mich interessiert das Bruttoinlandsglück.“ Was nach einer einfachen Ausrede klang, steht heute in Artikel 9, Absatz 2 der nationalen Verfassung: „Der Staat bemüht sich, jene Bedingungen zu fördern, die das Streben nach Bruttoinlandsglück ermöglichen.“ Glück als oberstes Staatsziel? Die Welt hat das jahrelang belächelt. Für die Zufriedenheit einer Nation schien vor allen Dingen das Wirtschaftswachstum von Bedeutung. Mehr Wohlstand, mehr Zufriedenheit – eine einfache Gleichung. Dann begann die Finanzkrise, und auf einmal ist dieses Konzept in Verruf geraten. Quelle: Aus einem Beitrag von Amrai Coenin in http://www.enarro.de/bhutan-glueck

Bertelsmann-Studie: die Welt ist weniger demokratisch geworden In vielen Schwellenländern hat die Wirtschaft zweistellige Wachstumsraten, aber bei den Messwerten für die Demokratie zeigt der Index nach unten: In den vergangenen acht Jahren haben mehr Staaten Bürgerrechte abals aufgebaut. Der große Unterschied zwischen Arm und Reich, die soziale Ausgrenzung und andere politische Missstände werden in den nächsten Jahren in vielen Teilen der Welt zu Protesten führen. Das sind die Ergebnisse einer Bertelsmann-Studie über die Entwicklung in 129 Ländern, die am 22. Januar 2014 vorgestellt wurde. Grundlage für den sogenannten Transformationsindex der Bertelsmann-Stiftung (BTI) sind Daten von Januar 2011 bis Januar 2013. Untersucht wurden neben Entwicklungs- und Schwellenländern auch Staaten in Ost- und Mitteleuropa. Die Stiftung kommt zum Schluss, dass es in den vergangenen Jahren selbst in zahlreichen Demokratien Rückschritte gab.

weggeworfene Tüten gefährdet. Ein Plastiktütenverbot ist aus EU-rechtlichen Gründen nicht umsetzbar. Daher ist eine Abgabe auf Plastiktüten die wirksamste Maßnahme, um deren Verbrauch zu verringern. Kostenlos verteilte Plastiktüten müssen der Vergangenheit angehören. In Irland verringerte die Einführung einer Abgabe von 22 Cent den jährlichen Plastiktütenverbrauch von 328 auf 16 Stück pro Kopf. Die Deutsche Umwelthilfe fordert zur Unterschrift auf: https://ssl.duh.de/4414.html. Mehr Zahlen und Fakten gibt es hier: http://www.duh.de/3711.html

Zum Beispiel Transition Town Freiburg Auf der Website der Transition-Town Freiburg erklärt Horst Köhler in einem kleinen Video, was diese Bewegung ausmacht: „Ich finde es ist eine wunderbare Verbindung von bürgerschaftlichem Engagement und weltweiter Vernetzung. Menschen finden Gemeinschaft und begeistern sich für die Idee, ein lebenswerteres, zukunftsfähigeres Modell für ihre Stadt zu finden.“ Die Seite bietet praktische Tipps zu Themen wie „Guerilla und Urbanes Gärtnern“, „Gerechtes Wirtschaften“, „Herz & Seele – der Wandel kommt von innen“, aber auch Veranstaltungshinweise und vieles andere. Im Rahmen der Transition-Town-Bewegung gestalten seit 2006 Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen in vielen Städten und Gemeinden der Welt den geplanten Übergang in eine postfossile, relokalisierte Wirtschaft. Initiiert wurde die Bewegung u. a. von dem britischen Dozenten und Umweltaktivisten Rob Hopkins und Studenten des Kinsale Further Education College in Irland. Es gibt in Deutschland ungefähr 100 Initiativen und neun Städte, die inzwischen offiziellen Status erlangt haben, darunter Freiburg, Bielefeld, Regensburg. www.ttfreiburg.de; www.transitionnetwork.org

Quellen: SZ und ZEIT vom 22.1.2014

Tütenverbrauch weltweit – Deutsche Umwelthilfe fordert Einführung von Abgabe 10.000 Plastiktüten gehen in Deutschland pro Minute über die Ladentheke. Das macht 5,3 Milliarden Stück pro Jahr! Durch die Produktion von Einweg-Plastiktüten werden jährlich mehr als 100.000 Tonnen Kunststoff vergeudet, mehr als 160.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid ausgestoßen sowie Vögel und Meereslebewesen durch

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sind wir enkelfähig?

Wie zukunftsfähig ist die Demokratie? Bei der Tagung „Ändern ist leicht, bessern ist schwer – die Reformation der Gesellschaft neu denken“ von 7.-9. März werden Prof. Gary S. Schaal und Prof. Dr. Dr. h.c. Otfried Höffe in Bad Boll über die Zukunftsfähigkeit unserer Demokratie referieren. Prof. Gary S. Schaal hat uns bereits vorab einen Beitrag zum Thema geschrieben. Von Prof. Dr. Gary S. Schaal Die Demokratie war in der Moderne außerordentlich erfolgreich. In mehreren Wellen sind im Laufe des 20. Jahrhunderts zunehmend mehr Staaten Demokratien geworden. Ihr Erfolg basiert dabei einerseits auf ihrer institutionellen Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche gesellschaftliche und ökonomische Kontexte. Andererseits besitzt Demokratie den Charakter eines Perpetuum Mobile, da sie die Energie und Kraft, die sie für ihre eigene Entwicklung benötigt, gleichsam aus sich selbst heraus generieren kann. Beide bisherigen Garanten des Erfolges stehen in den letzten Jahren jedoch unter Vorbehalt. Zum einen stagniert die Zahl der Demokratien in globaler Perspektive und ein neuer Regimetypus, das hybride System (Wolfgang Merkel), ist auf der weltpolitischen Bühne aufgetaucht, um dort zu verweilen. Hybride Systeme sind keine autoritären Staaten mehr, aber auch (noch) keine Demokratien. Und Sym 1/2014

allen Erwartungen zum Trotz sind diese Regime stabil. Legt man die aktuellen Daten von Freedom House (www.freedomhouse.org) zu Grunde, so waren im Jahr 2012 nur 61 Prozent aller Staaten auf der Welt „electoral Democracies“ und es ist unwahrscheinlich, dass sich ihre Zahl in den nächsten Jahrzehnten, ähnlich der Entwicklung nach 1990, noch einmal signifikant vergrößert. Demokratie in ihrer gegenwärtigen Ausprägung ist immer weniger in der Lage, neue Herausforderungen zu bewältigen. Der demokratische Dreiklang Aus europäischer Sicht wird das historische Projekt der Demokratie häufig mit einem historischen Dreiklang gleichgesetzt: Demokratie, Rechtsstaat und sozialstaatlich eingehegte Marktwirtschaft. Dieser Dreiklang charakterisiert jedoch einen europäischen Sonderweg, der seine Anziehungskraft für neue Demokratien eingebüßt hat. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass er auch in Europa sukzessive schlechter

zu realisieren sein wird. Denn es existieren etliche Prozesse, die die Demokratie in den nächsten 20-30 Jahren an die normativen und funktionalen Grenzen ihrer Transformationsfähigkeit bringen werden. Diese müssen beachtet werden, wenn die Zukunft der Demokratie in den Blick kommt. Demokratie als Generator von Problemen In der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit dominiert die Einschätzung, dass Probleme durch die Intensivierung der Demokratie gelöst werden können. Dabei geht jedoch häufig verloren, dass Demokratie nicht nur problemlösend ist, sondern selbst Probleme generiert oder zumindest zur Lösung langfristiger politischer Fragen systematisch nur wenig beitragen kann. Dazu zählen etwa das Rentenproblem und in globaler Perspektive – der Klimawandel. Denn letztere werden in der Gegenwart vernachlässigt und deren Kosten werden in die Zukunft externalisiert. Die kausalen Mechanismen hierfür sind die Zyklizität von Wahlen und das Wiederwahlinteresse der PolitikerInnen. Daher besitzen Probleme, deren Lösungen kostspielig und langfristig sind, sich aber nicht in einen Wahlerfolg bei der nächsten Wahl transformieren lassen, politisch nur geringe Priorität. Für

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sind wir enkelfähig?

die Wählerinnen und Wähler gilt: je weiter ein Nutzen in der Zukunft liegt, desto geringer ist sein subjektiver Wert in der Gegenwart. Daraus folgt, dass die politischen Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger die skizzierte Kurzfristigkeit der Politik in tragischer Weise unterstützen. Die Auflösung des Grundrechtsfundaments der Demokratie Demokratie und Rechtsstaat bilden eine Einheit insofern, als dass eine Demokratie ohne Rechtsstaat undenkbar ist, während ein Rechtsstaat ohne Demokratie nicht nur denkbar ist, sondern auch empirische Wirklichkeit war und ist. Der Rechtsstaat basiert normativ auf einem Kanon von Grund- und Menschenrechten. Vieles spricht jedoch dafür, dass im Zuge des computational turn, der Transformation unserer politischen und sozialen Wirklichkeit durch die digitale Revolution, die in den letzten Jahrzehnten stattfand, bestimmte Grundrechte faktisch nicht mehr zu garantieren sind, die jedoch für die Demokratie hohe Relevanz besitzen. In den letzten Monaten ist durch die NSA-Affäre deutlich geworden, dass Privatheit und der liberale und für Demokratien konstitutive Gedanke einer unverletzbaren und vor staatlichen Eingriffen geschützten Sphäre um jedes Individuum herum zutiefst fraglich geworden ist. Die These, wonach jede technische Innovation irgendwann zur Überwachung eingesetzt wird, hat sich in geradezu tragischer Weise als empirisch zutreffend erwiesen. Ähnliches steht für eine technische Innovation zu erwarten, die spätes-

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tens in diesem Jahr den Massenmarkt erobern wird: Datenbrillen (zum Beispiel Google Glas), die die kontinuierliche digitale Dokumentation des eigenen Lebens ermöglichen. In jenem Maße, in dem sie zunehmend häufiger genutzt werden, reduziert sich jedoch in uno acto die Privatheit jener, die sie aktiv boykottieren. Man stelle sich hierzu nur vor, was aus der Verwendung von automatischer Gesichtserkennungssoftware auf die milliardenfach vorliegenden Fotos und Videos resultiert. Niemand, der sich im öffentlichen Raum aufhält, wäre noch privat. Da zudem Bilder und Videos mit geotagging ausgestattet sind, werden Bewegungsprofile aller Bürger in Industriestaaten drohende Realität, die nur durch die Selbstbeschränkung Googles, keine automatische Gesichtserkennung auf Passanten vornehmen zu lassen, noch aufgehalten wird. Doch was passiert, wenn der Demokratie substanzielle Teile ihres grundrechtlichen Fundaments durch unumkehrbare technologische Innovationen verloren gehen? Symmetrien Die Demokratie hat im 20. Jahrhundert auch deshalb so breite Anerkennung gefunden, weil sie die Ausbildung einer breiten Mittelklasse durch Wirtschaftswachstum gefördert und durch die Implementation des Sozialstaats abgesichert hat. Beide Entwicklungen markieren die nur scheinbare Aufhebung des von Marx prominent beschriebenen Konflikts zwischen Arbeit und Kapital. Wie Streeck argumentiert, ist dieser Konflikt in den letzten Jahrzehnten durch unterschiedliche politische Strategien pazifiert, aber nicht gelöst worden. Meine These lautet, dass für die Stabilität und Akzeptanz von Demokratie dieser Konflikt zumindest ruhig gestellt werden muss und die Kosten hierfür nicht allein den Arbeitern oder dem Staat aufgebürdet werden dürfen. In den letzten Jahren wächst jedoch in globaler Perspektive, gemessen am Gini-Koeffizienten (das Maß an Ungleichverteilung der Einkommen in einem Land), nicht nur die

ökonomische Ungleichheit innerhalb von Demokratien (das inflationsbereinigte Einkommen aus Arbeit stagniert in den letzten 30 Jahren oder ist sogar rückläufig, während die Unternehmensgewinne massiv gestiegen sind), sondern auch die Asymmetrien zwischen staatlicher (politischer) und ökonomischer Macht. Diese politische Ohnmacht wird augenfällig, wenn beispielsweise Bundeskanzlerin Merkel davon spricht, dass die Demokratie marktkonform ausgestaltet sein muss bzw. die richtigen Signale an den Markt senden soll. Das Ungleichgewicht zwischen ökonomischer und politischer Macht ist von Colin Crouch in den Kern seiner These gestellt worden, wonach sich alle westlichen Demokratien auf dem Weg zur Postdemokratie befinden. Schuld hieran hat laut Crouch der hegemonial gewordene Neoliberalismus, der inzwischen die Sphäre der Ökonomie übersprungen und fast alle Bereiche des politischen und sozialen Lebens mit seinen Leitideen infiltriert hat. Diese Deutung ist empirisch noch nicht bestätigt worden und Kritiker sehen in ihr vor allem die Wiederkehr der politischen Ideologie. Unabhängig davon treffen jedoch die folgenden Aussagen auf jeden Fall die empirische Wirklichkeit: Die Ruhigstellung des Konflikts zwischen Arbeit und Kapital durch Sozialleistungen ist kapitalintensiv. Eine zentrale Voraussetzung eines umfassenden Sozialstaates ist das quantitative Wachstum der Wirtschaft. Die Grenzen des Wachstums werden jedoch bereits seit dem entsprechenden Bericht des Club of Rome intensiv diskutiert und erlangen durch den Prozess des Klimawandels eine neue Qualität. Der nicht mehr nur steuersondern schulden(co-)finanzierte Sozialstaat ist in den letzten Jahren an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gestoßen und „Schuldenbremsen“ auf nationaler wie EU-Ebene in Verbindung mit Austeritätspolitik machen einen Rückbau sozialstaatlicher Programme in allen europäischen Demokratien in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich. Sym 1/2014


sind wir enkelfähig? Die Konsequenzen, die aus der Gleichzeitigkeit der bald erreichten Grenzen des ökonomischen Wachstums und der Austeritätspolitik für die Demokratie und deren Akzeptanz resultieren, sind gravierend. Zwar steht außer Frage, dass in den westlichen Demokratien die Wertschätzung der Idee von Demokratie sehr hoch ist, zugleich werden Demokratien jedoch von ihren BürgerInnen immer stärker an ihrem Output, an ihrer systemischen und ökonomischen Leistungsfähigkeit gemessen. Extrapoliert man hieraus einen Trend, so droht eine Akzeptanz-, ja sogar Legitimitätskrise der Demokratie in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten.

dieser Sphäre strukturell zu spät kommen und somit sogar dysfunktionale Effekte zeitigen können.

Die strukturelle Langsamkeit der Demokratie Doch auch der demokratische Prozess selbst verliert immer stärker an demokratischer Qualität, da vor allem die Ökonomie und hier die internationalen Finanzmärkte eine Geschwindigkeit besitzen, mit denen Demokratie – möchte sie demokratisch bleiben – nicht Schritt halten kann. Diese Asynchronizität wurde bei der politischen Bearbeitung der Finanzkrise auf europäischer Ebene in den letzten drei Jahren besonders deutlich.

Unrealistischer Reformbedarf Fasst man diese Entwicklungen zusammen, so entsteht ein düsteres Bild der Zukunft der Demokratie: technologische Entwicklungen stellen basale Grundrechte in Frage, ökonomische Entwicklungen entziehen dem Projekt der sozialen Marktwirtschaft die finanzielle Basis, Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Ökonomie und Demokratie lässt Demokratie dysfunktional werden und transformiert ihren Fokus von der Legislative zur Exekutive. Schließlich stellen demokratieinterne Blockaden die ökologische Zukunft der Menschheit insgesamt in Frage.

Demokratie hat Reflexionsschleifen institutionalisiert, welche die Qualität demokratischer Entscheidungen erhöhen sollen. Hierzu gehört unter anderem das Prinzip der dreifachen Lesung von Gesetzen im Parlament. Eine zeitnahe politische Antwort auf drängende ökonomische Probleme ist unter diesen Voraussetzungen jedoch unmöglich. Daher erfolgt nicht nur auf europäischer Ebene eine zunehmende Fokussierung politischer Entscheidungen auf die dafür nicht vorgesehene politische Exekutive, sondern zugleich eine Entmachtung des eigentlichen Zentrums demokratischer Souveränität, des Parlaments. Doch selbst die zunehmende Orientierung auf die politische Exekutive kann das Auseinanderfallen von ökonomischen Problemen und politischer Problemlösung nicht verhindern, so dass politische Problemlösungen in

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Da demokratische Politik nicht weiter beschleunigt werden kann, folgt daraus, dass der Bereich, in dem demokratische Politik sachangemessene Problemlösungen präsentieren kann, zunehmend enger wird, unabhängig davon, welche politischen Gestaltungswünsche der demokratische Souverän artikuliert. Ein Kernprinzip der zeitgenössischen Demokratie – die Responsivität, d. h. das Eingehen der Politik auf die Wünsche der BürgerInnen –, wird damit massiv in Frage gestellt.

Die historische Wandlungsfähigkeit der Demokratie spricht dafür, dass Strukturveränderungen gefunden werden können, die ihre Funktionalität im neuen Kontext wieder herstellt. Der Preis ist jedoch hoch, da hierfür zentrale demokratische und rechtsstaatliche Ideale aufgegeben werden müssen. Soll die Demokratie gerettet werden und das Ideal der individuellen wie kollektiven Autonomie auch in Zukunft noch Relevanz besitzen, müssen sehr zeitnah sehr unangenehme Diskurse über folgende Themen geführt werden: Wie will eine demokratische Gesellschaft damit umgehen, dass die Wirtschaft nicht mehr quantitativ wachsen, sondern schrumpfen wird; dass soziale und ökonomische Ungleichheiten sich dadurch intensivieren werden, es sei

denn, zentrale regulative Prinzipen demokratischer Politik der letzten Jahre würden – mit schmerzvollen Konsequenzen für viele - aufgegeben? Demokratien dürfen in diesem Szenario nicht mehr primär aufgrund ihres Outputs von den BürgerInnen wertgeschätzt werden, sondern aus intrinsischen Gründen. Damit einher geht eine Veränderung zentraler Referenzpunkte erfolgreichen demokratischen Regierens: das Bruttoinlandsprodukt steht zur Disposition. Damit würden sich auch die inhaltlichen Leitsterne demokratischer Politik verändern müssen; ein Blick nach Bhutan zeigt, dass dort Glück regulatives Prinzip demokratischer Politik ist. Ob es dies auch für unsere Gesellschaft sein kann, mag mit guten Gründen bezweifelt werden. Richtig ist jedoch, den Automatismus zwischen steigendem BSP und steigender Lebensqualität in den anderen Bereichen menschlicher Existenz in Frage zu stellen und diese ökonomistische Verkürzung als eine Verarmung der Ziele zu kritisieren, die ein demokratisches Gemeinwesen anstreben kann. Die skizzierten Diskurse müssen aus meiner Perspektive geführt werden. Denn wenn sie nicht geführt werden, wird sich unsere Demokratie in den nächsten 20-30 Jahren so weit transformieren, dass wir sie aus heutiger Perspektive wohl nicht mehr als Demokratie bezeichnen würden. Weiterführende Lektüre: André Brodocz/Marcus Llanque/Gary S. Schaal (Hrsg.) 2009: Gefährdungen der Demokratie, Wiesbaden siehe auch Tagungsvorschau S.16

Prof. Dr. Gary S. Schaal, geb. 1971, ist Inhaber des Lehrstuhls für Politikwissenschaft, insb. Politische Theorie, an der HelmutSchmidt-Universität in Hamburg. Sein besonderes Interesse gilt der Analyse der Pathologien zeitgenössischer Demokratien.

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Selbst denken. Anleitung zum Widerstand Harald Welzer hat bei der Tagung „Gut, besser zukunftsfähig“, 24. bis 26. Januar, zu den Inhalten seines Buches „Selbst denken. Anleitung zum Widerstand“ gesprochen. Sein Vortrag wurde mitgeschnitten und kann auf unserer Internetseite gehört werden. Einen kleinen, leicht bearbeiteten Auszug zur Frage, was man tun kann, veröffentlichen wir im Folgenden. Von Harald Welzer Was kann man denn jetzt tun? Ich sehe die Wissenschaft nicht als die Arena, in der man die gesellschaftlich-politischen Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, lösen kann. Deshalb haben wir die Stiftung Futurzwei gegründet. Futurzwei macht etwas Triviales, sie recherchiert Realexperimente im Rahmen des Bestehenden, also Formen von genossenschaftlicher Produktion, von Gemeinschaftsgärten, von Unternehmen, die nicht wachsen, von unkonventionellen Lösungen für Nachhaltigkeit und soziale Probleme. Man stellt fest, dass Gesellschaften unseres Typs viele Handlungsspielräume bereithalten, die von bestimmten Gruppen und Einzelpersonen ganz anders genutzt werden als von der Majorität der Gesellschaft, die bis in die Kanzlerschaft hinein sagt, dass man ja nichts machen kann. Das ist übrigens ein interessantes Phänomen, dass Politik sich als so entmächtigt versteht. Ich glaube, das ist Ideologie. Es gibt diese Handlungsspielräume. In der ersten These hatte ich gesagt: „Kein Mensch weiß, wie man von der expansiven in die reduktive Moderne kommt.“ Wir erzählen diese Geschichten unter anderem aus dem Grund, weil hier Wege gegangen werden, die in Richtung auf eine reduktive Moderne weisen. Diese Projekte, diese Personen und Organisationen liefern so etwas wie realexperimentelles Material. Und man kann sich fragen: Kann ich das gebrauchen, kann ich das hochskalieren auf größere Zusammenhänge? Ein Beispiel wäre die Gemeinwohlökonomie von Christian Felber, wo die Skalierungsfrage sofort deutlich wird: Es funktioniert auf der Ebene kleiner Unternehmen als Korrektiv anscheinend äußerst gut. Die Frage ist aber, wie das bei großen Korporationen aussieht, bei börsen-

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orientierten Unternehmen. Ist es denkbar, dass die eine Gemeinwohlbilanz machen? Solche Fragen weisen darauf hin, dass wir in der Betrachtung real existierender Veränderungsprojekte unglaublich viel an pragmati-

schem Wissen lernen können, was an Akademien nicht bereitgestellt wird. Die Wissenschaft sollte dafür sorgen, das auszuwerten. Es gibt noch einen anderen, politischen Aspekt beim Erzählen dieser Geschichten, nämlich den Aspekt, dass in der Kommunikation etwas völlig anderes zum Tragen kommt als in der konventionalisierten Nachhaltigkeits- und Ökokommunikation der letzten 40 Jahre: nämlich positive Geschichten zu erzählen. Geschichten darüber, dass man sich selber empowern kann, dass man Selbstwirksamkeitserfahrungen machen kann, indem man Dinge zum Positiven verändert. Das ist aus meiner Sicht, der ich aus der Sozialpsychologie komme, von ganz zentraler Wichtigkeit, weil man nur dann Handlungsmotivationen erzeugen kann, wenn man gute

Geschichten erzählt und nicht, wenn man immer nur schlechte Geschichten erzählt und immer nur mitteilt, dass die Analyse ergeben hat, dass alles schlecht ist. Das ist in keiner Weise handlungsmotivierend und insofern auch nicht handlungsanleitend. Der Grund ist, das alles immer nur im Konjunktivsystem endet, wir könnten, wir müssten und wir sollten, wobei unklar ist, wer das Wir ist. Meistens sind diejenigen gemeint, die nicht da

sind. Durch diese Umformatierung des Diskurses hin zu Geschichten, die identitätshaltig sind, die interessant und spannend sind und die zeigen nicht pädagogisch-didaktisch -, wie positiv Veränderung wirksam werden kann, inspiriert man diejenigen enorm, die diese Geschichten lesen oder als Film sehen oder als Podcast sich anhören oder als Glosse in der Zeitung lesen. Das wird in zehn Jahren wahrscheinlich auch abgenutzt sein, aber wir müssen sehen, dass sich bestimmte kommunikative Strategien abnutzen. Auch eine Apokalypse- oder Rettungsrhetorik ist nach ein paar Jahrzehnten völlig abgenutzt. Die interessiert keinen Menschen. Ich habe meine erste kleine Arbeit im Konfirmandenunterricht über Umweltzerstörung gemacht, das ist eine Weile her, und Kids, die heute groß Sym 1/2014


sind wir enkelfähig? werden, kriegen mit der Muttermilch schon beigebracht, dass eben diese irgendwie verseucht ist. Das heißt, die Kids existieren schon in einem Universum, in dem es zu den selbstverständlichen Annahmen gehört, dass die Welt zerstört wird, und sie lernen gleichzeitig, dass das folgenlos ist. Deshalb kann man mit dieser Form von Kommunikation nichts mehr erreichen. Meine Konsequenz auf die Frage „Was kann man denn machen?“, ist deshalb, diese empowernden und ermächtigenden Geschichten und Beispiele zu sammeln und diese Form der politischen Kommunikation aufzubauen und zu befördern. Eine andere Strategie, die ich favorisiere, und die ziemlich gut funktioniert, ist, die Normalität und die selbstverständlichen Annahmen zu perforieren und zu sagen, diese Wirklichkeit ist nicht die Wirklichkeit - sie könnte auch eine andere sein. Es ist fast eine ästhetische oder künstlerische Strategie. Man macht kleine Fenster auf, um zu zeigen, hier machen Leute etwas ganz anderes, wie z. B. die Künstlergruppe „The Yes Men“. Sie hat eine völlig gefälschte New York Times herausgebracht, die komplett andere Nachrichten enthielt, aber genauso aussah und dieselbe Auflage hatte wie eine normale New York Times. Das wurde nirgends erklärt. Und die Leute lesen das und denken: „Ist ja toll, es passieren ja tolle Sachen in der Welt. Das ist ja richtig irre. Es ist keine schlechte Nachricht drin.“ Daran sieht man plötzlich, dass auch etwas ganz anderes möglich ist. Die Behauptung der Alternativlosigkeit einer gegebenen Wirklichkeit ist nichts anderes als eine Behauptung, und man kann diese Behauptung widerlegen, indem man was anderes tut. Das wären meine Antworten. Am Ende wird es darum gehen, eine Kombination zu versuchen und weiterzuentwickeln, in der man weiterhin bestimmte Dinge aus dem Prozess der expansiven Moderne verwendet - es geht ja gar nicht um eine völlige Neuerfindung eines Typs von Gesellschaft - und die mit anderen Formen kombiniert, die wir sukzessive experimentieren müssen. Ich bin gegen BeschleuniSym 1/2014

gung, aber für eine funktionierende Notfallmedizin. Es ist naiv zu glauben, wir könnten uns jetzt von allem verabschieden und müssten alles ganz anders machen. Ich glaube, dass es unsere politische Aufgabe wäre, Kombinatoriken zu versuchen und zu schauen, wie sie funktionieren. Wir

müssen den Handlungsspielraum, den wir noch haben, nutzen und daraus eine politische Programmatik entwickeln. www.futurzwei.org siehe auch Verlosung und Onlinedokumente S. 23 / 24

Die „Grüne Bibel des 21sten Jahrhunderts“ Bad Boll. Als 1996 die erste Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Misereor erschien, erregte sie große Aufmerksamkeit. In nur zwei Jahren wurden 35.000 Exemplare verkauft, das Buch wurde auf englisch und italienisch übersetzt. Eine Kurzfassung verkaufte sich 120.000 Mal und erschien auf englisch, spanisch, französisch, italienisch und japanisch. Der „Spiegel“ sprach von der „Grünen Bibel für das 21ste Jahrhundert“. 2008 folgte die zweite Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, die der BUND gemeinsam mit „Brot für die Welt“ und dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) herausgab. Erarbeitet vom Wuppertal Institut konkretisierte die Studie, was Nachhaltigkeit für ein Industrieland bedeutet und benannte Wege, um die Wende zu einer nachhaltigen Entwicklung zu erreichen. „Das Wagnis der Studien hat sich gelohnt“, lautete das Resümee von Prof. Dr. Angelika Zahrnt in Bad Boll. Die BUND-Ehrenvorsitzende hob die positiven Wirkungen der Studien hervor: Die erste Studie habe wesentlich zur Verbreitung der Reduktionsziele und der ökologischen Leitbilder beigetragen. Die zweite Studie sei auch heute noch „ein Handbuch des Wissens mit hoher Aktualität“.

„Mich interessiert nicht, wie viel wächst, sondern was wächst“ Bad Boll. Die Gesellschaft muss nachhaltiger und damit zukunftsfähiger werden. Darin sind sich der Bundesminister a. D. Erhard Eppler und der Soziologe Prof. Dr. Harald Welzer einig. „Das, was dazu nötig wäre, müsste viel schneller gehen“, sagte Welzer. Rund zwei Stunden diskutierten der Politiker und der Wissenschaftler über den Widerspruch zwischen Wissen und Handeln und den Wachstumsgedanken. Wer glaube, dass alles bleiben könne wie bisher, nur grüner und nachhaltiger, der irre, ist Welzer überzeugt: „Es geht um die Deprivilegierung von Gruppen, die vorher privilegiert gewesen sind.“ Bei der Veränderung von gesellschaftlichen Verhältnissen spielten deshalb auch Konflikte eine zentrale Rolle. „Verschenken Sie nicht die politischen Kräfte, die die Richtung begriffen haben“, riet Eppler. Beide kritisierten die einseitige Orientierung am Bruttosozialprodukt und dem damit verbundenen Wachstumsgedanken: „Mich interessiert nicht, wie viel wächst, sondern was wächst“, sagte Eppler. Welzer warnte vor einem „Ökopopulismus, der ein ‚business as usual’ signalisiert.“ Ziel müsse sein, „das sich verändernde Bewusstsein sprach- und politikfähig zu machen“, sagte Eppler. Denn die Politik brauche eine neue Perspektive und ein neues Selbstbewusstsein.

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Schokolade ist süß – Kakaoanbau noch nicht Probleme im Kakaoanbau und Bewältigungsstrategien bei Ritter Sport Wir alle lieben Schokolade. Zur Belohnung, zum Trost oder einfach, weil sie so gut schmeckt. Schokolade hat nicht nur in Europa einen riesigen Markt, sondern ist auch auf anderen Kontinenten groß im Kommen. In Brasilien, Russland und Asien fängt das große Geschäft erst an. Wo die Probleme liegen und was zum Beispiel die beliebte regionale Marke Ritter Sport tut, um auch in Sachen Nachhaltigkeit punkten zu können, ist Thema des folgenden Beitrags. Von Martina Waiblinger

Michaelisakademie in Bad Boll am 29. September 2013. Drei Pioniere des Wandels stellen ihre Konzepte vor. Darunter: der Nachhaltigkeitsmanager der Alfred Ritter GmbH & Co. KG, Georg Hoffmann

Interview mit Georg Hoffmann, Alfred Ritter GmbH in Waldenbuch Georg Hoffmann ist der erste Nachhaltigkeitsmanager in der Firma und dort seit dreieinhalb Jahren tätig. Was sind Ihre Aufgaben? Ich muss im Blick haben, welche Aktivitäten im Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit laufen, ich muss Aktionen anstoßen und auf der Schiene haben, was draußen läuft, was an Themen auf uns zukommt. Das wichtigste Thema ist für uns natürlich Kakao, unser Hauptprodukt. Welche Nachhaltigkeitskomponenten gibt es im Unternehmen in Waldenbuch? Wir haben viel vorzuweisen zum Thema Gesundheitsmanagement. Da gibt es einen Massagetag, eine sogenannte Rüttelplatte, das ist ein Trainingsgerät und Kurse „Bauch, Beine, Po“. In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir auch alle Arbeitsplätze von Externen bezüglich der Rückentauglichkeit gemessen und Schulungen angeboten.

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Wir haben ein Weiterentwicklungsprogramm für sehr gute Mitarbeiter und „equal pay“ ist für uns ebenso eine Selbstverständlichkeit wie Elternzeit – nicht nur für Frauen. Den Strom für unsere Produktion in Waldenbuch beziehen wir zu 95 Prozent aus regenerativer Energie und zu 100 Prozent atomstromfrei. Ferner haben wir ein Blockheizkraftwerk und planen gerade den Bau eines neuen. Energieeffizienz ist für uns ein permanentes Thema. Woher kommt der Kakao, den Sie für Ihre Produktion verwenden? Zum größten Teil von der Börse, d. h. aus Afrika. Das ist eine große Herausforderung für uns. Deshalb beziehen wir schon seit 20 Jahren einen Teil des Kakaos aus Nicaragua. Mit der Ankaufstation Cacaonica und der Firma El Cacao in Nicaragua wird schon heute durch die Alfred Ritter GmbH & Co. KG nachhaltig gearbeitet. Dort wird der Kakao direkt von den Kooperativen gekauft. Die Plantage

Schokolade Waldenbuch: 2,5 Millionen Tafeln Ritter Sport werden täglich in Waldenbuch gefertigt. Das Familienunternehmen hat in Waldenbuch ca. 1000 Mitarbeiter. Ritter Sport-Schokolade wird in 95 Länder geliefert. Alfred Ritter und seine Frau Clara gründeten 1912 die Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik Alfred Ritter in Cannstatt, 1930 zog das Unternehmen nach Waldenbuch.

El Cacao wird als Agroforstsystem angelegt, in dem es keine Monokulturen gibt, sondern eine Mischung aus heimischen Pflanzen inmitten des Kakaos. Wir haben dort den Zertifizierungsstandard von UTZ und Rainforest Alliance. Es gibt keinen Emissionshandel, sondern Reduktion der entstandenen Emissionen in der eigenen Wertschöpfungskette. Die Anbaumethoden sind so angepasst, dass dort mehr CO2 gebunden als ausgestoßen wird. Ziel ist es, so viel CO2 durch die Farm El Cacao zu binden, dass es ausreicht erst einmal die Produktion zu neutralisieren und anschließend die restlichen Emissionen entlang der Wertschöpfungskette. Das bedeutet Einsparung von Kunstdünger, Bodenaufbau durch Kompost, Aufforstung und Energieeffizienz. Das betrifft aber nur ca. 4 Prozent Ihres Bedarfs. Der Hauptteil des Kakaos kommt aus Afrika. Dort wird von sehr schlechten Arbeitsbedingungen für die Arbeiter und von Kinderarbeit berichtet. Es gibt nicht überall Kinderarbeit und nicht alle Kinderarbeit ist sozial unverträgliche Kinderarbeit. Das ist so wie bei uns – bei Bedarf schaffen die Kinder auf dem Bauernhof mit und gehen trotzdem zur Schule. Allerdings ist das Thema Kinderarbeit an der Elfenbeinküste ein großes Problem. Wir versuchen über das „Forum für nachhaltigen Kakao“ entsprechende Projekte auf den Weg zu bringen, weil wir in Afrika, anders als in Nicaragua nicht diesen direkten Zugriff haben. Was ist das Forum für nachhaltigen Kakao? Das gibt es seit zwei Jahren. Momentan wird es noch von der Bundesregierung gefördert. In diesem Jahr soll es zur Vereinsgründung kommen. Die Bundesregierung hat das angeschoben und wird es der Industrie, den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und allen anderen Beteiligten übergeben. Es ist ein Verein, der sich Sym 1/2014


sind wir enkelfähig? genau diesem Thema widmet. Der Handel ist mit vielen großen Unternehmen dabei, die Industrie und alle Sparten, nicht nur die Endfertigung, wie zum Beispiel Ritter, sondern z.B. auch Cargill, der Kakao herstellt oder Unternehmen, die Kakao rösten. Die ganze Kette ist dabei und fünf NGOs. Momentan ist es eine sehr gute Zusammenarbeit. Normalerweise ist man ja mit den NGOs ja eher auf einem Konfrontationskurs. Das ist aber noch Zukunftsmusik. Was sind die Ziele des Forums? Die Großen sagen, dass bis 2025 fünfzig Prozent des Kakaos aus nachhaltigem Anbau kommen sollen. Das muss man aber abwarten. Es ist auch die Frage, ob die Zertifikate, die man erwirbt, auch wirklich gut umgesetzt werden. Und was sind die Ziele der Alfred Ritter GmbH & Co KG? Wir haben in Nicaragua ja Land gekauft, um unseren eigenen Kakao zu produzieren. Dadurch sind wir unabhängig von der Börse und die Produktion wird in jeder Hinsicht nachhaltig sein. Unser Ziel ist, bis 2020/21 circa 30 Prozent des Bedarfs an Kakao selbst zu decken.

Schokolade weltweit Die Deutschen konsumieren pro Kopf pro Jahr 9,1 Kilogramm Schokolade, nur die Schweizer und Briten essen mehr. In Deutschland werden jährlich 365.000 Tonnen Rohkakao verarbeitet. Europäer und Nordamerikaner konsumieren etwa 70 Prozent des weltweit vorhandenen Kakaos. Die Lust auf Schokolade wächst auch in Asien, Russland und Brasilien. Schokolade ist ein Wachstumsmarkt. Hauptlieferanten sind die Länder Elfenbeinküste (1,2 Mio Tonnen), Indonesien (0,8 Mio Tonnen) und Ghana (0,6 Mio Tonnen). Der Kakaomarkt ist einer der instabilsten der Welt. Über 90 Prozent der weltweit konsumierten Schokolade wird in den Industrieländern verzehrt – die Zutaten wie Kakao und Zucker kommen aus den armen Ländern des Südens. In etwa 50 tropischen Ländern wird Kakao angebaut – knapp 70 Prozent des Rohkakaos stammen aus Westafrika, davon der überwiegende Teil von der Elfenbeinküste (44 Prozent des Weltertrages) sowie aus Ghana (etwa 12 Prozent des Weltertrages), Nigeria, Kamerun und Togo. Mit etwa 85 Prozent bringen Kleinbauern den größten Teil der Weltkakaoernte ein.

Schokolade fair und bio bekommt man schon immer häufiger – auch in Supermärkten. Fair gehandelter Kakao macht aber nur einen Bruchteil der Anbaumenge von über 3 Millionen Tonnen weltweit aus. Da die Bauern im Fairen Handel feste Preise bekommen und keinen Preisschwankungen ausgesetzt sind, hat

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Kakao-Kooperative in Peru – hier wird von Fair Trade zertifizierter Kakao gepflanzt.

sich ihre Situation deutlich gebessert. Durch Fairen Handel bekommen die Bauern einen Aufschlag von 150 $ pro Tonne, bei zusätzlichen BioAnbau zusätzlich 200 $. Der Faire Handel unterstützt Kleinbauern, die genossenschaftlich organisiert sind, politisch unabhängig und demokratisch strukturiert sind. Es gilt der Verzicht auf Kinderarbeit, Gentechnik und die Förderung von Ökologie, Bildung und Frauen.

Probleme im Kakaoanbau Die Schokoladenbranche ist eine Wachstumsbranche. Aber die Erträge stagnieren. Die einen Gründe sind in politische Krisen in Westafrika, in Schädlingen und der Klimaveränderung zu finden. Andere liegen in der Tatsache, dass die Bauern zu wenig für ihren Kakao bekommen haben und nicht in der Lage waren, in die Kakaobäume zu investieren. „enorm“ schreibt in der Titelgeschichte über Kakao im Dezember 2013: „Durch die Ausbeutung hat sich die Industrie ihres eigenen Rohstoffs beraubt. Bis 2020 werden eine Million Tonnen Kakao fehlen.“ Ein untrügliches Zeichen dafür, dass nachhaltige Produktionsverfahren auch für große Konzerne auf der Agenda stehen, ist die jüngste Initiative des Bundesverbands der Süßwarenindustrie. Mit Bundesregierung und Lebensmittelhandel hat der Verband das „Forum Nachhaltiger Kakao“(www.kakaoforum) ins Leben gerufen, dessen Sekretariat bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung (GIZ) liegt. Was es den Kakaobauern helfen wird, wird abzuwarten sein.

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Bodenrausch – Landgrabbing und die Folgen „Tierschutz und Nachhaltigkeit. Wie wir künftig von und mit Tieren leben.“ ist Thema einer Tagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll vom 21.-23. März 2014. Dabei wird auch Dr. Wilfried Bommert vom Institut für Welternährung über Landgrabbing sprechen. Vorab hat er für diese Ausgabe von SYM einen Beitrag zu diesem Thema geschrieben. Von Dr. Wilfried Bommert Die Welternährung verliert zu Beginn des 21. Jahrhunderts zusehends ihre Grundlage, den Boden. Weltweit wird er den Bauern entzogen. Seine Bewirtschaftung orientiert sich nicht mehr am Hunger der Welt, sondern an den Renditeerwartungen von Investoren. Mehr als 200 Millionen Hektar, eine Fläche von der Größe Westeuropas, etwa ein Viertel der fruchtbaren Böden der Welt, wurde nach Schätzungen der Entwicklungsorganisation OXFAM 2012 bereits ihren bäuerlichen Besitzern entzogen und an Großinvestoren langfristig verpachtet oder verkauft. Die Weltbank hält Größenordnungen von bis zu 40 Prozent der Weltagrarfläche für möglich. Angetrieben wird dieser weltweite Run auf den Boden durch vier ineinander greifende globale Krisen: Die Krise der Welternährung, die Krise der Weltfinanzmärkte, die Krise der Energiemärkte und die Krise des Weltklimas. Die beteiligten Akteure sind zum einen diejenigen Staaten, die ihre Nahrungsmittel importieren müssen. Seit der Welternährungskrise 2007 haben sie ihr Vertrauen in die Weltagrarmärkte verloren. Zum anderen sind es die Finanzmärkte, deren Anleger seit 2008 in vielen der herkömmlichen Finanzprodukte keine Sicherheit mehr finden. Sie spekulieren nun auf steigende Boden- und Nahrungsmittelpreise. Hinzu Dr. Wilfried Bommert ist Agrarwissenschaftler und Journalist beim WDR, ferner Vorstand und Sprecher des Instituts für Welternährung. 2012 hat er das Buch veröffentlicht: Bodenrausch – Die Jagd nach den Äckern der Welt, Eichborn 2012 www.institut-fuerwelternaehrung.org

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kommen die Energiekonzerne, die zunehmend auf Agrotreibstoffe setzen, um den steigenden Rohölpreisen zu entgehen. Und nicht zuletzt feuern CO2-Zertifikate, die für die Reduktion von Klimagasen durch Land- und

Forstwirtschaft ausgegeben werden, den Kampf um den Boden an, weil sie gewinnbringend an den Klimabörsen verkauft werden können. Alle vier Treiber haben seit 2008 eine Jagd um die Äcker der Welt begonnen. Die Brennpunkte des globalen Landrausches, der auch vor der großräumigen Vertreibung der bäuerlichen Bevölkerung nicht Halt macht, liegen in Afrika südlich der Sahara, Südostasien und Südamerika. Die Geschäfte gelingen vor allem in korrupten Staaten, in denen weder Rechts- noch Eigentumsordnungen die betroffenen Bauern, Hirten und Fischer schützen. Bislang deutet nichts darauf hin, dass sich diese Entwicklung wieder umkehren könnte, im Gegenteil. Die Knappheit bei Nahrungsmitteln und Boden wird zunehmen, denn die Fundamente der Welternährung, der fruchtbare Boden und die Wasser-

reserven schrumpfen. Extremwetter häufen sich. Dürren, wie 2012 in den USA, 2010 in Russland oder 2007 in Australien führen zu wachsenden Preisschwankungen auf den Weltmärkten. In den letzten fünf Jahren verzeichnet der Index der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) für Nahrungsmittel bereits drei Allzeithochs. Der kurzfristige Trend wird langfristig verschärft durch die Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Die wachsende Weltbevölkerung und der zunehmende Fleischhunger verlangen Erntesteigerungen um 100 Prozent bis zur Mitte des Jahrhunderts. Hinzu kommt die Nachfrage nach Agrotreibstoffen, die die Preise heute schon treibt und in Zukunft noch stärker treiben wird. Selbst die Mafia streckt mittlerweile ihre Hände nach Landbesitz und Nahrungsmitteln aus. Sie setzt auf steigende Preise. Untersuchungen in Italien schätzen den Umsatz der Mafia an den Agrarmärkten 2013 bereits auf über 14 Milliarden Euro. Wachsende Preisschwankungen führen zu wachsenden politischen Instabilitäten in den Ländern, in denen die Bevölkerung mehr als die Hälfte ihres Einkommens für ihr tägliches Brot ausgeben muss. Wenn den Kapitalinteressen, die seit 2007 den Boden und die Nahrungsmittelmärkte entdeckt haben, keine Zügel angelegt werden, dann droht auch hier, wie an den Kapitalmärkten, der Zusammenbruch. Der GAU, der größte anzunehmende Unfall der Welternährung rückt näher, doch er wäre abzuwenden. Allerdings nur zum Preis eines Paradigmenwechsels. Boden müsste ebenso wie Wasser und Luft zum Allgemein-Gut erklärt werden, das nur im Einvernehmen mit und zum Wohle der Gesellschaft genutzt werden darf. Im 21. Jahrhundert wird der Boden als Grundlage der Welternährung neu entdeckt. Der weltweite Bodenrausch beschleunigt diese Entwicklung. Sym 1/2014


interview

„Mehr finanzielle Mittel für die Akademie“ Interview mit Werner Stepanek, bisheriger Vorsitzender des Kuratoriums der Evangelischen Akademie Bad Boll Von Claudia Mocek Im November 2013 hat das Kuratorium zum letzten Mal in seiner Amtsperiode getagt. Welche Funktion übt dieses Gremium in der Akademie aus? Das Kuratorium begleitet und berät die Akademie in nahezu allen Entscheidungs- und Handlungsbereichen: beim Haushalt, in der Rechnungslegung, in der Personalpolitik und vor allem bei thematischen Schwerpunkten. In der zurückliegenden Amtsperiode gab es zudem außerordentliche Entscheidungen zu tragen. Die Akademie war in den vergangenen sechs Jahren in einer unglaublichen Umbruchsituation. Welche Veränderungen waren dabei wesentlich? Der Südflügel wurde gebaut, eine architektonisch wie auch inhaltlich wichtige Aufgabe. Aus heutiger Sicht war dieser Bau noch wichtiger, als wir es damals abschätzen konnten. Denn heute muss die Akademie noch viel stärker als Wirtschaftsunternehmen denken. Für ihre Infrastruktur braucht sie daher moderne Tagungsräume und Übernachtungsmöglichkeiten, die dem Zeitniveau angemessen sind. Außerdem war es notwendig, eine gute Nachfolge für den langjährigen Direktor, Joachim Beck, zu finden. Mit der Wahl von Prof. Dr. Jörg Hübner ist uns das gelungen. Darüber hinaus mussten die finanziellen Kürzungsvorgaben der Landessynode umgesetzt werden. Keine andere Bildungseinrichtung wurde so hart getroffen wie die Evangelische Akademie Bad Boll. Zunächst sind alle Betroffenen in eine Schockstarre verfallen – auch wir im Kuratorium. Aber schließlich wurde schnell erkannt, dass jetzt kreatives Handeln nötig war. Aus eigener Initiative heraus wurden die schmerzhaften Vorgaben positiv umgestaltet. So ist aus Sym 1/2014

einem harten Sparkurs ein wichtiger Konsolidierungsprozess für die Akademie geworden. Ich sage ein großes Kompliment an alle Akteure! Welche Entscheidungen des Kuratoriums waren aus heutiger Sicht genau richtig, welche waren weniger glücklich? Besonders wichtig war die Entscheidung, die Ordnung der Akademie, die noch aus den Gründungsjahren stammt, auf die Anforderungen unserer heutigen Zeit fort zu schreiben. Mit der Auflösung des Konvents und der Neuausrichtung des Kuratoriums sind wichtige Weichenstellungen getroffen worden. Die finanziellen Einschnitte waren schwer verkraftbar, und sie haben die Akademiearbeit wesentlich verändert. Man konnte plötzlich thematisch nicht mehr so breit aufgestellt sein – weder in der Fläche, noch in der Zahl der Tagungen. Aber die strukturellen Veränderungen, die sich daraus ergeben haben, waren gut: Wir haben uns auf unser Kerngeschäft konzentriert und das hat die Akademie auch für die Zukunft gut aufgestellt. Darauf können wir jetzt aufbauen. Eher verhalten ist meine Begeisterung hinsichtlich der synodalen Entscheidung, die Akademiearbeit einerseits wirtschaftlich und andererseits inhaltlich-thematisch abzugrenzen. Das sind zum Teil gegensätzliche Interessen. Ich sehe die Gefahr, dass man dadurch dem grundsätzlichen Auftrag der Akademie nicht gerecht wird. Als neuer Synodaler und als wieder gewähltes Mitglied im Kuratorium fordere ich jetzt, dass die Akademie von der Synode mehr finanzielle Mittel bekommt, damit sie sich stärker auf dem Bildungsmarkt positionieren kann. Ich erwarte schon, dass sich die Evangelische Akademie Bad Boll in den nächsten Jahren auf EKD-Ebene,

Werner Stepanek gehört seit 2008 dem Kuratorium der Evangelischen Akademie an.

also auf nationaler und internationaler Ebene, sehr gut profiliert. Wie kann dieses Ziel erreicht werden? Die Akademie hat ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal, nämlich die Ausprägung, gesellschaftliche Fragen konsequent im Diskurs anzugehen, diese ergebnisoffen zu diskutieren und dabei kompetente Beratung und wissenschaftliches Fachwissen einfließen zu lassen. Darin ist Boll schon jetzt deutschlandweit die Nummer eins. Ich möchte ermutigen, diese Arbeit stärker auf Themenfelder auszudehnen, die über Württemberg hinaus wirken, also EKD-weit und somit international Beachtung finden. Es zeichnet sich schon ab, dass einige der bisherigen Kuratoriumsmitglieder auch künftig in dem Gremium vertreten sein werden... Für die neue Synode wurden bereits entscheidende Personalweichen gestellt – auch im Hinblick auf die Besetzung des Kuratoriums mit Mitgliedern der Landessynode: Die bisherigen Synodalen im Kuratorium wollten ausdrücklich wieder für das Kuratorium nominiert werden. Das ist gelungen. Ich finde, das ist ein schönes Zeichen der persönlichen Verbundenheit. Die bisherige Kura-

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was kommt? torin Franziska Stocker-Schwarz ist nun auch Vorsitzende des Ausschusses „Kirche, Gesellschaft und Öffentlichkeit“, der für die Akademie zuständig ist. Darüber hinaus wurde ich selber als Vizepräsident der Synode nominiert. Also ich glaube, die Akademie ist, was das anlangt, in guten Händen. Seit kurzem gilt die neue Akademieordnung. Die Berufung von Beiräten wird sich auch auf die Zusammensetzung des Kuratoriums auswirken. Wie wird sich die Arbeit des Gremiums ändern? Der bisherige Konvent wird in verschiedene Beiräte umgewandelt werden. Dadurch können die einzelnen Arbeitsbereiche der Akademie gezielter beraten werden. Derzeit laufen die Bemühungen auf Hochtouren, für diese Beiräte die richtigen Personen zu finden. Was ich für die Arbeit des neuen Kuratoriums berücksichtigt haben möchte, ist, dass klare Verantwortungsbereiche geschaffen werden, in denen das Gremium wirkungsvoll beraten kann und auch Verantwortung tragen muss. Das war mir in der Vergangenheit zu diffus geregelt. Ein Kuratorium muss auch inhaltliche Positionen vertreten und verantworten können, sonst ist es nur ein edler Debattierclub. Wie wird der Einfluss der künftigen Beiräte aussehen? Die Begleitung wird sich sicherlich nicht auf die operative Tagungsarbeit beziehen und die souveräne, eigenverantwortliche Arbeit der Studienleitenden wird nicht tangiert werden. Ich schätze deren analytischen Blick auf die Gesellschaft und ihr hervorragendes Fachwissen. In der Beratung durch die Beiräte sehe ich eine wertvolle Orientierungshilfe für die thematische Ausrichtung der Arbeit der Studienleitenden. Die breite Verortung der Beiräte in ihren unterschiedlichen gesellschaftlichen Verantwortungsbereichen ermöglicht es, der Akademie wertvolle Impulse zu geben. Dr. Claudia Mocek ist Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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Was kommt? Tagungen vom 7. März bis 27. Juli 2014

Ändern ist leicht, bessern ist schwer! Die Reformation der Gesellschaft neu denken 7.-9. März 2014, Bad Boll Zur Demokratisierung der Gesellschaft hat die Reformation Wesentliches beigetragen. Gegenwärtig steht die Diskurskultur vor gewaltigen Herausforderungen. Wie zukunftsfähig ist die Demokratie? Mit dieser Veranstaltung wird eine Tagungsreihe zum Reformationsjubiläum 2017 eröffnet. Tagungsleitung: Prof. Dr. Jörg Hübner Infos: Karin Nitsch, s. S. 21 Das Messie-Syndrom Seminar für Fachkräfte 11.-12. März 2014, Bad Boll Fachkräfte benötigen Wissen über das Messie-Syndrom, um im Berufsalltag adäquat handeln zu können. Aus dem Verstehen heraus erwachsen Empathie, vertrauensvolle Beziehungen und die Kompetenz zu professionellem Tun. Vermittlung elementarer Kenntnisse, Handwerkszeug sowie Möglichkeiten und Grenzen von Interventionen. Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Veronika Schröter Infos: Erika Beckert, s. S. 21

Kirchliche Entwicklungszusammenarbeit in Baden-Württemberg Strategietag 11. März 2014, Karlsruhe Der Strategietag richtet sich an Mitarbeitende der Kirchen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und die Vertreterinnen und Vertreter übergreifender Verbände und Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit. Ziel ist ein ökumenischer Austausch zwischen Entscheidungsträgern und Multiplikatoren in der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit. Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann, Simone Helmschrott, Öhlschläger, Dr. Rainer Infos: Sybille Dahl, s.S. 21 Aufbruch ins Morgen - Weichen stellen Abschied von der Erwerbsarbeit 12.-15. März 2014, Bad Boll, s.a. 2.-5 April 2014 Altersteilzeit, Vorruhestand und Ruhestand sind verbunden mit dem Abschied aus vielen Rollen und Beziehungen. Chancen der neuen Lebensphase in Beziehung, Freizeitaktivitäten und Engagement für andere zu erkennen, ist das Ziel des Seminars. Tagungsleitung: Sigi Clarenbach, Werner Kollmer, Karl-Ulrich Gscheidle Infos: Heidi Weinmann, s. S. 21 Fundraising für Hochschulen Spenden, Sponsoring und Stiftungen in der Praxis 17.-19. März 2014, Bad Boll Seit der Einführung des DeutschlandStipendiums erkennen und nutzen immer mehr Hochschulen die Chancen einer Förderung durch private Geldgeber. Das Erfolgsrezept ist eine professionelle Vorgehensweise bei der Geldmittelbeschaffung und bei der kontinuierlichen Kontaktpflege mit den ehemaligen Studierenden (Alumni). Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers, Dr. Marita Haibach Infos: Conny Matscheko, s. S. 21

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was kommt? Schlüsselkompetenz fördern Ausbildungsreife erlangen Individuelle Förderung am Übergang Schule - Ausbildung 21.-22. März 2014, Bad Boll Jugendliche bis zum Schulabschluss und bei der Berufsorientierung zu begleiten, heißt auch, Sozialkompetenzen und Handlungsmuster zu fördern. Welche Anforderungen stellen Betriebe und Kammern? Wie passen Schüler und Ausbildungserfordernisse zusammen? Wie stärken wir sozialund lernschwächere Jugendliche? Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, s. S. 21 Tierschutz und Nachhaltigkeit Wie wir künftig von und mit Tieren leben 21.-23. März 2014, Bad Boll Global denken – mit dem einzelnen Lebewesen mitfühlen; beides bedingt sich zunehmend. Wer dem „verwandten Ganzen die Treue halten“ möchte (Hans Jonas), der wird sich die Sensibilität für die einzelnen Lebewesen nicht nehmen lassen. Strategien für den Tierschutz wie auch die Nachhaltigkeit. Tagungsleitung: Dr. Günter Renz Infos: Gabriele Barnhill, Infos s. S. 21 Respekt - Deine Stärke 13. Baden-Württembergischer Streitschlichter-Kongress 26.-28. März 2014, Bad Boll Streitschlichter wollen begleitet werden, suchen neue Impulse und Motivation. Der Kongress bietet die Möglichkeit, sich in Vorträgen und Workshops weiterzubilden, Erfahrungen auszutauschen und mit qualifizierten Mediatorinnen und Mediatoren zu arbeiten. Tagungsleitung: Marielisa von Thadden Infos: Heidi Weiser, s. S. 21 Lebensqualität trotz Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen Informationen, Beratung, Vernetzung 29.-30. März 2014, Bad Boll Es ist eine große Aufgabe, Menschen mit Demenz ein qualitätvolles, würdevolles und kompetent unterstütztes Leben zu ermöglichen. Wie kann das Sym 1/2014

Sina Trinkwalder kommt zur Tagung „Nachhaltig erfolgreich – Neue Chancen auf dem Textilmarkt“ 3.-4. April 2014, Bad Boll Tagungsleitung: Martin Schwarz, Carmen Ketterl, Prof. Martin Müller Sina Trinkwalder gründete 2010 in Augsburg das erste textile Social Business in Deutschland: manomama. Hier werden von ehemals arbeitslosen Näher/innen innerhalb einer regionalen Wertschöpfungskette ökosoziale Bekleidung und Accessoires produziert. Auf klassische Werbung verzichtet das Label und setzt stattdessen ausschließlich auf Social Media. Sina Trinkwalder und manomama wurden schon mehrfach preisgekrönt, u.a. mit dem Bürgerkulturpreis des Bayrischen Landtags und der Auszeichnung, „Social Entrepreneur der Nachhaltigkeit" des Deutschen Rates für Nachhaltige Entwicklung. Immer mehr Verbraucher, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen legen Wert auf nachhaltig produzierte und fair gehandelte Textilien. Neben kleineren Anbietern und traditionellen Welt-Läden bieten auch mehr und mehr große Handelshäuser ökofaire Textilien an. Der Markt für nachhaltige Rohstoffe wächst, zertifizierte Verarbeitungsbetriebe und Handelsunternehmen schaffen ein breites Angebot. Es gibt Informationen von und Diskussionen mit profilierten Referierenden aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Erfolgreiche Konzepte werden vorgestellt. Produzenten, Verarbeiter, Handel sowie Entwicklungs-, Umwelt und Menschenrechtsorganisationen analysieren Herausforderungen und zeigen Ihnen an praxiserprobten Beispielen, wie Umwelt- und Sozialstandards umgesetzt und erfolgreich kommuniziert werden können. Siehe: www.ev-akademie-boll.de/ programm

gehen? Wir wollen die Kompetenz der Menschen, die Betroffene begleiten, erweitern und Entlastungsangebote aufzeigen. Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Sylvia Kern Infos: Erika Beckert, s. S. 21 Verantwortung für ein soziales Europa Konsequenzen für politisches Handeln. Exkursion nach Straßburg 31. März bis 3. April 2014, St. Thomas, Straßburg/Elsaß (Frankreich)

Gespräche mit elsässischen Kirchenvertretern, ein Besuch im Europaparlament, Begegnungen von Gewerkschaft und Arbeitgebern beleuchten das Thema Arbeitsmarkt und Sozialpolitik im europäischen Kontext. Tagungsleitung: Karin Uhlmann, KarlUlrich Gscheidle, Thomas Löffler (KDA Baden), Siegfried Aulich Sozialsekretär (KDA Baden) Infos: Claudia Zimmermann, s. S. 21 Abschied von der Erwerbsarbeit Aufbruch ins Morgen - Weichen stellen 2.-5. April 2014, Bad Boll - s. a. die Tagung vom 12.-15. März 2014 Tagungsleitung: Ulrike Leipersberger, Volker Stücklen Infos: Heidi Weinmann, s. S. 21 Wohin steuern in der Steuerpolitik? Rente im Fokus - Kontroversen in der Rentenpolitik 4.-5. April 2014, Bad Boll Was bringt die Rentenreform der Großen Koalition bei der Bekämpfung der Altersarmut? Geht sie letztlich auf Kosten der Jungen? Tagungsleitung: Dagmar Bürkardt, Karl-Ulrich Gscheidle, Infos: Romona Böld, s. S. 21

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was kommt? Akademiereisen Jordanien entdecken. Wanderungen und Begegnungen 26. April bis 7. Mai 2014 Jordanien hat eine reiche Geschichte und eine faszinierende Natur. Wir erwandern unter anderem die geheimnisvolle Felsenstadt der Nabatäer Petra. Die Reise führt auch zu römischen und biblischen Orten, nach Amman und ans Tote Meer. Mit Einheimischen diskutieren wir über Politik, Religion und die Flüchtlinge. Tagungsleitung: Martina Waiblinger Infos: Reinhard Becker, s.S. 21 Slowenien. Alpen, Karst und Mittelmeer. Wanderstudienreise 28. Mai bis 10. Juni 2014 Slowenien ist die nördlichste der Nachfolgerepubliken Jugoslawiens und Mitglied der EU. Es ist landschaftlich und kulinarisch reizvoll. Die Reise führt auf schroffe Alpengipfel, in Karsthöhlen, an die Küste der Adria und in ausgedehnte Urwälder, in denen noch Luchse und Bären leben. Kontakte zur Bevölkerung gibt es bei Besuchen, Gesprächen und Vorträgen. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers, Dr. Andreas Hohl, Infos: Romona Böld s. S. 21 Tarantella - Apulien und der Spinnentanz 24. Juni bis 1. Juli 2014, Italien Europa entdeckt man von seinen Rändern. Ein finis terrae finden wir auch im apulischen Salento. Heilende Spinnentänze mit orientalischer Note halten die Tradition antiker Musiktherapie wach und sind zugleich Erkennungsrhythmen einer neuen Generation. Der Katholizismus triumphierte über die griechisch-orthodoxe Kirche; Kultur und Sprache der Grecanici erlebt heute eine Renaissance. Tagungsleitung: Dr. Thilo Fitzner Infos: Andrea Titzmann, s. S. 21 s. a. Ferienflyer, S. 22

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Africa reconstructed Von Stereotypen und Rassismen hin zu einer Gesellschaft der Teilhabe 4.-6. April 2014, Bad Boll In Integrationsdiskursen wird die besondere Situation von MitbürgerInnen mit afrikanischer Migrationsgeschichte zu wenig hinterfragt. Was macht das Besondere aus? Welche Afrikabilder hat die deutsche Mehrheitsgesellschaft? Wenn Selbstorganisationen von Migranten z. B. in den Kommunen einbezogen werden, müssen Stereotype hinterfragt werden. Tagungsleitung: Simone Helmschrott Infos: Susanne Heinzmann, s. S. 21 Motto-Ziele für Gruppen und Teams entwickeln Ein Seminar auf der Grundlage des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM) 9.-10. April 2014, Bad Boll Aufbauend auf dem Buch „Durchstarten mit dem neuen Team“ vermittelt Annette Diedrichs, wie das ZRM® so eingesetzt werden kann, dass Teams und Gruppen als Ganzes ein sogenanntes Team- oder Gruppen-Motto erhalten. Für Personen, die mit der ZRM Methode bereits vertraut sind. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers, Annette M. Diedrichs, Zürich Infos: Romona Böld, s. S. 21 Wirtschaftliche Entwicklung und ökologische Nachhaltigkeit in Ostasien. Was können kirchliche Partnerschaften beitragen? 22.-24. April 2014, Bad Boll Seit Fukushima ist Ökologie auch in den Kirchen Ostasiens wieder ein Thema. Welche Akteure gibt es, die wirtschaftliches Wachstum und Ökologie zusammen denken wollen? Was kann die Rolle der Kirchen dabei sein, und was können die internationalen Partnerschaften beitragen? Tagungsleitung: Simone Helmschrott Infos: Susanne Heinzmann, s. S. 21 Selbstmanagement mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) ZRM Grundkurs 24.-26. April 2014, Bad Boll Das Zürcher Ressourcen Modell ist ein Ansatz des Selbstmanagements, das die Stärken des Einzelnen in den Blick nimmt. Es erschließt persönliche

Entwicklungskräfte und erweitert den eigenen Handlungsspielraum. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers Infos: Romona Böld, s. S. 21 Der baskische Konflikt Neue Wege zur friedlichen Konfliktlösung 2.-3. Mai 2014, Bad Boll

Im baskischen Konflikt zeichnet sich derzeit durch die Beteiligung der baskischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft eine Lösung ab. Die Tagung will Wissen und Verständnis für diesen Prozess vertiefen. Können die Erfolge im Baskenland auch als Vorbild für andere Konflikte gelten? Tagungsleitung: Simone Helmschrott Infos: Susanne Heinzmann, s. S. 21 Loving Monday Wie Arbeit Spaß macht 8.-9. Mai 2014, Bad Boll Zu Beginn der Arbeitswoche steigt der Stress. Die meisten Herzinfarkte ereignen sich am Montagmorgen. Genug damit, nur auf das Wochenende zuzuleben! Wir beschäftigen uns damit, wie Arbeit wieder Spaß machen kann. Tagungsleitung: Anna Greve Infos: Sybille Dahl, s. S. 21 Kirche und Rüstung Auf dem Weg zu einer friedensethischen Positionierung der Kirchen in Baden-Württemberg 8.-9. Mai 2014, Bad Boll Drohneneinsätze, Rüstungsexporte, Militärseelsorge: Viele Landeskirchen haben Stellung zu friedensethischen Fragen bezogen. Mit der Einrichtung der Kommission zur Rüstungskonversion ist ein wichtiger Schritt getan worden. Wie geht es weiter? Es geht um die Positionierung und Verständigung der vier großen baden-württembergischen Kirchen. Sym 1/2014


was kommt? Tagungsleitung: Simone Helmschrott Infos: Susanne Heinzmann, s. S. 21 Meiner Meinung eine Stimme geben. Bürgerbeteiligung konkret 12.-13. Mai 2014, Bad Boll Bei öffentlichen Auftritten sind Stimme und Körpersprache entscheidend. Damit Meinung und Argumente von BürgerInnen in Beteiligungsprozessen richtig ankommen, werden Stimme, Sprache und Kommunikation analysiert und trainiert. Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, s. S. 21 Veränderung gemeinsam gestalten Psychische Gesundheit erhalten in Restrukturierungsprozessen 15.-16. Mai 2014, Bad Boll Unternehmen und Institutionen müssen sich immer wieder verändern. Studien zeigen, dass Restrukturierungen Beschäftigte psychisch sehr belasten. Die Tagung bietet Forschungsergebnisse, praxisorientierte Informationen und Beispiele, wie Veränderungen mit den Beschäftigten erfolgreich gestaltet werden. Tagungsleitung: Martin Schwarz Infos: Eliane Bueno Dörfer, s. S. 21 Gestalten und Verantworten Aufgaben und Selbstverständnis des Kirchenbezirksausschusses 16.-17. Mai 2014, Bad Boll Mitglieder im Kirchenbezirksausschuss sind oft auf mehreren Ebenen tätig, die durch gegensätzliche Interessen geprägt werden. Die Tagung bietet Impulse von Fachleuten zu den aktuellen Themen sowie Gelegenheit, im Austausch mit anderen das eigene Selbstverständnis zu klären. Tagungsleitung: Susanne Wolf, Gerlinde Feine, Hans-Martin Härter Infos: Andrea Titzmann, s. S. 21 Das Messie-Syndrom Seminar für Angehörige 17.-18. Mai 2014, Bad Boll Zwanghaftes Sammeln von Zeitungen, Kleidung oder Lebensmitteln: Für Angehörige ist das Messie-Syndrom eine große Belastung. Wir wollen Sie stärken, Ihnen Austausch ermöglichen, Grundlagen über Hintergründe des Syndroms sowie Tipps für den Sym 1/2014

Umgang mit Betroffenen geben. Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Veronika Schröter Infos: Erika Beckert, s. S. 21 Vernissage Ulrich Klieber Malerei und Kunstbücher 18. Mai 2014, Bad Boll Siehe Seite 5 Tagungsleitung: Susanne Wolf Infos: Andrea Titzmann, s. S. 21 Business in Indien Herausforderungen für deutsche Unternehmen 20.-21. Mai 2014, Bad Boll Indien gehört zu den größten Wirtschaftsmächten der Welt. Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) wollen dort auch präsent zu sein. Mit welchen kulturellen Herausforderungen müssen sie rechnen? Was müssen Führungskräfte beachten? Tagungsleitung: Karin Uhlmann, Ravinder Salooja, DIMOE Heilbronn; Siegfried Aulich, KDA Baden Infos: Claudia Zimmermann, s. S. 21 Inklusiv unterwegs Reflexion, Begleitung und Knowhow für die Arbeit in inklusiven Gruppen 22.-23.Mai 2014, Bad Boll Hilfe für die, die in der inklusiven Arbeit mit Kindern und Jugendlichen herausgefordert sind. Die TZI bietet Unterstützung für die Entwicklung der Kernkompetenz: Diversity handling. Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, s. S. 21 Soziale Innovation Innovationsmanagement in der Diakonie 22.-23. Mai 2014, Bad Boll In der Europäischen Union ist „Soziale Innovation“ ein ganz großes Zukunftsthema. Die Tagung stellt Modellbeispiele innovativen Handelns in der Diakonie vor und lädt zum Austausch über zukunftsorientierte Strategien ein. Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann Infos: Sybille Dahl, s. S. 21

Her mit dem schönen Leben Erwerbslosentagung BadenWürttemberg 2014 2.-4. Juni 2014, Bad Boll Die Lebenssituation im Sozialgesetzbuch II ist mehr als Erwerbslosigkeit. Es geht um das menschenwürdige Existenzminimum und um soziale Teilhabe. Vorträge und Workshop stärken Erwerbslose in ihrer politischen Artikulationsfähigkeit. Tagungsleitung: Karl-Ulrich Gscheidle, C. Cheval-Saur, W. Herrmann, K.-P. Spohn-Logé, K. Kittler, J. Scholz Infos: Petra Randecker, s. S. 21 Demokraten zwischen Grundrechtsausübung und öffentlicher Ordnung Bürgerschaftliches Handeln gegen Naziaufmärsche 5.-6. Juni 2014, Bad Boll Ein Forum für Verantwortungstragende bei Entscheidungen anlässlich von Naziaufmärschen: Es geht um das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die Sorge um die öffentliche Ordnung. Im Zentrum der Tagung stehen aktuelle Beispiele. Tagungsleitung: Marielisa von Thadden, Stefan Brückner, Stefan Braun, Medienhaus Stuttgart Infos: Heidi Weiser, s. S. 21 Europa, Du Schöne! Die Gegenwartsliteratur der Nachbarn: Frankreich 9.-12. Juni 2014, Bad Boll

Wir laden Sie ein zu einem literarischen Spaziergang durch die Nachbarländer: jedes Jahr ein neues Land, eine neue Entdeckung. In diesem Jahr geht es um Frankreich und den Autor Michel Houellebecq sowie die Autorin Muriel Barbery. Tagungsleitung: Susanne Wolf, Annegret Wolfram Infos: Andrea Titzmann, s. S. 21

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was kommt? Sinnvoll Reisen Reisebildungs- und Erlebnisangebot 19.-22. Juni 2014, Bad Boll Ausflüge in das Biosphärengebiet Schwäbische Alb, in den Kräutergarten von Wala, einen Erlebnisbauernhof u. a. erschließen uns die Schätze der Umgebung von Bad Boll. In Vorträgen und Diskussionen hinterfragen wir Sinn und Unsinn von Reisen. Tagungsleitung: Carmen Ketterl Infos: Romona Böld, s. S. 21 Fundraising macht Schule Schule macht Fundraising Fundraising für staatliche und private Schulen und Internate 25.-26. Juni 2014, Bad Boll Private wie öffentliche Schulen und Internate haben Stärken, die für das Fundraising genutzt werden können. Personen aus dem Schulleitungsteam erhalten hier das nötige Wissen und Handwerkszeug, um die Schule wettbewerbsfähig zu machen. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers Infos: Romona Böld, s. S. 21 Generationenwohnen Demografie-Fachtagung 30. Juni 2014, Bad Boll Überall gibt es spannende Aufbrüche zu generationenübergreifendem Wohnen. Die demografische Veränderung stellt neue Fragen an die Planung unserer Städte und Gemeinden, die wir anhand zahlreicher Praxis-Beispiele voran bringen wollen. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers Infos: Romona Böld, s. S. 21 Europa nach der Wahl Kamingespäch 3. Juli 2014, Bad Boll Europa hat gewählt – aber wie geht es jetzt weiter? Welche Konsequenzen hat dieser Wahlausgang? Einladung zum Meinungsaustausch über Europa. Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann Infos: Sybille Dahl, s. S. 21 Jugend in Israel und Palästina Hindernisse, Herausforderungen, Hoffnungen 4.-6. Juli 2014, Bad Boll Proteste in Israel, muslimische Solidarität im Zeichen des arabischen Frühlings in Palästina - in diesen Pro-

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zessen bewegt sich die Jugend. Wie sieht sie ihre Situation, welche Zukunft wünscht sie sich? Ein Gespräch mit Aktiven aus der Region und im deutsch-israelisch-palästinensischen Trialog zu diesen Fragen. Tagungsleitung: Simone Helmschrott Infos: Susanne Heinzmann, s. S. 21 Im Internet Spenden sammeln und Menschen bewegen Social Media für NGOs 4. Juli 2014, Bad Boll Die rund 500.000 gemeinnützigen Organisationen sind auf Ehrenamtliche, Spenden und die Öffentlichkeit angewiesen. Das Internet bietet heute kostengünstige Möglichkeiten, diese Bekanntheit zu erreichen. Welche Kanäle eignen sich? Und wie groß ist der Aufwand? Wir bearbeiten diese Fragen in Vorträgen und Workshops. Tagungsleitung: Anna Greve Infos: Sybille Dahl, s. S. 21 Wir sind der neue Werkstattrat! Fortbildungsreihe für Werkstatträtinnen und Werkstatträte, Teil 1 7.-9. Juli 2014, Bad Boll Der Werkstattrat ist die gewählte Interessenvertretung der behinderten Beschäftigten in den Werkstätten. Alle Werkstatträte wurden neu gewählt. Die Tagung will Sie fit machen für die Arbeit als Werkstattrat. Welche Rechte gelten und wie können die Interessen der Beschäftigten vertreten werden? Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Bernd Schatz Infos: Erika Beckert, s. S. 21 Ortskerne unter Druck Fachtagung für kommunale Fach- und Führungskräfte und bürgerschaftlich Engagierte 9.-10. Juli 2014, Bad Boll Koma-Saufen, Wettbüros, Leerstände – viele Ortskerne verlieren ihre Anziehungskraft – mit negativen Auswirkungen. Wie sich solche Entwicklungen vermeiden lassen, erfahren Sie anhand „bester Beispiele“. Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers Infos: Romona Böld, s. S. 21

Mädchen MIT-WIRKUNG! Fit für kommunale Jugendbeteiligung 11.-13. Juli 2014, Bad Boll Die Absenkung des Wahlalters sowie Beteiligungsprozesse in Kommune und Schule ermöglichen breite politische Partizipation. Wir laden Mädchen in dieses Kreativ-Seminar ein. Es arbeitet intergenerativ mit erfolgreichen Frauen, die Mädchen motivieren. Tagungsleitung: Sigrid Schöttle Infos: Marion Heller, s. S. 21 Wer bestimmt die Regeln in der Weltwirtschaft? 11.-12. Juli 2014, Bad Boll Die Globalisierung des wirtschaftlichen Handelns kann nur dann zu mehr Wohlstand und Gerechtigkeit in der Welt führen, wenn sie sich auf gemeinsame Grundregeln und Werte stützt. Wer bestimmt diese Regeln und wer kann sie durchsetzen? Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann, Dagmar Bürkardt Infos: Sybille Dahl, s. S. 21 15. Süddeutsche Hospiztage Ethik und die Würde des Menschen am Lebensende 16.-18. Juli 2014, Bad Boll Wünsche und Entscheidungen am Lebensende sind Ausfluss von lebenslang entwickelten ethischen und religiösen Einstellungen. Es geht um ganz individuelle Werthaltungen, die gleichzeitig auch religiös und kulturell geprägt sind. Tagungsleitung: Dr. Günter Renz Infos: Gabriele Barnhill, s. S. 21 Meditatives Tanzen im Sommer 18.-20. Juli 2014, Bad Boll Ein sommerliches Wochenende mit Kreistänzen nach Melodien aus der internationalen Folkloretradition, nach neuer und klassischer Musik mit Phasen der Stille und des Gesprächs. Tagungsleitung: Susanne Wolf Infos: Andrea Titzmann, s. S. 21

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was kommt? Soziale Marktwirtschaft ein Modell für Europa? Bad Boller Wirtschaftsgespräch 18. Juli 2014, Bad Boll Die „Bad Boller Wirtschaftsgespräche" sind ein Forum für wirtschaftsethische Grundsatzfragen. Eine Tagungsreihe der Evangelischen Akademie Bad Boll in Kooperation mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft BadenWürttemberg. Thema ist die europäische Wirtschaftsordnung. Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann, Dagmar Bürkardt Infos: Sybille Dahl, s. S. 21

Sekretariate: Kontakte Gabriele Barnhill Tel. 07164 79-233, Fax 79-5233 gabriele.barnhill@ev-akademie-boll.de

Reinhard Becker Tel. 07164 79-305, Fax 79-5305 reinhard.becker@ev-akademie-boll.de

Erika Beckert Tel. 07164 79-211, Fax 79-5211 erika.beckert@ev-akademie-boll.de

Romona Böld Tel. 07164 79-347, Fax 79-5347 romona.boeld@ev-akademie-boll.de

Das Messie-Syndrom Seminar für Betroffene 19.-20. Juli 2014, Bad Boll Sie erhalten in einem geschützten Rahmen erste Einblicke in Ihre persönliche Messie-Symptomatik. Mit Hilfe von kreativen Methoden werden Ursachen ergründet. Die positive Absicht hinter dem Chaos soll erforscht werden. Wir entwickeln Lösungsstrategien und erste Schritte von der Erstarrung in die Bewegung und Veränderung. Tagungsleitung: Christa Engelhardt, Veronika Schröter Infos: Erika Beckert, s. S. 21 Selbstmanagement mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) ZRM Grundkurs 24.-26. Juli 2014, Bad Boll s. Tagung vom 24.-26. April 2014 Auf ein Wort, Mutbürger! Wie Literatur politisch wirksam wird Literatursommer Baden-Württemberg 2014 25.-27. Juli 2014, Bad Boll Der Literatursommer steht unter dem Motto „Worte sind Taten“. Wir fragen im Gespräch mit Autorinnen und Autoren nach ihrer Motivation zu politischem Engagement, der Wirksamkeit von Literatur und dem Verhältnis zur Kunst. Tagungsleitung: Susanne Wolf Infos: Andrea Titzmann, s. S. 21 www.ev-akademie-boll.de/programm

Sybille Dahl Tel. 07164 79-225, Fax 79-5225 sybille.dahl@ev-akademie-boll.de

Eliane Bueno Dörfer Tel. 0731 1538-571, Fax 1538-572 eliane.doerfer@ev-akademie-boll.de

Marion Heller Tel. 07164 79-229, Fax 79-5229 marion.heller@ev-akademie-boll.de

Susanne Heinzmann Tel. 07164 79-217, Fax 79-5217 susanne.heinzmann@ev-akademie-boll.de

Conny Matscheko Tel. 07164 79-232, Fax 79-5232 conny.matscheko@ev-akademie-boll.de Karin Nitsch Tel. 07164 79-206, Fax 79-5206 karin.nitsch@ev-akademie-boll.de

Petra Randecker Tel. 07121 161771, Fax 411455 petra.randecker@ev-akademie-boll.de Andrea Titzmann Tel. 07164 79-307, Fax 79-5307 andrea.titzmann@ev-akademie-boll.de

Heidi Weinmann Tel. 0711 351459-30, Fax 351459-55 heidi.weinmann@ev-akademie-boll.de

Heidi Weiser Tel. 07164 79-204 heidi.weiser@ev-akademie-boll.de

Claudia Zimmermann Tel. 07131 98233-14, claudia.zimmermann@ev-akademie-boll.de

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Ziegenkäse mit Paprikagemüse für 4 Personen als Vorspeise oder leichtes Abendessen Zutatenliste / Einkaufsliste 650 g rote Spitzpaprika, geputzt, gewaschen 1 große Zwiebel 2 EL Olivenöl 2 EL Korinthen Chili, getrocknet – nach Belieben 200 g Ziegenfrischkäse in der Rolle oder 4 kleine Ziegenfrischtaler à 50 g Salz Paprika und Zwiebel in kleine Würfel schneiden; beides in einer Pfanne mit Olivenöl andünsten; nach ca. 5 Minuten die Korinthen, Salz und 5 EL Wasser zufügen; dünsten, bis die Paprika weich, aber noch bissfest sind, ungefähr 15 Minuten. Die Ziegenfrischkäserolle in 8 Scheiben aufschneiden oder die 4 einzelnen Käse auspacken. Sieben Minuten vor Ende der Kochzeit das Gemüse abschmecken, eventuell noch Wasser zugeben und die Käsetaler auf das Gemüse legen. Einen Deckel auf die Pfanne setzen, damit der Käse cremig und warm wird. Mit Weißbrot servieren. Wer es scharf mag, kann getrockneten oder frischen Chili verwenden. Spitzpaprika schmeckt – im Gegensatz zu der bekannten Paprikasorte – pfeffrig-pikant und die roten Sorten angenehm süßlich. Paprika hat allgemein einen sensationell hohen Gehalt an Vitamin C – je nach Sorte und Reife bis zu 130 mg in 100 g Fruchtfleisch und beträchtliche Mengen an Vitamin A. Das perfekte Gemüse in der noch etwas vitaminarmen Übergangszeit! Guten Appetit! Martina Waiblinger

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publikationen Aus der Akademie

Publikationen

Benjamin Diehl ist neuer Studienleiter in der „Akademie für Führung und Verantwortung“

Akademiereisen und Ferienangebote 2014 der Evangelischen Akademie Bad Boll in einer Broschüre

Am 1. Januar 2014 hat Benjamin Diehl als Studienleiter an der Evangelischen Akademie Bad Boll im Fachdienst „Akademie für Führung und Verantwortung“ (AFV) begonnen. Der 32-jährige Diplom-Psychologe folgt damit auf Karl Giebeler, der vor zwei Jahren in den Ruhestand verabschiedet worden war. Diehl war zuletzt als Bereichsleiter bei der Bundesagentur für Arbeit tätig. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent an der Technischen Universität Berlin am Lehrstuhl für Ökonomie und Nachhaltigen Konsum. Der Vater von zwei Kindern ist Preisträger des Fördervereins für Wirtschaftspsychologie Mainz e.V. Zusammen mit Susanne Meyder-Nolte bildet er nun das neue Team in der AFV.

Seit Anfang Januar präsentiert die Evangelische Akademie Bad Boll ihre Akademiereisen und Ferienangebote für das Jahr 2014 in einer kleinen Broschüre mit 16 Seiten. Diese kann ab sofort kostenlos angefordert werden oder heruntergeladen werden.

Gängige Führungsmodelle zielen oft einseitig auf Effizienz und kommerziellen Erfolg. Ethische Orientierungen spielen nur am Rande eine Rolle. Führungskräfte geraten deshalb häufig in ein Entscheidungsdilemma. Hier setzt das Weiterbildungsangebot der AFV zur Entwicklung einer „ethisch kompetenten Führungspersönlichkeit“ an. Das Angebot an Coaching und Beratung basiert auf dem systemischen Ansatz der Organisationsentwicklung. Dabei steht der Mensch – die Person im Kontext von persönlichem Lebensumfeld, beruflicher Aufgabe und gesellschaftlicher Verantwortung – im Zentrum. Die Mitarbeitenden der AFV sind Pädagogen und Psychologen mit Zusatzqualifikationen in den Bereichen Supervision, Organisationsentwicklung und Beratung.

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Die Akademiereisen führen in diesem Jahr nach Jordanien, Slowenien und Apulien. Jeweils gibt viel Kultur, Natur und intensive Begegnungen - in Jordanien und Slowenien sind auch einige Wanderungen eingeplant. Die Ferienangebote in Bad Boll sind ebenso vielfältig: Die bekannte und bewährte „Ferienwoche kreativ“ findet vom 3. bis 9. August statt. Hier können sich Jung und Alt in einem inspirierenden und bewegten Miteinander in 17 Workshops kreativ betätigen und viele weitere Programmpunkte für Leib und Seele genießen. Dann stehen eine ganze Reihe literarische Angebote auf dem Programm. Da ist einmal der Literatursommer BadenWürttemberg zu nennen, bei dem es in diesem Jahr um politische Literatur geht, eine andere Tagung befasst sich mit zeitgenössischer Literatur aus Frankreich und die literarischen und philosophischen Sommerakademien haben in diesem Jahr die Romantik zum Thema. Weitere philosophische Angebote beziehen sich einmal auf den tiefgründigsten Philosophen der daoistischen Philosophie Zhuangzi und auf Platon im anderen Fall. Verdis Othello und Wagners Opern Tannhäuser und Der fliegende Holländer sind die diesjährigen Angebote, die sich auf Musik beziehen und bei denen auch viel gesungen wird. Eine interreligiöse Sommerakademie sucht neue Zugänge zu den heiligen Schriften in Judentum, Christentum und Islam und nicht nur um Grundsätzliches geht es bei der Tagung „Sinnvoll reisen“. Wer sich mit Hildegard von Bingen befassen möchte, hat schon im April die Gelegenheit dazu.

Bestellung (kostenlos) bei: Reinhard Becker Akademieweg 11, 73087 Bad Boll 07164 79-305 reinhard.becker@ev-akademie-boll.de Download: In der Rubrik „Programm“ www.ev-akademie-boll.de

Buchtipps zum Schwerpunktthema Die Debatte um Nachhaltigkeit gewinnt aktuell an Farbe und Konkretheit. Innerhalb eines Jahres erschienen u.a. drei profilierte Bücher, die jeweils eine Strategie hin zu mehr Nachhaltigkeit für zentral und chancenreich erklären: Ralf Fücks illustriert auf mehr als 300 Seiten das Potenzial intelligenten grünen Wachstums, das durch Steigerung der Effizienz bei weniger Ressourcenverbrauch mehr Lebensqualität erreichen könne: Intelligent wachsen. Der Chemiker Michael Braungart will zusammen mit dem Architekten William McDonough dem Teufelskreis der Umweltbelastung entgehen, indem er Chancen eines „Upcycling“ aufzeigt: Rohstoffe werden nicht nur nicht weggeworfen, sondern erfahren beim Recycling auch kein Downcycling mehr; sie behalten ihren Wert oder gewinnen sogar noch dazu. Die Autoren scheuen sich nicht ihrem Buch den Titel „Intelligente Verschwendung“ zu geben. Gegenüber diesen optimistischen Szenarien betonen Uwe Schneidewind und Angelika Zahrnt die Notwendigkeit, sich auf das, was genug und ausreichend ist, zu besinnen und sich darüber zu verständigen: Damit gutes Leben einfacher wird. Eine Suffizienzpolitik muss den Weg dazu ebnen. Somit stehen diese Autoren für die drei zentralen Aspekte jeder Nachhaltigkeitsstrategie: Effizienz (Fücks), Konsistenz (insbesondere des Rohstoffkreislaufes, Braungart) und Suffizienz (Schneidewind und Zahrnt). Damit ist schon gesagt, dass es hier nur einen Streit um die Gewichtung dieser Teilstrategien angesichts ihrer

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buchtipp Chancen und Risiken gehen kann. Einig sind sich nämlich alle Autoren im völligen Ernstnehmen der Klimaerwärmung und der Grenzen des (bisherigen) Wachstums. So ist für Ralf Fücks eine Rahmenbedingung des Wirtschaftens, dass „Preise die ökologische Wahrheit sagen müssen“. Dazu kann die Politik den Umweltverbrauch durch Steuern und Abgaben verteuern (und natürlich umweltpolitisch kontraproduktive Subventionen abbauen) und dafür die Abgaben auf den Faktor Arbeit reduzieren. Fücks denkt sogar an eine „internationale Klimabank“, die als Hüterin der Klimastabilität „das alleinige Recht“ hätte, „CO2-Emissionsrechte auszugeben und bei Bedarf zu verknappen, um einer Überhitzung der Erde vorzubeugen“. Auch Michael Braungart und William McDonough können keine rosaroten Brillen vorgeworfen werden. Sie machen sich die Mühe durchzubuchstabieren, wie verhindert werden kann, dass Gebrauchsgegenstände auf der Sondermülldeponie entsorgt werden müssen. Sie machen Vorschläge, wie jedes Element, aus dem sie bestehen, einer weiteren Nutzung zugeführt werden kann. Danach würde es sich verbieten, einen Holztisch mit Giftstoffen herzustellen oder anschließend Spanplatten mit nicht abbaubaren Klebstoffen. Auch als Papier oder Isolationsmaterial bleibt immer die Option der Verbrennung, so dass eine „gesunde Asche … ihre Nährstoffe an die Erde zurückgibt“. Das Prinzip Cradle to Cradle haben sie in Kooperation mit renommierten Firmen ebenso erfolgreich auf Stoffmaterial für Möbelpolster angewandt wie auch auf Kleidung, die Herstellung von Farbe oder eines Stuhls, der als erstes Produkt die Cradle to CradleZertifizierung erhielt. Und ihr Buch ist das einzige auf der Welt, das mit gutem Gewissen kompostiert werden kann. Und für die zentralen Herausforderungen der Stadtentwicklung, der Bodennutzung und -verbesserung und der Energieproblematik haben die Autoren eine Fülle von kreativen Ideen zu bieten, so z. B. die Nutzung von Sym 1/2014

22000 km Eisenbahnnetz in den USA für Sonnenkollektoren zur dezentralen Stromerzeugung.

Verlosung!

Setzen Fücks, Braungart und McDonough ganz auf innovative und intelligente Techniken, so sind Angelika Zahrnt und Uwe Schneidewind der Ansicht, dass wir ohne eine Änderung unserer Ansprüche und einer Besinnung darauf, was für gutes Leben essentiell bzw. entbehrlich ist, die Kurve nicht bekommen werden. Ihre Suffizienzüberlegungen sind auch anthropologisch und philosophisch-ethisch interessant: Als Menschen können wir immer wieder neue Bedarfe entwickeln. „Gelungenes menschliches Leben besteht gerade darin, nicht jedem Bedarf hinterherzulaufen.“ (S.15) Daneben hat aber eine Suffizienzpolitik den entscheidenden Vorteil, dass sehr schnell eine CO2-Verminderung und Energieeinsparungen erzielt werden können, etwa durch ein Tempolimit. Es bleibt zu wünschen, dass alle drei (Teil-)Strategien wissenschaftlich, politisch und gesellschaftlich kreativ und beharrlich verfolgt werden – damit auch unsere Kinder und Enkelkinder die Erde als lebensfreundlichen Ort erfahren können.

„Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand“ lautete das Thema des Vortrags, den Harald Welzer am 25. Januar in Bad Boll hielt. Das ist auch der Titel seines gleichnamigen Buches, das 2013 im S. Fischer Verlag veröffentlicht wurde. Drei Exemplare hat der Verlag uns zur Verfügung zur Verlosung gestellt.

Michael Braungart, William McDonough Intelligente Verschwendung: The Upcycle: Auf dem Weg in eine neue Überflussgesellschaft Oekom Verlag, 2013

Machen Sie mit und lesen Sie das Buch, das „die Abgründe des erdrückenden Konsumwahns und politischen Illusionstheaters auslotet und zeigt, wie viele konkrete und attraktive Möglichkeiten zum widerständigen und guten Leben es gibt. Die ersten Schritte sind ganz einfach: sich endlich wieder ernst nehmen, selbst denken, selbst handeln.“ (aus der Verlagsinformation). Schreiben Sie uns. Wir sammeln bis 18. März. Dann entscheidet das Los und bis Ende März ist das Buch bei Ihnen!

Uwe Schneidewind, Angelika Zahrnt: Damit gutes Leben einfacher wird. Perspektiven einer Suffizienzpolitik Oekom Verlag, 2013 Ralf Fücks Intelligent wachsen. Die grüne Revolution Hanser Verlag, 2013

Mails, Postkarten oder Briefe an: Harald Welzer Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand S. Fischer Verlag, 2013 (TB 2014)

Redaktion SYM Akademieweg 11, 73087 Bad Boll martina.waiblinger@ ev-akademie-boll.de

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onlinedokumente Onlinedokumente Alle Onlinedokumente finden Sie unter: www.ev-akademie-boll.de/ onlinedokumente Junge Menschen im Gefängnis. Pädagogische und bildungspolitische Herausforderungen im Jugendstrafvollzug Tagung vom 9. bis 10. Januar 2014 in Bad Boll Erfolgreiche Bildungsabschlüsse sind wesentlich für eine gelingende Rückkehr in die Gesellschaft und ein straffreies Leben. Den vielen jungen Menschen in baden-württembergischen Justizvollzugsanstalten sollen durch weiterentwickelte Bildungsangebote neue Chancen eröffnet und die Bildungsgerechtigkeit erhöht werden. Ministerialdirektor Dr. Jörg Schmidt sprach zum Thema „Bildungspolitik an den Rändern der Gesellschaft. Zur Weiterentwicklung von Bildungsangeboten für gefährdete junge Menschen und junge Gefangene.“ Identität in der Virtualität Was geschieht mit dem Mensch im Netz? Tagung am 22. November 2013 in Stuttgart Die Informations- und Kommunikationstechnik verändert die Arbeitswelt tiefgreifend. Arbeitende Menschen erhalten als natürliche Subjekte im Internet einen künstlichen Schatten, ihr „virtuelles Ich“. PD Dr. Andreas Boes, ISF München, zeigte eine Powerpointpräsentation zum Thema „Neue Arbeits-Technik – Welten und Subjektivität“. Konsultation zur EKD-Orientierungshilfe Zwischen Autonomie und Angewiesenheit Tagung vom 22. bis 23. November 2013 in Bad Boll Seit der Rat der EKD im Juni die Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ veröffentlicht hat, ist eine lebhafte Debatte in Gang gekommen. Mit Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern aus der Ad-hoc-Kommission, aus der

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Landeskirche und der Kirchenpolitik, aus der wissenschaftlichen Theologie und aus der Kirchenleitung wurden die aufgeworfenen Fragen zur Bedeutung von Ehe und Familie diskutiert. Auf unserer Internetseite können Sie folgende Beiträge lesen bzw. anhören: Dr. Insa Schöningh, Berlin „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familien als verlässliche Gemeinschaft stärken“ Oberkirchenrätin Cornelia CoenenMarx, Hannover „Zur Debatte um die Orientierungshilfe des Rates der EKD“ Prof. Dr. Peter Dabrock, Erlangen „Ehe und Familien – institutionentheoretische Überlegungen in evangelischer Perspektive“ Prof. Dr. Wilfried Härle, Heidelberg „Die theologische Orientierung der Orientierungshilfe“ Prof. Dr. Isolde Karle, Bochum „Ist die Ehe ein Auslaufmodell? Soziologische und theologische Überlegungen“ Podiumsdiskussion mit Gesprächskreisen, Audio Gut - Besser – zukunftsfähig. Wie geht‘s? Tagung vom 24.-26. Januar in Bad Boll Harald Welzer sprach auf der Tagung zum Thema, das auch Titel seines Buches „Selbst denken. Widerstand leisten“ ist (s. a. S. 10/11 und S. 23). Den frei gehaltenen Vortrag können Sie anhören oder downloaden. Christoph Bausch Texte aus fünf Jahrzehnten 80 Seiten eingescannte Predigten und Texte zu verschiedenen Anlässen sind eingescannt und können im Internet abgerufen werden. Unter den Texten ist auch die Abschiedsrede von Christoph Bausch, die auf Seite 3 in Auszügen zu lesen ist.

Berichtigung Leider sind uns in der letzten Ausgabe von SYM 2013-4 zwei Fehler unterlaufen. 1. Seite 23 in der Spalte „Verlosung“ steht am Anfang: „Anlässlich ihres 80. Geburtstags war Bärbel

Wartenberg-Potter …“. Das muss natürlich lauten: „Anlässlich ihres 70. Geburtstags“, wie es auch in der Spalte links daneben steht. 2. Seite 9 steht im Bildtext auf der linke Spalte: Rufo (Bildmitte) war einst Oromo Sklave. Das muss lauten: Rufo (Bild vorne links, sitzend). Wir bitten diese Fehler zu entschuldigen!

Impressum SYM – Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll 11. Jahrgang 2014, Heft 1/2014 ISSN: 1613-3714 Herausgeber: Evangelische Akademie Bad Boll (Dr. Jörg Hübner) Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Martina Waiblinger Redaktion:  Martina Waiblinger Fotonachweis: Argazki Press, Gaizka Iroz, S. 18; Campact.de: S. 8; Giacinto Carlucci, 12; ekd.de, S. 16; Claire Fackler, NOAA National Marine Sanctuaries: S. 6; Thilo Fitzner: S. 2 (1); Fotolia - byheaven: S.4; Inkota, S. 14; Claudia Mocek: S. 2 (1), 15; Martina Waiblinger: S. 3, 10, 22, Rückseite; Uwe Walter: S. 2: (1); Photocase, nonuniform; S. 17; Photocase, skaisbon: S. 7; picture alliance / Sueddeutsche Zeitung , Rumpf, Stephan: S. 6 (1); picture alliance / dpa, Simela Pantzartzi: S. 6 (1); privat: S.9; 14; TransFair e.V. / C. Nusch: S. 13; Achim Tribillian: S. 11; SYM erscheint vierteljährlich. Anschrift des Herausgebers: Evangelische Akademie Bad Boll Akademieweg 11, 73087 Bad Boll Tel. (07164) 79-0 E-Mail: info@ev-akademie-boll.de Redaktion: martina.waiblinger@ ev-akademie-boll.de Tel. (07164) 79-302 www.ev-akademie-boll.de Das Papier wurde chlorfrei und säurefrei gebleicht. Druckerei: Mediendesign Späth GmbH, 73102 Birenbach Layout: Werbeatelier Waiblinger 72070 Tübingen

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Das Un-Nütze als Garant wahren Lebens Von Henrik Jäger „Eines der herrlichsten Bücher Chinas“ nannte Hermann Hesse das Werk des Zhuangzi (lies: Dschuangdse), des wirkungsreichsten daoistischen Dichterphilosophen aus dem 4./3. Jh. v. Chr. Dieser Autor war für ihn ein „Meister des Gleichnisses“. Das Buch hat viele Generationen chinesischer Gelehrter wegen seiner Schönheit begeistert. Ein Kaiser im 12. Jh. n. Chr. meinte sogar, keine Frau könne so schön sein wie dieser Text. Die Gelehrten waren von der kreativen, paradoxen Weisheit und literarischen Qualität des Textes beeindruckt, der gewohnte Denkweisen auf den Kopf stellt. Gerade darin liegt auch seine Aktualität: das Nicht-Messbare und das Un-Nütze als Garanten wahren Lebens ins Bewusstsein zu rücken. Wieder und wieder betont Zhuangzi, dass ein Bewusstsein, das alles von vorne bis hinten durchplant, absurd erscheint – weil es gegen die Gesetze des Lebens verstößt. Da die „nutzlosen Worte“ des Zhuangzi aus einer anderen Welt und Zeit kommen, verblüfft es umso mehr, wie aktuell diese bei genauerem Hinhören klingen. So schreibt der Autor zum Beispiel, dass die Menschen immer mehr wissen und technisch beherrschen wollen, dabei aber nicht bedenken, welche Auswirkungen dies auf die Natur hat: 故上悖日月之明,下睽山川之精, 中墮四時之施。 „So bewirken sie, dass das Licht von Sonne und Mond in seiner Wirkung immer greller wird und seinen Rhythmus verliert, dass die Lebenskraft von Bergen und Flüssen aufgebraucht wird und versiegt. Letztlich lösen sie die Ordnung der vier Jahreszeiten auf und bringen sie zum Kippen.“ (7.5) Die Naturzerstörung kommt von einem Denken, das sich nur noch auf Einzelphänomene spezialisiert und

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den Blick für das Ganze des Lebens verloren hat: 判天地之美,析萬物之理,察古人 之全,寡能備於天地之美。。。 „Sie zerschneiden die Schönheit von Himmel und Erde, sie zerspalten die lebendige Ordnung aller Wesen und erforschen einzelne Aspekte dessen, was für die Alten ein Ganzes war. Wenige sind es, die die Schönheit von Himmel und Erde in ihrem Denken umfassen…“ (7.1.) Auch wenn manches bei diesem Autor fremd und ungewohnt klingt, so kann man einiges entdecken, was den Sinn für die zerbrechliche und kostbare Schönheit weckt, die alles Leben seit Jahrmillionen nährt. Sie mag jener Schönheit gleichen, die ein Astronaut erfährt, wenn er das erste Mal am Horizont der Mondoberfläche die Erde aufgehen sieht … Diese Verletzbarkeit und Zerbrechlichkeit des Lebens passt nicht in die Strategien der Machbarkeit und Kontrolle, des Wachstums und der Selbstbereicherung unserer Zeit. Dies ist insofern eine recht banale Feststellung, als dass man sich tatsächlich irgendwann sehr klar zwischen der Haltung Jesu, die um das Wunder

und das Einmalige des Lebens weiß, und der Haltung der Pharisäer, die überzeugt sind, mit ihrem Wissen und ihrer Macht auf dem richtigen Weg zu sein, entscheiden muss. Obwohl es zwischen christlicher Botschaft und daoistischem Freisinn deutliche Unterschiede gibt, kann man gemeinsame Schnittmengen entdecken. Eine davon ist unmissverständlich die Verantwortung jedes Einzelnen für das Leben als Ganzes: Alles Starren auf der Unlösbarkeit der großen Weltprobleme, die das Leben in unvorstellbarer Weise gefährden, entschuldigt nicht unsere eigene Lauheit und Bequemlichkeit. Wenn uns Menschen wie Zhuangzi oder Jesus in die Augen sehen, wird dies spürbar. Vielleicht ginge es uns dann ebenso wie dem Astronauten, der das erste Mal den Erdaufgang erlebt. Dr. Henrik Jäger ist Referent der Philosophischen Sommerakademie vom 30.8. bis 3.9.2014, in der es um Zhuangzi und sein Werk geht. Mehr zu Zhuangzi und der Ausgabe „Mit den passenden Schuhen vergißt man die Füße“ unter: www.henrikjaeger.de


Abs. Evangelische Akademie Bad Boll, Akademieweg 11, 73087 Bad Boll – Postvertriebsstück 64670 – Entgelt bezahlt

Nachhaltig Wirtschaften in der Akademie – zum Beispiel in der Wäscherei Vor einigen Jahren wurde eine umfassende und genaue Berechnung vorgenommen: Was ist billiger und nachhaltiger – die Wäsche in eine Großwäscherei zu geben oder selbst zu waschen? Es ist ziemlich komplex, dabei alle Faktoren zu berücksichtigen. Das Ergebnis war aber eindeutig: Die Wäsche selbst zu waschen ist nachhaltiger und billiger. Ein Grund ist, dass man viel mehr Wäsche vorhalten muss, wenn ein Teil immer zum Waschen unterwegs ist. Ferner können die Mitarbeiterinnen ermitteln, wie schmutzig die Wäsche ist und entscheiden, wieviel Waschmittel benötigt wird, ob man Fleckenentferner benötigt etc. Wenn die Wäsche in Großwäschereien gewaschen wird, geht sie schneller kaputt, weil dort mehr Waschmittel und bei Tischwäsche mehr Stärke verwendet wird. Das Waschen in der Akademie spart natürlich Geld. Es wird nur umweltfreundliches Waschmittel verwendet – mit wenig Bleichmittel und ohne Phosphate. Es entstehen keine Energiekosten durch die Fahrten von und zur Wäscherei. Es müssen keine Warenein- und ausgänge kontrolliert werden. Und es ist gesichert, dass die Mitarbeiterinnen nicht schlecht bezahlt werden oder ohne Arbeitsvertrag arbeiten müssen. Die Mitarbeiterinnen in der Akademie haben alle einen Arbeitsvertrag und können – wenn es wenig Wäsche gibt – in anderen Bereichen arbeiten. Fotos: oben: Michaela Rupf-Bolz, darunter: Waltraud Moser (li) und Magdalena Walz, links: Sofia Wanner-Makradou; unten links und rechts: Margret Lummitsch, Mitte: Olga Steinmetz


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