Universum Frauen und Karriere 2014

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UNIVERSUM

NOVEMBER 2014

Frauen und Karriere

Exklusiv

16 TopUnternehmen im Interview

Mehr Sinn im Job

Was Frauen in ihrem Beruf erwarten

EINE KOOPERATION VON

UND


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Was Frauen heute wollen Die Studien des Employer-BrandingUnternehmens Universum zeigen: Frauen haben andere Erwartungen an ihren Job als Männer.

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Wie Frauen früher arbeiteten Einst waren den Frauen viele Berufe verwehrt: Der lange Weg, bis Frauen Karriere machen durften.

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Top-Arbeitgeber im Interview Von ALDI bis UBS: 16 Unternehmen stellen vor, welche Karrieren Frauen bei ihnen offenstehen.

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Nachgefragt Kolumnistin Kafi Freitag über ihre Laufbahn, ihre Arbeit als Coach und ihre neue Plattform tribute.ch.

Liebe Leserinnen und Leser Dass Frauen Teil der Arbeitswelt sind, ist kein neues Phänomen. In Familienbetrieben sind Frauen seit je fest eingebunden, und auch in anderen, als «Männerberufe» deklarierten Bereichen wurden Frauen schon vor Jahrzehnten eingesetzt. Wie sich die Rolle der Frau im Beruf im Lauf der Zeit geändert hat, erfahren Sie in unserem historischen Rückblick ab Seite 8. Bis heute sind Frauen jedoch noch nicht gleichgestellt, insbesondere sobald sie Mutter werden. Viele hoch qualifizierte Frauen ziehen sich nach der Familiengründung teilweise oder ganz aus dem Berufsleben zurück. Woran das liegt und was die Unternehmen tun müssen, um weibliche Talente im Arbeitsmarkt zu behalten, erfahren Sie ab Seite 4. Viele Unternehmen haben bereits erkannt, wie wichtig ihr weibliches Humankapital ist, und treffen Massnahmen, um ihre Mitarbeiterinnen zu halten und zu fördern. Flexible Arbeitsmodelle, Jobsharing auf Kaderebene, Homeoffice und Teilzeitarbeit werden in den porträtierten Unternehmen gelebt und gefördert. Lesen Sie ab Seite 11 mehr über die inspirierenden Berufswege erfolgreicher Frauen aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern, und werfen Sie einen Blick in die Arbeitswelt von morgen! Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Lesen.

Bild Cover: Getty Images; Fotos: Jorma Müller, Prisma, RDB

Yves Schneuwly, Country Manager Universum Schweiz Ich freue mich auf Ihr Feedback: yves.schneuwly@universumglobal.com

Impressum Publisher: BILANZ, Axel Springer Schweiz AG, Förrlibuckstrasse 70, Postfach, 8021 Zürich, www.bilanz.ch, Telefon 043 444 55 20, in Zusammenarbeit mit Universum Communications Switzerland AG, Mülhauserstrasse 50, 4056 Basel, Tel. 061 385 55 00, Fax 061 385 55 99, www.universumglobal.com Redaktion: Erik Nolmans, Vera Sohmer Gestaltung: Berit Bisig, Michael Müller Produktion: Christian Wapp Bildredaktion: Remo Lötscher, Susanne Borer Fotos: Paolo Dutto (Kundenprofile) Korrektorat: Thomas Basler, Natascha Fischer, Andreas Ritter Anzeigen: Sandra Bruderer, Tobias Hunziker, Désirée Michel Druck: Swissprinters AG, Zofingen Universum Group: Group CEO Petter Nylander, CEO Switzerland Yves Schneuwly Universum Project Manager: Channa Mizrachi, channa.mizrachi@universumglobal.com Universum Account Manager: Nelly Riggenbach Hasler, nelly.riggenbach@universumglobal.com, Yves Schneuwly, yves.schneuwly@universumglobal.com, Louis de Montmollin, louis.demontmollin@universumglobal.com, www.universumglobal.com, www.careerstep.ch

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Was Frauen wollen

Die Erwartungen von Frauen an ihren Arbeitgeber unterscheiden sich stark von jenen der M채nner, wie Studien des auf Employer Branding spezialisierten Beratungsunternehmens Universum zeigen. Wichtig sind ethisches Gesch채ftsgebaren und sinnstiftende T채tigkeiten.

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Hoch im Kurs Frauen bevorzugen Berufe in der Ausbildung und der Wissenschaft. Auch in Nicht-Regierungs-Organisationen möchten sie sich einbringen.

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Fotos: Prisma, Okapia, Alimdi

Wichtige Kriterien Frauen legen grossen Wert auf die Firmenkultur. Wo gerne gearbeitet wird, ist die Performance besser.

s war eine aufsehenerregende Meldung, die jüngst durch die Presse ging: 50 000 Hausfrauen mit abgeschlossenem Studium oder höherer Berufsausbildung gab es 2013 in der Schweiz, wie die Zahlen aus der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (Sake) zeigen. Nicht nur eine Verschwendung von Ressourcen, auch ein «miserabler Return on Investment», so Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch. Rund 5,75 Milliarden Franken wurden in die Hochschulausbildung von Frauen investiert, die zurzeit nicht in ihrem Beruf arbeiten. Vergeudetes Geld und Know-how. Was diese Talente an Wissen und Kreativität mitbringen, kann die Wirtschaft nicht nützen. Das soll doch jede Frau so machen, wie sie es für richtig hält, lautet der Einwand oft. In der Tat gibt es gut ausgebildete Mütter, die sich bewusst dafür entscheiden, die ersten Jahre ganz fürs Kind da zu sein. Dafür kündigen sie ihre Stelle; das gilt es zu akzeptieren, und man soll nicht darüber werten. Für andere aber ist klar: Sie wollen wegen ihrer Familie nicht aufhören zu arbeiten. Dass sie aufgrund mangelnder Optionen gezwungen sind, ihre Stellen und ihre Laufbahnen aufzugeben, ist nicht zielführend. Umfragen des Employer-Branding-Unternehmens Universum (siehe Grafik «Langfristige Karriereziele» auf Seite 6) zeigen es deutlich: Hochschulabsolventinnen legen Wert auf eine gute Work-Life-Balance. Die jungen Frauen sehen keinen Sinn darin, sich zwischen Familie und Beruf aufzureiben. Sie wollen beides, und sie wollen beidem gerecht wer-

den, ohne dabei auszubrennen. Grundlagen dafür sind Strukturen und eine Firmenkultur, die dies möglich machen. «Die Kultur eines Unternehmens hat einen wesentlichen Einfluss auf die Wahl eines Arbeitgebers – bei Frauen noch stärker als bei Männern», sagt Yves Schneuwly, Country Manager Schweiz von Universum. Er verweist auf die Erhebung zu den wichtigsten Auswahlkriterien für den idealen Arbeitgeber, wo der Aspekt «Kultur und Leute» bei den Frauen mit 30 Prozent an erster Stelle kommt. Bei den Männern rangieren die Charakteristiken des Jobs selber ganz oben (siehe Grafik «Wertegetrieben» auf Seite 7).

BERUF UND FAMILIE Viele Firmen reagieren darauf und pflegen eine familienfreundliche Firmenkultur. Sie verweisen auf messbare Kriterien wie Teilzeit- und Jobsharing-Statistiken, Jahresarbeitszeit oder Krippenplätze. Einzelne Firmen geben auch Vaterschaftsurlaub, etwa fünf statt der gesetzlich vorgegebenen ein oder zwei Tage. Damit ist es aber nicht getan.

«DIE GENERATION Y MÖCHTE EINEN TIEFEREN SINN IN IHRER ARBEIT ERKENNEN.» YVES SCHNEUWLY Wie in der Praxis mit dem Thema umgegangen wird, darauf kommt es an. Denn ob und wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie akzeptiert und gelebt wird, lässt sich aus keiner Broschüre herauslesen. Die Erfahrung vieler Kaderfrauen ist, dass viele Unternehmen offener mit der Frage umgehen, wie Väter und Mütter ihren Alltag am besten organisieren können. Dies freilich auch im eigenen Interesse. Eltern, die emotional und zeitlich unter Druck stehen, bringen im Beruf keine gute Performance. Die schaffen sie nur, wenn sie am einen Ort die Batterien für den anderen Ort aufladen können.

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Jobwahl: Die Kriterien

Quelle: Universum Swiss Student Survey 2008–2013

Die Präferenzen von Frauen und Männern

Die Top 8 der beliebtesten Branchen Nennungen in Prozent

Frauen

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Ausbildung und Wissenschaft

22

24

Management- und Strategieberatung

22 23

Ausbildung und Wissenschaft

19 19

Öffentlicher Sektor Management- und Strategieberatung Health Care Tourismus Mode und Luxusgüter

10

17 16 11 11 10 10

Medien und Werbung

14

Pharma und Biotechnologie

21

14

20

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Nicht-Regierungs-Org. (NGO) Non-Profit-Org. (NPO) –

16

8

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22 23

Öffentlicher Sektor

16

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Banken

23

Nicht-Regierungs-Org. (NGO) Non-Profit-Org. (NPO) – Medien und Werbung

Nennungen in Prozent

Männer

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7 7

Tourismus

13

9

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Langfristige Karriereziele Herausforderung im Job

Work-Life-Balance Prozent 70

Frauen

Sicherheit und Stabilität im Job

Prozent 50

65%

Prozent 40

38%

43% 60 40

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Männer

20

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Die Top 5 der beliebtesten Arbeitgeber Männer

Frauen Rang

Rang

Nestlé

1 2

IKRK

3

Die Bundesverwaltung

Google

1

2

2

3

3

3

4

4

4

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Nestlé

UBS

2

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Credit Suisse

Novartis

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Google

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Die Bundesverwaltung

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Wertegetrieben

Was Männern und Frauen bei der Wahl des idealen Arbeitgebers wichtig ist

Reputation und Image

JobEigenschaften 19%

29%

23%

30% Entlöhnung und Karrierechancen

UnternehmensUnterneh kultur und Leute

Reputation und Image

JobEigenschaften

19%

29%

25% 27% Entlöhnung und Karrierechancen

Unternehmenskultur und Leute

Bescheidene Frauen Erwartetes Jahressalär bei der ersten Anstellung nach dem Studienabschluss, im Durchschnitt

Männer Frauen

71075 Fr.

81909 Fr.

Der Patron oder die HR-Managerin zeigen deshalb vermehrt Verständnis, wenn Mitarbeitende mit konkreten Anliegen und Ideen kommen: Ist es möglich, meine Tochter abends dreimal in der Woche von der Krippe abzuholen? Kann ich auch als Vater daheim bleiben, wenn mein kleiner Sohn krank ist? Meine Kollegin und ich könnten uns die Abteilungsleitung im Tandem vorstellen und haben dazu Vorschläge ausgearbeitet. Können wir darüber diskutieren? Unkonventionelle Lösungen sind gefragt, Vorgesetzte, die mit- und querdenken. Laut Angelika Bräm, Geschäftsführerin der Firma Evalution, die auf die Vermittlung von Kaderfrauen spezialisiert ist, sind gut ausgebildete Frauen wählerisch – und sie dürfen und sollen es sein. Sie legen Wert auf eine Firmenkultur, in der sie über schwierige Dinge offen und direkt reden können. Sie wollen etwas Nützliches und Sinnvolles tun, einen Beitrag leisten für die Gesellschaft. Führungsfunktionen wählen viele Frauen deshalb oft nicht aus schierem Karriere- und Prestigedenken, sondern deshalb, weil damit ihr Spiel- und Wirkungsraum grösser wird – und sie sich so mit ihrem Team ganz in den Dienst einer Sache stellen können. Die Berufsfrauen achten zudem genauer darauf, ob ein Unternehmen moralisch tadellos agiert. Ein Grund, warum Berufseinsteigerinnen und berufstätige Akademikerinnen etwa dem Finanzsektor eine Zeit lang den Rücken gekehrt haben. Allmählich dürfte sich das Bild wieder ändern. «Die Banken haben in den letzten Jahren im Rahmen ihrer Corporate Governance viel dafür getan, ihr angekratztes Image aufzubessern», sagt Bräm. Und sie werden sich in den kommenden Jahren noch einmal fundamental ändern. Somit dürfte die Finanzbranche auch für Frauen weiter attraktiver werden.

SINNSTIFTENDE ARBEIT Eine Trendwende in der Finanzbranche: Bei den meistpräferierten Branchen hat der Bankensektor in der Gunst der Frauen in den letzten Jahren leicht verloren, eine Entwicklung, die allerdings auch bei den Männern zu beobachten ist. Dennoch: Mit 22 Prozent ist der Bankenbereich noch immer die begehrteste Branche für Männer, bei den Frauen ist es mit 24 Prozent der Bereich Ausbildung und Wissenschaft (siehe Grafik «Die Top 8 der beliebtesten Branchen» auf Seite 6). Auch die NGOs, die Nicht-Regierungs-Organisationen, stehen bei Frauen hoch im Kurs. «Die Generation Y möchte

einen tieferen Sinn in ihrer Arbeit erkennen. Das schlägt sich im Ranking der beliebtesten Branchen insbesondere bei den Frauen nieder», so Yves Schneuwly. Stark sind die Unterschiede auch heute noch beim Lohn, werden Frauen doch immer noch schlechter bezahlt. Bei gleicher Qualifikation und identischer Ausbildung beträgt der Unterschied beim Einstiegslohn laut Bundesamt für Statistik 280 Franken pro Monat. Die Zahlen zeigen zudem, dass die Lohnentwicklung bei Männern steiler verläuft als bei Frauen. Eine UniversumUmfrage bestätigt: Hochschulabsolventinnen gehen mit weit niedrigeren Lohnerwartungen ins Vorstellungsgespräch als ihre Kollegen (siehe Grafik «Bescheidene Frauen» links). Sie bescheiden sich also von vornherein, obschon sie genau die gleichen Voraussetzungen mitbringen.

HÄRTER AUFTRETEN Sie sollten forscher auftreten und härter verhandeln, lautet eine Forderung. Sie können durchaus auch pokern, aber dazu benötigen sie zuverlässige Informationen. Die Schweiz kennt keine Lohntransparenz, entsprechend schwierig ist es, sich zuverlässige Quellen zu erschliessen. HR-Experten empfehlen Fir-

«GUT AUSGEBILDETE FRAUEN SIND WÄHLERISCH. SIE DÜRFEN UND SOLLEN ES SEIN.» ANGELIKA BRÄM men, sich dem «Logib-Test» des Bundes zu unterziehen. Der liefere Anhaltspunkte über die Lohnstruktur. Der Bundesrat will Firmen zu regelmässigen Lohnanalysen verpflichten, um Diskriminierungen aufzudecken. Für die künftige Positionierung der Frau im Arbeitsprozess dürfte dies entscheidend sein. Solange Männer mehr verdienen, bleibt das Bild des Mannes als Ernährer der Familie gefestigt. Paare haben heute vermehrt den Wunsch, sich Familien- und Erwerbsarbeit zu teilen, denken vielleicht sogar über einen Rollentausch nach. Das geht aber nur, wenn Frauen gleich viel Geld nach Hause bringen wie Männer. Lohngerechtigkeit ist also auch • ganz im Sinne moderner Väter.

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Frauen im Beruf: Von der Lückenbüsserin zur Kämpferin.

1939 Anbauschlacht: Während des Zweiten Weltkriegs besetzten Frauen viele Männerberufe.

1850 Frauen in der Textilindustrie: Im 19. Jahrhundert war der Einsatz jedes Einzelnen gefragt.

Der lange Weg Das Bild der Frau als Hausfrau und Mutter geht an der Realität vorbei. Frauen waren immer erwerbstätig, und um die Kinder haben sich auch die Männer gekümmert. Ein historischer Rückblick. Eine strenge Rollenteilung kannte man zur Blütezeit der Schweizer Textilindustrie im 19. Jahrhundert nicht. Der Einsatz jedes Einzelnen war gefragt. Erst recht zu jener Zeit, als Zwischenhändler Auftragsarbeiten an die Haushalte vergaben. Daheim wurden dafür Handstickmaschinen aufgestellt, oft in Anbauten an die Wohnhäuser. Der Ehemann bediente die Maschine, während die Ehefrau das Einfädeln der Nadeln und das Überwachen der Stickerei übernahm. Oder die Kinder, je nachdem. Auf die kleineren, die das noch nicht konn-

ten, passte der Grossvater auf oder die ledige Schwägerin, die mit im Haushalt lebte. Und war die Mutter noch mit Ausbesserungsarbeiten beschäftigt, kümmerte sich der Vater um die Kinder oder kochte für die ganze Hausgemeinschaft. Das flexible System funktionierte selbstverständlich, es ging alles Hand in Hand. Die perfekte Idylle? Keineswegs, betont Historikerin Elisabeth Joris. Die Armut sass den Familien im Nacken, sie arbeiteten hart, und dass alle zusammenspannten, war schlicht notwendig, um die Existenz zu

sichern. Das zeigt: Frauen hatten einen wesentlichen Anteil daran, den Lebensunterhalt zu sichern. Ihr Part war ebenso wichtig wie der des Mannes. Ohne ihren Beitrag hätte die Familie kaum überleben können.

GEHILFINNEN OHNE LOHN Arbeitende Frauen gab es in der Schweiz praktisch immer. Kleinere Familienbetriebe waren ohne deren tatkräftige Mitarbeit nicht wirtschaftsfähig, und dies ist bis heute so. Elisabeth Joris: «Soll die Frau berufstätig sein? Diese Frage stellte sich im Gewerbe

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1971 Kampagne fürs Frauenstimmrecht: Vorher waren den Frauen viele Berufe verwehrt.

1960

Fotos: RDB, Keystone (2), PR

Begehrte Sekretärinnen: Männer leiteten, Frauen führten die Arbeiten aus.

gar nie.» Natürlich arbeitete sie im Betrieb, Eheleute waren Arbeitspaare, und oft war die Frau Dreh- und Angelpunkt. Sie kümmerte sich um Aufträge, Offerten, Rechnungen, zahlte Löhne aus, war Ansprechpartnerin für die Angestellten. Dennoch waren in aller Regel Männer die Besitzer des Betriebs, während die Ehefrauen als «Gehilfinnen des Ehemanns» galten. Folglich bezogen sie keinen Lohn, waren nicht einmal angestellt. Und kam es zu Trennungen, gingen sie finanziell leer aus. Erst seit 1997 werden die AHV-Beiträge unabhängig vom Zivilstand berechnet, und erst seit 2000 steht der Ehefrau bei der Schweidung die Hälfte des BVG-Guthabens zu. Wer sich die Geschichte arbeitender Frauen in der Schweiz anschaut, stösst auf wichtige Errungenschaften und Durchbrüche, aber auch auf Ungleichbehandlung. So waren Arbeiterinnen in den Fabriken meistens zu schlechteren Bedingungen beschäftigt, obschon sie über spezifisches Wissen verfügten. Eine Weberin beispielsweise

genoss hohes Ansehen, ihre Erfahrung war enorm wichtig. Dennoch stagnierte ihr Lohn auf tiefem Niveau, während sogar jener einer männlichen Hilfskraft schneller stieg. Im Schnitt verdienten Männer das Doppelte. «Lohnungleichheit hat in der Schweiz Tradition», sagt Elisabeth Joris. Angst vor Lohndumping – das war mit ein Grund dafür, warum sich bestimmte Branchen und Verbände noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Händen und Füssen dagegen wehrten, Frauen ebenfalls eine Ausbildung zu ermöglichen. Der Kaufmännische Verband ist ein Beispiel dafür – erstaunlich angesichts der Tatsache, dass die KV-Lehre heute bei jungen Frauen der Favorit schlechthin ist. Es heisse Kaufmann und nicht Kauffrau, lautete das Argument. Letz-

teres bedeute eine Abwertung des Berufsstandes, die man unmöglich hinnehmen könne. Schliesslich aber beschloss der Zürcher Kantonsrat 1906, die Lehrabschlussprüfung auch für Frauen obligatorisch zu machen. Der Verband fand sich damit ab.

TIPPEN: FRAUENSACHE Büroangestellte waren damals gesucht, denn der Dienstleistungssektor wuchs. Frauen sassen in den Büros meistens an den Schreibmaschinen, was Männer in der Regel nicht taten. Das Eintippen war für sie erst mit der Erfindung der Rechenmaschine interessant. Zahlen seien Männersache. Welchen Tätigkeiten Frauen nachgingen, war oft konjunkturabhängig. Waren viele Angestellte gefragt, durften Frauen dort

«SOLLTE DIE FRAU BERUFSTÄTIG SEIN? DIESE FRAGE STELLTE SICH IM GEWERBE NIE.» HISTORIKERIN ELISABETH JORIS 2014 | UNIVERSUM 9

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Stellen besetzen, in denen eher Männer tätig waren. Sie arbeiteten etwa als Telegrafistinnen und wurden nach Hause geschickt, als es der Wirtschaft wieder schlechter ging. Waren die Männer anderweitig verpflichtet, konnten Frauen in die Bresche springen. Während des Zweiten Weltkriegs mussten Männer in den Militärdienst. Plötzlich gab es in Basel Tramchauffeurinnen – Ehefrauen der Tramfahrer. Sie sorgten mit ihrem Interimseinsatz dafür, dass die Stellen ihrer Männer erhalten blieben. Einen Lohn erhielten sie keinen, lediglich ein Sackgeld. Nach dem Militärdienst übernahmen die Männer wieder das Ruder. Interessant in diesem Zusammenhang: Noch bis in die 1970er Jahre gab es in Zürich keine einzige Tramchauffeurin. Die Gewerkschaften wussten es zu verhindern.

WAREN DIE MÄNNER ANDERWEITIG VERPFLICHTET, SPRANGEN FRAUEN IN DIE BRESCHE. Frauen und Erwerbstätigkeit – das Feld war in der Schweiz lange ideologisch besetzt. Bestimmte Bereiche sollten ihnen verschlossen bleiben. Es gab Gesetze, die Frauen nicht zur Beamtenschaft zuliessen. Arbeiteten sie als Lehrerin und heirateten, wurden sie entlassen. Harsche Kampagnen wurden seit der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre immer wieder geführt gegen das «Doppelverdienertum». Und schliesslich war das bis in die 1970er Jahre fehlende Frauenstimmrecht mit ein Grund dafür, warum viele Karrieren unmöglich waren. Studieren konnten Frauen sehr wohl, praktisch alle Fächer. Aber eine Richterin ohne aktives Bürgerrecht – undenkbar. Auch wenn das Bild – die eigentliche Rolle der Frau sei die der Hausfrau und Mutter – nie der Realität entsprach, hatte die hartnäckige Ideologie doch Folgen für die Ausbildung. Der Gedanke dahinter: Frauen sollen ihre Kompetenzen in dem ihnen zugedachten Bereich schulen. Die «RüebliRS», das hauswirtschaftliche Obligatorium, zeugt davon. Es bestand 50 Jahre lang – bis es in den 1980er Jahren in dieser Form verschwand. Was heute als veraltet gilt, gab es noch bis vor nicht allzu langer Zeit.

DIE WICHTIGSTEN NETZWERKE FÜR FRAUEN Gut vernetzt. In der Schweiz gibt es eine ganze Reihe von Plattformen und Organisationen, die Frauen das Networking ermöglichen. Einige sind schon seit über 100 Jahren tätig. KATEGORIE ALLGEMEINE NETZWERKE: Alliance F: Grösster Schweizer Frauendachverband, vertritt seit 113 Jahren die Interessen von rund 400 000 Frauen. Der Verband sieht sich als politische Lobby-Organisation und macht sich für die Gleichstellung von Frau und Mann in Beruf, Familie und Gesellschaft stark. www.alliancef.ch Plusplus: Seit Anfang 2000 bestehendes Netzwerk von professionellen Fachstellen. Bietet unter anderem Beratung und Bildung zu Gleichstellung im Erwerbsleben sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie. www.plusplus.ch KATEGORIE BUSINESSNETZWERKE: Wirtschaftsfrauen: 1999 in Basel gegründet. Mehr als 600 Frauen und diverse Unternehmen als Mitglieder. Der Verband versteht sich als Drehscheibe für Firmen und Institutionen, die Frauen gezielt fördern und das Potenzial weiblicher Führungskompetenz nutzen wollen. www.wirtschaftsfrauen.ch Business & Professional Women: BPW engagiert sich in der Schweiz und weltweit für berufstätige Frauen in verantwortungsvollen Positionen. BPW Switzerland wurde 1947 in Zürich gegründet und zählt heute rund 2500 Frauen in 40 Clubs. Eines der BPW-Ziele: Mit einem landesweiten Mentoring-Programm Frauenkarrieren unterstützen. www.bpw.ch Verband Frauenunternehmen: Rund 2000 Mitglieder, konfessionell und politisch neutral. Bietet Frauen mit neu gegründeten und etablierten Unternehmen seit 1998 eine Plattform für Geschäftskontakte, fachlichen Austausch und Weiterbildung. www.frauenunternehmen.ch KATEGORIE GEMEINNÜTZIGE NETZWERKE: Soroptimist: Die weltweit grösste Wohltätigkeitsorganisation von berufstätigen Frauen in leitender Position. Die Schweizer Union wurde 1950 gegründet. Ihr gehören heute 1800 Frauen in 59 Clubs an. Soroptimist ist die Wortverbindung von «soror» und «optima», was bedeutet: Frauen, die das Beste anstreben. www.soroptimist.ch Zonta: Multikulturelles Netzwerk berufstätiger Frauen mit Führungsverantwortung in Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaften. Das Netzwerk besteht seit 1919 und ist heute in 67 Ländern mit rund 30 000 Mitgliedern aktiv. In der Schweiz und in Liechtenstein gibt es 22 Clubs. www.zonta.ch KATEGORIE INTERNETPLATTFORMEN: Femdat: Aufgeschaltet 2001. In der Datenbank sind mehr als 3500 Expertinnen aus 24 Städten eingetragen. Man kann diese nach fachlichem Rat oder Mitarbeit an Projekten fragen. Getragen wird die Plattform unter anderem von Hochschulen und frauenspezifischen Berufsverbänden. www.femdat.ch European Professional Women’s Network: Fördert seit 2003 den beruflichen Fortschritt jener Frauen, die in internationalen Firmen arbeiten oder selbständig sind. Mehr als 3000 Mitglieder aus 90 Nationalitäten in 20 Städten. Organisiert jedes Jahr 450 Online- und Offline-Veranstaltungen. Hauptsprache ist Englisch. www.europeanpwn.net Swiss Women Network: Aufgeschaltet 2008. Vernetzt aktuell mehr als 6800 Frauen in der Schweiz. Auf dem Portal laufen die Fäden aller wichtigen Frauenorganisationen zusammen. www.swonet.ch

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Top-Unternehmen stellen sich vor: Die Interviews. ALDI Suisse ......................... 12 Alstom ............................... 13 Baloise ............................... 14 B端hler ................................ 15 Bundesverwaltung ............... 16 Credit Suisse ....................... 17 Deloitte .............................. 18 Die Schweizerische Post ....... 19 EY ..................................... 20 IKEA .................................. 21 Inselspital .......................... 22 PwC ................................... 24 SBB ................................... 25 Swisscom ........................... 26 SRG SSR ............................. 28 UBS ................................... 29 Nachgefragt ........................ 26

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ALDI Suisse

Nina Mercedes Wissiak ist Regionalverkaufsleiterin bei ALDI Suisse. Ausbildung: Handelsakademie, Studium Volkswirtschaftslehre an der Uni Graz. Werdegang: Regionalverkaufsleiterin bei Hofer in Österreich, seit 2014 Regionalverkaufsleiterin bei ALDI Suisse.

Letztlich steht man als Vorgesetzte vor ihnen und muss delegieren – dafür ist die Kenntnis der jeweiligen Tätigkeits- und Verantwortungsbereiche wesentlich. Ich habe festgestellt, dass man schnell mit der Aufgabe wächst, enorm an Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit gewinnt. _Angestellte legen Wert auf flexible Arbeitszeiten. Wie kommt Ihnen ALDI da entgegen? Ich kann mir meinen Tag frei einteilen. Mein Pensum ist umfangreich. Wie ich alles organisiere, kann ich aber selbst entscheiden, das schätze ich sehr. _Gleiche Löhne für die gleiche Position, das ist längst noch nicht in allen Firmen Realität. Wie hält es ALDI mit diesem Grundsatz? In jeder Position verdienen Frauen genau gleich viel wie Männer. Das ist nicht nur ein grosser Vorteil für uns Frauen, sondern sorgt auch für gute Stimmung innerhalb eines Teams, denn Unklarheiten diesbezüglich gibt es keine.

«WIR ÜBERNEHMEN SCHNELL VERANTWORTUNG» _Warum haben Sie sich für eine Laufbahn bei ALDI entschieden? Nina Mercedes Wissiak: Ich bin zufällig darauf gestossen. An einer Karrierenmesse konnte ich mit erfahrenen Regionalverkaufsleitern und einem Geschäftsführer sprechen. Das hat mich fasziniert – ich wollte den Job unbedingt. Diese Entscheidung habe ich nie bereut. Einen abwechslungsreicheren Beruf hätte ich nicht finden können. _Bei ALDI kann man in diversen Ländern Karriere machen. Eine attraktive Möglichkeit? Sehr! ALDI Suisse gehört zu ALDI Süd: Die Gruppe ist in vielen Ländern präsent, unter anderem auch in Grossbritannien, Australien und den USA. Ich wurde vor kurzem von Wien nach Zürich entsandt. Hier bin ich für vier Filialen mit rund 50 Mitarbeitenden zuständig, eine fünfte Filiale haben wir vor ein paar Wochen eröffnet. Bei ALDI ist es Teil

des Programms, als Regionalverkaufsleiter auch in anderen Ländern eingesetzt zu werden. Das erfordert Flexibilität, ist aber auch eine tolle Herausforderung. Ich bin in Zürich sehr freundlich aufgenommen worden. _Was sind die Vorteile, bei ALDI als Regionalverkaufsleiterin direkt und ohne Traineeprogramm einsteigen zu können? Man wird sofort als vollwertiges Mitglied angesehen und kann auch schon jung eine Führungsrolle übernehmen – ich war damals 25 Jahre alt. Auch unser hohes Einstiegsgehalt ist äusserst attraktiv. _Wie konnten Sie sich auf die verantwortungsvolle Aufgabe vorbereiten? Durch eine praxisorientierte Einarbeitung in verschiedenen Filialen und durch Mitfahrten bei erfahrenen Kollegen. Diese Einschulung ist wichtig, um den Respekt vor der Arbeit und den Menschen zu bekommen.

DAS UNTERNEHMEN www.jobs.aldi.ch Anzahl Angestellte: 2400 in der Schweiz, 93 500 weltweit Fakten: 20–30 Direkteinstiege für Hochschulabsolventen pro Jahr als Regionalverkaufsleiter. Kennenlernen des Direkteinstiegs über das Management-Praktikum (2–3 Monate) Spezielle Angebote für Frauen: Gleiche Löhne für gleiche Position, Teilzeitarbeit Geschlechterverhältnis: 73% Frauen, 27% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen (Regionalverkaufsleiterinnen): 45% Frauen, 55% Männer

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Alstom

Scan me!

Gülru Kocer ist Development Engineer bei Alstom Schweiz und Co-Leiterin des Projektes «WAVE» (Women Adding Value to Engineering). Ausbildung/ Werdegang: Doktorarbeit in Maschineningenieurwissenschaften an der ETH Zürich. Berufseinstieg bei Alstom.

geht der Wirtschaft und der Wissenschaft ein riesiges Kapital verloren. _Haben Sie auch die Möglichkeit, einzelne Frauen zu unterstützen? Im Rahmen unseres Mentoring-Programms vermitteln wir zwischen Mentoren und Mentees. Diese Partnerschaften dauern jeweils ein Jahr. Wir unterstützen das Programm zusätzlich, indem wir regelmässige Veranstaltungen organisieren, an denen sich die verschiedenen Teilnehmer austauschen können. Für dieses Programm erhalten wir aus dem Betrieb sehr gutes Feedback. Zusätzlich organisieren wir Kurse, Networking-Anlässe und Ausflüge, um unseren weiblichen Mitgliedern die Möglichkeit zu bieten, ihre persönlichen Fähigkeiten zu entwickeln und ihr professionelles Netzwerk zu vergrössern.

«DIE INGENIEURWISSENSCHAFTEN PROFITIEREN VOM WEIBLICHEN MEHRWERT» _Warum sind Sie Maschineningenieurin geworden? Gülru Kocer: Schon als kleines Mädchen haben mich Autos, Maschinen und vor allem Flugzeuge fasziniert. Meine Familie hat diese Leidenschaft gefördert und meine Wahl unterstützt, an der Middle East Technical University in Ankara Raum- und Luftfahrtwissenschaften zu studieren. Im Rahmen meiner Doktorarbeit am Institut für Energietechnik an der ETH Zürich habe ich weltweit als Erste ein instrumentiertes, unbemanntes Luftfahrzeug benutzt, um Messungen am Nachlauf einer Windturbine in Originalgrösse durchzuführen. _Wie sind Sie zu Alstom gekommen? Ich bewarb mich auf eine Stellenausschreibung. Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits ein Netzwerk in der Branche. Ich hielt während meiner Dissertation Vor-

träge und besuchte Kongresse, an denen ich Kontakte knüpfen konnte. Wer sich heute erfolgreich bewerben will, muss neben einem ansprechenden Lebenslauf auch über ein gutes Netzwerk verfügen. _Sie sind Co-Leiterin des Projektes «WAVE». Was ist das Ziel des Projekts? Wir wollen Frauen und ihr berufliches Selbstbewusstsein stärken. Leider müssen immer noch viele Frauen nach dem Studium den Beruf zugunsten der Familie zurückstellen. Wir setzen uns ein für die Schaffung von Teilzeitstellen in den Ingenieurberufen. Ausserdem wollen wir durch «WAVE» ein Bewusstsein schaffen für den Mehrwert, den Ingenieurinnen für die Wissenschaft darstellen, etwa mit Informationsveranstaltungen. Die Hälfte der Weltbevölkerung ist weiblich. Wenn die Mehrheit den Beruf zugunsten einer Familie aufgibt,

DAS UNTERNEHMEN www.alstom.ch Anzahl Angestellte: 6500 in der Schweiz, 93 000 weltweit Fakten: Alstom ist weltweit ein Marktführer in den Bereichen Stromerzeugung, Stromübertragung und Schienenverkehr Spezielle Angebote für Frauen: Internes Netzwerk «WAVE», flexible Arbeitszeiten, Kinderkrippen u.a. Geschlechterverhältnis: 17% Frauen, 83% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: 14,7% im mittleren Kader, 8,4% im obersten Kader

2014 | UNIVERSUM 13

HIH_123013___ Prof_Alstom13

03.11.1411:13


Baloise Group / Basler Versicherungen

Nicole Rupp ist Co-Head of Software-, Business- und Test-Engineering. Werdegang: Vom Software-Engineering über Team- und Abteilungsleiterin zur jetzigen Funktion.

was gut funktioniert – und tue mehr davon. Wenn etwas trotz Anstrengung nicht funktioniert, dann hör auf damit, und versuch etwas anderes. Wir wollen also eine erfolgreiche «Learning Culture» schaffen. Wir suchen die zukünftige Gegenwart, nicht die gegenwärtige Zukunft. Das macht mehr Spass und führt zu erstaunlich positiven Ergebnissen! _Sie setzen stark auf das Potenzial des Einzelnen? Genau. Unsere Grundhaltung lautet: Jeder Mensch ist gleich viel wert, bringt fürs Unternehmen aber ganz unterschiedlich relevante Ressourcen mit, sowohl auf fachlicher, technischer wie auf menschlicher Ebene. Voraussetzung dafür ist eine Unternehmenskultur, die auf die Entfaltung eines jeden Potenzials baut. Wir wissen um die Schwächen des Einzelnen und setzen umso mehr auf die Einbringung und Förderung seiner Stärken.

«WIR SETZEN AUF DIE STÄRKEN JEDES EINZELNEN» _Was fasziniert Sie an der IT einer Versicherung wie der Baloise Group? Nicole Rupp: Spannend für mich ist dabei die Arbeit an und mit der Technologie: die Entwicklung von Softwarelösungen für sämtliche Versicherungsprodukte. Dazu kommt die für die IT der Baloise typische Kultur der Zusammenarbeit mit möglichst selbst organisierten Teams. Das führt zu einem extrem hohen Engagement der Kollegen und erlaubt ihnen, ihre Kreativität einzubringen. Diese Potenzialentfaltungskultur finde ich einzigartig. _Zusammen mit Ihrem Co-Head steuern Sie den Einsatz von mehr als 150 IT-Spezialisten in der Baloise. Wie muss man sich das vorstellen? Wir verantworten zu zweit Software-, Business- und Test-Engineering, das heisst, wir haben die «disziplinarische» Führungsver-

antwortung für 110 interne und 50 externe Mitarbeiter. Es gibt keine Teamleiter, respektive die Mitarbeitenden führen sich primär selber und sind in ihren Teams grösstmöglich autonom. Voraussetzung dafür ist absolute Transparenz: Eine offene Kommunikation untereinander ist elementar. Darüber hinaus braucht es von uns Co-Heads das gleiche Grundverständnis für die Führungskultur – man sollte gleich ticken. Trotzdem sind wir unterschiedliche Typen. Dank dieser Unterschiedlichkeit kommen wir immer wieder auf kreativere, bessere Lösungen. _Die Baloise arbeitet mit einem lösungsorientierten Führungsstil. Was ist damit gemeint? Wir führen keine Problemanalytik durch, sondern suchen konsequent nach einer «Preferred Future». Dieses Verständnis beinhaltet drei Grundprinzipien: Repariere nicht, was nicht kaputt ist, finde heraus,

DAS UNTERNEHMEN www.baloise.com/de/careers Anzahl Angestellte: 3700 in der Schweiz, 8600 weltweit Fakten: Europäischer Finanzdienstleister mit dem Versprechen «Wir machen Sie sicherer» und den Werten «schweizerisch, innovativ, partnerschaftlich» Spezielle Angebote für Frauen: Teilzeitmodelle sowie betriebliche und überbetriebliche Angebote wie eine Kinderkrippe Geschlechterverhältnis: 49% Frauen, 51% Männer; Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: 22% der Führungskräfte sind Frauen

14 UNIVERSUM | 2014

HIH_123014___ Prof_Baloise 14

03.11.1411:14


Bühler

Eliana Zamprogna Rosenfeld ist Head of Research & Development in der Corp. Technology bei Bühler. Ausbildung: Dr.-Ing. Chemie-Ingenieurwesen und Executive Business Administration Education, IMD Lausanne. Werdegang: 2003 Einstieg als Projektleiterin Grundlagenforschung, seit 2010 in der jetzigen Position.

«BEI BÜHLER KANN ICH VISIONEN UND IDEEN VERWIRKLICHEN» _Sie haben als Führungskraft ein Teilzeitpensum. Wie war dies bei Bühler möglich? Eliana Zamprogna Rosenfeld: Meine Tochter ist jetzt ein Jahr alt. Schon zu Beginn meiner Schwangerschaft war mir klar, dass ich als Mutter für eine Weile nicht mehr hundert Prozent arbeiten möchte. Also überlegte ich mir rechtzeitig, wie ein reduziertes Pensum nach meiner Rückkehr möglich sein könnte. Ich sah die Lösung darin, einen starken Stellvertreter aufzubauen. Er übernahm während meiner Abwesenheit die Führungsfunktion und lieferte den Beweis, dass dieses Modell machbar ist. Für spezielle Projekte war ich auch während meines Mutterschaftsurlaubs erreichbar. Ich hatte bei allem zudem das grosse Glück, meinen Vorschlag mit einem visionären Vorgesetzten diskutieren zu können. Er vertraute darauf, dass diese

Lösung funktioniert, und unterstützte mich von Anfang an. _Warum braucht es mehr dieser Teilzeitstellen? Mein Beispiel zeigt: Eine Kaderfunktion kann man im Teilzeitpensum erfüllen. Ganz wichtig ist aus meiner Sicht, reduzierte Pensen auch für Väter anzubieten, ohne diese bei ihrer Karriere zu benachteiligen. Frauen in Führungspositionen haben oft Partner, die ebenfalls ihre Laufbahn verwirklichen wollen. Der Spagat zwischen Beruf und Familie funktioniert aber nur, wenn sich ein Paar die Aufgaben teilt. Dafür ist es ideal, wenn neben der Mutter auch der Vater Teilzeit arbeiten kann. Ich denke, dass dies sogar ein Wunsch vieler moderner Männer ist. _Sie sind in einem Umfeld tätig, in dem überwiegend Männer arbeiten. Mussten Sie sich Ihre Position hart erkämpfen?

So habe ich es nie empfunden. Natürlich wurde ich unter die Lupe genommen; man stellte sich die Frage, ob ich kompetent sei. Genau diese Aufmerksamkeit habe ich aber genutzt, um meine Kompetenz unter Beweis zu stellen. So konnte ich das Vertrauen meiner Kollegen und Mitarbeiter gewinnen und wurde schnell akzeptiert. _Wann war Ihnen klar, dass Sie eine Führungsfunktion übernehmen wollten? Ich habe immer Funktionen gewählt, in denen ich Visionen und Ideen verwirklichen konnte. Im Mittelpunkt standen also nicht der Aufstieg und die Personalverantwortung per se. Aber: Es braucht Führungseigenschaften, um Projekte anzurollen, sein Team dafür zu begeistern und mit ihm zusammen die besten Ergebnisse zu erzielen. Die Arbeit bei Bühler ist für mich sehr motivierend. Mit unseren Technologien zur effizienteren Getreideverarbeitung können wir zu einer besseren Ernährung der Weltbevölkerung beitragen. Wir können etwas bewirken.

DAS UNTERNEHMEN www.buhlergroup.com Anzahl Angestellte: 10 000 in mehr als 140 Ländern Fakten: Technologiepartner für Maschinen, Anlagen und Services zur Verarbeitung von Grundnahrungsmitteln und Produktion hochwertiger Materialien Spezielle Angebote für Frauen: Flexible Arbeitszeiten, Teilzeitpensen in Führungspositionen Geschlechterverhältnis: 15% Frauen, 85% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: 5 bis 10% der Führungskräfte sind Frauen

2014 | UNIVERSUM 15

HIH_123015___ Prof_Buehler 15

03.11.1411:12


Bundesverwaltung

Yvonne Bosshard Bernhard ist Co-Leiterin der Sektion Grundlagen Visa. Ausbildung: Lizenziat Politikwissenschaften an der Universität Genf. Werdegang: Seit Ende 2007 im Bundesamt für Migration, zuerst als Wissenschaftliche Mitarbeiterin, danach als fachliche Leiterin eines IT-Projektes

«JOBSHARING BOT MIR ALS FAMILIENFRAU EINE BERUFLICHE PERSPEKTIVE» _Sie haben sich schon in Ihrer Lizenziatsarbeit mit dem Thema Familie und Beruf auseinandergesetzt. Warum? Yvonne Bosshard Bernhard: Für mich war klar, dass ich eine Familie möchte. Aber auch die Arbeit hat mir immer Freude gemacht, und ich wollte damit meinen Beitrag an die Gesellschaft leisten. Auch wirtschaftliche Autonomie war mir wichtig. Während meines Studiums war ich ein Jahr lang in Schweden und erfuhr mehr über dessen Wohlfahrtssystem, insbesondere die Bestrebungen, Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Ich war beeindruckt, wie sichtbar dies ins alltägliche Leben einfloss, ganz anders als bei uns. Ich sah unter der Woche Väter mit ihren kleinen Kindern! Dieses Thema wollte ich analysieren, und ich habe dann meine Lizenziatsarbeit dazu gemacht, im Gleichstellungsbüro des Kantons Zürich.

_Heute leben Sie so, wie es Ihnen schon früh ein Anliegen war. Warum ist dafür die Unterstützung Ihres Arbeitgebers, der Bundesverwaltung, wichtig? Grundsätzlich finde ich, der Bund sollte als Arbeitgeber hier eine Vorbildfunktion einnehmen und – wo es die Tätigkeit zulässt – flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, da sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. Ich arbeite nicht nur Teilzeit, sondern kann meine Zeit recht flexibel einteilen, etwa früher nach Hause gehen und die Arbeit dann abends zu Hause erledigen. Ausserdem erhalten wir finanzielle Beiträge an die externe Kinderbetreuung. _Sie leiten Ihre Sektion im Jobsharing. Warum haben Sie sich für dieses Modell entschieden? Ich wollte nebst der Familie keine 100-Prozent-Stelle annehmen. Gleichzeitig bot sich die Chance, eine Kaderfunktion zu überneh-

men. Das Jobsharing hat mir als Familienfrau eine berufliche Perspektive eröffnet. _Gerade auf Führungsebene sei Jobsharing schwer machbar, lautet der Einwand oft. Was sagen Sie dazu? Wir hatten immer gute Echos darauf, wie wir unsere Sektion führen. Sicher sollte man sich bewusst sein, dass es mehr Zeit braucht, sich abzustimmen, gewisse Reibungsverluste entstehen. Dem gegenüber stehen die Vorteile, beispielsweise sprechen mein CoLeiter und ich schwierige Entscheide miteinander ab. Wesentlich ist die Akzeptanz solcher Modelle im direkten Arbeitsumfeld, und die habe ich von meinen Vorgesetzten stets erfahren. Wenn beide Seiten offen und flexibel sind, funktioniert ein solches Modell in der Praxis sehr wohl.

DAS UNTERNEHMEN www.stelle.admin.ch Anzahl Angestellte: 37 000 Fakten: Die Bundesverwaltung ist eine der grössten Arbeitgeberinnen der Schweiz. Sie besteht aus sieben Departementen, der Bundeskanzlei und rund 80 Ämtern Spezielle Angebote für Frauen: Flexible Arbeitszeitmodelle und -formen (Jobsharing, Teilzeit), Lohngleichheitsdialog, finanzielle Beteiligung an die familienergänzende Kinderbetreuung, Reduktion Beschäftigungsgrad nach Geburt/ Adoption, Vaterschaftsurlaube Geschlechterverhältnis: 43% Frauen, 57% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen: Mittleres Management: 30% Frauen, Top-Kader: 16% Frauen

16 UNIVERSUM | 2014

HIH_123016___ Prof_Bund 16

03.11.1411:45


Credit Suisse

Florence Schnydrig Moser ist Head Investments & Wealth Planning in Private & Wealth Management Clients Switzerland, Credit Suisse Zürich. Ausbildung: u.a. CFA Charterholder, Dipl. Ing. Math. EPFL. Werdegang: verschiedene Stationen bei der CS Zürich, Melbourne, Sydney und Hong Kong; UBS Zürich.

der Schweiz erleben wir gerade eine hochspannende Zeit. Der Bankensektor durchläuft einen grundlegenden Wandel, und ich bin mittendrin bei der strategischen Weiterentwicklung der Credit Suisse. Eine Chance, die sich alle zwanzig Jahre einmal bietet. _Wie haben Sie es geschafft, Karriere und Familie zu verwirklichen? Ich hätte wegen meiner Familie nicht aufgehört zu arbeiten, aber es war mir auch klar, dass Karriere nicht alles sein kann. Ich habe zwei Söhne, vier und sechs Jahre alt. Mein Mann sorgt in der Hauptsache für die Kinder und arbeitet Teilzeit. Wir leben eines von zahlreichen guten Modellen, mit denen beides funktioniert. Ich finde es wesentlich, im Leben verschiedene Aspekte zu erfahren – dies knüpft wieder an die erste Frage an. Familienfrauen bringen oft einen breiteren Erfahrungsschatz mit, der gerade auf Führungsebene wertvoll und unverzichtbar ist.

«ICH KONNTE IMMER WIEDER NEUE VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN» DAS UNTERNEHMEN _Warum legt die Credit Suisse Wert darauf, entscheidende Positionen auch mit Frauen zu besetzen? Florence Schnydrig Moser: Verschiedene Denk- und Vorgehensweisen sind elementar, und Frauen bringen einen anderen Blickwinkel mit. In gemischten Gremien ist die Meinungsbildung breiter abgestützt, und es werden tragfähigere Entscheide gefällt. Eine aktuelle Studie des Credit Suisse Research Institutes belegt, dass bei Firmen mit einem höheren Anteil von Frauen im Topmanagement höhere Gewinne, Bewertungen und Dividenden generiert werden. Zudem machen Frauen die Hälfte unserer Kundschaft aus. Es wäre falsch, Entscheide im Management nur von Männern treffen zu lassen. _Was war und ist Ihr wichtigster Antrieb, um berufliche Ziele zu erreichen?

Es sind die intellektuelle Herausforderung und der Wunsch, Neues zu lernen und mich weiterzuentwickeln. Darum fiel auch meine Wahl auf den internationalen Bankensektor. Bei der Credit Suisse hatte ich die Möglichkeit, ganz verschiedene Bereiche innerhalb der Bank kennen zu lernen. Da kann man gar nicht stillstehen. Und das, was ich tue, möchte ich so gut wie möglich tun und perfektionieren. Und ich möchte etwas bewegen. Es war mir immer sehr wichtig, etwas umsetzen zu können, zu sehen, was ich bewirke, und Kollegen zu motivieren, ihren Beitrag dazu zu leisten. _Sie sind seit dem Jahr 2000 bei der Credit Suisse. Hatten Sie das Bedürfnis, die Bank zu wechseln? Nein, nie! Weil ich dauernd dazulernen, neue Verantwortung übernehmen und während fünf Jahren im Ausland tätig sein konnte. In

www.credit-suisse.com Anzahl Angestellte: 45 500 weltweit, über 17 000 in der Schweiz Fakten: Credit Suisse bietet Unternehmen, Institutionen und vermögenden Privatkunden weltweit sowie Schweizer Retailkunden umfassende Lösungen an Spezielle Angebote für Frauen: Mentoring-Programme, Workshops für Frauen, Real Returns Initiative (Programm für Wiedereinsteigerinnen), Netzwerke Geschlechterverhältnis: 35% Frauen, 65% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: 16% Frauen in höheren Führungspositionen

2014 | UNIVERSUM 17

HIH_123017___ Prof_CreditSuisse 17

03.11.1411:11


Deloitte

Nathalie Lacambra ist Senior Manager, Assurance, Risk & Compliance; Business Development Lead Banking. Ausbildung: lic. oec. HSG. Werdegang: Laufbahn von Consultant bis Senior Manager im Bereich Audit & Advisory, einschliesslich dreier Jahre als Senior Consultant und Manager bei Deloitte in Vancouver, Kanada.

ger für ein Kundenprojekt bei einer Grossbank wieder ein. Nach etwa einem Jahr habe ich meine jetzige Aufgabe übernommen, die ein höheres Pensum erfordert. Besprechungen mit Kunden nehme ich während der Bürozeiten wahr, nicht termingebundene Arbeiten kann ich nach Möglichkeit von zu Hause aus erledigen. Dieses Konzept funktioniert sehr gut, da wir bei Deloitte eine offene, leistungs- und teamorientierte Unternehmenskultur pflegen. _Was sollte ein zeitgemässer Arbeitgeber noch bieten, um den verschiedenen Lebensentwürfen seiner Mitarbeitenden gerecht zu werden? Neben Teilzeitpensen ist die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, sehr wertvoll. Für mich persönlich war es wichtig, meinen Mutterschaftsurlaub mit unbezahlten Ferien um zwei Monate zu verlängern, was seitens Deloitte kein Problem war. Ich konnte danach wieder motiviert und voller Tatendrang in die Arbeitswelt zurückkehren.

«DURCH FLEXIBLE ARBEITSMODELLE BLEIBEN UNS TALENTIERTE FÜHRUNGSKRÄFTE ERHALTEN» _Der IT-Bereich ist traditionell eine Männerdomäne. Warum haben Sie sich für ein Studium der Wirtschaftsinformatik entschieden? Nathalie Lacambra: Die Kombination von Wirtschaftsfächern und Informatik hat mich fasziniert und meine Entscheidung für das Studium der Wirtschaftsinformatik grundlegend geprägt. IT stellt in einem Unternehmen einen zentralen Aspekt dar, weil sich viele der bestehenden Geschäftsmodelle und -prozesse durch die Informationstechnologie verändern. Während meiner Laufbahn bei Deloitte in Zürich und der drei Jahre bei Deloitte in Vancouver, Kanada, haben sich mir im Bereich IT Audit & Advisory ständig neue und interessante Aufgaben geboten, durch die ich vom Consultant bis zum Senior Manager aufgestiegen bin. In meiner jetzigen Position als Business Development Lead für den

Bankensektor besteht meine Aufgabe darin, neue und innovative Dienstleistungen für Privatbanken zu entwickeln. _Bei Deloitte werden auch Führungspositionen in Teilzeitpensen besetzt. Worin sehen Sie die Vorteile? Ich sehe Vorteile für alle Beteiligten: Unserer Firma bleiben talentierte Führungskräfte erhalten, denen ein Ausgleich zwischen Beruf und Familie wichtig ist. Die Firma signalisiert, dass es um erstklassige Leistung geht, die auch mit flexiblen Arbeitsmodellen möglich ist. Dadurch bleiben Arbeitskräfte motiviert und loyal. Es ist als Unternehmen aber auch wichtig zu zeigen, dass sich ein Teilzeitpensum nicht karrierehindernd auswirkt. _Was war für Sie ausschlaggebend, sich für ein 80-Prozent-Pensum zu entscheiden? Nach dem Mutterschaftsurlaub stieg ich mit einem 60-Prozent-Pensum als Senior Mana-

DAS UNTERNEHMEN www.deloitte.com/careers Anzahl Angestellte: Mehr als 1300 in der Schweiz und 210 000 weltweit Fakten: Deloitte bietet Dienstleistungen in Audit & Advisory, Tax, Consulting und Corporate Finance und ist weltweit das grösste Prüfungs- und Beratungsunternehmen Spezielle Angebote für Frauen: Teilzeit, internes Frauennetzwerk, Coaching vor/nach dem Mutterschaftsurlaub, Vergünstigungen in Kinderkrippen, Babysitting-/ Nannyservice Geschlechterverhältnis: 40% Frauen, 60% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen: 17%

18 UNIVERSUM | 2014

HIH_123018___ Prof_Deloitte 18

03.11.1411:15


Die Schweizerische Post

Anne Wolf ist bei der Post Leiterin Nachhaltigkeit und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung Kommunikation. Ausbildung: Studium Natur- und Literaturwissenschaften, MBA. Werdegang: Seit 2011 Leiterin Nachhaltigkeit.

«DIE POST IST OFFEN FÜR DIE INDIVIDUELLEN BEDÜRFNISSE IHRER MITARBEITENDEN» _Sie leiten bei der Post den Bereich Nachhaltigkeit. Was genau ist Ihre Aufgabe? Anne Wolf: Mein Team und ich positionieren das Thema Nachhaltigkeit in der Öffentlichkeit und innerhalb der Post. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus den Divisionen legen wir die Ziele und Massnahmen in den Handlungsfeldern Klimaschutz, Energie, Mitarbeitende und Beschaffung fest. Vieles haben wir schon erreicht: Rund ein Drittel unserer Fahrzeuge in der Zustellung und PostAuto fahren mit alternativen Antrieben, wir beziehen ausschliesslich «naturemade basic»-zertifizierten Strom aus der Schweiz und produzieren auf unseren Gebäuden Solarenergie. _Verantwortung tragen gegenüber der Gesellschaft ist einer der wesentlichen Grundsätze bei der Post. Warum ist es wichtig, diesen auch gegenüber der Belegschaft zu leben?

Unsere Mitarbeitenden sind die besten Botschafter für unser Nachhaltigkeitsengagement. Zum Beispiel sind wir vor zwei Jahren als erstes Schweizer Grossunternehmen der Fair Wear Foundation beigetreten, was uns zu strengen Kontrollen von Sozialstandards bei unseren Bekleidungslieferanten verpflichtet. Mit jedem der jährlich abgegebenen 300 000 Arbeitskleider geben wir den Mitarbeitenden jetzt die Botschaft mit, dass die Post auch bei der Einhaltung von Sozialstandards führend ist. Vor wenigen Wochen wurden wir von der Fair Wear Foundation dafür als eines der führenden Unternehmen weltweit ausgezeichnet. _Warum ist der Dialog eine Grundvoraussetzung verantwortungsbewusster Unternehmen? Im Dialog erfahren wir, was unsere Mitarbeitenden und Partner von einem verantwortungsbewussten Unternehmen verlangen.

Scan me!

Zudem stehen wir im regen Austausch mit Stakeholdern aus Verwaltung und Politik. _Mit welchen Massnahmen wird die Verbindung von Karriere und Familie gefördert? Die Post ermöglicht es den Mitarbeitenden seit längerem, Beruf, Familie und Freizeit bestmöglich zu vereinbaren. Zudem fördert die Post schon seit Jahren Teilzeitarbeit – auch im Kader. Kombiniert mit der Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, ergeben sich hier verschiedene Optionen, Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen. _Insbesondere Familienfrauen legen Wert auf Arbeitsmodelle, die auf ihre Lebenssituation zugeschnitten sind. Wie flexibel ist die Post? Die Post ist im Rahmen der Möglichkeiten offen für individuelle Bedürfnisse. Ich persönlich profitiere sehr davon, von zu Hause aus arbeiten zu können. So kann ich meine Arbeit auch tagsüber flexibler gestalten und meinen Arbeitsort nach beruflichem und familiärem Bedarf wählen. Beides zu kombinieren, bedeutet für mich Lebensqualität.

DAS UNTERNEHMEN www.post.ch Anzahl Angestellte: Rund 62 000 aus 144 Nationen in über 100 Berufen, davon zirka 8000 in 28 Ländern weltweit Fakten: www.post.ch/post-konzern Spezielle Angebote für Frauen: Internes Netzwerk rund um Vereinbarkeit von Familie und Beruf; verschiedene Arbeitsmodelle, um Beruf, Freizeit und Familie zu vereinbaren Geschlechterverhältnis: 49% Frauen, 51% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: 10,5% im Topkader, 23,5% übrige Vorgesetzte

2014 | UNIVERSUM 19

HIH_123019___ Prof_DiePost19

03.11.1411:33


EY

Jolanda Dolente ist bei EY (Ernst & Young) eine von drei Partnerinnen im Audit. Ausbildung: Dipl. Wirtschaftsprüferin. Werdegang: Einstieg als Assistentin im Audit, Beförderung zur Managerin, Beförderung zur Senior Managerin.

«ES BRAUCHT DEN MUT, ENTSCHEIDUNGEN ZU TREFFEN» _Sie sind bei EY eine von drei Partnerinnen im Audit. Warum wollten Sie diese Führungsposition übernehmen? Jolanda Dolente: Der Wunsch ist mit der Zeit gewachsen. Ich habe immer gerne mit Menschen zusammengearbeitet, und die Aussicht, Teams und Projekte leiten zu können, hat mich sehr angesprochen. Ich schätze es zudem, mein Arbeitsgebiet aktiv gestalten zu können. Als Partnerin bin ich bei EY Miteigentümerin, das gibt mir grossen Gestaltungsfreiraum. _Welche Eigenschaften sind notwendig, um berufliche Ziele zu erreichen? Meine Laufbahn bei EY hat es mir immer wieder gezeigt: Es braucht Mut, Verantwortung zu übernehmen. Auch Mut, Entscheidungen zu treffen und für diese dann geradezustehen. Natürlich ist starker Wille gefragt, aber ebenso die Fähigkeit, mit ver-

änderten Rahmenbedingungen und den verschiedensten Einflussfaktoren klarzukommen. Wer es schafft, sich immer wieder neu auszurichten und neu zu definieren, erkennt und ergreift auf seinem Weg vielleicht Chancen, die ihm sonst entgangen wären. _Konnten Sie bei beruflichen Fragen auf Unterstützung zählen? Ja, sowohl bei EY im Rahmen der Mentoringund Counseling-Programme als auch bei Vertrauenspersonen ausserhalb der Firma. _Was macht ein gutes Mentoring aus? Der Mentee sollte sich im vertraulichen Rahmen aussprechen können, jemanden haben, mit dem sich bestimmte Ereignisse und Situationen reflektieren lassen. Der Mentor oder die Mentorin sollte dabei im Hintergrund bleiben, einen nicht beeinflussen, sondern vielmehr zum Weiterdenken anregen.

_EY legt Wert auf vernetzte Mitarbeiter. Was ist wichtig, um sich ein gutes Netzwerk aufzubauen? Die Basis sollte echtes Interesse am anderen sein. Es geht darum, sich gegenseitig kennen zu lernen. Natürlich möchte ich von meinem Gegenüber auch erfahren, welchen fachlichen Hintergrund es hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich irgendwann eine geschäftliche Beziehung anbahnt oder sich neue Aufträge ergeben. Aber Networking darf man meiner Ansicht nach nicht mit der Erwartung betreiben, aus den Kontakten einen Nutzen zu ziehen. Der Austausch von Mensch zu Mensch steht im Vordergrund. _Zeitgemässe Unternehmen bieten flexible Arbeitszeiten, auch EY? Selbstverständlich, wir sind frei, wie wir unsere Arbeit einteilen. Auch von zu Hause aus zu arbeiten, ist kein Problem, und diese Möglichkeit nutze ich persönlich sehr gerne. In unserem Business heisst es einfach, für den Kunden da zu sein. Ruft er oder sie mich am Freitagnachmittag um 17 Uhr an, wird erwartet, dass ich helfe. Von wo aus ich es tue, spielt dabei keine Rolle.

DAS UNTERNEHMEN www.ey.com/ch Anzahl Angestellte: 2100 in der Schweiz, 190 000 weltweit Fakten: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung, Managementberatung Spezielle Angebote für Frauen: Mentoring, flexible Arbeitszeiten, Home-Office Geschlechterverhältnis: 40% Frauen, 60% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: 9%

20 UNIVERSUM | 2014

HIH_123020___ Prof_EY 20

03.11.1411:08


IKEA

Scan me!

Carin Hammer ist HR Manager IKEA Schweiz. Ausbildung: Übersetzerdiplom Universität Lyon, MBA in Business Administration & Economics sowie Human Resources & Career Management an der Universität Genf. Werdegang: Einstieg 2011, Aufstieg via Store HR Manager zum HR Manager für die Schweiz.

Wenn ein Mitarbeiter aus familiären oder sonstigen Gründen flexible Arbeitsstrukturen braucht, versuchen wir eine Lösung zu finden, egal ob die Anfrage von einer Frau oder einem Mann kommt. _Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel. Was für Werte erwarten zukünftige Führungskräfte von einem Unternehmen? Bedeutung und Vielfalt. Junge Menschen wollen heute bei der Arbeit nicht nur Geld verdienen, sondern einen Beitrag an eine «bessere» Welt leisten. Ein zukunftsfähiges Unternehmen motiviert seine Mitarbeiter, indem es ihnen das Gefühl vermittelt, dass sie ernst genommen werden, ihnen die Möglichkeit bietet, Verantwortung zu übernehmen und mit anderen zusammen gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.

«UNSERE UNTERNEHMUNGSLEITUNG BESTEHT ZU 50 PROZENT AUS FRAUEN» DAS UNTERNEHMEN _Von welchem Beruf haben Sie als Kind geträumt? Carin Hammer: Ich war ein neugieriges Kind, mochte Sprachen und wollte so mit anderen in Verbindung treten. Deshalb wäre ich gerne Journalistin geworden. Nach dem Schulabschluss schloss ich ein Dolmetscherdiplom ab und wollte eigentlich für die UNO arbeiten. Stattdessen bin ich an die Universität zurückgekehrt, um einen Master in Business Administration zu absolvieren. Geblieben ist aber die Neugierde als wichtiger Ansporn in meinem Alltag, und Kommunikation ist mein primäres Werkzeug. _Sie sind Schwedin, leben seit über zehn Jahren in der Schweiz und arbeiten seit vier Jahren für IKEA. Sind Sie damit in der Fremde zu den Wurzeln zurückgekehrt? Die Unternehmungsphilosophie von IKEA basiert auf den Werten, die unser Gründer

Ingvar Kamprad bereits in den siebziger Jahren formuliert hatte. Diese Werte wie etwa Bescheidenheit, Willensstärke, Zusammengehörigkeitsgefühl oder Enthusiasmus sind in der schwedischen Kultur fest verankert und mir persönlich sehr nahe. Sie spiegeln sich ganz konkret in meinem Arbeitsalltag und spielen zum Beispiel auch bei Neuanstellungen eine zentrale Rolle: Weil wir langfristige Arbeitsverhältnisse anstreben, ist es uns wichtig, dass künftige Mitarbeiter unsere Werte verstehen und mittragen. _IKEA beschäftigt weltweit 47 Prozent Frauen in Führungspositionen, in der Schweiz sind es gar 50 Prozent. Wie wirkt sich diese Tatsache im Alltag aus? Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ist bei IKEA genauso wie in der schwedischen Gesellschaft selbstverständlich, sie ist sozusagen Teil unserer DNA.

www.ikea.com Anzahl Angestellte: 2800 in der Schweiz, 135 000 weltweit Fakten: In der Schweiz ist IKEA seit 2006 Marktführer und mit 9 Einrichtungshäusern präsent. Die jährliche Kundenzahl beträgt 7,6 Mio., die Anzahl Kataloge 3,2 Mio. Spezielles Angebot für Frauen: Da die Gleichstellung von Frau und Mann zu unseren Grundwerten gehört, sind keine speziellen Massnahmen nötig Geschlechterverhältnis im Unternehmen: 60% Frauen, 40% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen: 50%

2014 | UNIVERSUM 21

HIH_123021___ Prof_Ikea21

03.11.1411:59


Inselspital – Universitätsspital Bern

Prof. Iris Baumgartner ist Klinikdirektorin und Chefärztin für Angiologie am Inselspital Bern. Ausbildung: Medizinstudium an der Medizinischen Hochschule in Hannover. Werdegang: Facharztausbildung in Zürich, Düsseldorf, Bern und den USA. Seit 2001 Professorin für Innere Medizin, seit 2006 Klinikdirektorin.

«ICH HATTE MENTOREN, DIE MICH MOTIVIERT UND MIR MUT ZUGESPROCHEN HABEN» _Sie sind Ärztin, Professorin für Innere Medizin und Angiologie, Klinikdirektorin und Vize-Dekanin der medizinischen Fakultät der Universität Bern. Was hat Sie motiviert, diese Positionen anzunehmen? Prof. Iris Baumgartner: Ich habe meinen Weg nicht systematisch geplant, sondern bin unbefangen in die genannten Positionen hineingewachsen. Meine positive Einstellung und Authentizität haben dabei sicherlich eine Rolle gespielt. Ich bin in jedem meiner Tätigkeitsbereiche mit Leidenschaft dabei und dadurch auch bereit, viel zu leisten. Ausserdem hatte ich gute Mentoren, die mich motiviert und mir Mut zugesprochen haben, wenn ich gezweifelt habe. So habe ich meine Kompetenzen erweitert und das Selbstbewusstsein gewonnen, mich meinen heutigen Aufgaben zu stellen.

_Wie werden Frauen am Inselspital in ihrer Laufbahn unterstützt? Das Inselspital hat erkannt, dass dem Trend der «Feminisierung in der Medizin» Rechenschaft gezollt werden muss. Heute sind mehr als 50 Prozent der Absolventen eines Medizinstudiums weiblich. Jobsharing, ausreichend Kinderkrippenplätze sowie Teilzeitverträge erleichtern den Ärztinnen eine medizinische Karriere an einem Universitätsspital. Diese Massnahmen zeigen bereits Erfolge, und selbst in klassischen Männerdomänen, wie der Bauchchirurgie, verfügt das Inselspital inzwischen über einen hohen Frauenanteil in Kaderpositionen. Durch meinen langjährigen Einsatz als Gleichstellungsbeauftragte habe ich diese Entwicklung mitgeprägt und nehme in meiner heutigen Position sicher auch eine Vorbildfunktion wahr.

_Sie sagen, Sie seien organisiert wie die meisten Männer, die Karriere machen – mit einer Haushaltshilfe und Kinderbetreuung. Wie wird das von Ihrem Umfeld wahrgenommen? Bei Männern wird es als selbstverständlich angesehen, dass sie trotz Familie ihrer akademischen Laufbahn nachgehen. Bei Frauen sind wir in der Schweiz leider noch weit davon entfernt. Dass ich praktisch immer Vollzeit gearbeitet und trotz Kind Karriere gemacht habe, wird oft kritisch beurteilt. Auch was die Kinderbetreuung angeht, ist die Schweiz noch sehr konservativ aufgestellt. Ein Schulsystem, in dem die Kinder mittags zum Essen nach Hause kommen, lässt sich schwer mit einer medizinischen Karriere vereinbaren. Gerade am Anfang meiner Laufbahn floss dadurch ein grosser Teil meines Einkommens in die private Haushaltsorganisation. _War es für Sie immer klar, dass Sie kein traditionelles Familienmodell leben wollten? Ich bin in Deutschland aufgewachsen und hatte eine berufstätige Mutter. Für mich stand eigentlich ausser Frage, dass ich versuchen würde, Beruf und Familie zu vereinbaren. Als ich in die Schweiz kam, habe ich mich über das vorherrschende traditionelle Familienmodell hinweggesetzt. Ich merke aber, dass dieses auch heute noch in den Köpfen vieler junger Ärztinnen verankert ist. Junge Frauen, die ich aufgrund ihrer Fähigkeiten fördern möchte, haben Mühe, sich vom traditionellen System zu lösen. Sie orientieren sich an erlebten Familienstrukturen und stellen ihre eigene berufliche Entwicklung hinter die ihres Mannes, stecken zurück, wenn es um Familie geht. Es wird wohl noch eine bis zwei Generationen dauern, bis wir so weit sind, wie es uns andere Länder, zum Beispiel in Skandinavien, vorleben. _Was müsste Ihrer Meinung nach passieren, damit mehr Frauen sich eine medizinische Karriere zutrauen? Es braucht mehr Vorbilder, die begeisterungsfähigen Frauen vorleben, dass eine

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03.11.1411:39


erfüllende Medizinkarriere ohne schlechtes Gewissen möglich ist. Auch sollte das Thema der «Feminisierung in der Medizin» in den Medien mehr beleuchtet werden, um das Verständnis der Gesellschaft zu fördern. Eine gesellschaftliche Veränderung steht vor der Tür, denn die Medizin wird in Zukunft nicht ohne Frauen funktionieren können. Schon heute besteht ein Ärztemangel. Wenn wir den hohen Frauenanteil der Universitäten auch im Beruf abbilden wollen, muss das Gesamtsystem flexibler werden und sich von der traditionellen Einstellung verabschieden, dass man nur eine Leitungsfunktion wahrnehmen kann, wenn man allzeit bereit ist. Am Inselspital leben wir diese Flexibilität bereits.

DAS UNTERNEHMEN www.insel.ch Anzahl Angestellte: 7837 Fakten: Gründung 1354 – in der Bevölkerung stark verwurzelt und ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Rund 40 000 stationäre Patienten, rund 520 000 ambulante Konsultationen pro Jahr Spezielle Angebote für Frauen: Flexible Arbeitszeitmodelle, hoher Teilzeitarbeitsanteil, Kindertagesstätten, grosszügiger Mutterschaftsurlaub etc. Geschlechterverhältnis Unternehmen: 75% Frauen, 25% Männer Führungspositionen und Vorstand: 54% Frauen, 46% Männer

Markus Lüdi ist Direktor Personal am Inselspital Bern.

«ES MUSS AUF GESELLSCHAFTLICHER UND POLITISCHER EBENE EIN WANDEL STATTFINDEN» _Wie wird Gleichstellung am Inselspital gelebt? Markus Lüdi: 75% unseres Personals sind weiblich. Somit sind Frauen von jeher ein fester Bestandteil unseres Betriebs. Gleichstellung wird bei uns aber nicht nur als ein Thema zwischen Mann und Frau gesehen, sondern auch als Grundhaltung, allen Mitarbeitenden die gleichen Chancen zu geben. 76% unserer Mitarbeitenden arbeiten in einem reduzierten Pensum. In Bezug auf ihre berufliche Vorsorge, Lohnentwicklung, Weiterbildung und berufliche Entwicklung sind sie völlig gleichgestellt mit unseren Mitarbeitenden im Vollzeitpensum. _Wie unsterstützt das Inselspital die Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Pro Jahr verzeichnen wir zirka 400 Geburten unter unseren Mitarbeiterinnen. Um unser weibliches Fachpersonal nach einer Familiengründung nicht zu verlieren, versuchen wir, möglichst auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Der Mutterschaftsurlaub kann um sechs Monate verlängert werden, und die Wiedereingliederung wird mit jeder Frau individuell geplant. In unseren eigenen Kindertagesstätten betreuen

wir die Kinder unserer Angestellten, und zwar durchgehend ab vier Monaten bis zum zweiten Kindergartenjahr. Mit langen Öffnungszeiten und unter möglichst starker Berücksichtigung der Dienstpläne versuchen wir, eine maximale Flexibilität bei hoher Betreuungsqualität anzubieten. Auch Jobsharing ist möglich und wird bis auf Kaderebene gelebt. _Flexibilität, Jobsharing und Führungskräfte im Teilzeitpensum – das Inselspital als Rollenmodell für moderne Unternehmen und die Gesellschaft? Das Spital ist nicht repräsentativ für den Rest der Gesellschaft und in der Tat schon ein paar Schritte voraus. Es muss aber auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene ein Wandel stattfinden. Themen wie Kindererziehung und Haushaltsarbeit werden in der Gesellschaft immer noch mehrheitlich bei den Frauen gesehen. Auch bei uns wurde die Möglichkeit der Teilzeitarbeit bisher kaum von Männern wahrgenommen. Damit sich das ändert, muss in der Gesellschaft stärker akzeptiert werden, dass Familienarbeit nicht nur Frauenarbeit ist.

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PwC

Michaela Merz Leiterin Mehrwertsteuer und internationale Mehrwertsteuer bei PwC Schweiz sowie Leiterin indirekte Steuern weltweit. Ausbildung: lic. oec., dipl. ing. und Steuerexpertin. Werdegang: Seit 1997 bei PwC Schweiz, seit 2002 Partner, seit 2010 im Komitee für Aufsicht (SOB), seit 2013 in der jetzigen Position.

auch eine Familie haben wollen. Diskutieren meine Töchter mit ihren Kolleginnen, sagen diese: Familie wollen wir ebenfalls, aber dann bleiben wir erst einmal zu Hause. Vielleicht denken diese Frauen nach ein paar Jahren daran, wieder in den Beruf zurückzukehren. Aber wer ganz aufgehört hat, für den ist der Wiedereinstieg sicher schwieriger. _Was raten Sie Berufseinsteigern, die eine Familie gründen wollen? Ideal ist, wenn ein Paar die Aufgaben teilt, damit Arbeit und Familie gleichermassen auf beide Schultern verteilt sind. Meines Erachtens darf keiner von beiden ganz aussteigen, selbst nicht in jener Phase, in der die Kinder noch klein sind, auch wenn dies anspruchsvoll sein kann. Anfangs reicht ein reduziertes Pensum, vielleicht 20 bis 40 Prozent. Es ist einfach wichtig, dranzubleiben.

«DRANBLEIBEN IST WICHTIG, AUCH WENN ES EIN KLEINES PENSUM IST» _Warum spielen flexible Arbeitszeiten bei PwC Schweiz eine grosse Rolle? Michaela Merz: Unsere Auftraggeber erwarten von uns hohe Flexibilität. Anders als früher kommen Anfragen heute kurzfristiger, und dies öfter ausserhalb offizieller Bürozeiten. Von uns erfordert dies ein rascheres Reagieren, als es früher der Fall war. Diese Anforderungen erfüllen unsere Mitarbeiter nur, wenn sie selbst flexibel genug und bereit sind, Aufgaben von dort aus zu erledigen, wo sie sich gerade befinden. Mit modernen Kommunikationsmitteln ist dies möglich geworden. Es braucht aber auch ein Umdenken bei den Beschäftigten selbst, denn es heisst, sich von starren Arbeitszeiten zu verabschieden. _Eine Flexibilität, die Vorteile bringt? Auf jeden Fall, ich sehe dies bei vielen meiner Mitarbeiter, die Familie und ein Teil-

zeitpensum haben. Sie arbeiten oft von zu Hause aus, nutzen die Möglichkeit, ihre Aufgaben zu dem Zeitpunkt zu erledigen, wenn es für sie am besten passt. Beispielsweise dann, wenn der Partner zu Hause ist und aufs Kind aufpassen kann. _Sie haben bei PwC Schweiz grosse Führungsverantwortung, und Sie haben Familie. Wie schaffen Sie es, diese verschiedenen Lebensprioritäten unter einen Hut zu bekommen? Es kommen da wohl einige Eigenschaften zusammen: sicher der feste Wille, meine beruflichen Ziele zu erreichen. Ich hatte zudem von jeher ein hohes Energielevel und bin ein Organisationstalent. So konnte ich immer beidem gerecht werden. _Ein Modell, das Sie Ihren Töchtern vorleben? Diesen Eindruck habe ich, ja. Sie sind jetzt 24 und 25 Jahre alt. Für beide ist es mehr als selbstverständlich, dass sie arbeiten, aber

DAS UNTERNEHMEN www.pwc.ch/careers Anzahl Angestellte: 2600 in der Schweiz, 195 000 weltweit Fakten: Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung und Wirtschaftsberatung Spezielle Angebote für Frauen: Flexible Arbeitsmodelle, Women Mentoring Programme, PwC Women Network, Unterstützung bei der Kinderbetreuung, interne Workshops Geschlechterverhältnis: 40% Frauen, 60% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: 10% der Partner sind Frauen

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SBB _Warum wird die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben noch wichtiger werden? Heute wollen auch Väter Zeit mit ihren Kindern verbringen, deshalb bieten wir eine Vielzahl von Teilzeitmodellen an. Als zweifache Mutter weiss ich darüber hinaus: Wer sich um die Kinder kümmert, wenn man zur Arbeit geht, diese zentrale Frage können Sie nicht dem Zufall überlassen. Deshalb fördert die SBB familienexterne Kinderbetreuung: Mit unserer Unterstützung konnten dieses Jahr beispielsweise Kitas in Bern Wankdorf und Zürich Letzibach eröffnet werden.

Jeannine Pilloud ist SBB-Konzernleitungsmitglied und Leiterin der Division Personenverkehr. Ausbildung: u.a. Architekturstudium an der ETH Zürich und Ausbildung zur Journalistin. Werdegang: Führungspositionen bei IBM Schweiz und Bon appétit Group. Zuletzt Senior Vice President bei T-Systems.

«UNSERE TALENTPROGRAMME ENDEN NICHT MIT DEM 40. LEBENSJAHR» _Sie sind als erste Frau in der SBB-Konzernleitung verantwortlich für 13 000 Mitarbeitende. Was reizte Sie an dieser Führungsposition? Jeannine Pilloud: Es war nicht die Tatsache, dass ich die erste Frau in der Konzernleitung sein würde, sondern der Inhalt der Position. Ich blicke auf eine lange Laufbahn mit verschiedenen Führungsfunktionen zurück. Sie sind mit meinen Aufgaben bei der SBB durchaus vergleichbar. Der wesentliche Unterschied aber ist: Der Kontakt zu den Kunden ist jetzt unmittelbarer. Diese erleben es direkt, was wir ihnen als Leistung liefern, ob sie zum Beispiel auf Pünktlichkeit zählen können und ihre Anschlussverbindungen erreichen. _Warum fördert die SBB bei ihren Bahnberufen den Wiedereinstieg? Wer bei uns eine Ausbildung macht wie beispielsweise Lokführerin oder Zugbeglei-

terin, kann nur bedingt woanders arbeiten. Umso wichtiger aber ist, dass die SBB ihren Mitarbeitenden Chancen und Perspektiven bietet, sich weiterzuentwickeln. Dies ist insbesondere auch für jene Frauen elementar, die nach der Familienzeit wieder in den Beruf einsteigen wollen. _Mit welchen Modellen können sie dies tun? Unsere Zweitausbildungen sind ideal für Wiedereinsteigerinnen. Einige dieser Ausbildungen sind sogar in Teilzeit möglich. Zudem sind unsere Talentprogramme geeignet, mit denen wir auch Kaderleute aus den eigenen Reihen entwickeln. Diese Förderung endet bei uns nicht mit dem 40. Lebensjahr. Denn zwischen 30 und 40 Jahren sind viele gut ausgebildete Frauen mit der Familiengründung beschäftigt und können sich nicht noch nebenbei um die Karriere kümmern. Dies wird danach wieder interessant.

DAS UNTERNEHMEN www.sbb.ch und www.sbb.ch/jobs Anzahl Angestellte: 31 000 Fakten: Schweizweit tätige Arbeitgeberin. Personalbedarf: Primär in Ingenieurs-, Bahn-, Handwerksund Informatikberufen. Zudem in Wirtschafts-, Rechts- und Naturwissenschaften Spezielle Angebote für Frauen: Mentoringprogramm, Kader-/Frauennetzwerke, diverse Kurse/Seminare, spezieller Fokus auf Frauenförderung im Management-Developmentprozess Geschlechterverhältnis: 16% Frauen, 84% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: Konzernleitung 22%, Frauen mit Führungsposition 11%

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Swisscom

Esther Kühne ist Head of HR Development bei Swisscom. Ausbildung: Lizenziat/ MA in Germanistik. Werdegang: Verschiedene Positionen im Bereich Kommunikation bei Swisscom, zuletzt als Leiterin Interne Kommunikation.

«SWISSCOM ERMÖGLICHT EINE BALANCE ZWISCHEN VERSCHIEDENEN LEBENSBEREICHEN» _Sie teilen Ihre Führungsfunktion mit einem Kollegen. Was überzeugt Sie am TopSharing? Esther Kühne: Es gibt zwei Dimensionen des Arbeitsmodells, die mich fundamental überzeugen. Sie sind auch der Grund, weshalb ich es nach zweieinhalb Jahren in meiner früheren Funktion als Co-Leiterin Interne Kommunikation bei Swisscom erneut angestrebt habe. Zum einen sehe ich in der Möglichkeit geteilter Führung grosse Vorteile für die Aufgabe an sich. Gewisse Sachverhalte, Herausforderungen, Fragestellungen gemeinsam zu erörtern und durch unterschiedliche Gesichtspunkte zu beleuchten, bringt aus meiner Erfahrung – auch wenn man nicht jedes Mal ringen muss – oft bessere, reifere Entscheide. Und es macht mir persönlich Freude, breiter abgestützt argumentieren zu können. Vo-

raussetzung dafür ist natürlich, dass man Wissen und Verantwortung auch echt teilen will. Neben der Verantwortung sollte man bereit sein, auch Präsenz zu teilen. Sichtbarkeit sowie Unsichtbarkeit geniessen zu können und zu dürfen, ist für mich die zweite Dimension, weshalb ich das Modell als echten Mehrwert betrachte. Das Unternehmen schliesslich profitiert von beidem: Qualität und lückenloser Präsenz. _Warum eröffnet Jobsharing insbesondere Mitarbeitenden mit Familie Karriereperspektiven? Ganz kurz geantwortet, weil breite Verantwortung zeitlich flexibel gestaltet werden kann. Adi Bucher, mein Sharing-Partner, ist sogenannter «Teilzeitmann». Beide haben wir je zwei Kinder und zudem Partner, die ebenfalls im Arbeitsleben aktiv sind. Allesamt wollen wir das auch weiterhin so haben. Das Teilen des Jobs bietet uns die

Möglichkeit, diesen Wunsch auch organisatorisch Realität werden zu lassen. Und wie bereits angetönt: Entspannte Zeit mit den Kindern zu haben, ohne stetigen Druck und die Frage, ob wohl bei der Arbeit auch alles gut läuft oder ich die E-Mails doch noch kurz checken sollte, ist schon toll. Der JobPartner ist ja auch noch da. Das klingt jetzt vielleicht ein wenig nach heiler Welt: Mein Kollege und ich spüren selbstverständlich hohe Erwartungen, sind beide leistungsbereit und möchten natürlich etwas bewirken. Unser Glück ist: Wir haben einen Arbeitgeber, der erkannt hat, dass es Modelle gibt, die gerade auch in höheren Funktionen leistungsstärkend wirken – ob man nun Familie hat oder aus anderen Gründen mehr freie Zeit haben möchte. _Was versteht Swisscom darüber hinaus unter guten und zeitgemässen Arbeitsbedingungen? Zentral für Swisscom ist – neben einer guten und marktgerechten Entlöhnung –, die individuelle Lebenssituation mit dem Arbeitsleben erfolgreich verbinden und eine möglichst gute Balance der verschiedenen Lebensbereiche erreichen zu können. Dafür bietet Swisscom ihren Mitarbeitenden eine breite Palette an Angeboten, wie Vaterschaftsurlaub oder Ferienbetreuung für Kinder und natürlich flexible Arbeitsmodelle. Dazu gehören Teilzeitpensen oder auch Homeoffice. Mobiles Arbeiten ist für viele von uns längst selbstverständlich – dank modernen Kollaborations- und Kommunikationslösungen. Swisscom ist da sicherlich einigen Unternehmen einen Schritt voraus, denn das mobile Arbeiten widerspiegelt auch die Idee von «use what you sell». Ein wichtiger Faktor, um auch am Markt als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. _Seit kurzem gibt es bei Ihnen das Modell «work&care». Was ist die Idee dahinter, und wie funktioniert es? Auch dieses Modell antwortet auf eine gesellschaftliche Realität: Immer mehr Pflegeleis-

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Beruf und Familie in Einklang bringen: Swisscom ermöglicht flexibles Arbeiten zu Hause.

tungen werden durch Angehörige erbracht. Dabei ist die Situation, Arbeit und Pflege zu vereinbaren, eine grosse Herausforderung. Bisher waren Betroffene auf den Goodwill und das Verständnis des Vorgesetzten angewiesen – und hatten wohl auch häufig ein schlechtes Gewissen, wenn sie jonglieren mussten. Swisscom stellt hier nun ein Instrument zur Verfügung, das klare Rahmenbedingungen schafft, um mit einer solchen Doppelbelastung, sei dies kurz- oder langfristig, auch den beruflichen Anforderungen voll gerecht zu werden. _Swisscom möchte mittelfristig mehr Führungspositionen mit Frauen besetzen. Wie ist dieses Ziel zu erreichen? Mit Modellen, die es ermöglichen, so zu arbeiten, wie es der Lebensphase und der aktuellen Lebenssituation entspricht, kommt man Männern wie Frauen entgegen. Es

gibt ja auch bei den Männern, gerade auch denjenigen der kommenden Generation, immer stärker den Wunsch, die Arbeit besser mit anderen Wünschen und Verpflichtungen zu verbinden. Meine Überzeugung ist, dass wir mit den Modellen beide Geschlechter ansprechen sollten, sodass beispielsweise auch Frauen von Männern, die hoffentlich und endlich bald mehr Teilzeit arbeiten, mehr Verantwortung im Beruf übernehmen können. Dafür braucht es bei Führungskräften sicherlich noch ein gewisses Umdenken. Bei Swisscom sind insgesamt bereits gute Grundlagen da, stärker in diese Richtung zu wirken. Mit gezieltem Talentmanagement und Karrieren, die nicht zwingend an Vollzeitpensen geknüpft sind, wird dieses Engagement künftig noch stärkere Wirkung entfalten. Davon bin ich überzeugt.

DAS UNTERNEHMEN www.swisscom.com/jobs Anzahl Angestellte: Über 17 000 in der Schweiz Fakten: Rund 900 Lernende; «Schulen ans Internet» und Jugendmedienschutz; Förderung Medienkompetenz; Menschen aus rund 90 Nationen, 17% Ausländeranteil Spezielle Angebote für Frauen: Digital Days for Girls; TraineeProgramm, Direkteinstieg für Hochschulabsolventen Geschlechterverhältnis: Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: mittelfristiges Ziel 20%

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SRG SSR

Nathalie Wappler ist Abteilungsleiterin Kultur SRF und Mitglied der Geschäftsleitung SRF. Ausbildung: lic. phil. 1 in Geschichte, Politikwissenschaften und Germanistik sowie Stanford Executive Program 2013. Werdegang: Redaktorin «Kulturplatz», Redaktionsleiterin «Sternstunden».

«TEILZEITARBEIT UND JOBSHARING PRÜFEN WIR BEI KADERSTELLEN SYSTEMATISCH» _Was hat Sie daran gereizt, beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) die Leitung der Kulturabteilung zu übernehmen? Nathalie Wappler: Die Konvergenz, das Zusammenführen von Radio, Fernsehen und Online, die Frage, wie man Medien für die Zukunft entwickelt, interessiert mich sehr. Wenn man das Ganze noch unter einem breiten Kulturbegriff machen kann, ist das ein tolles Portfolio. Wir verstehen Kultur auch als etwas, was mit dem Leben hier und jetzt zu tun hat. Was Menschen beschäftigt, findet Ausdruck in unterschiedlichen Gattungen – Literatur, Film, Musik. Alle diese Strömungen aufzunehmen und zu reflektieren, verstehen wir als modernen Kulturauftrag. Auch das macht die Aufgabe spannend. _Die SRG legt Wert auf durchmischte Teams. Inwieweit möchte sie damit auch dem Qualitätsanspruch des Service public gerecht werden?

Gerade in einem Service-public-Unternehmen ist es elementar, dass sich die Vielfalt der Bevölkerung in der Belegschaft spiegelt. In der Religionsredaktion etwa können wir nicht einfach sagen: Beschäftigen wir einen Katholiken und eine Protestantin. Bei uns arbeiten auch Angehörige anderer grosser Religionen. Zum einen wegen der Fachkenntnis, zum anderen wegen der verschiedenen Sichtweisen. _Wie sind Sie von der SRG bei Ihrer Laufbahn unterstützt und gefördert worden? Umfassend und zielgerichtet, das habe ich immer sehr geschätzt. Hatte ich spezielle Fragestellungen, etwa beim Zusammenlegen von zwei Redaktionen, konnte ich stets auf entsprechendes Coaching zählen. Vergangenes Jahr habe ich das Stanford Executive Program für Unternehmensführung absolviert. Mir dieses Know-how anzu-

eignen, war wichtig. Meine Abteilung zählt 370 Mitarbeitende, ist also so gross wie ein mittelständisches Unternehmen. Hilfreich fand ich zudem, dass mich Vorgesetzte bei meinen Bewerbungen immer ermutigt haben. Diesen letzten Impuls brauchen Frauen oft. Ich gebe ihn jetzt auch meinen Mitarbeiterinnen. _Ziel der SRG ist es, den Anteil der Kaderfrauen von 27 auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen. Wie genau? Werden Kaderstellen besetzt, suchen wir gezielt auch qualifizierte Frauen und laden Mitarbeiterinnen dazu ein, sich zu bewerben. Ausserdem prüfen wir, ob Kaderpositionen auch in Teilzeit oder im Jobsharing besetzt werden können. Wichtig finde ich zudem das Prinzip der Patenschaft, talentierten Mitarbeiterinnen früh zu ermöglichen, sich mit Managementfragen zu beschäftigen. So lernen sie nicht nur, wie man ein Programm macht, sondern auch, wie man es organisiert.

DAS UNTERNEHMEN www.srgssr.ch Anzahl Angestellte: zirka 6000 Fakten: Die SRG bietet der Schweizer Bevölkerung 18 Radiound 7 Fernsehprogramme sowie ergänzende Multimedia-Angebote in allen vier Landessprachen Spezielle Angebote für Frauen: Flexible Arbeitszeiten, Teilzeit, vielfältige Fach- und Führungslaufbahnen, Unterstützung zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie Geschlechterverhältnis: 44% Frauen, 56% Männer Anzahl Frauen in Führungspositionen und im Vorstand: 27%

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UBS

Scan me!

Seraina Zysset-Frey ist Chief of Staff Group Operations bei UBS. Ausbildung: FHNW – Bachelor International Mgmt. Werdegang: Global Project Manager Reconciliation Services, Head Business Mgmt. Client Reporting & Connectivity Services, COO Group Operations Head Business Mgmt. bei UBS AG.

«HINTER NEUEN IDEEN STEHEN OFT FRAUEN» _Sie haben bei UBS Karriere gemacht. Wie wurden Sie dabei unterstützt? Seraina Zysset-Frey: Unabhängig von der Division oder Einheit, in der ich arbeitete: Meine Vorgesetzten gaben mir immer eine Chance, mich zu beweisen. Sie vertrauten mir Aufgaben an, dank denen ich mich weiterentwickeln und mein Können beweisen konnte. Wir pflegen bei UBS eine FeedbackKultur, bei der uns auf konstruktive, aber direkte Art gesagt wird, was man gut macht, aber auch, wo man Verbesserungspotenzial hat. Das hat mich beruflich und persönlich weitergebracht. Ich habe damit die Fähigkeit und, noch wichtiger, das Vertrauen in mich selbst erhalten, sehr gross scheinende Herausforderungen nicht zu scheuen, sondern sie anzupacken. _Wann ist Mentoring ein gutes Instrument, um Talente zu fördern?

Ich finde, Mentoring ist ein Weg, um die berufliche Entwicklung einer Mitarbeiterin zu unterstützen und sie in der Karriere zu fördern. Mentoren sollte man aber nicht einfach zuordnen, denn es braucht ein grosses Vertrauen auf beiden Seiten. Mentoren ermöglichen einen Blick von aussen, spiegeln einem das eigene Verhalten in bestimmten Situationen. Auch ich betreue Mentees und empfinde diese Gespräche als sehr inspirierend. _Was tut UBS, damit Frauen Familie und Karriere vereinbaren können? Nach einem sehr grosszügigen Mutterschaftsurlaub bietet UBS den Mitarbeiterinnen je nach Arbeitsbereich die Möglichkeit, mit einem reduzierten Arbeitspensum in den Beruf zurückzukehren und an gewissen Tagen von zu Hause aus zu arbeiten, im Homeoffice. UBS betrachtet die Familie jedoch nicht nur als Sache der Frauen – auch

viele Männer profitieren von Teilzeitarbeit und Homeoffice. Mitarbeitende können zudem zusätzlich zwei Wochen Ferien pro Jahr «kaufen». _Viele Arbeitgeber stehen dem Homeoffice skeptisch gegenüber. Warum gehört es bei UBS zum Konzept? Weil es ein zeitgemässes Modell ist, das auch in verschiedenen Bereichen angeboten und nachgefragt wird: In meinem Bereich Group Operations zeigt es sich deutlich, dass insbesondere jüngere Mitarbeitende mehr Flexibilität haben wollen, auch in Bezug auf den Ort, wo sie arbeiten. Neben Homeoffice bietet UBS auch Pool-Arbeitsplätze. _Warum ist es wichtig, dass auch Frauen Netzwerke pflegen? Frauen generieren Ideen und Konzepte und treiben sie voran, kommunizieren aber oft zu wenig, was sie erarbeitet haben. Gerade beim Networking können Frauen nicht nur Beziehungen pflegen, sondern auch die Gelegenheit wahrnehmen, ihr Wissen zu präsentieren.

DAS UNTERNEHMEN www.ubs.com/graduates Anzahl Angestellte: 22 000 in der Schweiz, 60 000 weltweit Fakten: Seit 150 Jahren betreut UBS private, institutionelle und Firmenkunden weltweit ebenso wie Retail-Kunden in der Schweiz Spezielle Angebote für Frauen: Mentoring, grosszügiger Mutterschaftsurlaub, flexible Arbeitsmöglichkeiten, Women’s Business Networks Geschlechterverhältnis Kader: 50% Frauen, 50% Männer Nicht-Kader: 58,5% Frauen, 41,5% Männer

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Nachgefragt bei:

Kafi Freitag* Es einfach machen, ist Kafi Freitags Credo. Und dabei riskieren, dass es auch schiefgehen kann. Weil Fehler menschlich und verzeihlich sind. Die 39-Jährige probierte vieles aus, ehe sie sich als Coach selbständig machte und ihren Blog online schaltete. Sie findet: Frauen müssen besser zusammenhalten. Interview: Vera Sohmer _Frau Freitag, Sie haben unter anderem als Anlageberaterin gearbeitet, waren Filialleiterin einer Billigmodekette, Assistentin eines Heilpädagogen und Ghostwriterin – waren Sie unentschlossen oder experimentierfreudig? Kafi Freitag: Beides (lacht). Ich war jung und ungebunden, hatte noch kein Kind, musste nur für mich sorgen, konnte ausprobieren, worauf ich Lust hatte. Es gab nichts zu verlieren, nur etwas zu gewinnen. Ich traute mir das alles zu. Sogar als Anlageberaterin zu arbeiten, obwohl ich dafür gar nicht ausgebildet war.

_Neigen Frauen nicht eher dazu, schnell mit sich zu hadern und an ihren Fähigkeiten zu zweifeln? In meinen Coachings stelle ich immer wieder fest, dass sich Frauen oft gar nicht bewusst sind, was sie alles können. Dabei können sie so vieles. Müssen sie ja auch, weil sie im Alltag ganz verschiedene Rollen ausfüllen. Je mehr es gelingt, diesen Reichtum an Fähigkeiten sichtbar zu machen, desto weniger besteht Anlass, an sich zu zweifeln. _Sich selbständig zu machen, braucht Mut: Was war für Sie ausschlaggebend, es zu wagen?

Dass ich Mutter geworden bin. Mein Wertesystem hatte sich stark verändert. Mir war plötzlich wichtig, über meine Zeit besser bestimmen zu können. Das führte in meinem Fall unweigerlich in die Selbständigkeit. Ich sagte mir: Blick nach vorn, wage es einfach. Wenn du es nicht ausprobierst, wirst du nie wissen, ob es funktioniert. Und hätte es nicht funktioniert, hätte ich ja in einen alten Job zurückgehen können. _Frauen, die Kinder und Beruf wollen, stecken oft im Dilemma. Sie fragen sich, ob sie beidem gerecht werden können. Wie kann es funktionieren? Mit guten Rahmenbedingungen, zu denen auch bessere Betreuungsangebote gehören. Aber auch mit der Fähigkeit, loslassen zu können, sprich: das Kind einer anderen Person zu übergeben und darauf zu vertrauen, dass es auch dort gut aufgehoben ist. Was nicht geht, ist, das Kind selbst zu hundert Prozent zu betreuen und gleichzeitig Karriere machen zu wollen. Aber wenn man bereit ist, Kontrolle abzugeben, lässt sich durchaus beides organisieren. _Kritik an Frauen und ihrem jeweiligen Lebensmodell kommt oft aus den eigenen Reihen. Warum ist das so? Wir vergleichen sehr stark, wurden früh so geprägt: Wir wollen «richtig» sein, wollen, dass man uns gern hat, auch optisch gefallen. Dieses Sich-gegenseitig-Abchecken hängt damit zusammen. Ich beobachte dies insbesondere bei Müttern, die sich auch noch ein schlechtes Gewissen einimpfen: weil die eine daheim ist beim Kind und nicht arbeitet; oder aber weil die andere arbeitet und nicht beim Kind ist. Es würde Frauen sehr gut tun, sie zollten jedem Familienmodell mehr Respekt, ohne darüber zu urteilen oder zu werten. Wir brauchen mehr Respekt vor der freien Entscheidung. Jede Frau soll für sich entscheiden, wo sie ihre Prioritäten setzt. _Wie schaffen Frauen mehr Zusammenhalt? Das haben meine Freundin und ich uns auch gefragt und thematisieren dies seither auf unserer neuen Plattform www.tribute.ch. Ich denke, mit sich und seinem Leben zufrieden zu sein, ist eine der Voraussetzungen dafür. Nur wenn ich mit mir im Reinen bin, kann ich andere Lebensentwürfe respektieren. Ich muss mit mir selbst wertschätzend umgehen, dann schaffe ich es auch, anderen Wertschätzung entgegenzubringen.

Kafi Freitag (39) lebt mit Mann und Sohn in Zürich und führt dort eine selbständige Praxis für prozessorientiertes Coaching (Freitagcoaching.ch). Zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin hat sie jüngst eine neue Plattform gegründet, die Frauen in den Mittelpunkt stellt. Tribute.ch bietet Seminare für Frauen an, die sich in ihrem Alltag mehr Grossartigkeit und Selbstzufriedenheit wünschen. Kafi Freitag antwortet in ihrer Kolumne «FragFrauFreitag.ch» auf sämtliche Fragen des Alltags.

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Die Psychiatrischen Dienste Aargau AG sind mit rund 1000 Mitarbeitenden für die qualitativ hochstehende und zeitgemässe medizinische Behandlung von psychisch kranken Menschen im Kanton Aargau verantwortlich.

Wir fördern Frauen. Neben einem abwechslungsreichen Arbeitsumfeld, wo Sie mit Menschen für Menschen tätig sind, bieten wir auch attraktive Anstellungsbedingungen in einem dynamischen Umfeld. Marktgerechte Entlöhnung, Arbeitszeitgestaltung mit Freiraum, berufliche Förderung und Entwicklungsmöglichkeiten, ausgebaute Sozialleistungen und Nebenleistungen sowie viel Eigenverantwortung runden das Bild ab. Ihr zukünftiger Arbeitsort ist zentral und nahe am öffentlichen Verkehr gelegen. Die Psychiatrische Klinik Königsfelden befindet sich in einer historisch geprägten Umgebung mit einem schönen Park, der zum Verweilen einlädt. Auf dem Areal befindet sich auch die eigene Kindertagesstätte. Die Aussenstellen des Externen Psychiatrischen Dienstes und des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes sind im ganzen Kanton zu finden und mit öffentlichen Verkehrsmitteln ebenfalls gut erreichbar. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Unsere aktuellen Stellenangebote finden Sie auf unserer Homepage www.pdag.ch. Wir freuen uns auf Sie! Psychiatrische Dienste Aargau AG | Postfach 432 | 5201 Brugg | Telefon 056 462 21 11 | www.pdag.ch


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