wissenswert April 2015 - Magazin der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Page 12

12

Dienstag, 14. April 2015

Kohlgewächse sind besonders betroffen: Ein Befall durch den winzigen Parasiten kann zu Ernteeinbußen führen. Phytomyxea kommen auch bei uns vor, Foto: iStock/typo-graphics vielleicht ist man den klumpigen Wurzeln beim „Garteln“ schon einmal begegnet.

Kluge Winzlinge Sie sind unvor stellbar klein , können ab er groß en Scha d en anrichten : D ie Mikrobiolo gin Sigri d N euhau ser b e schäf tigt sich mit einzelligen Para siten , die P flanzen und A lg en b efallen , ohne sie zu töten. Phytomyxea – so lautet der Fachbegriff für jene Gruppe von Parasiten, die Dr. Sigrid Neuhauser interessiert. Sie kommen von Böden bis zum Meer überall vor, sind bisher aber wenig erforscht. Dem wird am Innsbrucker Institut für Mikrobiologie nun ein Ende bereitet. Vor etwa 100 Jahren wurden Phytomyxea erstmals beschrieben, aber aufgrund ihrer Größe, die sich im Bereich weniger Tausendstelmillimeter bewegt, können diese Parasiten erst seit we-

nigen Jahren im Detail betrachtet werden. „Kleine Aliens“ ist die Bezeichnung, die Sigrid Neuhauser dafür wählt: „Die winzig kleinen Parasiten sind Einzeller und können verschiedenste Wirte aus der Pflanzen- und Algenwelt befallen“, erklärt Neuhauser. Eine Pflanzengruppe, die in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse ist, ist jene der Kohlgewächse. Der Erreger Plasmodiophora brassicae, eine Untergruppe der Phytomyxea, befällt Kohlgewächse und verursacht die sogenannte Kohlhernie. „Diese Krankheit zählt zu einer der wirtschaftlich bedeutsamsten Bedrohungen von Kohlpflanzen und ist

für etwa zehn Prozent des weltweiten Ernteausfalls verantwortlich“, sagt die Forscherin. Der Erreger ist auch in Tirol ein Problem. „Bei uns werden befallene Pflanzen oft Klumpfüße genannt“, erzählt Neuhauser. Diese Bezeichnung ist durchaus bildlich zu verstehen: Die Parasiten befallen die Wurzeln der Kohlgewächse und verursachen die Bildung von Wurzelklumpen. „Nach der Infizierung mit dem Parasiten macht die Pflanze nicht mehr das, was wir gerne von ihr hätten, nämlich wachsen und Samen ausbilden. Sie investiert den Großteil der Energie in ihre Wurzeln – sehr zum Wohlwollen des Parasiten“,

erklärt die Mikrobiologin. „Der Parasit macht aus der Pflanze sozusagen einen Zombie.“ Neben Kohl, Kraut oder Brokkoli zählen auch Raps oder Futterrüben als weitere wichtige Kulturpflanzen zu den Betroffenen. Bisher gibt es keine Möglichkeiten der nachhaltigen Bekämpfung: „Phytomyxea zeichnen sich durch eine sehr kluge Vorgehensweise aus und haben eine Reihe erstaunlicher Eigenschaften“, so Neuhauser.

„Selbstinjektion“ Es ist nicht nur die Größe, die die Erforschung der Einzeller zu einer Herausforderung macht. Phytomyxea sind eine eigenständige


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.