Art magazine 1989

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Nr. 6/Ju ni 1989, DM 15

Das Kunstmagazin: Drachenfest am Himmel von Japan • Zu Besuch bei Magdalena Abakanowicz • Das Werk des Foto-Virtuosen Robert Mapplethorpe • Junge Kunst 89

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KÖLNER „BILDERSTREIT": DIE MÄNGEL, DIE MERITEN


In seiner Atelierwohnung stellte sich Milan Kunc, 45, dem Fotografen zwischen Tulpen und einem Gem채lde mit kitschigen Liebesp채rchen



Aufdem Einhorn reitet rücklings die nackte Verführung .

„Meisterwerk der kontrollierten Torheit": Mit dem aufwendig gerahmten Gemälde „Rring Rring" (78 x 52 cm) irritierte Milan Kunc seine Künstlerkollegen 1975

„Ich behandle Umweltprobleme ästhetisch , ich möchte keine plumpe Kritik üben": Der ,Jod des Umweltschützers" (150 x 225 cm) wurde 1981/82 gemalt

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Superman läßt sich gehen , der Bekämpfer allen Unheils träumt von einer heilen Welt voller Wunder : „Mythologische Landschaft" (130 x 150 cm, 1979)



Die J!enus des 20. Jahrhunderts ruht aufabgefahrenen Bei


sationsmßll rahmt eine Paraphrase auf „Die Toilette der Venus" (1651) des Spaniers Diego Velazquez. Im barocken nal blickt sie in den Spiegel, die ,Yenus" (160 x 240 cm, 1982) von Kunc schaut in den Kosmos

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Milan Kunc: „Wer meine Bilder kitschig findet, ist ein Schwächling!"

„Der Avantgardist" (195 x 175 cm, 1982/83) in der Schublade, antik gewandet, arbeitet mit Pinsel und Palette, den Kritikern im Hintergrund versperrt die Flasche die Sicht

chamlos-respektvolle Grüße an Arcimboldo , Bosch und Dalf : .,Am Rande der Verzweiflung" (140 x 160 cm , 1982) wird der Schädel zum Haus, die Nase zum Penis, das Ohr zur Vagina

Spiel mit der Zentralperspektive: „Der Wald" (195 x 240 cm , 1983) ist abgeholzt, der Holzfäller gefällt, nur die Pfeife ist .noch heil 6/89 art

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Banane, Melone „ müde Madonnen am Strand und an der Straße

Modeme Frau zwischen Kinderstube und Kühlturm: Die „Madonna" (150 x 120 cm, 1987) des Milan Kunc hängt an ihrem alten Teddy, aber auch an den Segnungen der Technik

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Prophezeite Perestroika: Den „Russischen Frühling" (160 x 200 cm) zwischen Birken und Kreml-Türen malte der Emigrant aus der CSSR hoffnungsfroh schon 1986

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„Die Früchte des Paradieses" (170 x 200 cm, 1987), übe dimensionierte Sexualsymbole, vor denen feiste Pausctl lauber dösen. Lust gewinnt der Hobbytaucher beim Töte



Ein Gemisch aus Idyll und geistloser Durchhalte-Kunst aus dem Dritten Reich: „Melancholische Herbstwache" (150 x 225 cm, 197

Provokatio1 durch Zitat "" Montag BERICHT VON ROBERTO OHRT FOTOS: MICHAEL LANGE

an sollte diese Bilder verbieten!" wetterte Anfang er siebziger Jahre Joseph · euys angesichts der Arbeiten von Milan Kunc, den er zuvor in seine Klasse an der Düsseldorfer Akademie aufgenommen hatte. Der Tscheche, damals knapp 30, verbuchte die Verwünschung als Kompliment und nannte seinen umstrittenen Professor, der bald von der Hochschule verbannt wurde, einen Akademiker. Gerhard Richter, der andere Akademiker, bei dem Kunc dann eingeschrieben war, empfahl ihm, sein Glück in der Werbung zu machen. Günstige Zeichen für die Zukunft, dachte Kunc, wußte er doch, daß ein Weltstar der Gegenwartskunst, Andy Warhol, von der Werbung den Weg zur Pop Art gefunden hatte. So entwickelte der Emigrant allmählich sein Konzept der falschen Entscheidungen und vertiefte systematisch seine Dissidentenhaltung gegenüber der Modeme. Milan Kunc lebt seit zwei Jahren in Köln. Seine helle, geräumige Atelier-

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wohnung hat er in einem romantischen Altbau eingerichtet, und hier findet der Besucher nebst Staffelei und Palette ganze Stöße von Ektachromen, Fotoabzügen und Karteikarten. Einer Studentin hat der Maler einen Arbeitsplatz am Schreibtisch eingerichtet, denn ein <Euvre von inzwischen über 1000 Werken muß geordnet werden: In Italien wird derzeit eine große KuncMonografie vorbereitet. Im Ausland, in Mailand, Amsterdam oder New York, hat Kunc mehr Erfolg als zu Hause, aber allmählich geht es auch in Westdeutschland voran. Mit zwei Gemälden war er auf der Frankfurter Trendschau „Prospect 89" vertreten. Das Umfeld, in dem er sich bei solchen Veranstaltungen wiederfindet, betrachtet er freilich noch immer mit einigem Zweifel. In einem seiner stets einfach und bündig formulierten Statements hieß es 1988: „Was ist der Unterschied zwischen einem schlechten und einem guten Anstreicher? Der gleiche wie zwischen einem ,Neuen Wilden' und einem ,Neo-Geo'-Maler." Seine Skepsis gegenüber der Avantgarde hat der 1944 in Prag geborene

Milan Kunc aus einer langjährigen B schäftigung mit der Bildwelt politisch Ideologien entwickelt - eine zunäch unvermeidbare, später bewußt _ suchte Konfrontation. Er studierte Prag seit l964andcrAkademieder B denden Künste. Neben dem obligah. sehen Sozialistischen Realismus und ner entsprechenden handwerklich Maikultur wurden auch surrealisti:c Tendenzen geduldet, deren verrätsc subversive Sprache man in der Tsch choslowakei seit den zwanziger Jahr zu nutzen verstand. Beide Richtung~ sind im Werk von Milan Kunc - glcic sam mit umgekehrten Vorzeichen - 11 mer wieder erkennbar. Ein Jahr, nachdem mit dem 1: marsch der sowjetischen Truppen aJ Hoffnungen des „Prager Frühling zerschlagen worden waren, erhi Kunc 1969 die Möglichkeit, sich in 1 lien die Malerei der von ihm schon mals verehrten Alten Meister anz sehen. Auf dieser Reise entschloß sich zur Emigration.


Kunc ging nach Düsseldorf und Freunden durch Wuppertal getragen, setzte sein Studium an der Kunstakade- aber diese Demonstration mit den Heimie fort. Er versuchte sich in allen mög- ligtümern von Konsum und Ideologie lichen Stilrichtungen, abstrakt, expres- erfreute weder die Filialleiter der siv oder monochrom, aber bereits mit McDonald-Kette noch die Linken. Gänzlich unbehelligt konnte Kunc diesen Experimenten innerhalb des Keilrahmens nahm er in der Düsseldor- seine Arbeit 1979 in Moskau fortsetfer Szene eine Einzelgängerposition zen, als dort die später boykottierten ein. Bilder zu malen, galt als reaktionär. Olympischen Spiele vorbereitet wurEr begann, Rubens zu kopieren, und den. Er ließ sich als zufriedener Komschließlich pinselte er Teddybären munist vor Pepsi-Cola-Ständen fotobeim Picknick oder einen Papagei, der grafieren - „Konsumisten aller Länder, vom Telefon gelernt hat: .. „Rring, vereinigt euch!" lautete die Parole. Er Rring." Als „handgemalte Olbilder" posierte als künstlerisch ambitionierter brachte er die Werke den Professoren Matrose, der vor einem monumentalen zur Korrektur, deklariert als „Meister- roten Stern begeistert zum Skizzenwerke" in dem von ihm kreierten Stil buch greift, um die großartige Situation des „Peinlichen Realismus", dem ein festzuhalten. Allerdings leitete ihn schon seinerKonzept der „kontrollierten Torheit" zeit nicht nur subversive Lust an der unzugrundeliege. Damals entstand auch eine Serie von freiwilligen Absurdität einer realgeKriegsbildern, in denen Kunc idyllische wordenen sozialistischen Idylle. Nicht Landschaftsreste mit den Requisiten minder beweg~~ ihn der ernsthafte der Kriegsmaschinerie befrachtete. Wunsch, den Angsten der frostigen Eine „Melancholische Herbstwache" Ost-West-Beziehungen zu begegnen hält ein deutscher Soldat vor einem Ge- daher die Tarnfarbe auf den Rückseiten vässer, wie es sicherlich als vergilbter seiner Symbol-Collagen. Schließlich beflügelte ihn das geKunstdruck in vielen deutschen Wohnstuben während des Krieges zu finden stellte Pathos sogar, er nahm die Pflicht.ar und mancherorts heute noch ge- übung ernst. Mit Disziplin, Krawatte chätzt wird. Der Panzer und auch der und Bügelfalte trug Kunc stets im Osten geduldig posierende Prototyp des deut- gekaufte bräunliche Anzüge, um wie schen Kriegers sind wie aus einem Bil- ein freigelassenes Modemodell für erbogen geschnitten in die Ölmalerei mittlere Funktionäre aufzutreten. Dariteraten. Der einsame Schwan auf dem über rauften sich selbst die Punks ihre ee, die in Tarnfarben gehaltene gefärbten Haare. 1979 ging die Phase des „Ost-Pop" {erbstkulisse und die unabweisbare rinnerung an die pseudorealistischen so nannte Kunc seine Version der Pop urchhalte-Bilder des Dritten Reies: eine, jedenfalls in den siebziger Jrren, peinliche_ Collage, ein verboner Pop-Verschnitt der deutschen chichte. Als 197 8 die Punkmusik aus London Düsseldorf ihre ersten Anhänger 1d, war auch Milan Kunc dabei. Eilig vickelte der Tscheche eine osteurosche Variante des Punk-Outfits. Die Future"-Buttons und Sicherheitselri ersetzte er durch die rotgoldeEmbleme des sowjetischen Helekors, durch Orden, Tücher, Kettund Abzeichen. In seinem täglich --agenen Aufzug wirkte Kunc wie ein rzeugter, leicht überdekorierter 11er einer kommunistischen Jurganisation, der zufällig in den en geraten ist. unc entwarf Tafeln und Schilder für -religiöse Prozessionen, auf der erseite die Stars und populären teme der verschiedenen Systeme: nnan, Mickey Mouse, Hambur. ombiniert mit Hammer und Si- Milan Kunc mit McDonald-Ikone auf der Rückseite die Ost und in Moskau: „Konsumisten aller Länder, gemeinsamen Tarnfarben. 1978 vereinigt euch!" war das Motto einer ~'l Kunc' moderne Ikonen von „Ost-Pop"-Aktion im Jahr 1979

Art - zu Ende, und er wandte sich wieder der Malerei zu. Mit Jörg Immendorff, der damals für die Grünen aktiv war, malte er in der Öffentlichkeit auf Plakatwände, dann gründete er mit den Kollegen Peter Angermann und Jan Knap die Gruppe „Normal". Sie erregte 1980 im Ausland, insbesondere bei der 11. Biennale von Paris mit großformatigen, am Ort der Ausstellung gemalten Gemeinschaftsarbeiten einiges Aufsehen, war aber in der Bundesrepublik Deutschland eher unerwünscht. Als der Ausstellungsmacher Kasper König den „Normal"-Malern 1984 für die Düsseldorfer Schau „von hier aus" einen Ausstellungsraum anbot, traten sie zwar noch einmal als Gruppe auf, aber schon seit 19 81 waren die Künstler wieder getrennte Wege gegangen. Die Malerei von Kunc war mittlerweile dynamischer geworden, auch wenn die Gruppe „N ormal" sich von den „wilden" Kollegen durch die Behauptung abgrenzte, man pflege einen „Expressionismus mit kultiviertem Strich". Kunc wechselte den Stil von Bild zu Bild. Die Kompositionen wurden mit dickem Pinsel schnell und unbekümmert angelegt, manchmal in grellen Farbklängen, manchmal bei bewußter Vereinfachung aller Bildraumprobleme. Die Ergebnisse dieser Methode erinnern in vielfacher Weise an die vorwärtsstürzende Fahrt der Phantasie unter dem Einfluß von Halluzinogenen. Bildtitel wie „Psychodelischer Nachmittag" (1983) bestätigen nur, was sich anhand gewisser Kompositionsmomente deutlicher beobachten läßt. So experimentierte Kunc mit der Gleichzeitigkeit verschiedener Perspektiven. Kulissenhafte Flachheit und· überzogene Tiefenwirkungen erzeugen einen engen, steil aufgeschlagenen Raum, der sich wie ein von der Seite gesehenes Trompe-l'reil versperrt. Im Bild „Der Wald" von 1983 sind solche Umkehreffekte ins Extrem getrieben. Die moderne „Diana" (1980) drängte noch durch einen schräg aus dem Gleichgewicht gebrachten Raum, in dem sie - zu einem hölzernen Zeichen erstarrt - als bewegungsunfähige Figur umzukippen drohte. Dort konnte man auch das Einsetzen formaler und inhaltlicher Muster beobachten. Während Bogen und Zacken das Bild repetitiv und ruckartig mit einem Muster überziehen, wird die Situation aus Standardmotiven zusammengesetzt: große nackte Frau, kleiner Mann im Anzug, Hase, Kinderwagen, Heim und Auto . Zur oft angewandten Reduktion der Darstellung auf Banalitäten und Bildklischees kommt das Mittel der Verzer6189

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rung, und meist spielen sich solche Szenen im Widerschein einer heraufziehenden Katastrophe ab. Der Superman in der „Mythologischen Landschaft" ist eine der Kunc'schen Banalitäten, mit der etwas nicht mehr stimmt. Der Held der omnipotenten Bewegung, der Bekämpfer des Unheils, hat sich ins Gras gelegt und träumt. Auf den unteren Bildrand ist ein Fliegenpilz gepflanzt. Von dort über den Ruhenden hinweg öffnet sich der Bildraum und wird zur Bühne von Supermans Träumen. Im Kopf spuken ihm zwei schwarze Schwäne auf einem rot schimmernden See. Nur die dünne Stellwand eines Grünstreifens trennt den Wasserspiegel von einem rot leuchtenden Sternenhimmel. Ein Schloß erstrahlt, ein Einhorn stolziert durch die Idylle, auf dem Rücken die nackte Verführung. Flötend reitet sie vor dem roten Himmel, rosa wie die Wolken oder die gespannten Muskeln des Helden, der offenen Auges das Wachen über die Ordnung der Welt vergißt. Milan Kunc hat sich in den achtziger Jahren systematisch aus allen trivialen Bildwelten Motive gesucht, um Elemente für seine „modernen Ikonen" zu finden: die Symbole v9n Tätowierungen, die Hirsche und Sonnenuntergänge der Kitschfabriken, - die verträumten Liebespaare und der Kosmos hinter dem Mond, Comic-stripHelden, Geisterbahn-Schauerlichkeiten, J ahrmarktsensationen, Tapetenblumen, Poesiealbenschmuck, Märchenbilder und Kinderspielzeug. Das alles entdeckt man in neuen Kombinationen oder in bunten Paraphrasen auf berühmte Bilder von Velazquez und Tizian. Gleichzeitig stößt man auf die nicht weniger trivialen Zeichen der Zivilisation: der graue Schattenriß von Kernkraftwerken, die endlosen Straßen in ihrem schwarz-weißen Muster, Touristen am Sandstrand, knallige Atomexplosionen, alte Autoreifen, Telefone, Fernseher, Geld und Gold. Auskünfte über die Bedeutung seiner Bilder gibt Kunc nur zögernd und vorsichtig. Die betont einfachen Kompositionen, deutet er an, sollen in die vorbewußte Alltagsträumerei eindringen. Sie sollen als getarnte Rätsel sich unscheinbar und selbstverständlich wie Computer-Viren in die von Medien geformten Vorstellungen einpassen, als Fehler in der Erinnerung arbeiten, um beim Schließen der Schublade, in der man sie ablegen will, zum Problem zu werden. Oft sind diese Bilder als ironische Kommentare auf das normale Leben und dort in die Irre geratene Wünsche mißverstanden worden - „eine Art von 42 art 6/89

Avantgarde-Gegner Milan Kunc mit schlummernder Gefährtin in seinem Atelier

„Ein Künstler muß immer wieder begeistert sein" Symbolismus oder Lyrismus, durchaus auch in ironischer Absicht", erkannte etwa „Prospect"-Organisator Peter Weiermair. Kunc, der sich schon gegen die „bilderfeindliche" Konzeptkunst der siebziger Jahre auf dem einsamen Kurs eines Geisterfahrers sah, steuert seit langem gegen dieses Angebot, mit der Zeit zu fahren. Er fand, daß auch die wieder zu Ansehen gelangte freie Malerei von Tabus umstellt ist. Auf Vorwürfe, er sei der Naivität oder dem Kitsch verfallen, reagierte er in Bild und Wort: Er verstärkte die Beziehung zu den ungeliebten roten Herzen und den Hirschen mit dem Hammer-und-Sichel-Geweih und lastete den Kritikern, die darin kein heikles Thema erkennen konnten, geschmäcklerische Verfügbarkeit an. ,yYer meine Bilder kitschig findet", verkündete er, „ist ein Schwächling!" Doch damit nicht genug, Kunc folgerte weiter: „Die Modeme Kunst ist Avantgarde-Kitsch geworden." Das ist zweifellos eine der ungewöhnlichsten Positionen, die es in dem alten Konflikt zwischen Avantgarde und Kitsch bislang gegeben hat. Erkundigt man sich eingehender, so postuliert Kunc eine genaue Umkehrung jener Werte, die

das Gegensatzpaar „Kunst oder Kitsch" lange Zeit regierten: Was nach einer ehemals avantgardistischen, inzwischen aber allgemein geachteten Doktrin als Kitsch abgetan wird, birgt das Kraftpotential, für eine positive Kunst der Zukunft. Denn während von dort dem ästhetischen Urteil noch wirkliche Probleme erwachsen, hat sich eine altgewordene, ausgelaugte Avantgarde darauf verlegt, dem herrschenden Geschmack bei der Beschaffung oberflächlicher und wechselhafter Vergnügungen bereitwillig zur Handzugehen - womit für die Avantgarde ein Tatbestand erreicht ist, den Knaurs Lexikon, Stichwort „Kitsch", als „scheinkünstlerische Gestaltung" mit „mangelnder Formkraft" definiert. Daß der Weg zum ungekünstelt Einfachen so ungezwungen nicht zu beschreiten ist, hat vor allem mit jener blinden Lieblichkeit zu tun, die Terror, Massenvernichtung und Kriegselend freundlich begleitete. Obwohl die Verfemung der modernen Kunst unter Hitler und Stalin eher der Spekulation auf breite Zustimmung im Volk zuzuschreiben ist als den persönlichen Neigungen der Machthaber zum Kitsch die natürliche Lust, ein buntes Bild mit


leuchtenden Augen anzuschauen, war spätestens seitdem gründlich verdort>en. Im Westen ist nach 1945 eine neue, .ergleichsweise komplexe Situation entstanden; im Osten hielt sich der rotstichige Kitsch länger. Nach dem „Ost-Pop" hatte Kunc sich mit der Symbolwelt seines Exils verraut gemacht, und nun ergab sich für tm auch in diesem Verhältnis die Notendigkeit, das Gewicht deutlicher auf die positiven Inhalte zu verlagern: „Ein ünstler muß immer wieder begeistert ein (vom Geist) und die Welt besingen begeistern). Es ist seine erhabene Pflicht, andere, die verzweifelt in der lnsternis tappen, zu erleuchten." Die Avantgarde krankte, so Kunc, or allem an der Unfähigkeit zu einer irklichen Mitteilung. Sie habe Angst avor, Gefühle zu zeigen und an die Zuunft zu glauben, an die Kraft der Liebe nd der Harmonie. Für Kunc indessen · jedes Bild eine Energiequelle, ein lachtpotential, das die Zeiten überauert. Er sucht daher mit jedem seiner lder ein ewiges Werk zu schaffen, ein .feisterwerk". Ohne ironischen Hintergedanken eht er zudiesemBekenntnis.Traditiolle Themen wie „Landschaft" oder od" interessieren ihn zunehmend, ~ in den letzten Jahren sind Serien n Porträts entstanden. Bei der Beschreibung seiner Gegenände - ob es nun melancholische bbilder des modernen Narziß sind er Früchte - geht es dem Künstler uptsächlich darum, die Stimmung -ies surrealen Stillebens wiederzu'"'en, das Stillstehen der Zeit in einem um von Skulpturen. Seine Malerei rd einfacher, feiner. Mit zunehmenSorgfalt führt er seine Gemälde . einige überarbeitet er seit Jahren mer wieder. Der große Optimismus des Milan . so scheint es, hat dem Publikum der Kritik größere Schwierigkeiten eitet als manchem KünstlerkolleDer Kölner Jiii Georg Dokoupil tzt Bilder von ihm, der Italiener . der amerikanische Malerstar Juchnabel ebenfalls - und das ist eßlich auch für Kunc die wichtigste atigung. ur mm Thema: Katalog „Normal. Peter Angeran Knap, Milan Kunc". Neue Galerie-Samm-dwig, Aachen. Katalog „Milan Kunc. Neue Iko-..eiten 1979-1984". Kunstverein für die Rheind Westfalen, Düsseldorf 1984. Katalog „Milan ' icons. Romantische Landschaften". Monika ialerie, Köln, und Pat Hearn Gallery, New York Katalog „Milan Kunc". Pat Hearn Gallery, New ~- Katalog „Milan Kunc Paintings". Galerie Amsterdam 1986. Katalog „Milan Kunc. Fotoar78-1986": CCD Galerie, Düsseldorf 1986. _Milan Kunc". Galeria La Maquina Espafiola, 988.


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