Brücke Juli-Okt. 2017

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Verwandlungssache

MAG AZIN UND INFORMATIONEN DER EV.-REF. KIRC HEN GEMEINDE S T. PAULI IN LEMGO

NR. 187 JAHRG AN G 2017 JULI – OK T OBER

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Wie sieht die Kirche in 50 Jahren aus?

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st·paulllemgo

Thesenanschlag

10 Jahre Mehrgenerationenhaus

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Inhalt Informationen Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Gottesdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 st·paulı spirituell Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 st·paulı jugend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 st·paulı sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 st·paulı diakonie Mehrgenerationenhaus . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Flüchtlingshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 st·paulı beratung und seelsorge . . . . . . . . . 9 st·paulı musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 st·paulı gratuliert Seniorengeburtstage . . . . . . . . . . . . . . . . 10 st·paulı informiert Taufen, Trauungen, Trauerfälle . . . . . . . . . . 14 Neue Gesprächsgruppe des Blauen Kreuzes . 16 Das Spendenprojekt . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Liebe Leserinnen und liebe Leser! bald ist er da, der Reformationstag 2017 am 31. Oktober! In diesem Jahr ist es der 500. Jahrestag und wir werden ihn auch in Lemgo gebührend feiern (8s.S.36). Allerdings geht es uns in dieser BRÜCKE weniger darum, der Vergangenheit zu gedenken. Wir richten den Fokus darauf, wie sich heute die Kirche bzw. die Gemeinde erneuert. Im Wesen der Reformation liegt es ja begründet, dass sie weitergeht. Reformation ist Verwandlungssache! Luther nutzte vielleicht die Tür der Wittenberger Schlosskirche und auf jeden Fall den Druck, um seine Thesen unters Volk zu bringen. Ein Anstoß für uns, im Gemeinde-Intranet zum Thesenanschlag aufzurufen. Wo hat denn St. Pauli Erneuerungsbedarf? Individuelle Antworten finden Sie auf 8S.22. Doch wir schauen auch etwas in die Vergangenheit, allerdings vor allem ins 19. Jh.. Damals entstand in Lemgo die Neue Evangelische Gemeinde, deren Kirchengebäude unsere heutige St.-PauliKirche ist. Werner Kuloge stellt dabei eine reformatorische Frage: Was macht einen 20


Thesenanschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Die Erweckten und die Democraten . . . . . . 24 Wie sieht die Kirche in 50 Jahren aus? . . . 26 Sommerpredigtreihe. . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Erneuerung für einen Flügel . . . . . . . . . . . . 29 An-ge-dacht: Als Himmelsbürger... . . . . . . 30 Alex’ Tagebuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Silberhochzeit mit St. Pauli . . . . . . . . . . . . 32 Neu: Taufbegleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Inklusives Stadtfest . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Christustag in Detmold . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Nachtreffen zur Gemeindekonferenz . . . . . 35 Reformationsnacht 2017 . . . . . . . . . . . . . . 35 10 Jahre Mehrgenerationenhaus . . . . . . . . 36 Pinnwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Christen aus? Erlösung durch Gnade und Glaube oder moralisches Handeln? (8s.S.24) Ein Blick in die Zukunft sei ebenso riskiert. Wie könnte die Kirche in 50 Jahren aussehen? Sie erfahren es in einem (natürlich fiktiven) Interview mit dem 75jährigen Daniel. (8s.S.26) Wenn Sie sich mehr mit einigen Thesen Martin Luthers auseinandersetzen möchten, sind Sie herzlich zur Sommerpredigtreihe in den Lemgoer Gemeinden eingeladen (8s.S.29). Vor den Sommerferien möchten wir aber gern noch mit Ihnen feiern, denn unser Mehrgenerationenhaus hat seinen 10. Geburtstag (8s.S.36)! Am Samstag, den 8. Juli, wird es auf dem Ostertorwall ein großes buntes Fest geben – mit allen Generationen und Nationen. Und noch ein weiteres Jubiläum steht an: Unser Gemeindepädagoge Werner Schmidt feiert 25 Jahre in St. Pauli (8s.S.34). Also, im Reformationsjahr 2017 ist viel los. Dieses Jahr gibt viele Anstöße. Wir können sie als Anregungen nutzen, etwas bei uns selbst zu verändern – und vor allem uns durch Gottes Kraft verwandeln zu lassen (vgl. 8An-ge-dacht s. S. 30).

MAG AZIN UND INFORMATIONEN DER EV.-REF. KIRC HEN GEMEINDE S T. PAULI IN LEMGO

NR. 187 JAHRG AN G 2017 JULI – OK T OBER

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Inhalt Magazin

Ihre Pfarrerin Cora Salzmann 21


T hes en a n s ch l a g 500 Jahre Reformation feiern wir dieses Jahr groß, auch in Lemgo. Vor 500 Jahren setzte Martin Luther mit 95 Thesen ganz gewollt eine Diskussion über die Kirche in Gang. Denn er wollte eine Kirche, die zu ihren Wurzeln zurückkehrt: zu Jesus Christus, zur Heiligen Schrift, zur Gnade, zum Glauben. In der Kirche sollten Menschen wieder zu einem Glauben finden können, der befreit und im Leben trägt. Der Reformation kann man nicht nur gedenken, sondern in ihrem Wesen liegt es schon begründet, dass sie immer weitergeht. Ein Jahrhundert nach Luther wurde der berühmte Satz notiert: „Ecclesia semper reformanda“. Übersetzt bedeutet es, dass sich Kirche beständig reformieren muss. Die Kirche ist wie ein Organismus, und ist er lebendig, erneuert er sich ständig. Was könnte das für unsere St.-Pauli-Gemeinde bedeuten? Welche Thesen würden heute angeschlagen? Wir haben nun nicht das Kirchenportal dafür vorgesehen, aber in unserem Gemeindeintranet dazu ermuntert, eigene Thesen zu formulieren. Unsere Fragen waren: 1. Was denkst du, steht unverrückbar in unserer Gemeinde im Zentrum? 2. Wo erlebst du, dass sich die Gemeinde reformiert? 3. Wo siehst du Erneuerungsbedarf? Einige Personen haben sich beteiligt. Hier können sie ihre Thesen und Meinungen in Auszügen lesen. Sie sind als Anregungen zu verstehen. Welche These würden Sie formulieren?

Christus ... Der Wunsch, Jesus untereinander be ernsthaft und in Lie ürbar und nach nachzufolgen, ist sp g im Zentrum. meiner Wahrnehmun (Renate)

Das Zentru m der Gem einde ist eindeuti g JESUS. (E ric)

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Im Zentrum steht der lebendige Glaube an Jesus Christus. (Gloria)

Was denks t du, s t e ht unverrück bar in un s erer G emein de im Zen t rum?

ges und vorrangi (GOTT) Er stes e hr Le rmierter Merkmal refo t ch ni d er te un ist gottzentri g. un ht ic ierte Ausr menschzentr t ist ot G n er sch, sond Nicht der Men en eh dr s le die sich al die Achse, um .) W rt sollte. (Norbe


ZUM THEMA

Die Vielfalt insgesamt drückt das aus (Menschen, Gottesdienste, Angebote...). (Gloria) Wir reformieren uns in der Klärun g, wie sich diese Liebe und Nachfolge re al gestaltet, und we rden darin mite inander verbindlicher. Au ßerdem haben wi r spürbarer und si chtbarer das Woh l der Stadt auf dem He rzen. (Renate)

üren, dass n konnte man sp ze en er nf Ko n Bei de ng. (Eric) die Gemeinde gi h rc du k" uc "R ein

wie erle bs t du, das s s ich die G emein de re formiert ?

kenntnis ubensbe la G en im t d u r ch d formier eistlich g h eilige Sie ist re ic H s r , en. De m Weg s e s d la f u u a z und pirieren eistliche Geist ins rmation, d.h.: g Heiligen fo us) wirkt Re Geist be ung. (Kla Erneuer

Seit Jahren veränder t sich unsere Gemeinde – je nach Blickwinkel für manche positiv, für andere negativ – für manche zu schnell, für manche zu langsam. Wir sind auf jeden Fall auf dem Weg. (Werner)

Im Zulassen vi elfältiger Ans ichten (ohne Beliebigkeit) und der Pries terschaf t alle r Gläubigen (N orbert M.)

-----------------opflastigen“ Darin, den etwas „k ch erlebbar Glauben auch sinnli wir von der en zu machen. Da könn nen. (Eric) ler katholischen Kirche

Mehr Bibelkunde – gemein sam gehörte oder erarbeitete Lehre (Re nate)

Im Verlassen der uns so he iligen „Komfortzone “ (Norbert M .) und dem hieraus Im ver tieften Bibelstudium in, welche Antworten entstehenden Bewusstse der heutigen Zeit... uns gegeben sind, die in en... (Klaus) Lebensper spektiven eröffn

Im Informationsflus s zwischen den einzelnen Bereichen : Kinder – Jugend – Er wachsene. Manc hmal bekommt man wichtige Dinge auch als Eltern gar nicht mit.... (Gloria)

wo s ie hs t du Ern euerungs be darf ?

Einsicht, dass der Dazu bedarf es der ... Erneuerung bedarf. Mensch selbst der ch Bild ng her ist der Mens Von seinem Ur spru ube, e ich es – und ich gla Gottes – so versteh geworden, und ich wir sind Ihm fremd ) neuern. (Norbert W. versuche mich zu er a) Darauf zu vertrau en, dass der Heilige Geist wirkt, auch wenn es anders ist, als ich es mir wünsche b) Den Heiligen Geist bei mir beginnen zu lassen, bis ich die Verheißungen Jesu in meinem Lebe n verwirklicht sehe, und dann imme r weiter (Werner) 23


Die Erweckten und die Democraten Zum 500. Jahrestag der Reformation werden in Lippe in der Regel die hiesigen sehr frühen Entwicklungen oder aktuelle Bezüge in den Fokus gerückt. Dass sich in Lemgo in der Mitte des 19. Jahrhunderts in kirchlicher Hinsicht eine besondere „Reformation“ ereignet hat, ist fast in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig trachtete

man

nach

politischen

Reformen. Beides zusammen ergab eine geradezu explosive Mischung.

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Doch! Man bedenke zunächst, dass das 16. und besonders das 17. Jahrhundert auch die Zeit der Hexereiprozesse, letzteres auch des 30-jährigen Krieges, waren. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieses Erlebens beginnt um 1650 das Zeitalter der vernunftgeprägten Aufklärung. Für Silvester 1715 findet sich so beispielsweise eine Notiz im Protokollbuch des Lemgoer Rates, das diesen Geist deutlich zeigt: Man hatte das sogenannte Schwarze Buch, in

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as 16. und 17. Jahrhundert ist die Zeit der Reformation im Lipperland. Wohl schon 1517 wurden Luthers Lehren in Lemgo diskutiert; 1533 übernahm die Stadt die hieran ausgerichtete Braunschweiger Kirchenordnung. 1538 wurde dann eine lutherische Kirchenordnung für ganz Lippe verabschiedet. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigt sich die später wiederholt hervortretende Sonderrolle Lemgos gegenüber den anderen lippischen Städten. Immerhin war hier die erste evangelische Kirchenordnung noch unter einem katholischen Landesherrn eingesetzt worden. Als Simon VI. zur Lippe dann 1605 offiziell das reformierte an Zwingli und Calvin orientierte Bekenntnis einführte, war es wiederum Lemgo, das sich erfolgreich und dauerhaft widersetzte. So wurde 1617 – nicht zufällig 100 Jahre nach der Reformation – im sogenannten Röhrentruper Rezess festgeschrieben, dass Lemgo lutherisch bleibe, der Rest des Lipperlandes aber reformiert sei. Dies gilt heute, 400 Jahre später, für die evangelische Lippische Landeskirche im Wesentlichen noch immer. Aber geschah in dieser Zwischenzeit nichts Bedeutendes im Lipperland, was das kirchliche Leben angeht?

Der Röhrentruper Rezess das bis in die 1680er Jahre der Hexerei Verdächtigte eingeschrieben worden waren, „ex archivo gekrigt“ und öffentlich verbrannt, „weilen die darin angeführten passagen guten theils nunmehro für thorheiten gehalten werden.“ In Anbetracht dessen lässt sich verstehen, dass sich allmählich auch in Glaubensdingen aufklärerische Ten-


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denzen durchzusetzen begannen, dann als Rationalismus bezeichnet. Ein wesentliches Merkmal des Rationalismus ist, dass er sich von der Auffassung der Reformatoren entfernt, Gott liebe die Menschen aus Gnade und ohne deren Zutun, sichtbar im Tode Jesu am Kreuz, der zur Sündenvergebung führt. An die Stelle des Glaubens hieran tritt der Glaube an die Erlösung durch ein tugendhaftes Leben; Jesus wird zum Tugendlehrer. Auch in der Lippischen Landeskirche setzte sich dieses Denken um 1800 durch, so dass der lutherische und Heidelberger Katechismus konsequenterweise nicht mehr gelehrt werden durften. Stattdessen gab es 1811 einen sogenannten „Leitfaden für den Religionsunterricht an den Schulen“ und 1828 ein neues Gesangbuch, in dem man beispielsweise Luthers „Ein feste Burg“ vergebens sucht; der Auszug aus einer Liedstrophe zeigt klar die geänderte Auffassung: „Selig, wer in Demuth lebet, seiner Schwachheit nie vergißt…; Gott wird Heil und ew’ges Leben ihm zum Lohn der Tugend geben.“ Nun ist Tugend ja durchaus nichts Verwerfliches, im Gegenteil; aber es stellt sich hier im reformatorischen Sinne die Frage, ob die Erlösung aus den guten Werken kommt oder umgekehrt. Dem rationalistischen Ansatz entgegengesetzt entwickelte sich zu gleicher Zeit im

Pastor Emil Steffann Minden-Ravensberger Land und Lippe die sogenannte Erweckungsbewegung. Bezugspunkt für diesen Begriff ist beispielsweise Vers 14 des 5. Kapitels aus Paulus‘ Brief an die Epheser, wo es heißt: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ Es geht also wie in der Aufklärung um Licht, dort aus dem Verstand, hier aus Gottes Geist. In Lemgo – wo sonst? – stießen beide Strömungen in den 1840er Jahren aufeinander. Sämtliche Pfarrstellen, St. Nicolai, St. Marien und St. Johann, waren 1847 von rationalistisch geprägten Pfarrern besetzt, besonders in den beiden letzteren Gemeinden teils gegen den deutlichen Widerstand erweckter Gemeindemitglieder. Der Pfarrer an St. Marien, Rudolf Kulemann, gehörte zu-

dem zur „Lemgoer Democratie“, einer für damalige Verhältnisse revolutionären Bewegung, und war in den Lippischen Landtag gewählt worden; ein Anzeichen dafür, dass die Schnittmenge von „democratischen“ und rationalistischen Ideen etwa deckungsgleich war; in Lemgo – wo sonst? – bestand in jenen Jahren eine Hochburg der Demokratiebewegung. Nun machten sich aber ausgerechnet erweckte Lemgoer Gemeindeglieder die in der Revolution 1848/1849 entstandene und in Lippe gültige Frankfurter Reichsverfassung zunutze, die unter § 17 die Bildung neuer Religionsgemeinschaften ermöglichte. So entstand 1849 in Lemgo mit der sogenannten „Neuen Evangelischen Gemeinde“, die Emil Steffann aus Barmen zu ihrem Pastor wählte, die erste Freikirche Lippes. Ab 1851 errichtete diese den noch heute von der St.-Pauli-Gemeinde genutzten steinernen Kirchbau an der Echternstraße. Besonders war neben vielen anderen Aspekten, dass man sich bewusst wieder auf die lutherisch geprägte Lippische Kirchenordnung von 1571 besann und damit die rationalistischen Tugendideen ablehnte. Außerdem gab man sich monarchietreu. Dass die monarchistischen Erweckten und die demokratischen Rationalisten versuchten, sich wo nur möglich, beispielsweise durch etliche Publikationen, gegenseitig zu diskreditieren, erstaunt

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nicht, ist aber ein trauriges Kapitel jener Jahre. Wer weiß, welche Synergieeffekte es zwischen Demokratieund Erweckungsbewegung hätte geben können, wenn die nicht heilsentscheidenden Standpunkte aufgegeben worden wären. Was die Neue Evangelische Gemeinde angeht, muss aber leider angemerkt werden, dass auch einige interne Querelen aufbrachen. Beispielsweise stritt man sich über die korrekte Haltung beim Abendmahl. Außerdem stieß das tendenziell expansive Verhalten der „NEG“ verständlicherweise nicht auf das Wohlwollen vieler selbst der Erweckungsbewegung nahestehender landeskirchlicher Gemeinden. Da Emil Steffann auch aufgrund solcher Probleme bereits 1854 nach Berlin gewechselt war, war es 1858 umso leichter für das Konsistorium in Detmold, die Auflösung der Neuen Evangelischen Gemeinde anzuordnen. Hauptsächlich begründet wurde dies damit, dass nun in Lemgo an allen Kirchen wieder Prediger eingesetzt seien, die im Geiste der Erweckungsbewegung handelten; so wurde auch in den reformierten Gemeinden wieder der Heidelberger Katechismus eingesetzt. Außerdem hatte die Paulskirchenverfassung – auf die Revolution folgte die Reaktion – weitestgehend ihre Bedeutung verloren. War dies alles nachhaltig wichtig für das kirchliche Leben in Lippe? Der ehemalige Landessuperintendent Wilhelm Neuser gab in den 1950er Jahren die Einschätzung, dass die Neue Evangelische Gemeinde vermutlich über kurz oder lang eine rationalistisch geprägte Landeskirche in Lippe verdrängt hätte. Jedenfalls wäre es wohl ohne die NEG nicht so schnell zur Rückkehr zu einer bibelgemäßen Lehre gekommen. Ist das Anliegen der NEG heute noch aktuell? Dazu wäre es interessant, in einer Fußgängerzone Passanten dazu zu befragen, was einen Christen ausmache: Hauptsächlich „moralisches Handeln“ oder „Erlösung durch Gnade und Glaube“. Und so schließt sich der Kreis zur Reformation vor 500 Jahren. WERNER KULOGE

Wie sieht die Daniels Vision:

In 50 Jahren gibt es mehr Christen als je zuvor, täglich werden neue Gemeinden gegründet – auch in Deutschland – und auch unsere St.-Pauli-Gemeinde platzt regelmäßig aus allen Nähten. Wöchentlich versammeln sich immerhin knapp 6000 Menschen zu den 10 Gottesdienstangeboten an unseren drei Standorten. Diese große Familie engagiert sich in der Stadt und prägt seit Jahren maßgeblich ihre Kultur: Die Menschen gehen liebevoll miteinander um und bestärken sich in ihrer Verschiedenheit.

Wie es dazu gekommen ist? Das erfahren wir in einem fiktiven Kurzinterview von morgen schon heute. Daniel Schmidt, 2067 mittlerweile 75 Jahre alt, kurz DS75, wird von einem zukünftigen Redakteur der BRÜCKE befragt: BRÜCKE: Wir sind heute in 2067 richtig toll. Was hat die Kirche damals falsch gemacht? DS75: Mit Verlaub: Die Frage würde ich anders stellen. Man schaut nicht in die Vergangenheit, um zufrieden zu sein. Man schaut in die Vergangenheit, um seinen Weg zu reflektieren. Der Weg muss dann, wenn gut und erfolgreich, direkt die Vision am Horizont der eigenen Vorstellung ansteuern. Dankbar zu sein ist dabei der Motor, der motiviert, der die Kraft, weiterzugehen, freisetzt. Zufriedenheit ist da lediglich ein Nebenprodukt – wenn auch ein recht schönes, wie ich gerne zugebe. *lächelt

BRÜCKE: Wow, das ist sehr cool, danke. Also, dann vielleicht eher: Damals muss das, was wir heute haben, ja irgendwie dieser Horizont gewesen sein. Wie sah der damalige Weg aus und wie musste er angepasst werden, um künftig die Vision anzusteuern? 26


ZUM THEMA

Kirche in 50 Jahren aus? Eine Vision von Daniel Schmidt (25)

2067 DS75: Anpassen ist das richtige Stichwort. Wir leben und lebten in einer sich stark und schnell verändernden Welt. Allerdings auch aus einer langen, stabilen Tradition. „Beständigkeit“ liegt nur leider sehr nah an „Starre“, welche als Reaktion auf Dynamik leider völlig unangebracht ist. Angesichts dieser Starre, sowie der hoch geschätzten Formel „ecclesia semper reformanda“ (Kirche muss sich stets erneuern), mutet es recht ironisch an, dass wir uns „reformierte“ und nicht „zu reformierende“ Kirche nennen. Die einzige Konstante in Dynamik ist nämlich stete Veränderung. *grinst Allerdings haben mache Leute Angst vor Veränderung, das ist total normal. Sie kündigt ungewohnte Gewässer an, die man nicht immer einzuschätzen weiß. Sie bedeutet den Verlust gewisser Sicherheiten. Im Hafen ist ein Schiff zwar sicher, aber dafür wurde es nicht gebaut. Um den Horizont mit einem Schiff zu erreichen, muss man sein System verändern, sich auf Neues einlassen. So war es auch bei uns. Manche

Leute gingen lieber an Land und das war sehr schade, da wir jeden an Bord hätten gebrauchen können. Aber an Land gibt es Werften. Nur, weil jemand in die Werft wechselt, wird er nicht automatisch unser Feind – und die besten Schiffe werden gebaut, wenn Experten verschiedener Orte zusammenarbeiten. Die Seefahrer lernten dafür – nach anfänglicher Übelkeit auf dem Meer – etwas früher als die Werftler, dass sich der Einsatz wirklich lohnte und sich für jeden ein guter Platz an Bord finden ließ. Der Beschluss, das System zu ändern, ließ zunächst allerdings etwas auf sich warten, obgleich er einige Zeit bereits köstlich zubereitet und fertig serviert war.

BRÜCKE: Das ist ein brillantes Bild! DS75: Ja, finde ich auch! *beide lachen BRÜCKE: Was bedeutete die Dynamik der Gesellschaft denn für das Kirchenschiff? DS75: Wir wollten offen sein für neue Crewmitglieder, samt der verschiedenen 27


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Kleidungs- und Musikstile, Sprachen und Ausbildungen etc. Daran gab es natürlich auch Kritik. Aber Jesus hatte zu verschiedenen Leuten verschiedene Zugänge, um ihr Herz zu berühren. Genauso wollten wir auch sein. Die Kritik baute auf einer Fehlvorstellung auf, denn Jesu Kern war klar, deutlich und unveränderlich, aber seine Methode war dynamisch. Genauso sahen die Befürworter der Systemänderung auch die Zukunft der Gemeinde: Ein starkes Fundament mit dynamischer Strategie und klarer Vision. So, wie Leute von uns in die Werft wechselten, wechselten dadurch auch stets Leute zu uns. Vision zieht Menschen an. Zuvor, als wir noch im Hafen lagen, hatten wir leider unsere Strategien und Werte für unsere Vision gehalten, sodass die Unruhe nicht besser wurde. Manche machten seeklar, während andere unter Deck schliefen, wieder andere den Proviant für die Seefahrt in ihre Häuser brachten und sich manche sogar nur sonntags für 1,5 Stunden an Bord blicken ließen. Sobald wir aber die Vision klarmachten, gab es kein Halten mehr. Mit klarer Vision wusste auch jeder, welche Rolle er an Bord einnehmen würde, oder ob er gegebenenfalls auf ein anderes Schiff, entweder mit anderem Visions-Horizont oder nach wie vor im Hafen verweilend, wechseln würde. Und so verstummte auch die Kritik – sofern niemand den Kern in Gefahr sah. Denn ein Schiff ohne festen Kern sinkt oder ist bei einem feindlichen Übernahmeversuch ausgeliefert.

BRÜCKE: Zum Schluss noch: Was sind denn rückblickend die drei wichtigsten Dinge der Systemänderung, die diese Reise bis hierher möglich gemacht haben? DS75: Für mich war das Wichtigste die klare Vision, aus der sich andere wichtige Dinge ableiteten. So wechselte der Fokus der Lehre vom ersten Teil des Evangeliums (die gute Nachricht der Errettung) 28

zum zweiten Teil (die gute Nachricht des Reiches Gottes). Das führte zu veränderter Identität der Glaubenden, die dann in der Lage waren, Menschen, die religiöses Geschwätz satt hatten, unseren nahen, tatsächlich erfahrbaren Gott zu zeigen. So wurden auch alle Versammlungsorte als Orte der tiefen, echten Freude und Hoffnung bekannt. Die Vision basierte dabei auf Apg. 2,42-47: Eine Gemeinde, die trotz ihrer Unterschiedlichkeit in Einheit zusammenkommt, um sich um den unumstößlichen Kern zu versammeln. Eine Gemeinde, die selbstlos teilt, was sie besitzt und ihren wahren, unendlichen Reichtum gebührend zu feiern versteht. Eine Gemeinde, die nicht mehr nur von Glauben redet, sondern glaubend agiert. Eine Gemeinde, die Wohlwollen beim ganzen Volk findet und täglich wächst! BRÜCKE: Vielen Dank für die-

ses Interview! DS75: Die Freude ist ganz meinerseits. Auf die Gnade! *hebt sein Bier und nickt zufrieden

D A N I E L S C H M I D T ist heute noch 25 Jahre alt, Student der Erziehungswissenschaft, Leiter eines jungen Missionswerkes und schon sein ganzes Leben auf die ein oder andere Art in seiner geliebten Ev. ref. St.- Pauli- Gemeinde Lemgo involviert, da er ein klassisches FroKi ist (ein „frommes Kind“, zum Glauben erzogen). So wie das hier jetzt steht, klingt das fast ein bisschen mustermäßig, romantisch – es fühlt sich nicht so an. Er kennt Höhen und Tiefen, hat trotz seines recht großen Herzens einen ziemlich düsteren Humor, liebt es herausgefordert zu werden und andere herauszufordern. Sein Ergebnis beim „Protestant-O-Mat“ ist ihm ziemlich egal, aber dafür kennt er seine Identität: „Gott ist gut!“.


VOR- UND RÜCKSCHAU

9. Juli 2017, 11 Uhr Ev.-ref. Kirche Voßheide : Ziele muss man haben! „Dass das ganze Leben Buße sei“ (These 1). (Superintendent Dirk Hauptmeier) ■ 16. Juli 2017, 10 Uhr, Ev.-ref. Kirche St. Pauli: Schluss mit Lustig! „Werke zur Abtötung des Fleisches“ (These 3). (Pfarrer Kai Mauritz). ■ 23. Juli 2017, 10 Uhr, Ev.-luth. Kirche St. Marien: Weiterleben dürfen! „Nur bestätigen, die Schuld sei erlassen“ (These 6). (Pfarrer Matthias Grundmann). ■ 30. Juli 2017, 10 Uhr, Ev.-luth. Kirche Neu Eben-Ezer: Gehen lassen! „Sterbenden darf nichts auferlegt werden“ (These 8). (Pfarrer ErnstAugust Korf). ■ 6. August 2017, 10 Uhr, Ev.-ref. Kirche Lieme: Füreinander einstehen! „Fürbitte der Kirche“ (These 28). (Pfarrer Fred Niemeyer). ■ 13. August 2017, 10 Uhr, Ev.-ref. Kirche Brake: Praktisch glauben! „Wer einem Armen gibt, handelt besser“ (These 43). (Pfarrer Michael Brendler). ■ 20. August 2017, 10 Uhr, Ev.-ref. Kirche St. Johann: Wohlfühlen, umsonst! »Für Geld eine von Gott geliebte Seele loskaufen« (These 84). (Pfarrerin Maren Krüger). ■ 27. August 2017, 10 Uhr, Ev.-luth. Kirche St. Nicolai: Vertrauen haben! „Durch viele Trübsale hindurch in den Himmel eingehen“ (These 95). (Superintendent Dr. Andreas Lange) ■

„Mit 95 Thesen fing es an.“ Predigtreihe der Lemgoer Kirchengemeinden im Reformationssommer 2017

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ie 95 Thesen sind das berühmteste Werk von Martin Luther. Er soll sie am 31.Oktober 1517 an die Türen der Schlosskirche in Wittenberg geschlagen haben. Wie auch immer – der Theologe brachte jedenfalls seine kritischen Thesen an die Öffentlichkeit und schon bald wurden sie aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt, im ganzen Land verbreitet und diskutiert. Die 95 Thesen gaben den Anstoß zur Reformation. 8 dieser Thesen möchte der Stadtkonvent Lemgo in einer Sommerpredigtreihe vorstellen. Herzliche Einladung dazu!

Wir danken der Kulturinitiative „Frauen für Lemgo”!

Erneuerung für einen Flügel

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ie Kulturinitiative „Frauen für Lemgo“ spendete im März unserer Gemeinde über 2000,- Euro für die Renovierung des Flügels in der Kirche. Ein herzliches Dankeschön dafür! Bedankt haben wir uns mit einem Kaffeetrinken. Nach der geselligen Runde bei Kaffee und Kuchen gab Johannes Krah ein kleines Konzert auf dem frisch renovierten Instrument. In unserem monatlich erscheinenden VielFaltBlatt hatten wir als Spenderinnen fälschlicherweise die „Neuen Frauen für Lemgo“ angegeben. Wir bitten für dieses Versehen um Entschuldigung. Der Grund dafür liegt in der „Staffelübergabe“: Zum Beginn des Jahres 2016 haben die „Neuen Frauen für Lemgo“ die Regie des Flohmarktes im Ballhauskeller in Tradition der Kulturinitiative „Frauen für Lemgo“ übernommen. Aus den Erlösen der Flohmärkte wird weiterhin die Kulturarbeit in Lemgo unterstützt.

Die Flohmärkte finden jeden zweiten Samstag im Monat von 8.00 – 13.00 Uhr im Ballhauskeller am Marktplatz statt. Er ist eine Fundgrube für alle, die nach Schönem, Nützlichem oder Skurrilem suchen. Außer Flohmarktartikeln werden selbstgebackene Kuchen, belegte Brötchen und Kaffee angeboten. 29


Auf jeden Fall gestaltet euer Leben als Bürgerinnen und Bürger des Gemeinwesens so, dass es der Freudenbotschaft Christi würdig ist. – Paulus im Brief an die Philipper 1, 27 –

Als Himmelsbürger Mutbürger

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aulus spricht hier die Christen direkt als Bürgerinnen und Bürger des Gemeinwesens an und mutet ihnen den Auftrag zu, ein öffentliches Leben zu führen, „das der Freudenbotschaft Christi würdig ist“. Das ist neu! Für die Stadt zu beten, empfahl schon der Prophet Jeremia seinen Zeitgenossen in der Fremde in Babylon: „Seid um das Wohl der Stadt, in die ich (Gott) euch verbannt habe, besorgt. Betet um ihretwillen zu Gott, denn in ihrem Wohl liegt auch euer Wohl.“ (Jeremia 29,7). Beten für die Stadt ist gut! Das kann man allerdings auch aus der Distanz zur Gesellschaft heraus, man muss sich deswegen nicht als Teil davon verstehen. Auch ein von der „Welt“ zurückgezogener Christ kann für die Stadt beten. Paulus verlangt von Christen mehr: Gestaltet euer Leben mitten in der Gesellschaft, als Bürgerinnen und Bürger, 30

prägt sie im Sinne der Freudenbotschaft überzeugend vorgelebt. Sie haben schließChristi! Ich bringe es auf die Kurzformel: lich sogar ein Terrorregime unterwandert Seid als Himmelsbürger Mutbürger! Ja, das – weder der römische Kaiser Claudius noch ist ein Risiko. Ganz klar: Wir können so nach ihm Kaiser Nero glänzten durch deauffallen, anecken und sogar Widerstand mokratischen Respekt. Die Christen im und Gewalt erleben. Paulus schreibt aus dem Gefängnis an römischen ImperiSchon die Erfahrung seine kleine, neugegründete Gemeinde in um wurden dadurch der ersten Christen Griechenland, in Philippi: „Ob ich nun berühmt, dass sie hat schnell gezeigt, dass andere auf komme, um euch zu sehen oder abwesend zusammenhielten, bin, will ich von euch hören, dass ihr in ihre Kranken und eine froh machende Botschaft mit einem Geist fest steht, alle gleich gesinnt die Kranken in ihmit uns kämpft für den Glauben an die rer Nachbarschaft Bosheit und Gewalt Freudenbotschaft und euch in keiner versorgten, statt sie reagieren, und das Weise einschüchtern lasst von denen, die ihrem Schicksal zu passiert immer euch bekämpfen.“ überlassen. Das war wieder. neu! In den EpideIn dieser Haltung, als Himmelsbürger mien, die damals alle paar Jahrzehnte und Bürger die Gesellschaft zu prägen, aufgrund fürchterlicher hygienischer Umhaben die Christen der ersten 3 Jahrhun- stände die Hälfte einer römischen Stadtbederte gewaltfrei und mit geduldiger Liebe völkerung dahin rafften, fielen die Christen Mitmenschlichkeit und Zusammenleben durch ihre soziale Hilfstätigkeit auf. Und


AN-GE-DACHT

sie überlebten dennoch die Katastrophe in größerem Maße als die andersgläubigen Bewohner, berichten staunend antike Historiker. Christen waren also damals die ersten, die in das Gemeinwesen so etwas wie Anteilnahme und selbstlose Hilfeleistung einbrachten. Was wir christliches Abendland nennen, wurde aus Glaube, Hoffnung und Liebe geboren, aus einer Vision für ein Gemeinwesen, das auf Gerechtigkeit statt Tyrannei und auf Barmherzigkeit statt Egoismus gegründet ist. In solch einem Land lässt sich gut leben! In unserer Zeit stehen Freiheiten wie Redefreiheit und Gewissensfreiheit wieder unter Beschuss – da braucht es mutige Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht einschüchtern lassen, wenn sie die gute Nachricht von der Erlösung von Macht- und Geldmissbrauch durch Jesus verbreiten und dazu stehen. Ich lasse mich anspornen vom Mut des Paulus, der diesen Appell übrigens in einer Gefängniszelle geschrieben hat. Ich staune über die Kraft des Gottesgeistes, der hinter diesen Worten steckt. Und ich bin beschämt, weil ich es doch lieber bequem habe und die Auseinandersetzung scheue. Auch in Lemgo braucht es diese Menschen, die sich in diesem verbindenden Geist um unser gemeinsames Wohl kümmern. Das müssen keine großen politischen Aktionen sein. Kleine nachbarschaftliche Hilfeleistungen spiegeln bereits etwas von dem Geist wider, der in die Herzen von Glaubenden ausgegossen ist. Wenn in den sozialen Netzwerken unflätig über Minderheiten gehetzt wird, werden Mutbürger sich mit einem Satz aus dem Geist gewaltfreien Widerstands äußern: „Das kann ich so nicht stehen lassen, ich sehe das anders, weil…“ Dabei geht es sicher nicht darum, andere zu überzeugen. Es reicht, eine andere Stimme hören zu lassen in dem großen Stimmengewirr da draußen. Mutbürger werden sich einmischen. Mutbürger halten zusammen. Das geschieht aus der Macht heraus, die ein offenes und soziales Europa beseelt hat: HELGE SEEKAMP Aus Gottes Kraft. I S T P F A R R E R DER ST.-PAULIGEMEINDE

TAGEBUCH

Was hat

Reformation

mit W. zu tun?

Seit acht Jahren fahre ich mehr oder weniger regelmäßig mit der Lippischen Landeskirche nach Juist. Bei meiner zweiten Fahrt fuhr auch W. mit, und ich muss sagen, dass ich anfangs erhebliche Vorurteile hatte. W. war Friseur, schwul und hatte einen Lebensgefährten, außerdem sah er echt fertig aus. Später erzählte er uns, wie er nach Juist gekommen war. Er stand eines Tages in der Kirche (er liebte die Gebäude und ihre Musik) und Gott sprach zu ihm: „Besuch mich doch mal wieder!“ „Wo, hier?“ „Nein, auf Juist!“ So fuhr er mit und blühte nach wenigen Tagen auf. Er bekam Farbe im Gesicht und nahm sogar ein Kilo zu (u.a. ein Wunsch von ihm). Vor einigen Tagen, nach sieben Jahren, „hörte“ ich wieder von W., indem ich seine Todesanzeige las. Darauf ein großes Foto von ihm und der Spruch „Trauert nicht um mich, behaltet mich in Erinnerung, so wie ich war!“ Auch von Trauerkleidung in der Kirche nahm er Abstand. So ging ich in W.'s Kirche und wurde mit einem wunderschönen (ich muss es so sagen) Gottesdienst beschenkt, der mich tief berührt hat. W. hatte sich einen blauen Sarg gewünscht mit ein paar wenigen weißen Blumen („Nur nicht zu viel Gedöns!“), auf dem die Koordinaten von Juist standen, seiner geliebten Insel, auf der er Gott wiedergetroffen hat. Den ganzen Gottesdienst hatte W. mit seiner Pfarrerin geplant, als er merkte, dass es zu Ende ging. Er wünschte sich ein Orgelstück aus Wagners „Tannhäuser“, drei Lieder, die ihm wichtig waren, und eine Predigt über „seinen“ Psalm 23 (Den könnt ihr gern nachlesen). W. hat das Leben geliebt, Musik, Freunde, Weihnachten, gutes Essen, Nachsinnen über die Bibel… und trotzdem hatte er Frieden, zu gehen. Denn, so zitierte ihn die Pfarrerin, er habe jeden einzelnen Vers dieses Psalms erlebt! Gott hat die Beziehung zu W. erneuert, W. hat die Beziehung zu Gott erneuert, und ich? Ich habe über meine manchmal begrenzte Sicht und Vorurteile nachgedacht… …Reformation!

Eure Frau Sauer 31


Silberhochzeit mit St. Pauli Gemeindepädagoge Werner Schmidt hat 25-jähriges Dienstjubiläum

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underte von Jugendlichen hat er im Konfirmandenunterricht begleitet. Über Jahre hat er Kinderstunden in der Gemeinde und im Kindergarten Am Flüt durchgeführt. Durch wöchentliche Veranstaltungen für Teens und Jugendliche hat er den Zusammenhalt untereinander gefördert und zum Glauben an Jesus eingeladen. Jedes Jahr hat er Mitarbeiter gesammelt und Konfirmanden- wie Sommerfreizeiten auf die Beine gestellt. Wie viele Jugendliche er auch seelsorgerlich begleitet hat, kann wohl niemand zählen. Das Herzstück seiner Arbeit ist in all den Jahren immer das samstägliche Bistro gewesen – ein offenes Angebot für Jugendliche, in dessen Zentrum ein Gottesdienst steht. Die Rede ist von Werner Schmidt, unserem Gemeindepädagogen. Unter seiner Leitung hat sich die Jugendarbeit unserer Gemeinde rasant weiterentwickelt. Er hat Jugendliche als Mitarbeiter eingesetzt, gemeinsam mit ihnen Dienstbereiche innerhalb der Jugendarbeit eingeführt, in denen junge Leute auch eigenständig Verantwortung übernehmen können. Aus dem Gottesdienst am Samstag ist der „Strike“ geworden, der auch von etwas älteren Semestern gerne besucht wird. Werner Schmidt ist nicht nur ein Gemeindepädagoge mit Leib und Seele, er ist Jugendpastor von St. Pauli. Sein authentisches Christsein hat viele so angesprochen, dass sie selber zu begeisterten Christen geworden sind. 32

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Hier drei Statements von Menschen, die er begleitet hat:

Werner hat viel zu unserer persönlichen Entwicklung beigetragen und uns geistlich voran gebracht. Er hat uns in unseren Gaben bestärkt und den Freiraum gelassen, diese auszuleben. Wir genießen Werners Leiterschaft und arbeiten gerne mit ihm zusammen. Elfi und Stephan Meier (Mitte 30, Mitarbeiter)

Wenn ich Werner in 3 Worten beschreiben sollte, wäre das LEIDENSCHAFTLICH | ECHT | WUNDERBAR Mit seiner total authentischen und engagierten Art ist er ein großartiger Leiter und hat das Leben vieler Jugendlichen positiv verändert und geprägt. Es ist sehr bereichernd, von ihm zu lernen und mit ihm gemeinsam zu dienen. Werner lebt Anbetung in einer tiefen Beziehung zum lebendigen Gott, und damit ist er ein großes Vorbild und immer wieder Inspiration für mich. Zum 25-jährigen Jubiläum ein dickes Dankeschön für deinen Einsatz und für die Zukunft ganz viele Abenteuer mit dem Heiligen Geist und noch mehr Himmel auf Erden :) Stina (18, Mitarbeiterin)

Meine erste Begegnung mit Werner war vor knapp 22 Jahren auf der Silvesterfreizeit 1995 in Nieheim. Im Anschluss an den Gottesdienst am Silvesterabend lag Werner mehr als eine halbe Stunde lachend unter dem Tisch. Die Annahme eines Pubertierenden, leider hab ich es auch laut ausgesprochen: „Na, zu tief ins Glas geschaut?“, traf nicht zu. Es war vielmehr ein Ausdruck für die Nähe Jesu sowie die Intimität zwischen Jesus und Werner. Es waren dieses und viele weitere Erlebnisse, die ich in den darauffolgenden Jahren erleben durfte, die mich selbst immer näher in eine Beziehung zu Jesus geführt haben. In vielen wichtigen Lebenssituationen nahm Werner durch Gebet, Gespräche oder einfach durch seine Anwesenheit teil an meinem Leben. Es ist für mich immer wieder faszinierend, mit welcher Hingabe Werner Jesus nachfolgt. Egal was Menschen denken oder sagen, er lebt Anbetung. Dominik (Mitte 30)


DIENSTJUBILÄUM WERNER SCHMIDT

NEUES ANGEBOT

Bei der Gemei ndekon

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TauBe –

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...

...eine andere: Predigen – auch mal in der Mülltonne.

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Am 15. September ist Werner Schmidt 25 Jahre lang hauptamtlicher Mitarbeiter in St. Pauli. Im Namen des Kirchenvorstandes und auch als Kollege kann ich nur sagen: Herzlichen Dank, Werner, für alles! Es ist spannend, manchmal herausfordernd, aber immer ein Geschenk, dass du da bist! KAI MAURITZ

die Taufbegleiter

A

us unserer Gemeindekonferenz im Herbst letzten Jahres heraus wurde die Idee, Tauffamilien unserer Gemeinde im Taufgottesdienst und darüber hinaus zu begleiten und sie so in unserer Gemeinschaft willkommen zu heißen, konkreter. Die Taufe ist ein einzigartiges Geschenk Gottes und Ausdruck seiner bedingungslosen Liebe zu uns. Sie ist ein beeindruckendes Zeichen von Tod und Auferstehung und damit von Jesu Erlösungswerk. Durch den Glauben wird die Taufe vollständig. Unser Wunsch ist es, sich seiner Taufe freuen zu können, immer wieder an sie erinnert zu werden und durch gelebte Gemeinschaft im Glauben und in der Gemeinde zu wachsen. So entstand die Idee: TauBe = Taufbegleitung! Im Fokus haben wir besonders 0-10-jährige Täuflinge und ihre Familien. Als Taufbegleiter möchten wir St. Pauli ein Gesicht geben und Willkommenskultur pflegen auch über den Taufgottesdienst hinaus. Unser Wunsch ist es, zwischen Taufe und Konfirmation Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Bereits im Taufgespräch werden die Tauffamilien darauf hingewiesen, dass wir als Taufbegleiter am Morgen des Taufgottesdienstes Ansprechpartner für ihre Fragen sind und es unser Anliegen ist, dazu beizutragen, dass sie sich wohl und willkommen fühlen. Ein Jahr nach der Taufe werden wir den Täufling und seine Familie zu Hause besuchen und ihnen ein kleines Präsent der Gemeinde überreichen, uns mit ihnen an die Taufe erinnern und sie einladen, sich als Teil der Gemeinde zu fühlen und am Gemeindeleben mit seinen unterschiedlichsten Angeboten teilzunehmen. Zwei Jahre nach der Taufe erhalten die Tauffamilien dann noch einmal einen persönlichen Brief, und im dritten Jahr möchten wir als Pauli-Gemeinde mit allen betreffenden Täuflingen und ihren Familien einen Tauferinnerungs-Gottesdienst feiern. Wer jetzt neugierig geworden ist, darf uns gerne ansprechen.

E-Mail: TauBe@st-pauli-lemgo.de

HEIDI WESTERHEIDE UND SANDRA SCHULTE

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9. & 10. September

Inklusives Stadtfest

Christustag Lippe: Was ist evangelisch? Allein Christus – Allein die Bibel – Allein die Gnade – Allein der Glaube Ein Tag der Ermutigung und Orientierung von und für Christen aus dem Lipperland und Umgebung mit Dozent Michael Kotsch, Pastor Ulrich Parzany und Pastor Dieter Schneider. am Dienstag 3.10.2017, Tag der deutschen Einheit in der Aula der August-Hermann-Francke-Hauptschule Detmold, Anne-Frank-Str. 3

A

m 9. und 10. September 2017 erlebt Lemgo das zweite inklusive Stadtfest für Menschen mit und ohne Behinderungen, für Menschen aller Generationen, Kulturen und Religionen. „Wir Menschen sehen alle eine Sonne“, ist das Motto. Und deutlich werden soll durch das Fest: Zusammenleben gelingt! Anregungen für das Fest haben Menschen mit und ohne Behinderungen eingebracht sowie weitere VertreterInnen von Lebenshilfe und Eben-Ezer, der Agentur Sagner und Heinze, Stadt und Hochschule sowie das Mehrgenerationenhaus. Auch Vereine, Schulen, Kitas, Kirchengemeinden, Firmen und Initiativen beteiligen sich. Auf dem Marktplatz werden samstags die Gustav Peter Wöhler Band sowie die Red Cadillac Band und die Band Stopp Rock zu hören sein. Der Sonntag beginnt mit dem gemeinsamen ökumenischen Festgottesdienst um 10 Uhr, ab mittags gibt es Aufführungen und Musik auf der Bühne. Auf den Wallanlagen wird die Familiade u.a. stattfinden. Das weitere Programm folgt. Herzliche Einladung zu diesem bunten Lemgoer Fest!

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Programm

10.30 Uhr: Einstieg in den Tag und Impulsreferat I: „Allein die Bibel“ Dozent Michael Kotsch Mittagessen 13.30 Uhr: Impulsreferat II: „Allein Christus“ Pastor Ulrich Parzany Kaffeepause 15.30 Uhr: Impulsreferat III: „Allein die Gnade – Allein der Glaube“ Pastor Dieter Schneider 17.00 Uhr:
Ende der Veranstaltung Mittagessen und Kaffee werden gegen eine Spende gereicht! Die Referenten: Pastor Ulrich Parzany, langjähriger Vorsitzender des CVJM Deutschland und ProChrist-Redner, Sprecher des Netzwerkes Bibel und Bekenntnis Michael Kotsch,
Dozent an der Bibelschule Brake,
1. Vorsitzender des Bibelbundes e. V. Pastor Dieter Schneider, langjähriger Gemeindepfarrer, Seelsorger und Dozent beim MBK Bad Salzuflen Es laden ein: Ev.-ref. Kirchengemeinde Almena,
 Ev.-ref. Kirchengemeinde Hohenhausen,
 Ev.-ref. Kirchengemeinde Langenholzhausen, Ev.-ref Kirchengemeinde St. Pauli Lemgo,
 Ev.-luth. Kirchengemeinde Schötmar-Knetterheide, EC-Jugendverband Ostwestfalen-Lippe,
 Ev. Volks- und Schriftenmission Lemgo-Lieme, Lippischer Gemeinschaftsbund
 in Zusammenarbeit
 mit der Evangelischen Freikirche Hohenloh. Infos bei:
Jörn Schendel,
E-Mail: joernschendel@aol.com, Tel. 0 52 64- 652 10


VORSCHAU

GemeindeKonferenz 2.0 Teilnehmertreffen am 7. Oktober

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Reformationsnacht Zum 500jährigen Reformationsjubiläum am 31. Oktober (bundesweit Feiertag) großes Fest in Lemgo

om 30.9.-2.10. 2016 haben ca. 170 Personen von 12 bis über 80 Jahren an einer Gemeindekonferenz teilgenommen. Es war ein begeisterndes Erlebnis in konzentrierter Form, einmal wahrzunehmen, wie viele Gruppen, Kreise, Angebote, Charaktere, Frömmigkeitsstile, Wünsche und Visionen sich unter dem Dach „St. Pauli“ sammeln. Wir haben aber auch gemeinsam die Zukunft in den Blick genommen und 13 konkrete Projektideen entwickelt, die unser Gemeindeleben fördern sollen. Seit dem ist viel Zeit vergangen, die aber alles andere als untätig verstrichen ist. An jedem Projekt hat ein Team aus Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen weitergearbeitet. Im Februar gab es ein Treffen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Projektgruppen. Hier wurden die Zwischenergebnisse präsentiert und besprochen. Seitdem laufen die Detailplanungen. Am 7. Oktober in der Zeit von 15 – 18.30 Uhr sind nun alle Teilnehmer der Konferenz 2016 eingeladen zu einer „Mini-Nachkonferenz“. Oliver Schippers, der die Beteiligungskonferenz moderiert hat, wird auch wieder dabei sein. Hier werden die Früchte des letzten Jahres geerntet und die Ergebnisse aus den Projektgruppen vorgestellt. Die Teilnehmer haben vor einem Jahr viel Kraft und Zeit investiert. Als Gemeindeleitung war es uns wichtig, dass die Ergebnisse nachhaltig verfolgt werden. Dies ist auch gelungen. Vielen Dank an alle, die in den vergangenen Monaten so engagiert weitergearbeitet haben! Und herzliche Einladung an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer 2016. Wir werden ein paar inspirierende Stunden miteinander erleben!

17.00 Uhr Zentraler Reformationsgottesdienst Der zentrale Reformationsgottesdienst findet in St. Nicolai statt. Damit hat der Stadtkonvent der Lemgoer Kirchengemeinden die Kirche gewählt, in der die Reformation in Lemgo und in Lippe zuerst eingeführt wurde. Mitwirken werden Menschen aus allen Gemeinden. 18.00 Uhr Nacht der Offenen Kirchen und Museen Anschließend gibt es eine „Nacht der Offenen Kirchen und Museen“. Das bedeutet: In allen sich beteiligenden Kirchen wird ein Programm zu festen Uhrzeiten angeboten. 19.00 / 20.00 / 21.00 Uhr Programme in den Kirchen Immer zur vollen Stunde startet das Programm. Es dauert ungefähr 35-40 Minuten. Besucherinnen und Besucher haben dadurch die Möglichkeit, in den Genuss verschiedener Angebote zu kommen. Die ganze Buntheit kirchlichen Lebens zeigt sich in dieser Reformationsnacht in Lemgo. Geplant sind Programme mit musikalischen Akzenten – je nach Charakter der Kirchenmusik in den jeweiligen Gemeinden. (Weitere Infos folgen.) Bei uns in St. Pauli erklingt vor allem popularkulturelle Kirchenmusik. Wir feiern ein Anbetungsfest aus Freude an der Erneuerung des Glaubens, gestaltet durch Auswahlbands mit den Musiker/innen der Gemeinde sowie Gastmusiker/innen der freien Gemeinden Lemgos. Daneben wird es „Denkstationen“ mit kreativen Impulsen zu Glaube, Recht und Freiheit geben. In jeder Kirche wird etwas zu essen und zu trinken angeboten, damit man sich zwischendurch stärken kann. Auch einige Museen sind geöffnet: Das Hexenbürgermeisterhaus und das Weserrenaissancemuseum. Einige Stadtführer werden darüber hinaus Führungen anbieten. 22.00 Uhr Mondschein-Serenade auf dem Marktplatz „Mondschein-Serenade zum Ausklang des Reformationstages“, Kerzen, Choräle (durch den Posaunenchor begleitet), Abendsegen. Eine ausdrucksvolle und eher ruhige Demonstration der Gemeinschaft der Christen Lemgos.

KAI MAURITZ

Aktuelle Infos im Internet auf www.glauberechtundfreiheit.de/feiern.html 35


GROSSES FEST AUF DEM OSTERTORWALL

Die Vorgeschichte: Diakonie an der Basis der Gemeinde verankern Ein vielfältiges diakonisches Engagement gab es in unserer Gemeinde schon einige Jahre vor 2007, wie den „Lichtblick”, einen Treff für Bedürftige am Sonntag und ein monatliches Frühstück, den „Holzwurm”, eine Holzwerkstatt für Menschen, die Beschäftigung suchen, und die Seelsorge- und Beratungsarbeit. 2003 wurde das Haus Echternstr. 12 erworben, in dem u.a. diese Angebote beheimatet wurden. Der Beschluss der Gemeindeleitung, diakonische Arbeit verstärkt an der Basis der Gemeinde zu verankern, leitete die nächste Etappe ein: Gemeindemitglieder sollten in noch größerem Maße motiviert werden, sich für ihre Nächsten einzusetzen. Dabei konnte jeder seine Ideen und Gaben einbringen, ob Fahr- oder Besuchsdienst, Rasenmähen, Computerkurse oder Kuchenbacken, jeder Beitrag war willkommen. Zur Vermittlung dieser Dienste wurde eine Stelle geschaffen: Das n.e.t.z.-Büro war geboren. Für diese Aufgabe, die von Silke Schmidt übernommen wurde, war zu Beginn noch kein ständiger Raum vorhanden. Oft wurde das Büro kurzerhand in einen Rucksack gepackt und immer dort eingesetzt, wo es benötigt wurde. So war 2006 – ohne dass es geplant war – der Grundstein für die Arbeit des Mehrgenerationenhauses gelegt. Bewerbung auf das Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser – 2007: Zuschlag! Als die Gemeindeleitung vom Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser erfuhr, war es nur ein logischer nächster Schritt, sich mit dem vorhandenen Potential auf die Fördermittel zu bewerben. 2007 kam wunderbarerweise der Zuschlag, und das Mehrgenerationenhaus konnte am 3. Juni feierlich eröffnet werden! 36


WIR FEIERN 10 JAHRE MEHRGENERATIONENHAUS

07: K. Prentzel, S. Schmidt

07: Eröffnung

Vom Büro im Rucksack zu einem Netz für die ganze Stadt Zum 10-jährigen Jubiläum: Ein Rückblick auf die Geschichte des Mehrgenerationenhauses

08: Dagmar Begemann

Fest auf dem Wall – wie hier 2009 bei der 100-Jahr-Feier der St.-Pauli-Gemeinde

09: Besuch der Ministerin

09: Spieleabend im Café

10: Künsterinitiative

11: Arbeitslosenzentrum

Eine Herausforderung: mit öffentlichem Auftrag und Mitteln umgehen Die externe Finanzierung gemeindediakonischen Engagements stellte die Kirchengemeinde vor eine neue Herausforderung: Einsatz und Verwendung der öffentlichen Gelder mussten genau nachgewiesen und regelmäßige Berichte verfasst werden. Silke Schmidt und Karin Prentzel waren für die inhaltliche Schwerpunktsetzung sowie die Koordinierung des freiwilligen Engagements zuständig. Ab 2008 wurde Dagmar Begemann Koordinatorin für die Entwicklung der Einrichtung im Rahmen des Aktionsprogrammes und die Abwicklung der Förderung. 2008: Wir MIT anderen In diesem Jahr war die Grundfrage: Wie wollen wir arbeiten? Für eine so kleine Einrichtung war es sinnvoll, sich starke Partnerinnen und Partner in Stadt und Kreis zu suchen. „Wir MIT ande-

ren – Kooperation statt Konkurrenz“ steht auf einem Konzeptentwurf dieses Jahres. So nahmen neue Arbeitsbereiche wie der Arbeitskreis Ehrenamt in Lemgo oder das Engagement für Pflegebedürftige und deren Angehörige in den Folgejahren Fahrt auf. Mittlerweile zählen über 40 Vereine und Organisationen von TV Lemgo bis Diakonie ambulant, von Generationenbeirat bis AWO, von freiwilliger Feuerwehr bis Behinderteneinrichtung, von Museum bis Volkshochschule zu den Kooperationspartnern. Gemeinsam wurden Events und Projekte durchgeführt, aber auch langfristige Aufgaben wie die Quartiersarbeit in der Alten Hansestadt oder die Schulung für Begleiter von Senioren und Menschen mit Behinderung angegangen. Herzstück von Anfang an: das Begegnungscafé Das Begegnungscafé in der Echternstr. 12 hat sich zu einem wichtigen Anlaufpunkt 37


entwickelt, es ist unser Herzstück. Ehrenamtliche Gastgeberinnen und Gastgeber heißen die Gäste willkommen und bewirten sie liebevoll mit Kaffee und selbstgebackenem Kuchen. Die Begegnung von Menschen verschiedenen Alters und unterschiedlicher Herkunft steht dabei im Vordergrund. Der familiäre Charakter des Cafés und die offene Atmosphäre helfen, ein Zuhause außerhalb der eigenen vier Wände zu finden. Daneben haben auch zahlreiche Gruppen außerhalb der Öffnungszeiten eine Heimat hier gefunden, wie Künstlerstammtisch und Attacgruppe, Elterncafés und Selbsthilfegruppen sowie das Arbeitslosenzentrum des AWB e.V.. 2011: Ende des Mehrgenerationenhauses? Das Jahr 2011 war eine Zitterpartie, denn offiziell endete das Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser zum Jahresende. Würde es weiterhin Zuschüsse geben und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Da sich Politiker wie Bürger für die Mehrgenerationenhäuser einsetzten, wurden mit dem Programm MGH II ab 2012 weitere Gelder im Bundeshaushalt zum Erhalt der Arbeit zur Verfügung gestellt. Das bedeutete auch neue Aufgaben sowie als Bedingung eine finanzielle Beteiligung der Kommune, die bei uns sowohl der Kreis Lippe als auch die Alte Hansestadt Lemgo übernahmen. Auch die Kirchengemeinde setzte sich noch einmal grundsätzlich mit ihrem Mehrgenerationenhaus auseinander. Durch das schnelle Wachstum der Arbeit wurde zu Recht die Frage gestellt, was Gemeindediakonie im Wesen ausmacht und wie der Charakter der Arbeit auch bei zunehmender Professionalisierung gewährleistet werden kann. Um ein Gremium zu haben, das das Herz der Arbeit 38

im Blick behält, wurde der Diakonieausschuss gegründet, der in seinen Thesen zur diakonischen Arbeit die Kernwerte der Gemeindediakonie von St. Pauli formuliert hat. Diese sind seitdem Messlatte für alle neuen Projekte und Aktivitäten des Mehrgenerationenhauses. 2012: Programm MGH II mit neuen Akzenten Auf der Basis des neuen Programms MGH II wurde die Zusammenarbeit mit der Alten Hansestadt Lemgo intensiver. Das Projekt „Leben und älter werden in…“ gab Bürgerinnen und Bürgern in den Lemgoer Ortsteilen die Möglichkeit, in Dorfwerkstätten über die Entwicklung ihrer Sozialräume nachzudenken und sie auch umzusetzen. Zwei Schwerpunktthemen kamen im neuen Programm dazu: „Integration“ und „Alter und Pflege“, was die Ausrichtung der Arbeit nun prägt. Im Bereich „Alter und Pflege“: • Silke Schmidt qualifizierte sich zur Fachbegleiterin Demenz weiter und konnte ein Beratungsangebot für demenziell Erkrankte und deren Angehörige starten. Einen Gesprächskreis mit Betreuungsangebot, Infoveranstaltungen und Schulungen bieten wir seitdem an. • Der Besuchsdienst wurde durch die Zusammenarbeit mit dem Betreuungsteam Lippe e.V. ausgeweitet. • In enger Kooperation mit dem Pflegestützpunkt des Kreises Lippe und vielen Partnern aus der Seniorenhilfe wurde außerdem eine jährliche Qualifizierung zur Seniorenbegleiterin/ zum Seniorenbegleiter in Lemgo etabliert, an der Menschen aus dem gesamten Kreisgebiet teilnehmen. • Schließlich konnten durch die Projekte „Unternehmen Pflegebegleitung” und „Pflegebegleitung im Quartier” Freiwillige gewonnen werden, die sich für pflegende Angehörige einsetzen. Mittlerweile sind diese in vier großen lippi-

13: Spielgruppe Paulinchen

15: Flüchtlingshilfe

15: Diakoniegottesdienst

16: Seniorenbegleiter

16: Engagiert für Geflüchtete

17: Neuer Slogan schen Unternehmen und in allen Lemgoer Stadtteilen aktiv. Im Bereich „Integration“: • Migrantinnen und Migranten sind eine prägende Gruppe in unserem Haus geworden – vor allem durch Geflüchtete.


AUS UNSEREM MEHRGENERATIONENHAUS

2015: Das Mehrgenerationenhaus wird Standort der Flüchtlingshilfe der Lemgoer Kirchengemeinden Obwohl 2014 noch niemand von einer „Flüchtlingskrise“ sprach, überlegte der Stadtkonvent der Lemgoer Kirchengemeinden, die Flüchtlingshilfe in Lemgo neu aufzustellen. Das Mehrgenerationenhaus bot sich als Standort dafür an. Gemeinsam mit der Alten Hansestadt wurde eine Teilzeitstelle für die Koordination des freiwilligen Engagements für Geflüchtete und Asylverfahrensberatung eingerichtet. Mit dieser Entscheidung wurde die Flüchtlingshilfe im Mehrgenerationenhaus 2015 zum Anlaufpunkt sehr vieler geflüchteter Menschen und derer, die ihnen helfen wollten. Gemeinsam mit Stadt und Bürgern konnte eine sinnvolle Struktur für das ehrenamtliche Engagement geschaffen werden. Damit war unser Haus mit einem Schlag nicht nur mehrgenerational sondern auch interkulturell. Außerdem kamen mit der Erweiterung neue Kolleginnen und Kollegen ins Haus. Mittlerweile unterstützen sechs pädagogische Kräfte, zwei Minijobber, ein Bundesfreiwilligendienst und diverse Honorarkräfte, Praktikantinnen und Praktikanten das Engagement der ca. 200 Ehrenamtlichen in allen Arbeitsfeldern. 2017: Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus Mit Beginn dieses Jahres wurde das Mehrgenerationenhaus in das dritte Bundesprogramm aufgenommen. Es bietet wieder mehr Freiheiten, gemeinsam mit der Kommune dem demografischen Wandel vor Ort zu begegnen. Schwerpunktthemen werden sicher die alternde Gesellschaft im ländlichen Raum und die Integration der Zugewanderten sein. Allerdings hat sich auch in der Vergangenheit gezeigt, dass gerade die Reaktion auf kurzfristige gesellschaftliche Herausforderungen eine Stärke

des Mehrgenerationenhauses ist. Deswegen wird es spannend bleiben, wie sich unser Profil bis 2020 entwickeln wird. Ein Netz in der Gesellschaft Aus dem Büro im Rucksack ist ein Netz entstanden, das sich über die ganze Stadt spannt und auch in den Kreis ausstrahlt. Es hat mittlerweile viele Knotenpunkte: Bürgerengagement in den Quartieren, Initiativen für Geflüchtete und Sprachtreffs, Pflegebegleiterinnen und Pflegebegleiter in Unternehmen und Lemgoer Ortsteilen. Manche Impulse in diesem Netz kommen aus der Echternstraße und einige gehen zurück und prägen die Arbeit im Haus. Das 10-jährige Bestehen ist auch ein Grund, innezuhalten und eine Standortbestimmung für die gemeindediakonische Arbeit vorzunehmen. Welche Rolle spielt die Kirche als zivilgesellschaftlicher Akteur, und kann diakonisches Engagement helfen, die Kirche „gesellschaftsfähig“ zu halten? So gilt es das Spannungsfeld zwischen Gemeinde und diakonischer Arbeit wieder neu zu entdecken und fruchtbar zu machen. Noch bis 2019 wird das Mehrgenerationenhaus daher vom Institut für Kirche und Gesellschaft im Projekt „Engagiert in Vielfalt“ erforscht. Es ist zu hoffen, dass der Spagat zwischen Kirche und Gesellschaft, zwischen bürgerschaftlichem Engagement und professioneller Arbeit dauerhaft gelingt und noch viele Menschen am Netz mit knüpfen und ihre eigenen Fäden einweben können. Dann ist die Aufgabe des Mehrgenerationenhauses, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, auch weiterhin erfüllt.

Wenn Sie Fragen zur Arbeit des Mehrgenerationenhauses haben oder sich ehrenamtlich einbringen wollen, steht Ihnen unser Büro gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns unter (0 52 61) 920 46 08 oder über Email:  dagmar.begemann@st-pauli-lemgo.de 8 Das Begegnungscafé in der Echternstr. 12 ist Mo, Di, Mi und Fr jeweils von 15 – 18 Uhr geöffnet. Unsere Cafémitarbeiterinnen freuen sich über Ihren Besuch! 8 Silke Schmidt vermittelt ehrenamtliche und professionelle Hilfe und Unterstützung vom Besuchsdienst über Beratung bis hin zur Nachbarschaftshilfe. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Information über weiterführende Hilfen, Angebote und Beratung zum Thema Demenz. Sie erreichen sie direkt zu der Sprechzeit: mittwochs 15.00 – 18.00 Uhr, telefonisch unter (0 52 61) 66 89 29 oder über Email: S.Schmidt@st-pauli-lemgo.de Weitere Terminvereinbarungen sind möglich. 8 Wenn Sie unsere Arbeit finanziell unter­ stützen möchten, dann können Sie unter dem Vermerk »Mehrgenerationenhaus« spenden auf das Konto: Kirchengemeinde St. Pauli, Konto-Nr. 1 25 59 bei der Sparkasse Lemgo (BLZ 482 501 10), IBAN: DE07 4825 0110 0000 0125 59

DAGMAR BEGEMANN

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...an die Pinnwand:

Aktuelle Informationen finden Sie auch auf unserer Homepage www.st-pauli-lemgo.de oder im monatlich erscheinenden VielFaltBlatt. 40

JUBILÄUM 10 JAHRE MEHRGENERATIONENHAUS LEMGO am 08.07., ab 15 Uhr

Wir feiern bis 19 Uhr auf dem Wall mit allen Generationen und Nationen! (s.S.36) LESUNG ZUM THEMA FLUCHT UND EXIL mit Feridun Zaimoglu, „Siebentürmeviertel“, am 13.09., 19.30 Uhr

Ort: Buchhandlung Kafka & Co., Krumme Str. 8, Detmold Eintritt: 10 € / Ermäßigt: 6 € Infos bei: S. Hartmann (Lippische Landeskirche), Tel.: 0 52 31/97 68 64 DANKESCHÖNABEND, 01.09., 19 Uhr

„Internationaler Abend - Spiel, Spaß und Schmaus international“ im Gemeindehaus. Wir sagen allen ehrenamtlich Mitarbeitenden DANKE!

MÄNNERWOCHENENDE, vom 29.09.-01.10.2017

START DES KIRCHLICHEN UNTERRICHTS

Bitte melden Sie ihre Kinder spätestens bis zum 21.06. bei uns im Gemeindebüro an Tel. 1 58 94. Elternabend am 04.09. um 19.30 Uhr im Gemeindehaus. Kennenlern-Wochenende am 15. und 16.09.

„Ich will euch ein neues Herz geben...“ Auf dem Zionsberg in Warburg-Scherfede Infos und Anmeldungen bei Frank Düe Tel. 1 63 93 FRAUENWOCHENENDE, vom 13.-15.10.2017

„Prinzessin oder Aschenputtel? – Der Kampf um unsere Identität “ (mit Renate Nottbrock) Für alle Frauen zwischen 18 und 99 Jahren auf dem Sanderhof in Dörentrup. Infos und Anmeldungen bei A. Wesner, Tel. 1 52 74

INKLUSIVES STADTFEST

09.-10.09. Sonntag um 10 Uhr, Gottesdienst der Stadtgemeinden auf dem Marktplatz. ONE-LOBPREISGOTTESDIENST

am 16.09., um 19.30 Uhr, in der St.-Pauli-Kirche.

OMF-SONNTAG am 17.09., „Herzlich willkommen, Familie Düe!“

Familie Düe wird uns mit hineinnehmen in ihre vier Jahre Singapur. Anschl. gemeinsames PotluckMittagessen. KINDERÜBERNACHTUNGSWOCHENDE für Kinder ab 6 Jahren vom 22.-23.09.

Unsere Kirche mit Kindern lädt ein! Infos bei Pn. Cora Salzmann, Tel . 3770

GOLDENE & DIAMANTENE HOCHZEIT

Wenn Sie anlässlich Ihrer Goldenen oder Diamantenen Hochzeit den Besuch eines Pfarrers wünschen, melden Sie sich bitte bei uns im Gemeindebüro, Tel. 1 58 94. CHRISTUSTAG LIPPE AM 03.10., 10.30 - 17 Uhr, Detmold (s.S.34) GOLDENE UND DIAMANTENE KONFIRMATION am 15.10., 10 Uhr

NACHTREFFEN DER GEMEINDEKONFERENZ am 07.10., 15 Uhr

für Teilnehmer und am Prozess Interessierte, Infos bei P. Kai Mauritz, Tel. 1 26 79 (s.S.35)

REFORMATIONSFEST am 31.10., 17 bis 22.30 Uhr

Alle Stadtgemeinden in Lemgo feiern den 500. Reformationstag um 17 Uhr mit einem gemeinsamen Gottesdienst in St. Nicolai. Anschließend Nacht der Offenen Kirchen und Museen. (s.S.35)

SCHULUNG FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE VON MENSCHEN MIT DEMENZ vom 09.10. - 11.12.2017

„ Manchmal weiß ich nicht, wie ich reagieren soll...“ EduKation - Eine Schulung für Angehörige von Menschen mit einer Demenzerkrankung; 10 Termine à 2 h, finanziert von der BARMER GEK – Pflegekasse. Infos im Mehrgenerationenhaus, Tel. 66 89 29

Öffnungszeiten BegegnungsCafé (Echternstraße 12) Mo – Mi und Fr, 15 – 18 Uhr


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