ChrisCare 2/2016 Vorschau

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EDITORIAL

2/2016 CHRISCARE

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Liebe Leserin, lieber Leser, Der Garten der Villa in Dahlem lag im Sonnenschein. Bunte Schirme schützten vor allzu großer Hitze. Im Schatten alter Bäume standen locker gruppiert die Rollstühle. Der junge Theologiestudent folgte Schwester Dorothea in den Garten, ein zwei Schritte hinter ihr, denn die Welt, die sich da auftat, war ihm noch gänzlich unbekannt. Demenz war noch nicht in aller Munde. Aber die alten Leute im Park litten offensichtlich daran. Schwester Dorothea, die später selbst an Alzheimer leiden sollte, ging zielstrebig auf die alte Dame aus ihrer Gemeinde zu, setzte sich auf die Bank neben sie und schwieg zunächst. Die Alte schaute und suchte offenbar in ihrer Erinnerung: Wer war die Frau mit der weißen Haube? Was wollte sie? Und was suchte der junge Mann neben ihr? Schwester Dorothea stellte sich geduldig – aber offenbar vergeblich – vor. Der Student rechnete damit, dass man bald unverrichteter Dinge den Besuch beenden werde. Aber weit gefehlt. Schwester Dorothea begann zu singen: Weil ich Jesu Schäflein bin, Jesus liebt mich ganz gewiss, Ich bin durch die Welt gegangen… Das waren die Lieder, die die alte Frau im Kindergottesdienst gelernt hatte und die tief in ihr schlummerten. Sie sang aus ganzem Herzen mit, zum Erstaunen der anderen Parkbesucher, von denen einige ebenfalls die Lippen bewegten. Erstaunt war auch der angehende Pfarrer, denn er erlebte eine ganz und gar andere Art der Kommunikation. Schwester Dorothea spielte auf der Klaviatur der Erinnerung. Sie führte singenderweise ein seelsorgerliches Gespräch. Heute ist Demenz eines der Megathemen. Jeder weiß dazu etwas zu sagen. Alle fürchten sie. Und die christliche Gemeinde ist oft hilflos, wie sie mit ihren an Demenz leidenden Mitgliedern umgehen soll. Besonders in freikirchlichen Gemeinden, die stark vom Mitmachen ihrer Glieder leben, scheint der Demente manchmal fehl am Platz. In dieser Ausgabe von ChrisCare beschäftigen wir uns mit verschiedenen Aspekten des Umgangs mit Demenzpatienten. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wir würden uns freuen, wenn Sie uns dazu schreiben. Auch das sensible Thema der Sexualität haben wir nicht ausgespart, wohl wissend, dass es eines der Tabuthemen ist. Aber wir wollen mit ChrisCare den ganzen Menschen mit all seinen Facetten in den Blick nehmen. Seit dem letzten Jahr ist unser Redaktionsteam gewachsen. Aus Hamburg ist die Pflegedienstleiterin des evangelisch-freikirchlichen Albertinenhauses Friedhilde Bartels dazu gekommen. Aus Stuttgart ergänzt der katholische Theologe Andreas Rieck den Kreis. Ihre Andreas Rieck, Bettina Gundlach, Ärz-

Stuttgart, Referent

tin im Sozialpsychiatri-

im Bereich Weiterbil-

schen Dienst, Aumühle,

dung und Spirituali-

Vorstand Christen im

tät, Marienhospital

Gesundeitswesen (CiG)

Stuttgart


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