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WARM-UP | Aus der Szene

Training, ist ganz einfach, dass ich von der 400-Meter-Distanz komme. RUNNING: Was sind denn Deine bevorzugten Trainingseinheiten? Hering: Auf jeden Fall das Sprinttraining. Auch Krafttraining macht mir mittlerweile Spaß, weil es einfach mal eine Einheit ist, bei der wir nicht laufen (lacht). Bei uns stimmt die Abwechslung, wir machen in einer Woche keine Trainingseinheit zweimal. RUNNING: Kommen wir zurück zum Wettkampf. Bei Meisterschaften wird häufig taktisch agiert, lässt sich das auch trainieren oder ist das eine Mischung aus Erfahrung und Bauchgefühl? Und welcher Rennverlauf ist Dir am liebsten? Hering: Ich würde schon sagen, dass es für ein Meisterschaftsrennen Erfahrung braucht, um taktisch alles richtig zu machen. Wichtig ist auch das Selbstvertrauen, da ist es wichtig, dass zuvor im Training alles gut lief. Ich laufe lieber etwas weiter hinten, besonders bei internationalen Meetings, und überhole dann auf den letzten Metern. Ich hoffe für die Zukunft aber, dass ich mir zutraue, offensiver zu laufen, so wie bei den Deutschen Meisterschaften in der Halle, da bin ich komplett von vorne gelaufen.

IM GESPRÄCH MIT …

CHRISTINA HERING

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der Traum von Rio deutlich konkreter geworden. Vor zwei, drei Jahren war Olympia nur irgendwo weit im Hinterkopf. Jetzt wünsche ich mir, dass ich verletzungsfrei bleibe und dann hoffentlich demnächst die Norm für die Spiele laufe. RUNNING: Durch Deine Zeit von 1:59:54 Minuten sind Teilnahmen an internationalen Meetings problemlos. Wie wichtig sind solche Wettkämpfe für die sportliche Entwicklung?

RUNNING: Die 800 Meter werden manchmal als die längste Sprintstrecke der Leichtathletik bezeichnet. Was hältst Du von dieser Definition? Hering: Ich laufe ja auch die 400 Meter und habe immer schon versucht, herauszufinden, was anstrengender ist. Ich glaube es sind aber die 800 Meter. Nicht nur wegen der hohen Laktatanhäufung, sondern weil die Belastung für das gesamte Herz-Kreislauf-System wesentlich intensiver ist. Mein Vorteil, auch für das

RUNNING: Wie bereits angesprochen, kommst Du ursprünglich von den 400 Metern. Profitierst Du von der Grundschnelligkeit dieser kürzeren Distanz bei den 800 Metern? Hering: Ja, auf jeden Fall. Ich habe mich da in der Vergangenheit auch noch weiterentwickelt. Gerade auf der Zielgeraden bringt mir das viel. RUNNING: In diesem Sommer wird der deutsche Rekord über die 800 Meter 29 Jahre alt. Traust Du Dir zu, eines Tages in diese Sphären um die 1:55:26 Minuten vorzustoßen? Hering: Ich glaube, dass ich auf jeden Fall noch Potenzial habe. So ist es mein festes Ziel, dieses Jahr meine Bestzeit zu verbessern. Natürlich wird dann auch mal irgendwann eine Stagnation kommen. Schauen wir mal, wann das sein wird, aber im Moment läuft es ganz gut. RUNNING: Du studierst an der TU in München Sportwissenschaften. Wie bekommst Du das mit dem Leistungssport unter einen Hut? Hering: Das ist einfach eine Frage der Disziplin. Mein großer Vorteil ist, dass ich keine Anwesenheitspflichten habe, solange es keine Seminare sind. Und wenn ich dann ins Trainingslager fahre, muss ich halt nach meiner Rückkehr alles nachholen. Da mir das Studium viel Spaß macht, kann ich mich auch dafür sehr gut motivieren. Bis jetzt bin ich in ZUR PERSON: Christina Hering

FOTOS: DAVID DAUB/NIKE

Jochen Schmitz/RUNNING: Im vergangenen Jahr hast Du über die 800 Meter das erste Mal die ZweiMinuten-Schallmauer unterboten. Wie änderten sich danach Deine Leistungsansprüche? Christina Hering: Natürlich ist das jetzt eine ganz andere Liga, in der ich mich befinde, so durfte ich das erste Mal bei Weltmeisterschaften starten. Und in Peking habe ich dann auch gleich gemerkt, in welchem Spitzenfeld ich mich da befinde. Außerdem ist mit dieser Zeit

Hering: Es ist natürlich etwas ganz anderes, denn die nationale Konkurrenz, die kenne ich, da weiß man genau, was die Stärken und Schwächen der anderen sind. Bei internationalen Meetings ist das nicht so, da kann ich Erfahrungen sammeln, das ist eine tolle Vorbereitung auf anstehende internationale Höhepunkte für mich.

FOTO: DAVID DAUB/NIKE

Christina Hering gehört zu den besten nationalen Athletinnen über die zwei Stadion-Runden. Die Studentin der Sportwissenschaften blieb 2015 bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg erstmals unter der magischen ZweiMinuten-Marke über die 800 Meter. Bei der letztjährigen Weltmeisterschaft in Peking stand sie dann sogar im Halbfinale. Die sympathische Münchnerin nahm sich nach dem Cover-Shooting für diese Ausgabe Zeit für ein Gespräch mit RUNNING – Das Laufmagazin.

RUNNING: Insbesondere bei den bedeutenden Rennen werden gerne mal die Ellenbogen eingesetzt. Bedarf es da einer gewissen Rücksichtslosigkeit? Hering: Ja, das ist schon so. Ganz früher hatte ich immer Bedenken, dass ich da bloß niemanden behindere oder in Be-

drängnis bringe. Mittlerweile ist mir klar geworden, dass das einfach dazugehört. Gerade in der Halle, wo es die engen Kurven gibt, muss man diesbezüglich hellwach sein.

Alter: 21 (09.10.1994) Größe/Gewicht: 185 cm/62 kg Verein: LG Stadtwerke München Trainer: Daniel Stoll Disziplin: 400/800 Meter Beruf: Studentin Bestzeiten: 400 m: 52,91 sec 800 m: 1:59:54 min Erfolge: Deutsche Hallenmeisterin 2016 (800 m) Dritte U23-EM 2015 (800 m) WM-Teilnahme 2015 (800 m) Deutsche Meisterin 2014 (800 m)

der Regelstudienzeit geblieben, und mein Anspruch ist es, das Studium auch in der Regelstudienzeit zu beenden. Ich mache mir da aber keinen Stress. RUNNING: Bleibt dabei Zeit für Hobbys? Hering: Tendenziell mache ich auch mal andere Sportarten gerne. So habe ich im Frühjahr das Tennisspielen für mich wiederentdeckt. Es ist aber stets eine Frage der Zeit. RUNNING: Kürzlich wurden die Normen für die Teilnahmen der Leichtathleten an den Olympischen Spielen in Rio gesenkt. Wie siehst Du diese Entscheidung? Hering: Also erst mal sehe ich das positiv. Ich denke, der große Vorteil dieser Normanpassung ist, dass man nicht in die schnellen Rennen reinkommen muss, um die Normen zu laufen. So ist es nun möglich, auch bei einem kleineren Sportfest diese Zeiten zu laufen. RUNNING: Wenn wir schon beim Thema Rio sind, was sind Deine konkreten Ziele für dieses Jahr? Hering: Die Sommersaison habe ich, ehrlich gesagt, noch nicht so im Kopf. Aber nach der Hallensaison wird es dann ganz schnell gehen, bis Rio kommt. Natürlich möchte ich bei den Spielen starten und mich da möglichst gut verkaufen. Ich würde mich gerne, wie bei der Weltmeisterschaft in Peking, für das Halbfinale qualifizieren und dort mit voller Leistungsfähigkeit starten. RUNNING: Dann drücken wir Dir die Daumen, dass es genau so kommt.

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