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Altstadtgeflüster Magazin zur Stadterneuerung der Westlichen Altstadt in Flensburg | Nr. 1 - Juli 2016

Anlass und Ziel

Der Leiter des Fachbereichs Entwicklung und Innovation der Stadt Flensburg Dr. Peter Schroeders erläutert … S. 2

Draufgeschaut:

Die Westliche Altstadt – Das Untersuchungsgebiet wird vorgestellt … S. 3

Das sollten Sie wissen

Was erwartet Sie eigentlich als Eigentümer einer Immobilie im Untersuchungsgebiet? S. 5

Die wichtigsten Begriffe, Schritte und Erklärungen Sperrige Fachbegriffe für Sie erklärt… S. 6

Mein Lieblingsplatz

Vier Flensburger/innen stellen ihren Lieblingsplatz in der Westlichen Altstadt vor… S. 10

Ansprechpartner

Wir beraten Sie gerne! Kontaktdaten für eine kompetente Beratung auf S. 14 Foto: © complan Kommunalberatung

Einladung zur 1. Informationsveranstaltung am Dienstag, 19. Juli 2016, 19.00 Uhr Mit den Vorbereitenden Untersuchungen beginnt ein Prozess zur städtebaulichen Weiterentwicklung der Westlichen Altstadt Flensburgs. Wir wollen Ihnen an diesem Termin den anstehenden Prozess erläutern. Ziel der Sanierung ist es, die Westliche Altstadt auch weiterhin als attraktiven Wohn-, Arbeits- und Handelsstandort zu erhalten. Wir laden Sie herzlich ein, sich im Rahmen dieser Vorbereitenden Untersuchungen zu informieren und zu beteiligen! Ort der Veranstaltung: St.-Nikolai-Kirche ● Nikolaikirchhof 8 ● 24937 Flensburg


Liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Flensburg, die Altstadt Flensburgs ist ein Beispiel kontinuierlicher städtebaulicher Gestaltung seit dem frühen 13. Jahrhundert. Historische Strukturen und eine wertvolle historische Bausubstanz prägen das Bild der Altstadt, eine Besonderheit sind die vielen alten Kaufmannshöfe. Ziel ist es, dieses Erbe zu erhalten und zukunftsfähig zu gestalten. Mit der Aufnahme des Gebietes „Westliche Altstadt“ in das Städtebauförderprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ im Jahr 2015 ist ein entscheidender Grundstein für die weitere Entwicklung des Gebietes gelegt, denn durch die Aufnahme in das Förderprogramm erklären sich der Bund und das Land Schleswig-Holstein bereit, konkrete Maßnahmen mit Fördergeldern zu unterstützen. Um eine Beurteilungsgrundlage und Empfehlungen für den Umfang und die Art des zukünftigen Fördergebiets zu erhalten, ist eine Vorbereitende Untersuchung (VU) notwendig. Im Rahmen einer Bestandsaufnahme werden nun der Ist-Zustand der „Westlichen Altstadt“ unter die Lupe genommen, aber auch Straßen und öffentliche Plätze untersucht und bewertet. Dieses wird in den kommenden Monaten durch die Büros complan Kommunalberatung GmbH (Potsdam) und Urbanus GbR (Lübeck) durchgeführt. Zudem sind Bürgerbeteiligung und Transparenz ein wichtiger Baustein jeder Stadtentwicklung. Städte sind für Menschen und ihre Bedürfnisse zu gestalten. Wir möchten Sie daher herzlich einladen, mit uns in diesen Prozess einzusteigen und Sie zu aktiver Mitgestaltung und Mitbestimmung im Rahmen von Informationsveranstaltungen und Befragungen auffordern! Ich freue mich auf Ihre Teilnahme und hoffe auf eine anregende Diskussion und viele interessante Beiträge, die zur Verbesserung und zum Erhalt der Westlichen Altstadt beitragen. Mit herzlichen Grüßen Dr. Peter Schroeders Fachbereichsleiter Entwicklung und Innovation

Foto: © Eiko Wenzel

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Der Südermarkt (Foto: © Eiko Wenzel) ist einer der beiden Hauptplätze der Flensburger Innenstadt.

Der Südermarkt Der Südermarkt, der im Jahr 1300 planmäßig als quadratischer Platz angelegt wurde, erlangte schnell eine größere Bedeutung als der eigentlich ältere Nordermarkt. Durch Abbrüche an der Nordseite des Markts, im 19. zum 20. Jahrhundert, wurde der Platz deutlich größer. Hinzu kam der Durchbruch der heutigen Dr.-Todsen-Straße, die nach 1927 als Verbindungsstraße zum Bahnhof angelegt wurde. Versuche, diese Veränderungen zu reparieren, sind bislang fehlgeschlagen. Besonders das Toilettengebäude zwischen Markt und Kirche wird von vielen als unpassend empfunden. Die Aufenthaltsqualität des wichtigsten historischen Platzes der Stadt ist verbesserungswürdig.

Karte des Untersuchungsgebietes

Signifikante Achse, die Rathausstraße. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Draufgeschaut: Die Westliche Altstadt Bei einem Blick auf die Karte lässt sich das Untersuchungsgebiet gut erkennen: Das Gebiet umfasst den zentralen Teil der historischen Altstadt auf dem Westufer der Förde und erstreckt sich zwischen der Neuen Straße im Norden und dem Deutschen Haus bzw. dem Neumarkt im Süden. Im Westen reicht das

Gebiet bis zum Norder- bzw. Südergraben und im Osten bis zur Schiffbrücke, bis zum WillyBrandt-Platz, der Speicherlinie, zur Knud-Laward-Straße und zum Reismühlenhof. Im Süden gehören auch die Bereiche um die untere Angelburger Straße, die Dr.-Todsen-Straße, die Rote Straße und den Klostergang dazu.

Die Rathausstraße In den mittelalterlichen Stadtgrundriss Flensburgs wurde planmäßig erst in den 1850er Jahren eingegriffen, als die Rathausstraße zwischen dem spätmittelalterlichem Rathaus am Südende der Großen Straße und dem damals neu errichteten Bahnhof am östlichen Ende neu angelegt wurde. Das Rathaus und den Bahnhof gibt es heute nicht mehr, dennoch zeigt sich die Straße weiterhin als signifikante Achse des 19. Jahrhunderts.

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Geselliges beisammensein auf dem Nordermarkt. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Der Nordermarkt

Die Ursprünge der Stadt Flensburg finden sich in diesem Gebiet und sind noch heute erkennbar. Die beiden historischen Zentren der Stadt, der Nordermarkt mit der St.-Marien-Kirche und der Südermarkt mit der St.- Nikolai-Kirche, sind durch den alten Hauptstraßenzug Holm/Große Straße miteinander verbunden. Diese beiden Hauptstraßen mit ihren leichten Verengungen und Aufweitungen stellen ein besonderes Merkmal des alten Flensburgs dar. Auf beiden Seiten des Straßenzuges sind die langgestreckten, schmalen Parzellen erhalten, die früher durchweg mit

giebelständigen Vorderhäusern bebaut waren. Auf den Grundstücken dahinter sind oft noch schmale Hofflügel und Speicher erhalten. Unzählige alte Kaufmannshöfe gibt es heute im Untersuchungsgebiet, einige sind vorbildlich saniert, andere weisen allerdings einen schlechten Gesamtzustand auf. Die Angelburger Straße im Süden des Gebietes ist die zweite alte Hauptstraße und verbindet den Südermarkt mit einem vorstädtischen Bereich Alt-Flensburgs auf dem Ostufer der Förde. Seit den 1960er Jahren siedelten sich vor allem im Bereich am Holm zwischen Rathausstraße und Süder-

Im Gegensatz zum Südermarkt hat der Nordermarkt seine mittelalterliche Grundform bis heute bewahrt. Als Platz der ersten Stadtgründung auf dem Westufer der Förde entstand er vermutlich im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts. Im Norden grenzt hinter einer kleinen Häuserzeile mit Bauten aus dem 17. und 18. Jahrhundert der Marienkirchhof an.

Der Nordermarkt (Foto: © complan Kommunalberatung) - einer der Hauptplätze der Flensburger Innenstadt.

Blick in den Hof der Speicherlinie 36. (Foto: © complan Kommunalberatung)

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markt große Einzelhandelsunternehmen an, was in der Vergangenheit zu Verlusten historischer Bausubstanz und einem Rückgang der Wohnbevölkerung führte. Gegenwärtig leben im Gebiet der Westlichen Altstadt etwa 1.800 Personen. Das Untersuchungsgebiet hat nicht nur große städtebauliche Bedeutung für Flensburg, sondern liegt auch an der wichtigsten Schnittstelle im Flensburger Verkehrssystem. So ist der Südermarkt neben dem östlich an das Projektgebiet angrenzenden Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) der wichtigste Bezugspunkt für den öffentlichen Personennahverkehr

(ÖPNV) zur Anbindung der Altstadt und zugleich ein wichtiger Umsteigeknoten im Flensburger Busnetz. Im Straßennetz laufen hier wichtige Hauptverkehrsstraßen zusammen. Der Straßenzug Friedrich-Ebert-Straße – Süderhofenden ist mit mehr als 30.000 Kraftfahrzeugen am Tag eine der am stärksten belasteten Straßen in Flensburg. Entsprechend negativ sind die Auswirkungen auf die Aufenthaltsqualität sowie die Lärm- und Schadstoffbelastungen.

Der Westindienspeicher gehört zu den Kulturdenkmalen der Stadt Flensburg. (Foto: © Eiko Wenzel)

Die Kaufmannshöfe

Insbesondere in den Kaufmannshöfen ist der Sanierungsbedarf sehr hoch - hier am Beispiel der Großen Straße 73. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Das sollten Sie wissen Wer ein Gebäude oder eine Wohnung in dem Untersuchungsgebiet Westliche Altstadt besitzt, wird von den Mitarbeiter/ innen des Fachbereiches Entwicklung und Innovation der Stadt Flensburg um Beteiligung am Entwicklungsprozess und um besondere Unterstützung gebeten. Der Eigentümerfragebogen, den Sie mit der Zusendung der Sanierungszeitung erhalten haben, sollte bis spätestens Montag, dem 01. August 2016, vollständig ausgefüllt an die Stadt Flensburg zurückgesendet oder bei der Stadtverwaltung abgegeben werden. Hierzu verpflichtet der § 138 des Baugesetzbuchs sogar. Selbstverständlich werden alle Angaben, die im Rahmen der Vorbereitenden Untersuchungen (kurz VU)

gemacht werden, vertraulich behandelt und ausschließlich für diesen Zweck verwendet. Außerdem könnte die Durchführung der VU Einschränkungen bei anderen Bauvorhaben nach sich ziehen, da gemäß § 15 des Baugesetzbuchs während der VU Vorhaben, wie zum Beispiel der Bau oder Abriss von Gebäuden jeglicher Art, zurückgestellt werden können. Für den Fall, dass im weiteren Verlauf Teile des Untersuchungsgebietes als Sanierungsgebiet ausgewiesen werden, besteht die Möglichkeit, im Rahmen der entsprechenden Richtlinien Fördermittel für private Maßnahmen zu erhalten sowie Steuererleichterungen gemäß §§ 7 h, 10 f und 11 a des Einkommenssteuergesetzes (EStG) geltend zu machen.

Typisches Merkmal der zahlreichen Kaufmannshöfe ist die Staffelung von an das Vorderhaus anschließenden Saalbauten mit repräsentativen Wohnräumen und weiteren, zurückgesetzten Seitenflügeln, die als Wirtschafts- und Lagergebäude dienten. Zu erkennen ist dies beispielsweise am Hof Holm 19-21, der eindrucksvoll ein Bild des 16. Jahrhunderts vermittelt. Auch der sogenannte Holmhof, zwei besonders reich ausgebildete Kaufmannshöfe an der Ostseite des Holms (Nr. 43 und 45), weist diese charakteristische Staffelung auf. Von der großen Bedeutung des Westindienhandels für die Stadt Flensburg im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert erzählt der Hof des Kaufmanns Andreas Christiansen mit einem fünfgeschossigen Zuckerspeicher von 1789 („Westindienspeicher“)

Der Kaufmannshof Große Straße 34. (Foto: © complan Kommunalberatung)

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Die St.-Nikolai-Kirche ist in Flensburg die größte Hauptkirche. Der Bau wurde 1380 begonnen und 1490 fertiggestellt. Der fast 90m hohe Kirchturm wurde 1879 errichtet, nachdem der Vorgänger durch einen Blitzschlag im Jahre 1877 zerstört wurde. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Die wichtigsten Begriffe, Schritte und Erklärungen Das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz Das Bund-Länder-Programm Städtebaulicher Denkmalschutz richtet sich insbesondere an bau- und kulturhistorisch wertvolle Stadtquartiere – wie die Westliche Altstadt in Flensburg. Der Erhalt, die Sicherung und Weiterentwicklung von Einzeldenkmalen und erhaltenswerten Gebäuden, historischen Ensembles, Straßen und Plätzen sind wesentliche Ziele des Programms. Mithilfe der Städtebauförderung sollen die denkmalwerten Gebäude in ihrer

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baulichen Geschlossenheit erhalten und zukunftsweisend weiterentwickelt werden. Mit den Vorbereitenden Untersuchungen beginnt daher ein Prozess zur städtebaulichen Weiterentwicklung. Gemeinsam mit den Bürger/innen des Quartiers soll in die Zukunft geblickt werden, damit die Westliche Altstadt auch weiterhin ein attraktiver Wohn-, Arbeits- und Handelsort bleibt. Wird das Gebiet in die Förderung aufgenommen, können Fördermittel zur Entwicklung des Gebietes bezogen werden – sowohl durch die Kommune, als auch durch Wohnungsunternehmen oder andere private Akteure. Auch einzelne Hauseigentümer/

innen haben die Chance, eine Förderung für beispielsweise fachgerechte Erneuerungsmaßnahmen am Gebäude zu erhalten, sofern dadurch das optische Erscheinungsbild des Quartiers positiv beeinflusst wird.

Infos zum Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz können hier abgerufen werden: www.staedtebaulicher-denkmalschutz.de oder www.staedtebaufoerderung.info


Innenansicht des Eckenerhauses. (Foto: © Eiko Wenzel)

Das Eckenerhaus

Vorbereitende Untersuchungen nach § 141 (BauGB) Die Vorbereitenden Untersuchungen müssen durchgeführt werden, damit die Fördermittelgeber über eine Bewertungsgrundlage verfügen, die die Notwendigkeit und den genauen Einsatz der Fördermittel zeigen. Das ist nach § 141 Baugesetzbuch zwingend notwendig. In der VU wird zunächst der Ist-Zustand analysiert, wofür eine Datenerhebung und -bewertung erforderlich ist. Darauf aufbauend werden städtebauliche Missstände, aber auch Stärken und Potenziale im Untersuchungsgebiet aufgezeigt.

Fördergebiet Eine Voraussetzung für die Städtebauförderung ist die Ausweisung eines klar abgegrenzten Fördergebietes. Empfehlungen für Umfang und Art des zukünftigen Fördergebietes werden mit Abschluss der VU gegeben. Dies

erfolgt nach den gesetzlichen Grundlagen des Besonderen Städtebaurechts sowie der Städtebauförderrichtlinie des Landes Schleswig-Holstein. Entweder wird das Gebiet als Erhaltungsgebiet gemäß § 172 Absatz 1 Nr. 1 BauGB oder als Sanierungsgebiet (im vereinfachten oder umfassenden Verfahren) gemäß § 142 BauGB ausgewiesen.

Das Eckenerhaus geht in seinen ältesten Teilen auf das 15. Jahrhundert zurück. Hinter der stattlichen spätbarocken Fassade verbirgt sich ein Vorderhaus, das noch gotisches Mauerwerk aufweist. Die beiden Rückflügel des Kaufmannshofes stammen aus dem 16. Jahrhundert. Der Luftschiffer Hugo Eckener, der 1924 die erste Atlantiküberquerung mit einem Zeppelin schaffte, und der Maler und Grafiker Alexander Eckener wuchsen in diesem Haus auf. 1914 wurde das Haus vom Verein „Alt-Flensburger-Haus“ saniert, museal eingerichtet und als Denkmal bürgerlicher Wohnkultur gestaltet. 1973 übernahm die Stadt Flensburg das Gebäude, weil es der Verein nicht mehr unterhalten konnte. Die Stadt verkaufte es 2004 wieder. Im Winter 2010/11 erlitt das Gebäude einen Wasserschaden. Zurzeit steht es leer und bedarf dringend einer Instandsetzung.

Integriertes Entwicklungskonzept Mit der Bestandsbewertung der VU als Grundlage wird ein „Integriertes Entwicklungskonzept“ erstellt. Dieses stellt zum einen den allgemeinen Rahmen für die zukünftige Entwicklung der Westlichen Altstadt dar, zum anderen zeigt es konkrete Handlungsempfehlungen für die Förderung von einzelnen Maßnahmen und Projekten auf. Hierzu können neben der zukunftsfähigen Gebäudesanierung beispielsweise auch die Barrierefreiheit im Außenraum, eine Erneuerung der Straßen oder die Schaffung von Sitzmöglichkeiten oder Spielgelegenheiten im öffentlichen Raum zählen.

Diele des Eckenerhauses. (Foto: © Eiko Wenzel)

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Das Deutsche Haus ist ein Versammlungs- und Veranstaltungshaus im Zentrum Flensburgs (Foto: © complan Kommunalberatung)

Das Deutsche Haus Das Deutsche Haus am südlichen Rand des Untersuchungsgebietes wurde in den Jahren 1928 bis 1930 errichtet. Anlass war, dass sich die Mehrheit der Wahlberechtigten im Rahmen der Volksabstimmung von 1920 für die weitere Zugehörigkeit der Stadt Flensburg zu Deutschland entschieden hatte. In der Folgezeit gab es einen kulturellen Wettstreit zwischen dänischer Minderheit und deutscher Mehrheit. Auf deutscher Seite wollte man auch ein Veranstaltungshaus errichten, nachdem die dänische Minderheit im Flensborghus bereits einen neuen kulturellen Mittelpunkt geschaffen hatte. Die Weimarer Republik stellte der Stadt daraufhin eine Million Reichsmark für den Bau eines Kulturzentrums zur Verfügung. Architekturgeschichtlich nimmt der Bau, der nach der Planung des Magistratsbaurats Paul Ziegler und des Stadtarchitekten Theodor Rieve errichtet wurde, eine interessante Stellung zwischen dem Funktionalismus und den regionalen Formen des Backsteinexpressionismus ein. Das Gebäude ist heute als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung anerkannt.

Der Saal beeindruckt durch seine imposante Bauweise. (Foto: © Eiko Wenzel)

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Ein kleines inhabergeführtes Geschäft in der Großen Straße. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Einzelhandelsuntersuchung Ein weiterer Bestandteil der Vorbereitenden Untersuchungen ist die Analyse der bestehenden Einzelhandelssituation. Infolge der Ausweisung als Oberzentrum sowie durch die günstige Lage an der deutsch-dänischen Grenze kommt dem Einzelhandelsangebot in Flensburg eine überregionale Bedeutung zu. Die Westliche Altstadt ist laut aktuellem Einzelhandelskonzept zentraler Bestandteil des Hauptzentrums und Zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt und damit der wichtigste Einzelhandelsstandort in Flensburg. Maßnahmen zur Stadterneuerung

bilden einen wichtigen Rahmen um die Innenstadtattraktivität auch für Einzelhändler und Gewerbetreibende zu stärken. Die strukturell unterschiedlichen Lagen in der Altstadt mit dem von Filialunternehmen und großflächigem Einzelhandel dominierten Holm sowie der vorwiegend kleinteiligen und inhabergeführten Ladenstruktur in der Großen Straße erfordern dabei eine differenzierte Betrachtung und Vorgehensweise. Eine wichtige Fragestellung ist zudem die Identifikation von Entwicklungspotenzialen der zahlreichen historischen Kaufmannshöfe.

Die Flensburg-Galerie gehört zu den großflächigen Einzelhandelsimmobilien in der Flensburger Innenstadt. (Foto: © complan Kommunalberatung)


Der Hochbau wurde als Kontrast zu den älteren, historischen Bauwerken in der Altstadt Flensburg entworfen. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Das Rathaus Der Südermarkt als wichtiger Knotenpunkt für den Flensburger Busverkehr. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Verkehrskonzept Im Rahmen der Vorbereitenden Untersuchungen wird eine Verkehrsuntersuchung durchgeführt. Die vorgesehene städtebauliche Aufwertung der Westlichen Altstadt berührt deutlich die Interessenlagen des Verkehrs insbesondere des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und bedarf deshalb eines integrierten Planungsansatzes, bei dem die verkehrlichen Anforderungen angemessen untersucht, dargestellt und berücksichtigt werden. Aufgrund der komplexen Rahmenbedingungen und Verflechtungen strahlen Aktivitäten in Bezug

auf den Untersuchungsraum unmittelbar auf die benachbarten Bereiche aus, unter Umständen sogar auf das gesamtstädtische Verkehrssystem. Zentrale Fragenstellungen für die Verkehrsplaner sind die künftige Führung des städtischen und regionalen Busverkehrs mit den zugehörigen Haltestellen, die Förderung der „Nahmobilität“ aus Fuß- und Radverkehr, die Organisation des ruhenden Verkehrs (Parkplätze und Parkhäuser) sowie die Festlegung von Führungen für den Kraftfahrzeugverkehr und den Lieferverkehr. Gemeinsam mit den Stadtplanern werden aber auch die Themen Aufenthaltsqualität und Barrierefreiheit behandelt.

Am Südwestrand der Altstadt entstand von 1961 bis 1964 ein neues Rathaus. Über einem viergeschossigen Sockelbau ragt ein zwölfgeschossiges Bürohochhaus in die Höhe. Eine umfassende Sanierung in den Jahren 1995 bis 1997 führte zur heutigen Fassade aus gelb-orangenen und anthrazitfarbenen Terrakotta-Platten. Obwohl die Sanierung des Rathauses dieses Gebäude deutlich aufgewertet hat, blieben große Teile des Umfelds weiter städtebaulich unbefriedigend. Der „Rathausplatz“ ist heute kein Treffpunkt für Bürgerinnen und Bürger, sondern sondern nur ein Parkplatz für PKWs.

Die Heiliggeistkirche Die Helligåndskirken/Heiliggeistkirche wurde im Jahr 1386 für das Heilig-Geist-Hospital erbaut und ist heute Hauptkirche der dänischen Minderheit in Südschleswig.

Seit 1588 werden in der Kirche Gottesdienste in dänischer Sprache gehalten. (Foto: © Eiko Wenzel)

Die Friesische Straße muss dringend repariert werden. (Foto: © complan Kommunalberatung)

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Renate Delfs, Schauspielerin und Schriftstellerin, geb. 1925 in Flensburg und seit 14.03.2015 Ehrenbürgerin der Fördestadt. Renate Delfs engagiert sich für den Erhalt der plattdeutschen und der Petuh-Tanten-Sprache. Bekannt ist sie als Volksschauspielerin an der Niederdeutschen Bühne, überregionale Bekanntheit erlangte sie durch viele Fernsehrollen, u.a. bei „Donna Leon“, im „Tatort“ und „Da kommt Kalle“. Renate Delfs verrät uns Ihren Lieblingsplatz in der Westlichen Altstadt und schreibt über das „Alt-Flensburger-Haus“.

Die Rote Straße ist das „Schmuckkästchen“ von Flensburg. (Foto: © Eiko Wenzel)

Rote Straße Direkt angrenzend am Südermarkt befindet sich die Rote Straße. Sie war ein südlicher Zugang zur Stadt und wurde als Ausspann- und Absteigequartier genutzt. Damals – wie auch heute – hatten die Händler und Handwerker ihre Geschäfte und Werkstätten im Vorderhaus sowie im Hof untergebracht. Heute befinden sich in der Roten Straße rund 40 Geschäfte und Dienstleister verteilt auf 200 Metern und 5 Höfen und bieten Besuchern und Bewohnern und buntes Potpourri aus Gastronomie, individuellen Läden und Kunsthandwerk. Die Gebäude und Höfe wurden seit den 80iger Jahren aufwendig saniert und durch Neubauten ergänzt, die den historischen Straßenverlauf wieder herstellten.

Mein Lieblingsplatz: Der Nordermarkt! Hier kann man gleichzeitig die Altstadt mit ihren Giebelhäusern und den Blick auf den Hafen erleben. Flensburg und sein „Alt-Flensburger Haus“ In einem 1959 erschienen Bildband „Kunst und Geschichte“ findet man folgenden Text: „es war ein guter Gedanke einiger Bürger der Stadt, ein sehr schönes und wohlerhaltenes Haus, das Haus der Familie Eckener, das ein Beispiel alter Flensburger Wohnkultur, der Öffentlichkeit zu erhalten.“ 1975 war das Europäische Jahr des Denkmalschutzes, und die Landesregierung SH lobte unsere Stadt: „Mit dem Erwerb und dem Ausbau des Alt-Flensburger Hauses hat die Stadt Flensburg einen wesentlichen Beitrag zur Denkmalpflege geleistet.“ Der damalige Oberbürgermeister Adler eröffnete dieses „wertvolle Baudenkmal“ in der Hoffnung, dass dieses Haus für Geselligkeiten, Ausstellungen und sonstige Veranstaltungen das rege Interesse aller Mitbürger finden möge.“

Und was ist seitdem daraus geworden?

Foto: © Eiko Wen zel

auch Beschreibungen liest, wie dieses Haus ausgesehen hat und eingerichtet war. Es darf einfach nicht angehen, dass diese Kostbarkeit einfach verkommt! Nicht zuletzt handelt es sich auch um das Eltern- und Geburtshaus zweier berühmter Flensburger Söhne: Hugo Eckener (Zeppelin-Luftschiffer) und Alex Eckener (viel bekannter Graphiker und Maler). Und was könnte man mit diesen wunderbaren Räumen alles anfangen: die Volkshochschule könnte Kurse und Vorträge dort abhalten lassen, man könnte sicherlich einen Gastronomen finden, der dort ein Frühstückslokal einrichtet und die Erste Etage öffnen könnte für Familienfeste der Flensburger Bürger, man könnte alte Bilder und neue Filme über Flensburg zeigen, man könnte literarische Matineen im Parterre arrangieren, die Tourist-Information könnte eine Dependance unterhalten, Bilder alter und moderne Flensburger Maler …

Nordermarkt (© Eiko Wenzel)

s Man kann leider nirgends s Eckenerhause Frontansicht de l) ze en W etwas Verbindliches darüber (© Eiko Norderstr. 8/10 erfahren, wem dieses wertvolle Gebäude, dessen Baubeginn auf das 16. Jahrhundert zurückzuführen ist, nun gehört. Denkmalschutz geht nicht nur die BürInzwischen ist der Sanierungsbedarf erhebger an! Es lohnt jeden Einsatz, um auch lich, ein Wasserschaden hat schwere Schänachfolgenden Generationen noch den in den Kellergewölben angerichtet. Man zeigen zu können, was Flensburg für wird sehr traurig, wenn man Bilder sieht und eine wunderbare Stadt war und ist.

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Gorm Casper (45), Geschäftsführer der Tourismus Agentur Flensburger Förde GmbH, lebt seinen Traumjob: Er sorgt für die Vermarktung und Entwicklung dieser Region als attraktives Urlaubsziel. Hier geboren und aufgewachsen, sattelte er nach einem Soziologiestudium in Bielefeld auf Tourismus um. 2002 startete Casper beim Turistmarketing Sønderjylland, mit weiteren Stationen bei der Stadt Flensburg und der IHK Flensburg, bis er 2014 dann Flensburger „Tourismuschef“ wurde.

Mein Lieblingsplatz in der Westlichen Altstadt ist der Holmhof, mit seinen beiden imposanten Kaufmannshöfen. Hier kehre ich auf dem Heimweg aus dem Büro häufig zum Abendessen ein. Dort genieße ich dann entweder draußen die Ruhe und den Anblick der schmucken Fassaden oder drinnen unter dem urigen Kreuzgewölbe unsere Touristen beim Erleben der Stadt und ihrer Gastronomie.

Die Westliche Altstadt: Das touristische Herz der Stadt Hier boomt der Städtetourismus: Flensburg wird als Urlaubsziel immer beliebter, jedes Jahr legen die gewerblichen Übernachtungen um rund 10 Prozent zu. Mehr und mehr Urlauber und Tagestouristen besuchen diese Stadt, die sie als hübsche, aber sehr lebendige kleine Hafenmetropole mit skandinavischem Flair erleben. Neben der malerischen Hafenkulisse ist das Quartier der Westlichen Altstadt der touristische Magnet Flensburgs. Während landauf, landab die Innenstädte über Leerstand klagen, hat Flensburg hier einen besonderen Trumpf in der Hand: Das ganz besondere Erlebnis beim Shoppingbummel durch die einzigartige Attraktivität der Fußgängerzone. Seitdem diese neu gestaltet wurde, ist Flensburg touristisch Boomtown geworden. Besucher genießen in Scharen den Altstadtbummel und bewundern beim Flanieren die historischen Fassaden vieler Epochen. Inzwischen prägen die Touristen das Stadtbild zudem nicht nur im Sommer, fotografierend vor dem Porticus und auf dem Südermarkt oder die mediterrane Atmosphäre der gastronomischen Szene auf dem Nordermarkt genießend. Auch in der Nebensaison strömen die Gäste immer stärker nach Flensburg, insbesondere

s Dewanger Foto: © Marcu

in der Adventszeit, wo Flensburg frühzeitig ausgebucht ist: Dank des Weihnachtsmarktes in dieser unvergleichlichen Kulisse, der (gefühlt) halb Dänemark nach Flensburg zieht. Eine besondere Rolle nehmen bei der touristischen Anziehungskraft die vielen, für Flensburg so typischen, pittoresken Kaufmanns- und Handwerkerhöfe ein. Diese Höfe laden zum Entdecken und Verweilen ein, bieten Oasen der Ruhe und sind ein Schatz, der besonders in der Roten Straße erfolgreich gehoben wurde, so dass sie bei Touristen als „Flensburgs Schmuckkästchen“ gilt. Hier gibt es für Flensburg noch ein enormes Potenzial zu heben, denn viele Höfe verkaufen sich weit unter Wert oder sind gar gänzlich ungenutzt - darunter Sanierungsfälle, wo sich ein Engagement auf den ersten, oft auch den zweiten Blick wirtschaftlich nicht lohnt. Die Rote Straße zeigt das Potenzial: Wie belebt die Höfe sein können, welche Vielfalt von Gewerben sich erfolgreich in diesen wunderschönen „Hinterhöfen“ etablieren kann. So manche derzeit noch unentwickelten Kaufmannshöfe ließen sich beispielsweise durch eine Verbindung zum Nachbarensemble wohl ebenso beleben.

Hof Holm 45 (©

Neptunhof (Große Straße 77/79) mit Läden und Gastronomie. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Die Große Straße Beiderseits der Großen Straße ist auf den schmalen Parzellen die für die Stadt typische Hofbebauung erkennbar. Es lassen sich allerdings Unterschiede erkennen: Die Grundstücke auf der Westseite sind weniger tief als auf der Ostseite, die zudem einen Anschluss an den Hafen aufweisen und sich früher auch hinsichtlich der Bewohnerschaft unterschieden. Während auf der Westseite Handwerker und Kleinkaufleute ansässig waren, fand man auf der Ostseite der Straße eher die Großkaufleute. Die große Tiefe der Grundstücke auf der Ostseite erschwerte eine Nutzung erheblich, sodass in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre eine neue Erschließungsstraße im Inneren des Blockes angelegt wurde. Sie folgt dem Verlauf der historischen Querspeicher der Kaufmannshöfe und erhielt daher den Namen „Speicherlinie“. Die zwischen den historischen Speicherbauten vorhandenen Lücken und die gesamte Ostseite wurden seit den späten 1970er Jahren neu bebaut.

Eiko Wenzel)

Der Trend zum Städtetourismus und die große Beliebtheit Flensburgs bei unseren nördlichen Nachbarn spielt uns dabei in die Hand: Eine weitere Attraktivierung der Westlichen Altstadt würde den Zuspruch der Gäste nochmals sehr stark beflügeln!

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Anja Christina Werthebach, geb. 1967 und aufgewachsen in bescheidenen Verhältnissen in Büdelsdorf, hat in den letzten 20 Jahren als Technikübersetzerin und Dokumentalistin im In- und Ausland gearbeitet. „Wichtig sind mir meine Familie und Freunde, Entschleunigung und Konzentration und ganz besonders die Freiheit, tun und lassen zu können, was ich will“, sagt die engagierte Frau, die seit 2015 Eigentümerin des Brasseriehofes ist und dort einen nicht-kommerziellen interkulturellen Treffpunkt aufbaut.

Foto: © privat

Das Kompagnietor ist eine der Sehenswürdigkeiten am Hafen. (Foto: © complan Kommunalberatung)

Das Kompagnietor Das in den Jahren 1602 bis 1604 errichtete Kompagnietor (Schiffbrücke 12) hatte drei Funktionen: Es war repräsentatives Stadttor an der Schiffbrücke, Stadtwaage und Schiffergildehaus mit einem Festsaal im Obergeschoss. Später war das Haus Hafenamt, heute ist es Sitz des 1996 gegründeten European Centre for Minority Issues (ECMI). An der Fassade lassen sich – wie auch bei anderen Bauwerken der Renaissance – farbige Schichtenwechsel von roten und gelben Ziegeln erkennen.

In den Brasseriehof habe ich mich auf den ersten Blick verliebt, als ich in den Flensburger Höfen spazieren ging. Es war die schöne Fassade, die mir sofort ins Auge sprang.

Mein Lieblingsplatz ist der Platz vor meiner Haustür, da ich in „meinem“ Hof gleichzeitig im Wohnzimmer und mitten in der Innenstadt sein kann, zwischen Großer Straße und Hafen. Ich möchte mit dem Hof gerne dazu beitragen, dass die westliche Altstadt wieder attraktiver wird. Vielleicht ist es eine Möglichkeit, dass wir aus der nördlichen westlichen Altstadt ein kulturelles Zentrum machen, mit alten Gewerken, Veranstaltungsräumen für Konzerte, Lesungen oder Ausstellungen, mit attraktiven Ateliers und Begegnungsstätten zwischen Eigentümern, Gewerbetreibenden, Kulturschaffenden und Besuchern (egal ob Flensburger oder Gäste), die an einer lebendigen Innenstadt interessiert sind. Es freut mich, dass es dafür Förderinstrumente gibt, die den Eigentümern helfen können, ihre Höfe auf Vordermann zu bringen.

Es ärgert mich aber, dass einige Eigentümer, wie in- und ausländische Immobiliengesellschaften, bei denen manchmal denkmalgeschützte Objekte im Portfolio landen, nicht an der Entwicklung der westlichen Innenstadt interessiert sind, sondern die Höfe als Anlage- und Renditeobjekte kaufen, ohne dabei die sinnvolle Entwicklung sowohl des Hofes als auch der Nachbarschaft zu beachten.

Brasseriehof (©

Eiko Wenzel)

Ich wünsche mir, dass alle Beteiligten miteinander ins Gespräch kommen und im Kontakt bleiben, um in der westlichen Innenstadt etwas zu bewegen. Wenn Stadtverwaltung, Denkmalschützer, Tourist-Agentur, Gewerbetreibende, Kulturschaffende und viele weitere Menschen an einem Strang ziehen, dann muss es einfach weiter aufwärts gehen mit unserem Viertel.

Plakativ: Westliche Altstadt Im Rahmen des Tages der Städtebauförderung wurde ein Plakat erarbeitet, welches eine kleine Auswahl der einzigartigen historischen Zeugnisse der Flensburger Baukultur aufzeigt.

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Das Plakat mit Motiven aus der Westlichen Altstadt ist im Technischen Rathaus kostenlos erhältlich: Am Pferdewasser 14 in 24937 Flensburg.


Johannes Ahrens (49) bekleidet seit Oktober 2013 das damals neu geschaffene Amt eines Flensburger „Stadtpastors“. Das Stadtpfarramt hat die Aufgabe, die beiden großen Kirchen am Süder- und Nordermarkt, St. Nikolai und St. Marien, in ihrer Zusammenarbeit zu unterstützen sowie neue Formen von Kooperation mit Partnern aus Kultur, Politik und Wirtschaft zu erproben. Johannes Ahrens hat unsere Bitte, etwas Persönliches zur Westlichen Altstadt zu sagen und seinen Lieblingsplatz zu verraten, in einem Text vereint.

Mein Lieblingsplatz ist mein Arbeitsplatz. Im historischen „Schrangen“ befindet sich nämlich mein Büro.

Foto: © Marcus Dewanger

Polizei-Wachstube oder sogar Amtssitz des Ratsdieners. Wer hier schon alles ein- und ausgegangen ist? Mit welchen Hoffnungen, Befürchtungen, Neuerwerbungen oder amtlichen Bescheiden haben Menschen dieses Gebäude betreten oder verlassen?

Ich liebe dieses Haus auch deshalb, weil es für mich mit seinen beiden angrenzenden Der Ort passt zu den Aufgaben eines Stirnseiten die zwei Aspekte des christlichen Flensburger Stadtpastors, finde ich. Und Glaubenslebens versinnbildlicht: Mit dem das nicht nur, weil es sich bei dem Gebäude bis heute lebendigen Nordermarkt und um das älteste noch erhaltene Bauwerk seinem Neptunbrunnen, den vielen Tischen der Stadt handelt, das kein Sakralgebäude im Sommer und den herrlichen Cafés und ist. Sondern auch wegen seiner Lage, die Kneipen spürt man hier das pralle Leben: genau zwischen Kirche und Öffentlichein fröhliches Miteinander, vertrauliches Tukeit, in diesem Fall der St. Marien-Kirche scheln unter Freunden, Geschäftsverhandund dem Nordermarkt, angesiedelt ist. lungen in der Mittagspause. In der Sprache unserer Glaubenstradition nannte man Jeden Morgen inspiriert mich die Vorsteldas: „vita activa“. Und zur anderen Seite hin lung, dass es sich bei dem Arkadengang um öffnet sich der Marienkirchhof mit seiner eine Art frühneuzeitlichen Vorläufer unserer Kirche. Im Sommer lädt sie wochentags um heutigen Einkaufspassagen handelt. Bis 12.00 Uhr ein zu viertelstündigen Andachten heute stellen sich Menschen, von einem mit kurzen Lesungen, einem Moment der plötzlichen Regenschauer überrascht, zwiStille und einem musikalischen Impuls, um schendurch hier gerne unter und sich für einen Moment harren unter den herunterzuspulen und Bögen aus, während zu besinnen. Dazu sie sich lebhaft über die Gottesdienste, die Unbilden einer niveauvolle KirchenWetterkapriole ausmusik wie aktuell tauschen. Offenbar den „Orgelsommer“ war es in Flensburg oder andachtliche schon früher so, dass „Atempausen“ in es sich überdacht der Passions- und komfortabler einkauAdventszeit. Zufen ließ. Hier wurden sammen ergeben l) auf Tischen oder sie das Kontemze ko Wen hrangen (© Ei Sc Bänken (=„Schrangen“) plative des Lebens, Brot oder Fleisch zum die „vita contemplativa“. Die BaVerkauf angeboten. Auch als Kirche sind lance zu finden zwischen diesen beiden wir längst zu einem Mitbewerber auf dem Lebenspolen ist eine nach wie vor aktuelle Markt der Heilsversprechen geworden Lebensaufgabe, und genau daran erinnert und unterbreiten unsere Angebote der mich dieses schöne Haus jeden Tag. Was Öffentlichkeit. Heute finden sich hier der für ein Privileg hier arbeiten zu dürfen! Eine-Welt-Laden, Versammlungsräume und Unterrichtsräume der Kirchengemeinde, P.S.: Übrigens soll es früher hier auch einen deren Kirchenbüro sowie die Büroräume Pranger gegeben haben; manche halten die von Stadtpastor, Stadtkantor und ÖffentÖse im Mauerwerk für ein entsprechendes lichkeitsarbeit des Kirchenkreises. In den Relikt. Ein willkommener Anlass für das Jahrhunderten dazwischen war der SchranStadtpfarramt, auf einer kleinen Schiefergen abwechselnd Wohnung, Buchhandlung, tafel aktuelle Themen anzu“prangern“.

St.-Marien-Kirche (Foto: © Eiko Wenzel)

Die St.-Marien-Kirche Die älteste gemalte Stadtansicht Flensburgs ist in der St.-Marien-Kirche zu finden – und zwar auf dem Epitaph des herzoglichen Sekretärs Georg Beyer von 1591.

Ausschnitt aus dem Beyerschen Epitaph (1591), auf dem links die Nikolaikirche, rechts die Heiliggeistkirche zu erkennen ist. (Foto: © Eiko Wenzel)

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Wer hilft bei Fragen? Kathleen Bierbaß complan Kommunalberatung GmbH Voltaireweg 4 14469 Potsdam Fon: 0331/20 151-0 Fax: 0331/20 151-11 kathleen.bierbass@complangmbh.de

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Luftbild der Westlichen Altstadt in Flensburg (Foto: Š Eiko Wenzel)

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Fachwerkhäuser in der Marienstraße. (Foto: © complan Kommunalberatung)

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