MAG 59: La forza del destino

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MAG 59

Hibla Gerzmava singt Leonora


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Editorial

Eine böse Spieluhr Verehrtes Publikum, in jeder Spielzeit präsentieren wir Ihnen die Neuproduktion eines Werkes von Giuseppe Verdi. Das ist ein programmatischer Eckpfeiler unserer Spielplangestaltung, denn die künstlerische Leitung des Opernhauses mit Intendant Andreas Homoki und General­ musikdirektor Fabio Luisi an der Spitze verbindet eine grosse Leidenschaft für die musiktheatralische Genialität und Modernität des italienischen Komponisten. Mit La forza del destino, die am 27. Mai Premiere hat, haben wir es allerdings mit einer VerdiOper zu tun, die den künstlerisch Beteiligten – mehr als viele andere – allergrössten Respekt einflösst. Extrem sind die sängerischen Ansprüche in den Hauptpartien. Komplex ist die Aufgabe für Regisseur und Dirigent, die patchworkartige Handlung mit ihren sprunghaft wechselnden Spielorten, raumgreifenden Chorpassagen sowie die tragischen und grotesken, emotional packenden und komischen Elemente zu einem kohärenten Ganzen zusammenzuzwingen. An La forza del destino wird bis heute gerne das buntscheckig Krude und Un­ glaubwürdige des Spielgeschehens kritisiert – als ob Verdi je an einem vordergründi­ gen Realismus in seinen Opern interessiert gewesen wäre. Seine Theatralität folgt einem fast schon filmschnittartigen szenischen Denken und setzt bewusst auf starke Kontraste, Brüche und Montagecharakter. So ist es auch in La forza del destino. Das Werk fügt sich geradezu revueartig zu einem abgründigen Welttheater, das sich wie eine böse Spieluhr zu drehen scheint. Alle Figuren sind ihrer Mechanik aus­ geliefert. Unerbittlich schnurrt sie ab und mündet in die Katastrophe. Typisch Verdi. Auch dass das Unwahrscheinliche in Form eines versehentlich ausgelösten, tödlichen Revolverschusses das Mahlwerk des Verhängnisvollen in Gang setzt, kennen wir von dem Italiener. Verdi, im eigenen Leben von Schicksalsschlägen schwer gebeutelt, war Antikleriker im katholischen Italien. Er zweifelte an einer übergeordneten Sinnhaftig­ keit des Daseins. In seinem Otello lässt er Jago singen: «Ich glaube, dass der Mensch Spielball des ungerechten Schicksals ist, vom Keim der Wiege bis zum Wurm des Grabes. Nach all diesem Spott kommt der Tod. Und dann? – Der Tod ist das Nichts, und eine alte Lüge der Himmel.» Solche nihilistische Daseinsschwärze, die sich auch über La forza del destino legt, hat Verdi freilich nie daran gehindert, die Zuhörer mit grossartigen Arien, Duetten und Chorpartien in seinen Opern zu entlohnen. La forza del destino ist ein Werk für ausgefuchste, metiersichere Könner ihres Fachs in allen künstlerischen Bereichen, und wir sind sicher, dass sich mit Fabio Luisi am Dirigentenpult und Andreas Homoki als Regisseur, mit Hibla Gerzmava als Leo­ nora, Marcelo Puente als Alvaro und George Petean als Don Carlo in den Sänger-­ Hauptrollen ein den Aufgaben in jeder Hinsicht gewachsenes Team zusammenge­ funden hat. Lassen Sie sich, verehrtes Publikum, auch auf das Verdi-Abenteuer dieser Spielzeit ein, zu dem Sie unser aktuelles MAG wie immer mit Hintergrundinformatio­nen, Porträts und essayistischen Gedanken versorgt. Claus Spahn MAG 59 / Mai 2018 Unser Titelbild zeigt Hibla Gerzmava, die Leonora aus unserer Neu­produktion. Lesen Sie das Porträt auf Seite 22. (Foto Florian Kalotay)

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Inhalt

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Am 16. Juni heisst es wieder «Oper für alle». Seien Sie dabei, wenn Franz Lehárs Operette «Das Land des Lächelns» im Rahmen der Festspiele Zürich live auf den Sechseläutenplatz übertragen wird!

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V erläuft unser Leben nach einem übergeordneten Plan? Gibt es so etwas wie Schicksal? Oder ist am Ende doch alles Zufall? Ein Gespräch mit dem Philosophen Georg Brunold Andreas Homoki inszeniert Verdis «La forza del destino», Fabio Luisi über nimmt die musikalische Leitung. Kathrin Brunner hat Regisseur und Dirigent zu ihrer Sicht auf dieses faszinierende Werk befragt

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Piotr Beczala ist erneut als Prinz Sou-Chong in der Wiederaufnahme von Lehárs «Land des Lächelns» zu hören. In unserer Rubrik «Meine Rolle» gibt er Auskunft über diese Partie

Drei Fragen an Andreas Homoki – 7 Opernhaus aktuell – 8 Wie machen Sie das, Herr Bogatu? – 9 Volker Hagedorn trifft … – 22 Die geniale Stelle – 26 Der Fragebogen – 34 Kalendarium und Serviceteil – 35 Auf dem Nachhauseweg – 40

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Ein Lächeln für alle Einmal im Jahr treffen sich die Opernfans und die, die es werden wollen, auf dem Sechseläutenplatz, stellen ihren Klapp­stuhl auf und breiten ihre Picknickdecke aus, um einer Liveübertragung unter freiem Himmel zu lauschen. Das «Oper für alle»-­ Ereignis des Opernhauses ist inzwischen schon gute Tradition im Zürcher Kultursommer. In diesem Jahr steht am 16. Juni – im Rahmen der Festspiele Zürich – die Operette «Das Land des Lächelns» von Franz Lehár auf dem Programm.


Fotos: Frank Blaser


opernhaus aktuell

Oper für alle «Das Land des Lächelns» Operette von Franz Lehár Liveübertragung Sechseläutenplatz und auch in diesem Jahr wieder auf die Piazza des LAC in Lugano Samstag, 16 Juni 2018, 20 Uhr Vorprogramm ab 18 Uhr Eintritt frei Präsentiert von

Oper inklusiv Bei der grossen Freiluftveranstaltung «Oper für alle» auf dem Sechseläutenplatz gibt es in diesem Jahr ein umfangreiches Angebot für Menschen mit Behinderung

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m Rahmen von «Oper für alle» offeriert das Opernhaus in diesem Jahr erstmals einen umfangreichen Service zur sozialen Inklusion, um auch Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe an der Freiluftübertragung von Franz Lehárs Operette Das Land des Lächelns auf dem Sechseläutenplatz zu ermöglichen. Wir bie­ten eine Live-Audiodeskription in deut­ scher Sprache an, die blinden und sehbehinderten Menschen einen Zugang zur In­szenierung ermöglicht. Ausserdem wird die Vorstellung in Gebärdensprache übersetzt. Die Audio-Deskription ist über das private Smartphone via App empfangbar. Es wird einen reservierten Bereich nahe der Leinwand geben, der über WLANEmp­fang verfügt. Die Deskription ist aber auch über das Mobilnetz des eigenen Te­le­fonanbieters empfangbar. Blinden oder sehbehinderten Menschen empfehlen wir «Oper für alle» mit einer sehenden

Be­gleit­­person zu besuchen, selbstverständlich sind auch Blindenführhunde willkommen. Wer neue Bekanntschaften knüpfen möchte, kann im Rahmen unseres Tandem­-­Programms eine freiwillige Begleitperson kennenlernen, die Menschen mit Behinderung auf Wunsch am Bahnhof abholt, zur Bar oder zu den Essensständen beglei­tet oder mit Ihnen gemeinsam die Vorstel­lung geniesst. Alle sind herzlich willkommen, Das Land des Lächelns live aus dem Opernhaus auf Grossleinwand zu erleben. Es er­­wartet Sie ein Opernabend in sommerlicher Festivalstimmung. Kommen Sie mit Freun­den und Familie, packen Sie Klappstühle, Sitzdecke und Picknick ein oder geniessen Sie die vor Ort angebotenen Köstlichkeiten. Ein buntes Vorprogramm stimmt Sie auf das Ereignis ein. Weitere Informationen finden Sie unter: www.operfüralle.ch/inklusiv

Foto: Frank Blaser

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Drei Fragen an Andreas Homoki

Ein Abschied Herr Homoki, ab der kommenden Spielzeit gibt es eine personelle Ver­ än­derung in der Leitung des Opern­ hauses. Unsere Operndirektorin Sophie de Lint verlässt Zürich und übernimmt die Leitung der Oper in Amsterdam. Was bedeutet dieser Wechsel für unser Haus? Sophie bekleidet eine ganz zentrale Position in unserem Leitungsteam. Bereits drei Jahre vor meinem Antritt 2012 kam sie gemeinsam mit unserem heutigen Kaufmännischen Direktor Christian Berner in mein Vorbereitungs­ team, und wir haben gemeinsam viele entscheidende Weichen gestellt, wie etwa die Verkleinerung des Repertoires zugunsten der Erweiterung von Pro­ ben­kapazitäten, um die Einstudierungsqualität zu steigern. Voraussetzung dafür ist eine seriöse, langfristig vorausschauende Planung vieler einzelner Besetzungen – da haben Sophie und ihr Team in den vergangenen Jahren Gross­artiges geleistet. Gerade jetzt, wo die letzten Monate der Zusammen­ arbeit an­gebrochen sind, spüren wir ein wenig wehmütig, wie viel wir in den letzten neun Jahren gemeinsam erreicht haben. Aber Sophie hat sich diesen neuen Schritt mehr als verdient und ich bin stolz darauf, dass gerade jemand aus meinem Team die Leitung eines so wichtigen Europäischen Opernhauses übernimmt. Was genau ist denn die Aufgabe einer Operndirektorin? Man könnte fragen: Wozu eine Operndirektorin, wenn man doch einen In­ten­danten hat? Aber dieser Titel beschreibt eine Schlüsselstelle in jedem mo­dernen Opernbetrieb, von der aus sehr viele wichtige künstlerische Ent­scheidungen operativ umgesetzt werden. Die Arbeit reicht von der Auswahl von Sängerbesetzungen über Aufbau und Pflege des Ensembles und der Spielplangestaltung bis hin zur künstlerischen Verantwortung für unser

Internationales Opernstudio. Wenn man, wie hier in Zürich den Anspruch hat, an jedem Abend internationale Top-Künstler zu präsentieren, braucht man jemanden, der sich intensiv um die bestmöglichen Besetzungen kümmert und genau beobachtet, welche Sänger zur Verfügung stehen. In unserer globalisierten Welt ist das eine hochspezialisierte Aufgabe geworden, die eine enorme Vernetzung erfordert, mit vielen Reisen verbunden ist und der Fähigkeit, die stimmliche Qualität von Sängern, ihr Zukunftspotential, ihre stimmliche Entwicklung einschliesslich ihrer Gefährdungen kompetent beur­ teilen zu können. Sophie steht für einen sensiblen und sehr differenzierten Besetzungsstil und hat Freude daran, junge Sänger zu entdecken und aufzubauen. Sie gibt sich eben nicht damit zufrieden, nur die bekannten Namen einzukaufen. Wer folgt ihr nach? Ein Kollege, mit dem sich auch Sophie de Lint seit längerem in regelmässigem Austausch befindet: Michael Fichtenholz, der in der gleichen Position über mehrere Jahre die Besetzungen am Moskauer Bolshoi-Theater entscheidend mitgeprägt hat und vor einigen Jahren als Operndirektor nach Karlsruhe gewechselt ist. Wir haben uns unter vielen Bewerbern für ihn entschieden, weil er genau dieses Aufgabenprofil, das wir hier brauchen, besonders gut beherrscht. Jeder wird in einer solch verant­wor­ tungs­vollen Position seine Akzente etwas anders setzen, das ist klar. Das wird bei Michael Fichtenholz nicht anders. Aber die Entscheidung für ihn war letztlich eine, die auf Kontinuität zielt. Denn der Zuschnitt der Verantwortlichkeiten hat sich bewährt, und den wollen wir so beibehalten. So ist er bereits seit meh­reren Monaten aktiv in unsere zukünftige Planung involviert, und es ist sehr spannend zu erleben, wie schon jetzt neue eigene Impulse von ihm ausgehen.

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Opernhaus aktuell

Liederabend

Mauro Peter singt Schubert

Der aus Luzern stammende Tenor Mauro Peter gehört zu den gefragtes­ ten Liedinterpreten seiner Generation. Gemeinsam mit dem renommierten Pia­nis­ten Helmut Deutsch gab er 2012 sein umjubeltes Debüt bei der Schu­ bertiade Schwarzenberg und ist seither regel­­mässig auf den führenden euro­ päischen Kon­zertpodien zu erleben. Auf CD hat das Liedduo u.a. Schuberts Schöne Müllerin live aus der Londoner Wigmore Hall sowie Alben mit Schu­ manns Dichterliebe und zuletzt mit Goethe-­Liedern von Schubert herausge­ geben. Bevor Mauro Peter in der Spiel­ zeit 2018/19 Schuberts Winterreise im Rah­men einer Ballett-Neu­produktion am Opernhaus Zürich singen wird, ist er Ende Mai zusammen mit Helmut Deutsch mit ausgewählten Liedern von Franz Schubert und Franz Liszt zu hören. Montag, 28 Mai 2018, 19 Uhr Hauptbühne

Brunch-/Lunchkonzerte

Volksmelodien Béla Bartók sammelte in seiner Jugend Volkslieder und unternahm dafür zahl­reiche Reisen durch seine Heimat, das damalige Königreich Ungarn. In vielen seiner späteren Kompositionen hat Bartók der Folklore seiner Heimat ein Denkmal gesetzt, so auch in der 1928 entstandenen Rhapsodie Nr. 2 für Violine und Klavier sowie in dem Kam­mermusik­werk Kontraste für

Violine, Klarinette und Klavier, mit dem sich der ungarische Exilant 1940 in der New Yor­ker Car­negie Hall vorstellte. Auch vie­le Kom­po­sitionen von Aram Cha­t­scha­turjan, darunter das 1932 ent­ stande­ne Trio, zeugen von dessen Fas­­zination für die Volksmusik seiner Heimat Armenien und den umliegenden Ge­bieten. Der Geiger Bartlomiej Ni­ ziol, der Klarinettist Robert Pickup und die Pianistin Anna Hauner stellen diese drei folkloristischen Kammermusik­­ werke in unseren Brunch- und Lunch­ konzerten vor. Brunchkonzert: So, 27 Mai, 11.15 Uhr Lunchkonzert: Mo, 28 Mai, 12 Uhr Spiegelsaal

Ballettgespräch

Junge Choreografen

Premiere

Matinee «Poppea» Monteverdis L’incoronazione di Poppea, entstanden vor über 350 Jahren, ist eine der ersten Opern überhaupt und zu­gleich ein Höhepunkt der Gattungs­ geschichte. Am 24. Juni hat dieses gross­ artige Werk in der Inszenierung von Calixto Bieito Premiere am Opernhaus Zürich. Bereits zwei Wochen vorher haben Sie die Gelegenheit, erste Ein­ drücke dieser Neuproduktion zu ge­­ winnen, wenn das Leitungsteam seine Sicht auf Monteverdis Oper vorstellt. Mit dabei sind neben Calixto Bieito auch Dirigent Ottavio Dantone und Bühnenbildnerin Rebecca Ringst sowie Sängerinnen und Sänger unseres Poppea-­Ensembles. Sonntag, 10 Juni 2018, 11.15 Uhr Bernhardtheater

Festspiele Zürich

Schönheit/Wahnsinn

Ab 19. Juni präsentieren sich Tänzerin­ nen und Tänzer des Balletts Zürich und des Junior Balletts erneut in der Reihe «Junge Choreografen» auf der Studiobühne des Opernhauses. Im letzten Ballettgespräch dieser Saison kommen deshalb einige der Beteiligten des aktuellen Jahrgangs zu Wort und sprechen mit Dramaturg Michael Küster und Ballettdirektor Christian Spuck über ihre choreografischen Erfahrungen und Projekte. Zehn Tage vor der Premiere werden bereits Ausschnitte aus den entstehenden Choreografien zu sehen sein. Sonntag, 10 Juni, 11.15 Uhr Studiobühne

Am 1. Juni beginnen die nun im Zwei­ jahresrhythmus stattfindenden Fest­ spiele Zürich, die unter dem Motto Schönheit/Wahnsinn stehen. Sie starten mit einem grossen Eröffnungsfest auf dem Münsterhof, auf dem drei Wochen lang auch das Festivalzentrum errichtet ist. Zu den Höhepunkten der mehr als 140 Veranstaltungen gehören neben der Premiere von Claudio Monteverdis Oper L’incoronazione di Poppea am Opernhaus Zürich die Theaterpro­ duktion Ausschliesslich Inländer des Pup­pen­spielers und Regisseurs Nikolaus Habjan und der österreichischen Band Franui, die im Schiffbau Premiere hat; ein Theaterabend von Sibylle Berg am Schauspielhaus unter dem Titel Missionen der Schönheit; das Tanztheater Shown and Told von Meg Stuart und Tim Etchells in der Gessnerallee; das Schlusskonzert des Géza-Anda-Klavier­ wettbewerbs in der Tonhalle Maag und die Ausstellung Fashion-Drive – Extreme Mode in der Kunst, die bereits Ende April eröffnet wurde. www.festspiele-zuerich.ch

Illustration: Anita Allemann,  Foto: Frank Blaser

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Wie machen Sie das, Herr Bogatu?

Illustration: Anita Allemann

Gibt es die Bretter noch? Mit der Formulierung «die Bretter, die die Welt bedeuten» hat Friedrich Schiller 1803 eine weit verbreitete Metapher für die Theaterbühne geprägt. Über 200 Jahre danach wird auf der Bühne noch immer gemordet, verraten, Treue geschworen, verachtet, be­wun­dert, geliebt und gehasst... Doch wie steht es um «die Bretter», auf denen Shake­speares Romeo und Julia ihr Leben aushauchten? Gibt es diese Bretter auf der Bühne noch? In der Regel gibt es einen von der Bühnenbildnerin oder dem Bühnenbildner gestalteten Boden, der aus Gründen der Praktikabilität und des Designs nicht aus einzelnen Brettern besteht, da das Legen und Befestigen von einzelnen Brettern (zu) viel Zeit braucht, die Bretter sich verziehen können und schwerlich nach Marmor oder Sandstein aussehen. In der einfachsten und preisgünstigsten Version kann solch ein Boden nur aus einem bemalten festen Tuch bestehen, einem sogenannten Bodentuch, auf dem z. B. unsere Carmen das Zeitliche segnet. Häufiger trifft man in unseren Bühnenbildern je­doch auf dünne, bemalte Hartfaserplatten (preiswertes Material, aus dem ein Möbel­ haus aus Skandinavien z.B. Rückwände von Schränken herstellt). Auf diesen wird in Parsifal der Heilige Gral enthüllt. In Idomeneo und Maria Stuarda bestand der Boden aus 2 x 1 m grossen, 20 mm dicken Bodenplatten, die mit einem Stoff beklebt wurden, den unsere Malerinnen und Maler als Bretterboden gestaltet haben. Im Ballett Romeo und Julia sterben unsere Protagonisten auf einem schwarzen PVC-Boden – das Standardmaterial für Tanzböden –, der in langen Bahnen ausgerollt und mit Klebeband verbunden wird. Unter dem Tanzteppich liegt der «Schwing­ boden» – dieser besteht aus federnd gelagerten Holzplatten, die den Tänzerinnen und Tänzern bei Sprüngen weiche Landungen garantieren. In Faust – Das Ballett ist der PVC-Boden allerdings direkt auf Holzplatten geklebt; die schwere, fahrbare Rückwand, das fahrende Studierzimmer von Faust und die rollenden Tische hätten Bahnen, die nur mit Klebeband fixiert sind, sonst abgerissen. Neben dem Design, der Stabilität, der Praktikabilität, dem Preis und der «Be­ tanzbarkeit» gibt es auch akustische Ansprüche an unsere Böden. So besteht z. B. der Boden im Orchestergraben aus «Resonanzplatten», das sind 5 cm starke Platten mit eingearbeiteten Hohlkörpern, die den Klang des Orchesters positiv beeinflussen. In Lunea wurden die Bodenplatten auf Wunsch des Bühnenbildners mit einem bedruck­ ten Teppich beklebt. Dieser schluckte die Geräusche der schnellen Möbel-Umbauten und die Schritte unserer Technikerinnen und Techniker ganz hervorragend. In La forza del destino haben wir den Boden aus zwei Holzplatten mit einer da­ zwischenliegenden Korkschicht zusammengeleimt: Diese Trittschalldämmung er­wies sich in Tests als äusserst effektiv und reduziert das unerwünschte Getrampel auf einem Holz-Hohlboden. Bretter gibt es im Bühnenbild also nur noch ganz selten; doch wer die Gelegen­ heit hat, einmal unsere leere Bühne zu betreten, der kann unter einer schwarzen Farb­ schicht Bretter erkennen. Diese 5 cm starken Bretter aus Schwarzkiefer sind am besten geeignet, um die tonnenschweren Dekorationen zu tragen und gestaltete, schwingen­ ­de, musizierende oder schweigende Böden auf ihnen zu befestigen. «Die Bretter, die die Welt bedeuten» – sie bilden auch heute noch die Grundlage für alle unsere Insze­ nierungen. Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

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Alles Zufall?

Foto: Christian Gooden / Getty

Giuseppe Verdis Oper «La forza del destino» trägt das Thema schon im Titel – die Macht des Schicksals. Bestimmen wir selbst über unser Leben, oder wird es vom Spiel des blinden Zufalls gelenkt? Ein Gespräch mit dem Philosophen und Journalisten Georg Brunold, der über den Zufall nachgedacht hat wie wenige andere


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Herr Brunold, hatten Sie heute bereits ein Erlebnis, das Sie als «zufällig» beschreiben würden? Zufällig ist so gut wie alles im Leben. Bereits Ihr Besuch bei mir ist hochgradig zufällig, sogar ein äusserst unwahrscheinliches Ereignis, wenn man bedenkt, welche Unmengen von notwendigen Bedingungen seit dem Urknall für eine solche Be­ gegnung erfüllt sein müssen. Der Zufall ist jedenfalls ein ergiebiges und ein ebenso erfreuliches Thema. Und falls jemand den Zufall nicht mag, wird er sich in der Beschäftigung damit mit ihm versöhnen. Der Zufall ist also etwas Positives. Wir wollen das Schlusswort nicht vorwegnehmen, aber man kann sich nichts Ab­ scheulicheres vorstellen, als eine Welt ohne Zufall. Das wäre der absolute Albtraum. Was bedeutet denn Zufall genau? Zufall im allgemeinsten Sinne ist das, was auch anders sein könnte. In der Philoso­ phie nennt man das «Kontingenz», das heisst Möglichkeit, die als Kategorie der Notwendigkeit gegenübersteht, alles, was nicht notwendig ist und auch anders sein könnte. Fast alles könnte natürlich anders sein, wird man jetzt sagen, nur heisst das nicht, dass es beliebig anders sein könnte. Die Naturgesetze gelten immer. Falls etwas gegen die Naturgesetze verstösst, kann es sich nur um ein Wunder handeln. In Verdis Oper La forza del destino gibt es einen Moment, in dem der Zufall zuschlägt: Der Protagonist wirft eine Pistole auf den Boden, und es löst sich ein Schuss, der den Vater der Protagonistin tötet. Das ist umso fataler, als der Liebhaber der Protagonistin die Pistole mit den Worten «sieh her, ich bin unbewaffnet» als ein Zeichen des Friedens weggeworfen hatte. Wie beurteilen Sie diesen Vorgang? Die Leute werden geneigt sein anzunehmen, dass so etwas ja gar nicht sein kann. Als einzelnes Vorkommnis wirkt es in einem grotesken Grad unwahrscheinlich. Das kann dem Autor nicht entgangen sein. Der Vorfall hat natürlich Gleichnis­­ charakter und deutet an, dass Zufall oder Schicksal eben schlechterdings alles können, was sie wollen. Wissenschaftlich muss man sagen: Unmöglich ist es nicht. Aber ein Sechser im Zahlenlotto, wenn nur eine einzige Person einen einzigen Tipp abgäbe, wäre nicht wahrscheinlicher. Dass sich ein Schuss aus einer Pistole löst, ist aber doch gar nicht so unwahrscheinlich. «Murphys Law» besagt etwa, dass alles, was schiefgehen kann, auch irgendwann schiefgehen wird... Irgendwann, ja. Wenn fünf Millionen Leute je fünfzig Mal ihre Pistolen hin­ schmeissen... Wurden denn die Menschheitsgeschichte oder historische Ereignisse nicht immer wieder von absurden Zufällen geschrieben? Ich denke auch an wissenschaftliche Erfindungen wie das Penicillin, die Teflonpfanne oder den Pneu... Sicher. Dabei ist das Glück oder eben der Zufall dem hold, der darauf vorbereitet ist, wie der Mikrobiologe Louis Pasteur gesagt hat – und vor ihm schon Ma­ chiavelli. Es kommt darauf an, die Gelegenheit zu erkennen, wenn sie kommt, und sie nicht zu verpassen. Dieses Zusammenspiel ist es, das die Erkenntnis und andere Fortschritte voranbringt. Von der unausgesetzten, nimmermüden Suche hängt alles ab, und wer beharrlich genug sucht, stösst dabei zumindest auf ganz andere Dinge als die gesuchten. Wir haben dafür den magisch klingenden Begriff «Serendipity». Als ich zu Ihnen fuhr und den Anschluss verpasste, weil der Zug Verspätung hatte, traf ich eine Dame, die an den genau gleichen Ort musste. Wir teilten


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uns ein Taxi. Was für ein Zufall, befand ich. Die Dame entgegnete, das sei kein Zufall, sondern Glück, das einem zufalle... Vieles «fällt» im Zusammenhang mit dem Zufall, vieles fällt auch «aus» – und «ab»... ...und «auf»... Das Verb «auffallen» ist ein Schlüsselwort im Zusammenhang mit dem Zufall. Denn im Grunde genommen ist alles, was sich ereignet, im selben Masse absolut unwahrscheinlich. Wirklich exakt im selben Mass. Nur fällt nicht alles auf. Können Sie ein Beispiel geben? Sie denken an jemanden, und derjenige ruft Sie genau in diesem Moment an. Das ist natürlich ein sehr auffälliges Zusammentreffen und kann deshalb fast nicht zufällig sein, glauben Sie. Da muss etwas anderes im Spiel sein! Aber wenn Sie um 9.47 Uhr an jemanden denken, und dieser ruft Sie um 15.43 Uhr an, dann ist diese Konstellation nicht weniger zufällig und auch nicht weniger unwahrscheinlich, als wenn er im selben Augenblick anrufen würde. Oder nehmen Sie ein fabrikneues Kartenspiel von 52 Karten. Wenn Sie das gut mischen, ist die Zahl der mögli­chen resultierenden Kartensätze 10 hoch 68. Hätten Sie ein Kartenspiel von 62 Karten, wäre die Zahl möglicher Blätter, möglicher Anordnungen dieser 62 Karten, bereits grösser als die Zahl der Atome im Universum. Jedes Blatt, das hier liegt, ist genau gleich unwahrscheinlich, wie wenn zum Schluss ein Kartensatz in exakt der gleichen Ordnung auf dem Tisch liegt, wie Sie ihn ausgepackt haben: Herz Ass bis zur Zwei, Kreuz Ass bis zur Zwei – das wäre doch ziemlich unwahrscheinlich, wenn Sie nach fünf Minuten Mischen erneut ein solches Anfangsblatt hätten... Da würde man zumindest den Kopf schütteln. Genau wie im Zahlenlotto nur selten jemand die Zahlenreihenfolge 1, 2, 3, 4, 5, 6 ankreuzt, obwohl die Wahrscheinlichkeit, damit einen Sechser zu machen, nicht kleiner ist als mit jeder anderen Zahlenkombination. Und das ist ein Modell für jede Art von Ereignissen. Nur dass die Ereignisse in sehr unterschiedlichem Masse auffällig sind. Wir erwarten vom Zufall eine einigermassen unauffällige Aufführung. Wir erwarten, dass er sich ein bisschen zufällig und nicht allzu unzufällig – un­ wahrscheinlich, heisst das – gebärdet, denn «unwahrscheinlich» neigen wir mit «un­ zufällig» gleichzusetzen, und da kann dann eben nur etwas anderes im Spiel sein. Und hier kommen wir zum Schicksal... Genau. Die Unglaublichkeit oder eben die plötzlich sichtbar gewordene Unwahr­ scheinlichkeit eines bestimmten Ereignisses lassen sich in unseren Augen dann einfach nicht mehr dem Zufall zuschreiben. Wenn der Zufall zu merkwürdige, zu bösartige, zu heftige Ergebnisse erzielt, muss etwas anderes der Grund dafür sein. Der Zufall ist immer wieder einmal zu wild am Werk, als dass er sich so ohne Weiteres schlucken liesse, unsere Überraschung hindert uns daran. Dafür haben die Menschen dann das Wort «Schicksal» erfunden. Ich glaube nicht, dass sie es dafür erfunden haben. Den heutigen philosophischen Zufallsbegriff gibt es seit den alten Griechen, seit Aristoteles, würde ich sagen – das Schicksal ist wahrscheinlich sehr viel älter, hat sich aber bis heute gehalten, und zwar durch sämtliche Wendungen der Geistesgeschichte. Das Schicksal geistert als ein Element in praktisch jedem bisher bekannten Weltbild herum. Das Wort ist sehr heterogen in seiner Bedeutung, changiert zwischen der Bestimmung durch höhere Mächte und dem Spiel des blinden Zufalls. Der Begriff des Schicksals ist überhaupt sehr schwer zu fassen. Was sich durch die Jahrtausende seiner mä­an­ dernden Karriere hält, ist wohl die Unverfügbarkeit für den Menschen. Schicksal ist, worauf wir keinen Einfluss haben.

Schicksal ist, worauf wir keinen Einfluss haben


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Glück und Pech kommen meistens in «Launen», in «Sprüngen» oder «Strähnen»

Im Schicksalsbegriff schwingt also immer das Bewusstsein der eigenen Handlungsunfähigkeit und Ohnmacht mit? Ich denke schon. Man kann dem Schicksal leider auch durch Fügsamkeit nach­ helfen, man schickt sich in es, sagt man, und dann gibt es auch die Geschichte mit der sich selbst bewahrheitenden Prophezeiung, die eintritt, weil man daran glaubt... ... wie Leonora in Verdis La forza del destino, die bereits vor dem ersten Unglück davon redet, ein Opfer des unerbittlichen Schicksals zu sein. Einsam und alleine werde sie durch die Lande ziehen müssen – und genau das trifft dann auch ein. Auf der Bühne herrscht seit der griechischen Antike grundsätzlich viel Schicksal, nicht wahr, diese tragische Unentrinnbarkeit, von Euripides bis Goethe, bis Beckett. Fast könnte man im Schicksal eine Erfindung des Theaters sehen. Wobei darin vermutlich auch die Katharsis zum Zug zu kommen hat: Dem Publikum soll über eigene Schläge hinweggeholfen werden, es soll gezeigt werden, dass die lieben armen Menschen damit nicht allein sind. Wann und warum hadert man mit dem Schicksal oder dem Zufall? Wahrscheinlich, wenn es Menschen schwerfällt, über ein Unglück hinwegzukommen und sie immer wieder darauf zurückkommen. Im Bemühen zu verdauen wird wiedergekäut, vor allem, wenn solche Schläge in Serie auftreten. Möglicherweise ist hier ein Selbstverstärkerprozess am Werk: Unverdaulichkeit durch hart­näckiges Verdauen. Und Glück und Pech kommen ja meistens in «Launen», in «Sprüngen» oder in «Strähnen» und nicht mit schön geordneter Regelmässigkeit. Werden Menschen von einer Serie von Unglücksmomenten gebeutelt, sind sie entkräftet und denken nicht mehr besonders klar und gradlinig. Wer entkräftet ist, neigt ausserdem dazu, die Waffen zu strecken. Das geht dann in Richtung Fatalismus und Pessimismus und drückt sich in der Haltung aus, dass man sowieso nichts dagegen tun kann. Schlimmer noch, wenn man als Handelnder selber daran beteiligt war. Wo eigenes Verschulden im Spiel ist, wird alles nur ärger. Vielleicht wird dann auch ein Sündenbock gesucht. Ist das auch mit ein Grund dafür, dass die Menschen personifizierte Schicksalsmächte erfunden haben? Bei den Griechen sind das die Tyche und die Moiren, bei den Römern Fortuna und die Parzen... Das gilt in einem stark erweiterten Sinn. In der kognitionswissenschaftlichen Litera­tur etwa ist sehr viel die Rede davon, dass die Evolution uns dahingehend prä­ pariert haben muss, hinter allem Akteure zu vermuten. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie sich in einem Laubwald auf einen Stein setzen und hinter Ihnen raschelt es? «Achtung, Schlange!» hoffe ich, denn besser denken Sie nicht zu­erst an einen harmlosen Windstoss. Es gehört zu unserem überlebensnot­wendigen Alarm­system, allenthalben Akteure anzunehmen, vor denen wir uns davonmachen können – Akteure mit Absichten und Zielen, auch wenn wir sie nicht sehen. Im Prozess der Evolution hat sich das verallgemeinert, schloss auch Phänomene wie den Donner usw. ein. Die Vielzahl der Götter, die ganze Belegschaft des Olymps, wird von den Evolutionstheoretikern und gewissen Religionswissenschaft­ lern also als ein natürliches Phänomen erklärt. Gott würfelt nicht, soll Albert Einstein einmal gesagt haben. Was steckt hinter diesem berühmten Zitat? Einstein war schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts damit konfrontiert, dass in inneratomaren Vorgängen und in der Quantenwelt Zufallsprozesse am Werk waren. Dagegen wehrte er sich nach Kräften und glaubte, dass auch da nichts ohne Ur­ sache geschieht. Die Ursache dafür habe man bloss noch nicht entdeckt. Er irrte sich. Heute und schon länger besteht Konsens darüber, dass er damit Unrecht hatte.


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Also regiert der Zufall die Welt. Nicht allein, aber er regiert mit. Der Zufall schafft Fakten, die dann «un-zufällig» weiterwirken. Oft regiert der Zufall in einer erschreckenden Art und Weise, weil er eben vieles nicht ausschliesst und uns um einen Haufen Sicherheiten bringt, auf die wir uns gerne verlassen hätten. Aber das heisst nicht, dass schlimme Er­eignisse in der Menschheitsgeschichte in jedem Fall dem Zufall zuzuschreiben wären. Böses kann durchaus auch Menschenwerk sein. Wie gesagt wäre für mich aber das Schlimmste, das man sich vorstellen kann, ein Universum, in welchem schlechterdings gar nichts dem Zufall überlassen bliebe. Dann wäre die gesamte Menschheitsgeschichte in der ersten Milliardstel Sekunde nach dem Urknall bereits festgestanden. Eine absolut groteske Vorstellung! Aber in der Physik gibt es zwingende Einwände dagegen, nur schon weil in der materiellen, physikalischen Welt nichts unendlich genau ist. Die Annahme, Ereignisse seien allesamt exakt vor­ herbestimmt, setzt deren unendliche Präzision voraus. Doch überall sind Spiel­ räume, an denen wir uns freuen können. Die in der mikrophysikalischen Welt zeigen sich in der makrophysikalischen. Schon der Zeitpunkt, wann ein Wassertropfen am Wasserhahn abreisst, lässt sich nicht mit beliebiger Genauigkeit voraussagen. Das Sein aller Materie bedeutet Unschärfe und Vagheit. Der Determinismus, wonach alles vorbestimmt sein muss, ist jedenfalls längst erledigt. Diese Schlachten sind ge­ wonnen, auch wenn dieses empörende und erschütternde Weltbild aus dem 19. Jahrhundert derzeit etwa durch die Hirnforscher wieder stark gemacht wird... ... im Zusammenhang mit der Frage nach der Freiheit des Willens und der Frage, wie unabhängig oder eingeschränkt wir in unseren Entscheidungen sind. Ja. Aber auch da stellt sich sofort die Frage, worum es sich beim freien Willen denn überhaupt handelt und wo genau die Freiheit liegt. Nur dadurch, dass unsere Handlungen in einem naturwissenschaftlich-kausalen Sinn nicht vorherbestimmt sind, kommt man dem freien Willen nicht näher. Indeterminismus heisst ganz ein­ fach, dass nicht alles lückenlos kausal verursacht ist. Aber der Zufall allein kann es ja auch nicht sein, dem wir unsere Freiheit verdanken. Sonst hätten wir ein Bild von einem Willen, der einem Schlottergelenk gleicht, in welchem der Schalthebel einmal nach links und dann wieder nach rechts springt, rein zufällig gewissermassen. Und unsere Handlungen, das würde daraus folgen, wären dann gar nicht mehr verursacht. Doch Willensakte und die durch den Willen gesteuerten Handlungs­ abläufe gehorchen durchaus regelhaften Verknüpfungen von Ursachen mit Wirkun­ gen, wobei man bei Handlungen eher von Gründen und Folgen spricht. Unsere Geschicke und unser Schicksal liegen sicher nicht allein in unserer Hand. Doch dank unseres Willens können wir darauf Einfluss nehmen, auf sie einwirken und sie mitgestalten. Das Gespräch führte Kathrin Brunner Georg Brunold ist promovierter Philosoph. Er war Korrespondent der NZZ und hat aus über 80 Ländern dieser Welt berichtet. Er veröffentlichte Bücher wie «Fortuna auf Triumphzug. Von der Notwendigkeit des Zufalls», «Afrika gibt es nicht» und «Nilfieber» sowie die beiden Grossbände «Nichts als die Welt» und «Nichts als der Mensch». 2018 erscheint sein «Handbuch der Menschenkenntnis. Mutmassungen aus 2500 Jahren.»

La forza del destino Oper von Giuseppe Verdi Musikalische Leitung Fabio Luisi Inszenierung Andreas Homoki Bühnenbild Hartmut Meyer Kostüme Mechthild Seipel Lichtgestaltung Franck Evin Choreografische Mitarbeit Kinsun Chan Choreinstudierung Janko Kastelic Dramaturgie Kathrin Brunner Donna Leonora Hibla Gerzmava Don Carlo di Vargas George Petean Don Alvaro Marcelo Puente Preziosilla J’Nai Bridges Il Marchese di Calatrava, Padre Guardiano Christof Fischesser Fra Melitone Ruben Drole Mastro Trabuco Jamez McCorkle Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich Chorzuzüger und Zusatzchor des Opernhauses Zürich Premiere 27 Mai 2018 Weitere Vorstellungen 30 Mai, 2, 7, 10, 13, 17, 20, 28 Juni 2018 Partner Opernhaus Zürich

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Mit unerbittlicher Notwendigkeit in die Katastrophe Am 27. Mai hat Giuseppe Verdis Oper «La forza del destino» Premiere. Ein Gespräch mit dem Dirigenten Fabio Luisi und dem Regisseur Andreas Homoki über eine faszinierende Oper, die wegen ihrer Schwierigkeiten gefürchtet ist Fotos Danielle Liniger

Andreas Homoki und Fabio Luisi, La forza del destino ist Ihr erster gemein­ samer Verdi in Zürich. Warum ist Ihnen beiden dieses Stück wichtig? Fabio Luisi: La forza del destino gehört ganz einfach zu den wichtigsten Werken von Verdi. Es ist ein komplexes und alle Kräfte herausforderndes Stück und wird von Dirigenten wie von Regisseuren gleichermassen gefürchtet. Andreas Homoki: Stimmt das? Auch von Dirigenten? F.L.: Durchaus. Eine grosse Herausforderung ist bereits die für Verdi ziemlich lange Spieldauer von zweieinhalb Stunden. Das Stück ist aus sehr vielen, mosaikhaft miteinander verbundenen Szenen aufgebaut und verlangt eine grosse Flexibilität des Dirigenten. Hinzu kommt, dass es gar nicht so leicht ist, den richtigen Ton, die richtige Farbe in diesem Stück herauszuarbeiten. Sie sprechen die «Tinta musicale» an, die für ein Werk Verdis vorherrschende Klangfarbe. Verdi fand für jede seiner Opern eine eigene Klangfarbe. Was für eine Farbe hat dieses Stück? F.L.: Im Prinzip ist es tiefschwarz, denn es handelt sich ja um eine tragische Geschichte. Aber das Stück hat, wie so oft bei Verdi, eine grosse geistige Verwandt­ schaft mit Shakespeare. Und genau wie bei Shakespeare gibt es auch hier immer wieder Momente des Lächelns, Momente, wo eine tieftragische Stimmung plötzlich in eine andere Richtung kippt, in das Heitere, Buffoneske, ja Ironische. Verdi verwendet dann einen leichteren Stil in der Art von Donizetti, der aber keinesfalls oberflächlich oder operettenhaft klingen darf. Das Tragische und das Buffoneske musikalisch unter einen Hut zu bringen und dennoch die Gegensätze scharf herauszuarbeiten, ist vielleicht die grösste Herausforderung für einen Dirigenten. A.H.: Die Kombination von Tragischem und Heiterem ist wirklich be­merkens­ wert in diesem Stück und sorgt besonders in einem deutschsprachigen Re­zep­­ tionsumfeld immer wieder für eine gewisse Irritation. Hier herrscht ja oft die Mei­ nung, dass, wenn man ernst ist, auch immer ernst bleiben muss. Komische Elemente in einem ernsten Kontext gelten dann als Verlust an Tiefe. Ich halte das aber für eine bedauerliche Beschränkung. F.L.: Das sehe ich genau so. Im Grossen Saal des Leipziger Gewandhauses gibt es diesen lateinischen Spruch, «Res severa verum gaudium» – nur eine ernste Sache ist und beschert wahre Freude … Ein schrecklicher Satz! Wie sieht denn dieser tragikomische Kosmos in La forza del destino aus? A.H.: Den Kern dieser Geschichte bildet wie so oft bei Verdi eine Familie mit Vater, Tochter und Sohn. Erzählt wird ein ganz archaischer Konflikt. Leonora

Eine Probenszene mit J’Nai Bridges als Preziosilla und den Damen des Hauschores



18 La forza del destino

liebt Don Alvaro, der Vater Leonoras ist jedoch gegen diese Verbindung. Bei der missglückten Flucht der Liebenden kommt der Vater zu Tode, und die Familie ist auf einen Schlag zerstört, zumal es Leonoras Bruder Carlo nicht schafft, seine verletzte Ehre und tiefe Kränkung zu überwinden. Der Bruder, seine Schwester und ihr Geliebter finden keine Ruhe, bis am Ende die ganze Familie ausgelöscht ist. Diese tragische Individualerzählung kombiniert Verdi nun mit kollektiven Kriegsgenreszenen. Es tauchen episodisch anmutende Nebenfiguren auf, die auf den ersten Blick nichts zur eigentlichen Handlung beisteuern, aber dieses buffoneske Element ins Spiel bringen: Preziosilla, eine Soldatenbraut, der zwielichtige Händler Trabuco sowie der Mönch Fra Melitone, der eigentlich zur Welt des Klosters gehört, aber im dritten Akt ebenso in dieser Kriegslandschaft auftaucht. Wie geht man als Regisseur mit diesen heterogenen Elementen um? A.H.: Es ist genau so, wie es Fabio eingangs erwähnt hat: nur die tieftragische Seite dieses Stücks herauszuarbeiten, macht keinen Sinn. Man wird dem Stück auch nicht gerecht, wenn man als Regisseur glaubt, in den sehr ausladenden Kriegs­ szenen einen Kommentar zur Brutalität der heutigen Welt abgeben zu müssen, indem man versucht, möglichst schockierende Kriegsgräuel auf der Bühne ab­ zubilden. In Forza gehört eben alles zusammen: das grosse Gefühl und das Triviale, Tragik und Komik. Diese Parameter machen das Stück insgesamt zu einer sehr grotesken Landschaft. Diese Vielfarbigkeit widerspiegelt sich in einer eigenwilligen Dramaturgie, denn Verdi und seine Librettisten werfen die aristotelische Einheit von Ort, Zeit und Handlung wild über den Haufen. Die Geschichte ist zudem ge­ spickt mit unglaubwürdigen Zufällen und Zusammentreffen. Der Oper wurde daher auch immer wieder zum Vorwurf gemacht, sie sei in ihrer Er­ zähl­form missglückt. Trifft das Ihrer Meinung nach zu? A.H.: Nein. Nur muss man sich als Regisseur bei diesem Stück radikal von Standardlösungen verabschieden und sich Verdis dramaturgischer und ideeller Konzeption öffnen. Denn die musikalisch-dramatische Struktur, die Verdi ge­ schaffen hat, lässt sich durch blosses Nachvollziehen der im Libretto beschriebenen Vorgänge nur sehr ungenügend abbilden. Verdi denkt in Forza letztlich immer in grossen szenischen Komplexen, in starken, theatralen Kontrasten. Ihn interessie­ ren die Konflikte der Figuren und nicht, ob die Handlung im konventionellen Sinn immer vollkommen glaubwürdig ist. Es besteht allerdings die Schwierigkeit, dass Bruder, Schwester und Liebhaber bereits zu Beginn auseinandergerissen werden und bis kurz vor Ende nicht mehr zusammenkommen. Leonora verliert man dadurch während des gesamten dritten Aktes völlig aus den Augen, bis sich der Fokus erst wieder am Ende des vierten Aktes auf sie richtet. Da versuche ich als Regisseur ein wenig auszugleichen. F.L.: Andererseits ist das auch interessant und von Verdi sicher mit Absicht so konstruiert. Jeder absolviert eben auf seine individuelle Weise seinen Leidensweg durch dieses apokalyptische Szenario. Am Ende treffen sich schliesslich alle zufällig im gleichen Kloster wieder, und es kommt zur finalen Katastrophe. Die einzel­nen Fäden verschlingen sich erneut zu einem Knäuel. Darin äussert sich dann die Fügung des Schicksals … A.H.: … oder eben die Macht des Schicksals, die Brutalität des Zufalls … Eine Macht jedenfalls, die grösstmögliche Tragik hervorbringt: Leonora ver­ sucht in der Einsiedelei der Vergeltung ihres Bruders zu entgehen, wird aber von der schicksalhaften Kraft eingeholt. Ihr Liebhaber Alvaro sucht den Tod in der Schlacht als Feldherr, muss aber überleben, um in ihrem Bruder Carlo seinen eigenen Peiniger zu treffen. Und selbst als reuiger Mönch wird Alvaro später von Carlos’ Rachsucht eingeholt …


Jamez McCorkle (links) als Mastro Trabuco und George Petean als Don Carlo di Vargas (rechts)

A.H.: Für mich kommt in diesem Stück letztlich ein nihilistischer Weltentwurf zum Ausdruck. Es ist eine Welt, in der sich alle gutgemeinten Bestrebungen im Leben als nichtig und sinnlos erweisen. Wir können uns auf einen gütigen Gott, wenn es ihn denn überhaupt gibt, nicht verlassen. In Forza waltet die pure Willkür, wenn man so will, ein böser Gott, letztlich vertreten durch die Autoren dieses Stücks, die diese Figuren mit der ganzen Lust am theatralen Konflikt aufeinanderprallen lassen. In unserer Aufführung wollen wir dieses Prinzip zusätzlich her­vor­heben, indem die drei Buffofiguren Preziosilla, Fra Melitone und Trabuco zu Spielmachern werden. Diese tauchen immer wieder auf und repräsentieren ge­meinsam mit dem Chor eine Welt, die auf Leonora, Don Alvaro und Don Carlo einwirkt und sie zu ohnmächtigen Spielern in diesem Spiel machen, wie Flipperkugeln. F. L.: Dadurch erhalten Preziosilla, Fra Melitone und Trabuco, die Verdi durch­aus als Hauptfiguren verstanden haben wollte und für die er jeweils sehr charak­teristische Musik geschrieben hat, eine zusätzliche, boshafte Schärfung. Die drei kommen mir grundsätzlich vor wie teuflische, verzerrte Gestalten aus einem Goya-Bild. Fra Melitone ist in meinen Augen der Schlimmste: Ein Teufel im Priester­gewand, der sich nur vordergründig gegenüber den Bedürftigen barmherzig


Ruben Drole als Fra Melitone und Mitglieder des Herrenchores

gibt. Es sind Figuren, die eine direkte Verwandtschaft mit Oscar aus Verdis Maskenball aufweisen. Denn auch Oscar ist ja keineswegs eine solch putzige Gestalt, wie man ihn für gewöhnlich gerne sieht, sondern ein richtiges Monster, ein sexuell Besessener. Aber seine Musik wird meistens schön und elegant interpretiert, obwohl darin Boshaftigkeit steckt. Verdi hat das Element der Groteske wirklich wie kein Zweiter seiner Generation geliebt und verstanden. Die Hauptfiguren sind in Ihrer Lesart also hilflose Spielbälle einer höheren Macht. Aber will uns Verdi nicht auch darauf hinweisen, dass die Gesellschaft in dieser Oper ein Stück weit selbst dafür verantwortlich ist, was hier ge­ schieht? Zum Beispiel müsste Leonora nicht von zuhause fliehen, wenn ihr Vater von seinem Standesdünkel und seinen rassistischen Vorurteilen gegenüber dem Peruaner Don Alvaro ablassen würde. Und Carlo hätte doch immer wieder die Gelegenheit, seinen immensen Hass abzulegen. Gibt es kein Ent­ rinnen aus der Unglücksspirale? A.H.: Nicht in diesem Stück, nicht in diesem System. Hier läuft alles mit einer unerbittlichen Notwendigkeit ab. Für mich kommt dadurch eine philosophische Vorstellung zum Ausdruck, nach der wir alle Gefangene einer Welt sind, in der wir nur sehr begrenzt Einfluss auf unsere Geschicke nehmen können. F.L.: Auch musikalisch gesehen waltet hier die Unentrinnbarkeit. Verdi arbeitet mit einer beinahe schon Wagnerschen Leitmotivik, mit charakteristischen Zellen, mit melodischen Verwandtschaften, die sich von Anfang an wie ein Netz durchs ganze Stück ziehen. La forza del destino ist, was die Musik angeht, eine der kohären­ testen Opern Verdis. Die Heilsverheissung Gottes wird also zumindest in Frage gestellt, und den­ noch nimmt in keiner anderen Oper Verdis die Kirche einen grösseren Raum ein als in La forza del destino. Das mutet paradox an. Wie hat Verdi die Kirche insgesamt wahrgenommen?


La forza del destino 21

F.L.: Wie sich bereits in der Figur von Fra Melitone zeigt, hat Verdi den Klerus gehasst. Er hat dem System der Kirche, dem institutionalisierten Katholizismus insgesamt misstraut. Widerspiegelt sich diese negative Sicht auch in der Figur des Padre Guardiano? A.H.: Dieser Padre Guardiano ist anders – eine Figur, die irgendwie über allem schwebt und nicht in die Geschichte verstrickt ist. Jemand, von dem man sich auch im eigenen Leben wünschen würde, dass er ab und zu bei einem vorbeischaut. In seinem Verhalten gegenüber Leonora ist er sehr väterlich und liebevoll, so, wie sich Leonora ihren Vater wünschen würde. Bereits sehr früh entstand daher die Idee, Guardiano und Leonoras Vater zu einer einzigen Figur zu verschmelzen. In Guardiano erfüllt sich Leonoras grosse Sehnsucht nach Vergebung, die sie von ihrem toten Vater nicht mehr bekommen kann. Aber es gibt in diesem Stück keine Erlösung, die von aussen kommt. Verdi scheint uns zu sagen, dass wir diese nur in uns selbst finden können. Wir nehmen daher auch Leonoras Zufluchtsort, die Einsiedelei, nicht wörtlich, sondern als ein Sinnbild für ihre Einsamkeit. F.L.: Alle Figuren sind alleine in dieser Oper. Alvaro, weil er nicht zu diesem Kulturkreis gehört, Calatrava, weil er in seinem Dafürhalten von der Tochter im Stich gelassen wurde, Leonora, weil sie weder in der Familie noch bei ihrem Geliebten, der den Vater ermordet hat, Halt finden kann. Und Don Carlo ist allein gelassen in seiner blinden Wut und seinen Rachegelüsten. Das Gespräch führte Kathrin Brunner

K I N D H E I T SOMMER-FESTIVAL

17. August – 16. September 2018

Info: lucernefestival.ch

Ausgewählte Konzerte 24. August LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Chor des Bayerischen Rundfunks | Riccardo Chailly Werke von Debussy und Ravel

5. September Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam | Daniele Gatti | Anett Fritsch Werke von Wagner, Berg und Bruckner

1. September Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Matthias Pintscher | Solisten Werke von Kurtág, Eötvös, Bella und Zimmermann

12. September Boston Symphony Orchestra | Andris Nelsons | Baiba Skride Werke von Bernstein und Schostakowitsch


22 Volker Hagedorn trifft  …

Hibla Gerzmava Hibla Gerzmava studierte Gesang am staatlichen Konser­­­ vatorium in Moskau und gewann 1994 beim Tschaikowski-Wett­­­ bewerb den Grand Prix. Seit 1995 ist sie Solistin am Moskauer Stanis­law­ski-Musik­ theater. Heute gastiert die Sopra­nistin an den wichtigsten Opern­ häusern Europas und feierte u.a. als Anna Bolena an der Mailänder Scala grosse Erfolge. An der New Yorker Met sang sie u.a. Donna Anna, Liù, Mimì sowie Desdemona.

Ein Königinnengesicht hat sie, mit etwas Sphinx darin, nicht aus der Ruhe zu bringen, aus bernsteinfarbenen Augen in eine Weite blickend, die fern ist vom schmucklosen Appartement mit Küchenzeile gegenüber dem Dresdner Zwinger. Gut 2 000 Kilo­ meter sind es von hier bis zur Ostküste des Schwarzen Meeres, wo Hibla Gerzmava zur Welt kam, knapp 1 700 Kilometer sind es bis Moskau, ihrer Basis, aber nur drei­ hundert Meter bis zur Semperoper, wo sie am Abend vorher als Desdemona in Verdis Otello bejubelt wurde. Bis in den letzten Winkel des ausverkauften Hauses ist da ihre aussergewöhnliche Stimme gedrungen, hell, glühend, fokussiert, aber auch mit vibrie­ renden Abgründen, voller würziger Farben und aus einem eigenen Seelenraum heraus. Gestern Abend, sage ich, hätte die Oper eigentlich Desdemona heissen können. «Thank you», sagt sie mit eher tiefer, rollender Stimme. Sie hat es sich auf der Couch bequem gemacht, ein paar Stunden vor dem Abflug nach Zürich und zwischen zwei sehr verschiedenen Rollen. Ich habe gelesen, dass sie mitunter Tage brauche, um aus der Identifikation mit einer Rolle wieder aufzutauchen. Kann sie so schnell umschalten zur Leonora in Verdis La forza del destino, die sie in Zürich erstmals singt? Sie antwortet auf Russisch. «Zum Umschalten ist diesmal keine Zeit», sagt ihre Mana­ gerin Julia Goldman auf Englisch, eine schmale, junge Frau mit grossen Augen hinter der Brille. Aber Desdemona habe sie nach vielen Produktionen so «in Herz und Geist», dass sie beide Gestalten verbinden und «mit derselben Stimme die unterschiedliche Energie der beiden Mädchen» gestalten könne. Sie nennt alle ihre Rollen «Girls». Wie geht sie damit um, wenn ein Partner wie Otello mal nicht ganz so aufregend ist? Diplomatischer gefragt: Welchen Einfluss haben wechselnde Bühnenpartner auf ihre Gestaltung? «I’m a very happy woman, I have every performance a new Otello», antwortet sie ebenso diplomatisch und ergänzt auf Russisch, dass wechselnde Partner innerhalb einer Produktion schon eine professionelle Herausforderung seien. Beson­ ders beglückt habe sie die Dresdner Premiere mit José Cura im März, «so einen Otello hatte ich nie zuvor. Natürlich respektiere ich alle Kollegen, aber sie sind sehr verschie­ den. Es hängt vieles von der Energie ab, die man vom Partner bekommt. Aber das wichtigste ist das Drama, die grosse Linie, das Gefühl der Liebe auf der Bühne. Ich kann alles machen, wenn das da ist. Dann ist das Atmen wie ein Wasserfall.» Gesungen hat Hibla Gerzmava schon als Kind, 1970 geboren im Küstenstädtchen Pitsunda in Abchasien am Schwarzen Meer. Der Ort wurde fünfhundert Jahre vor Christus als griechischer Kolonialhafen gegründet, im 10. Jahrhundert entstand dort die schöne, noch byzantinisch geprägte Kathedrale, in deren unmittelbarer Nähe Hibla aufwuchs, die Tochter des Mannes, der den florierenden Tourismus im Ort beauf­ sich­tigte. «Die Gegend war ein sehr beliebtes Urlaubsziel», sagt sie, «es kamen auch viele Deutsche.» Ihre Eltern waren ambitionierte Musikamateure. «Wir sangen poly­ phone abchasische Musik mit drei bis sechs Stimmen.» Mit fünf Jahren bekam sie Klavierunterricht, «es war der Traum meiner Mutter, dass ich Pianistin werden sollte.» Aber ihre Mutter starb, als Hibla sechzehn Jahre alt war, zwei Jahre später folgte der Vater. «Immer, wenn ich das Requiem von Verdi singe», sagt sie, «widme ich es meinen Eltern.» Es wäre ihnen sicher recht, dass aus ihrer Tochter eine der gefragtesten Bel­ canto-Sängerinnen der Gegenwart wurde. Aber wie kam es dazu? «Ein Lehrer entdeckte, dass ich eine gute Stimme hatte, und so ging ich zum Studium nach Moskau ans Konservatorium», erklärt sie, als sei das die einfachste Sache der Welt. Jedenfalls entwickelte sich in Moskau, wo sie seitdem lebt, ihre Stimme so erfreulich, dass die junge Sängerin im Jahre 1994 am Inter­na­ tio­nalen Tschaikowski-Wettbewerb teilnahm. Weder Geiger, Cellisten noch Pianisten


konnten in dem Jahr einen ersten Preis erringen, wohl aber, zum ersten und bis jetzt einzigen Mal in der Geschichte des Wettbewerbs, eine Sängerin. Und das war Hibla Gerzmava. Das Programm hat sie immer noch im Kopf: «In der letzten Runde die Rosina aus dem Barbiere, die Amalia aus I masnadieri und das Schneeflöckchen von Rimski-Korsakow.» Nach diesem Grand Prix fand die Sängerin ihr erstes Haus: Das Moskauer Stanislawski-Theater, eine der wichtigsten Bühnen Russlands, deren Opern­ direktor Alexander Titel für die Sängerin zu einem «zweiten Vater» wurde und viele Produktionen eigens für sie konzipierte. «Da bin ich gross geworden», sagt sie, «aber die internationale Karriere begann in London.» 2008 war das, als sie in Covent Garden die Tatjana in Eugen Onegin sang und ihr Sohn neun Jahre alt war – er studiert jetzt in New York. Dorthin, an die MET, kam sie 2010 mit gleich zwei Frauenrollen in Hoff­manns Erzählungen, später auch als Desdemona, Mimì, Liù und Donna Anna. Dort lernte sie auch Fabio Luisi kennen, «und er sagte mir, dass er mich gerne nach Zürich einladen würde.» Er hielt Wort. Mit Forza ist für sie auch stimmlich ein neuer Abschnitt der Sänger­ laufbahn erreicht – und ein anderer abgeschlossen. «Letztes Jahr habe ich mich von La traviata verabschiedet, im Bolschoi.» Warum? «Weil es nicht mehr gut für meine Stimme wäre. Ich kann das singen, aber ich sollte nicht. Ich singe auch Hoffmanns Erzählungen nicht mehr. Eine Sängerin sollte klug sein und wissen, wann sie mit etwas aufhört. Ich begann als Koloratursopran, jetzt bin ich ein lyrischer Sopran mit guter Höhe», sagt sie und lacht ein bisschen, während Julia das übersetzt. «Der nächste Level für mich, das könnten Bellinis Norma und die Leonora in Verdis Trovatore sein.» Sie achtet sorgsam auf ihr kostbares Instrument, aber ihre Heldin ist dennoch eine, die nicht so vorsichtig war – Maria Callas, «weil sie zugleich eine grosse Schauspiele­ rin und Sängerin war. Ich bewundere die Sänger jener Zeit. Einen zweiten Tenor wie Mario del Monaco wird es nicht geben.» Ich erwähne, dass Riccardo Muti schon vor achtzehn Jahren klagte, es fehle an guten Sängern für Verdis Opern. «Muti hat recht», sagt Hibla Gerzmava, «noch immer. Es liegt daran, dass heute Sänger mit kleinen Stimmen denken, sie könnten sie zu grossen Stimmen ausbilden lassen…» Sie blickt wieder in die Ferne, während draussen eine Strassenbahn dröhnt. Woher kommt ihre Liebe gerade zur italienischen Oper? «Ich komme aus dem Süden, und alle Leute aus dem Süden sind einander ähnlich, in ihrer Energie und Emotion. Ich fühle mich aber als russische und abchasische Sängerin. Ich habe auch ein Festival in Abchasien, das ist wie ein Baum mit Wurzeln.» Da ich mich in Eurasien nicht aus­ kenne, frage ich, zu welchem Staat ihre Heimat gehört. «Sie mag keine Politik», sagt Julia entschuldigend. Jetzt ist aber erstmal Zürich ihr Zuhause. Sie mag die Proben mit Andreas Ho­ mo­ki. «Es ist wichtig, dass der Regisseur selbst zeigt, was der Solist tun soll. Ich komme immer gut vorbereitet als Musikerin und als Schauspielerin, und es ist interessant, das mit Regieideen zu kombinieren und auch zu ändern.» Sie hebt die Hände und be­ schreibt eine Kugelform. «Ich möchte aus Leonoras Situation, ihrem Schicksal gern einen Energieball formen. Man kann vom Anfang bis zum Ende der Oper ihr ganzes Leben zeigen.» Und später? Nicht doch mal etwas Russisches jenseits von Tschaikow­ skis Tatjana? «Das ist für meine Stimme nicht geeignet», meint sie. «Ausser, wenn ich sehr alt bin… die alte Gräfin in Pique Dame!» Bei dieser Vorstellung muss sie wirklich lachen, die Königin mit den bernsteinfarbenen Augen. Denn Frauen wie sie altern ja nicht. Sie folgen nur ihrem Geheimnis. Und nur auf der Bühne kann man davon erfahren. Volker Hagedorn


Schwanensee Den legendären «Schwanensee», den Marius Petipa und Lew Iwanow 1895 am Mariinsky-Theater in Sankt Petersburg herausbrachten, hat Alexei Ratmansky vor zwei Jahren für das Ballett Zürich rekonstruiert und wurde dafür als «Choreograf des Jahres» aus­gezeichnet. Ratmansky unternimmt eine Reise in eine ver­­ sunke­ne Welt voller An­mut, Eleganz, Kultiviert­ heit und Inti­mität. Eine Aufführung, die un­ ver­gesslich ist, wenn man sie einmal gesehen hat. Sie öffnet das Fenster in die Vergangenheit und er­ möglicht zugleich einen Blick auf das Heute. Wiederaufnahme 3 Juni 2018 Weitere Vorstellungen 8, 9, 12, 15, 17, 23 Juni 2018 Im Rahmen der Festspiele Zürich


Foto links: Judith Schlosser, rechts: Carlos Quezada


26 Die geniale Stelle

Doch wie’s da drin aussieht… Ein Motiv aus Franz Lehárs «Land des Lächelns»

Was für ein angenehmer Mensch, dieser chinesische Prinz Sou-Chong! Immer adrett und dem Anlass entsprechend gekleidet, auf eine natürliche Weise höflich – kurz: ein Mann von makellosem Benehmen, der Liebling jeder Abendgesellschaft Wiens. Man würde ihm nicht anmerken, dass er aus einem anderen «Kulturkreis» kommt, vom anderen Ende der Welt, aus dem fernsten Orient, wo, wie doch jedermann in Wien weiss, so ganz andere, uralte und grausame Sitten herrschen. Man würde nicht darauf kommen, wäre da nicht das schwach sich andeutende Exotische in seinen Gesichtszügen. Seltsam und unheimlich ist dieses immer unbewegte Gesicht. So seltsam wie die Akkordfolge, die der Komponist ihm als Leitmotiv zugedacht hat: Ein flirrendes Tremolo der Streicher wird überlagert von Trillern der Holzbläser, während die Blechbläser wie hinter einem dichten Schleier in der Tiefe ihr Wesen treiben. Eine ungewöhnliche Zusammenstellung von Klangfarben, die nicht mitei­ nander verschmelzen und doch eine Einheit zu bilden scheinen. Äusserst kühn ist die Harmonik: Eine Abfolge von scharf dissonierenden Akkorden, die im Rahmen der herkömmlichen Tonalität nicht zu erklären sind. Hinter dem Schleier scheint ein grosses Geheimnis zu lauern. Nicht nur «Weh und tausend Schmerzen» liegen hinter dem immerwährenden Lächeln verborgen: Die verminderte Quinte, die im Bass erklingt, das «Teufelsintervall», erzeugt die Ahnung einer drohenden Gefahr. Dieses Motiv steht vollkommen isoliert und unveränderlich im musikalischen Gefüge. Sein Einfluss lässt sich nur in einigen kurzen bitonalen Passagen erahnen, in denen das Aussergewöhnliche zum Ornament wird, das der strikt tonalen Musik eine delikate Würze hinzufügt, aber nie die Substanz berührt. Das Fremde ist «apart», und es ist das «Aparte», das Lisa an Sou-Chong zu lieben glaubt, dessen Geheimnis sie allerdings nicht erforscht, der ihr so unbegreiflich bleibt wie seine Musik. Selbst wenn sie dem Geliebten in seine Heimat folgt, macht sie – ganz anders als Sou-Chong in Wien – keinen Versuch, die Bräuche des Landes kennenzulernen. Und wenn sich die Bekanntschaft mit diesen Bräuchen nicht mehr vermeiden lässt, ergreift sie die Flucht. Mit Gewalt brechen die atonalen Klänge genau in dem Augenblick zum letzten Mal herein, da Lisa endgültig die Bühne verlässt. Erst jetzt wird klar, dass es nicht Sou-Chongs Motiv ist, das wir hören. Es beschreibt nicht seinen Charakter, sondern den Blick der Europäer auf den «Asiaten»: Sie nehmen nur einen undurchdringlichen Schleier wahr, der vor dem Eigentlichen liegt, hinter den zu blicken niemand versucht. Die zwei Takte bei Lisas Abgang – mit dem nun besonders laut dröhnenden «Teufels­ intervall» im Bass – beschreiben ihren Abschied, mit dem sie Sou-Chong für immer auf die Rolle des exotischen Barbaren festlegt. Die Tür fällt ins Schloss, der Versuch, eine Liebe über die Grenzen der Kulturen hinweg zu leben, ist gescheitert. Was Lehár (möglicherweise ohne es zu wissen und sogar gegen seine Überzeugung – das Werk ist klüger als sein Autor) in dieser knappen musikalischen Formulie­ rung durch die Partitur erfasst, ist der Grund für das Scheitern einer Strategie im Umgang mit dem Fremden; jener seit dem Missionsbefehl des Neuen Testaments für den Okzident verbindlichen Strategie, die Bertolt Brecht so auf den Punkt brachte: «Was tun Sie», wurde Herr K. gefragt, «wenn sie einen Menschen lieben?» «Ich mache einen Entwurf von ihm», sagte Herr K., «und sorge, dass er ihm ähnlich wird.» «Wer? Der Entwurf?» «Nein», sagte Herr K. «Der Mensch.» Werner Hintze



Das Land des Lächelns «Immer nur lächeln und immer vergnügt, immer zufrieden, wie’s immer sich fügt, lächeln trotz Weh und tausend Schmerzen», singt Prinz Sou-Chong und stimmt damit den melancholischen Grundton dieser Operette an, die sogar ein tragisches Ende aufweist. Ihre Popularität verdankt Lehárs Operette aber besonders einem Lied, das mit einem der grössten Tenöre der Zeit verbunden war: «Dein ist mein ganzes Herz», mit dem sich Richard Tauber in die Herzen eines Millionenpublikums sang.


Fotos: T & T Fotografie / Toni Suter



Das Land des Lächelns

In dieser Wiederaufnahme der erfolgreichen Inszenierung von Andreas Homoki singt Weltstar Piotr Beczala, der wie kein Zweiter in der Tradition des berühmten Tauber-Stils steht, erneut Sou-Chong. Mit Julia Kleiter als Lisa hat er eine ebenbürtige Partnerin. Die musikalische Leitung hat Fabio Luisi. Die Vorstellung am 16. Juni wird im Rahmen von «Oper für alle» live auf den Sechseläutenplatz übertragen. Wiederaufnahme 10 Juni 2018 Weitere Vorstellungen 16, 19, 22, 26, 29 Juni 2018 Im Rahmen der Festspiele Zürich


32 Meine Rolle

Er ist kein Held Piotr Beczala über Sou-Chong in «Das Land des Lächelns»

Piotr Beczala Illustration: FLAG Aubry Broquard

Der Tenor Piotr Bezcala gehört zu den ge­­ fragtes­ten Sängern seines Fachs – unlängst wurde er bei den Inter­ national Opera Awards 2018 zum Sänger des Jahres ausgezeichnet. Er ist auf den Opern­ bühnen der ganzen Welt u.a. als Werther, Rodolfo, Lo­hen­grin und Faust er­folg­reich und sang am Opernhaus Zürich zuletzt Werther.

Franz Lehárs Land des Lächelns ist keine typische Operette. Und das nicht nur wegen des traurigen Schlusses: Prinz Sou-Chong entsagt seiner grossen Liebe, denn er und Lisa stammen einfach aus zu unterschiedlichen Kulturkreisen. Aber auch die Musik erinnert zuweilen mehr an Richard Wagner als an andere Operetten. Sou-Chong ist eine sehr schwierige Partie, es ist eine fast veristische Rolle, sehr expressiv, bewegt sich sehr viel in der hohen Mittellage und ist deshalb nicht sehr angenehm zu singen. Man muss die Balance finden zwischen eleganter, zarter Phrasierung und hochdramatischen Ausbrüchen. Lehár hat diese Rolle dem Tenor Richard Tauber auf den Leib geschrieben, und man spürt, dass das ein grossartiger Sänger war, der mühelos über eine her­vorragende Technik verfügte. Für mich ist es zudem schwieriger, auf Deutsch zu singen als auf Italienisch. Aber all diese Herausforderungen nehme ich gern an, denn Lehárs Melodien – nicht nur in «Dein ist mein ganzes Herz» – sind genial. Als Figur empfinde ich Sou-Chong durchaus als zwiespältig. Im ersten Teil des Stückes lebt er in Wien; dort ist er ein Fremder in einer Umgebung, mit der er nicht zurechtkommt, an die er aber auch nicht bereit ist, sich anzupassen; er will sich dort gar nicht einleben, er fühlt sich unwohl, fehl am Platz, weiss nicht, wie man in Europa mit Frauen umgeht. Trotzdem verliebt er sich in Lisa; sie wiederum findet gerade das Fremde und Unbekannte faszinierend und verliebt sich so sehr in Sou-Chong, dass sie bereit ist, ihm nach China zu folgen. Doch das kann nicht gutgehen; sie ist eine emanzipierte, für die Entstehungszeit der Operette erstaunlich selbstbestimmte Frau, und sie ist die viel stärkere Persönlichkeit. Er dagegen lässt sich von den Traditionen seines Landes bestimmen und kann nicht wirklich zu seiner Liebe stehen. Ich möchte keinen Helden aus Sou-Chong machen, sondern auch seine Schwächen zeigen. Ähnlich wie Werther ist auch Sou-Chong eine sehr egoistische Figur – trotz der grossartigen Musik, die Sou-Chong zu singen hat. Und dass er Lisa am Ende verzeiht, als sie beschliesst, nach Wien zurückzukehren, ist für mich nicht einfach eine nette Geste, sondern auch eine subtile Art der Machtausübung. Diese Geschichte ohne den Hintergrund der beiden unterschiedlichen, unvereinbaren Kulturkreise zu erzählen, wäre meiner Meinung nach nicht möglich. Man muss verstehen, was Sou-Chong für eine Vorgeschichte hat, wo er herkommt, um zu verstehen, warum er sich so verhält. Wenn man Das Land des Lächelns ohne diesen Hintergrund auf die Bühne bringen würde, wäre es ein bisschen wie Winnetou in Zürich. Unsere Inszenierung scheint mir in dieser Hinsicht sehr gelungen; ein paar geschmackvolle Andeutungen in Bühnenbild und Kostümen reichen da völlig aus. Auf die Wiederaufnahme freue ich mich sehr. Obwohl die Premierenserie schon sehr gut lief, gibt es sicher auch Dinge, die sich noch ver­bessern lassen und wo wir noch subtiler werden können. Ich bin sicher, dass wir wieder sehr viel Spass haben werden und hoffe, dass es uns auch dieses Mal gelingt, das Publikum zu berühren.



34 Fragebogen

J’Nai Bridges Aus welcher Welt kommen Sie? Ich stamme aus Lakewood, Washington. Das ist etwa 45 Minuten südlich von Seattle. Was wollten Sie als Kind unbedingt werden? Kinderärztin und Psychologin, weil ich die Menschen verstehen und ihnen helfen wollte. Worauf freuen Sie sich bei La forza del destino am meisten? Ich freue mich darauf, diese Oper zum Leben zu erwecken! Vom Gesang über die Inszenierung bis zu den Kos­tü­­men – ich kann es kaum erwarten, Preziosilla zu verkörpern. Sie ist eine wunderbare Figur mit toller Musik. Was für ein Glück, dass ich damit meinen Lebensunterhalt verdienen kann! Welches Bildungserlebnis hat Sie besonders geprägt? Als ich mich in meinem ersten Jahr am College mit französischer Musik be­ schäftigte, veränderte sich mein Zugang zu klassischer Musik völlig. Ich war sehr angetan von Debussy und Milhaud, besonders von den Jazz-Einflüssen in ihrer Musik. Mit Jazz bin ich aufge­ wach­sen, und so fühlte es sich für mich ganz natürlich an, diese Musik zu singen. Damals wurde mir bewusst, dass der Unterschied zwischen klassischer Musik und Jazz gar nicht so gross ist. Welches Buch würden Sie niemals aus der Hand geben? Ich kann mich nicht für ein einziges Buch entscheiden, hier also zwei meiner Favoriten: Einfach lieben von Thich Nhat Hanh und Eine kurze Geschichte der Menschheit von Yuval Noah Harari. Welche CD hören Sie immer wieder? Alles von Ella Fitzgerald! Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten?

Ein echtes Laster: Ich liebe meinen Fern­seher. Wenn ich nicht aufpasse, schaue ich viel zu lange. Mit welchem/r Künstler/in würden Sie gerne einmal essen gehen? Mit Leontyne Price! Sie ist eines meiner grössten Vorbilder. Ich würde mit ihr über alle Aspekte ihrer Karriere sprechen wollen – Ruhm, Musik, Familie –, und mich über alles freuen, das sie mit mir teilen möchte. Und vielleicht würde sie mir auch verraten, was sie am liebsten isst und trinkt! Wie kann man Sie beeindrucken? Indem man nicht versucht, mich zu be­ eindrucken, sondern leidenschaftlich ist und hart arbeitet für etwas im Leben. Worüber können Sie nicht lachen? Rassismus. Was können Sie überhaupt nicht? Fallschirmspringen. Ich könnte es zwar, aber will ich das? Auf keinen Fall. Haben Sie einen musikalischen Traum, der wohl nie in Erfüllung gehen wird? Ich glaube daran, dass ich alle meine mu­sikalischen Träume verwirklichen kann. Am schwierigsten wird es wahr­scheinlich, mit der Popsängerin Beyoncé aufzutreten. Aber ich bin zuversichtlich. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Liebe, Kunst und neue Dinge zu ent­ decken!

J’Nai Bridges gewann 2016 den renommierten Francisco-Viñas-Wettbewerb sowie 2018 die Sphinx Medal of Excellence. Sie war Mitglied des Opernstudios von Chi­ca­go. In jünge­rer Zeit debütierte sie als Bersi («An­drea Chénier») an der San Francis­co Opera und der Bayerischen Staats­oper sowie als Nefertiti (Glass’ «Akhnaten») in Los Angeles.


Kalendarium 35

Mai 2O18

19 Sa Führung Opernhaus

14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Ballett-Führung mit Mini-Workshop

14.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Führung Maskenbildnerei

Turandot Wiederaufnahme

15.00

19.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Oper von Giacomo Puccini Verismo-Abo, Italienische Oper-Abo, Preise F

21 Mo Faust – Das Ballett

14.00

Ballett von Edward Clug Musik von Milko Lazar Preise C

Opera Nova Konzert 19.00

Sonderkonzert mit dem Ensemble Opera Nova Musikalische Leitung Fabio Luisi Studiobühne, CHF 50

Werther

19.30

Oper von Jules Massenet Preise E

Familienworkshop «Turandot»

14.30

Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Studiobühne, CHF 20

La forza del destino Premiere

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Premieren-Abo A, Preise F

28 Mo Lunchkonzert

12.00 «Volksmelodien» Kammermusik am Mittag Spiegelsaal, CHF 20

Liederabend Mauro Peter

19.00

Helmut Deutsch, Klavier Lieder von Franz Schubert und Franz Liszt Lieder-Abo, CHF 60

29 Di Werther

19.00

Oper von Jules Massenet Kombi-Abo, Preise E

3O  Mi La forza del destino

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Premieren-Abo B, Preise E

31 Do Turandot

19.00

Oper von Giacomo Puccini Donnerstag-Abo A, Preise F

23 Mi Faust – Das Ballett

20.00

Ballett von Edward Clug Musik von Milko Lazar Mittwoch-Abo B, Preise C

24 Do Werther

19.30

Oper von Jules Massenet Freitag-Abo A, Preise E

1. – 24. Juni 2018

25  Turandot Fr

19.00

Oper von Giacomo Puccini Freitag-Abo B, Preise F

26 Sa Führung Opernhaus 14.00

Familienworkshop «Turandot»

14.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Studiobühne, CHF 20

Emergence

19.00

Choreografien von Sol León / Paul Lightfoot und Crystal Pite Preise B

27 So Brunchkonzert

11.15 «Volksmelodien» Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto Spiegelsaal, CHF 60

Fr 1  Faust – Das Ballett

19.00

Ballett von Edward Clug Ballett-Abo Gross, Preise C

Sa 2  Führung Opernhaus

14.15

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Unterwegs mit Ohrwurm Squillo

14.30

Führung für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Musikgeschichten «Die Rätsel der Prinzessin» 15.30

Für 6- bis 9- Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

La forza del destino

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Samstag-Abo, Verdi-Abo, Preise E


36 Kalendarium So Turandot 3

14.00

Musikgeschichten «Die Rätsel der Prinzessin»

15.30

Oper von Giacomo Puccini Sonntag-Abo B, Preise F

Für 6- bis 9- Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

Schwanensee Wiederaufnahme

20.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Misch-Abo C, Preise D

Do 7  La forza del destino

20.00

Oper von Giuseppe Verdi Donnerstag-Abo B, Preise E

Fr 8  Führung Kostümabteilung

14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Führung Bühnentechnik 16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Schwanensee

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

Sa 9  Führung Opernhaus

14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Schwanensee

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

1O So Ballettgespräch

11.15

Zu Themen aus der Welt des Tanzes Studiobühne, CHF 10

Einführungsmatinee «L’incoronazione di Poppea»

11.15

Bernhard Theater, CHF 10

Das Land des Lächelns

13.00 Wiederaufnahme

Operette von Franz Lehár Sonntag-Abo A, Preise E

La forza del destino

19.30

Oper von Giuseppe Verdi Sonntag-Abo D, Italienische Oper-Abo, Preise E

12 Di Schwanensee

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Dienstag-Abo A, Preise D

13 Mi La forza del destino

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Mittwoch-Abo A, Preise E

15 Fr Schwanensee

20.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

16 Sa Führung Opernhaus 14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Führung Maskenbildnerei 16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Oper für alle

Wetten, wir schaffen es, dass Sie 90 Minuten vor der Oper – Theater, gemütlich 3 Gänge essen können und die Rechnung 30 Minuten vor Beginn der Vorstellung vorliegen haben? Ansonsten geht die Rechnung auf uns.

18.00

Das Land des Lächelns

20.00

Restaurant Opera Zürich Dufourstrasse 2, 8008 Zürich, Tel. +41 44 258 98 99, restaurantopera.ch

Live-Übertragung von Franz Lehárs Operette «Das Land des Lächelns» Vorprogramm ab 18 Uhr Vorstellungsbeginn um 20 Uhr Eintritt frei, Sechseläutenplatz

Operette von Franz Lehár Preise H, AMAG Volksvorstellung


Kalendarium 37

17 So La forza del destino 14.00

Oper von Giuseppe Verdi Preise E

Schwanensee

20.30

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise H, AMAG Volksvorstellung

19 Di Das Land des Lächelns 19.00

Operette von Franz Lehár Dienstag-Abo C, Preise E

Junge Choreografen Premiere

19.00

Im Rahmen der Festspiele Zürich Studiobühne, CHF 50

2O  Mi La forza del destino 19.00

Oper von Giuseppe Verdi Mittwoch-Abo B, Misch-Abo A, Preise E

Junge Choreografen 19.00

Im Rahmen der Festspiele Zürich Studiobühne, CHF 50

24 So Märchen auf dem Klangteppich «Die chinesische Nachtigall» 15.30

Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

L’incoronazione di Poppea

19.00 Premiere Oper von Claudio Monteverdi Premieren-Abo A, Preise F

26 Di Das Land des Lächelns

19.00

Operette von Franz Lehár Preise E

27 Mi L’incoronazione di Poppea

19.00

Oper von Claudio Monteverdi Premieren-Abo B, Preise E

28 Do La forza del destino

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Donnerstag-Abo A, Preise E

29 Fr Das Land des Lächelns

20.00

Operette von Franz Lehár Freitag-Abo A, Preise E

21 Do Liederabend Elena Moșuc

3O Sa Führung Opernhaus

L’incoronazione di Poppea

19.00

Enrico Maria Cacciari, Klavier Lieder von George Enescu, Ernest Chausson, Claude Debussy, Gabriel Fauré sowie Arien von Giuseppe Verdi u.a. Lieder-Abo, Belcanto-Abo, CHF 6O

19.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Oper von Claudio Monteverdi Samstag-Abo, Preise E

Junge Choreografen

19.00

Im Rahmen der Festspiele Zürich Studiobühne, CHF 50

22 Fr Junge Choreografen

19.00

Im Rahmen der Festspiele Zürich Studiobühne, CHF 50

Das Land des Lächelns 20.00

Operette von Franz Lehár Gute Laune-Abo, Misch-Abo C, Preise E

23 Sa Führung Opernhaus 14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Märchen auf dem Klangteppich «Die chinesische Nachtigall»

15.30

14.00

Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

Schwanensee

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky, Ballett-Abo Gross, Preise D

Juli 2O18 So 1  Ballettschule für das Opernhaus Zürich

11.00

Preise H, AMAG Volksvorstellung

Carmen Wiederaufnahme

18.00

Oper von Georges Bizet Sonntag-Abo C, Französische Oper-Abo, Preise E

Mo Scarlatti 2

19.00

4. La Scintilla-Konzert Ottavio Dantone, Dirigent Ana Quintans, Sopran; Wiebke Lehmkuhl, Alt Orchestra La Scintilla La Scintilla-Abo, CHF 6O

Di 3  L’incoronazione di Poppea

19.00

Oper von Claudio Monteverdi Dienstag-Abo D, Barock-Abo, Preise E

Mi Carmen 4

19.00

Oper von Georges Bizet Mittwoch-Abo A, Preise E


38 Kalendarium Do 5  L’incoronazione di Poppea

19.00

Oper von Claudio Monteverdi Mittwoch-Abo B, Misch-Abo C, Preise E

Fr 6  Führung Bühnentechnik

16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

La traviata Wiederaufnahme

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Preise E

Sa fussspuren XIV 7

11.00

Galavorstellung der Tanz Akademie Zürich Preise H, AMAG Volksvorstellung

Führung Opernhaus 14.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Führung Maskenbildnerei 15.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Carmen 19.00

Oper von Georges Bizet Preise H, AMAG Volksvorstellung

So 8  L’incoronazione di Poppea

14.00

Oper von Claudio Monteverdi Sonntag-Abo B, Preise E

La traviata

20.00

Oper von Giuseppe Verdi Misch-Abo B, Preise E

Mo Galakonzert 9  Internationales Opernstudio

19.00

Preise H, AMAG Volksvorstellung

1O Di Carmen

19.30

Oper von Georges Bizet Dienstag-Abo B, Preise E

#Faust Premiere

19.30

Ein Tanz-Projekt mit SchülerInnen und jungen Erwachsenen Studiobühne Opernhaus, CHF 20

11 Mi La traviata

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Italienische Oper-Abo, Preise E

#Faust

19.30

Ein Tanz-Projekt mit SchülerInnen und jungen Erwachsenen Studiobühne Opernhaus, CHF 20

12 Do L’incoronazione di Poppea

19.00

Oper von Claudio Monteverdi Donnerstag-Abo B, Preise E

13 Fr La traviata

FR–SO

06.– 08. JUL 2018

Rychenbergpark Winterthur

CLASSIC OPENAIR 2018

19.30

Oper von Giuseppe Verdi Verdi-Abo, Preise E

14 Sa Führung Opernhaus 14.15

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Carmen

19.00

Oper von Georges Bizet Samstag-Abo, Preise E

Billettkasse +41 44 268 66 66 www.opernhaus.ch

CLASSIC OPENAIR

Rychenbergpark Winterthur

www.classicopenair.ch

Drei Konzerte im Rychenbergpark Winterthur mit Teo Gheorghiu, José Cura und weiteren Gästen

Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50% Ermässigung für die gleichentags stattfindende und gekennzeichnete Vorstellung. www.opernhaus.ch/opernhaustag Unterstützt von Swiss Re

Die Werkeinführung findet jeweils 45 Min. vor der Hauptbühnen-Vorstellung bzw. den Philharmonischen Konzerten statt.


Serviceteil 39

Impressum

Sponsoren

Magazin des Opernhauses Zürich Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch T + 41 44 268 64 00

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkanto­n alen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

Intendant Andreas Homoki Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli Florian Streit Fotografie Danielle Liniger Florian Kalotay Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Andrea Zahler Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Anita Allemann FLAG Aubry Broquard

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MAG, das OpernhausMagazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-­ Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.

Familie Thomas Bär Berenberg Schweiz Beyer Chronometrie AG Elektro Compagnoni AG Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Fitnessparks Migros Zürich Fritz Gerber Stiftung Gübelin Jewellery Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung Walter B. Kielholz Stiftung KPMG AG LANDIS & GYR STIFTUNG Juwelier Lesunja Lindt und Sprüngli (Schweiz) AG


40 Auf dem Nachhauseweg

Fast hat sie vergessen zu atmen bei diesem Faust-Ballett. Als am Ende das Licht ausging, sagte jemand in der Reihe hinter Frau Mani: «Es ist aus!» Was für ein Schrecken das war! Erst bei den «Bravo»-Rufen kam Frau Mani wieder zu sich und hörte sich immer lauter rufen. Draussen war es schon Nacht, eine helle Nacht, und Frau Mani wurde gleich von einem starken Tiergeruch angeweht. Die Sicht auf den Sechseläuten­ platz war von den Baracken des Zirkus Knie versperrt, und auf den schmalen Wegen rundum gingen die Menschen auf und ab wie vorhin noch das Ballettensemble – mit der Bierflasche in der Hand und dann im Chor rufend: «Prost!» Was Frau Mani als freier Durchgang erschien, führte sie in Wahrheit in eine Glas­ baracke, in der sie die Fröhlichkeit draussen unverhofft gedämpft und mithin in einem Anflug von Melancholie wahrnahm. Den Mann vor sich meinte sie gut zu kennen, auch so, mit verwischter Gesichtsschminke und im schwarzen Pudelkostüm, den Gurt voller Fläschchen. Der Mann lächelte und nickte, als hätte er Frau Manis Gedanken gelesen. Sie setzten sich wie auf ein Zeichen einander gegenüber, in perfekter Synchronizität. «Sie waren beim Faust», sagte er mit leiser, heiserer Stimme. «O ja, es war herrlich!» rief Frau Mani. Der Mann hüstelte, wobei weisser Rauch aus seinem Mund stieg, der nach und nach die ganze Glasbaracke anfüllte. Als sich der Rauch legte, er­blickte Frau Mani durch das Fenster ein tanzendes Mädchen in einem fliessend blauen Kleid. Wie schön es war, wie grazil ihre Gesten und Drehungen, doch als sie sich wie­der drehte – konnte das sein? –, sah Frau Mani sich selbst: sich selbst als junges Mädchen! Ich habe aber nie so getanzt, sagte Frau Mani vor sich hin und sah gleich, wie der Mann mit dem zugeschminkten Lächeln nickte und die Arme ausbreitete, als würde er Frau Manis hilflose Geste vorwegnehmen wollen. Frau Mani aber schaute an dem Mann vorbei, zum schönen Tanz. «Dieser Tanz, das sind doch meine Gedanken, meine Sehnsüchte. Wie kann nur ein so junger Körper so viel ausdrücken, so viel Wissen, so viel Wahrheit!» Ein junger Ballettänzer sprang zum Mädchen, und die beiden fielen sich in die Arme. Frau Mani staunte über die vielen Griffe dieser so zarten Umarmung, fast hätte sie vergessen, dabei zu atmen. Doch sie spürte, ganz so wie eine Hitze­ wallung, den penetranten Popcorngeruch aus den beiden Tüten, die der Mann im schwarzen Pudelkostüm hineintrug. Als die Tür ins Schloss fiel, gingen mit diesem Klack ringsher kleine, farbige Lichter an. Dieser Jahrmarkt passt gar nicht zur Kunst, dachte Frau Mani, und doch fand sie, dass mit diesem Kontrast die Kunst der beiden Tänzer eine noch grössere Dringlichkeit bekam, gar etwas Heroisches. Kunst ist eben dieses Eigene, sagte sich Frau Mani. Der Mann im schwarzen Pudelkostüm warf indes einzelne Popcorn auf den Boden, die er dann unter der Sohle zerdrückte. Ich wusste gar nicht, dass man sich so bewegen kann, sagte sich Frau Mani; genau das hatte sie auch vorhin im Opernhaus gedacht. Herrlich, flüsterte sie vor sich hin. Fa-bel-haft! Der Mann mit der traurigen Schminke drängte sich in Frau Manis Blickfeld. «Aber das bist doch du, siehst du das nicht?», flüsterte er Frau Mani zu. «Stimmt», sagte Frau Mani, «so ganz wie Michelle Willems oder Giulia Tonelli!» «Eben», sagte der Mann ungeduldig. «Willst du nicht so sein? Ich könnte ...» Frau Mani brach in schallendes Gelächter aus. «Aber ich bin ja sowieso alle Künstler, die ich liebe.» Um die Glasbaracke bog schon Frau Manis Tram. «Gehen Sie unbedingt diesen Faust sehen!», rief sie beim Einsteigen zurück. «Er ist fabelhaft!» Dana Grigorcea

Illustration: Anita Allemann

Der Mann im Pudelkostüm


KONZERTE IM FESTIVAL-ZELT 2018

© Mat Hennek-DG

Willkommen zu den Zeltkonzerten des Gstaad Menuhin Festival! Erleben Sie in festlicher Atmosphäre die begehrtesten Stars der Klassik und Orchester von Weltrang. Auf dem Programm stehen Werke von Romantik bis frühe Moderne, Solokonzerte und sinfonische Werke. Freitag 10.8 19.30 Uhr, Festival-Zelt Gstaad

SINFONIEKONZERT

«Hoch auf dem Berg, tief im Tal»

Samstag 18.8 19.30 Uhr, Festival-Zelt Gstaad

GALA SINFONIEKONZERT

Wagner auf dem Berge Jonas Kaufmann, Tenor; Martina Serafin, Sopran; Falk Struckmann, Bariton; Gstaad Festival Orchestra; Jaap van Zweden, Leitung Richard Wagner: Vorspiel zur Oper «Die Meistersinger von Nürnberg»; Vorspiel und «Liebestod» aus der Oper «Tristan und Isolde»; Walkürenritt aus der Oper «Die Walküre»; 1. Akt der Oper «Die Walküre» Sonntag 19.8 18.00 Uhr, Festival-Zelt Gstaad

TODAY‘S MUSIC

West Side Story

© Decca/Marco Borggreve

Sinfonieorchester Basel; Ernst van Tiel, Leitung «West Side Story»; US-Tanzfilm (1961) von Robert Wise und Jerome Robbins Originalfilm auf der Kinoleinwand & Musical (1957) von Leonard Bernstein Freitag 24.8 19.30 Uhr, Festival-Zelt Gstaad

© Christoph Kstlin

© 1961 Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc. – All rights reserved. © A.M.P.A.S.

© Julian Hargreaves – Sony Classical

Hélène Grimaud, Klavier; Gstaad Festival Orchestra; Jaap van Zweden, Leitung Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll op. 15; Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68

Samstag 25.8 19.30 Uhr, Festival-Zelt Gstaad

SINFONIEKONZERT

Eine Alpensinfonie – Mariinsky I Denis Matsuev, Klavier; Mariinsky Orchestra St. Petersburg; Valery Gergiev, Leitung Peter Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll op. 23; Richard Strauss: «Eine Alpensinfonie» op. 64 SINFONIEKONZERT

Lord Byron im Berner Oberland – Mariinsky II David Garrett, Violine; Mariinsky Orchestra St. Petersburg; Valery Gergiev, Leitung Peter Tschaikowsky: Violinkonzert D-Dur op. 35; «Manfred-Sinfonie» h-Moll op. 58 Freitag 31.8 19.30 Uhr, Festival-Zelt Gstaad

OPERA GALA

Le alpi nell’Opera Italiana

© Marco Borggreve

Juan Diego Flórez, Tenor; Olga Peretyatko, Sopran; La Scintilla Oper Zürich; Riccardo Minasi, Leitung Auswahl aus den Opern «Guillaume Tell», «Il barbiere di Siviglia» (Rossini), «La sonnambula» (Bellini), «Alzira»; (Verdi), «Linda di Chamounix» und «L’assedio di Calais»; (Donizetti) Samstag 1.9 19.30 Uhr, Festival-Zelt Gstaad

SINFONIEKONZERT

«Famose Komposition» Sol Gabetta, Violoncello; Vilde Frang, Violine; Filarmonica Della Scala Milano; Christoph Eschenbach, Leitung Johannes Brahms: Doppelkonzert für Violine und Violoncello a-Moll op. 102; Antonin Dvořák: Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88



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