MAG 16: Aida

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Alcina 12

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er 1982 geborene Timothy McClellan diente als Infanteriesoldat in der US-Army und wurde zweimal zwischen 2006 und 2007 in den Irak geschickt. Das Land war zu diesem Zeitpunkt von amerikanischen Truppen besetzt, es herrschte Bürgerkrieg. Nach dem zwei­ten Einsatz hatte der Soldat zunehmend mit psychi­ schen und physischen Problemen zu kämpfen. Die Zürcher Fotografin und Autorin Elisabeth Real hat Timothy McClellan über einen Zeitraum von neun Jahren immer wieder besucht und seine Selbstauskünfte protokolliert. Wir veröffentlichen Auszüge daraus. • Ich wusste, dass ich einmal in den Krieg ziehen werde. Ich hatte immer die Vorstellung im Kopf, dass diese Erfahrung mir gefallen würde. Ich weiss nicht, wie ich das erklären soll... es hat was, Krieger zu sein. Das war etwas, das ich in meinem Leben unbedingt tun musste: in den Krieg ziehen. • Im Irak fiel mir zuerst die Hitze auf. Stell dir vor, du bist in der Wüste und sehr heisse Luft bläst dir ins Gesicht. Dauernd tropfte mir der Schweiss von der Nase. Bei meiner ersten Mission fuhren wir in eine Stadt. Kurz davor hatten

wir ei­nen Mann gefangen genommen, der gesagt hatte: Ich weiss, wo eine Menge übler Typen sind. Die sind in einem Haus und haben da einen Haufen gefährlichen Zeugs. Also setzten wir uns in unsere Fahrzeuge und fuhren dorthin. Links und rechts der Strasse waren Geschäfte, und plötzlich liessen alle die Rolläden herunter. Die Kinder rannten weg, nur noch die Männer standen draussen. Ich dachte nur: «O nein!» Wir gingen also rein und alles, was ich hörte, waren Schüsse. Dann schossen Leute von der Strasse her auf uns und warfen Handgranaten. Das war meine erste Mission. • Als mein Freund Sapp starb, heulte ich. Das war total unprofessionell. Denn ich sollte aufpassen. Stattdessen heulte ich. Ich heulte nicht nur, ich brach regelrecht zusammen, dabei hätte ich meinen Abschnitt bewachen sollen. • Im Alltag habe ich manchmal Angst. Wie am 4. Juli, da hatte ich vergessen, dass Nationalfeiertag war. Ich war alleine, und es gab ein Feuerwerk. Ich wusste aber nicht, dass es ein Feuerwerk war. Ich hatte keine Ahnung, was los war da draussen. Ich schnappte meine Pistole, rannte in Unterhosen aus dem Haus und dachte: «Was geht da ab? Da läuft etwas!»


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